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Besonders aufmerksam liest man nachträglich, was in der Broschüre

http://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf44/150-jahre-historisches-archiv.pdf

über die Auswertung von Archivunterlagen für den U-Bahn-Bau zu lesen ist (Danke an AB für den Hinweis!).

Jedes Kölner Schulkind weiß, dass die Innenstadt seit der Römerzeit besiedelt war. Bei Ausschachtungen aller Art sind oft Archäologen zugegen. Besonders sorgfältig ist bei Großprojekten wie der Nord-Süd-Bahn zu planen. Die heutige Stellung der Hausfassaden im Verhältnis zur Straße kann sich nämlich im Laufe der Zeit stark verändert haben; was bedeutet: unter dem Asphalt warten unangenehme Überraschungen
auf die Planer und Ingenieure.
Bevor die riesigen Bohrer in großer Tiefe die Röhren für die U-Bahn-Tunnel vortreiben
können, wird im so genannten Hochdruck-Injektionsverfahren (HDI) das umliegende
Erdreich durch Einspritzen von Zement gefestigt. Das gelingt jedoch nicht, wenn Hindernisse wie Mauern den Zement abblocken; so entstehen gefährliche „Düsschatten“. Der Einsturz von Stollenabschnitten und Bodenabsenkungen wären die unkalkulierbaren Folgen. Die im Stadtarchiv verwahrten Karten mit Hinweisen auf alte Keller ersparten den Planern teure Probebohrungen.

Auch konnten in alten Fluchtlinienplänen, wie hier im Fall der Severinstraße, alte Pumpen-und Brunnenanlagen entdeckt werden. Sie bilden Gefahrenpunkte für den Stollenvortrieb selbst. Das Schneidrad der Tunnelbohrmaschine kann nur dann Gestein
abtragen und aus dem Tunnel ableiten, wenn zwischen Gestein und Schneidrad Druck aufgebaut wird. Dies geschieht ebenfalls über eine zementhaltige Flüssigkeit.
Unbekannte Brunnenschächte lassen sie entweichen und möglicherweise in Keller strömen. So kann die sorgfältige Suche in alten Plänen die Planung und Bebauung
des modernen Köln wesentlich erleichtern.

Ausstellungsstücke:
Die Severinstraße – um 1840/50
Die Karte gehört zu einer Sammlung von 112 Blättern, die Franz Kreuter (1810-1877) um die Mitte des 19. Jahrhunderts angefertigt hat. Mit seiner Arbeit wollte der Kölner Buchdrucker, Verleger, Antiquar und Heimatschriftsteller den Zustand vor den großen baulichen Veränderungen, die die Stadt auf ihrem Weg zur Großstadt erlebte, festhalten. Mit der Wiedergabe jeder Hausfassade und dem Eintrag der aus Volksüberlieferung und schriftlichen Quellen ermittelten Hausnamen sind die Karten zu einer einmaligen Quelle für die Baugeschichte des alten Köln geworden. In jüngster Zeit haben sie aber eine Bedeutung erlangt, die ihrem Urheber kaum bewusst gewesen sein kann. Neben dem alten Baubestand hat er nämlich gleichzeitig Hinweise auf die bis heute nahezu unverändert erhalten gebliebenen, unterirdischen
Baureste gegeben. Heute helfen sie bei den Planungen zum U-Bahn-Bau.

Best. 7101 Nr. 337/87
Fluchtlinienplan der Severinstraße – 1868
Die von der ursprünglich staatlichen Baupolizei seit der Mitte des 19. Jahrhunderts erstellten Fluchtlinienpläne grenzten Straßen und Plätze von den sonstigen Flächen ab und sollten einer modernen Bau-und Verkehrsplanung in den eng bebauten Städten dienen. Mit dem Fluchtliniengesetz von 1875 ging dieses Planungsinstrument an die Gemeinden über. Auch diese Pläne haben den Tiefbauingenieuren geholfen, verborgene Mauerreste und alte Brunnenschächte
aufzuspüren.

Best. 7102 Nr. 1760
Plan der preußischen Festungsbaubehörde (Fort 1) – 1886
Mit dem Erwerb der Festungsanlagen gingen 1881 die Pläne der preußischen Festungsbaubehörde
in das Eigentum der Stadt über. Auch sie machen beim U-Bahn-Bau teure Probebohrungen
überflüssig.
Best. 7250 Nr. 304


ebertplatz.de meinte am 2009/03/23 00:21:
Erinnerungen eines „Dilettanten“
Ich kann mich noch gut an die Führung durch die kleine Ausstellung im Anschluß an die Mitgliederversammlung des Fördervereins erinnern, auch an die Verbindung zum U-Bahnbau.
Undenkbar, dass Monate später schon das Archiv selbst gefährdet war.
Mein letzter Besuch war am 12.9.2008 einige Tage nachdem erste Probleme aufgetaucht waren. Auf dem Weh habe ich noch einige Blicke in die unglaublich tiefen Schächte der Haltestelle Severinsstraße werfen können. Die Baustelle vor dem Archiv war so abgezäunt, dass man nicht hineinsehen konnte.
Ob die ausgestellte Nachkriegs-Vision eines Architekten von einem Park-/Hochhaus mitten auf dem Ebertplatz, die ich mir gerne noch in Ruhe angesehen hätte, überlebt hat?
Und die Hinterlassenschaft von Karl Band, dem ich vor einem Jahr endlich einen Artikel bei Wikipedia angelegt hatte? Vollständig erfasst? Jetzt zerstört? 
BCK meinte am 2009/03/23 01:08:
Nein ...
nach meinem Verständnis wäre die Katastrophe wohl nicht passiert, wenn man wie in dem Artikel in der Jubiläumsbroschüre beschrieben bei dem ursprünglich in der Ausschreibung vorgesehenen teureren Hochdruckinjektionsverfahren (HDI) geblieben wäre. Vgl. den KSTA-Artikel

Firmen wussten von Bauproblemen (Von Peter Berger, Matthias Pesch und Detlef Schmalenberg, 17.03.09, 20:30h, aktualisiert 20.03.09, 09:02h)

Die Warnsignale überhört / Von Dennis Vlaminck, 22.03.09, 23:01h (Kölnische Rundschau)

und den Beitrag des Univ.Prof. em. Dr.-Ing. Stefan Polónyi in den VDI-Nachrichten vom 13.3., Mit dem Pumpen muss sofort aufgehört werden.

Weitere Beiträge in den VDI-Nachrichten:

U-Bahn-Bau in unzuverlässigem Untergrund / Elmar Wallerang, VDI-Nachrichten, 13.3.2009.
Der Artikel schließt übrigens mit der Meldung: "Aufgrund der Kölner Ereignisse will die nordrhein-westfälische Landesregierung das Archivgesetz ändern. Wertvolle Quellen sollten künftig wasserdicht sowie feuer- und erdbebensicher gelagert werden, so NRW-Kulturstaatssekretär Hans-Heinrich Grosse-Brockhoff."

Sensortechnik überwacht Gebäude an kritischen Stellen / Martin Borré, VDI-Nachrichten 13.3.2009.

Zeitnah berichtet auch New Civil Engineer (NCE), http://www.nce.co.uk :
Cologne: groundwater extraction method probed / Jessica Rowson (19.3.) 
 

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