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Der Archäologe Christian Gildhoff (UB Heidelberg) wendet sich in der neuen ZWLG 70 (2011), S. 11-49 der Traditionsbildung um den angeblich in der Schlacht bei Weinsberg erstmals erschollenen Schlachtruf "Hie Welf - hier Waibling" zu, eine wertvolle Studie (nicht nur deshalb, weil sie mich häufig zitiert).

Während noch Jaffé 1845 auf eine zweite Quelle (Hermann Aedituus, also die Flores temporum) verwies, hat man seither immer wieder behauptet, erstmals berichte um 1425 Andreas von Regensburg (den Gildhoff irritierenderweise Müllner nennt, obwohl er fast nur als Andreas von Regensburg bekannt ist) von der Entstehung der Rufe.

Ausgabe Leidingers:
http://www.archive.org/stream/quellenunderrte01unkngoog#page/n673/mode/2up
Deutsche Fassung
http://www.archive.org/stream/quellenunderrte01unkngoog#page/n765/mode/2up

[Auf Andreas fußt Ebran:
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/1033936 ]

Überzeugend plädiert Gildhoff dafür, dass man mit der Einschätzung als "ganz sicher unrichtiger Fabel" (Robert Holtzmann) vorsichtig sein sollte. Wenn er aber auf den Ortsnamen Ellhofen verweist, der eine bemerkenswerte Vertrautheit mit der örtlichen Topographie zeige (S. 21) - wieso setzt er sich nicht mit der für uns grotesk erscheinenden Lokalisierung von Waiblingen auf dem Härtsfeld auseinander?

Übersehen wurde vor Gildhoff, dass der lateinische Prolog der Rottweiler Alten Hofgerichtsordnung = AHGO (ich benütze die Edition in der ZRG GA 41, 1920, S. 314 - soeben im Internet Archive gelandet - nicht den erweiterten Separatabdruck von 1921) bei der Schilderung der Geschehnisse 1140 mit der Darstellung des Andreas übereinstimmt.

Zum "Original" der Ordnung im Stuttgarter Cod. HB VI 110 - http://www.handschriftencensus.de/19894 - gibt Gildhoff zu bedenken, dass nach Herrad Spilling diese Handschrift keineswegs von der Hand des Jos von Pfullendorf stammt (S. 25). Jos dürfte spätestens im Winter 1432/33 verstorben sein (S. 26). Auch der Prolog dürfte - das sichern die waffen- und kostümkundlichen Beobachtungen zu den Illustrationen ab - in den 1420er oder 1430er Jahren geschrieben worden sein. Für den Handschriftenkatalog von Autenrieth ist Cod. HB VI 110 "um 1435 entstanden.

[Digitalisat des HB VI 110:

http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz343266539 ]

Gildhoff zieht sodann die Meuschen'sche Ausgabe der Flores temporum heran:

http://books.google.de/books?id=ucAWAAAAQAAJ&pg=PA112

Andreas, AHGO und Meuschens Fassung sind unabhängig voneinander entstanden. Meuschens Text gehört zur Textstufe 3 Redaktion C (Hermannus dictus Gygas, bis 1349/50). Gildhoff überprüft nun die vier Handschriften dieser Redaktion, die vor 1425 entstanden sein dürften: Basel E II 72, Cod. Cusanus 158, Clm 5524 und Clm 14281. Zu den Flores temporum-Handschriften und Ausgaben online siehe auch

http://de.wikisource.org/wiki/Die_Mordgrube_zu_Freiberg#Die_T.C3.A4nzer_auf_der_Br.C3.BCcke

Die Stelle im Clm 14281 (datiert 1415):
http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00009839/image_418

Der Codex in Bernkastel-Kues und Clm 5524 wurden wohl zu früh angesetzt (S. 38).

S. 43ff. geht Gildhoff einem Beziehungsgeflecht rund um Jos von Pfullendorf nach. 1411 und 1413 erscheint dieser als Notar in Schwäbisch Gmünd, enge Beziehungen verbanden ihn mit den von Hermann Heimpel ausgiebig untersuchten Gmünder Venern. Reinbold Slecht, Sohn einer Venerin, setzte im Basler Cod. E II 72 die Flores temporum fort. Man dürfe diese Zusammenhänge nicht mit leichter Hand als bloße Zufälligkeiten abtun (S. 49). Gildhoff legt nahe, die Gmünd-Lorcher-Staufertradition habe Jos von Pfullendorf inspiriert, eine "Gesta Chuonradi" zu schreiben, die von dem AGHO-Prolog besser verwertet wurde als von den Flores temporum.

Das überzeugt mich ganz und gar nicht. Gut möglich, dass der Prolog der AHGO von Jos stammt und denkbar ist es auch, dass in Rottweil eine lateinische Vorlage der Flores vorlag. Aber für mich gehört die Zweitversion der Flores temporum in die Mitte des 14. Jahrhunderts und ist vielleicht in Reutlingen entstanden. Gildhoff kennt offenbar meinen Aufsatz

Die "Flores temporum" und Balingen, in: 750 Jahre Stadt Balingen
1255-2005 (= Veröffentlichungen des Stadtarchivs Balingen 7), Balingen 2005, S. 13-18, 489-490

nicht. Er wurde in der Balinger Festschrift gekürzt und bearbeitet abgedruckt. Die ungekürzte Fassung als E-Text veröffentliche ich unten.

