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Unter der Überschrift "Zehnmal schlimmer als in Weimar" meldet sich der Weimarer Bibliotheksdirektor Michael Knoche zu der Kölner Tragödie in der "Süddeutschen Zeitung" zu Wort:

...
Der Zustand der geretteten Bestände ist ganz unterschiedlich. Manche Aktenfaszikel sind unbeschädigt, weil sie unter Trümmern verkeilt gelegen haben und nicht einmal feucht geworden sind. Der riesige Schuttkegel hat da wie ein Schutzschild gegen die heftigen Regenfälle gewirkt. Andere Archivalien sind völlig zerfetzt durch die Kräfte, die auf sie eingewirkt haben.

Wieviel gerettet werden kann, ist derzeit noch ungewiss: Manche Experten sprechen von 20 Prozent, Optimisten halten 50 Prozent für möglich. Das Wiederauftauchen der beiden wertvollen Handschriften des Albertus Magnus gibt Anlass zu Hoffnung. Auf jeden Fall werden wohl eher Einzelstücke geborgen werden können als Bestandsgruppen. Das wird die künftige wissenschaftliche Arbeit sehr erschweren. Man hat bereits einzelne Ratsprotokolle wieder gefunden, aber die Akten, die damals den Prozess der Entscheidungsfindung dokumentierten, bleiben vermutlich verschollen.
...

Die allgemeine Gedankenlosigkeit im Umgang mit unserem schriftlichen Kulturgut muss ein Ende haben. Das Elbehochwasser in Dresden 2002, der Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek 2004 und der offensichtlich durch Fahrlässigkeit begünstigte Einsturz des Kölner Archivs 2009 - das sind drei Menetekel; der biblische König Belsazar brauchte nur ein einziges, um die Warnung zu verstehen.

http://www.sueddeutsche.de/757387/160/2806179/Zehnmal-schlimmer-als-in-Weimar.html
iRead (Gast) meinte am 2009/03/19 12:33:
Leider wahr
Es ist wirklich traurig, zu sehen, wie plötzlich die dokumentierte Vergangenheit einer der wichtigsten, geschichtsträchtigsten Städte Europas nun unter Trümmern begraben liegt.
Und alles nur, weil irgendwelche weltfernen Bauherren und Vorarbeiter sich nicht mit Statik auskennen.
Nach dem "schiefen Turm von Köln" hätte man denken sollen, Vorschriften und Kontrollen verschärfen sich...
...aber naja, wie man sehen kann, denken wir mehr als die Bauträger. 
Mitleser (Gast) meinte am 2009/03/19 12:42:
Schriftsteller Hans Bender hofft
„Der 89-jährige Kölner Schriftsteller Hans Bender hat unzählige Korrespondenzen mit Günter Kunert oder Rolf Dieter Brinkmann beim Einsturz des Archivs verloren. Noch hofft er, dass einige Dokumente wieder auftauchen.“

Kölner Stadtanzeiger, Schätze aus dem Stadtarchiv Teil 20:
http://www.ksta.de/html/artikel/1233584153114.shtml 
Fragender (Gast) meinte am 2009/03/19 13:42:
Viertes Menetekel?
Ich hoffe, es kommt nicht noch ein viertes Menetekel hinzu: Weitere Verluste durch Bergungsstillstände. Nur ein Drittel der verfügbaren Wochenstunden wird jetzt noch geborgen. Ich sehe keinen vernünftigen Grund dafür, außer man bekommt entweder nicht ausreichend mehr Personal hinzu oder man will es nicht bezahlen. So sieht für mich keine Katastrophenhilfe aus. Ist das Ganze nur ein Kölner Maleur, eine Stadtteilgeschichte mit ein paar zornigen Anwohnern, das man auf kleiner Flamme aus der Welt und aus den Schlagzeilen zu schaffen versucht?
Wenn mir eine historische Handschrift in die Pfütze fällt, dann hebe ich sie gleich auf, bevor die Tinte verlaufen ist und warte nicht bis zum nächsten Tag 9.00 Uhr. Und wenn wie in Köln, vorher auch noch Betonbrocken zu beseitigen sind, dann darf man erst recht nicht damit warten. Aufklärung tut Not! Jetzt! 
Wolf Thomas antwortete am 2009/03/19 13:49:
Bergung zu langsam?
Nach Auskunft des stv. Stadtarchiv-Leiters Dr. U. Fischer auf dem Westfälischen Archivtag in Detmold gilt die Unfallstelle immer noch als gefährlich, so dass die Arbeiten nur durch die Feuerwehr bzw. die Helfer des THW erfolgen kann. Lt. Dr. Fischer ist man von archivischer Seite hoch zufrieden mit der Vorsicht und Behutsamkeit, mit der dieEinsatzkräfte das Kulturgut bergen.
Warum nicht weiter im Drei-Schicht-Betrieb weiter geborgen wird? Schauen Sie sich die rege Anteilnhame der Bundespolitiker an, diese könnten zumindestens einen höheren THW-Einsatz in die Wege leiten. 
SamZidat (Gast) antwortete am 2009/03/19 14:25:
Na ja, Augenmaß
Es soll von 7-19Uhr gearbeitet werden, das ist die Halbe zur Verfügung stehende Zeit, nicht ein Drittel. Sinn dieser Sache sind nicht alleine Kosten, sondern auch ganz altmodisch Tageslicht. Zumal das Dach ja mittlerweile fertig ist, und die Trümmer mit den dazwischenliegenden Archivschichten durchaus einigermaßen geschützt sind.

Auch Sonntags frei ist nicht wirklich ungewöhnlich und meiner Meinung nach durchaus nicht ein Zeichen von Unwillen.

Zumal der Trümmerberg auch jetzt noch nur angeseilt betreten wird, mithin man auch nicht jeden entsprechend unausgebildeten Helfer nehmen kann. Was bedeutet, daß die Leute auch mal gerne einen Tag frei hätten, und den auch brauchen. Denn wenn sie Fehler machen, weil sie zu erschöpft sind, ist das ja auch nicht akzeptabel. 
Berthold Friemel antwortete am 2009/03/19 14:45:
Bundespolitiker
Genau bei den Bundespolitikern sollte spätestens der Beitrag von Herrn Knoche "ankommen", da er das Verhältnis zu dem nationalen Großprojekt AAB klarstellt. Die bundespolitische Zurückhaltung, soweit jedenfalls öffentlich ersichtlich, ist unbegreiflich und unakzeptabel. 
Daniel (Gast) meinte am 2009/03/19 14:40:
"Menetekel"
Bemerkungen wie die folgenden sollten trotz allem hier vielleicht auch einen Platz haben:
Das Menetekel ist zwar dreiteilig (Mene mene tekel u-pharsin: Gott hat die Tage deines Königtums gezählt und beendet. Du wurdest auf einer Waage gewogen und zu leicht befunden. Dein Reich wird geteilt und nun den Medern und Persern zu eigen.) Man könnte vielleicht konstruieren: Die drei Ereignisse sind ein Menetekel. Aber Menetekel in den Plural setzen?
Belsazar (war im übrigen nicht der König sondern nur der Sohn des Königs - aber das ist schon in der Bibel nur noch versteckt erkennbar) hat es eben nicht verstanden, denn der Richtspruch ging in Erfüllung und Belsazar starb in der folgenden Nacht. Er hat auch den Spruch an der Wand selber nicht unmittelbar verstanden, denn dieser mußte ihm von Daniel gedeutet werden. 
Fragender (Gast) meinte am 2009/03/19 20:25:
Eines möchte ich gleich vorausschicken: Schichtarbeit macht man nicht, um die immergleichen Leute zu belasten, sondern um sie abzulösen. Daher auch meine Frage nach ausreichend Personal.

Der Stadtanzeiger schreibt: „Fast rund um die Uhr ist die Feuerwehr an der Einsturzstelle des Kölner Stadtarchivs im Einsatz.“ Das liess mich schon wieder hoffen und wollte meinen Beitrag entsprechend korrigieren. Im weiteren Text heißt es aber dann „An sechs Tagen in der Woche leisteten die Männer jeweils Zwölf-Stunden-Schichten.“

Wenn damit eine Schicht pro Tag gemeint ist, passt es zu der Information über die Zeit 7-19 Uhr. Ob darüber hinaus öfters in Richtung „fast rund um die Uhr“ gearbeitet wird, könnten die Anwohner mitteilen, wenn es sonst nichts genaues zu hören ist. Am letzten Sonntag, der eigentlich erstmals Ruhetag sein sollte, hat man wegen des Fundes wertvollster Archivalien trotzdem gearbeitet und die Stücke von Sonntag waren bei weitem nicht die letzten Zimelien und es geht auch nicht nur um Zimelien. Kein Grund, auch künftig auf Sonntagsarbeit zu verzichten.

