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Ich fand die Dokumentation zu Google Books einseitig und schlecht. Sie steht laut Aussage von Arte auf http://videos.arte.tv/ 7 Tage lang zur Verfügung, ist aber noch nicht online.

Live-Kommentare von mir auf Twitter:
https://twitter.com/Archivalia_kg

Es kamen überwiegend Kritiker zu Wort, fast der einzige Vernünftige war Kevin Kelly von Wired. Selbst Darnton musste am Ende zugeben, dass es die Digital Public Library of America (sie eröffnet in diesem Monat) ohne Google Books nicht geben würde. Immer wieder darf Roland Reuß Dümmliches absondern. Jeanneney wirkt als eitler Geck, sein wichtigster Verbündeter ... Sarkozy!

Für mich war wenig Neues dabei: etwas über Baidus Buchscans und dass japanische Werke als Schnipsel aufgrund der vertikalen Darstellung wertlos sind.

Nur in einer Texteinblendung wurde das Verlagsprogramm erwähnt, HathiTrust, das vor allem Google-Scans hostet, kommt gar nicht vor. Es gibt sicher noch zehntausende andere Wissenschaftler außer mir, die Google auf Knien für Google Books danken - auch wenn das Angebot mich immer wieder bis zur Weißglut ärgert (elende Scans, mieseste Metadaten, Verschlechterung der Suchmöglichkeiten usw.). Wissenschaftler, die intensiv mit Google Books arbeiten und ohne es schlicht und einfach nicht mit vertretbarem Aufwand an ihre Quellen kämen, wurden nicht befragt.

Dass ein unbedarfter Klosterbibliothekar (Montserrat bei Spanien) zur potentiellen kommerziellen Nachnutzung seiner Bestände befragt wird und darauf erst einmal nichts sagen kann - das ist doch superbillig.

Die Geheimnistuerei von Google (geheime Verträge, nur 6 Sekunden Filmmaterial zum Scannen, keine Stellungnahme in den USA, Auskunft gab nur der spanische Chef von Google Books) habe ich selbst oft getadelt, aber die ganze Machart des Films, der zu oft den unsäglichen Reuß zu Wort kommen lässt (und den Heidelberger Appell mit einem Bild der UB Heidelberg illustriert), ist mir zu plump. Aber da ich selbst nicht immer fair und ausgewogen berichte, darf es auch einen solchen Film geben. Nur gefallen muss er mir nicht.

Update zu: http://archiv.twoday.net/stories/326529195/
Erbloggtes (Gast) meinte am 2013/04/02 23:17:
mit vertretbarem Aufwand
Google Books zu nutzen erscheint mir immer ein bisschen wie wissenschaftliches Fehlverhalten. Deshalb würde ich nicht sagen, dass ich "intensiv" damit arbeite. Aber ich arbeite damit, und meine Untersuchungen sind dadurch (hoffe ich) besser als ohne.
Warum ich es im Bereich wissenschaftlichen Fehlverhaltens empfinde? Wegen des Autopsieprinzips. Ich halte die Darstellung selbst ganzer Seiten nicht für so zuverlässig, dass sie eine Inaugenscheinnahme des echten Buches ersetzen können. Das klingt natürlich streng, wäre aber nur dadurch zu heilen, dass Google Books (oder andere Online-Formate) offiziell als Äquivalent zur Autopsie akzeptiert würde. Denn meinem Gefühl nach betrüge ich, wenn ich im Literaturverzeichnis ein Buch angebe (und damit meine Autopsie suggeriere), das ich nur in Form von Scans gesehen habe.

