http://historia-docet.de/ ist die vermutlich seit 2008 im Netz befindliche Homepage des baden-württembergischen Landeshistorikers Johann Wilhelm Braun, ehedem (1978-2005) Mitarbeiter der Kommission für geschichtliche Landeskunde und Bearbeiter des Urkundenbuchs von St. Blasien.
Hervorzuheben sind die Volltexte zu Admont und St. Blasien.
Die Überlieferung der Schriften Gottfrieds und Irimberts von Admont, 1968 (Dissertation)
http://historia-docet.de/Inaugural_Dissertation_neu.pdf
Braun präsentiert hier leider nur die ungedruckten Teile seiner maschinenschriftlichen Dissertation ohne OCR. Da ich hinreichend eigene Erfahrung mit OCR-Erstellung meiner Arbeiten (Scannen und Abby Findereader, ohne besondere technische Kenntnisse durchführbar) ist die diesbezügliche Entschuldigung Brauns einfach nur lächerlich. Wer eine solche ambitionierte Homepage (mit freilich missglückter Navigation) ins Netz stellen kann, sollte doch auch ein PDF mit OCR-Text erstellen können.
Zu St. Blasien bietet Braun Addenda und Corrigenda zu seinem Urkundenbuch, eine Dokumentation der erschienenen Rezensionen im Volltext
http://historia-docet.de/html/rezensionen.html
und eine lesenswerte Recensio recensionum, eine kräftige Rezensentenschelte:
http://historia-docet.de/Recensio_Recensionum__-_Endfassung_server.pdf
Besonders ausfällig wird Braun hinsichtlich meiner Besprechung in der ZHG 2005:
http://historia-docet.de/Graf_Klaus_in_Zs_f__Hohenzoll_Gesch_126__2005.pdf
Ich schrieb
Urkundenbuch des Klosters Sankt Blasien im Schwarzwald. Von den Anfängen bis zum Jahr 1299. Bearbeitet von Johann Wilhelm Braun. 2 Bände, l CD-ROM. Stuttgart: W. Kohlhammer 2003. IX, 987; V, 385 S. (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg A 23).
Seit vielen Jahren - ein genaues Datum ist nicht angegeben - arbeitete Johann Wilhelm Braun im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg hauptamtlich an diesem monumentalen Werk, das 750 Texte zur Geschichte St. Blasiens bis zum Jahr 1299 enthält. Bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts wurden alle auf St. Blasien bezüglichen Quellen erfasst und in Vorbemerkungen detailliert erörtert; nach diesem Zeitpunkt dominieren tatsächlich die Urkunden. Sie betreffen nicht nur St. Blasien, sondern auch die Filialklöster Berau, Bürgeln, Gutnau, Sitzenkirch, Wislikofen sowie das für Oberschwaben besonders wichtige Ochsenhausen.
Vor allem für die Frühzeit weiß man die ausführlichen quellenkritischen Erörterungen, die die mitunter höchst verstreute Resultate der Forschung zusammenführen, sehr zu schätzen. Dies betrifft etwa die Nummern 30 und 126 zur sogenannten „Schluchseeschenkung", die bei der Debatte um die Identität des Kuno von Öhningen (derzeit allgemein mit Herzog Konrad von Schwaben identifiziert) eine Schlüsselrolle spielt. In Nr. 110 spricht sich Braun dafür aus, Luitgart von Württemberg und Luitgart von Windberg-Bogen als eine Person aufzufassen, und führt damit die Erörterungen von Dieter Mertens zu dieser umstrittenen genealogischen Frage weiter. Wahrscheinlich war es Johannes Naukler selbst, der im „Münchner Rolevinck", einer mit handschriftlichen Zusätzen versehenen Inkunabel aus dem Besitz des württembergischen Grafen und ersten Herzog Eberhard im Bart, das entsprechende Kapitel des „Liber constructionis" von St. Blasien übersetzt hat (bei Braun Nr. 180 ohne Nennung des Münchner Rolevinck. Vgl. Klaus Graf, Exemplarische Geschichten, München 1987, S. 213). Dass Braun nicht selten relevante Studien übersehen hat, wundert angesichts des weiten Ausstrahlungsbereichs von St. Blasien nicht. So vermisst man zur Tauschurkunde mit Elchingen 1150 (Nr. 195) die - gewiss sehr spekulativen - Ausführungen von Heinz Bühler in seinem 1989 erstmals publizierten Aufsatz „Die Besitzungen des Klosters Elchingen in der Schweiz" (wieder in: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben, Weißenhorn 1997, S. 1029-1034).
