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Ein ausnahmsweise gut recherchierter Artikel im Bonner Generalanzeiger vom 19.4.2005 macht auf einen Missstand aufmerksam:

Hunderttausende Examensarbeiten verschwinden jedes Jahr in den Archiven der Pruefungsaemter, ohne dass sie veroeffentlicht oder zumindest in den Katalog aufgenommen werden. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Mummert+Partner aus Hamburg waren es im Jahr 2003 rund 218 000 Arbeiten, deren Erstellung rund 1,9 Milliarden Euro gekostet hat.

Ob diese Rechnung tatsaechlich relevant ist, darueber sind sich die Universitaeten uneins. Die Universitaetsbibliothek der Uni Bonn fuehlt sich nicht dafuer verantwortlich; dies sei die Aufgabe der Fakultaeten. Doch dort werden die Abschlussarbeiten meist nicht katalogisiert, sondern wandern in die Regale der betreuenden Professoren oder sogleich auf den Muell. Ein Fehler? Michael Klein sieht es nicht so ernst. Der 27-Jaehrige schreibt an seiner Diplomarbeit in Mathematik und ist der UEberzeugung, dass Innovationen von den Professoren aufgegriffen werden oder von den Studierenden selbst in einer Promotion weiter verfolgt werden. "In meinem Umkreis interessiert sich keiner fuer eine Publikation, denn es ist eine Geld- und Zeitfrage."

Kleins Fachbereich ist einer von wenigen, die die Arbeiten der Studenten unbegrenzt zugaenglich haelt. "Wir haben alle Arbeiten katalogisiert und fuehren sie in unserem Bestand", sagt Barbara Ballhorn, eine von zwei Bibliothekarinnen des Mathematischen Instituts. In der Psychologie werden die Arbeiten fuenf Jahre lang in der Bibliothek aufbewahrt. "Die Abgabe der Arbeiten in der Bibliothek ist freiwillig und die Arbeiten werden von Studenten regelmaessig ausgeliehen", berichtet die studentische Hilfskraft Inga Niedtfeld.

Dann sind die positiven Nachrichten auch schon ausgeschoepft. Im Philosophischen Seminar faellt die Antwort kurz aus: "Wir katalogisieren die Arbeiten nicht und es ist hier auch kein Diskussionsthema", erklaert Marion Vater, Bibliothekarin bei den Historikern. Die Kunsthistoriker praesentieren Verfasser und Titel der abgeschlossenen Magisterarbeiten auf ihrer Homepage und schaffen dadurch zumindest einen UEberblick ueber ihre Leistungen und Themenschwerpunkte. Ein zentral organisiertes System gibt es jedoch nicht.

Derweil uebernehmen Internetportale den Job der Universitaeten. Eines von vielen ist die 1997 gegruendete Agentur Diplom.de. Mit ueber 8 100 Arbeiten im Angebot - Notendurchschnitt 1,5 - ist diplom.de Marktfuehrer im deutschsprachigen Raum. Die Preise reichen von 24,50 bis 298 Euro pro Arbeit. Das Kundenspektrum ist breit gestreut: Unternehmen aus allen Branchen, Stiftungen und Verbaende, soziale und medizinische Einrichtungen, Hochschulen und Bibliotheken, Studenten und Schueler.
[...]

Frühere Nachweise zum Thema:
http://archiv.twoday.net/stories/145219/
Sportdocpanther meinte am 2005/04/26 10:42:
Marburger u. Potsdamer Pruefungsarbeiten
Was ist eigentlich mit den Prüfungsarbeiten der Archivschule Marburg und der FH Potsdam? Da ist doch sicher auch die ein oder andere Arbeit dabei, die von allgemeinem Interesse ist.
Ich bin sehr dafür, diese - und sei es "nur" als PDF - auch im Web zu veröffentlichen! 
WernerLengger meinte am 2005/06/27 18:33:
Zum Problem der Prüfungsarbeiten
Ergänzend möchte ich auf meinen Kommentar zu dem obenstehenden Bericht "Aufsatz über Prüfungsarbeiten" hinweisen, der auch auf die Bedeutung der universitären Prüfungsarbeiten Bezug nimmt.
Natürlich soll und darf das in den Prüfungsarbeiten dokumentierte Wissen nicht einfach verloren gehen. Insofern ist es durchaus als Missstand zu begreifen, dass bislang noch nirgends der Versuch unternommen wurde, die an einer Universität eingereichten Prüfungsarbeiten systematisch zu erschließen und damit für die Benützung zur Verfügung zu stellen. Einem solchen Vorhaben steht natürlich die schiere Zahl im Wege. Andererseits sind es aber interessanterweise zum Teil auch die Professoren selbst, die einer Archivierung von Prüfungsarbeiten im Wege stehen. So wurde dem Verfasser dieses Kommentars, der sich um ein Konzept für die Archivierung der in dem von ihm betreuten Universitätsarchiv verwahrten Diplomarbeiten aus dem Bereich der Wirtschaftswissenschaften im Umfang von rund 250 lfm bemühte, von der zuständigen Fakultät per einstimmigem Votum des Fachbereichsrats ausdrücklich empfohlen, die Arbeiten komplett zu kassieren. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass die wenigen guten Arbeiten sicherlich längst in irgendeiner Form publiziert worden seien und der große Rest des Aufhebens doch wohl nicht würdig sei. Da hat man als Archivar natürlich schlechte Karten, wenn man bei der Hochschulleitung um zusätzliche Mittel für die Erschließung dieses Bestands ansucht. Wie ich das Problem gelöst habe? 90% der Arbeiten wanderten in den Reißwolf, weil an eine Erschließung unter diesen Umständen nicht zu denken war, und die - zufällig - ausgewählten restlichen 10% werden irgendwann einmal davon berichten, mit welchen Themen sich die Studenten der Wirtschaftswissenschaften an dieser Universität einst beschäftigten. 
 

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