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Wissenschaftsblogger laufen vor allem bei Verstößen gegen das Persönlichkeitsrecht (einschließlich unerlaubter Kritik an Unternehmen und Institutionen) und gegen das Urheberrecht, etwa bei unbefugter Bildnutzung (siehe Blog&Recht: Darf ich fremde Bilder verwenden?) Gefahr, außergerichtlich oder gerichtlich zur Rechenschaft gezogen zu werden. Auch wenn eine wirksame Absicherung durch eine Rechtsschutzversicherung oder eine Stiftung Bloggerhilfe noch nicht in Sicht ist, ist das Risiko einer Abmahnung sehr gering und sollte niemand vom Bloggen abhalten. Es sollte allerdings auch niemand ermutigen, tollkühn anderen auf die Füße zu treten.

1. Persönliche Erfahrungen mit Archivalia

In den letzten 4086 Tagen war ich als Blogger ausnehmend fleißig und habe den Großteil der 26781 Beiträge seit Februar 2003 selbst verfasst. Obwohl mitunter mit einem unguten Hang zur polemischen Schärfe gesegnet, hielten sich die juristischen Konsequenzen für mich in Grenzen.

Drei Prozesse habe ich geführt, zweimal ohne eigenen Anwalt (vor dem Amtsgericht besteht kein Anwaltszwang). Vor dem AG Regensburg habe ich den Kopf für den Beitrag eines Beiträgers hingehalten, bei dem es um die angeblich unbefugte Übernahme eines Leserbriefs zur Causa Eichstätt, der uns nicht gefiel, ging. Der Vergleich sah vor, dass die Gerichtskosten aufgehoben wurden, dass die unfreundliche Überschrift verschwinden musste und der Leserbrief mit freundlicher Genehmigung im Netz bleiben durfte. Ein schöner Kurzurlaub in Regensburg mit anschließendem Besuch der Thurn und Taxis Hofbibliothek, ein verständiger Richter, ein gemütlicher gegnerischer Anwalt (der Kläger war nicht erschienen) und nicht existente Gerichtskosten (pssst: die Gegenseite hat die Erstattung ihres Gerichtskostenvorschusses vergessen, was hoffentlich verjährt ist).

Unangenehmer war das Gezerfe (für diejenigen, die das Wort nicht kennen: die Händel) mit dem persönlich vor dem AG Siegburg erschienenen Prof. Schuler, mit dem es aber auch zu einem Vergleich kam.

http://archiv.twoday.net/stories/49601942/

Da der Vorwurf von Frau Escher-Aspner zu ridikül war, ließ ich meinen Anwalt für mich zum AG Trier reisen. Die Dame erlitt Schiffbruch:

http://archiv.twoday.net/stories/97059845/#97060325

Bloggerfreundlich ohne Kostennote kam das Abmahnschreiben der FAZ in der Causa Schmoll/Schavan daher. Nachdem ich mich empört gewehrt hatte (incl. Streisand-Effekt), habe ich nie wieder etwas von der FAZ gehört:

http://archiv.twoday.net/stories/572463027/

Das Stadtarchiv Wiesbaden konnte offenkundig eine Unterlassungsaufforderung einer Schule an mich abwenden:

http://archiv.twoday.net/stories/506933956/

Ein ZEIT-Blogger moserte wegen einer angeblich zu langen Übernahme:

http://archiv.twoday.net/stories/14634234/

Eine japanische Bibliothek ließ mich das Bild zu

http://archiv.twoday.net/stories/4575784/

entfernen.

Nachdem mich eine Person im Juli 2010 massiv einzuschüchtern versuchte (einschließlich persönlicher Drohung) und auch Twoday einschaltete, kam ich zu dem Schluss, dass mir die betreffende Berichterstattung über das gegenseitige Beharken von Parteien einfach nicht wichtig genug war, um zum Opfer eines Stalkers zu werden. Wie ich reagierte, geht hervor aus

http://buskeismus-lexikon.de/28_O_211/10_-_07.07.2010_-_RA_Hagen_Hild_%26_Kollegen_geht's_nur_ums_Geld_-_Meinungsfreiheit_vorgeschoben

Und es gab einen bösen Brief von Stuart Jenks vermutlich wegen des Zeitschriftenfreihandmagazins, den ich ignorierte.

Ich hoffe, ich habe nichts vergessen.

Nun hat nicht jeder diese - sagen wir mal - agonale Mentalität wie ich bzw. ein so dickes Fell, aber die Fälle zeigen doch, dass man sich auch ohne großen finanziellen Aufwand aus unangenehmen Konflikten winden kann. Man sollte aber, wenn man Kritik an Personen oder Firmen/Institutionen übt, nicht ganz aus dem Auge verlieren, dass Leute, wenn es um das Internet geht, mitunter schon wegen belangloser Kleinigkeit (Fälle Escher-Aspner und FAZ) abmahnen lassen bzw. vor Gericht ziehen. Shit happens, das ist allgemeines Bloggerrisiko.

2. Reaktion nach Erhalt einer Abmahnung

Jede Abmahnung hinterlässt erst einmal einen Schock, ein Gefühl der Ohnmacht und der Unsicherheit. Man denkt, die Welt geht unter, und viele sind geneigt, jeglichen Internetaktivitäten spontan zu entsagen, das Blog zu löschen usw. Das ist ganz normal.

Unglücklicherweise sind rechtsgrundlose Abmahnungen, die man einfach ignorieren kann, wie in der Causa Redtube die absolute Ausnahme.

In vielen Fällen werden sehr kurze Fristen für eine Reaktion gesetzt. Um Zeit für eine Prüfung des Falls und eine Rechtsberatung zu gewinnen, sollte man um eine Fristverlängerung - beispielsweise 10 Tage - ersuchen. Dazu braucht man keinen Anwalt. Was man unbedingt beachten sollte sagt die Verbraucherzentrale RLP, die einen kostenlosen (!) Musterbrief bereithält (andere Verbraucherzentralen lassen sich für das simple Formular bezahlen!):

http://www.verbraucherzentrale-rlp.de/Die-Abmahnung-2

Man sollte jede Abmahnung ernst nehmen und unverzüglich Abmahnratgeber wie

http://www.rettet-das-internet.de/checkliste.htm

konsultieren. Bei Massenabmahnungen Kontakt zu anderen Abmahnopfern aufnehmen!

Auch wenn man die Angelegenheit möglichst rasch vom Tisch haben möchte, sollte man die vorformulierte Unterlassungserklärung der Gegenseite nie unbesehen unterzeichnen und zurücksenden. Muster für modifizierte Unterlassungserklärungen sind im Netz recherchierbar.

Außer in eindeutig unberechtigten Fällen kann es nicht schaden, den inkriminierten Beitrag vom Netz zu nehmen bzw. (im Sinne transparenten Löschens) durch einen neutralen Hinweis zu ersetzen. Bei Urheberrechtsverletzungen und klaren Persönlichkeitsrechtsverletzungen sollte man in jedem Fall den beanstandeten Inhalt umgehend entfernen.

Auch ohne tiefergehende Rechtskenntnisse ist man den Anwälten, die sich als Retter ("Weiße Ritter") der Abmahnopfer aufspielen, mit einem Rundumsorglos-Paket locken und satte Gebühren einstreichen, nicht notwendigerweise hilflos ausgeliefert ("Zock-mich-ab!"). Wer sorgfältig recherchiert, kann auch als juristischer Laie versuchen, die Rechtslage und seine Handlungsoptionen einzuschätzen.

In aller Regel empfehlen Anwälte, in jedem Fall einen Anwalt einzuschalten. Warum wohl? Ein Teil des Redtube-Skandals waren Anwälte, die ihre Mandanten übervorteilt haben, indem sie völlig überflüssige modifizierte Unterlassungserklärungen abgegeben haben. Geschichten über fahrlässig dumme Mandanten, die zunächst meinten, auf einen Anwalt verzichten zu können, sich dann aber die Finger gründlich verbrannt haben, werden nicht ohne Grund immer wieder von Anwälten kolportiert.

Wenn in Internetforen Anwälte aktiv sind, kann man durchaus eine brauchbare Ersteinschätzung erhalten. Es gibt aber natürlich auch Foristen, die als Laien verhängnisvolle Fehleinschätzungen mit dem Brustton der Überzeugung vertreten. Also Obacht!

Ob man sich einer Verbraucherzentrale anvertrauen möchte, muss jeder selbst wissen. Bei Blog-Abmahnungen sind sie höchstwahrscheinlich gar nicht zuständig.

In vielen Fällen nützen handelsübliche Rechtsschutzversicherungen nichts. So sind Urheberrechtsdelikte in der Regel ausgeklammert. Und wiederholte Versuche, eine Selbsthilfe der Blogger zu organisieren, haben bisher zu nichts geführt. Aus Rechtsanwalt Kompas "Stiftung Bloggerhilfe" ist nichts geworden.

http://scienceblogs.de/geograffitico/2013/03/14/rechtsschutz-initiative-fur-blogger/
http://www.kanzleikompa.de/?s=klehranlage&submit=Suchen

Öffentlichkeit herstellen ja oder nein? Bei unberechtigten Abmahnungen, die dazu geeignet sind, die Meinungsfreiheit einzuschüchtern, kann man unter Umständen durch öffentliches Thematisieren der Abmahnung positive Resultate erzielen. Ich erinnere an meine FAZ-Abmahnung. Aber man sollte Vor- und Nachteile eines solchen Vorgehens mit dem eigenen Anwalt oder anderen Vertrauenspersonen gründlich prüfen.

Wenn man sich an einen Anwalt wendet, sollte man sich sicher sein, dass er vom Internet hinreichend viel versteht. Beispielsweise kann man sich an bloggende Anwälte wenden. Es muss nicht immer ein Anwalt vor Ort sein oder der traditionelle Familienanwalt, für den das womöglich #neuland wäre.

Anwälte dürfen legal eine kostenlose Erstberatung anbieten:

http://www.kanzleinowack.de/an-kostenloser-erstberatung-gibt-es-nichts-zu-meckern/

Wer sich bei einem entsprechenden Anruf weigert, eine kostenlose kurze Ersteinschätzung abzugeben, sollte nicht mit dem Mandat beauftragt werden. Merke: Anwälte haben Erfahrung darin, bei potentiellen Mandaten Vertrauen zu wecken. Leider gibt es keinen Produktvergleich bei der Anwaltsqualität!

Je unberechtigter eine Abmahnung gegen einen Blogger ist, um so höher ist die Chance, dass ein Anwalt das Mandat unberechnet - "pro bono" - übernimmt.

https://de.wikipedia.org/wiki/Pro_bono

Ich weiß von einem Anwalt, der eine Doktorandin bei einer wissenschaftsrechtlichen Frage mehrfach kostenlos beraten hat. Allerdings sind solche Anwälte rar gesät. In der Regel wird man seinen Anwalt bezahlen müssen.

Nochmals: Keine Panik, kühlen Kopf bewahren. Durch Fristaufschub Zeit für eigene Recherchen gewinnen. Nicht in jedem Fall muss ein Anwalt eingeschaltet werden, und es gibt genügend Anwälte, die einen kostenlosen Erstkontakt anbieten. Je mehr man sich über die Sachlage informiert, um so eher kann man den Schock der Abmahnung konstruktiv verarbeiten und einen Lernprozess einleiten.

***

Blog & Recht 1: Darf ich Bilder lebender Personen veröffentlichen?
http://archiv.twoday.net/stories/156271221/
Blog&Recht 2: Darf ich mein Blog mit einem Porträtfoto von mir schmücken?
http://archiv.twoday.net/stories/156272358/
Blog&Recht 3: Brauche ich ein Impressum?
http://archiv.twoday.net/stories/165211515/
Blog&Recht 4: Wie nutze ich Bilder unter freier Lizenz korrekt?
http://archiv.twoday.net/stories/219051498/
Blog&Recht 5: Darf ich alte Bilder nutzen?
http://archiv.twoday.net/stories/219051661/
Blog&Recht 6: Darf ich ein fremdes Video einbetten?
http://archiv.twoday.net/stories/404099696/
Blog&Recht 7: Hafte ich für Links?
http://archiv.twoday.net/stories/453148108/
Blog&Recht 8: Darf ich fremde Bilder verwenden?
http://archiv.twoday.net/stories/498223015/

Vor dem Amtsgericht besteht kein Anwaltszwang.
 

twoday.net AGB

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