Es ist gut möglich, dass auch bei dem Weinsberg-Bericht eine schwäbische Quelle des 13. Jahrhunderts vorlag. Der Verfasser des AGHO-Prologs (Jos von Pfullendorf?) könnte sie benutzt haben, möglicherweise neben der weit verbreiteten Vulgatversion der Flores temporum (also der Textstufe 3, Redaktion C). Über die Flores temporum kam der Textkomplex an Andreas von Regensburg, der mit der Lokalisierung von Waiblingen in dem Weiler bei Aalen (schwäbisches?) Sondergut hat.

Die Flores-Fassung des Hermannus sorgte für die weite Verbreitung der Tradition. Wir begegnen ihr bei Felix Fabri am Ende des 15. Jh., wo in der Edition von 1727 auf Hermannus Aedituus verwiesen wird:

http://books.google.de/books?id=5bdBAAAAcAAJ&pg=PA32

Über Naucler gelangte der Kampfruf in "beinahe alle[] Zeitbücher" (so Jakob Frischlin zitiert nach Wilhelm Glässner, Waiblingen in Chroniken des 16. Jahrhunderts, 1978, S. 50, ähnlich schon David Wolleber ebd. S. 29). Auch Martin Crusius hat die Tradition aus "Hermannus Aedituus":
http://www.literature.at/viewer.alo?objid=1030241&viewmode=fullscreen&rotate=&scale=3.33&page=586 (Übersetzung Moser I, S. 568).

Nachweise aus der frühneuzeitlichen Chronik-Literatur bietet Arnold:
http://books.google.de/books?id=8TE-AAAAcAAJ&pg=PA375
Und Struve
http://books.google.de/books?id=shZC7-6hH98C&pg=PA370

Obwohl sie mit Google Book Search ohne weiteres auffindbar ist, hat Gildhoff darauf verzichtet, die Studie "Welfen und Gibelinge" von Albert Schott dem Jüngeren heranzuziehen:

http://books.google.de/books?id=Zpc1AAAAMAAJ&pg=PA317

Jacob Grimm hat Schotts Nibelungen-Spekulationen zurückgewiesen:

http://books.google.com/books?id=Zpc1AAAAMAAJ&pg=PA453

Grimms Hinweis auf den Lohengrin (Vers 3510 in der Ausgabe Cramer S. 364; hier zitiert nach Hs. A "im hulfen Gibel vnd Gelfe") zeigt, dass die Parteinamen in Deutschland schon am Ende des 13. Jahrhunderts belegt sind. Gegen Heinz Thomas ist an der Frühdatierung des Lohengrin festzuhalten, terminus ante quem ist die Entstehungszeit der ehemals Koblenzer Fragmente, die um 1300 angesetzt werden von
http://www.handschriftencensus.de/1318

Die Duntzenheim'sche Twinger Handschrift von 1495/96 befindet sich heute in Gießen:
http://www.handschriftencensus.de/20401
In Schilters Königshofen-Ausgabe S. 424 ist ein entsprechender Zusatz abgedruckt, den Schott S. 342 erwähnt:

http://epub.ub.uni-muenchen.de/11726/

Andreas von Regensburg (Waiblingen auf dem Härtsfeld) und die Flores (seine Hauptquelle für Buch I) waren wohl die Vorlagen von Matthias von Kemnat:

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/codheidnf9/0056

Ob die lang angekündigte Mierau'sche Ausgabe der Flores temporum auch eine hier hilfreiche Quellenanalyse der Hermannus-Version bringen wird? Man kann es nur hoffen. Gildhoff ist zu danken, dass er die Quellenproblematik aufgegriffen hat, auch wenn ich ihm in seiner zentralen Vermutung - eine "Gesta Chuonradi" des Jos von Pfullendorf - nicht folgen will.

***

Die „Flores temporum“ und Balingen

Von Klaus Graf

„Anno MCCLV Balingen in penthecostes civitas facta est”, meldet ein jüngerer Chronist. Diesen Satz liest man in der Amtlichen Kreisbeschreibung von 1961, und als Quelle ist in der Anmerkung 19 eine Handschrift der Württembergischen Landesbibliothek Stuttgart vermerkt: Cod. hist. fol. 270#1. Daß es nicht nur eine einzige Handschrift des lateinischen Geschichtswerks, aus dem diese Notiz stammt (den "Flores temporum"), gibt, sondern über 100 und daß bereits seit 1879 eine kritische Edition der Balingen-Stelle im Rahmen der Serie der "Scriptores" (Geschichtsschreiber) der Monumenta Germaniae historica (MGH) vorliegt#2, hat die Balinger Lokalforschung offenkundig nicht zur Kenntnis genommen. Heute braucht man sich noch nicht einmal in den Lesesaal einer wissenschaftlichen Bibliothek zu begeben, um dort den großen Folioanten der MGH Scriptores in folio zu wälzen. Die französische Nationalbibliothek hat diesen Band - wenngleich in schlechter Scanqualität - auf ihrem riesigen Gallica-Server frei zugänglich ins Internet gestellt, und man kann sich von den Seiten der Flores-Ausgabe bequem ein PDF herunterladen, das einem auf dem eigenen Notebook notfalls auch auf einer Albwanderung zur Verfügung steht.

Die "Flores temporum" ("Blumen der Zeiten") sind eine lateinische Weltchronik, die den Zeitraum vom Anfang der Welt bis zum Ende des 13. Jahrhunderts umfaßt und Kaiser und Päpste parallel abhandelt. Sie liegt in verschiedenen Fassungen vor. Die älteste Fassung wurde um 1292 von einem namentlich nicht bekannten schwäbischen Franziskanermönch (Minorit) geschrieben. In welchem Konvent (Esslingen, Reutlingen?) er lebte, wird unten noch zur Sprache kommen. Die Chronik gilt als charakteristisches Zeugnis der sogenannten "Bettelordenschronistik"#3, die man in engem Zusammenhang mit dem Predigtwesen der Bettelorden sieht. Diese Geschichtswerke gelten als Fundus erbaulicher Geschichten ("Predigtexempla"), mit denen man auf möglichst volkstümliche und eingängige Weise die kirchliche Heilslehre vermitteln wollte. Im Vorwort schreibt der Verfasser der Flores temporum, er würde nach seinen Heiligenpredigten von Mitbrüdern und Weltklerikern um seine Zeittafel gebeten. Ihm ging es um ein stabiles chronologisches Gerüst, und wenn er in der Predigt ausführte "Heute sind es so und so viele Jahre, daß dieser Heilige in den Himmel aufgenommen wurde" wurde er für diese Exaktheit bewundert. Damals gab es ja noch keine gedruckten Nachschlagewerke und viele handschriftliche Chroniken boten verwirrende Angaben. Auf diesem Feld wollte der Minorit Ordnung schaffen mit seinem handbuchartigen Zeitregister. Es ging ihm nicht um Originalität, das allermeiste schrieb er wörtlich von Vorgängern ab. In den Vordergrund wollte er fromme und erbauliche Inhalte rücken: Angaben über Heilige, die er - die Blumenmetapher des Titels aufgreifend - Himmelsrosen und Paradieslilien nennt und den Dornen gegenüberstellt. Die Dornen sind für ihn die weltlichen Herrscher. Eine Hauptquelle seiner "Blütenlese" war die nach der Mitte des 13. Jahrhunderts verfaßte "Legenda Aurea" des italienischen Dominikaners Jacobus de Voragine, die beliebteste Legendsammlung des Mittelalters#4. Manchmal sprengen die seinen Vorlagen entnommenen wunderbaren oder anekdotischen Erzählungen die sonst auf summarische Knappheit bedachte Geschichtsvermittlung der "Flores temporum"#5.

Eine unvoreingenommene Erforschung der handschriftlich breit - vor allem in Oberdeutschland - überlieferten Flores temporum, die in mehreren Versionen und versehen mit zahlreichen regionalen Fortsetzungen gelesen wurden, setzte erst in den letzten 25 Jahren ein. Typisch für die Haltung des 19. Jahrhunderts sind die verächtlichen Worte des MGH-Mitarbeiters Ludwig Weiland in einer Buchbesprechung 1886: "das elende Machwerk des schwäbischen Bettelbruders"#6. In der von Oswald Holder-Egger erstellten Ausgabe der MGH hat man alles, was vor dem Anfang des 8. Jahrhunderts lag, schlicht und einfach weggelassen. Wer das Werk in gedruckter Form ganz lesen möchte, ist nach wie vor auf Drucke der Barockzeit angewiesen, die von Johann Georg Eccard 1723 und Johann Gerhard Meuschen 1743 (bzw. 1750) veranstaltet wurden.

Vor allem Peter Johanek hat seit seinem Verfasserlexikon-Artikel von 1980 die Erforschung der Flores temporum gefördert. Ein Münsteraner Projekt unter seiner Leitung arbeitete die handschriftliche Überlieferung des Werks auf und legte eine erste Zusammenfassung in Gestalt des Buchs von Heike Johanna Mierau, Antje Sander-Berke und Birgit Studt im Jahr 1996 vor: "Studien zur Überlieferung der Flores temporum"#7. Für die MGH bereitet Heike Johanna Mierau die überlieferungsgeschichtlich orientierte Neuedition des Geschichtskompendiums vor.

Um es ganz deutlich zu sagen: Erst eine umfassende Sichtung der Überlieferung durch die MGH-Edition, die wohl noch etliche Jahre auf sich warten läßt, wird eine zuverlässige Einschätzung der nicht näher begründeten Entscheidung Holder-Eggers ermöglichen, die Jahreszahl 1255 anderen Jahreszahlen, die von den von ihm konsultierten Handschriften geboten wurden, vorzuziehen. Da es keinerlei Möglichkeit gibt, die Angabe der Chronik über den Gründungstag anhand anderer, etwa urkundlicher Quellen zu kontrollieren, wird man aber bereits heute die Prognose wagen dürfen, daß es auch nach Vorliegen der MGH-Ausgabe nicht möglich sein wird, die Jahreszahl 1255 als völlig gesichert zu betrachten. Ein Fragezeichen wird vermutlich bleiben.

Als ob die Nachricht an sich nicht schon rätselhaft genug wäre! Eine Stadtgründung auf einen bestimmten Tag, noch dazu das Pfingstfest zu datieren, scheint singulär zu sein. Wie hat man sich den Gründungsakt konkret vorzustellen? Man kann im Grunde genommen nur spekulieren, waghalsige Mutmaßungen anstellen. Allerdings sei vor der von Historienbildern des 19. Jahrhunderts inspirierten Vorstellung gewarnt, am Rande eines pfingstlichen Festes (etwa eines Turniers) habe der Graf von Zollern - Graf Friedrich von Zollern befand sich 1255 im Besitz des Balinger Patronatsrechtes und gilt daher als Stadtgründer - den untertänigst angetretenen Balinger Bürgern die Stadtgründungsurkunde zu überreichen geruht. Oder darf man vielleicht an eine Art Grundsteinlegungsritual denken#8? Oder an das feierliche Ausmessen des Stadtgrundstücks? Eine klare Antwort auf diese Fragen wird es wohl nie geben.

Doch zurück zu den Flores temporum! Wie stellte sich die handschriftliche Überlieferung der Balinger Notiz für den Herausgeber Holder-Egger dar? Blickt man in die kleingedruckten textkritischen Anmerkungen, so wird klar, daß er die Lesart 1255 aus der vergleichsweise jungen Handschrift der Bayerischen Staatsbibliothek München Clm 9503 (entstanden nach 1454) entnahm, die er als A3 bezeichnete und die bei Mierau/Sander-Berke/Studt (künftig kurz: Mierau) die Sigle M 11 trägt. Außerdem hatte auch die mit der Eichstätter Fortsetzung Heinrichs von Rebdorf versehene Wiener Handschrift 3284* (Mierau: W 3) die Jahreszahl 1255. A1 und A2, wichtige Handschriften, aber nennen ein jüngeres Datum: MCCLXI (1261). Der Würzburger Codex A1 (Mierau: Wü 1) stammt aus dem 15. Jahrhundert, während die in das Ende des 13. oder den Anfang des 14. Jahrhunderts zu datierende Pariser Handschrift (aus Rebdorf) A2 die älteste heute noch vorhandene Handschrift sein dürfte, in der die Balinger Notiz zu finden ist. Und in dieser ältesten Handschrift steht nicht das Datum 1255, sondern 1261. Die A1-3 sonst nach Ansicht Holder-Eggers nahe stehenden Handschriften der Gruppe B haben wieder ein anderes Datum: MCCLX (1260). In den Handschriften A4, A5 und A6 fehlt die Balingen-Notiz ganz. Soweit die Angaben Holder-Eggers, die nur in einem Fall überprüft werden konnten: Nach freundlicher Mitteilung der Universitätsbibliothek Würzburg weist A1/Wü1 definitiv nicht das Datum 1261, sondern 1260 auf. Wie verläßlich sind demnach die anderen Variantenangaben Holder-Eggers?

Ohne genaue textkritische Untersuchung der gesamten Überlieferung kommt man hier kaum weiter. Holder-Egger könnte sich durchaus geirrt haben und seine Entscheidung, 1255 in den Text zu nehmen und nicht eines der anderen genannten Daten (1260 oder 1261, von weiteren Jahreszahlen in anderen Handschriften ganz zu schweigen), aufgrund unzutreffender Überlegungen getroffen haben. Aber es könnte auch sein, daß die vielfach verwirrte chronologische Reihenfolge der Notizen ihm ein starkes Argument für die Lesart 1255 lieferte. Oder hat er sich womöglich von der Kenntnis des württembergischen Geschichtswerks von Christoph Friedrich Stälin leiten lassen? Stälin hatte schon 1847 aus der Stuttgarter Handschrift Cod. hist. fol. 269 der von ihm, einer handschriftlichen Bezeichnung folgend, als Martinus Minorita bezeichneten Flores temporum mitgeteilt: "Ao. 1255 Balingen in pentecoste civitas facta est"#9.

Die Balingen-Nachricht gehört sicher zur ältesten Textstufe 1, die um 1292 entstanden ist, und wurde somit, anders als andere schwäbische Nachrichten des 13. Jahrhunderts, die - durch den Druck von Meuschen - dem württembergischen Landeshistoriker Stälin bekannt waren und von denen noch die Rede sein wird, nicht erst von der in der Mitte des 14. Jahrhunderts gefertigten Textstufe 3 hinzugefügt. Textstufe 3 war die verbreitetste Fassung des Werks, auch bekannt unter dem Namen Hermannus Minorita. Die von Mierau intensiv untersuchte bayerische Textstufe 2 hat die Balinger Nachricht gestrichen - ebenso wie andere regionale Notizen aus Schwaben, generalisiert man den Wortlaut einer Stuttgarter Handschrift, die diese Regionalia nur als Randnachträge enthalten (Cod. theol. fol. 100; Mierau St 1). Ebensowenig begegnet Balingen in der von böhmischen Handschriften repräsentierten Fassung E der Textstufe 3, wenn man von der Handschrift Landeshauptarchiv Koblenz Abt. 701 Nr. 198 (vermutlich aus Böhmen, Mirau Ko 1) auf die ganze Gruppe schließen darf.

Um wenigstens einen gewissen Eindruck von der Unübersichtlichkeit der Überlieferung zu vermitteln, soll als Stichprobe der Befund der in der Stuttgarter Landesbibliothek befindlichen sechs Flores-Handschriften vorgestellt werden. Ich verdanke diese Angaben überwiegend der Liebenswürdigkeit von Felix Heinzer, dem für seine großzügige Unterstützung herzlich gedankt sei.

