Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Der Konstanzer Historiker Harald Derschka hat im Zuge der Ausstellung zum Konstanzer Konzil in zwei kürzeren Arbeiten mit den Wandbildern (Ordensdarstellungen) in der heutigen Konstanzer Dreifaltigkeitskirche befasst.

Konstruierte Vergangenheit. Die Wandbilder in der Konstanzer Augustinerkirche. In: Badisches Landesmuseum (Hg.). Das Konstanzer Konzil 1414–1418. Weltereignis des Mittelalters. Katalog. Stuttgart 2014, S. 136–137.

Die Wandbilder in der Konstanzer Dreifaltigkeitskirche (Augustinerkirche) – Entstehung, Wiederentdeckung und Deutung. In: Braun, Karl-Heinz u. a. (Hgg.). Das Konstanzer Konzil 1414–1418. Weltereignis des Mittelalters. Essays. Stuttgart 2013, S. 204–209.

Mir liegt nicht vor vom gleichen Autor:

Die Ordensdarstellungen in der Konstanzer Augustinerkirche: eine Gesamtschau der Männerorden aus der Sicht der Augustinereremiten. In: Jakobs, Dörthe (Hg.). Dreifaltigkeitskirche Konstanz (Kulturdenkmale in Baden-Württemberg 6). Lindenberg 2007, S. 26–33.

[Mir freundlicherweise postwendend vom Autor übermittelt. S. 26 werden die beiden deutschen Handschriften in Berlin und London erwähnt. Der Beitrag enthält eine ganze Reihe von Bildern aus der Georgenberger Handschrift.]

Der Südkurier berichtete 2011 über Derschkas Forschungen:

http://www.suedkurier.de/region/kreis-konstanz/konstanz/Historiker-lueftet-Geheimnisse;art372448,4997744

[Derschka konnte Unterlagen des 2006 verstorbenen Karl Suso Frank verwerten, zu deren Publikation dieser nicht mehr kam.]

Zur Kirche mit Bildern: Wikipedia.

Über die heute nur in entstellter Form enthaltenen Wandgemälde, die 1417 König Sigismund persönlich in Auftrag gab, gibt es bereits ältere Literatur.

Wingenroth/Gröbner 1908:

http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1908/0082

Josef Gramm 1909 brachte Belege aus den Unterlagen des Reichserbkämmerers Konrad von Weinsberg bei.

https://archive.org/details/gramm_konstanz_augustiner

In Konstanz waren bis zu Derschkas Studien Hinweise auf zwei Danziger Handschriften Mar. F 286 und Mar. F 300

http://kpbc.umk.pl/dlibra/doccontent?id=52217&from=PIONIER%20DLF (Katalog der Handschriften der Marienkirche von Günther S. 379, 418)

durch Heinrich Finke

https://archive.org/stream/actaconciliicons04counuoft#page/n85/mode/2up

unbeachtet geblieben. Auch Adolar Zumkellner: Manuskripte von Werken der Autoren des Augustiner-Eremitenordens in mitteleuropäischen Bibliotheken (1966), S. 527 Nr. 1543 hatte auf die Danziger und die deutsche Fassung in London Arundel 6 aufmerksam gemacht.

Derschka beschreibt im Konstanzer Katalog wie oben S. 170 Nr. 85 die Handschrift in St. Georgenberg-Fiecht OSB in Tirol Cod. 133, die er nach 1417 datiert (eine genauere Datierung wäre wünschenswert, auf der Abbildung in den Essays S. 207 datiere ich die Bildunterschrift auf das 16. Jahrhundert). Bl. 85r-111r enthält 49 ganzseitige Abbildungen überwiegend von bendiktinischen und augustinischen Ordensgemeinschaften, die nach Derschka teilweise mit den Konstanzer Darstellungen übereinstimmen.

Die HMML-Beschreibung der Georgenberger Handschrift 133 findet man am schnellsten mit der Keyword-Suche genoalia auf

http://www.hmml.org/oliver.html

Die von Derschka nicht erwähnten Texte am Anfang der Handschrift auf Bischof Gebhard von Konstanz könnten auf eine Entstehung im Bodenseeraum hindeuten. Man habe anlässlich des Konstanzer Provinzialkapitels der Benediktiner 1417 in großer Schrift an das Petershauser Portal geschrieben, dass 6600 Benediktinerklöster existierten, referiert Derschka aus einem anderen Text des Codex (Bl. 74r-v). Ohne Kenntnis der Handschrift vermag ich nicht zu sagen, was es mit der Aufzählung der benediktinischen Gemeinschaften und ihres Habits "in der Reihenfolge der entsprechenden Abbildungen" auf sich hat. Bl. 74r-v gehört aber zu einem ganz anderen Text "De dignitate et magnificentia Ordinis Sancti Benedicti", den HMML etwas kryptisch Christoph Lieb abspricht. In neueren Katalogen gilt der Melker Benediktiner Lieb (aus Isny, nicht Isen!) aber sehr wohl als Autor.

http://archiv.twoday.net/stories/1022484972/

Literaturangaben und Abbildung der ersten Seite des Lieb-Texts in der Bonner Handschrift S 1966 bietet:

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj31275356

Jedenfalls mehr als die Analecta Bollandiana 1896:

https://archive.org/stream/analectabolland01bollgoog#page/n96/mode/2up

Abgesehen von den Melker Handschriften und der Bonner kenne ich Augsburg, StuSB, 2° Cod. 203 und ein Fragment in der UB Augsburg II. 1. 4°. 3.

Keine Erwähnung findet bei Derschka 2013/14 [wohl aber 2007!] die deutschsprachige Überlieferung in der bereits genannten Londoner Handschrift Arundel 6 und der von mir während der Vorbereitung meiner Promotion eingesehen Berliner Handschrift mgf 696, die der Londoner sehr nahe steht.

Derschka hätte die Studie von

Marie-Luise Heckmann, Der Deutsche Orden und die 'Goldene Bulle' Kaiser Karls IV. Mit einer Vorbemerkung zur Herkunft der Quaternionen, in: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 52 (2006), S. 173-226

nicht übergehen dürfen, die mir die Autorin freundlicherweise vor Jahren übersandt hat. Teilweise online:

https://books.google.de/books?id=H5AadO5iZEsC&pg=PA178

Heckmann neigt zu Überinterpretationen, eine Deutschordens-Provenienz beider Handschriften ist nicht glaubhaft gemacht. Sie nennt zum Martinus Polonus deutsch und zu den Flores temporum deutsch nicht die relevante Literatur, nämlich meine Dissertation 1987, S. 193

https://books.google.de/books?id=pcvWAAAAMAAJ&pg=PA193

Die Überlieferung des deutschen Martin von Troppau hatte ich 1994 zusammengestellt:

Klaus Graf, Rezension zu: Rudolf Kilian Weigand, Vinzenz von Beauvais. Scholastische Universalchronistik als Quelle volkssprachiger Geschichtsschreibung (Germanistische Texte und Studien 36), Hildesheim 1991, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 116 (1994), S. 491-497, hier S. 496, Anm. 17
http://www.digizeitschriften.de/dms/resolveppn/?PID=PPN345203720_0116%7Clog83

Inzwischen überholt durch:

http://www.handschriftencensus.de/werke/981

Berlin, SB, mgf 696, Bl. 411ra-411va: "Hie hebt sich an die zal der gaistlichen orden die der romisch kunig Sigmund hat lassen malen zw Costnitz in der kirchen zu den augustinern".

Zur Handschrift:

http://www.handschriftencensus.de/4402

Degering
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0603a_b077_jpg.htm

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj31250648,T

Der Einband legt eine Herkunft der im 3. Viertel 15. Jh. (nicht vor 1459) geschriebenen Handschrift aus Nürnberg nahe.

Im Textbestand stimmt mit Mgf 696 teilweise überein British Library Arundel 6, die auch das Konstanzer Stück enthält.

Arundel 6
http://www.handschriftencensus.de/5401

Priebsch
https://archive.org/stream/priebschhandschr02goog#page/n53/mode/2up

Handschriftenarchiv
http://www.bbaw.de/forschung/dtm/HSA/700379340006.html

Während mich selbst das Quaternionengedicht von 1422

https://de.wikisource.org/wiki/Spruch_vom_R%C3%B6mischen_Reich_aus_dem_Jahre_1422

am meisten fesselt, ist die übrige Forschung vor allem an dem Bericht über eine Kaufmannsreise von Venedig nach Beirut 1434 interessiert. Dies trug dem Schreiber der Handschrift, der am Ende dieses Berichts mit der Jahreszahl 1460 sich nennt ("per me Johannem Schumann de Lutzenburg") einen Artikel im Verfasserlexikon ein. Dietrich Huschenbett (²VL 8, 1992, Sp. 875f.) musste allerdings konzedieren, dass die große Zeitspanne zwischen Reise und Bericht eher gegen eine Verfasserschaft Schumanns spricht.

GND
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=103130217

Digiberichte
http://www.digiberichte.de/travel.php?ID=24&N=D&suchen1=Anonymus&Vollname=Anonymus

Mehrfach ging Celestina Milani auf den Text ein, etwa
Celestina Milani: Seereise nach Beirut' (A. 1434): nomi e cose. In: Il nome nel testo 4 (2002), S. 137-155
http://riviste.edizioniets.com/innt/index.php/innt/article/viewFile/9/9

Schreibsprache ist bairisch oder nordbairisch. Huschenbett erwägt nach Meisch als Herkunftsort Schumanns Lutzenburg bei Neumarkt in der Oberpfalz, Lutzenburg bei Kirchheim/Schwaben oder auch Lützelburg nordwestlich von Augsburg. Auch ohne Frau Krämer zu fragen (die mir meiner Erinnerung nach den Hinweis auf die Metzer Handschrift gab) hätte Huschenbett in den "Colophons" einen zweiten Codex des gleichen Schreibers finden können. Bis es 1944 zerstört wurde, befand sich in der Stadtbibliothek Metz das Ms. 374 aus der Kartause Rettel (oder Rethel, zu ihr:

https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Rettel
https://books.google.de/books?id=Q7Y5Z1RuOIgC&pg=PA472 ), eine Predigtsammlung, geschrieben 1470 von Schuman:

"Expliciunt sermones hyemales Cœserveldie prioris Hollandie, ordinis Chartusiensis, scripti per Johannem Schuman, in Lutzenburgo, anno Domini m. cccc. lxx., in die sancti Silvestris, circa horam nonam de mane."

Beschreibungen:

https://books.google.de/books?id=jqhLAAAAMAAJ&pg=PA275
http://ccfr.bnf.fr/portailccfr/jsp/index_view_direct_anonymous.jsp?record=eadcgm:EADC:D05011079
http://bm.metz.fr/iguana/www.main.cls?sUrl=search#RecordId=1.28495

Schreibsprache hin oder her, dieses Zeugnis spricht doch sehr dafür, dass Schumann aus Luxemburg und nicht aus Süddeutschland stammt.

Heckmann listet S. 178f. Anm. 20 den Inhalt in beiden Handschriften des "Index ordinum religiosorum deutsch" (Titelbildung in Anlehnung an Kunzelmann) auf:

"Nach: Berlin, Staatsbibliothek PK: Ms. germ. Fol. 696, fol. 406r (alt 407r); London, British Library; Arundel 6 Plutarch CLXI-IID, fol. 40r; waren unter anderem folgende Orden in der Augustinereremitenkirche dargestellt:
Templer, Spitalorden vom Heiligen Geist, Mönche von Saint-Jacques-de-Haut-Pap (dép. Marne; arr. Épernay), Kauliten, Mercedarier, Gilbertiner, Wilhelmiten, Benediktiner, Schottenklöster, Zisterzienser, Ambrosianer, Cölestiner, Kamaldulenser, Grammotenser, Kartäuser, Vallombrosaner, Mönche von Fontevrault, katholische Humiliaten, Ritterorden von Calatrava, evtl. Ritterorden von Alcántara, Floriazenser, Eremiten von Fonte Avellana, evtl. Reformzisterzienserinnen, Zisterzienserinnen, Olivetaner, Klarissen, (Franziskaner-) Spirituale oder (Franziskaner-) Observanten,
Karmeliter, orientalische Mönche (Antoniter), orientalische Mönche (Basilianer), Augustiner-Eremiten, Augustiner-Chorherren,
Dominikaner, Johanniter, Pauliner, Prämonstratenser, Spitalorden vom heiligen Antonius, Spitalorden vom heiligen Lazariten, evtl. abermals Mönche von Saint-Jacques-de-Haut-Pap, evtl. Magdalenen, Kreuzherren mit rotem Stern, Birgitten, Eremiten von Pulsano."

Mich hatte der von Sigismund direkt veranlasste Konstanzer Bilderzyklus auch deshalb interessiert, weil sowohl in der Berliner als auch in der Londoner Handschrift das Quaternionensystem der Reichsverfassung wiedergegeben wird, in dem ich ja 1993 eine historisierende Spekulation von Herolden aus der Zeit Sigismunds vermutete.

http://periodika.digitale-sammlungen.de/bdlg/Blatt_bsb00000333,00194.html

Was Heckmann über den Ursprung der Quaternionen schrieb, überzeugt mich nicht. Sowohl bei den Quaternionen als auch in der Auflistung der religiösen Gemeinschaften - visuell in der Augustinerkirche, literarisch in den Handschriften auf Latein und Deutsch - ist die Faszination von "Ursprung und Herkommen"

http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn:nbn:de:hebis:30-1137987

deutlich zu greifen. "Sequitur de institucione religionum et exordio earundem", heißt es in Danzig Mar. F 286.

Der Konstanzer Ordenskatalog setzt ein intensives historisches Interesse voraus, auch wenn durch das Zusammenströmen von Kirchenvertretern aus der gesamten christlichen Welt während des Konzils die Recherche sicher erleichtert war. Der Konstanzer Ordenskatalog ist ein einzigartiges Zeugnis über die Gemeinschaftsbildung der religiösen Orden mit Blick auf ihre Ursprünge. Die Konstanzer Augustiner stellten nicht nur das Quartier des Königs, sie konnten ihre Regel auf hl. Augustinus zurückführen, der daher mehrfach prominent auf den Wandbildern erscheint. Das Denkmal feiert die Vielfalt der christlichen Orden, aber auch das "Herkommen" der augustinischen Familie.

Es wäre wünschenswert, wenn die hier genannten handschriftlichen Zeugnisse nicht nur ediert, sondern auch im Netz frei zugänglich präsentiert würden.

#forschung
histmonast

KN DFK Innenraum-02-Suedwand.JPG
KN DFK Innenraum-02-Suedwand“ von User:Fb78 - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma