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Stevan Harnad propagiert, unterstützt von Peter Suber, das obligatorische Einstellen von Eprints in Repositorien, die vom Verleger nicht oder noch nicht freigegeben sind, mit einem Button, der es Dritten erlaubt, eine elektronische Kopie vom Autor anzufordern. Die Eprints sind öffentlich nicht zugänglich, aber der Autor hat die Möglichkeit, nach Erhalt einer entsprechenden automatisch versandten Mail, die Weitergabe zu veranlassen (oder zurückzuweisen).

Siehe die Diskussion zu Plan B bei der Rücknahme des NIH-Mandats:
http://listserver.sigmaxi.org/sc/wa.exe?A1=ind08&L=american-scientist-open-access-forum&F=l

Die Vorteile liegen auf der Hand:

* Die Lösung akzeptiert die Embargo-Fristen der Verleger. Die Beiträge werden erst öffentlich zugänglich gemacht, wenn das Embargo abgelaufen ist.

* Die Lösung nimmt dem Wissenschaftler die Angst, gegen die Rechte der Verleger zu verstoßen.

* Die Lösung füllt die Repositorien, wenn man sie als verpflichtende Regelung einführt.

* Für den Erhalt einer Kopie bedarf es nicht der Kenntnis der Mailadresse des Autors (nicht alle Zeitschriften geben diese bekannt). Besteht die Möglichkeit, eine Nachricht dem Autor zu übermitteln, hat das den Vorteil, dass eine Kontaktaufnahme mit ihm rasch erfolgen kann.

Die gravierenden Nachteile werden von Harnad und Suber unterdrückt.

* Es gibt keine empirische Untersuchung über den Erfolg der seit wenigen Jahren verfügbaren Buttons (Request Copy bei DSpace, Request Eprint bei Eprints). Meines Wissens gibt es nur wenige Repositorien, die diese Buttons einsetzen.

http://si-pddr.si.edu/dspace/handle/10088/2682
Beim Versuch, den 1997 bei einem grünen ROMEO/SHERPA-Verleger (!) erschienenen Artikel aufzurufen, erhält man ein Anforderungsformular.

http://www.archipel.uqam.ca/930/

"Demande de copie"

Es ist bekannt, dass das Repositorium der Universität Minho den DSpace-Button einsetzt.

Zum Züricher ZORA-Button siehe
http://archiv.twoday.net/stories/5173851/

* Ob der Anforderer eine Kopie erhält, hängt von der Willkür des Autors ab.

Am 7. September habe ich bei 6 ZORA-Eprints den Button betätigt, einen Tag später kam ein PDF. Von 6 Anfragen wurden also 5 nicht erfüllt.

Der Wunsch nach dem Smithsonian-Artikel wurde umgehend von einer Bibliothekarin erfüllt. Auf den Hinweis, dass es sich um einen grünen Verleger handle, erhielt ich die Antwort, man werde die veröffentlichte Version wohl weiter unter Verschluss halten müssen, da nur die "final manuscript version" frei sei.

http://www.sherpa.ac.uk/romeo.php?search=01480227&jrule=ISSN

Ist der Anfordernde dem Autor nicht persönlich bekannt, ist die Wahrscheinlichkeit nicht gering, dass er dem Versand nicht zustimmt. Persönliche Sympathie und Antipathie bei der Nutzung des Buttons sind nicht auszuschließen. Der Anfordernde muss als Bittsteller auftreten.

Ebensowenig wie "Fernleihe" etwas mit Open Access zu tun hat, hat es der Request-Button. Die Erfolgsquote der Fernleihe dürfte höher sein und inzwischen ist zum mindestens in Deutschland bei modernen Zeitschriftenartikeln eine Erledigung innerhalb weniger Tage Standard.

* Der Button funktioniert nicht, wenn die Mailadresse des Autors sich ändert oder dieser nicht mehr erreichbar ist (z.B. weil er verstorben ist)

Das Smithsonian-Beispiel betrifft einen Artikel von 1997, und es gibt genügend Verleger, die kein befristetes Embargo haben, sondern dauerhaft gegen "Open Access" sind.

Nach längerer Zeit wird es also eine erhebliche Anzahl "verwaister Artikel" geben.

* Der Button kann gegen nationale Urheberrechte verstoßen.

Ich werde im folgenden zu zeigen versuchen, dass er gegen deutsches Recht verstößt.

(1) Der Button ist nur erforderlich, wenn der Verleger ein ausschließliches Nutzungsrecht erworben hat. Verfügt der Verlag nur über ein einfaches Nutzungsrecht, kann der Autor ohne weiteres den Eprint "Open Access" einbringen.

Zur Rechtslage siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2962609/

In den meisten Fällen wird bei Zeitschriftenartikeln der Fall des § 38 UrhG gegeben sein, dem zufolge nach einem Jahr das ausschließliche Recht des Verlegers auf Vervielfältigung und Verbreitung endet:

http://archiv.twoday.net/stories/5075564/

Da die Online-Veröffentlichung aber unter öffentliche Wiedergabe fällt, ist sie nach meiner Rechtsauffassung bereits unmittelbar nach Erscheinen vom Autor bewirkbar.

Denkbar ist auch, dass ein Verleger kein ausschließliches Nutzungsrecht hat, aber trotzdem auf einem 2-Jahres-Embargo besteht. Wenn ein Autor dies aus Courtoisie respektieren möchte, ist die Nutzung der "immediate deposit/optional access"-Strategie (Suber) natürlich möglich, wenngleich rechtlich nicht erforderlich.

Es kann freilich andere nicht -urheberrechtliche Gründe geben, wieso Autoren veröffentlichte Artikel nicht frei im Repositorium haben möchten. Aus der Sicht von "Open Access" sind diese aber zurückzuweisen. Auch wenn es mühsam ist kann sich ja jeder - ggf. durch Erwerb des Zeitschriftenheftes - anderweitig die Kenntnis des Artikels verschaffen.

(2) Weder § 52a noch § 53a UrhG liefern eine Berechtigung für den Button.

§ 52a ist für kleine Forschergruppen bestimmt und ermöglicht die Digitalisierung und das Bereithalten von Zeitschriftenartikeln auf einem Server. Kann aber jeder einen Artikel anfordern, ist der Personenkreis nicht mehr bestimmt abgegrenzt.

§ 53a UrhG hindert eine Bibliothek daran, die bisherige Praxis des Versands elektronischer Kopien weiterzuführen. Es gilt als sicher, dass eine Bibliothek Kopien geschützer Artikel nicht auf Vorrat auf einem eigenen Server lagern darf.

Eine Bibliothek darf also nicht Arbeiten beliebiger Dritter scannen und mittels Button auf Einzelanforderung zugänglich machen.

(3) Gegen einen privaten Request-Button wurden von einer deutschen Rechtsanwältin urheberrechtliche Bedenken geäußert.

Interessant ist die Lektüre dieses Forumsbeitrags:

http://www.frag-einen-anwalt.de/Digitale-Kopien-wissenschaftlicher-Artikel__f18209.html

Jemand wollte für seine wissenschaftliche Publikationsliste einen Mailanforderungsbutton realisieren. Die Rechtsanwältin sah darin einen Eingriff in die Rechte des Verlags, falls er ausschließliche Rechte übertragen hatte.

(4) Zwischen der zulässigen Auftragskopie nach § 53 UrhG und dem Verbreitungsrecht des Verlags besteht ein grundsätzliches Spannungsverhältnis.

Das Urheberrecht erlaubt in § 53 UrhG, dass Kopien, die nach dieser Vorschrift zulässig sind, auch von anderen (bei digitalen Kopien unentgeltlich) hergestellt werden dürfen. Auf vergleichbare Regelungen in anderen Ländern bezieht sich auch die Rechtsauskunft von Oppenheim (UK):

http://www.library.yale.edu/~llicense/ListArchives/0705/msg00111.html

Wenn ich also einen Wissenschaftler anschreibe und ihn bitte, mir unentgeltlich eine digitale Kopie eines Artikels, von dem ich weiss, dass er über ihn verfügt (es braucht nicht nur ein eigener zu sein), zu übersenden, dann ist das als Auftragskopie auch zulässig, wenn keine persönliche Verbundenheit besteht. Mein Kopierwunsch muss lediglich nach § 53 UrhG zu rechtfertigen sein (z.B. wissenschaftlicher Zweck). Das ist auch der Meinungsstand meines Beitrags über § 53a UrhG:

http://archiv.twoday.net/stories/4056977/

"Ein privater Eigentümer eines Kunstwerks wird von einem Kunsthistoriker um eine Abbildung gebeten. Da es sich um Forschungszwecke handelt, ist § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG gegeben. Dem Kunsthistoriker ist die Vervielfältigung zuzurechnen, die auch durch einen anderen erfolgen darf. Da der Eigentümer selbst kein öffentliches Angebot macht, ist bei der Übermittlung nicht das Verbreitungsrecht tangiert. Beschränkungen hinsichtlich der Form der Übermittlung bestehen nicht.

Ein Wissenschaftler A bietet einen ihm nicht persönlich bekannten Berufskollegen B um den Scan eines Aufsatzes, von dem er annimmt, dass B über eine Kopie verfügt. B darf die aufgrund § 53 UrhG erstellte Kopie nicht verbreiten. Soweit er sich nicht öffentlich im Internet bereiterklärt hat, Fachkollegen auf Anforderung Aufsätze aus seiner Bibliothek zu kopieren, ist eine persönliche Verbundenheit (Verwandtschaft, Freundschaft, Bekanntschaft) nicht erforderlich, denn es liegt kein Verbreitungsakt vor. Auch hier bestehen keine Beschränkungen hinsichtlich der Form der Übermittlung, da § 53 Abs. 2 Nr. 1 UrhG kein Verbot der digitalen Nutzung vorsieht."

Nun betrachten wir aber folgenden Fall: Jemand schreibt auf seine Homepage: "Ich habe hier MP3-Dateien der neuesten Madonnasongs. Wer will kann mir eine Mail schreiben und kriegt sie dann kostenlos per Mail". Im Prinzip ist das das gleiche wie der hier erörterte Button. Trotzdem würde die Ankündigung auf der Homepage als öffentliches Angebot und Inverkehrbringen nach § 17 UrhG gewertet werden. Für einen Eingriff in die ausschließlichen Rechte des Verlags kann auch das Angebot an eine Einzelperson genügen (Schricker, UrhG 3. Aufl. § 17 Rz. 11).

Es unterliegt also keinem Zweifel, dass das Angebot, digitale Eprints an beliebige Dritte nach Anforderung zu versenden, in das Verbreitungsrecht des Verlags eingreift. Dies gilt auch dann, wenn der Wissenschaftler eine Prüfung der Anforderungen durchführt oder unter dem Button die Versicherung angebracht ist, dass die Nutzung z.B. nach kanadischem Recht legal sein muss (wie beim UQAM-Button).

Der Autor macht über die automatisierte Anforderungsmöglichkeit ein öffentliches Angebot, das klar als Konkurrenz zu den - eventuell existierenden - Pay-per-view-Angeboten der Verleger steht und geeignet ist, deren Absatz zu mindern.

Daher ist der Button nach deutschem Recht nicht zulässig, wenn der Verleger ein ausschließliches Nutzungsrecht innehat.

Hat der Verleger kein solches Recht, brauchts den Button auch nicht (siehe oben).

(5) Es ist schon zweifelhaft, dass die nicht-öffentliche Speicherung des Artikels durch das Repositorium nach § 53 UrhG zulässig ist.

Für eine kleine Forschergruppe kann - für die Zeit, in der sie besteht - nach § 52a UrhG der Artikel vorgehalten werden. Die Möglichkeit des Autors, beliebigen Dritten auf Anforderung eine digitale Kopie mailen zu lassen, ist davon aber nicht abgedeckt, siehe oben.

Auf die Möglichkeiten des Autors kann sich das Repositorium nach § 53 UrhG nicht berufen, denn es ist ja nicht dessen eigener Gebrauch. Eine Archivkopie scheidet aus, es sei denn es existiert ein gekauftes Werkstück (gedrucktes Zeitschriftenheft). Für E-Only-Artikel scheidet also auch die Archivkopie aus, zudem wäre nur eine ausschließlich analoge Nutzung möglich.

Aus der Zusammenschau von § 52a UrhG und § 53 UrhG ergibt sich, dass eine Universität kein Repositorum aus Volltexten ihrer Wissenschaftler aufbauen kann, sofern die ausschließlichen Rechte bei dem Verlag liegen. Wie soll eine nur wenigen Berechtigten zugängliche Volltextdatei dem "eigenen wissenschaftlichen Gebrauch" der Universität dienen? Die Repositoriumsmitarbeiter forschen ja nicht damit und der Autor braucht die Kopie nicht, da er selbst eine Kopie besitzt.

Und angesichts des Anforderungs-Buttons scheidet der "eigene Gebrauch", der für wissenschaftliche Zwecke ja erforderlich ist, ohnehin aus. Es werden ja beliebige Dritte damit bedient.

Ohne Request-Button stellt sich das Problem, dass die Urheberrechtler nur den aktuellen Bedarf bei der Vervielfältigung anerkennen. Die Speicherung ohne Nutzungsmöglichkeit, weil eine Open-Access-Nutzung absehbar oder möglich ist, würde von ihnen sicher nicht als "wissenschaftlicher Gebrauch" akzeptiert.

Damit ergibt sich: Nach deutschem Recht ist bereits die Einstellung einer Vervielfältigung eines Aufsatzes nicht nach § 53 UrhG zu rechtfertigen und damit nicht rechtmäßig.

(6) Es ist fraglich, ob Verlags-AGB wirksam sind, die dem Wissenschaftler die Weitergabe eines Verlags-PDFs untersagen oder zahlenmäßig begrenzen.

Vor einiger Zeit hatte ich irgendwo im SHERPA/ROMEO-Kontext eine Verlagsformulierung gefunden, wonach ein Wissenschaftler ein PDF als digitalen Sonderdruck erhält, den er an bis zu n Wissenschaftler verteilen darf - ich finde die Stelle aber nicht wieder.

Grundsätzlich kann § 53 UrhG durch vertragliche Vereinbarungen ausgehebelt werden, allerdings unterliegen Standard-Vertragsformulierungen, die nicht individuell ausgehandelt wurden, der Inhaltskontrolle. Angesichts des klaren "Gewohnheitsrechts" der Wissenschaftler, beliebig viele Sonderdrucke oder Kopien ihrer Arbeiten Fachkollegen weiterzugeben dürfen, ist jedoch davon auszugehen, dass die obige Formulierung der Inhaltskontrolle nicht standhalten würde.

FAZIT:

Nach deutschem Recht kann ein "immediate deposit" in einem Repositorium mit Request-Button nur dann erfolgen, wenn der Verleger kein ausschließliches Nutzungsrecht hat (aber dann wäre auch sofortiger Open Access möglich) oder wenn der Autor sich diese Option in einem Autor-Addendum ausdrücklich vertraglich vorbehalten hat.
KlausGraf meinte am 2008/09/17 23:38:
Ähnliches In Saarbrücken
Ulrich Herb schrieb mir:

"etwas *Ähnliches* besitzt die OPUS-basierte Jahresbibliographie der Saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek: http://jahrbib.sulb.uni-saarland.de/

Wenn der Autor es zulässt den Request-Eprints-Button anzuzeigen, können Leser *direkt* mit dem Autoren Kontakt aufnehmen und ggf. eine PDF des Artikels anfordern. Hier ein Beispiel: http://jahrbib.sulb.uni-saarland.de/frontdoor.php?source_opus=6388

Diese saarbrückenspezifische Lösung basiert auf den Vorarbeiten Alexander Wagners (nun Ilmenau, vormals Würzburg).

Der Button ist auch in der kommenden OPUS Version 4 vorhanden."

In Saarbrücken haben aber anscheinend nur wenige AutorInnen von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Button anzugeben. 
 

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