Besonders dankbar bin ich Christoph Graf Waldburg, dass er zu dem folgenden Mailinterview über das Wolfegger Hausbuch
(Gesamtübersicht unserer Meldungen: http://archiv.twoday.net/stories/4775647/ ) bereit war.
Graf Waldburg, Sie haben intensiv mit dem "Mittelalterlichen Hausbuch" gearbeitet, sogar ein Buch darüber geschrieben ("Venus und Mars"). Was bedeutet diese Handschrift für Sie persönlich?
Einen Aspekt finde ich natürlich besonders spannend: Das Rätselhafte und das schwer Kategorisierbare des Hausbuchs. Es fasziniert mich. Darüber hinaus sind es die Leichtigkeit, Heiterkeit und das sichere Erfassen menschlichen Tuns, die nicht nur für mich den Reiz ausmachen.
Wie stehen Sie zu Daniel Hess?
Als detailgenauen Wissenschaftler schätze ich ihn. Im Bereich des Hausbuchs kann ich viele Schlüsse nicht teilen.
Ich habe die Frage der Künstler nur gestreift. Denn letztlich ist der Streit über die Zahl der beteiligten Hände fast so alt wie die Forschung über das Hausbuch. Bereits die Autoren des Faksimiles von 1912 gingen anfangs von mehreren, dann von einem Künstler für die Hauptzeichnungen aus. Die Unterschiede sind offensichtlich. Rüdiger Becksmann nannte 1968 sechs Hände, die von Daniel Hess aufgenommen wurden. Ich sehe eine gewisse Stagnation in dieser Frage.
Auch die Trennung des Hausbuchs in zwei Teile halte ich für riskant. Das Hausbuch mit seiner eigenartigen Mischung verleitet zur Abtrennung des Teils, mit dem Geisteswissenschaftler nichts anfangen können, Bergbau und Krieg. Von dem Inhalt Kriegstechnik und Bergbau auf den Beruf des Besitzers zu schließen, halte ich für sehr gewagt. Mehr als ein bloßes Interesse an den Themen kann nicht vermutet werden. Beispielsweise der Bellifortis, eine beliebte kriegstechnische Bilderhandschrift, findet sich in Ratsbibliotheken und bei Bürgerlichen. Von daher ist der Kreis der in Fragekommenden sehr weit. Dagegen lässt sich feststellen, dass die Mitarbeiter bei dem neuen Faksimile jeder für sich eine Ordnung festgestellt haben. Ich selbst konnte feststellen, dass die sogenannten Genreszenen keine sind, sondern sich paarweise aufeinander beziehen. Ich vermute einen Minnezyklus, aber hier ist noch Forschungsarbeit vonnöten.
Wie haben Sie vom Verkauf des Hausbuchs erfahren?
Durch die Medien.
Wie bewerten Sie den Verkauf?
Ich habe natürlich eine emotionale Beziehung zum Hausbuch, als Teil des Kulturerbes meiner Familie. Von daher empfinde ich es als Verlust.
Stehen Sie mit dieser Position in der Familie allein?
Nein. Die Stimmung bei den Familienmitgliedern, mit denen ich gesprochen habe, ist ähnlich meiner. Und das nicht nur in dem Zweig, der sich mit historischen Fragen beschäftigt. Mein Grossvater hatte ein Buch über das Nord- und Südreich der Staufer verfasst und von daher sehe ich mich in seiner Tradition.
Vor etlichen Jahren haben wir uns schon einmal über die Kunstschätze Ihres Hauses Waldburg-Wolfegg und Waldsee unterhalten. Damals haben Sie das Traditionsbewusstsein der Familie unterstrichen, das für den Zusammenhalt der einzigartigen Kunstschätze in Wolfegg sorgt. Sind Sie nach dem Hausbuch-Verkauf nun mehr in Sorge?
Ich hoffe natürlich sehr, dass der Trend sich ändert und eine für die Familie annehmbare Lösung gefunden wird.
Was sollte Ihrer Ansicht nach mit dem Hausbuch geschehen?
Idealerweise wäre es im deutschsprachigen Raum untergebracht. Es wäre schön, wenn es zumindest im europäischen Raum bleiben würde. Der Zugang wäre sicher ähnlich eingeschränkt, wenn es in die Obhut des Staates käme. In der Verantwortung meiner Familie sind allein drei Faksimiles entstanden und wurden der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein engagierter Privatmann könnte ebenfalls das Hausbuch verantwortungsvoll erhalten. Vom Standpunkt des Kunstwerks aus gesehen wäre es natürlich am besten, es gut zu lagern und wenig zu strapazieren. Wer den Schutz gewährt, ist zweitrangig.
Muss es nicht alarmierend wirken, wenn der Chef des Hauses in einem im Ausstellungskatalog "Adel im Wandel" (Sigmaringen 2006) abgedruckten Interview moderne betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte in den Vordergrund stellt und sagt: "Man darf der Dynamik in den kunstsammlerischen Kreisen nicht zu viel in den Weg legen"?
Es gibt andere Interviews von Familienchefs in dem Band, die meinen Standpunkt eher vertreten.
Wie sehen Sie die Rolle des Kunsthandels beim "Ausverkauf" traditioneller adeliger Sammlungen?
Dass Antiquitätenhändler diese Sammlungen umschwirren wie Motten das Licht, ist klar. Es sind Händler und dieses Verhalten ist ihnen nicht vorzuwerfen. Als Eigentümer muss niemand darauf eingehen und es gibt einige Fürstenhäuser, bei denen diese Verkäufer Persona non grata sind. Wobei die Vorgehensweise oft sehr subtil ist, persönliche Beziehungen und geschäftliche werden vermischt und Verkäufe als wirtschaftlicher Erfolg verkauft. Unentgeltlich und freundschaftlich werden Sammlungen katalogisiert und ganz nebenbei pekuniär bewertet. Bei passender Gelegenheit wird auf aktuelle Verkaufspreise hingewiesen, der Eigentümer geködert. Der Einsatz von zumeist schlecht bezahlten, meist adligen jungen Damen bis zu gar fürstlichen Vertretern dient natürlich nebenbei dem Status der Firmen gegenüber den nichtadligen Käufern. Aber wie gesagt ist dies nicht verwerflich, sondern das berechtigte Interesse jeder Firma, sich ein Profil zu geben, das auf dem Markt Erfolg verspricht.
Wenn die familien-interne, durch Erbverzichte abgesicherte Fortsetzung des Fideikommiss-Gedankens, der den Zusammenhalt des Vermögens in der Hand des Chefs des Hauses vorsah, um den "Splendor" des Hauses zu bewahren, an Geltung verliert - was könnte das für die Waldburger Kunstsammlungen bedeuten?
Ich hoffe, dass „Nachhaltigkeit" auch in Kulturdingen üblich wird. Denn die Konsequenzen in ähnlich gelagerten Fällen könnte sein, dass Zweit- und Drittgeborene nicht mehr einsehen, im Erbfall auf einen Teil des Hauptbesitzes zu verzichten, wenn dieser dann als Privatvermögen angesehen wird, über das frei verfügt werden kann. Eine Zersplitterung führt zum wirtschaftlichen Niedergang und in Folge verschwindet das kulturelle Erbe.
Ich fürchte, dass wir mit diesem Problem langfristig verstärkt zu kämpfen haben werden, denn alte Rechtformen, die nur noch moralisch gehalten werden, werden sich nicht auf Dauer halten lassen.
Gibt es etwas, was der Staat oder die Bürgergesellschaft Ihrer Ansicht nach tun könnte, um das einzigartige Ensemble der Sammlungen Max Willibalds aus dem 17. Jahrhundert, zu dem ja neben dem Kupferstichkabinett auch die noch unerforschte Bibliothek gehört, dauerhaft zu bewahren?
Das kann ich nicht beantworten.
Ich habe ja 2005 in meinem Artikel "Adelige Schatzhäuser in Gefahr" (in der Kunstchronik, Volltext: http://archiv.twoday.net/stories/2944976/ ) auf den zunehmenden Zerfall gewachsener alter Sammlungen in Adelshand hingewiesen. Wie sehen Sie die Problematik, was sollte man tun, um diese
Schätze zu retten?
Eine sehr schwere Frage. Zwang und größere staatliche Kontrolle sind eine Strafe für alle diejenigen, die sich um ihr kulturelles Erbe kümmern. Im Denkmalbereich zeigt es sich, dass der Einsatz der Eigentümer - so unzureichend er auch sein mag - immer noch besser ist als die Verwaltung von Außen. Ich glaube, der beste Weg ist eine Förderung der Eigentümer und eine Bestärkung derjenigen, die sich für Kultur einsetzen.
Gleichzeitig wäre es hilfreich, wenn im Falle eines Verkaufs versucht würde, die Kulturgüter am Ort zu halten und auch einen fairen Preis zu zahlen. Politisch ist dies ein Dilemma, denn erst die öffentliche Aufregung macht mancherorts den ideellen Wert vermittelbar. In der Vergangenheit gab es Fälle, in denen Kulturgut staatlichen Stellen zu einem günstigen Wert angeboten wurde, dies zurückgewiesen und dann doch zum Marktwert gekauft wurde. Ein Imageschaden für alle Seiten.
Sie heissen "Christoph Hubertus Willibald Maria Maximilian Eusebius Graf von Waldburg zu Wolfegg und Waldsee", Ihre Ehefrau ist eine geborene Freiin von Rosenberg, und auch Ihre Kinder haben 4-5 Vornamen. Was bedeutet für Sie persönlich "Adel"?
Titel wurden mit dem Zusammenbruch der Monarchie abgeschafft und gelten heute als Bestandteil des Namens. Von daher gilt der Spagat des „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen". Der Begriff Adel ist sehr abstrakt und allgemein. Er beinhaltet u.a. das Bemühen um ein kulturelles und moralisches Erbe, aber auch die Verpflichtung dazu. Die Familie Waldburg und der „Splendor" - wie Sie es nennen - sind mir wichtig. Mit meiner Frau und unseren Kindern bemühe ich mich, die traditionellen Werte des Adels zu bewahren und zu leben. Dies tun aber viele Familien, ob adelig oder nicht, deren Selbstverständnis über die aktuell Lebenden hinausgeht.
Sie leben im zauberhaften Wasserschloss Unsleben. Was tun Sie selbst, um adelige Kulturgüter zu bewahren und nutzbar zu machen?
Ich selbst tue momentan aus Zeitmangel zu wenig, da wir erst vor einigen Jahren nach Unsleben gezogen sind. Die Wirtschaftlichkeit ist im Moment noch ein grosses Thema für uns, aber gleichwohl unterstütze ich und freue mich über die wissenschaftliche Bearbeitung des Baues und seiner Bewohner. Das nur einen Schrank füllende Archiv steht für wissenschaftliche Bearbeitung offen. Das Schloss stammt von der Familie meiner Mutter, der Freiherrn v. Habermann, die als Juristen in Würzburg im 18. Jahrhundert geadelt wurden. Es ist ein Teil der lokalen Geschichte und daraus erwachsen gewisse Verpflichtungen, denen ich versuche, nachzukommen. Ich möchte auch das Bild geraderücken: Der weitaus grösste Teil der Privatbesitzer historischer Adelssitze kümmert sich um den Besitz und erhält sein Kulturelles Erbe. Nur wenige - meist aus finanzieller Not – „schlagen aus der Art"
Vielen Dank für das Interview!
(Gesamtübersicht unserer Meldungen: http://archiv.twoday.net/stories/4775647/ ) bereit war.
Graf Waldburg, Sie haben intensiv mit dem "Mittelalterlichen Hausbuch" gearbeitet, sogar ein Buch darüber geschrieben ("Venus und Mars"). Was bedeutet diese Handschrift für Sie persönlich?
Einen Aspekt finde ich natürlich besonders spannend: Das Rätselhafte und das schwer Kategorisierbare des Hausbuchs. Es fasziniert mich. Darüber hinaus sind es die Leichtigkeit, Heiterkeit und das sichere Erfassen menschlichen Tuns, die nicht nur für mich den Reiz ausmachen.
Wie stehen Sie zu Daniel Hess?
Als detailgenauen Wissenschaftler schätze ich ihn. Im Bereich des Hausbuchs kann ich viele Schlüsse nicht teilen.
Ich habe die Frage der Künstler nur gestreift. Denn letztlich ist der Streit über die Zahl der beteiligten Hände fast so alt wie die Forschung über das Hausbuch. Bereits die Autoren des Faksimiles von 1912 gingen anfangs von mehreren, dann von einem Künstler für die Hauptzeichnungen aus. Die Unterschiede sind offensichtlich. Rüdiger Becksmann nannte 1968 sechs Hände, die von Daniel Hess aufgenommen wurden. Ich sehe eine gewisse Stagnation in dieser Frage.
Auch die Trennung des Hausbuchs in zwei Teile halte ich für riskant. Das Hausbuch mit seiner eigenartigen Mischung verleitet zur Abtrennung des Teils, mit dem Geisteswissenschaftler nichts anfangen können, Bergbau und Krieg. Von dem Inhalt Kriegstechnik und Bergbau auf den Beruf des Besitzers zu schließen, halte ich für sehr gewagt. Mehr als ein bloßes Interesse an den Themen kann nicht vermutet werden. Beispielsweise der Bellifortis, eine beliebte kriegstechnische Bilderhandschrift, findet sich in Ratsbibliotheken und bei Bürgerlichen. Von daher ist der Kreis der in Fragekommenden sehr weit. Dagegen lässt sich feststellen, dass die Mitarbeiter bei dem neuen Faksimile jeder für sich eine Ordnung festgestellt haben. Ich selbst konnte feststellen, dass die sogenannten Genreszenen keine sind, sondern sich paarweise aufeinander beziehen. Ich vermute einen Minnezyklus, aber hier ist noch Forschungsarbeit vonnöten.
Wie haben Sie vom Verkauf des Hausbuchs erfahren?
Durch die Medien.
Wie bewerten Sie den Verkauf?
Ich habe natürlich eine emotionale Beziehung zum Hausbuch, als Teil des Kulturerbes meiner Familie. Von daher empfinde ich es als Verlust.
Stehen Sie mit dieser Position in der Familie allein?
Nein. Die Stimmung bei den Familienmitgliedern, mit denen ich gesprochen habe, ist ähnlich meiner. Und das nicht nur in dem Zweig, der sich mit historischen Fragen beschäftigt. Mein Grossvater hatte ein Buch über das Nord- und Südreich der Staufer verfasst und von daher sehe ich mich in seiner Tradition.
Vor etlichen Jahren haben wir uns schon einmal über die Kunstschätze Ihres Hauses Waldburg-Wolfegg und Waldsee unterhalten. Damals haben Sie das Traditionsbewusstsein der Familie unterstrichen, das für den Zusammenhalt der einzigartigen Kunstschätze in Wolfegg sorgt. Sind Sie nach dem Hausbuch-Verkauf nun mehr in Sorge?
Ich hoffe natürlich sehr, dass der Trend sich ändert und eine für die Familie annehmbare Lösung gefunden wird.
Was sollte Ihrer Ansicht nach mit dem Hausbuch geschehen?
Idealerweise wäre es im deutschsprachigen Raum untergebracht. Es wäre schön, wenn es zumindest im europäischen Raum bleiben würde. Der Zugang wäre sicher ähnlich eingeschränkt, wenn es in die Obhut des Staates käme. In der Verantwortung meiner Familie sind allein drei Faksimiles entstanden und wurden der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein engagierter Privatmann könnte ebenfalls das Hausbuch verantwortungsvoll erhalten. Vom Standpunkt des Kunstwerks aus gesehen wäre es natürlich am besten, es gut zu lagern und wenig zu strapazieren. Wer den Schutz gewährt, ist zweitrangig.
Muss es nicht alarmierend wirken, wenn der Chef des Hauses in einem im Ausstellungskatalog "Adel im Wandel" (Sigmaringen 2006) abgedruckten Interview moderne betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte in den Vordergrund stellt und sagt: "Man darf der Dynamik in den kunstsammlerischen Kreisen nicht zu viel in den Weg legen"?
Es gibt andere Interviews von Familienchefs in dem Band, die meinen Standpunkt eher vertreten.
Wie sehen Sie die Rolle des Kunsthandels beim "Ausverkauf" traditioneller adeliger Sammlungen?
Dass Antiquitätenhändler diese Sammlungen umschwirren wie Motten das Licht, ist klar. Es sind Händler und dieses Verhalten ist ihnen nicht vorzuwerfen. Als Eigentümer muss niemand darauf eingehen und es gibt einige Fürstenhäuser, bei denen diese Verkäufer Persona non grata sind. Wobei die Vorgehensweise oft sehr subtil ist, persönliche Beziehungen und geschäftliche werden vermischt und Verkäufe als wirtschaftlicher Erfolg verkauft. Unentgeltlich und freundschaftlich werden Sammlungen katalogisiert und ganz nebenbei pekuniär bewertet. Bei passender Gelegenheit wird auf aktuelle Verkaufspreise hingewiesen, der Eigentümer geködert. Der Einsatz von zumeist schlecht bezahlten, meist adligen jungen Damen bis zu gar fürstlichen Vertretern dient natürlich nebenbei dem Status der Firmen gegenüber den nichtadligen Käufern. Aber wie gesagt ist dies nicht verwerflich, sondern das berechtigte Interesse jeder Firma, sich ein Profil zu geben, das auf dem Markt Erfolg verspricht.
Wenn die familien-interne, durch Erbverzichte abgesicherte Fortsetzung des Fideikommiss-Gedankens, der den Zusammenhalt des Vermögens in der Hand des Chefs des Hauses vorsah, um den "Splendor" des Hauses zu bewahren, an Geltung verliert - was könnte das für die Waldburger Kunstsammlungen bedeuten?
Ich hoffe, dass „Nachhaltigkeit" auch in Kulturdingen üblich wird. Denn die Konsequenzen in ähnlich gelagerten Fällen könnte sein, dass Zweit- und Drittgeborene nicht mehr einsehen, im Erbfall auf einen Teil des Hauptbesitzes zu verzichten, wenn dieser dann als Privatvermögen angesehen wird, über das frei verfügt werden kann. Eine Zersplitterung führt zum wirtschaftlichen Niedergang und in Folge verschwindet das kulturelle Erbe.
Ich fürchte, dass wir mit diesem Problem langfristig verstärkt zu kämpfen haben werden, denn alte Rechtformen, die nur noch moralisch gehalten werden, werden sich nicht auf Dauer halten lassen.
Gibt es etwas, was der Staat oder die Bürgergesellschaft Ihrer Ansicht nach tun könnte, um das einzigartige Ensemble der Sammlungen Max Willibalds aus dem 17. Jahrhundert, zu dem ja neben dem Kupferstichkabinett auch die noch unerforschte Bibliothek gehört, dauerhaft zu bewahren?
Das kann ich nicht beantworten.
Ich habe ja 2005 in meinem Artikel "Adelige Schatzhäuser in Gefahr" (in der Kunstchronik, Volltext: http://archiv.twoday.net/stories/2944976/ ) auf den zunehmenden Zerfall gewachsener alter Sammlungen in Adelshand hingewiesen. Wie sehen Sie die Problematik, was sollte man tun, um diese
Schätze zu retten?
Eine sehr schwere Frage. Zwang und größere staatliche Kontrolle sind eine Strafe für alle diejenigen, die sich um ihr kulturelles Erbe kümmern. Im Denkmalbereich zeigt es sich, dass der Einsatz der Eigentümer - so unzureichend er auch sein mag - immer noch besser ist als die Verwaltung von Außen. Ich glaube, der beste Weg ist eine Förderung der Eigentümer und eine Bestärkung derjenigen, die sich für Kultur einsetzen.
Gleichzeitig wäre es hilfreich, wenn im Falle eines Verkaufs versucht würde, die Kulturgüter am Ort zu halten und auch einen fairen Preis zu zahlen. Politisch ist dies ein Dilemma, denn erst die öffentliche Aufregung macht mancherorts den ideellen Wert vermittelbar. In der Vergangenheit gab es Fälle, in denen Kulturgut staatlichen Stellen zu einem günstigen Wert angeboten wurde, dies zurückgewiesen und dann doch zum Marktwert gekauft wurde. Ein Imageschaden für alle Seiten.
Sie heissen "Christoph Hubertus Willibald Maria Maximilian Eusebius Graf von Waldburg zu Wolfegg und Waldsee", Ihre Ehefrau ist eine geborene Freiin von Rosenberg, und auch Ihre Kinder haben 4-5 Vornamen. Was bedeutet für Sie persönlich "Adel"?
Titel wurden mit dem Zusammenbruch der Monarchie abgeschafft und gelten heute als Bestandteil des Namens. Von daher gilt der Spagat des „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen". Der Begriff Adel ist sehr abstrakt und allgemein. Er beinhaltet u.a. das Bemühen um ein kulturelles und moralisches Erbe, aber auch die Verpflichtung dazu. Die Familie Waldburg und der „Splendor" - wie Sie es nennen - sind mir wichtig. Mit meiner Frau und unseren Kindern bemühe ich mich, die traditionellen Werte des Adels zu bewahren und zu leben. Dies tun aber viele Familien, ob adelig oder nicht, deren Selbstverständnis über die aktuell Lebenden hinausgeht.
Sie leben im zauberhaften Wasserschloss Unsleben. Was tun Sie selbst, um adelige Kulturgüter zu bewahren und nutzbar zu machen?
Ich selbst tue momentan aus Zeitmangel zu wenig, da wir erst vor einigen Jahren nach Unsleben gezogen sind. Die Wirtschaftlichkeit ist im Moment noch ein grosses Thema für uns, aber gleichwohl unterstütze ich und freue mich über die wissenschaftliche Bearbeitung des Baues und seiner Bewohner. Das nur einen Schrank füllende Archiv steht für wissenschaftliche Bearbeitung offen. Das Schloss stammt von der Familie meiner Mutter, der Freiherrn v. Habermann, die als Juristen in Würzburg im 18. Jahrhundert geadelt wurden. Es ist ein Teil der lokalen Geschichte und daraus erwachsen gewisse Verpflichtungen, denen ich versuche, nachzukommen. Ich möchte auch das Bild geraderücken: Der weitaus grösste Teil der Privatbesitzer historischer Adelssitze kümmert sich um den Besitz und erhält sein Kulturelles Erbe. Nur wenige - meist aus finanzieller Not – „schlagen aus der Art"
Vielen Dank für das Interview!