Bleibt die Frage: Der vertretbare Aufwand, woran bemisst der sich? Natürlich ist es zeitökonomischer, keine Fernleihen aufzugeben, wenn man stattdessen sofort den betreffenden Aufsatz lesen kann. Und bei den zahlreichen Anforderungen wäre die Verzögerung durch die Fernleihe (oder, größerer Aufwand: durch eine persönliche Reise zum einzusehenden Werk) vielleicht auch nicht vertretbar. Jedenfalls würde man persönliche Nachteile in Kauf nehmen müssen, so wie Abgabeterminüberschreitungen oder Aufsätze, die man gar nicht schreiben könnte. Daher ist die umgekehrte Frage: Wie vertretbar ist es, den Aufwand zur Autopsie *nicht* auf sich zu nehmen? 
FeliNo antwortete am 2013/04/02 23:49:
Bestimmte Forschungsfelder, wie z. B. im Bereich der mittelalterlichen Handschriften und der frühen Drucke, haben in den letzten Jahren vor allem international "angezogen", nicht zuletzt durch die Digitalisate; die Autopsie ist deshalb keineswegs obsolet, fände ohne Scans und die entsprechenden Katalogisierungen, weltweit abrufbar, aber vermutlich gar nicht statt, da sich die Kontexte kaum hätten erschließen lassen und kaum jemand auf die Idee solcher Kontexte gekommen wäre. Ein Beispiel war für mich die Entwicklung der Erforschung der frz./ndl./engl./dt./sv Stoffgeschichte des "Reineke Fuchs" in den letzten 15, 20 Jahren. 
ladislaus (Gast) antwortete am 2013/04/03 11:56:
Eine Fernleihe-Kopie oder ein Mikrofilm sind doch genausowenig selbst "autopsiert". Das schlechte Gewissen kann man ja wirklich durch eine Angabe (eingesehen als Digitalisat bei ...URL..., Datum) beruhigen. Das ist doch eigentlich nur ein Problem, wenn einem benotenden Hochschullehrer das nicht genügen sollte. Dabei sollten auch diese doch eigentlich froh sein, wenn sie findige Studenten haben, die zumindest die in der eigenen Unibibliothek nicht vorhandene Literatur günstig und schnell über das Internet finden können. Von der Literatur, die man ohne Volltextsuchen nie gefunden hätte, ganz zu schweigen. 
KlausGraf antwortete am 2013/04/03 16:10:
"Google Books zu nutzen erscheint mir immer ein bisschen wie wissenschaftliches Fehlverhalten."
Ich habe selten etwas Unsinnigeres gelesen. Bei reinen E-Texten ohne Scan kann ich Bedenken gut verstehen, nicht aber bei Digitalisaten, egal von wem. Google manipuliert keine Scans bzw. man kann sofort sehen, wenn etwas fehlt oder undeutlich ist. Seit es Fotokopierer oder Fotoapparate gibt, sind Reproduktionen aus praktischen Gründen an die Stelle der Autopsie getreten. Die germanistischen Seminare sind voll mit Editionen, die anhand von Handschriften-Mikrofilmen erstellt wurden und gelegenlich wird auch ganz offen bemerkt, dass Haarstriche aus diesem Grund unter den Tisch fallen müssen. Wer bitteschön kann sich Autopsie konsequent leisten. Ich würde gerade mal einen Aufsatz in meinem Leben fertigstellen können, würde ich konsequent auf Kopien verzichten. Selbstverständlich braucht man auch bei zeitschriftenaufsätzen die vollständige Titelei, obwohl diese bei Fernleihen immer fehlt. Autopsie in diesem Sinne ist nichts als PERVERSION der Wissenschaft oder auch Masturbation. 
ladislaus (Gast) antwortete am 2013/04/03 16:30:
Übrigens: Google Books NICHT zu nutzen erscheint mir immer ein bisschen wie wissenschaftliches Fehlverhalten. 
KlausGraf antwortete am 2013/04/03 16:31:
Gut gegeben oder wie das böse böse böse Google sagen würde: +1
Erbloggtes (Gast) antwortete am 2013/04/03 17:04:
Danke!
Gute Antworten!
Offenbar wurde das jedoch zu meiner Studienzeit nicht explizit so gelehrt. Man muss die Effizienz-Abwägung zwischen Zuverlässigkeit und Zugänglichkeit m.E. den Studierenden viel ausdrücklicher beibringen. Denn wenn man die Effizienz immer weiter steigert, ... na Sie wissen schon. ;-) 
ladislaus (Gast) antwortete am 2013/04/03 17:15:
Wenn schon Effizienz, dann richtig: man kann da durchaus auch mit Ockhams Messer kommen. Also: Was ist wahrscheinlicher als Erklärung dafür, dass in einem bestimmten Prozentsatz von Quellenangaben mal etwas nicht 100% so stimmt, wie man das gerne hätte?

