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1998: Versteigerung des Inventars von "Gut Trages", des Stammsitzes der Familie von Savigny

Vom 2. bis 5. März 1998 versteigerte das Stuttgarter Auktionshaus Bernd Rieber das Mobiliar des Herrenhauses von "Gut Trages" (bei
Somborn/Freigericht zwischen Hanau und Gelnhausen), seit 1751 Stammsitz der bedeutenden Beamtenfamilie von Savigny. Ihr berühmtestes Mitglied: der Jurist Friedrich Carl von Savigny (1779-1861). Außer- und Gebrauchsgegenständen wurden auch Familienunterlagen und die Bibliothek mit wertvollen Altbeständen verkauft. "Ungewöhnlich schmerzhaft" sei in
diesem Fall die "Zerstörung eines Ensembles", schrieb Michael Stolleis in der FAZ vom 3. März 1998.

Eine solide Dokumentation fehlt: "Die kuriosen Beschreibungen des Katalogs zeigen, daß man sich nicht die Mühe machte, das Ausgeräumte im einzelnen zu identifizieren und zu schätzen"
(Hartwig Schultz, Savigny-Nachlaß aus Trages kam unter den Hammer, in: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Nr. 26 vom 31.3.1998, S. A 217-218, hier S. A 217).



Zur Geschichte von Gut Trages:

http://www.hr-online.de/website/derhr/home/presse_meldung_einzel.jsp?rubrik=4826&key=presse_lang_25636778

http://de.wikipedia.org/wiki/Freigericht_%28Hessen%29#Hof_Trages

http://www.freigericht.de/3Rathaus/B%C3%BCrgerInfo/02_Historie/206_GeschichteHofTrages.htm
(mit Bild)

Aus dem Artikel von Stolleis:

"Das Stuttgarter Auktionshaus Bernd Rieber versteigert noch bis zum Donnerstag das Innere eines Herrenhauses zwischen Gelnhausen und Hanau. Aufgerufen werden Moebel und Teppiche, Rahmen und Spiegel, Bilder und Skulpturen, Muenzen, Medaillen und Orden, Uhren und Spielzeug, Vasen und Teller, Messer und Gabeln sowie Buecher: Dichtung, Historisches, Reisen, vor allem aber Juridica. Viele alte Familien hueten solche Schaetze, und manche von ihnen koennen sie nicht zusammenhalten, so dass am Ende die Stuecke in den grossen Kreislauf der Sammlungen, der Bibliotheken und der unergruendlichen Katakomben musealer Depots zurueckkehren. Wer Geld hat, mag sie also erwerben, die Pokale und die Zuckerzangen, die Kerzenleuchter und die Vasen.

Aber in diesem Falle ist die Zerstoerung eines Ensembles doch ungewoehnlich schmerzhaft. Das Herrenhaus von "Gut Trages" (bei Somborn, Freigericht) ist nicht irgendeines. Seit 1751 war es der Stammsitz der Familie von Savigny, die Beamte und Diplomaten im Dienst der Haeuser Leiningen, Nassau-Weilburg, Kurpfalz und Wuerttemberg hervorgebracht hatte. Dann stieg ihr eigentlicher Glanz auf, der wohl beruehmteste deutsche Jurist, Friedrich Carl von Savigny (1779 bis 1861), Professor in Marburg, Landshut und Berlin, preussischer Minister und Staatsrat, verheiratet seit 1804 mit Gunda Brentano. [...]

Vor ein paar Jahren waren wir mit jungen Rechtshistorikern zu Besuch gewesen, liebenswuerdig eingeladen und bewirtet, betrachteten mit einer gewissen Scheu die Raeume und ihr Interieur, schlugen die Handexemplare der Werke Savignys auf und stiegen mit einer Kerze hinunter in die Gruft. [...]

Nun ist es zu Ende. Das Haus kann renoviert, getuencht und zu welchem Zweck auch immer genutzt werden. Die beweglichen Gegenstaende sind davongeflattert, und in vielen Faellen wird man schon nach wenigen Jahren nicht mehr wissen, welche Farben, Duefte und Historien oder Histoerchen sich damit verbunden haben. Wenige Kenner werden gluecklich sein. Aber als Ganzes wird es dies nie mehr geben. Der Geist macht sich davon. Zurueck bleiben die kahlen Waende und die Nummern im Katalog."

