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" ..... Thomas F. ist Archivar in einer deutschen Großstadt. Fest angestellt, verheiratet, zwei Jungen im Alter von 15 und 20 Jahren. Thomas F. ist nicht reich, aber durch eine Erbschaft gut abgesichert – genauer: Er war es. Seine Sucht brachte sein ausgeglichenes Konto ebenso ins Wanken wie seinen Familienfrieden.
Denn Thomas F. trank. Er trank allein, abends, wenn der Rest der Familie im Bett liegt. „Für mich hat die Party immer erst begonnen, wenn die Kinder im Bett waren“, sagt der 41-Jährige. So, glaubte er, könne er seine Entgleisungen nach einer halben bis einer Flasche Wodka pro Abend am besten vor den Augen seiner zwei Söhne verstecken. „Manchmal habe ich auch durchgesoffen und konnte dann am nächsten Morgen gar nicht mehr arbeiten“, berichtet er. Fehlzeiten hatten bereits zu einer Abmahnung seines Chefs geführt. Und irgendwann fand eine Kollegin, der Zustand sei nicht mehr tragbar, verpfiff ihn beim Chef – und brachte den Stein ins Rollen. Thomas F. legte die Karten auf den Tisch, sprach offen mit Kollegen und Freunden und erntete Respekt dafür. „Man redet sich das wahrscheinlich auch ein, dass andere einen wegen der Sucht verstoßen“, sagt er in einer Entzugsklinik im Rückblick. Sein Arbeitsplatz bleibt ihm während seines zweimonatigen Klinikaufenthaltes erhalten, danach möchte er sich ambulante Angebote suchen.
Begleiterscheinungen wie Unruhe oder Zittern blieben Thomas F. erspart. Wohl aber entdeckte er, dass sich seine Persönlichkeit veränderte. Aus dem üblicherweise zuverlässigen Kollegen wurde ein unzuverlässiger Mitarbeiter. Als Partner hielt er sich zunehmend aus dem Familienalltag heraus. Seine Frau übernahm schrittweise immer mehr von seinen ursprünglichen Aufgaben. Denn irgendwann drehte sich für Thomas F. alles nur noch um die Sucht, sein Alltag war bestimmt von dem Gedanken, „Wann kann ich wieder was haben?“ Die soziale Isolation nahm immer weiter zu. Thomas F. hatte sich regelrecht verschanzt und sich schließlich auch im Berufsleben zunehmend von seinen Kollegen distanziert. „Ich habe mich geschämt, mit einer Alkoholfahne herumzulaufen und mit meinen Kollegen zu sprechen“, sagt Thomas F. „Meine Tage bestanden aus Alkohol, Drogen, Fernsehschauen und Rückzug.“ .....
Thomas F. ist nicht nur alkoholkrank, sondern auch kokainabhängig. Kokain ist eine teure Sucht. Ein Gramm kostet zwischen 40 und 90 Euro. Das summiert sich für Abhängige schnell auf mehrere 1000 Euro pro Monat. Dass viele auch dann nicht ablassen, wenn sie an den Rand des wirtschaftlichen Ruins getrieben sind, liegt an der Wirkung des Kokains: Während vielen Alkoholabhängigen die negativen Seiten ihrer Sucht sehr wohl bewusst sind und sie sich mitunter für ihre Entgleisungen des Vorabends schämen, sieht für Kokainkonsumenten die Sache häufig anders aus. Kokain hinterlässt ein gutes Gefühl von Selbstwert, Energie, Kreativität, Unverwund- und Unbesiegbarkeit. Diese positiven Gefühle prägen sich so stark ins Gehirn ein, dass sie die negativen, die depressiven Gedanken und Tiefs am folgenden Morgen, einfach ausblenden. Genau da liegt das Problem, auch für Thomas F. „Am Kokain hängen immer noch positive Erinnerungen – denn ich hatte nie Entzugserscheinungen, bin auch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten.“
15 Jahre spielte Thomas F. „das Spielchen“. Erst kokste er alle paar Wochen einmal, dann erhöhte sich die Frequenz. Ein halbes bis ein Gramm Kokain schnupfte er an manchen Abenden. Zwischendrin war für zwei Jahre Pause. Da lernte Thomas F. seine Frau kennen, und die Verliebtheit reichte als Kick völlig aus. Doch irgendwann war es wieder so weit: Thomas F. genehmigte sich die nächste Nase. „Man fängt dann nicht mehr bei Null an, sondern ist relativ schnell wieder drin“, erklärt er. Und das, obwohl sein Umfeld völlig drogenfrei ist – Familie, Freunde, keiner von ihnen hat mit illegalen Drogen zu tun. Diejenigen, die ihm den Stoff beschaffen, „sind keine Freunde, da trenne ich ganz klar“, sagt Thomas F.
Für den Suchtexperten Oliver Erven ist Thomas F. ein typischer Fall. „Junge Patienten gehen in der Regel in die Subkultur, wenn sie Drogen nehmen. Sie leben in ihr und pflegen sie“, sagt er. „Für unsere Patienten jedoch ist die Subkultur nur der Handelsweg. Sie leben aber nicht in ihr und konsumieren nicht einmal ihre Drogen dort.“ .....
Die Ursachen für die Sucht sind genauso vielfältig wie in anderen Altersklassen oder sozialen Schichten. „Der Auslöser dafür, Kokain zu probieren, war Neugier“, sagt Thomas F. Er fand schnell Gefallen an dem Gefühl gesteigerten Selbstwertes, eine Party schien ohne Hilfsmittel reizlos zu sein. „Ich hatte den Eindruck: Wenn ich das nicht habe, bin ich nicht gut drauf. Irgendwann bin ich dann nur noch diesem Gefühl hinterher gerannt.“ ...."

Quelle: Focus
 

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