Es braucht hier nicht wiederholt zu werden, was Enno Bünz in einer respektvollen, aber auch kritischen Würdigung dieser Jahrhundert-Edition in der Zeitschrift für [182] württembergische[n] Landesgeschichte 64 (2005), S. 423-431 moniert hat. Sowohl die Anwendung des Pertinenz-Prinzips als auch die Aufnahme historiographischer und anderer nicht-urkundlicher Texte begegnen Bedenken. Beispielsweise wäre es sinnvoll gewesen, den in der Handschrift Stiftsarchiv St. Paul 74/1 wiedergefundenen „Liber constructionis", den Braun in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts setzt, zur Gänze in einer auf das Notwendigste beschränkten neuen Lese-Ausgabe herauszugeben und damit die alte Edition von Mone zu ersetzen. Das Verfahren, das „Faktische" aus diesem Text zu extrahieren und in einzelnen Nummern zu präsentieren, wird der Eigenart der Quelle, zu der gerade auch die erbaulichen und legendarischen Abschnitte, etwa die Visionen der Mönche, gehören, in keiner Weise gerecht.
Inakzeptabel erscheint auch der Umgang mit der bei Nr. 79 allzu kursorisch vorgestellten Liste der aus St. Blasien postulierten Äbte. Hier wäre ein Abdruck der drei Überlieferungszeugen aus dem 18. Jahrhundert und eine kritische Untersuchung des möglichen Quellenwerts am Platz gewesen. Der Text von Nr. 234 lautet beispielsweise: „Abt Heinrich von Lorch soll aus St. Blasien stammen", und man erfährt auch, dass er in der Würdenträgerliste zu 1186 verzeichnet ist. Aber die zutreffende Einordnung dieser Nachricht setzt notwendigerweise voraus, dass man sich einen Eindruck von der Überlieferungsgestalt und dem Quellenwert der Listen verschafft. Diese Arbeit aber hätte der Editor zu leisten gehabt, etwa in einem separaten Aufsatz. Es liegt jedenfalls eine Parallele zur - besser überlieferten - „Hirsauer Ruhmesliste" vor (vgl. Klaus Schreiner, in: Hirsau St. Peter und Paul 1091-1991, Teil II, Stuttgart 1991, S. 305).
Es spricht allerdings alles dafür, dass bei den Urkunden verlässliche Texte vorliegen, die sorgfältig aus der originalen oder abschriftlichen Überlieferung erstellt und umsichtig kommentiert wurden. Hier hat der Bearbeiter sich größten Dank verdient. Eine innovative Entscheidung stellt der Entschluss dar, die Bände in Form von PDF-Dateien auf einer CD-ROM beizugeben. Die vielfältigen dadurch gegebenen Such- und Auswertungsmöglichkeiten stellen nicht nur einen Ersatz für das fehlende Sachregister dar. Da die Namen der Landkreise bei Ortsidentifizierungen im Namenregister mit den Autokennzeichen abgekürzt werden, kann man z.B. durch die Suche nach SIG bequem alle Orte aus dem Landkreis Sigmaringen auffinden - eine hochwillkommene Hilfe für die regionalgeschichtliche Forschung!
Die mangelnde Haltbarkeit von CD-ROMs ist bekannt. Es wäre daher dringend wünschenswert, wenn sich die Kommission in einigen Jahren entschlösse, den Editionstext im Internet nach der Maßgabe von „Open Access" zugänglich zu machen. Urkundenbücher vom Zuschnitt des vorliegenden Werkes dürften eine aussterbende Gattung darstellen. Die Zukunft wird wohl digitalen Präsentationsformen von Archivfonds gehören (also dem Provenienzprinzip). Man genießt die hohe editorische Kunst, wie sie sich in den vorliegenden Bänden manifestiert, daher mit dem Wissen, dass die Erschließung großer Urkundenbestände - Wolfgang Müller kam 1939 bei einer Materialerfassung für St. Blasien bis 1541 auf etwa 6000 Nummern (Bd. 2, S. 3) - künftig anderer Werkzeuge bedarf.
Winningen Klaus Graf
Ich sehe darin nach wie vor eine angemessene und faire Würdigung und halte an meinen Aussagen fest.
Gemäß § 38 UrhG bin im übrigen ich der Rechteinhaber der Rezension und nicht der Hohenzollerische Geschichtsverein. Mich hat Braun aber nicht gefragt. Ich stimme aber auch gern zu.
Für den gehässigen Stil Brauns stehe folgendes Zitat:
Am absurdesten aber ist es, wenn die Reduktionsfraktion diese neuen Arbeitsmittel als Gipfel des Fortschritts für sich in Anspruch nimmt. Man höre BÜNZens Gefolgsmann Klaus Graf (Zs. f. Hohenzoller. Gesch.) verkünden: „Urkundenbücher vom Zuschnitt des vorliegenden Werkes dürften eine aussterbende Gattung darstellen. Die Zukunft wird wohl digitalen Präsentationsformen von Archivfonds gehören (also dem Provenienzprinzip).“ Und wie freundlich ist es, aber leider ahnungslos, wenn GRAF der Kommission den wohlgemeinten Rat erteilt: „Es wäre daher dringend wünschenswert, wenn sich die Kommission in einigen Jahren entschlösse, den Editionstext im Internet nach der Maßgabe von „Open Access" zugänglich zu machen.“ Den kann schon heute jeder, der es will (und den Preis für das Urkundenbuch St. Blasien nicht zahlen möchte), auf der Stelle haben: Er braucht nämlich nur das Druckwerk samt CD an einer öffentlichen Bibliothek auszuleihen und sich die CD auf seinen Rechner zu kopieren oder auch für ca. 30 Eurocent auf einen Rohling zu brennen; das Internet ist gar nicht nötig.
Nun, in Sachen Open Access für Editionen habe ich wohl ebensowenig Brauns Belehrungen nötig wie in Sachen Langzeiterhaltung digitaler Daten.
Siehe
Klaus Graf, Edition und Open Access, in: Vom Nutzen des Edierens. Akten des
internationalen Kongresses zum 150-jährigen Bestehen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Wien, 3.-5. Juni 2004, hrsg. von Brigitte Merta/Andrea Sommerlechner/Herwig Weigl (= Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 47),
Wien/München 2005, S. 197-203
Online (E-Text, Preprint-Fassung mit Ergänzungen):
http://archiv.twoday.net/stories/230198/
Zu prüfen ist noch, ob der Vorschlag Brauns, wie sich jeder Wissenschaftler eine digitale Kopie verschaffen kann, mit geltendem deutschen Urheberrecht vereinbar ist. Eine Zustimmung des Rechteinhabers zu diesem hemdsärmeligen Vorgehen liegt ersichtlich nicht vor (umfassender Rechtevorbehalt zugunsten der Kommission), daher kann es nur auf die Auslegung von § 53 UrhG ankommen.
In Betracht kommen eine Privatkopie nach Absatz 1 oder eine Kopie zum wissenschaftlichen Gebrauch nach Absatz 2 Nr. 1.
Da auch schon bescheidene geistige Leistungen vom Schutz der kleinen Münze als Datenbankwerk nach § 4 UrhG erfasst werden, unterliegt es keinem Zweifel, dass nach § 53 Abs. 5 UrhG die Privatkopie ausscheidet, da es sich um ein Datenbankwerk handelt, deren Elemente einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind. Für nicht-gewerbliche wissenschaftliche Zwecke dürfte also der Wissenschaftler kopieren, "wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist".
Schwerer zu überwinden ist die Hürde des § 53 Abs. 4 UrhG, die eine im wesentlichen vollständige Vervielfältigung ganzer Bücher verbietet. Ist einem gedruckten Buch eine CD-ROM mit dem Buchinhalt beigegeben, werden die meisten Urheberrechtler eine analoge Anwendung bejahen, also die Vervielfältigung verbieten.
Klaus Graf (Zs. f. Hohenzoller. Gesch.) erinnert: „Die mangelnde Haltbarkeit von CD-ROMs ist bekannt.“ Sind das heutzutage wirklich Probleme? Angesichts der Speicherkapazitäten moderner PCs ist die CD des Urkundenbuchs St. Blasien keineswegs vom Untergang bedroht: Man kann sie zu nicht nennenswerten Kosten beliebig rechtzeitig sichern, sei es auf seinem Arbeitscomputer selbst (was sich der bequemeren Handhabung sowieso empfiehlt), sei es als CD-Kopien, auf USB-Sticks, SD-Speicherkarten, externer Festplatte oder im Internet selbst. Solcherart Besorgnisse sind laienhafte Chimären.
