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Gericht: KG Berlin 9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum: 31.10.2008
Aktenzeichen: 9 W 152/06
Dokumenttyp: Beschluss

Auszug

1. Die Veröffentlichung eines Zitates aus einem anwaltlichen Schriftsatz kann das in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Rechtsanwaltes in seiner Ausprägung als Selbstbestimmungsrecht, in bestimmtem Umfang darüber zu entscheiden, ob und wie die Persönlichkeit für öffentlich verbreitete Darstellungen benutzt wird, beeinträchtigen. Jede sprachliche Festlegung eines bestimmten Gedankeninhalts ist Ausfluss der Persönlichkeit des Verfassers. Deshalb steht grundsätzlich allein dem Verfasser die Befugnis zu, darüber zu entscheiden, ob und in welcher Form eine sprachliche Gedankenfestlegung seiner Person der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. (vgl. BGH NJW 1954, 1404; BVerfG NJW 1980, 2070)

Auch dieses Recht ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Ob eine Verletzung dieses Rechts vorliegt, ist jeweils anhand des zu beurteilenden Einzelfalls festzustellen; denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Güterabwägung mit den schutzwürdigen Interessen der anderen Seite, hier insbesondere mit der ebenfalls verfassungsrechtlich gewährleisteten Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) sowie der Meinungsfreiheit des Antragsgegners (Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG), bestimmt werden (BGH NJW 1991, 1532). So hat der Senat schon in seinem Urteil vom 03. März 2006 (9 U 117/05) darauf hingewiesen, dass es ein generelles Verbot, aus Schriftsätzen von Rechtsanwälten zu zitieren, nicht gibt (vgl. auch BVerfG NJW 2000, 2416).


http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE229132008&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10

Völlig überzogen erscheint die Begründung, dass jegliche Äußerung als Persönlichkeits-Ausfluss gesehen wird. Eine intensivere Auseinandersetzung mit der am Schluss zitierten BVerfG-Entscheidung

http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk19991217_1bvr161199.html

wäre sinnvoll gewesen. Der Abdruck eines ganzen Anwaltsschriftsatzes wurde dort als datenschutzrechtlich irrelevant und nicht dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht unterliegend angesehen: "Durch die wörtliche Wiedergabe der Berufungsschrift werden über den Beschwerdeführer keine anderen personenbezogenen Daten preisgegeben als die Tatsache, daß er als Verteidiger Havemanns Verfasser dieses Schriftsatzes ist. Inwiefern durch die Veröffentlichung allein dieser Information das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschwerdeführers verletzt sein könnte, ist nicht erkennbar."

Die Rechtsprechung zur Veröffentlichung von Zitaten aus Korrespondenz hat erhebliche praktische Bedeutung für die Archive.

Wenn Benutzer Zitate aus Archivgut veröffentlichen, das sie nach Ablauf der Sperrfristen oder aufgrund einer Ausnahmegenehmigung rechtmäßig einsehen durften, scheidet eine Haftung des Archivs aus.

Anders verhält es sich, wenn ein Archiv Archivgut digitalisiert und frei zugänglich ins Internet einstellt. Soweit es noch lebende Personen betrifft, müsste bei jedem einzelnen Schriftstück (so gut wie alle Schriftstücke sind Persönlichkeits-Ausfluss im Sinn des KG) eine Güterabwägung vorgenommen oder anonymisiert werden. Dies betrifft selbstverständlich auch alles dienstliche Handeln von Amtsträgern, denn auch Beamte sind keine seelenlosen Maschinen (auch wenn sie auf die Betroffenen oft so wirken).
 

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