Bei den im folgenden abgekürzt angeführten Notizen handelt es sich - folgt man der Edition Holder-Eggers - um den Tod Graf Burkhards des Alten von Hohenberg durch Blitzschlag 1253, die Gründung Balingens 1255, die Niederlage des Staufers Ezzelino in Italien 1256, das Auftreten der Geißler (flagellatores), die Sonnenfinsternis (eclipsis) 1263, eine Kometenerscheinung 1264, der Tod Ulrichs von Württemberg 1265, die Schlacht bei Kitzingen 1266 und die Schlacht bei Haigerloch 1267. Exakt die gleiche Reihenfolge hat auch der Druck von Eccard#10, wobei allerdings Balingen in "Balckmergen" verschrieben ist und Kitzingen und Haigerloch jeweils ein Jahr später angesetzt werden. Dieser Druck steht nach Mierau#11 der Vatikanischen Handschrift V 1 am nächsten, die der Textstufe 1 zugewiesen wird, obwohl Eccard die Fortsetzung bis 1349/50 der Textstufe 3 aufweist und von Mierau bei 3 A eingereiht wird, was für die hier untersuchte Nachrichtengruppe nicht nachvollziehbar erscheint. Wer sich mit der Fortsetzung bis 1349/50, also der Textstufe 3, beschäftigt, sollte nach Möglichkeit immer den Druck von Meuschen wählen, wenn er keine Handschrift einsehen kann oder will.

Die Textstufe 1 B wird von Cod. HB III 39 (Mierau: St 2) aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts repräsentiert. Die Reihenfolge auf Blatt 240r ist die gleiche wie bei Holder-Egger, nur steht bei Balingen ("Balgingen") die Jahreszahl 1260, was der von Holder-Egger für die ganze Gruppe B angegebenen Variante entspricht. Da die Nachricht zwischen 1253 und 1256 steht, wird man eine Verbesserung (Emendation) zur Jahreszahl 1255 vertreten können.

Daß der Grundbestand von Cod. theol. fol. 100 ( Blatt 278v und 279r) der bayerischen Textstufe 2 angehört und nichts von den regionalen Nachrichten aus Schwaben übernommen hat, wurde bereits gesagt. Aus einer oder mehreren anderen Handschriften der Flores temporum hat aber eine Hand vom Anfang des 16. Jahrhunderts, die auch sonst viele Zusätze schrieb, diese Notizen im Randbereich nachgetragen. Auf die Reihenfolge kann man nicht viel geben, da die Nachrichten nicht hintereinander stehen. Der Textbestand entspricht im wesentlichen der Textstufe 1, "Balgingen" ist 1258 zugeordnet, Kitzingen wird 1265, Haigerloch 1268 datiert. Die Notiz zum Bayernherzog Ludwig 1268 wurde wohl einer Handschrift der Textstufe 3 entnommen.

Cod. hist. fol. 269 (Blatt 44r), der Textstufe 3 Redaktion A angehörig, zieht die Balingen-Notiz zu 1255 vor und läßt 1253 Burkhard folgen, 1256 Ezzelinus, 1256 Ludwig von Bayern, 1260 flagellatores, 1263 eclipsis, 1265 cometa, 1265 Ulrich (erweitert: mit dem Daumen), 1267 Haigerloch (erweitert: Zollern und Hohenberg).

HB V 86 zählt zu einer kleinen Gruppe von Handschriften (Textstufe 3 Redaktion D), die alle die Fortsetzung des Johannes Fistenport, der 1410 in das Heiliggrabkloster zu Speyer eintrat#12, aufweisen. Es gilt die gleiche Reihenfolge wie eben, nur ist Ludwig von Bayern zu 1268 eingeordnet, die Geißler heißen "cruce signati" (mit dem Kreuz bezeichnete), der Komet 1265 fehlt ebenso wie Balingen. Den Tod Ulrichs mit dem Daumen datiert diese Handschrift in das Jahr 1266.

Von allen Fassungen der Textstufe 3 weist die Redaktion C, die unter dem Namen "Hermannus Gygas" läuft, die meisten Handschriften auf. Für sie kann der Druck von Meuschen stehen#13: 1253 Burkhard, 1256 Ezzelinus, 1263 eclipsis, 1265 cometa, 1266 Ulrich (erweitert: mit dem Daumen), 1267 Haigerloch (erweitert: Zollern und Hohenberg), 1268 läßt Herzog Ulrich von Bayern seine Ehefrau hinrichten. Dem entspricht die ehemals Donaueschinger Handschrift Cod. Don. 506 (Blatt 98v-99r) und auch Cod. hist. fol. 270, von dem mir für S. 60 eine Kopie vorliegt. Balingen 1255, das bei Meuschen und in der ehemals Donaueschinger Handschrift fehlt, ist in Cod. hist. fol. 270 zwischen dem Kometen 1265 und dem Tod Graf Ulrichs eingeordnet. Haigerloch (erweitert: Zollern und Hohenberg) folgt der Todesnachricht Ulrichs mit dem Jahr 1257.

Versucht man diese verwirrenden Details zu resümieren, so kann man eindeutig feststellen, daß die chronologische Unordnung im untersuchten kleinen Nachrichtensegment, das zur Kaiserreihe gehört, durchaus erheblich ist.