Braun übersieht: Die Vervielfältigung ist ein dem Rechteinhaber vorbehaltenes Recht. Darf eine Bibliothek aufgrund der Einsicht, dass die Langzeithaltbarkeit der CD nicht garantiert ist, eine zur Benutzung bestimmte "Sicherungskopie" anfertigen? Selbst wenn man das Verbot von Absatz 4 von § 53 UrhG ignoriert, steht Absatz 5 entgegen, da bei elektronischen Datenbanken keine Archivkopie zulässig ist. Wissenschaftliche Zwecke nach Absatz 2 könnten allenfalls bibliotheks-interne Forscher geltend machen, aber keine Bibliotheksbenutzer.
Dass man einen schuldrechtlichen Anspruch des Bucheigentümers gegenüber dem Rechteinhaber bejahen mag, einer Vervielfältigung als "Sicherungskopie" zu angemessenen Bedingungen zuzustimmen, hilft in der Praxis nach Ablauf einiger Jahre in wohl nicht wenigen Fällen (z.B. wenn der Verlag nicht mehr erreichbar ist) wenig weiter.
Hervorzuheben sind die Volltexte zu Admont und St. Blasien.
Die Überlieferung der Schriften Gottfrieds und Irimberts von Admont, 1968 (Dissertation)
http://historia-docet.de/Inaugural_Dissertation_neu.pdf
Braun präsentiert hier leider nur die ungedruckten Teile seiner maschinenschriftlichen Dissertation ohne OCR. Da ich hinreichend eigene Erfahrung mit OCR-Erstellung meiner Arbeiten (Scannen und Abby Findereader, ohne besondere technische Kenntnisse durchführbar) ist die diesbezügliche Entschuldigung Brauns einfach nur lächerlich. Wer eine solche ambitionierte Homepage (mit freilich missglückter Navigation) ins Netz stellen kann, sollte doch auch ein PDF mit OCR-Text erstellen können.
Zu St. Blasien bietet Braun Addenda und Corrigenda zu seinem Urkundenbuch, eine Dokumentation der erschienenen Rezensionen im Volltext
http://historia-docet.de/html/rezensionen.html
und eine lesenswerte Recensio recensionum, eine kräftige Rezensentenschelte:
http://historia-docet.de/Recensio_Recensionum__-_Endfassung_server.pdf
Besonders ausfällig wird Braun hinsichtlich meiner Besprechung in der ZHG 2005:
http://historia-docet.de/Graf_Klaus_in_Zs_f__Hohenzoll_Gesch_126__2005.pdf
Ich schrieb
Urkundenbuch des Klosters Sankt Blasien im Schwarzwald. Von den Anfängen bis zum Jahr 1299. Bearbeitet von Johann Wilhelm Braun. 2 Bände, l CD-ROM. Stuttgart: W. Kohlhammer 2003. IX, 987; V, 385 S. (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg A 23).
Seit vielen Jahren - ein genaues Datum ist nicht angegeben - arbeitete Johann Wilhelm Braun im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg hauptamtlich an diesem monumentalen Werk, das 750 Texte zur Geschichte St. Blasiens bis zum Jahr 1299 enthält. Bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts wurden alle auf St. Blasien bezüglichen Quellen erfasst und in Vorbemerkungen detailliert erörtert; nach diesem Zeitpunkt dominieren tatsächlich die Urkunden. Sie betreffen nicht nur St. Blasien, sondern auch die Filialklöster Berau, Bürgeln, Gutnau, Sitzenkirch, Wislikofen sowie das für Oberschwaben besonders wichtige Ochsenhausen.
Vor allem für die Frühzeit weiß man die ausführlichen quellenkritischen Erörterungen, die die mitunter höchst verstreute Resultate der Forschung zusammenführen, sehr zu schätzen. Dies betrifft etwa die Nummern 30 und 126 zur sogenannten „Schluchseeschenkung", die bei der Debatte um die Identität des Kuno von Öhningen (derzeit allgemein mit Herzog Konrad von Schwaben identifiziert) eine Schlüsselrolle spielt. In Nr. 110 spricht sich Braun dafür aus, Luitgart von Württemberg und Luitgart von Windberg-Bogen als eine Person aufzufassen, und führt damit die Erörterungen von Dieter Mertens zu dieser umstrittenen genealogischen Frage weiter. Wahrscheinlich war es Johannes Naukler selbst, der im „Münchner Rolevinck", einer mit handschriftlichen Zusätzen versehenen Inkunabel aus dem Besitz des württembergischen Grafen und ersten Herzog Eberhard im Bart, das entsprechende Kapitel des „Liber constructionis" von St. Blasien übersetzt hat (bei Braun Nr. 180 ohne Nennung des Münchner Rolevinck. Vgl. Klaus Graf, Exemplarische Geschichten, München 1987, S. 213). Dass Braun nicht selten relevante Studien übersehen hat, wundert angesichts des weiten Ausstrahlungsbereichs von St. Blasien nicht. So vermisst man zur Tauschurkunde mit Elchingen 1150 (Nr. 195) die - gewiss sehr spekulativen - Ausführungen von Heinz Bühler in seinem 1989 erstmals publizierten Aufsatz „Die Besitzungen des Klosters Elchingen in der Schweiz" (wieder in: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben, Weißenhorn 1997, S. 1029-1034).
Es braucht hier nicht wiederholt zu werden, was Enno Bünz in einer respektvollen, aber auch kritischen Würdigung dieser Jahrhundert-Edition in der Zeitschrift für [182] württembergische[n] Landesgeschichte 64 (2005), S. 423-431 moniert hat. Sowohl die Anwendung des Pertinenz-Prinzips als auch die Aufnahme historiographischer und anderer nicht-urkundlicher Texte begegnen Bedenken. Beispielsweise wäre es sinnvoll gewesen, den in der Handschrift Stiftsarchiv St. Paul 74/1 wiedergefundenen „Liber constructionis", den Braun in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts setzt, zur Gänze in einer auf das Notwendigste beschränkten neuen Lese-Ausgabe herauszugeben und damit die alte Edition von Mone zu ersetzen. Das Verfahren, das „Faktische" aus diesem Text zu extrahieren und in einzelnen Nummern zu präsentieren, wird der Eigenart der Quelle, zu der gerade auch die erbaulichen und legendarischen Abschnitte, etwa die Visionen der Mönche, gehören, in keiner Weise gerecht.
Inakzeptabel erscheint auch der Umgang mit der bei Nr. 79 allzu kursorisch vorgestellten Liste der aus St. Blasien postulierten Äbte. Hier wäre ein Abdruck der drei Überlieferungszeugen aus dem 18. Jahrhundert und eine kritische Untersuchung des möglichen Quellenwerts am Platz gewesen. Der Text von Nr. 234 lautet beispielsweise: „Abt Heinrich von Lorch soll aus St. Blasien stammen", und man erfährt auch, dass er in der Würdenträgerliste zu 1186 verzeichnet ist. Aber die zutreffende Einordnung dieser Nachricht setzt notwendigerweise voraus, dass man sich einen Eindruck von der Überlieferungsgestalt und dem Quellenwert der Listen verschafft. Diese Arbeit aber hätte der Editor zu leisten gehabt, etwa in einem separaten Aufsatz. Es liegt jedenfalls eine Parallele zur - besser überlieferten - „Hirsauer Ruhmesliste" vor (vgl. Klaus Schreiner, in: Hirsau St. Peter und Paul 1091-1991, Teil II, Stuttgart 1991, S. 305).
Es spricht allerdings alles dafür, dass bei den Urkunden verlässliche Texte vorliegen, die sorgfältig aus der originalen oder abschriftlichen Überlieferung erstellt und umsichtig kommentiert wurden. Hier hat der Bearbeiter sich größten Dank verdient. Eine innovative Entscheidung stellt der Entschluss dar, die Bände in Form von PDF-Dateien auf einer CD-ROM beizugeben. Die vielfältigen dadurch gegebenen Such- und Auswertungsmöglichkeiten stellen nicht nur einen Ersatz für das fehlende Sachregister dar. Da die Namen der Landkreise bei Ortsidentifizierungen im Namenregister mit den Autokennzeichen abgekürzt werden, kann man z.B. durch die Suche nach SIG bequem alle Orte aus dem Landkreis Sigmaringen auffinden - eine hochwillkommene Hilfe für die regionalgeschichtliche Forschung!
Die mangelnde Haltbarkeit von CD-ROMs ist bekannt. Es wäre daher dringend wünschenswert, wenn sich die Kommission in einigen Jahren entschlösse, den Editionstext im Internet nach der Maßgabe von „Open Access" zugänglich zu machen. Urkundenbücher vom Zuschnitt des vorliegenden Werkes dürften eine aussterbende Gattung darstellen. Die Zukunft wird wohl digitalen Präsentationsformen von Archivfonds gehören (also dem Provenienzprinzip). Man genießt die hohe editorische Kunst, wie sie sich in den vorliegenden Bänden manifestiert, daher mit dem Wissen, dass die Erschließung großer Urkundenbestände - Wolfgang Müller kam 1939 bei einer Materialerfassung für St. Blasien bis 1541 auf etwa 6000 Nummern (Bd. 2, S. 3) - künftig anderer Werkzeuge bedarf.
Winningen Klaus Graf
Ich sehe darin nach wie vor eine angemessene und faire Würdigung und halte an meinen Aussagen fest.
Gemäß § 38 UrhG bin im übrigen ich der Rechteinhaber der Rezension und nicht der Hohenzollerische Geschichtsverein. Mich hat Braun aber nicht gefragt. Ich stimme aber auch gern zu.
Für den gehässigen Stil Brauns stehe folgendes Zitat:
Am absurdesten aber ist es, wenn die Reduktionsfraktion diese neuen Arbeitsmittel als Gipfel des Fortschritts für sich in Anspruch nimmt. Man höre BÜNZens Gefolgsmann Klaus Graf (Zs. f. Hohenzoller. Gesch.) verkünden: „Urkundenbücher vom Zuschnitt des vorliegenden Werkes dürften eine aussterbende Gattung darstellen. Die Zukunft wird wohl digitalen Präsentationsformen von Archivfonds gehören (also dem Provenienzprinzip).“ Und wie freundlich ist es, aber leider ahnungslos, wenn GRAF der Kommission den wohlgemeinten Rat erteilt: „Es wäre daher dringend wünschenswert, wenn sich die Kommission in einigen Jahren entschlösse, den Editionstext im Internet nach der Maßgabe von „Open Access" zugänglich zu machen.“ Den kann schon heute jeder, der es will (und den Preis für das Urkundenbuch St. Blasien nicht zahlen möchte), auf der Stelle haben: Er braucht nämlich nur das Druckwerk samt CD an einer öffentlichen Bibliothek auszuleihen und sich die CD auf seinen Rechner zu kopieren oder auch für ca. 30 Eurocent auf einen Rohling zu brennen; das Internet ist gar nicht nötig.
Nun, in Sachen Open Access für Editionen habe ich wohl ebensowenig Brauns Belehrungen nötig wie in Sachen Langzeiterhaltung digitaler Daten.
Siehe
Klaus Graf, Edition und Open Access, in: Vom Nutzen des Edierens. Akten des
internationalen Kongresses zum 150-jährigen Bestehen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung Wien, 3.-5. Juni 2004, hrsg. von Brigitte Merta/Andrea Sommerlechner/Herwig Weigl (= Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 47),
Wien/München 2005, S. 197-203
Online (E-Text, Preprint-Fassung mit Ergänzungen):
http://archiv.twoday.net/stories/230198/
Zu prüfen ist noch, ob der Vorschlag Brauns, wie sich jeder Wissenschaftler eine digitale Kopie verschaffen kann, mit geltendem deutschen Urheberrecht vereinbar ist. Eine Zustimmung des Rechteinhabers zu diesem hemdsärmeligen Vorgehen liegt ersichtlich nicht vor (umfassender Rechtevorbehalt zugunsten der Kommission), daher kann es nur auf die Auslegung von § 53 UrhG ankommen.
In Betracht kommen eine Privatkopie nach Absatz 1 oder eine Kopie zum wissenschaftlichen Gebrauch nach Absatz 2 Nr. 1.
Da auch schon bescheidene geistige Leistungen vom Schutz der kleinen Münze als Datenbankwerk nach § 4 UrhG erfasst werden, unterliegt es keinem Zweifel, dass nach § 53 Abs. 5 UrhG die Privatkopie ausscheidet, da es sich um ein Datenbankwerk handelt, deren Elemente einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind. Für nicht-gewerbliche wissenschaftliche Zwecke dürfte also der Wissenschaftler kopieren, "wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist".
