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OLG München: Urheberrechte im Konkurs des Verlags NJW-RR 1994, 1478

Wird über das Vermögen eines Verlages das Konkursverfahren durchgeführt, ohne daß bestimmte Nutzungsrechte verwertet worden wären, so fallen diese nach Abschluß des Verfahrens an den Autor zurück, weil der Zweck des Verlagsvertrags - Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes - nicht mehr erreicht werden kann.

Wer einem Dritten Nutzungsrechte “überträgt”, die nicht ihm, sondern dem Autor zustehen, verursacht dadurch rechtswidrige Vervielfältigungs- und Verbreitungshandlungen dieses Dritten.

OLG München, Urteil vom 25-03-1993 - 29 U 5241/92
Zum Sachverhalt:

Die Kl. ist Autorin des Werkes “Das große Buch der Jagd”. Sie fordert Autorenhonorar für eine im Verlag der Nebenintervenientin erschienene Auflage von insgesamt 10000 Exemplaren. Am 5./6. 5. 1977 schloß B als Autor mit der Firma H & Partner GmbH als Verlag einen Verlagsvertrag für das Werk “Die Deutsche Jagd”. Mit Vertrag vom 7./13. 6. 1977 schloß die Firma H & Partner GmbH als Verfasser mit der Firma M-Verlag GmbH als Verleger einen bis auf § 20 wortgleichen weiteren Verlagsvertrag über das Werk “Die Deutsche Jagd”. Die Kl. ist laut Vermerk vom 2. 4. 1978 voll inhaltlich anstelle des Verfassers B in den Vertrag vom 5./6. 5. 1977 eingetreten. Das Buch erschien im Jahre 1991 unter dem Titel “Das große Buch der Jagd” im M-Verlag. Über das Vermögen dieses Verlages wurde am 8. 8. 1985 das Konkursverfahren eröffnet und am 1. 7. 1987 abgeschlossen. Die Firma H & Partner GmbH wurde am 22. 2. 1985 liquidiert. Der Bekl. war Liquidator. Das Erlöschen der Firma wurde am 30. 1. 1987 im Handelsregister eingetragen. Die Streithelferin, die die Konkursmasse des M-Verlags übernommen hatte, interessierte sich Anfang 1990 für eine Neuauflage des Buchs. Der Bekl. wies sie mit Schreiben vom 2. 3. 1990 darauf hin, daß für eine Neuauflage ein neuer Vertrag abgeschlossen werden müsse, und zwar mit ihm. Daraufhin bot die Streithelferin der H & Partner GmbH mit Schreiben vom 7. 3. 1990 an, gegen ein Pauschalhonorar von 10000 DM 3000 Exemplare zu einem Ladenpreis von 48 DM und 7000 Exemplare als Lizenz für den Nebenmarkt zu drucken. Eventuelle Nachhonorierungen für Text- und Bildrechte übernahm die Streithelferin. Entsprechend diesem Angebot, das angenommen wurde, erschien eine Neuauflage mit 10000 Exemplaren, von denen 7000 Exemplare für den W-Verlag gedruckt wurden. Der W-Verlag veräußerte das Buch über die Dr. M-Verlagsbuchhandlung zum Stückpreis von 25 DM. Die Kl. hat beantragt, den Bekl. zu verurteilen, an die Kl. 21464,46 DM zu bezahlen.

Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung des Bekl. hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Nach Abschluß des Konkursverfahrens über das Vermögen der M-Verlag GmbH sind das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht für das Werk “Das große Buch der Jagd” auf die Kl. zurückgefallen. Durch die Gestattung der Veranstaltung einer Neuauflage hat der Bekl. die Urheberrechte der Kl. schuldhaft verletzt; er schuldet der Kl. nach § 97 I UrhG Schadensersatz.

1. Die Kl. hat der Firma H & Partner GmbH (im folgenden H-GmbH) Verlagsrechte an ihrem Werk “Das große Buch der Jagd” eingeräumt. Die H-GmbH war nach § 4 S. 1 des Verlagsvertrages zur geschlossenen Übertragung ihrer Rechte auf die M-Verlag GmbH berechtigt. Die Verlagsrechte sind bei der M-Verlag GmbH bis zum Abschluß des Konkursverfahrens am 1. 7. 1987 verblieben. Ein vorheriger wirksamer Rückruf der Rechte durch die H-GmbH ist nicht nachgewiesen; ein Rückruf der Rechte durch die Kl. nach § 13 des Verlagsvertrages wird nicht behauptet.

Eine Verwertung der Verlagsrechte durch den Konkursverwalter über das Vermögen der M-Verlag GmbH wird nicht vorgetragen. Dies hat zur Folge, daß mit Abschluß des Konkursverfahrens am 1. 7. 1987 die Rechte an die Kl. zurückgefallen sind. Dies beruht darauf, daß der Verlagsvertrag auf die Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes gerichtet ist. Diese Zweckbestimmung kann nicht mehr erreicht werden, wenn der Verleger endgültig aufhört zu bestehen, ohne daß er über die Verlagsrechte verfügt und damit gewährleistet hat, daß auch künftig die Vervielfältigung und Verbreitung des Werkes gesichert ist. Damit findet nicht nur der Verlagsvertrag sein Ende; gleichzeitig endet das absolute Verlagsrecht des Verlegers, wie sich aus § 9 I Verlagsgesetz (VerlG) ergibt. Die Befugnis, das Werk “Das große Buch der Jagd” zu vervielfältigen und zu verbreiten, steht wieder der Kl. zu. Ein Rückfall dieser Rechte an die H-GmbH scheidet von vorneherein aus, da diese am 1. 7. 1987 im Handelsregister bereits gelöscht war, also nicht mehr bestand.