Gemeinsam ist allen Redaktionen der Textstufe 3, daß sie Erweiterungen (sowie als zusätzliche Nachricht 1268 die von Herzog Ludwig veranlaßte Hinrichtung) aufweisen und die Schlacht bei Kitzingen fehlt. Die Geißler sind in der Redaktion C entfallen, der Komet wird überwiegend 1265 eingeordnet. Soweit die Balingen-Nachricht in den Handschriften der Textstufe 3 präsent ist, wird ihr das Jahr 1255 beigegeben.

Von den Erweiterungen der Textstufe C kann die Hinzufügung einer Erscheinung des hl. Antonius von Padua in der Nachricht zu Ezzelino auf sich beruhen. Regionalgeschichtlich aufschlußreich sind die Ergänzungen in drei der behandelten Nachrichten. Bei dem Tod Graf Burkhards von Hohenberg heißt es, er sei im Feld geritten (Meuschen: "dum equitaret in campo"), bei Graf Ulrich von Württemberg kommt hinzu: mit dem Beinamen mit dem Daumen, da er an der rechten Hand einen großen Daumen hatte: (Cod. hist. fol. 270: "cognomine mit dem dumen obiit quia manu habuit dextra pollicem magnum"). Bei der Schlacht von Haigerloch werden die Konfliktgegner angegeben#14.

Woher hatte der um 1350 schreibende Fortsetzer und Erweiterer diese zusätzlichen Details, die durchaus glaubwürdig scheinen? Natürlich wäre eine mündliche Überlieferung nicht ganz undenkbar, aber da es sich um drei Notizen handelt, wird man eher eine schriftliche Quelle zu erwägen haben. Ist es wahrscheinlich, daß eine solche Quelle unabhängig vom Grundstock (Textstufe 1) der Flores temporum um 1292 für diese drei Nachrichten zufällig parallele ergänzende Mitteilungen bot? Man hätte dann an unbekannte niederschwäbische Annalen zu denken, in denen diese drei Begebenheiten ebenfalls, aber mit weiteren Details, aufgezeichnet wurden und die um 1350 dem Verfasser der Textstufe 3 vorlagen. Plausibler erscheint dagegen die Annahme, daß die unbekannten niederschwäbischen Annalen zunächst dem Verfasser der Flores temporum vorlagen, der sie gekürzt übernahm oder bereits eine verkürzte Vorlage hatte, und anschließend dann auch dem Fortsetzer von 1349/50, wobei natürlich ebenfalls möglich ist, daß dieser ein von ihnen abgeleitetes Geschichtswerk benutzte.

Daß der Fortsetzer (der Verfasser bzw. Redaktor der Textstufe 3) über gute regionale Quellen aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts verfügte, konnte ich nachweisen, denn er gibt kleine Esslinger Annalen (1279-1286) aus der Zeit Rudolfs von Habsburg wieder. Sie können dem Esslinger Arzt und Autor Magister Trutwin zugeschrieben werden, da sie in der ihm gehörenden, später ins Zisterzienserkloster Stams gelangten Innsbrucker Handschrift Cod. 141 (Blatt 1v) überliefert sind und einen Bericht über die selbst gesehene ("vidi") Wundergeburt in der Esslinger Pliensauvorstadt 1281 enthalten#15.

Vermutlich hat der Fortsetzer um 1350 in Reutlingen gearbeitet und zwar im Umkreis des Reutlinger Gelehrten Hugo Spechtshart (Hugo von Reutlingen). Dies ergibt sich aus Studien zu Reutlinger Lokalnotizen in der Textstufe 3 der Flores temporum#16. Diese hat einen lateinischen Vers mit der Chronik Hugos von Reutlingen (Buch 1 wurde 1347 beendet) gemeinsam und weiß von der 1343 erfolgten Fertigstellung der Reutlinger Marienkirche#17. Wörtliche Berührungspunkte zwischen den Glossen zur Chronik Hugos von Reutlingen und der Textstufe 3 der Flores temporum hatte bereits 1881 Theodor Wichert bei seinen akribischen quellenkritischen Studien entdeckt#18. Seit den paläographischen Ermittlungen von Wolfgang Wille scheint gesichert, daß in den beiden St. Petersburger Handschriften, der Handschrift der Chronik Hugos mit Glossen und einer Glossenhandschrift ohne Chronik, die Glossen von Hugo selbst geschrieben wurden. Daher war er wahrscheinlich selbst der Autor der Glossen zu seinem Werk und nicht, wie vermutet, sein Neffe, der in Erfurt lehrende Conrat Spechtshart#19. Wenn der Fortsetzer "ohne Zweifel auch ein Minorit" war#20, dann darf er wohl im Reutlinger Franziskanerkonvent vermutet werden. Hier stand er offenbar im Austausch mit Hugo von Reutlingen#21.

Wenn der um 1292 schreibende Minorit, der die Flores temporum verfaßte, und sein dem gleichen Orden angehörender Fortsetzer um 1350 tatsächlich eine erschlossene südwestdeutsche Annalenquelle zur Verfügung hatten, wäre es dann nicht naheliegend, an einen Codex zu denken, der im Reutlinger Konvent verfügbar war? Dann aber stellt sich die Frage, ob nicht auch der franziskanische Erstverfasser der Flores temporum in Reutlingen und nicht, wie man seit Lütolf mehrfach vermutet hat#22, in Esslingen schrieb.

