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Die Zusammenstellung der Quellen zum Mainzer Turnier im Jahr 1480 durch Hans H. Pöschko: Turniere in Mittel- und Süddeutschland von 1400 bis 1550 (1987), S. 96 kann ich erheblich ergänzen.

Eine ausführliche Beschreibung des Turniers lag Georg Rüxner für sein Turnierbuch nicht vor. Abgesehen von einer einleitenden Angabe zum Ablauf und dem Turnierblatt mit den Namen der vier zu Blatt Getragenen gibt er nur eine Liste der vergleichsweise wenigen Mitwirkenden, eine Liste derjenigen vier Turnierer, die zwischen den Seilen postiert waren, den Namen eines nicht Zugelassenen und Angaben zu den vier Dank-Turnieren.

Ausgabe 1532:
http://www.dilibri.de/rlbdfg/content/pageview/324621

[Erstausgabe:
http://books.google.at/books?id=j8RUAAAAcAAJ&pg=PT680 ]

Die Leute an den Seilen und die "Dänke" hat gleichlautend auch Raidenbuchers verschollenes Turnierbuch von 1510. Die Stelle hat Gumppenberg gerettet:

http://books.google.de/books?id=LeUSAAAAYAAJ&pg=PA71

Das Eptinger Hausbuch (ed. Dorothea Christ, 1992, S. 361-365 hat die umfangreichste Dokumentation zum Turnier (Bl. 188v-194r): Turnierblatt, Bericht über die Anreise von Basel aus (gedruckt schon in den Basler Chroniken Bd. 7, S. 187f.), gemalte Ahnenprobe des Ludwig von Eptingen, Wappen der teilnehmenden Familien (gegliedert nach Schwaben, Franken, Meißner, Gesellschaft vom Wolf, Wetterau, Hanau (!), Gesellschaft Gekrönter Steinbock, Gesellschaft vom Wind, Bayern), Geschlagene, vier Dänke, Angabe zu den Frauen (128, darunter neun namentlich genannte Gräfinnen).

Auch wenn man ich nicht ausschließen möchte, dass die Wir-Erzählung bei dem Anfahrtbericht und das "Ich Ludwig von Eptingen Ritter bin zue Mentz Im Turnier gewesen In diser gestalt auff zinstag vor Sanct Bartholomaei tag" auf das Konto des Redaktors des Hausbuchs im frühen 17. Jahrhundert geht, so besteht doch kein Grund, an einer alten Quelle zu zweifeln. Der Redaktor hätte, falls man meiner Skepsis hinsichtlich der Authentizität des Hausbuchs als spätmittelalterlicher Quelle (das ist es nun einmal nicht!) folgt, die Wir- bzw. Ich-Form eingesetzt, musste aber über Unterlagen aus der Zeit des Turniers verfügen. Man kann sich durchaus vorstellen, dass die Eptinger sich nach der Rückkehr vom Turnier ein wappengeschmücktes Dossier haben anfertigen lassen, das die Vorlage des Abschnitts im späteren Hausbuch wurde. Wir kennen ein zeitnah nach dem Ingolstädter Turnier 1484 angefertigtes Wappenbuch (Berlin mgo 107):

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj31253144,T

Michel von Ehenheim erwähnt, dass das Mainzer Turnier sein erstes Turnier war. Außerdem bestätigt er die Angaben des Eptinger Hausbuchs zu dem großen Rheinhochwasser:

http://archive.org/stream/ZeitschriftFrDeutscheKulturgeschichte1-1891#page/n135/mode/2up

Nur über den Konflikt mit Martin Zollner auf dem Mainzer Turnier - das aber recht ausführlich - handelt die von Ludwig von Eyb dem Jüngeren verfasste Lebensbeschreibung des Wilwolt von Schaumberg (ed. Keller, S. 48-52):

http://books.google.de/books?id=Ua0LAAAAIAAJ&pg=PA48

Den Konflikt bespricht Roth von Schreckenstein:

http://archive.org/stream/dieritterwrdeun00schrgoog#page/n685/mode/2up

Der Basler Bürger und Chronist Ludwig Kilchmann meldete kurz seine Anwesenheit in Mainz am 22. August 1480:

http://archive.org/stream/baslerchroniken04basegoog#page/n461/mode/2up

Ein längerer lateinischer Zusatz vom Ende des 15. Jahrhunderts zu den hochmittelalterlichen Annalen des Mainzer Albansklosters (früher: Annales Wirziburgenses) im Pariser Ms. lat. 4860 (MGH SS 2, S. 247) nennt den 21. August 1480 als Datum des Turniers:
http://www.mgh.de/dmgh/resolving/MGH_SS_2_S._247