In der Chronik des Legal History Review 67 (1999) H. 1/2, S. 200 notierte R. Feenstra (Leiden):

"Vente de livres par les descendants de Savigny. – A la suite d’une suggestion de M.
Werner Kundert (Arlesheim) nous signalons à nos lecteurs la vente de l’inventaire du
“Schlossgut Trages”, une propriété près de Francfort-sur-le Main qui a appartenu à
Friedrich Carl von Savigny (1779–1861) et qui est restée dans la famille jusqu’à nos
jours. Il en existe un catalogue publié par l’“Auktionshaus Bernd Rieber” à Stuttgart
sous le titre Auktion mit Auflösung Schlossgut Trages (mars 1998). La bibliothèque est
décrite sous les nos. 5751 à 6353. Ce n’est qu’une partie de ces numéros qui a dû
appartenir à F.C. von Savigny (provenant de ses ancêtres ou acquise par lui-même); il
y a un bon nombre d’ouvrages qui datent d’aprês sa mort. Ce ne fut certainement pas sa
bibliothêque de travail, qui, comme on le sait, est dispersée à plusieurs endroits. A la
Staatsbibliothek Preussischer Kulturbesitz à Berlin il y a le très important “legs Savigny”,
qui est décrit d’une façon assez détaillée dans Verzeichnis der von dem verewigten
Herren Staatsminister Carl Friedrich von Savigny mittelst Legats vom 26. Mai 1852 der
Königlichen Bibliothek zu Berlin vermachten Werke (Berlin 1865). A Bonn il existe une
“Savigny-Bibliothek” assez intéressante, qui est maintenant à la Bibliothèque de
l’Université mais qui autrefois était conservée dans une maison privée (où, en 1984 et
1985, nous avons pu la consulter pour nos recherches bibliographiques concernant les
professeurs de droit aux universités néerlandaises de 1575 à 1811). Finalement une
partie importante des livres de Savigny nous est conservée dans le “Savigny-Nachlass”
à la Bibliothèque de l’Université de Marbourg. Ce qui a été vendu en mars 1998 est sans
doute beaucoup moins intéressant que ces collections à Berlin, à Bonn et à Marbourg,
mais on y trouvera quand-même quelques livres qui méritent l’attention, par exemple
des ouvrages de Savigny lui-même avec notes manuscrites."

Beschämend für Europa ist, was man in der gleichen Zeitschrift 72 (2004), S. 396 von C. J. H. Jansen (Nimwegen) liest:

SAVIGNYS VORBEREITUNG EINER ZWEITEN AUFLAGE DES ‘SYSTEM DES HEUTIGEN RÖMISCHEN
RECHTS’, hrsg. v. J. Murakami [und] K.W. Nörr. Mohr (Siebeck), [Tübingen 2003].
[III] + 47 S.
Die Toin University of Yokohama (Japan) hat 1998 die aus seinem Herrensitz des
zwischen Hanau und Gelnhausen gelegenen ‘Hofgutes Trages’ stammende Bibliothek des
Friedrich Carl von Savigny (1779–1861) erworben. Diese 262 Titel in 474 Bänden umfassende
Sammlung hat insgesamt in der Bibliothek der Toin University unter der Bezeichnung
Savigny Bibliothek ihren Platz gefunden. Ein Jahr später gelang es der Universität
rein zufällig ein Exemplar des System des heutigen Römischen Rechts, das Savigny persönlich
gehörte, zu kaufen und der Savigny Bibliothek einzuverleiben. In diesem Exemplar hat
Savigny eigenhändig im Rande der Bände 2 und 4 bis 8 Korrekturen nachgetragen (z.B.
wurden Druckfehler gestrichen, Zitate verbessert und Stellen aus den Digesten und übrigen
Quellen hinzugefügt) und Ergänzungen vorgenommen (wie z.B. hinsichtlich der Verjahrung
und der condictio). Offensichtlich hatte Savigny vor, eine zweite Auflage des Systems zu
veröffentlichen. Knut Nörr, seit 1971 ordentlicher Professor an der Universität Tübingen,
hat die Transskription der Savignyschen Bemerkungen angefertigt, seine Literaturhinweise
vervollständigt, und einige kurze Bemerkungen samt neuer Literatur hinzugefügt."

Nörrs Buch, eine Einführung und ein Katalog der Bände ist online unter
http://savigny.toin.ac.jp/savigny/menu_top.jsp

"Accordingly, most of the Savigny collections were taken away from the Savigny family itself. But his personal collection was kept in a manor proprietor's home in the then Savigny family-owned Manor Trages near Hanau in the outskirts of Frankfurt. But in recent years, as the Manor Trages was being converted into a golf course, Savigny's personal collection was slated to be auctioned off along with the manor's furniture, personal ornaments, art works and other stuff. But after the auction, Toin Gakuen purchased major portions (about 480 books and 262 items) of the personal collection's legal works, thereby utilizing and exhibiting them as “the Savigny Library" at Toin Memorial Academium. They include Savigny's own writings and many other important books in a legal history. For example, one of them is the 3rd and 5th editions of Savigny's “Treatise on Possession" which contained some of his handwritten notes apparently designed to prepare for the publication of the forthcoming edition." (Greeting)

Man kann auf der Website auch als Gast einige Schriften Savignys und etliche alte Drucke (2 Inkunabeln) einsehen, die in guten Digitalisaten zur Verfügung stehen. (Nach Registrierung sieht man keine weiteren Stücke, man kann allerdings persönliche Memos abspeichern.)



Es ist skandalös, dass das Land Hessen nicht für einen gesetzlichen Schutz der hochrangigen Reste der Savigny-Bibliothek sorgte. Erfreulich ist, dass sie in Japan einen Platz gefunden zu haben scheinen, wo man sie mehr schätzt als hierzulande.
 

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