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Anders als die Bibliotheksfunktionärin Beger und der - diesbezüglich traut mit ihr vereinte - Börsenverein angeben, ist es zulässig, Verlagspublikationen zu scannen und online zugänglich zu machen, wenn der Autor der Rechteinhaber des Textes ist und dem Repositorium (IR) ein einfaches Nutzungsrecht überträgt.

Dies hat Steinhauer
http://bibliotheksrecht.blog.de/2007/02/13/s_38_urhg_scannen_der_originale~1733415
überzeugend dargelegt. Siehe auch:
http://archiv.twoday.net/stories/4552355/
http://archiv.twoday.net/stories/3318179/

Es existiert außerhalb des Urheberrechts kein Leistungsschutzrecht der Verlage, das es verbietet, einen Text in der Form der Verlagspublikation ohne Erlaubnis des Verlags zugänglich zu machen, wenn für den Text selbst die Erlaubnis des Autors als Rechteinhaber vorliegt.

Anders als in Großbritannien (und wenigen weiteren EU-Ländern), wo Verleger ein 25-jähriges Schutzrecht an ihren typografischen Gestaltungen haben, gibt es im deutschsprachigen Rechtsraum keinen Schutz des Drucksatzes. Hierüber informiert gründlich und zuverlässig die Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsschutz_von_Schriftzeichen

Aus diesem Artikel geht auch hervor, dass ein ergänzender wettbewerbsrechtlicher Schutz nicht besteht (Rechtsprechung zu Reprints). Zwischen einem nicht-kommerziellen Repositorium und einem Verlag besteht ohnehin kein Wettbewerbsverhältnis.

Im wissenschaftlichen Bereich darf man getrost davon ausgehen, dass das Layout einer Veröffentlichung urheberrechtlich nicht geschützt ist. Allein einem typografisch und gestalterisch außergewöhnlich gestalteten Bildband hat ein Gericht den Urheberrechtsschutz zugesprochen:
http://www.law-blog.de/110/layout-und-schutzfahigkeit/

Rein handwerkliche Leistungen im Bereich der angewandten Kunst sind nach herrschender Meinung nicht schutzfähig.

Vielfach werden wissenschaftliche Veröffentlichungen vom Autor oder einem Mitarbeiter (Sekretärin) der ihn beschäftigenden Institution mit fertigem Layout beim Verlag abgeliefert. Hier kann der Verlag ohnehin keine Rechte geltend machen.

Normalerweise werden wissenschaftliche Veröffentlichungen heutzutage nicht mehr im traditionellen Sinn lektoriert, aber selbst wenn das der Fall sein sollte, kann man davon ausgehen, dass der Lektor nicht zum Miturheber wird, dass also seine Änderungen unterhalb der Schwelle der Schöpfungshöhe bleiben.

Für Fußnotenvereinheitlichungen und vergleichbare Redaktionsarbeiten kann ebenfalls kein Schutzrecht in Anspruch genommen werden.

Vom Verlag erstellte Buchregister können unter Umständen urheberrechtlich geschützt sein.

Bei Abbildungen, bei denen die Rechte definitiv dem Verlag zustehen (z.B. von einem Verlagszeichner angefertigten Illustrationen), wird man in den meisten Fällen darauf verweisen können, dass die Abbildungen keine bloße Illustration darstellen, sondern als Bildzitat gemäß § 51 UrhG (wissenschaftliches Großzitat) gerechtfertigt sind.

Mit Blick auf das Markenrecht wird man jede Präsentation im IR zu vermeiden haben, die einer Herkunftstäuschung gleichkommt. Es darf also nicht der Eindruck entstehen, es handle sich um ein Angebot, das dem Verlag zuzuschreiben ist. Dies könnte gewerbliche Anzeigen betreffen, die aus dem Scan entfernt werden sollten.

Da der Inhaber der Online-Nutzungsrechte im hier besprochenen Fall der Autor ist, wird man die unzutreffenden Copyright-Vermerke auf den Startseiten der Verlags-PDFs zu entfernen haben.

Sofern für den Autor und die Bibliothek keine wirksamen vertraglichen Bindungen bestehen, darf jede beliebige Vorlage, also auch das Verlags-PDF, ins IR eingestellt werden. Die Bibliothek ist dem Verlag keine Rechenschaft schuldig, wie sie an das betreffende Dokument gelangt ist. Eine lückenlose Nachbildung eines nicht bestehenden ausschließlichen Nutzungsrechtes durch lizenzrechtliche Gestaltungen ist nicht möglich. Es ist nicht damit zu rechnen, dass Verlage in größerem Umfang sich auf angebliche lizenzrechtliche Verstöße stützen werden, insbesondere, wenn die Bibliotheken versichern, sie hätten das Verlags-PDF vom Autor erhalten. Wenn dieser wiederum beteuert, er habe das PDF von einem Kollegen erhalten, an dessen Namen er sich leider nicht mehr erinnern könne, ist kein Ansatzpunkt gegeben, vermeintliche vertragliche Bindungen ins Feld zu führen.

Bei Entnahmen aus großen Artikelvolltextdatenbanken ist § 87e UrhG zu beachten, die alle Lizenzbestimmungen für unwirksam erklärt, die die Entnahme unwesentlicher Teile der Datenbank verbieten. Siehe auch
http://bibliotheksdienst.zlb.de/2002/02_03_06.pdf

Fazit: Das Scannen der Verlagspublikation oder Verwenden von Verlags-PDFs von wissenschaftlichen Arbeiten, bei denen der Autor einem IR ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt hat, ist ein juristisch weitgehend unvermintes Gelände, da in der Regel keine Rechte des Verlags verletzt werden. Dass die Verlage das anders sehen und auf eine FUD-Strategie setzen, sollte niemand schrecken.

Nachtrag: Ohne meinen Beitrag zu verlinken, hat sich Steinhauer unter Bezugnahme auf einen Aufsatz des damaligen Justiziars des Börsenvereins des Themas nochmals angenommen und kommt im wesentlichen zum gleichen Ergebnis wie ich: kein eigenes Leistungsschutzrecht des Verlegers!
http://bibliotheksrecht.blog.de/2008/01/16/verlegerrecht_und_layout_schutz~3584078

Nachtrag: http://archiv.twoday.net/stories/75231794/
 

twoday.net AGB

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