Während das Esslinger Franziskanerkloster 1237 gegründet wurde, ist die Reutlinger Niederlassung erst 1273 belegt. Trotzdem passen die Ortsnamen im letzten, regional orientierten Teil der Textstufe 1 der Flores eher zu Reutlingen als Esslingen. 1286 heißt es, König Rudolf von Habsburg habe Nürtingen zerstört und in Balingen habe ein Gefecht ("certamen") stattgefunden#23. In Semdach (bei Hechingen?) soll eine Adelige 1280 einen Löwen geboren haben. 1285 gab es in Pfullingen eine Henne mit vier Beinen.

Weder Ulm, Schwäbisch Gmünd noch Heilbronn bieten sich in gleicher Weise an, wenngleich natürlich die Reutlingen benachbarten Tübinger Franziskaner (seit 1272 dort ansässig) nicht ausgeschlossen werden können#24. Aber die Verwendung Zwiefalter Annalen und die Nachricht, das Kloster Zwiefalten habe ursprünglich auf der Achalm gelegen#25, deuten doch eher auf Reutlingen.

Freilich sind das sehr hypothetische Erwägungen. Wenn in Reutlingen um 1350 die Esslinger Aufzeichnungen Trutwins verfügbar waren, wieso sollten dann nicht Reutlinger oder im späteren Hohenzollern entstandene Notizen um 1292 in Esslingen greifbar gewesen sein? Beide Konvente liegen ja nicht so weit auseinander. Trotzdem: Die Fixierung der Forschung auf Esslingen als Entstehungsort erscheint nicht gerechtfertigt, der Reutlinger Franziskanerkonvent ist, wie ich meine, ein nicht weniger ernsthafter Kandidat für den Entstehungsort der Flores temporum.

Könnte nicht auch die Balinger Stadtgründungsnachricht zu 1255 der hypothetisch erschlossenen niederschwäbischen Annalenquelle angehört haben? Wenn der Fortsetzer anscheinend das Datum 1255 nicht korrigierte, könnte man daraus nicht folgern, daß es schon in den vermuteten älteren Annalen stand? Das erscheint möglich, ist aber doch zu spekulativ. Zwar konnte bei der Sichtung der Stuttgarter Überlieferungen die Lesart der Handschriftengruppe B versuchsweise von 1260 zu 1255 verbessert werden, aber an dem alternativen Datum 1261 ließ sich so nicht rütteln. Zwar darf man wohl davon ausgehen, daß 1255 die "Vulgatversion" ist, also die verbreitetste Version, in denjenigen Handschriften, die überhaupt die Balingen-Nachricht bieten, aber dies muß nicht notwendigerweise bedeuten, daß Holder-Egger bei seiner Entscheidung für 1255 die ursprüngliche Lesart getroffen hatte. Er kannte ja nur einen kleinen Teil der heute bekannten Handschriften.

Allerdings sollte man nicht verschweigen, daß die Reihenfolge der von Holder-Egger als wichtig eingeschätzten Würzburger Handschrift M.p.th.q. 60, Blatt 179v ab Zeile 9 (Holder-Eggers A1, Mierau: Wü 1) ein starkes Argument für die Ursprünglichkeit von 1255 liefert: MCCLX "Balgingen", MCCLVI Ezzelino, MCCLX Flagellatores. Dies spricht dafür, daß die Lesart 1260 aus 1255 entstellt wurde.

Trotzdem: Die in der Überlieferung beobachtbare erhebliche Unordnung in der Zeitfolge und die Entstellungen von Jahreszahlen und Daten warnen eindringlich davor, das Datum 1255 für unumstößlich zu halten. Es ist gut denkbar, daß die MGH-Edition die hier auf sehr schmalem Fundament aufgetürmten Mutmaßungen zum Einsturz bringen könnte. Geduld ist angesagt.

Der arme schwäbische Minorit! Er liebte die chronologische Genauigkeit, wollte aber nicht damit rechnen, daß die Sorglosigkeit der Schreiber sein Anliegen so hintertreiben würde. Er hätte sich vermutlich gefreut, wenn aufgrund seiner chronikalischen Blütenlese ein Prediger am Pfingstsonntag des Jahres 2005 mit absoluter Gewißheit hätte sagen können: Heute ist es genau 750 Jahre her, daß Balingen zur Stadt gemacht wurde.

1 Sonderdruck aus: Der Landkreis Balingen (1961), S. 13.

2 MGH SS 24 (1879), S. 241: "1255 Balgingen in pentecosten civitas facta est".

3 Vgl. zusammenfassend Peter Johanek, in: Verfasserlexikon. Die deutsche Literatur des Mittelalters 2.
Aufl. 2 (1980), Sp. 753-758; Anna-Dorothee von den Brincken, Anniversaristische und chronikalische
Geschichtsschreibung in den "Flores temporum" (um 1292), in: Geschichtsschreibung und
Geschichtsbewußtsein im späten Mittelalter, hrsg. von Hans Patze, Sigmaringen 1987, S. 195-214.

4 Tanja Itgenhorst, Legenda Aurea und Flores temporum - "Heiligengeschichtsschreibung" im 13. Jahrhundert,
in: Aus Überrest und Tradition. Festschrift für Anna-Dorothee von den Brincken, hrsg. von Peter Engels, Lauf
1999, S. 93-127.

5 Vgl. ebd., S. 100f.

6 Göttingische Gelehrte Anzeigen 1886, S. 848 (über Lorenz, Geschichtsquellen).

7 Hannover 1996.

8 Ulrich Meier, Mensch und Bürger, München 1994, S. 47 macht auf eine Angabe von Otto Borst, Babel oder
Jerusalem? Stuttgart 1984, S. 49 aufmerksam. Dieser bezieht sich auf eine liturgische Quelle aus Lübeck aus
dem 15. Jahrhundert, in der ein Stadtgründungsritual beschrieben wird, bei dem ein Priester das Wachstum der
Stadt segnet und ein Kruzifix an einem großen Holzkreuz im Mittelpunkt der Stadt befestigt. Erinnerungsfeste
mittelalterlicher deutscher Bürger, die sich auf ein Stadtgründungsdatum berufen, kenne ich nicht. In der frühen
Neuzeit mag es solche historisierenden Bezugnahmen gegeben haben, etwa wenn in Kempen am Niederrhein das
Vogelschießen am Pfingstmontag auf die Gründung und die erste Bürgermeisterwahl 1322 zurückgeführt wird,
vgl. Jakob Hermes, Das alte Kempen, Krefeld 1982, S. 11.

9 Wirtembergische Geschichte Bd. 2, Stuttgart/Tübingen 1847, S. 666.

10 Corpus historicum medii aevi [...], Bd. 2, Leipzig 1723, S. 1626.

11 Mierau u.a., S. 46.

12 Vgl. immer noch Stälin, Wirtembergische Geschichte 3, 1856, S. 7f. Die Verwandtschaft der Fistenport-
Nachrichten mit dem "Chronicon Elwacense" und der wohl von dem Hirsauer Benediktiner Nikolaus Basellius
verfaßten Chronik in der Bonner Handschrift S 310 erwähne ich in: Geschichtsschreibung und Landesdiskurs
im Umkreis Graf Eberhards im Bart von Württemberg (1459-1496), Blätter für deutsche Landesgeschichte 129
(1993), S. 165-193, hier S. 176 Anm. 44.

13 Hermanni Gygantis ordinis fratrum minorum Flores temporum seu Chronicon, Leiden 1743, S. 128.

14 Cod. hist. fol. 270: "Anno domini MCCLVII gravis pugna fuit apud Haygerloch in festo omnium sanctorum
inter comitem de Zolre et comitem de Hohemberg ubi comes de Zolre potenter triumphavit". Vgl. Stälin Bd. 2, S. 404.

15 Klaus Graf, Trutwin, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. 2. Aufl. 9 (1995), Sp. 1109-
1111, hier 1111. Zu Trutwin vgl. auch den Nachtrag in Zs. für deutsches Altertum 129 (2000), S. 105 Anm.
4. - Rätselhaft sind die in den Eccard-Druck geratenen Notizen, in denen ein "Autor-Ich seine Anwesenheit
in Waiblingen bekundet und das Erdbeben von 1289 miterlebt haben will", Mierau u.a., S. 46. Beide Zusätze
trifft man in Mierau V 1 (Textstufe 1) und Lo 1 (Textstufe 3 C) an, die Waiblingen-Nachricht gibt es in St 6
(Textstufe 3 C), das Erdbeben berichten A 1 , Bk 1 und M 25 (jeweils Textstufe 3 C).

16 Klaus Graf, Exemplarische Geschichten, München 1987, S. 172-174.

17 Vgl. Heinz Alfred Gemeinhardt, Die Belagerung Reutlingens an Pfingsten 1247, in: Reutlinger
Geschichtsblätter NF 36 (1997), S. 189-220, hier S. 199-204.

18 Jacob von Mainz [...], Königsberg 1881, S. 333-338.

19 Wolfgang Wille, Die Reutlinger Stadtschreiber des 14. Jahrhunderts und ihre Urkunden, in: Reutlinger
Geschichtsblätter NF 37 (1998), S. 165-230, hier S. 189-194.

20 So A. Lütolf, Kritische Erörterungen, in: Forschungen zur deutschen Geschichte 15 (1875), S. 566-575, hier S.
571.

21 Die kirchenpolitischen Gegensätze, die Wichert S. 337 Anm. 20 zwischen Hugo und dem Flores-Fortsetzer
ausmacht, sollte man vielleicht nicht überbewerten. Nach D. Gotzen, in: Württembergisches Klosterbuch,
Ostfildern 2003, S. 395 standen die Reutlinger Franziskaner 1327 in der Frage des Interdikts anders als die
meisten anderen der Straßburger Provinz auf der Seite des Papstes. Das Problem bedarf natürlich näherer
Prüfung.

22 Lütolf S. 575; Karl Otto Müller, in: Historisches Jahrbuch 62-69 (1949), S. 660; Mierau u.a. S. 4 Anm. 15.

23 Vgl. Stälin Bd. 3, S. 57 Anm. 1. Die Notiz fehlt nach Holder-Egger in der Textstufe 1 Rezension B.

24 Vgl. die Karte im Württ. Klosterbuch S. 57.

25 MGH SS 24, S. 238.

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#forschung

Graf, Klaus. Hie Welf - hie Waibling. Archivalia. 2012-03-26. URL:https://archiv.twoday.net/stories/34628773/. Accessed: 2012-03-26. (Archived by WebCite® at http://www.webcitation.org/66SlxaR89 )
 

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