Schwerer zu überwinden ist die Hürde des § 53 Abs. 4 UrhG, die eine im wesentlichen vollständige Vervielfältigung ganzer Bücher verbietet. Ist einem gedruckten Buch eine CD-ROM mit dem Buchinhalt beigegeben, werden die meisten Urheberrechtler eine analoge Anwendung bejahen, also die Vervielfältigung verbieten.
Klaus Graf (Zs. f. Hohenzoller. Gesch.) erinnert: „Die mangelnde Haltbarkeit von CD-ROMs ist bekannt.“ Sind das heutzutage wirklich Probleme? Angesichts der Speicherkapazitäten moderner PCs ist die CD des Urkundenbuchs St. Blasien keineswegs vom Untergang bedroht: Man kann sie zu nicht nennenswerten Kosten beliebig rechtzeitig sichern, sei es auf seinem Arbeitscomputer selbst (was sich der bequemeren Handhabung sowieso empfiehlt), sei es als CD-Kopien, auf USB-Sticks, SD-Speicherkarten, externer Festplatte oder im Internet selbst. Solcherart Besorgnisse sind laienhafte Chimären.
Braun übersieht: Die Vervielfältigung ist ein dem Rechteinhaber vorbehaltenes Recht. Darf eine Bibliothek aufgrund der Einsicht, dass die Langzeithaltbarkeit der CD nicht garantiert ist, eine zur Benutzung bestimmte "Sicherungskopie" anfertigen? Selbst wenn man das Verbot von Absatz 4 von § 53 UrhG ignoriert, steht Absatz 5 entgegen, da bei elektronischen Datenbanken keine Archivkopie zulässig ist. Wissenschaftliche Zwecke nach Absatz 2 könnten allenfalls bibliotheks-interne Forscher geltend machen, aber keine Bibliotheksbenutzer.
Dass man einen schuldrechtlichen Anspruch des Bucheigentümers gegenüber dem Rechteinhaber bejahen mag, einer Vervielfältigung als "Sicherungskopie" zu angemessenen Bedingungen zuzustimmen, hilft in der Praxis nach Ablauf einiger Jahre in wohl nicht wenigen Fällen (z.B. wenn der Verlag nicht mehr erreichbar ist) wenig weiter.
KlausGraf - am Donnerstag, 8. Januar 2009, 18:52 - Rubrik: Landesgeschichte
ladislaus (Gast) meinte am 2009/01/11 11:19:
Mir scheint, Braun konnte - im Elfenbeinturm - die Kritik an Art und Umfang des Werks wirklich nicht verstehen. Er argumentiert völlig am springenden Punkt vorbei, denn es ging bei der Kritik ja insgesamt weniger um die Qualität seines Werks, sondern um die Ökonomie des Wissenschaftsbetriebs. Das Zauberwort in Grafs Rezension ist "hauptamtlich", und darauf geht Braun überhaupt nicht ein. Wenn jemand jahrzehntelang (?) für Steuer- oder Stiftungsgeld an einem einzelnen Buch arbeiten kann, ist das ja schön für ihn, aber es muss dem Rest der Zunft doch immerhin gestattet sein, das für einen Luxus zu halten, der dem Fortkommen der Wissenschaft insgesamt nicht allzu dienlich ist. Wenn man ein eigenes Werk von vornherein mit einem gewissen Pathos für Jahrhunderte schaffen will, sollte gerade eine kritische Begleitung, die auf die Kurzlebigkeit der Trägermedien und deren Überwindung abzielt, erwünscht sein und nicht derart abgekanzelt werden. Übrigens ist Brauns hemdärmelige Anleitung zum Urheberrechtsverstoss für mich sehr willkommen. Mit etwas gutem Willen kann man das wohl als CC-BY-ND-Lizenz auslegen... Ein schlechtes Gewissen habe ich jetzt jedenfalls nicht, wenn ich mir sein Werk auf die Festplatte lade...
ladislaus (Gast) antwortete am 2009/01/18 13:34:
Lustig übrigens, dass der altehrwürdige und hochmögende Verlag des Urkundenbuchs nicht in der Lage ist, es im Buchhandel auffindbar zu machen: ans VLB wurde der verballhornte Titel "Urkundenbuch des Klosters Sankt Blasius" gemeldet. Wer nach "Blasien" sucht, findet das Buch also nicht im Verzeichnis lieferbarer Bücher...
KlausGraf meinte am 2009/02/14 22:39:
Update
http://archiv.twoday.net/stories/5516852/