Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Bei jeder Archivbenutzung darf ich unterschreiben, dass ich die Persönlichkeitsschutzrechte der Betreffenden nicht verletze. Dies gilt auch für Menschen, die bereits verstorben sind. Welche Schutzrechte dies genau sind, wird auf den Formularen nicht aufgeführt. Ein Blick in Wikipedia

http://de.wikipedia.org/wiki/Pers%C3%B6nlichkeitsrecht_(Deutschland)

lehrt, dass diese Rechte weitgehend von der Rechtsprechung entwickelt wurden und reichlich umfangreich sind.

Unproblematisch und selbstverständlich erscheint mir, dass auch ein Verstorbener "Rechte der persönlichen Ehre" besitzt und dass sich eine Verleumdung schon aus Gründen des persönlichen Anstands verbietet. Die im Wikipedia-Artikel aufgenommene "Namensnennung im Zusammenhang mit Straftaten" wird wahrscheinlich nicht so gemeint sein, dass ich über strafrechtliche Verurteilungen wegen Betrugs nicht berichten darf?

Laut Wikipedia gehört auch der Schutz der Privat-, Geheim- und Intimsphäre, also der abgeschirmten Bereich persönlicher Entfaltung (Bsp.: ärztliche Krankenblätter) zu den Persönlichkeitsrechten. Inwieweit hat dieser Schutz auch nach dem Tod noch Geltung? Tauchten beispielsweise irgendwelche Krankenblätter von Adolf Hitler auf, könnten dann diese aus oben genannten Gründen nicht veröffentlicht werden? Und wenn doch: Kann ich auch aus den psychiatrischen Krankenakten des Geschäftsführers eines größeren Unternehmens zitieren, der 1959 verstarb?

Und was ist mit Erkenntnissen aus Spruchkammerakten? Sind diese nach dem Tod des Betreffenden uneingeschränkt zitierfähig oder gibt es Grenzen - wenn ja, welche?

Kann mir jemand Antworten geben - oder Hinweise, wo Antworten zu finden sind?

Freundliche Grüße

Paul Kaiser
Wolf Thomas (Gast) meinte am 2012/06/27 13:21:
Erste weiterführende Hinweise vielleicht hiers:
1) http://archiv.twoday.net/search?q=postmortal+pers%C3%B6nlichkeitsrecht
2) http://de.wikipedia.org/wiki/Postmortales_Pers%C3%B6nlichkeitsrecht 
Murke (Gast) meinte am 2012/06/27 14:06:
Hinweis
Ob Ihnen der Leidensgenosse bei Ihren Fragen weiterhelfen kann, weiß ich nicht, aber vielleicht setzen Sie sich mit ihm ins Benehmen:

http://www.mops-block.de/bl-tagebuch/130-facta-bruta.html
http://www.mops-block.de/bl-tagebuch/136-duesseldorf.html 
KlausGraf meinte am 2012/06/27 15:35:
Persönlichkeitsrecht verblasst
Mit dem Tod endet der Datenschutz. Das Recht am eigenen Bild endet 10 Jahre nach dem Tod. "Die vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts erlöschen mit Ablauf von zehn Jahren nach dem Tod des Rechtsträgers."
http://medienrechtblog.wordpress.com/page/2/

Auch die archivischen Schutzfristen (10 bzw. 30 Jahre nach dem Tod) geben einen Anhaltspunkt.

"Der „Mephisto Entscheidung“ zufolge erlischt das Persönlichkeitsrecht mit dem Tod des Rechtsträgers und lediglich Beeinträchtigungen seiner Persönlichkeit, die sich als Menschwürdeverletzung darstellen, sind unzulässig, soweit die Erinnerung an den Verstorbenen noch nicht verblasst ist." (ebd.)

http://de.wikipedia.org/wiki/Mephisto-Entscheidung

Wenn das Zitat aus psychiatrischen Krankenakten, sofern diese zugänglich sind, nicht bloß der Verleumdung dient, sondern einen wissenschaftlichen oder anerkannten publizistischen Zweck verfolgt, sollte man keine Befürchtungen haben.

Selbst bei Lebenden muss die Veröffentlichung wahrer Tatsachen durch die Presse in der Regel hingenommen werden. Das Rehabilitationsinteresse eines Straftäters erlischt verständlicherweise mit seinem Tod.

Jede wissenschaftliche Allgemeinbibliothek enthält ein Regal im Lesesaal zum Presse- bzw. Medienrecht, wo ausführlich Fragen des Persönlichkeitsrechts besprochen werden.

Entscheidend ist, ob irgendwelche Angehörigen gegen die Aussagen vorgehen - das Archiv will sich bloß absichern. Nur in Ausnahmefällen wird es gegen einen Benutzer vorgehen, der aus seiner Sicht Persönlichkeitsrechte verletzt hat, siehe auch

http://archiv.twoday.net/stories/2939190/ 
Faszikel meinte am 2012/06/27 16:02:
Persönlichkeitsrechte "Betroffener" - aber wer ist betroffen?
Wie die Kommentare zeigen, verblasst der Persönlichkeitsschutz nach dem Tod zunehmend (deshalb wenden die Archivgesetze eine Schutzfrist von 10-30 Jahren nach Tod des Betroffenen an). Die gefragten Spruchkammerakten sind wohl inzwischen durch das Alter zunehmend unproblematisch (obwohl ich einen Fall erlebt habe, wo im Gespräch beim Benutzerantrag sich herausstellte, dass die Einsicht für eine Festschrift zum 100. Geburtstag des Betroffenen dienen sollte).
Das vielleicht bessere Beispiel Akten der Justiz ("Namensnennung im Zusammenhang mit Straftaten") führt mich noch zu einem Hinweis, vielleicht - weil logisch - überflüssig, aber hier doch mal: Selbst wenn z.B. ein Angeklagter 10 Jahre tot ist, können in "seinem" Akt durchaus Aussagen vorkommen, deren Zitat sehr wohl noch Persönlichkeitsrechte ANDERER berührt (man denke z.B. an einen Vergewaltigungsfall, es könnte sowohl das Opfer als etwa auch ein aus der Tat hervorgegangenes Kind leben!). Das macht nicht nur Akten, sondern auch manche Findbücher mit intensiver Verzeichnung zu "gesperrten", und andererseits verbergen sich mitunter hinter harmlos klingenden Verzeichnungen hinsichtlich des Persönlichkeitsschutzes durchaus brisante Inhalte... 
Paul Kaiser antwortete am 2012/06/27 17:34:
Danke für die freundlichen Hinweise und Ausführungen. Der Bericht über das Düsseldorfer Archiv ist wahrhaft köstlich geschrieben. Unterm Strich muss ich mir bei meinem Vorhaben wohl nicht allzu viele Sorgen machen: Die mir vorliegenden psychiatrischen Unterlagen sind 68 Jahre alt - und die Auswertung der Spruchkammerakten wird ohnehin wissenschaftlich-zurückhaltend erfolgen. Danke sehr!

Paul Kaiser 
Wolf Thomas antwortete am 2012/06/27 18:55:
Betroffene bitte beachten
Aus einem mir vorliegenden archivrechtlichen Würdigung zur Verwendung von Klarnamen von Euthanasie-Opfern:
".... Aber auch nach Ablauf der Schutzfristen ist über die Generalklausel des § 6 Abs. 2 Nr. 3 ArchivG NRW die Nutzung "ganz oder für Teile des Archivguts zu versagen, wenn schutzwürdige Belange Betroffener oder Dritter beeinträchtigt würden." Wenn bei den Verstorbenen etwa Erbkrankheiten festgestellt wurden, würde bei einer Verwendung von Klarnamen durch weitere Recherchen eine Brücke zu lebenden Angehörigen geschlagen werden können, die sich in ihren schutzwürdigen
Belangen durchaus beeinträchtigt fühlen könnten. In solchen Fällen bedürften Sie in jedem Fall der Erwilligung einschlägiger Angehöriger. Wenn keine Erbkrankheiten vorliegen, könnte freilich wegen des langen zeitlichen Abstandes ein rechtserhebliches persönliches Interesse der Angehörigen an der Wahrung der Anonymität der Toten schon zu verneinen sein. ...." 
Robert Parzer (Gast) antwortete am 2012/06/29 15:30:
Betroffene...
Das ist sehr interessant. Könnten Sie die Quelle der Würdigung mitteilen? 
 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma