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" .... 3. Anregungen und Denkanstöße: Archive und Web 2.0
Mit den eben genannten bayerischen Richtlinien zur Erschließung ist bereits Pt. 3 angeschnitten. Die Richtlinien sind ein Anstoß für eine moderne, an der archivischen Realität ausgerichtete Erschließung. Es sollen nun abschließend verschiedene Anregungen erfolgen, mit welchen (weiteren) Methoden die Praxis der Erschließung ergänzt und der Erschließungsstand in den Archiven verbessert werden kann bzw. könnte. Zunächst seien Digitalisate und Online-Präsentationen genannt: Bedenkt man, dass mehr und mehr neben den Erschließungsdaten auch die Archivalien selbst im Netz zu betrachten sind, so spielt dann die Intensität der Verzeichnung bei weitem keine so große Rolle mehr. Ein Beispiel: Im bekannten virtuellen Urkundenarchiv 'Monasterium' ( http://www.monasterium.net ), das ja über 190.000 Urkunden bietet, reichen dem Benutzer kurze Angaben zu den Urkunden; die Weiterarbeit kann von zuhause aus am 'Original' erfolgen. Nur durch die Beschränkung auf kurze Angaben (Kurzregesten) sind die derzeit laufenden, umfangreichen Digitalisierungsprojekte der staatlichen Archive Bayerns im Bereich der Urkunden überhaupt realisierbar. Das Stichwort 'Archive und Web 2.0' verweist auf einen Bereich, der leider von vielen Kollegen noch sehr stiefmütterlich beackert oder gemieden wird. Beiträge oder gar Tagungen zum Thema sind eine große Ausnahme. Web 2.0 als Schlagwort für kollaborative und interaktive Elemente bzw. Anwendungen im Netz bietet eine ganze Reihe positiver Effekte auch für kulturelle Einrichtungen. Dies gilt keineswegs nur für die Öffentlichkeitswahrnehmung der Einrichtungen, die Erweiterung des Zielgruppenspektrums oder die Eröffnung neuer Kommunikationswege: Gerade die Teilung bzw. Produktion von Wissen und die 'Kollaboration' bieten auch Raum für Erschließungsleistungen oder die Ergänzung und Anreicherung der vom Archiv zur Verfügung gestellten Metadaten. Vieles befindet sich derzeit in einer Experimentierphase, manches wird im Sinn des 'try and error' zweifellos nicht weiter geführt werden. Als Anwendungen kommen, ohne dass diese Aufzählung abschließend gemeint ist, insbesondere Wikis und andere kollaborative Werkzeuge, Blogs, soziale Netzwerke wie Facebook, Portale für Fotos/Videos u.ä., aber auch neue Kommunikationsformen wie Twitter in Betracht. Zur Verdeutlichung werden mehrere Beispiele angeführt:

* Wiki 'Your archives' der National archives (UK): Der Wiki enthält mehrere Tausend Artikel mit Bezug zur britischen Geschichte sowie mit Bezug zu den Archivalien des Archivs. Er steht unabhängig zum regulären Webauftritt des Archivs; ein Ziel ist, dass die Benutzer des Archivs ihr Wissen über die Archivalien in den Wiki einbringen sollen. ( http://yourarchives.nationalarchives.gov.uk )
* 'Monasterium': Kollaboratives Werkzeug 'MOM CA' (bzw. 'EditMOM') zur (Online-)Bearbeitung von Urkunden. Im Rahmen eines DFG-Projekts ('Virtuelles deutsches Urkundennetzwerk') soll ab dem Spätjahr 2010 'MOM CA' zu einer virtuellen Forschungsumgebung ausgebaut werden, namentlich unter Beteiligung historischer Forschungseinrichtungen sowie einer Reihe von Archiven. Das Werkzeug wird derzeit immerhin bereits an mehreren Universitäten in der Lehre eingesetzt und auch einige Archive arbeiten bereits damit. ( http://www.mom-ca.uni-koeln.de/MOM-CA/start.do )
* Flickr: Flickr ist ein sehr erfolgreiches Portal für die Präsentation und das Teilen von digitalen Bildern. Der Schritt ist dann natürlich nicht weit vom 'Teilen' zur Anreicherung der eingestellten Bilder mit ergänzenden Informationen. Dieses Ziel wird im 'Commons-Projekt' dezidiert verfolgt, das Flickr im Jahr 2008 zunächst mit der Library of Congress gestartet hatte. Zu den Hauptzielen des Projekts, an dem eine ganze Reihe großer Bibliotheken, Archive und Museen teilnehmen (unter den wenigen europäischen Partnern sei wenigstens das Nationalarchiv der Niederlande hervorgehoben), zählt neben der Verbesserung des Zugriffs auf Fotos namentlich auch die Möglichkeit, Informationen und Wissen zu den Fotos beizutragen. Die teilnehmenden Institutionen geben an, dass keine Urheberrechtsbeschränkungen bei den Fotos bekannt sind, eine Garantie bezüglich der Gemeinfreiheit der Fotos ist damit jedoch nicht verbunden. ( http://www.flickr.com/commons/usage/ )
* Kooperation des Bundesarchivs mit Wikimedia: Das Bundesarchiv verfügt über 11 Millionen Bilddokumente, von denen derzeit über 200.000 Stücke im Rahmen eines Bildarchivs im Netz präsentiert werden. Ca. 80.000 Bilder stehen zusätzlich über Wikipedia (Wikimedia Commons) zur Verfügung. Die Zahl der Benutzer hat sich seit Bekanntwerden der Kooperation verdoppelt (!). ( http://commons.wikimedia.org/wiki/Commons:Bundesarchiv/de )
* Schließlich sei noch das soziale Netzwerk Facebook angeführt: Facebook-Auftritte von Archiven nehmen mittlerweile immer mehr zu (dies gilt leider noch nicht für deutsche Archive). Gewichtige Beispiele sind die jeweiligen Nationalarchive von Großbritannien, Australien und den USA (sowie z.B. die nationalen Archive Österreichs, Rumäniens und der Slowakei). Die Netzwerkbildung funktioniert allem Anschein nach gut, die Zahl der 'Freunde' geht teilweise in die Tausende. Solche sozialen Netzwerke erfordern natürlich eine große und auch aktive Nutzergemeinschaft, aber dies scheint zumindest bei größeren Einrichtungen gegeben zu sein. Und so können durch die Benutzer zum Beispiel auch neue Findmittel kommentiert werden, die Nutzer des Archivs diskutieren und informieren sich gegenseitig in eigenen Forschergruppen bzw. umgekehrt: das Archiv stellt die Frage, wer bei der Verzeichnung eines ungewöhnlichen Archivales helfen kann (Beispiel von der Facebookseite des Österreichischen Staatsarchivs: Nachfrage, wer die Wappenabbildung auf einer böhmischen Urkunde des Haus-, Hof- und Staatsarchivs beschreiben kann).

Es gilt für diese Beispiele wie auch sonst: Je umfassender die Archivalien oder zumindest die Findmittel digital und online vorgehalten werden, desto mehr können auch die Benutzer 'helfend' einspringen, die Quellen auswerten und eben die Verzeichnung ergänzen oder verbessern! Eine Gesamtdigitalisierung der Archivalien, wie sie von Vertretern der historischen Fachinformatik für die Zukunft 'gefordert' wird, wird sich nicht realisieren lassen. Und dies ist natürlich nicht der einzige Haken an der Sache. Die meisten genannten Anwendungen beziehen sich auf (archivisches, museales usw.) Sammlungsgut, weit weniger auf das originär provenienzgebundene Archivgut (wie Aktenbestände). Eine gewichtige Frage ist schließlich auch, wie groß der Aufwand ist, den ein Archiv in die neuen Technologien investieren kann und will. Dass sich aber eine verbesserte Erschließung, Aufwand des Archivs und eine gesteigerte Öffentlichkeitswahrnehmung im Sinn des Web 2.0 gut gegeneinander aufrechnen lassen und sich der Aufwand lohnt: dies steht außer Zweifel und macht optimistisch für die Zukunft."

Quelle: Homepage der EDV-Tage Theuern 2010

Link zur Powerpoint-Präsentation des Vortrages (PDF)
 

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