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http://redaktionsblog.hypotheses.org/1385
Lizenz:
http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/

werkstattgeschichte61von Klaus Graf und Mareike König

Im Druck erschienen ist vor kurzem: Klaus Graf/Mareike König: Forschungsnotizbücher im Netz. Weblogs in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft. In: WerkstattGeschichte 21 (2012), Heft 61, S. 76-87. Die Verlagsfassung ist erfreulicherweise als PDF einsehbar, was wir als Verfechter von “Open Access” sehr begrüßen. Worum es in unserem Beitrag geht, mag folgendes Zitat zeigen

“Der Beitrag versteht sich als Einstieg in den bisweilen unübersichtlichen Informationsraum der Weblogs in der deutschsprachigen Geschichtswissenschaft. Zunächst werden Merkmale wissenschaftlicher Blogs mit Blick auf die deutschsprachige Geschichtsblogosphäre analysiert sowie die wesentlichen Funktionen von wissenschaftlichen Weblogs vorgestellt. Dabei geht es auch darum, was dieses Medium für die Wissenschaft attraktiv macht oder machen könnte, und wo seine Grenzen liegen. Anschließend werden die unserer subjektiven Meinung nach relevantesten deutschsprachigen wissenschaftlichen Geschichtsblogs vorgestellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Weblogs, die sich an ein wissenschaftliches Publikum wenden. Abschließend werden Fragen rund um Erfolg und Misserfolg dieser Form der wissenschaftlichen Kommunikation thematisiert.”

Wir wollen den Beitrag hier nicht wiederholen, sondern ein Postskript zu seiner Publikationsgeschichte und den Entwicklungen in der Geschichts-Blogosphäre bieten, die sich seit der Drucklegung ergeben haben.

Publikationsgeschichte

Am 9. Dezember 2011 veröffentlichten wir einen Beitrag im Redaktionsblog zu deutschsprachigen Geschichtsblogs: http://redaktionsblog.hypotheses.org/40. Darin stellten wir die aus unserer subjektiven Sicht wichtigsten neun deutschsprachigen Geschichtsblogs in alphabetischer Reihenfolge in kleinen Kurzporträts vor. Im Anhang publizierten wir eine Blogroll mit weiteren Wissenschaftsblogs zu historischen Themen. Der Beitrag wurde von der Leserschaft als sehr nützlich empfunden, wie aus den insgesamt 22 Kommentaren hervorgeht. Fehlende Blogs wurden uns in den Kommentaren gemeldet, Wenke Bönisch veröffentlichte in der Folge eine Liste der Geschichtsblogs im deutschsprachigen Raum, in die man sich selbst eintragen kann.

Am 13. Dezember fragte uns Eckart Schörle per Mail, ob wir basierend auf unserem Blogartikel einen Beitrag für WerkstattGeschichte über deutschsprachige Geschichtsblogs schreiben wollten, was wir am 14. Dezember 2011 zusagten. Vorgabe war dabei, die Geschichtsblogs nicht alphabetisch vorzustellen, sondern thematisch bzw. methodisch geordnet und weitere Ergänzungen zum Wissenschaftsbloggen allgemein zu schreiben (Definition von Blogs, warum bloggen?). Am 30. Mai 2012 übersandten wir den Beitrag. Am 22. Juni kamen umfangreiche Anregungen aufgrund der Diskussion in der Redaktion und wir wurden um Ergänzungen gebeten. Am 23. Juli und 10. September 2012 gingen Überarbeitungen an die Redaktion ab. Am 13. März 2013 kamen die Fahnen, die wir umgehend absegneten. Mitte Mai 2013 war dann das gedruckte Heft bei Klaus Graf in der Post, einige Tage später auch bei Mareike König in Paris, d.h. von der Abgabe des Artikels bis zu seinem Erscheinen verging fast ein Jahr.

Gemessen an anderen gedruckten Veröffentlichungen mag das eine vergleichsweise rasche Publikation sein. Aber angesichts des deutlich höheren Tempos der digitalen Kultur und in Anbetracht des Themas “Blogs” kam uns die Veröffentlichungsfrist gefühlt lange vor. Durch die Rückmeldungen der Redaktion konnten wir den Aufsatz etwas verbessern bzw. wir haben nach den Wünschen der Reviewer einige Punkte ergänzt und erweitert, die in der ursprünglichen Fassung nicht vorhanden waren. Wiegen diese Verbesserungen die lange Wartezeit auf? Die Frage ist schwierig zu beantworten. Wir sollten beispielsweise ergänzen, welche Vorteile Blogs gegenüber Mailinglisten (beispielsweise H-SOZ-U-KULT) haben - (eine Steilvorlage für Klaus Graf, über die er sich heute noch freut, MK). Letztlich hat uns die Redaktion dazu gebracht, einen Beitrag für Blog-Laien zu schreiben, und das ist gut so. Denn unser Ziel war es, einen Beitrag über Geschichtsblogs in einer gedruckten Zeitschrift veröffentlichen zu können, um somit ein Publikum zu erreichen, das sich ansonsten nicht mit der Materie beschäftigt. Andererseits ist die Blogszene deutlich in Bewegung, so dass die Vorstellung und das Herausheben von bestimmten Blogs schon wenige Wochen später überholt sein kann, geschweige denn in einem Jahr. Auch darum haben wir uns für ein “PS” zum Beitrag entschieden.

Viele neue Blogs

Denn während unser Beitrag zwölf Monate durch Begutachtungs- und Satzverfahren lief, blieb die Zeit für die deutschsprachigen Geschichtsblogs natürlich nicht stehen. Das Thema Soziale Medien im Allgemeinen und Wissenschaftsblogs im Besonderen erfährt weiterhin große Aufmerksamkeit, wovon beispielsweise die Tagung im Januar 2013 “Rezensieren, Kommentieren, Bloggen” zeugt, die vom gleichnamigen Blog. begleitet wurde, das nun auch nach der Tagung weitergeführt wird.

Im März 2012 war mit der Eröffnung des deutschsprachigen Blogportals für die Geisteswissenschaften eine zentrale Infrastruktur geschaffen worden, die mittlerweile zahlreiche neue Geschichtsblogs enthält, Tendenz steigend. Von den Mitte Juni 2013 bei de.hypotheses.org angemeldeten gut 100 Blogs hat bei großzügiger Zählung nur etwa ein Viertel keinen historischen Schwerpunkt.

Erfreulich ist auch, dass die Blogs eine stetig wachsende Leserschaft finden: durchschnittlich 30.000 unique user besuchen monatlich die Blogs von de.hypotheses.org. Im ersten Jahr publizierten die Bloggenden auf der deutschsprachigen Seite insgesamt 941 Beiträge und schalteten 975 Kommentare dazu frei. Damit wird, statistisch gesehen, auf der deutschen Seite mehr diskutiert als bei den französischen Blogs ((Mareike König, Anregungen aus der französischen Blogosphäre, in: Redaktionsblog, 10.3.2013, http://redaktionsblog.hypotheses.org/993.)).

Dissertations- und Forschungsblogs

Die meisten Neugründungen im Bereich der Geschichtsblogs sind thematisch eng geführte Dissertations- und Forschungsblogs, wie wir bereits in unserem Artikel in WerkstattGeschichte schreiben. Damit lässt sich eine weitere Diversifizierung der Blogosphäre feststellen ((Mareike König, Die Entdeckung der vernetzten Vielfalt: Geschichtsblogs auf der internationalen Plattform hypotheses.org, in: historyblogosphere, hg. von Peter Haber und Eva Pfanzelter, http://historyblogosphere.oldenbourg-verlag.de/open-peer-review/m-koenig/)). Neben den im Beitrag erwähnten Blogs gehören dazu beispielsweise das dissertationsbegleitende Blog Quadrivium, Wissenskulturen im Reich im 12. Jahrhundert, das Blog zu einer Habilitation zum Thema Schwedens Beziehungen zu Kaiser und Reich 1648-1721, das Blog zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, das Blog ArchitecturalDrawings aus der Kunstgeschichte (Frühe Neuzeit) , Astrologie in der Frühen Neuzeit, das Blog Rheinischer Adel, ein Blog über westliche Chinabilder zwischen 1700 und 1869, Mind the gap(s), das Blog Übergangsgesellschaften - Ländliche Politik in der europäischen Moderne,  ziemlichkonservativ, ein Blog über den Vergleich der CDU mit der britischen Conservative Party in den 1970er Jahren sowie ein Blog über Prostitution im 20. Jahrhundert.

Im Beitrag haben wir über thematisch enge Dissertations- und Forschungsblogs geschrieben:

“Diese Blogs sind per se am wenigsten sichtbar, weil sie häufig nur einem kleinen Leserkreis bekannt sind. Dissertationsblogs können daher am meisten von der Zugehörigkeit zu einem Portal profitieren. Sie sind stark forschungszentriert, konzentrieren sich auf ein eng begrenztes Thema und entsprechen dem Wunsch der Promovierenden nach stärkerer Vernetzung und Austausch. Bedauerlicherweise besteht teilweise Unsicherheit darüber, ob Promovierende generell über ihr Thema bloggen dürfen, schließen doch manche Promotionsordnungen jegliche Veröffentlichung über das bearbeitete Thema vor Annahme der Dissertation aus.”

Hier herrscht weiterhin Klärungs- und ggf. Anpassungsbedarf und wir erhalten nach wie vor per Mail Anfragen von Promovierenden, die gerne bloggen würden, sich aber nicht trauen.

Thematische Gemeinschaftsblogs

Die zweite große Gruppe an Neugründungen sind thematische Gemeinschaftsblogs. Besonders erfolgreich vernetzt und neuer Stern am Bloghimmel ist das Blog Ordensgeschichte, initiiert von Maria Rottler, Mitglied der Redaktion von de.hypotheses.org. Am Blog beteiligt sind mittlerweile über 90 Autoren aus unterschiedlichen Universitäten und Forschungseinrichtungen, und viele von ihnen betreten Blog-#Neuland. Vorbildlich sind die monatlichen Rezensionsdigests (auf Anregung des Frühneuzeitblogs der RWTH Aachen), eine Rubrik “Das posten die anderen” und eine über “Geschichte von Orden und Klöstern #Open Access”, der Einsatz von Sozialen Medien (das Blog hat eine eigene Facebookseite, einen Twitteraccount, eine Seite bei Google+, bei Academia.edu und sogar ein Blog bei Tumblr!) sowie ganz neu eine Gemeinschaftsbibliographie bei Zotero.

Als weitere thematische Gemeinschaftsblogs sind seit Mai letzten Jahres die Blogs Mittelalter, das 19. Jahrhundert in Perspektive, MusErMeKu über Ausstellungskonzepte und Erinnerungskultur , Scriptorum, ein Gemeinschaftsblog über mittelalterliche Bibliotheksbestände und ganz neu Heraldica Nova hinzugekommen.

Immer mehr Forschungsprojekte dokumentieren ihre Arbeit in Blogs. Da diese öffentliche Sichtbarkeit ganz im Sinne der jeweiligen Geldgeber (und zudem kostenlos) ist, lassen sich in diesem Bereich zukünftig neue Blogs prognostizieren. Beispiele sind die Blogs des Projekts “Europa als Herausforderung” mit dem Teilprojekt Urbane Gewalträume, Achtundvierzig, ein Blog der Forschergruppe “Provisorische Zentralgewalt für Deutschland in der Revolution von 1848/49” sowie das Blog Studienstätte Protestantismus begleitend zum DFG-geförderten Projekt “„Ausbau der Forschungsbibliothek Gotha zu einer Forschungs- und Studienstätte für die Kulturgeschichte des Protestantismus in der Frühen Neuzeit“, vor kurzem zu de.hypotheses migriert.

Archiv- und Quellenblogs

Auch im Bereich der Archiv- und Quellenblogs gibt es Neuzugänge: Das Blog Archive 2.0, ursprünglich als Tagungsblog angelegt, wird zum Thema Social media im deutschsprachigen Archivwesen weitergeführt. Das Weblog Rheinischer Archivtag ist auch für die Jahresversammlung 2013 weitergeführt worden. Neu ist das deutschsprachige Blog des deutsch-französischen Projekts Grenzüberschreitendes Netzwerk digitaler Geschichtsquellen, dessen französische Variante ebenfalls bei hypotheses zu finden ist. Das Archiv der Erzdiözese Salzburg hat ein Blog eröffnet.

Bei den Quellenblogs ist Napoleon auf der Spur neu hinzugekommen, ein Blog über napoleonische Ära in den deutschen Landen. Ebenfalls noch ganz frisch am Start ist das Blog Aktenkunde eines Mitarbeiters des Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes, in dem es um die Aktenanalyse als Historische Hilfswissenschaft geht.

Neben all diesen erfreulichen Neuzugängen zur deutschsprachigen Blogosphäre ist leider auch ein sehr trauriger Verlust zu vermelden: Der Schweizer Historiker Peter Haber, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats von de.hypotheses.org und Mitbegründer des Blogs der ersten Stunde weblog.histnet ist Ende April 2013 nach langer Krankheit verstorben. Sein Freund und Kollege Jan Hodel hat ihm einen anrührenden Nachruf gewidmet.

Impact und Risiko

Wissenschaftsblogs können durchaus etwas bewegen, das hat die “Causa Stralsund” gezeigt: Durch den öffentlichen Wirbel, der nicht zuletzt in Archivalia entfacht wurde, sah sich die Stadt Stralsund gezwungen, ihre Entscheidung, den größten Teil der historischen Gymnasialbibliothek einem Antiquar zu verkaufen, rückgängig zu machen. (Siehe dazu auch den Kommentar von Michael Schmalenstroer und die Bemerkung von Bastian Gillner im Blog Archive 2.0. Ein bei hypotheses.org verankertes Weblog Kulturgut  ging aus dem Skandal hervor und wird von einer kleinen Gruppe Interessierter, die auch die Facebookseite “Rettet die Stralsunder Archivbibliothek” betreut, getragen.

Doch nicht nur Positives ist nachzutragen. Aufgrund der Berichterstattung über die Affäre Schavan wurde Archivalia von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgemahnt: http://redaktionsblog.hypotheses.org/1120. Vermutlich hat die Aufregung über die allgemein als überzogen empfundene Abmahnung dazu geführt, dass die FAZ bislang keine weiteren Schritte unternommen hat. Leider müssen Blogger immer auch leidige Rechtsfragen im Auge haben, die entsprechende Rubrik im Redaktionsblog - http://redaktionsblog.hypotheses.org/category/rechtsfragen - mit Hinweisen auf eine Artikelserie “Blog&Recht” in Archivalia soll dazu beitragen, dass Wissenschaftsbloggende ohne Furcht vor misslichen juristischen Konsequenzen ihrer Arbeit nachgehen können.

Fazit

Auch wenn man die Widerstände im akademischen Betrieb gegen Blogs nicht unterschätzen sollte (so verweigert die Herzog August Bibliothek Blogs Rezensionsexemplare ihrer Publikationen), so scheint uns doch die Akzeptanz von Blogs als Medium der Wissenschaftskommunikation im Berichtszeitraum deutlich gewachsen zu sein. Blogbeiträge haben eine Vielzahl spannender Themen aufgegriffen, und es gab auch einige Forschungsmiszellen mit veritablem wissenschaftlichen Apparat (ein Lob von Klaus Graf, und das will was heißen! MK). Blogs können gedruckte- und Online-Zeitschriften, aber auch Dissertations-/Habilitationsprojekte bzw. Monographien sinnvoll ergänzen. Nicht zuletzt unser eigenes Beispiel, bei dem aus einem Blogbeitrag ein Peer-Review-Artikel wurde, stimmt hoffnungsfroh.
Wenke Bönisch (Gast) meinte am 2013/06/25 08:19:
Glückwunsch
Herzlichen Glückwunsch zu dieser Veröffentlichung. In Ruhe lese ich mir den Artikel durch und freue mich, daß er als Open Access zur Verfügung steht.
Zur Publikationsdauer: ja, ein Jahr bei diesem Thema ist lang. Dann bleibt eben Ihnen als Verfasser nur übrig, allgemeiner die Aussagen zu halten. Denn sonst ist die Erkenntnis schon veraltet, bevor der Artikel überhaupt gedruckt wurde. Hier braucht es bei den Historikern in den Redaktionen ein neues Bewußtsein für zügiges Publizieren, bei dem keineswegs die Qualität leiden muß.
Interessant finde ich auch den Aspekt des Reviews. Wissen Sie, wer der Gutachter war? Bei so einem Thema, mit dem sich nur eine Handvoll Historiker beschäftigen, ist die Auswahl des Gutachters eng begrenzt. Oder anders gesagt: der Gutachter muß sich im Thema auskennen, um wirklich den Aufsatz einschätzen zu können. Was machen wir denn nun, wenn der Gutachter keine Ahnung vom Thema hat? Open Peer Review als Alternative? (Übrigens ein Problem, das schon immer bei der differenzierten Vielfalt historischer Forschungsthemen besteht).

P. S. Herzlichen Dank auf die Verlinkung der Liste! 
 

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