1) Dass ein böser Großkonzern oder eine Unibibliothek bei der Retrodigitalisierung absichtlich einzelne Buchstaben oder Zahlen verändert oder absichtlich Sätze verfälscht in einem Scan, den wir zufällig gerade benötigen?

oder vielleicht doch

2) Druckfehler, Lesefehler, Transkriptionsfehler, Copy&Paste-Fehler, Verständnisfehler bei Autor der Quelle wie beim Leser, von schlampigem Zitieren nach Sekundärquellen ohne Angabe derselben mal ganz abgesehen.

(1) dürfte völlig vernachlässigbar sein, (2) wird dagegen immer irgendwo in einem studentischen Text drinstecken. Seine Energie auf das Vermeiden von (1) zu fokussieren, ist die reinste Zeit- und Ressourcenverschwendung. Das Vermeiden von (2) ist schon aufwendig genug. 
KlausGraf antwortete am 2013/04/03 17:15:
Es wird auch heute wohl kaum explizit gelehrt
Durch die Digitalisierung und die schon viel früher einsetzende Konjunktur der Reproduktionen klafft eine Schere zwischen dem Postulat "Autopsie ist wichtig" und seiner konkreten Umsetzung.

Dank Digitalisaten kann ich heute viel öfter auf die (in meinem Fall recht alten) Quellen zurückgehen. Giesecke zitiert das Grab der Unwissenheit aus Sebastian Franck: http://archiv.twoday.net/stories/326528152/. Früher wäre es ganz und gar abwegig gewesen, sich wegen eines solchen Zitats in eine höchst entfernte Altbestandsbibliothek zu begeben und die entsprechende Seite aufzuschlagen. Vor wenigen Tagen hat es schätzungsweise 5 Minuten gedauert, womöglich noch weniger, um ein Digitalisat der seltenen Erstausgabe ausfindig zu machen und die Seite aufzuschlagen. Nur wegen einem Buch wäre man nicht hunderte von Kilometern gefahren, es sei denn es wäre zentral für die Arbeit gewesen.

Autopsie und Digitalisat/Kopie ist also für mich kein Widerspruch, auch wenn in einem sehr kleinen Teil aller Fälle das physische Buch vonnöten ist. Zwecks Schnüffeln am Geruch usw. 
Erbloggtes (Gast) antwortete am 2013/04/03 18:51:
Fall (1) meinte ich gar nicht. Aber in meinem Tätigkeitsbereich ließen sich Lesefehler u.ä. (Fall 2) sich durchaus deutlich verringern, wenn man die Originalvorlage hätte.
Zu Fall (1) wäre aber noch zu fragen, welche Arten von Quellen systematisch (und ohne böse Absicht) ausscheiden, wenn man sich von vornherein auf Digitalisate konzentriert. 
FeliNo antwortete am 2013/04/03 19:59:
Ich stimme Klaus Graf und ladislaus zu, zumal die Unterscheidung, ob mich z. B. an einer Handschrift auch die Materialbeschaffenheit, die unter der Lupe auszumachenden Gebrauchsspuren u.ä, interessieren oder nur die Korrektheit eines Transkripts, ja verdeutlicht wird. Andererseits wird durch Digitalisate wohl nicht zuletzt das hohe professorale Gestühl mit seinem exklusiven (weil für die übrige Welt beschränkten) Zugang zu den Zimelien merklich angekratzt... 
ladislaus (Gast) antwortete am 2013/04/03 21:20:
Ich redete selbstverständlich immer (wie auch Erbloggtes in seiner Repik) von Google Books. Dass bei mittelalterlichen Handschriften ein Digitalisat für viele Fragestellungen oft nicht das Original ersetzt ist ja völllig klar. Die Bücher bei Google Books jedoch ersetzen für rein inhaltliche, nicht buch- oder bibliothekswissenschaftliche Zwecke das Original aber sehr oft sehr wohl, manchmal allerdings auch nicht (wegen der vielen offenkundigen Scanfehler und weil die Scanner zu doof waren, ausfaltbare Karten auszufalten etc.) 
FeliNo antwortete am 2013/04/03 21:57:
Stimmt. Allerdings gilt das, was ich off topic bemerkte, fürs Gedruckte ebenso (oder erst recht). Ich verstand die Frage/These von Erbloggtes, die Bereitstellung von (Text-/Druck-)Scans für Wissenschaftler betreffend, indes als allgemeiner. (Dass die Titelangaben bei Google Books teilweise unterirdisch sind, ist aber doch bekannt, oder? Muss der Student eben nunmehr lernen, so wie unsereiner anno Toback die korrekte Titelangabe.) 
 

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