Meine letzte Information war die Bekanntgabe des Bergungsplanes von der Leiterin des Stadtarchivs, die von 2 Schichten zwischen 9 -19 Uhr sprach. Diese Zeiten dürften also die Erstversorgung in den Hallen betreffen. Ausgehend von diesen 60 Wochenstunden bleibt an 108 Stunden die Arbeit liegen, also fast zwei Drittel der theoretisch verfügbaren Zeit. Und wenn in den Hallen nicht schnell genug abgearbeitet und erstversorgt werden kann, dann kann bei der Bergung an der Einsturzstelle entweder nicht schnell genug abgeräumt werden oder es bleibt der abgeladenen Schutt länger unversorgt liegen, der ja auch durchsucht werden muss, wenn auch an der Einsturzstelle alles greifbare Material bereits abgesammelt wird.

@Daniel "Menetekel": Geisteswissenschaft im Wandel. Verstehen Sie es als 4. Dimension, da Köln schon einmal enthalten ist. Die Theorie von Urknall und Schwarze Löchern widerspricht nach dem Papst auch nicht der kath. Lehre. „Gott ist ihnen nicht im Weg, nur die Straßenlaternen“, so ein Astronom vom vatikanischen Observatorium.

Demnach stünde wohl einer Bergung rund um die Uhr, auch Sonntags nichts im Wege, wenn man es schafft, die verbleibende Laternen zu entfernen, so lege ich es mal aus. Manche würden es sogar als eine Form des Gottesdienstes begreifen, angesichts der zahlreichen Dokumente mit Bezug Christentum und Kirche. 
SamZidat (Gast) antwortete am 2009/03/19 21:22:
Von welchem Laternenproblem spricht Fragender? Die Beschränkung auf 12 Stunden Arbeit bei Tageslicht an der Einsturzstelle hat nichts mit irgendwelchen Laternen zu tun, sondern ganz banal mit Sicherheit. Ein Blick auf http://twitpic.com/photos/SamZidat sollte eigentlich jedem halbwegs vernünftigen Menschen klarmachen, warum es wohl besser ist, dort nur bei Tageslicht zu arbeiten.

Das Risiko von Nachtarbeit bei der Rettung bzw. Bergung von Menschen nimmt man ja noch in Kauf, zumal sich da logischerweise die Lage verschlechtert, wenn tatsächlich noch jemand lebt nach einem Ereignis. Die Archivalen, an deren Bergung auch mir sehr viel liegt, liegen jedoch in 12 Stunden noch genauso da wie jetzt auch; da muß man nicht Leib und Leben der Bergenden mehr als nötig riskieren.

OK, vielleicht sieht man das anders, wenn man auf den Trümmerberg schaut, jedesmal, wenn man aus dem Fenster sieht, aber die Einsturzstelle ist mittlerweile recht gut einsehbar. Ich würde also jenen, die Nachtarbeit fordern, doch mal vorschlagen, sich das selbst anzuschauen. Und dann weiterzureden.

Oh ja, und Feuerwehr- und THW-Leute: Es brennt auf weiterhin im Kölner Raum, man kann kaum sämtliche Feuerwehrleute für diese Bergung abstellen. Ebensowenig kann man beliebig freiwillige Feuerwehr und THW einsetzen, denn diese Leute müssen meistens von ihren Arbeitgebern freigestellt werden für derartige Arbeiten. Und da halten sich die Arbeitgeber gerne auch ein wenig zurück. Noch während es die (entfernte) Möglichkeit gab, daß noch Menschen unter den Trümmern sein könnten, mußte Schramma ja schon an selbige Arbeitgeber appellieren, weiterhin die Retter freizustellen. Wo es "nur noch" um "Papiere" geht, dürfte deren Bereitschaft nicht grade gewachsen sein. Das kann man sehr traurig finden. Alternativen sind aber auch nicht übermäßig viele vorhanden. 
 

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