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Während man bei der 1956 errichteten Zähringer Stiftung, wie hier dargelegt, nicht an dem Willen der bei der Errichtung Beteiligten zweifeln kann, die Stiftung mit ihrem Vermögen auszustatten (der Testamentsvollstrecker der Großherzogin Hilda stimmte der Übereignung zu), stellt der Bestimmtheitsgrundsatz eine gewisse Hürde dar.

Helmut Haberstumpf: Archivverträge, in: Ulrich Loewenheim (Hrsg.): Urheberrecht im Informationszeitalter. Festschrift für Wilhelm Nordemann zum 70. Geburtstag am 8. Januar 2004, München 2004, S. 167-179, ein Aufsatz, den mir der Autor freundlicherweise als E-Text zur Verfügung stellte, enthält dazu eine kurze Passage.

"Verträge über Archivgegenstände haben die Überlassung von Sachgesamtheiten zum Gegenstand. Um einen solchen Vertrag wirksam zu Stande zu bringen, müssen sie so konkret bezeichnet werden, dass der Gegenstand der Leistung des Archivgebers gegebenenfalls nach einer ergänzenden Vertragsauslegung zumindest bestimmbar ist [A. 18: Z.B. BGH NJW-RR 1990, 271; Staudinger/J.Schmidt, BGB (1995), Einl. zu §§ 241 ff. Rz. 476; Münchener KommentarBGB/Kramer, 4. Aufl., § 241 Rz. 6.]. Das Bestimmtheitserfordernis gilt in besonderem Maße für die sachenrechtliche Einigung über die Übertragung des Eigentums an Archivgegenständen. Im Fall der Übereignung einer Sachgesamtheit liegt die erforderliche Bestimmtheit vor, wenn infolge der Wahl einfacher äußerer Abgrenzungskriterien für jeden, der die Parteiabreden in dem für den Eigentumsübergang vereinbarten Zeitpunkt kennt, ohne weiteres ersichtlich ist, welche individuell bestimmten Sachen übereignet worden sind [A. 19: BGH NJW 1992, 1161; BGH NJW-RR 1994, 1537; Münchener KommentarBGB/Quack, 3. Aufl., § 929 Rz. 75 ff.]. Diese Abgrenzungskriterien sind dem Verpflichtungsgeschäft zu entnehmen [A. 20: Staudinger/Wiegand, BGB (1995), Anh. zu §§ 929 – 931 Rz. 95 ff.]. Im Fall der Sicherungsübereignung von Büchern, die in verschiedenen Geschäftsräumen mit Büchern anderer Art aufbewahrt waren, reichte nach Ansicht des BGH die Bezeichnung „Handbibliothek Kunst“ allein zur Individualisierung nicht aus, weil dazu jedes Buch auf seine Kunsteigenschaft geprüft werden müsste.[A. 21: NJW-RR 1994, 1537.]"

Nun ist die Problemlage bei einer Sicherungsübereignung anders gelagert als bei einer Museumssammlung, bei der die Inventarisierung des großherzoglichen Eigentums tatsächlich erhebliche Probleme aufwirft. Es scheint verfehlt, auf die Rechtswirksamkeit der Übertragung die moderne Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzuwenden. Seinerzeit hoffte man, die Inventarisierung in einem halben Jahr abschließen zu können.

Dass einzelne Sammlungen Probleme bereiteten, hatte aber nicht zur Folge, dass die gesamte Übereignung unwirksam war, da es auch Teilbestände gibt, über deren Bestand kein Zweifel bestehen konnte (Türkensammlung, Kopfsche Kunstsammlung als Inventar des Ateliers - als "Raumübereignung"). Anhand alter Inventare hätte man ohne weiteres eine Teilliste derjenigen Bilder erstellen können, die zweifelsfrei zur Wessenbergschen und Jünckeschen Gemäldesamlung gehörten.

Zur Rechtsprechung siehe
http://dejure.org/gesetze/BGB/929.html
http://lexetius.com/2000,1521

WENN man den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz hinsichtlich beträchtlicher Teile des der Zähringer-Stiftung vom Stifter zugedachten Vermögens für verletzt ansieht, mit der Konsequenz, bedeutet dies aber keinesfalls, dass eine Herausgabeklage des Hauses Baden erfolgreich sein müsste.

Abgesehen von der Problematik, dass der Stifter nichts übertragen konnte, was ihm nicht gehörte, könnte man auch an ein Besitzmittlungsverhältnis der Zähringer Stiftung denken, die zum dauernden Besitz des im Eigentum des Hauses Baden stehenden Kulturguts dauerhaft berechtigt wäre.

Sodann stellt sich die Frage, ob in der dreißigjährigen Verjährungsfrist, die wohl 1952 zu laufen begann, nicht das Land Baden-Württemberg als Stiftungsaufsicht bei ordnungsgemäßer Aufsicht hätte bemerken müssen, dass die Nichtinventarisierung des Vermögens unter dem Gesichtspunkts des sachenrechtlichen Bestimtheitsgrundsatzes eine tickende Zeitbombe darstellte. Aber auch das Haus Baden bemerkte ja erst 2003 nach Lektüre des Dolzer-Gutachtens die Möglichkeit, dass sich aus der Nichtübereignung des Vermögens an die Zähringerstiftung Ansprüche ableiten ließen. Ob eine Klage der Zähringer Stiftung wegen Amtspflichtverletzung gegen das Land erfolgreich wäre, ist von daher zumindest zweifelhaft.

Bei einer Gesamtbetrachtung der Verhältnisse in den Jahren nach 1952 wird man aber angesichts des damaligen klaren und eindeutigen Parteiwillens, bestimmte - nachher umstrittene - Sammlungen der Zähringer Stiftung zu übertragen, den sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz juristisch nicht überbewerten dürfen. Angesichts der Tatsache, dass die die strittigen Gegenstände unter gemeinsamer Verwaltung befanden und die Rechte der Stiftung im Alltag der betroffenen Institutionen kaum eine Rolle spielten, war es nicht unvernünftig (wenngleich ex post betrachtet äußerst verhängnisvoll), die Stiftung ohne genaues Inventar ins Leben zu rufen.
 

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