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Dem Vernehmen nach erfolgte die Versteigerung der Zimmern-Handschrift aus dem Brandis-Archiv in Lana mit Zustimmung des italienischen Archivamts. Diese Genehmigung schlägt dem Sinn des Archivalienschutzes, mit dem geschlossene Ensembles (Archive und Archivbestände) vor der Zerstückelung bewahrt werden sollen, ins Gesicht. Denn die verscherbelte literarische Sammelhandschrift, die von der Staatsbibliothek zu Berlin erworben werden konnte - siehe http://archiv.twoday.net/stories/8470214/ - war kein beziehungsloses Einzelstück, das es in das Adelsarchiv der Grafen von Brandis im Südtiroler Lana verschlagen hat. Sie gehörte vielmehr zu einer schützenswerten Gesamtheit, nämlich dem Nachlass des Juristen Christoph Mellinger.

Ich stütze mich auf Jacob Klingner: Geborgene Schätze. Handschriftenfundstücke aus dem Familienarchiv der Grafen Brandis auf der Leonburg, in: ARX. Burgen und Schlösser in Bayern, Österreich und Südtirol 30 (2008) H. 1, S. 1-10.

[Update: online http://www.gs.uni-hd.de/md/neuphil/gs/personen/klingner_geborgene_schaetze_2008.pdf ]

„Es ist ärgerlich, mit welcher Impietät man
immer noch und auch heute zu Tage mit derlei
Sammlungen umgeht, in wie wenig Familien jemand
ist, der auf Familien-Erinnerung etwas hält
und nicht lieber der sogenannten Narren spottet,
die auf derlei Dinge, die kein Geld eintragen, noch
etwas ausgeben.“ Klemens Graf Brandis (1798–1863),
einer der „Väter“ des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum
in Innsbruck (Brief 1844, zitiert ebd., S. 3).

Klingner stellte drei bemerkenswerte Handschriften vor, die aus dem Nachlass des Juristen Dr. Christoph Mellinger (†1577) an die Familie Brandis gefallen sind:

"Der gebürtige Tiroler Mellinger hatte in Tübingen,
Ingolstadt und Freiburg studiert. Danach arbeitete
er in verschiedenen Funktionen in der Reichs- und
Landesverwaltung. Von 1548 bis 1555 war er als
vom Reichskreis Österreich entsandter Beisitzer
am Reichskammergericht in Speyer tätig. Für Kaiser
Ferdinand I. fungierte er in den kommenden
Jahrzehnten als „Besonderer Kommissar“, d. h. als
Gesandter und Unterhändler in einer Reihe juristischer
Fragen. Für 1567 und 1570 ist er als Mitglied
im Regentschaftsrat des Tiroler Landesfürsten
Erzherzog Ferdinand II. in Innsbruck belegt. Auch
die Familie Brandis stellte zu dieser Zeit Mitglieder
des Regentschaftsrates, unter anderem Anton von
Brandis (1531–1601). Nach Mellingers Tod nahm
die gräfliche Familie schriftliche Nachlassstücke in
ihr Familienarchiv auf (in der heutigen Signaturenreihe
die Nummern XXIII D 1 bis XXIII D 46).

Es handelt sich zum größten Teil um ungebundene
Blätter bzw. zusammengeheftete Faszikel, die mit
Mellingers Beruf in Verbindung zu bringen sind:
Abschriften von Urteilen, Dekreten, Urkunden und
Petitionen, Berichten und Protokollen – überwiegend
in Latein, aber auch in Deutsch und Italienisch
und teilweise von Mellingers Hand." (S. 4)

Das erste Fundstück ist die von Klingner in der ZfdA 2008 ausführlich gewürdigte deutschsprachige Sammelhandschrift, die bei Christie's versteigert wurde. 1553 schenkte sie Kammerrichter Wilhelm Werner von Zimmern an Mellinger.

Bei der zweiten Handschrift handelt es "sich um eine schmale, eher kleinformatige (20 x 16 cm) Pergamenthandschrift (Signatur
XXIII D 32). Sie enthält einen italienischen Text,
eine Trostrede, die ein Geistlicher namens Francesco
Calori (bzw. Franciscus Calorus) verfasst hat.
Adressatin ist Bianca Maria Sforza (1472–1510),
zweite Gemahlin von Kaiser Maximilian I." (S. 7)

Das dritte Stück ist ein Faszikel von 18 Folioblättern (Signatur XXIII D 38), eine Darstellung „Der Befürssten Graven zw Hennenberg herkonfft“ aus der Feder des Schleusinger Beamten Sebastian Glaser (1520-1577), vermutlich 1549 zu datieren.

Foto: Dietrich Krieger http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de
 

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