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Zu meiner Auskunftsklage, siehe zuletzt

http://archiv.twoday.net/stories/219044892/

erhielt ich unzureichende Antworten, verbunden mit dem Angebot, das vom Oberbürgermeister telefonisch bereits signalisiert worden war, dass die Hansestadt Stralsund, wenn ich die Klage für umfassend erledigt erkläre, die Kosten übernehmen würde. Da ich aber mit der anhaltenden Geheimnistuerei der Stadt nicht einverstanden bin, teilte ich dem VG Greifswald soeben mit, dass ich die Klage aufrecht erhalte.

2 B 1626/12

I.

Eine Erledigungserklärung kann nicht abgegeben werden, auch wenn einzelne Fragen durch das Schreiben der Hansestadt Stralsund vom 6. Dezember 2012 erledigt sind. Für die nicht beantworteten Fragen wird die Klage in vollem Umfang aufrechterhalten.

Zu den Fragen im einzelnen:

1. Frage:

Diese Frage zielte auf den Kaufpreis und wurde nicht beantwortet, da angeblich schutzwürdige Interessen “zumindest eines Vertragspartners” gegeben seien.

Von einer relevanten Abwägung “aller betroffenen Interessen” kann keine Rede sein, da die Abwägung nicht dokumentiert ist und sich einer Überprüfung daher entzieht. Welche konkreten Wettbewerbsnachteile der Käufer durch eine Offenlegung erleidet, hätte ausgeführt werden müssen.

“Allerdings ist die Hansestadt Stralsund Spekulationen in der Presse über den Kaufpreis, die auch auf ‘Archivalia’ veröffentlicht wurden, nicht entgegengetreten.”

Daraus kann jeder nur den Schluss ziehen, dass der Betrag von 95.000 Euro offenkundig zutrifft. Eine Berichterstattung aufgrund von Spekulationen wird von der Gegenseite einer seriösen Berichterstattung befremdlicherweise vorgezogen. Nachdem der Kaufpreis bekannt ist, besteht kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse mehr.

2. Frage

Diese Frage zielte auf die Mitteilung der vertraglichen Vereinbarung mit dem Käufer und wurde nicht beantwortet. Wie zu Punkt 1 vermisst man jegliche konkrete und nachvollziehbare Interessensabwägung.

3. Frage

Gefragt war nach der genauen Begründung in der nicht-öffentlichen Sitzung. Diese Frage wurde nicht beantwortet, da der Wortlaut der Vorlage durch ein zusammenfassendes Referat in indirekter Rede ersetzt wurde, was eine detaillierte Überprüfung der Begründung verunmöglicht.

4. Frage

Da es keine Liste der verkauften Bücher gab, die dem Gremium vorgelegt wurden und derzeit aufwändige und zeitintensive Ermittlungen dazu stattfinden, ist die Frage ausreichend beantwortet und wird von mir für erledigt erklärt.

5. Frage

“Wurde bei den Verkäufen aus dem Bestand Gymnasialbibliothek geprüft, ob Bücher von Zacharias Orth darunter waren”. Antwort: “Eine Antwort auf diese Frage ist derzeit unmöglich, da sie Bestandteil einer tiefgehenden Prüfung des gesamten Vorgangs ist.” Diese Antwort ist offensichtlich fehlerhaft, da meine Frage auf einen abgeschlossenen Vorgang, nämlich die Entscheidungsfindung hinsichtlich des zurückbehaltenen Bestands zielte. Ich gehe davon aus, dass die Hansestadt Stralsund in der Zwischenzeit aus der gesamten Verwaltung alle schriftlichen Unterlagen zu der Affäre zusammengezogen hat und ohne weiteres eine Antwort “Nach den uns vorliegenden Unterlagen gibt es keine Anhaltspunkte für eine Berücksichtigung der Provenienz Zacharias Orth im Sinne einer Erwähnung des Namens” geben könnte. Es wäre zwischenzeitlich auch ohne weiteres möglich gewesen, die an der Aussonderung beteiligten Mitarbeiter des Stadtarchivs eine dienstliche Erklärung abgeben zu lassen, ob eine Prüfung auf Orth-Provenienz erfolgte. Da die Antwort jeweils nur ja oder nein lauten könnte, wäre eine Antwort sehr wohl möglich und eine solche Befragung auch geboten gewesen.

Diese Frage ist nicht erledigt.

6. Frage

Diese Frage wurde fast als einzige korrekt beantwortet, wenngleich dahingestellt bleiben mag, ob sie wahrheitsgemäß beantwortet wurde, da die nach Angaben der Stadt nach wie vor vorhandenen Postinkunabeln von 1511 und 1513 nun einmal keine Inkunabeln sind. Die Frage wird für erledigt erklärt.

7. Frage

Da nach meiner Schätzung maximal 100-300 Titel aus der Gymnasialbibliothek im Sommer zurückblieben, die zudem noch geschlossen unter der Signatur Gy aufgestellt waren, leuchtet nicht ein, wieso eine Antwort auf diese Frage nicht möglich sein soll. Die Frage ist nicht beantwortet.

8. Frage

Soweit die Stadt ausschließt, dass Drucke der Löwenschen Bibliothek im Zusammenhang mit der Veräußerung des Teilbestands der Gymnasialbibliothek angeboten wurden, kann das zutreffen. Der pauschale Verweis auf das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren befreit die Hansestadt Stralsund nicht von der Pflicht, wahrheitsgemäß und umfassend zu antworten, soweit dies möglich ist. Zu den Gründen und Kriterien der Auswahl gilt das zu Frage 5 Ausgeführte. Die Frage ist nicht korrekt beantwortet worden.



9. Frage

Soweit die Hansestadt Stralsund eine Auskunft zum jetzigen Zeitpunkt zum Türkenkriegsdruck, der nach http://archiv.twoday.net/stories/219045911/ die Signatur “B 8̊ 1327 Inkunabel” trug, für unmöglich erklärt, ist das offensichtlich eine Ausflucht. Der erste Teil der Frage ist eine eindeutige Sachfrage über den aktuellen Bestand des Stadtarchivs, während für die Frage nach dem Grund das zu den Fragen 5 und 8 Ausgeführte gilt. Die Frage wurde nicht beantwortet.

10. Frage

Die Antwort lautet: “Die alleinige Zuständigkeit und Fachkompetenz der Mitarbeiter des Stadtarchivs wurde nicht in Zweifel gezogen. Ebenso wenig die fachlich korrekte Vorbereitung der Veräußerung. Es hat sich zwar im Nachgang bestätigt, dass es dort zu fachlichen Fehleinschätzungen kam. Aufgrund der großen Reputation des Stadtarchivs wurde die Einbindung externer Fachleute von den weiteren an dem Vorgang Beteiligten aber nicht für erforderlich erachtet”. Die Frage ist damit für mich ausreichend beantwortet und damit erledigt.

Erledigt sind damit nur die Fragen 4, 6 und 10.

II.

Soweit das Gericht Zweifel hat, dass Archivalia ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot ist, weise ich auf Folgendes hin:

- Da hier das Wächteramt der Presse betroffen ist, ist eine am Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 GG) orientierte Sichtweise geboten, die es ausschließt, dem Kriterium “redaktionell” einen eigenen Regelungsgehalt zuzuweisen, der im vorliegenden Fall dazu führen würde, einen Auskunftsanspruch zu verneinen.

- Frühere Rechtsprechung grenzte redaktionelle Gestaltung von der Werbung ab:
http://www.linksandlaw.de/news783-journalistisch-redaktionelle.htm

- Eine mehrköpfige Redaktion ist nicht erforderlich, wenn es um die Meinungsbildung geht. Auch der Selbstverleger ist Destinatär der Pressefreiheit (so schrieb Johann Gottfried Pahl seine “Nationalchronik” um 1800 fast ausschließlich selbst).

- Selbstverständlich werden in Archivalia (und zwar nicht nur von mir) Meldungen aus einer Vielzahl von Quellen gezielt ausgewählt und redaktionell (durch Kürzung oder Kommentierung) bearbeitet.

- Wenn eine Reihe von Pressemitteilungen einer Anwaltskanzlei, die womöglich auch nur von einem einzigen damit betrauten Anwalt geschrieben werden, ein redaktionell-journalistisches Angebot ist (was das OLG Bremen bejahte), dann Archivalia erst recht.

- Die Pflichten eines verantwortlichen Redakteurs habe ich wahrgenommen, als ich bei einem vor dem AG Regensburg vor einigen Jahren geschlossenen Vergleich die redaktionelle Verantwortung für einen von einem anderen Archivalia-Mitarbeiter geschriebenen Beitrag (Wiedergabe eines Leserbriefs mit despektierlicher Betreffzeile) übernommen habe.
 

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