Eines Rückrufs der Rechte nach vorheriger Fristsetzung zur Ausübung des Nutzungsrechts nach § 41 UrhG bedurfte es nicht. Diese Bestimmung setzt voraus, daß der Nutzungsberechtigte noch in der Lage ist, die ihm übertragenen Rechte auszuüben. Besteht der Nutzungsberechtigte nicht mehr, so fehlt es an dieser Voraussetzung. Das Nutzungsrecht erlischt ohne weiteres.

2. Der Bekl. hat dadurch, daß er der Streithelferin gestattete, eine Neuauflage des Werkes zu veranstalten, in die Urheberrechte der Kl. eingegriffen. Er haftet der Kl. auf Schadensersatz nach § 97 I 1 UrhG, da er die Rechte der Kl. zumindest fahrlässig verletzt hat. Die Passivlegitimation des Bekl. ist gegeben:

a) Als Verletzer kann jeder in Anspruch genommen werden, der die Rechtsverletzung begeht oder daran teilnimmt, sofern zwischen dem Verhalten und der Rechtsverletzung ein adäquater Kausalzusammenhang besteht. Es genügt, wenn der Verletzer eine von mehreren Ursachen setzt, falls es nicht nach der Lebenserfahrung unwahrscheinlich ist, daß gerade diese Ursache zu dem schädigenden Ereignis geführt hat (st. Rspr., vgl. BGH, NJW 1969, 2157 = GRUR 1965, 104 (106) - Personalausweise; Schricker, UrheberR, 1987, § 97 Rdnr. 35).

Der Bekl. hat mit Schreiben vom 2. 3. 1990, gerichtet an die Streithelferin, darauf hingewiesen, daß für eine Neuauflage des Werkes ein neuer Vertrag mit ihm abgeschlossen werden muß. Er führt insofern aus: “Sie müßten mir ein regelrechtes Vertragsangebot machen, mit allen Daten, Honoraren, Nebenrechten und Garantiesummen etc." Auf Grund dieses Schreibens unterbreitete die Streitverkündete am 7. 3. 1990 ein konkretes Vertragsangebot, das angenommen wurde und auf Grund dessen die Neuauflage erschien. Damit steht fest, daß der Bekl. für die Veranstaltung der Neuauflage, für die die Kl. ihr Autorenhonorar fordert, mitursächlich gehandelt hat. Da es nach der Lebenserfahrung nicht unwahrscheinlich ist, daß die Neuauflage auf Grund dieses Vertragsabschlusses veranstaltet wurde und somit der Anspruch der Kl. auch auf das Verhalten des Bekl. zurückzuführen ist, haftet er auf Schadensersatz.

Der Bekl. kann sich nicht darauf berufen, er habe in die Urheberrechte der Kl. nicht eingreifen können, da diese Rechte im Jahre 1990 bei der Kl. gelegen hätten. Entscheidend ist, daß er sich diese Rechte angemaßt und durch den Vertragsabschluß mit der Nebenintervenientin dazu beigetragen hat, daß in die Rechte der Kl. eingegriffen wurde.

b) Der Bekl. kann nicht geltend machen, er habe nicht persönlich, sondern als Liquidator der H-GmbH i. L. gehandelt. Abgesehen davon, daß die H-GmbH im Handelsregister bereits am 30. 1. 1987 gelöscht worden war und von einem Fortbestehen der GmbH nicht ausgegangen werden kann (vgl. LG München I, Urt. v. 23. 12. 1992 - 21 O 8489/92), hat der Bekl. im Rahmen der Verhandlungen und bei Abschluß des Vertrages mit der Streithelferin stets in eigenem Namen, nicht aber für die H-GmbH gehandelt. Dies ergibt sich daraus, daß er die Auffassung vertreten hat, der Vertrag müsse “mit mir” abgeschlossen werden und er unter der Bezeichnung “O H & Partner, Dr. A” aufgetreten ist. Bei den vorgelegten Anlagen fehlt jeder Hinweis auf die GmbH, so daß nicht anzunehmen ist, der Bekl. habe für diese als Liquidator gehandelt, obwohl die Liquidation seit Jahren abgeschlossen war. Im übrigen hat das LG für den Fall, daß der Bekl. für die GmbH handeln wollte, zu Recht auf § 164 II BGB verwiesen.

3. Die Schadensberechnung der Kl. ist nicht zu beanstanden. Sie hat das Recht, eine angemessene Lizenzgebühr zu fordern, bei der der Abschluß eines Lizenzvertrages zu angemessenen Bedingungen fingiert wird (Schricker, Rdnr. 60). (Wird ausgeführt.)

(Mitgeteilt von Richter am OLG U. v. Hunoltstein, München)


Zu den Implikationen für verwaiste Werke:

https://plus.google.com/u/0/117546351384071338747/posts/UqMFVnEXB4N
 

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