Wilhelm und Heinz von der Ker waren am Montag nach Bernhardstag 1480 (August 21) auf dem Turnier in Mainz nach Aufzeichnungen im Cod. 162 der Schörnborn'schen Bibliothek zu Pommersfelden (auf beiden Seiten des Schlussblattes 118). Die 1448 datierte Schwabenspiegelhandschrift enthält Eintragungen zur fränkischen Adelsfamilie von der Ker 1470/80, die Ludwig Rockinger kurz erwähnte:

http://archive.org/stream/sitzungsbericht239klasgoog#page/n629/mode/2up

Erwähnungen der im Handschriftencensus fehlenden Pommersfeldener Handschrift:
- Ludwig Bethmann, Archiv der Gesellschaft 9 (1847), S. 529
http://www.digizeitschriften.de/dms/img/?PPN=PPN345858514_0009&DMDID=dmdlog54
- Otto Stobbe, Zeitschrift für Rechtsgeschichte 2 (1863), S. 176
http://dlib-zs.mpier.mpg.de/mj/kleioc/0010/exec/bigpage/%222085079_02%2b1863_0180%22
- Wilhelm Schonath, Katalog der Handschriften der Gräflich von Schönborn'schen Bibliothek zu Pommersfelden. 4 Bde. [masch.]. Pommersfelden 1951-1952.
- Oppitz, Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters 2 (1990), S. 740 Nr. 1216

Wilhelm von der Kere, der zum Würzburger Turnier 1479 nicht zugelassen worden war, hatte sich kurz vor dem Mainzer Turnier (am 13. August) eine Kundschaft über die Turnierfähigkeit seiner Familie von dem Ritter Balthasar von Ostheim geben lassen. Sie blieb im Stadtarchiv Frankfurt am Main erhalten (Reichssachen I, 6053), besprochen von Zotz (in: Das ritterliche Turnier, 1985, S. 497f.:
http://www.mgh-bibliothek.de/dokumente/a/a097856.pdf ). Kurz erwähnt im Inventar 1888:
http://archive.org/stream/inventaredesfra00maingoog#page/n288/mode/2up

Zwei Schreiben des Mainzer Erzbischofs Dieter von Isenburg überliefert Gudenus (Codex diplomaticus 4, 1758, S. 451-453):

http://books.google.de/books?id=nlnJZTzCwtsC&pg=PA451

Am Donnerstag nach Oculi (März 9, falsch aufgelöst bei Gudenus) sicherte Dieter den Teilnehmern Geleit und Zollfreiheit für das auf den 25. August (Freitag nach Assumptio Mariae) anberaumte Ritterspiel zu. Auf Latein entschuldigte er sich bei dem Papst am 10. Mai (deutsche Übersetzung in Hutters Taschenbuch S. 300-302, wie unten, und eine andere bei Schwarz, Isenburg S. 219f., wie unten).

Anders als der Editor Hegel (Chroniken der deutschen Städte Bd. 18, S. 84) annahm, ist der Eintrag der "Mainzer Chronik II" zum Turnier nicht zeitgenössisch, sondern von Rüxner abgeschrieben.

http://archive.org/stream/diechronikenderm02bayeuoft#page/n103/mode/2up

Dies zeigte Arthur Wyss in seiner Rezension in der Westdeutschen Zeitschrift 3 (1888), S. 45 (unter Zugrundelegung der Rüxner-Ausgabe von 1578):

http://archive.org/stream/WestdeutscheZeitschriftFuerGeschichteUndKunst3-1884/WestdeutscheZeitschriftFrGeschichteUndKunst3#page/n59/mode/2up

Das von Serarius zum Mainzer Turnier erwähnte Turnierbuch (bei Joannis:
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/2243836 )
ist sicher auch Rüxner.

Ebenfalls auf Rüxner zurück geht der wohl vom Herausgeber Johann Adam Ignaz Hutter verfasste Beitrag in: Historisches Taschenbuch für das Vaterland und seine Freunde. Mainz 1790, S. 296-304: Thurnier zu Mainz auf dem Thiermarkte.

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hutter_Mainzer_Thurnier.pdf

Auch wenn dort von einer zeitgenössischen Handschrift die Rede ist, zeigt das falsche Datum (siehe unten) und der von Wyss bemerkte Fehler Rüxners (Bernhard statt Reinhard von Leiningen) die Abhängigkeit. (Dem Beitrag ist eine Turnierdarstellung als Kupferstich beigegeben, die zeigt, wie man sich 1790 einen Turnierzweikampf vorstellte.)

Im gleichen Jahr 1790 erschien von Heinrich Josef Schwarz die zweibändige Monographie über Diether von Isenburg, die sich bei Wiedergabe einer Namensliste Bd. 2, S. 222 auf ein altes Mainzer Manuskript beruft (Hinweis bei Roth Dt. Gbll. 1908, S. 64, siehe unten):

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10018907_00254.html
[ http://books.google.de/books?id=Jl8AAAAAcAAJ&pg=PA221 ]

Aber auch hier liegt wie bei Hutter nur Rüxner zugrunde.

Die vielleicht interessantesten Quellen stammen von der Turniergesellschaft des gekrönten Steinbocks. (Zu ihr vgl. außer Kruse at al.: Ritterorden 1991 und Ranft: Adelsgesellschaften 1994, S. 358 (Register) nach Regina Schäfer in: Lebenswelten Johannes Gutenbergs, 2005, S. 154f. auch die Dissertation Tanja Storn-Jaschkowitz: Gesellschaftsverträge adliger Schwureinungen im Spätmittelalter. Edition und Typologie. Berlin 2007, die mir nicht vorliegt.) Sie hatte ihren geistlichen Mittelpunkt in der Mainzer Augustinerkirche.

Wilhelm Franck: Beitrag zur Geschichte der Turniere und Turniergesellschaften in Deutschland. In: Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Frankfurt am Main Bd. 2, 1 (1861), S. 17-52 druckte im Anschluss an die Wiedergabe des Gesellenbriefs von 1480 (nach einer Vorlage damals im Staatsarchiv Darmstadt) den bemerkenswerten Voranschlag für den Proviant des Mainzer Turniers (S. 51f.), der, soweit ich sehe, für die Kulturgeschichte der Vierlandeturniere noch nicht ausgewertet wurde.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Beitrag_zur_Geschichte_der_Turniere_und_Turniergesellschaften_in_Deutschland.pdf
[Aufsatz von Franck online:
http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb11041056_00027.html ]

Die 1772 durch einen barocken Neubau ersetzte Augustinerkirche beherbergte einen Wappenfries mit den Namen und Wappen der Teilnehmer der Steinbock-Gesellschaft an den Vierlandeturnieren 1480 bis 1486. Vgl. Joachim Glatz: Mittelalterliche Wandmalerei in der Pfalz und in Rheinhessen (1981), S. 255:

http://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/280418

Das Zeugnis wurde am umfangreichsten bearbeitet von Arens in den Deutschen Inschriften 2 (1958), S. 471f. Nr. 938, wobei ich nur den gemeinfreien Quellentext online zugänglich machen kann:

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Turniertafel_der_Steinbock-Gesellschaft.png

Arens spricht irreführend von der "Turniertafel der Steinbock-Gesellschaft", obwohl es sich offenbar um einen gemalten Wappenfries gehandelt hat. Seine Quelle war "Gamans, Johannes: Fragmenta Gamansiana. Epitaphia et inscriptiones ecclesiarum urbis Moguntiae. 2. Bd. [ca. 1660] Univ.bibl. Würzburg, Hs. M ch q 95", Bl. 190. Ohne Rüxner zu berücksichtigen, ergänzte Arens Lesarten zu den Namen aus Hutters Taschenbuch (darunter auch das falsche Bernhard Graff zu Leiningen).

FWE Roth druckte - ohne Quellenangabe - die Würzburger Aufzeichnung als "Chronikalische Nachrichten 1480-1487" in seinen Fontes Bd. 3, 1880, S. 167f.:

http://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/883221

Auf den Inschriftensammler Helwich führte die von Roth abgedruckten Notizen ein Aufsatz von 1884 zurück:
http://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/883221

Allerdings ist anzunehmen, dass Arens die Quelle Helwich angegeben hätte, wäre sie in der Würzburger Handschrift vermerkt gewesen.

Von aufgehängten Turnierschilden schreibt irrtümlich Roth in einer späteren Publikation (Dt. Gbll. 1908, S. 64; auch er nennt Helwich als Quelle):

http://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Roth_deutsche_geschichtsblaetter.pdf&page=8

Roths Abdruck ist nur noch aufgrund der Wiedergabe der bei Arens (wie stets in den Deutschen Inschriften) weggelassenen Einleitung heranzuziehen: "Nomina eorum, qui arma sua posuerunt in pariete chori ad dexteram in ingressu ecclesiae S. Augustini Moguntiae".

Roth geht wie üblich unverantwortlich mit seiner Vorlage um. Er ersetzt ohne Kennzeichnung die Namensformen der Vorlage durch seiner Ansicht nach Bessere (z.B. "Reingard graf zu Lenning He zu Wittenberg" bei Arens durch "Reinhard, Graf zu Leining, Her zu Westerberg"). Außerdem hat er den Eintrag zu 1487 chronologisch vermeintlich richtig an den Schluss gestellt, ohne dies anzumerken.

Das hätte Roth nicht tun sollen, denn in Wirklichkeit bezieht sich der Eintrag auf das Ansbacher Turnier von 1485. Gamans hat also die Ziffern 5 und 7 vertauscht. Zunächst werden auf dem Mainzer Wandgemälde die Teilnehmer des Mainzer Turniers aufgezählt (33 Namen), dann folgen fünf Teilnehmer am Heidelberger Turnier 1481, die neun Teilnehmer an einem Turnier zu Worms "mit den vß den 4 landen" Dienstag nach Bartolomäi 1484 (nicht bei Rüxner), die Teilnahme des Philipp von Cronberg am Stuttgarter Turnier 1484 Mittwoch nach Dreikönig, die drei Teilnehmer am Ansbacher Turnier Mittwoch nach Himmelfahrt 1485 (Vorlage: 1487) sowie die zwei Teilnehmer am Bamberger Turnier 1486 Mittwoch nach Dreikönig.

[Zum angeblichen Wormser Turnier 1487:
http://archiv.twoday.net/stories/142782766/ ]

Diese Quelle gewährt auch endlich einigermaßen sicheren Aufschluss über den Ablauf des Mainzer Turniers 1480. Am Montag vor Bartholomäi (21. August) war "beritten und Helmtheilung", während am Dienstag das eigentliche Turnier auf dem Diebsmarkt stattfand. Man wird daher als Datum den 21./22. August 1480 annehmen dürfen (wenngleich ich ein "Get together" des "Meetings" in der Herberge am Sonntag Abend nicht ausschließen möchte). Das stimmt zu den zeitgenössischen Quellen aus Basel (Eptinger Hausbuch und Kilchmann: Dienstag vor Bartholomäi, also 22. August), aus St. Alban in Mainz und zu den Aufzeichnungen der Familie von der Kere im Pommersfeldener Codex (beide 21. August). Rüxner und seine Ableitungen haben eindeutig falsch den Sonntag nach Bartholomäi. Das falsche Datum Sonntag nach Bartholomäi hat auch Raidenbuchers Turnierbuch, was auf eine gemeinsame Quelle mit Rüxner bei diesem Turnier schließen lässt. Da keine Quelle etwas vom Mittwoch sagt, kann man Rüxners Aussage, das Turnier habe von der Ankunft am Sonntag bis Mittwoch gedauert, nicht bestätigen.

Nicht geklärt werden kann hier, was es mit einer im Mainzer Stadtarchiv (III Be 14) erhaltenen Zeichnung Franz Joseph Bodmanns auf sich hat. Bodmann soll die Namensaufstellung in fünf Reihen von einem illuminierten Pergament des 15. Jahrhunderts haben, das ihm im Mai 1803 der Vikar Dael zugänglich gemacht haben soll (so Arens S. 472). Arens wollte annehmen, dass dieses Pergament nichts mit den Turnierwappen zu tun hatte, da die Namen nur selten mit der Überlieferung von Gams übereinstimmen würden. Da nur der notorische Fälscher Bodmann etwas von dieser Quelle weiß, ist Vorsicht geboten. Auch bei einer Zeichnung kann eine Fälschung vorliegen.

Nachtrag: Dass Bodmann zeichnend fälschte wird belegt in:

http://www.ahf-muenchen.de/Tagungsberichte/Berichte/pdf/2010/119-10.pdf

***

Bisherige Beiträge zu den Vierlandeturnieren in Archivalia:

http://archiv.twoday.net/search?q=vierlandeturnier

#forschung

Zeichnung Bodmanns
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mainz_bodmann_zeichnung.jpg
 

twoday.net AGB

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