Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Aus einem Artikel von Hajo Schiff in der TAZ vom 15.11.2006
(Curriculum Vitae. Woher stammt ein Kunstwerk? Spektakuläre Bildrückgaben können der Provenienzforschung endlich die verdiente Aufmerksamkeit geben)
http://www.taz.de/pt/2006/11/15/a0190.1/text

(...) Das Problem betrifft freilich nicht nur große Bilder aus bekannten Schausammlungen, sondern auch tausendfach Bilder aus den Depots, es betrifft Zeichnungen, Kupferstiche sowie Objekte aus Kunstgewerbemuseen und ethnologischen Sammlungen. Und es geht nicht nur um Besitzwechsel zwischen 1933 und 1945. Auch die deutschen Fürstenhäuser haben überraschende, bis in die Weimarer Republik zurückreichende oder auf DDR-Unrecht bezogene Forderungen. Um all das aus dem nebulösen Agieren zwischen ökonomischem Begehren und verunsicherter Politik herauszuholen und die notwendige Klärung der Geschichte der Kunst herbeizuführen, gibt es eine ganze Wissenschaft, die viel zu wenig befragt wird: die Kunstgeschichte.

Nicht einmal für den geplanten Krisengipfel über weitere Rückgabeforderungen im Bundeskanzleramt wurde zur Kenntnis genommen, dass sich einige Museen seit längerem mit Provenienzforschung befassen. Doch so sinnvoll es ist, sich schon weit vor möglichen, manchmal zweifelhaften Forderungen von gewieften Anwälten mit der Herkunft und der Sammlungsgeschichte des eigenen Museumsbesitzes zu befassen, so wenig wird diese notwendige Hintergrundforschung unterstützt.

Acht Millionen Euro wollte die baden-württembergische Regierung dem badischen Fürstenhaus bezahlen für die "Markgrafentafel" des deutschen Malers Hans Baldung Grien - doch genaueres Studium der Unterlagen durch einen externen Historiker erbrachte Anfang November, dass diese definitiv seit 1930 bereits in öffentlichem Eigentum ist. Hektische Reaktionen auf Rückgabeverlangen sind aber keine vernünftige Methode, mit der komplizierten deutschen Geschichte umzugehen - und sie machen im Ausland einen schlechten Eindruck. Doch in eine kontinuierliche Klärung wird kaum investiert: Abgesehen von einigen begrenzten Forschungsvorhaben gibt es nur in Hamburg an der Kunsthalle seit 2000 eine Stelle zur Provenienzforschung. Für diesen Bereich ist Frau Dr. Ute Haug bundesweit die einzige regulär und unbefristet angestellte Forscherin. Das rentiert sich für die Hamburger Kunsthalle moralisch, wissenschaftlich und - wenn man so will - auch ökonomisch. Denn dort kommen jetzt deutlich weniger und besser begründete Rückgabeforderungen an.

Durch die jahrzehntelange Vernachlässigung von Forschungen zur Sammlungs-, Rezeptions- und Provenienzgeschichte haben die öffentlichen Sammlungen ja überhaupt erst ein Informationsvakuum geschaffen, in das geschickte Anwälte mit Forderungen vorstoßen können, meint Ute Haug. Dabei geht es ihr keineswegs darum, berechtigte Forderungen zurückzuweisen oder einen Schlussstrich zu ziehen. Auch wäre es falsch, institutionsgeschichtliche Forschung nur unter dem Aspekt der Rechtfertigung öffentlichen Besitzes zu sehen. Beschlagnahmtes Eigentum kann nicht als Gemeingut betrachtet werden: "Die Museen sind nicht die Eigentümer, nur die Verwalter ihrer Kunstwerke - und wir haben diese besondere historische Verantwortung", sagt Ute Haug.

Eigentlich sind diese Forschungen eine normale kunsthistorische Arbeit an jedem einzelnen Kunstwerk. Die Herkunft aus bestimmten Sammlungen und die Berührung mit bestimmten Familienbiografien allein reicht für eine allseitig akzeptable wissenschaftliche Klärung nicht aus. Notwendig ist die Forschungsarbeit in Archiven und Literatur, Verfolgung der Rezeptionsgeschichte durch Kunsthandel, Kunstraub und Sammeltätigkeit, und das möglichst zurück bis zur Entstehung des Kunstwerks, dazu kommt noch die juristische Prüfung.

Wie das funktioniert, zeigt der Fall des Rückgabeverlangens betreffs Max Liebermanns "Der Chirurg Ferdinand Sauerbruch" (...)
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma