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Martina Rényi stellte für die 3sat-Kulturzeit Autor und Buch vor:"Gerhard Roth gilt als einer der bekanntesten österreichischen Schriftsteller der Gegenwart. Seine Werke suchen das Besondere im Alltäglichen und schaffen stets eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das Fotografieren dient ihm dabei als unverzichtbares Hilfsmittel, faszinierende Details und berührende Momente sichtbar zu machen. Unter dem Titel "Im unsichtbaren Wien" sind nun etliche dieser Fotos in Buchform erschienen.
"Die Fotografie ist, wie ich sie mache, nicht Kunst, sondern Privatdokumentation", sagt Roth. "Während ich beim Schreiben erfinde, versuche Erfahrungen festzuhalten, die nicht nur mich angehen, sondern, die ich mit anderen Personen teile. Das Schreiben ist viel mühsamer, verlangt viel Ausdauer, körperliche Kraft, Konzentration auf ein Thema. Das Fotografieren, das geht schneller, das ist eher der Lyrik verwandt für mich, wo es auf ein paar Details, auf ein paar Stimmungen ankommt."
Den Blick auf eben jene Details und Stimmungen gerichtet, dokumentiert Gerhard Roth die Stadt Wien von ihrer unsichtbaren Seite. Mauerflecke, verwischte Spuren der Vergangenheit und Einblicke in sonst verschlossene Depots und Archive eröffnen sich dem Betrachter der unzähligen Fotos, die jetzt unter dem Titel "Im unsichtbaren Wien" im Wien Museum und einem gleichnamigen Fotoband zu sehen sind. Wie bereits Roths Romanzyklen "Die Archive des Schweigens", "Orkus" und der jüngst erschienen Band "Die Stadt" blicken auch diese Bilder zurück in die Vergangenheit und machen Verdrängtes und Verschwiegenes hinter so manch düsterer Fassade sichtbar.

"Die Arbeit, die ich mache, ist nicht vom Grauen bestimmt, sondern sie führt mich dorthin", so Roth. "Ich fange beim Alltäglichsten an, und wenn Sie beim Alltäglichsten anfangen, sind Sie automatisch beim Grauen. Wir haben alles weggeräumt aus der Öffentlichkeit." Weggeräumt und gut versteckt wünscht sich so mancher auch die Flüchtlingslager. Gerhard Roth aber gelingt ganz ohne Worte und Suggestion ein eindringliches Plädoyer für mehr Menschlichkeit und Mitgefühl, über alle Paragraphen und Grenzen hinweg. "Ich habe sofort erkannt, dass alle in einer Kafka-Situation leben", so Roth, "dass sie plötzlich irgendwo sind in einer komplett anderen Umgebung, in einer komplett anderen Welt und sich in der zurecht finden müssen und es keinen Weg zurück gibt. Wenn man sich das nicht vorstellt, dann wird man auch keinen Zugang zu den Problemen der Flüchtlinge finden."
Umgeben von unzähligen Büchern und Zeitdokumenten arbeitet Gerhard Roth unentwegt weiter. Ein dichtes Beziehungssystem verbindet seine Werke, die - ob Roman, Erzählung oder Essay - von immer wiederkehrenden Schauplätzen, Figuren und Motiven durchzogen sind. "Das Schreiben bin ich selbst", sagt Roth. "Wenn ich nicht mehr schreiben könnte, würde ich entweder verrückt werden oder nicht mehr lange leben. Ich bin ein Schreibsüchtiger: So wie ein Alkoholiker trinken muss, so muss ich mich hinsetzen und schreiben. Ich bin überhaupt nicht fleißig. Da kommen manchmal Leute und sagen: 'Sie sind so fleißig.' Das ist fast wie eine Beleidigung. Es kommt ja auch niemand zu einem Trinker und sagt: 'Sie trinken so fleißig.' Da würde sich der Trinker schön bedanken. Ich schreibe, weil ich muss, weil ich nicht anders kann."

Mit Hilfe unzähliger Notizbücher nährt Gerhard Roth seine literarische Arbeit. 2011 wird der letzte Band seines Orkus-Zyklus erscheinen, der als innere Biografie und literarische Wahrheit gelesen werden kann und reale wie fiktive Figuren der letzten Jahrzehnte virtuos zusammenführt. "Die Wiener leben in einer privilegierten Stadt", so Roth, "weil es unendlich viel zu sehen, zu erfahren, zu entdecken gibt. Ich glaube, ich könnte da noch 50 Jahre weiterforschen und würde noch immer Dinge finden, die völlig neu sind für mich."


Ausstellung "Im unsichtbaren Wien – Fotonotizen von Gerhard Roth"
Wien Museum
bis 16.05.2010



Aktenkonvolut im Hofkammerarchiv, © Gerhard Roth/Franz-Nabl-Institut

Link zum Ausstellungsfolder (PDF)


s. a.:
http://archiv.twoday.net/stories/4166063/
http://archiv.twoday.net/stories/4947931/
http://archiv.twoday.net/stories/5866980/
Thomas (Gast) meinte am 2010/03/28 11:52:
AH die Archivarshände von HR Christian Sapper gut im Bild... 
 

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