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Kommunalarchive

"Anwohner des neuen Archivstandortes am Eifelwall fürchten eine Verschlechterung ihrer Wohnsituation und schlagen eine Standortalternative vor. 190 Unterschriften haben sie bereits gesammelt. .... Bei den Unterzeichnern handele es sich sowohl um Haus- und Wohnungseigentümer als auch um Mieter. „Wir habe hier in der Straße eine ganz gemischte Bewohnerstruktur, Selbstständige, Angestellte, Arbeiter, Studierende und dergleichen mehr.“ Die Unterschriftenliste soll demnächst „im Rahmen einer Petition“ dem Oberbürgermeister übergeben werden.

„Prinzipiell haben wir nichts gegen den Standort einer kulturellen Institution hier in dieser Gegend, an der Grenze von südlicher Neustadt und Sülz“, erläutert Olga Duchniewska, zurzeit hauptberufliche Hausfrau und Mutter, „aber die städtischen Planungen gingen an der Lebenswirklichkeit der Anwohner vorbei.“ Wenn der gut 140 Meter lange und 50 Meter breite Baukörper des Gebäudekomplexes, in dessen Mitte ein gewaltiger 21 Meter hoher „Schrein“ (das eigentliche Archiv) entstehen soll, in der vorgesehenen Weise realisiert werde, befürchten die Anwohnereine Verschlechterung ihrer Wohnsituation in gleich mehrfacher Hinsicht: „Die ohnehin schon große Lärmbelästigung wird durch die geschlossenen Bebauung noch erhöht“, sagt Puhl(er nennt das einen „Schalltrichter“), „Gleiches gilt für die Abgasbelastung, und sämtliche Parkmöglichkeiten für die Anwohner entfallen.“

Vor allem aber werde der siebengeschossige „Schrein“ die vorhandene Wohnbebauung erheblich übersteigen: „Der Eifelwall wird für einen Großteil des Jahres fast vollständig beschattet“, das führe auch zu höheren Energiekosten für die Anwohner. „Viele sagen, sie würden dann wegziehen“, ergänzt Duchniewska. Die Situation habe sich schon durch den gestiegenen Eisenbahnverkehr „sehr verschlechtert“. Aus all diesen Gründen fordert die Bürgerinitiative, das Stadtarchiv – etwa um 90 Grad gedreht – parallel zur Luxemburger Straße zu bauen, der Haupteingang könnte wie vorgesehen am Eifelwall errichtet werden, Tiefgaragen und Versorgungszufahrten ließen sich auf der Rückseite des Archivs realisieren. Die geplante Grünfläche als Teil des inneren Grüngürtels solle entlang des Eifelwalls entstehen, so sei auch ein barrierefreie Verbindung zwischen Uni-Grünanlagen und Volksgarten möglich. Was Puhl und Duchniewska ziemlich ärgert, ist die Tatsache, dass es trotz dieser konstruktiven Vorschläge so gut wie keine Reaktion seitens der Stadt gebe, auch Bezirksbürgermeister Andreas Hupke habe sich nicht gemeldet, nachdem man Kontakt zu seinem Büro aufgenommen habe. „Wir werden schlichtweg ignoriert“, sagt auch Marlene Beu, „es gab keine Bürgerbeteiligung wie im Masterplan vorgesehen.“ Und Puhl, früher Beamter im höheren Dienst, schimpft: „Die Verwaltung soll sich endlich mal um die Interessen der Anwohner kümmern, um die Menschen.“

Ein weiteres Argument, das gegen den Bau am Eifelwall spricht, stammt von „Lebenskünstler“ Rolf Tepel, der sich – von der Stadtverwaltung geduldet – auf dem Gelände zwischen Eisenbahn und Eifelwall seine eigene kleine Welt, sein „Paradies“ geschaffen hat, „Mit keinem Wort“, so hat er in einem Vortrag im „Haus der Architektur“ formuliert, seien die Architekten des Archivneubaus darüber informiert worden, dass die Stadt Köln zu gleicher Zeit „öffentlich“ darüber nachdenke, die Linie 18 als U-Bahn über den Barbarossaplatz in Richtung Klettenberg/Sülz weiterzuführen. ...."

Quelle: Kölner Stadt-Anzeuiger, 1.11.11



"Die am 7. Oktober 2011 im Kölnischen Stadtmuseum eröffnete Ausstellung »Drunter und drüber. Der Waidmarkt« wurde gemeinsam vom Kölnischen Stadtmuseum und Römisch-Germanischen Museum erarbeitet. Die Ausstellung befasst sich mit dem Waidmarkt von der Antike bis heute.

Mein Ausstellungsbeitrag umfasst vierzehn Bilder, die ich seit 2004 bis heute am Waidmarkt aufgenommen habe. Vierzehn Bilder sind nicht sehr viel für diese acht Jahre, also habe ich ein Buch daraus gemacht, das ebenfalls zur Ausstellung erschienen ist.

Eusebius Wirdeier
Zeitraffer Waidmarkt – Bildarchiv 2004–2011
51 Fotografien von Eusebius Wirdeier und ein Text
96 Seiten im Großformat 23 x 32 cm · broschiert
Erscheinungstermin 6. Oktober 2011

Subskriptionspreis € 18,00* bis zum 31. Dezember 2011 ..."

Quelle: Verlagsinfo

"Seit 2003 hat Eusebius Wirdeier im Rahmen seiner freien fotografischen Arbeit “colonia subterrania” die archäologischen Ausgrabungen und Bauarbeiten im Zusammenhang mit dem Bau der Nord-Süd-Stadtbahn Köln aufgenommen. Dabei entstand auch ein großes Konvolut Aufnahmen vom Waidmarkt. Nach dem Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 3. März 2009 nahm er dann Feuerwehrleute, Archivarinnen und Archivare und freiwillige Helfer bei der Bergung von Hausrat und Archivalien auf. Wirdeiers fotografische Arbeit überliefert uns den Bau der Schlitzwände vor dem Magazingebäude des Historischen Archivs, die anschließende Arbeit der Archäologen am Waidmarkt sowie die inzwischen von dort verschwundenen Gebäude. Aufnahmen von Abriss des Polizeipräsidiums im Jahr 2011 und vom Bergungsbauwerk auf dem Archivgelände runden diese achtjährige Arbeit ab, die das Viertel um St. Georg im Wandel zeigt. ...."
Quelle: Stadtteul-Blog Köln Sülz, 2.11.11

http://www.karlsruhe.de/b1/stadtgeschichte/bestaende

Mit 37.000 digitalisierten Bildern, die bei Vergrößerung ein scheußliches Wasserzeichen zeigen. Zum Sich Übergeben.

Und für die Qualität der Fa. AUGIAS spricht einmal mehr die folgende Bemerkung: "Eine detail­lier­tere Recherche ist mit der Intra­net­ver­sion von AUGIAS möglich, die im Lesesaal des Stadt­ar­chivs zur Verfügung steht."

Via
http://www1.karlsruhe.de/Aktuell/Stadtzeitung11/sz4408.htm

Hier liegt kein Urheberrecht vor, das ein Wasserzeichen rechtfertigt.

Dass der italienische und der deutsche Faschismus bei der Stigmatisierung, Entrechtung und Tötung von unschuldigen Menschen einander buchstäblich entgegen gearbeitet haben, ist zwar grundsätzlich bekannt (wenn auch von manchen Revisionisten bestritten), aber selten aktenkundig nachvollziehbar. Eine kürzlich erfolgte Abgabe "meldeamtlicher" Akten an das historische Archiv der Stadt Bozen, die von 1922-1943 von faschistischen Podestàs verwaltet wurde, dokumentiert eindrucksvoll diese totalitäre "Achse des Bösen". Seit November 1938, dem Erlass italienischer "Rassegesetze", wandten die italienischen Behörden diskriminatorische Maßnahmen aus "rassischen" Motiven an und erstellten Listen der jüdischen (bzw. von den Behörden zu solchen erklärten) MitbürgerInnen zum Zweck ihrer Ausgrenzung. Die Entrechtung betraf zunächst die Sphären von Schulbesuch, Beruf und öffentlicher Betätigung und wurde nach und nach bis zum Entzug der Staatsbürgerschaft und zur Inhaftierung in Lagern gesteigert. Nach der nationalsozialistischen Besetzung Bozens und Südtirols am 8. September 1943 dienten die von den Faschisten angelegten Listen der Deportation der Entrechteten in die Vernichtungslager.
Das Stadtarchiv Bozen hat seine Forschungen in den vergangenen Jahren verstärkt auf die Geschichte des Bozner NS-Lagers (1944-45) gerichtet. Es möchte nun die neue Aktenlage zur Vorgeschichte des Lagers und der Deportation unter der Leitung des Historikers Hannes Obermair so rasch als möglich aufarbeiten und hat anlässlich des heutigen Gedenkens an die "Reichspogromnacht" von 1938 eine entsprechende Pressemitteilung veröffentlicht:

http://www.gemeinde.bozen.it/stampa_context.jsp?ID_LINK=426&area=295&id_context=18836&COL0008=36

http://www.comune.bolzano.it/stampa_context.jsp?ID_LINK=426&area=295&id_context=18831&COL0008=36

(jeweils mit Dokumentenbeispielen)

“Die Sicherung des audiovisuellen Erbes ist ein komplexer Prozess, der eine Reihe von rechtlichen, institutionellen, technischen und finanziellen Lösungen erfordert. Nichthandeln bedeutet den Verlust eines ganzen Kapitels dieses Erbes in weniger als zehn Jahren und führt zu einer bleibenden Verarmung von Gedächtnis, Kultur und Identität der Menschheit«
Koïchiro Matsuura, Generaldirektor der UNESCO, Tag des audiovisuellen Erbes, 27.10.2007 (1)

Um auf die von Matsuura geschilderte Gefahr eines Kulturgutverlustes zu reagieren, ist es notwendig zunächst die rechtliche und quantitative Ausgangslage in Westfalen zu eruieren. Alle westfälischen Kreise und kreisfreien Städte verfügen über ein Lokalradio - mit einer Ausnahme: der Kreis Olpe. Hinzu kommen die Campusradio-Stationen der Universitäten Bielefeld, Bochum, Dortmund, Münster und Siegen. Verlässliche Aussagen über die Anzahl von “Bürgerfunk/Radiowerkstätten” in Westfalen ließen sich nicht ermitteln. An dieser Stelle wird lediglich auf die beiden lokalen Fernsehsender in Westfalen verwiesen: CityVision RegionRuhr und wm.tv (West-münsterland TV mit Sitz in Bocholt). Die lokalen Radio- und Fernsehsender ín Westfalen-Lippe gewinnen ihre Bedeutung und ihren wirtschaftlichen Erfolg durch die Verbreitung in der Region. Eine Medienanalyse ergab im März 2011 (2) beispielsweise für den Sender Radio Siegen eine Reichweite von 39,5%; vierzig Prozent der Bevölkerung im Kreisgebiet Siegen-Wittgenstein hören täglich den lokalen Sender. Ein Vergleich: bei der Kreistagswahl am 30.08.2009 erreichte die CDU in Siegen-Wittgenstein als stärkste Partei 37,74%.
Lediglich das Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen vom 5. Juni 2007 (3) gibt Aufschluss über Aufbewahrungsfristen der lokalen Medienanstalten:
“ ….§ 43 Einsichtnahmerecht und Aufzeichnungspflicht
(1) Die Sendungen sind vom Veranstalter in Ton und Bild vollständig aufzuzeichnen und auf-zubewahren. Bei Sendungen, die unter Verwendung einer Aufzeichnung oder eines Films verbreitet werden, kann abweichend von Satz 1 die Aufzeichnung oder der Film aufbe-wahrt oder die Wiederbeschaffung sichergestellt werden.
(2) Die Pflichten nach Absatz 1 enden drei Monate nach dem Tag der Verbreitung. Wird in-nerhalb dieser Frist eine Sendung beanstandet, enden die Pflichten nach Absatz 1 erst, wenn die Beanstandung durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung, durch gerichtli-chen Vergleich oder auf andere Weise erledigt ist. …..”

Weitergehende Regelungen zu Aufbewahrungs- bzw. Archivierungspflichten der Medienanstalten finden sich nicht. Die Konsequenz ist, dass die Pflege eines längerfristigen Archivs zurzeit allein den Senderanstalten überlassen ist. Im Gespräch mit dem Chefredakteur von Radio Siegen zeig-te sich eine weitere Gefahr: das Selbstverständnis der lokalen Sender. Lokale Radios verstehen sich eher als “Begleitmedien” und nicht so sehr als Inhaltsmedien. Dies führt dazu, dass die Sender den von ihnen ermittelten, unterhaltend verpackten Informationen einen geringen historischen Wert, auch im Sinne eines “Programmvermögens”, beimessen. Löschungen bei Ressourcenknappheit oder Systemwechseln sind somit Tür und Tor geöffnet.

Zur Klärung der Überlieferungssituation des audiovisuellen Dokumentationsgutes lokaler Medien wurden im Januar 2011 dem Arbeitskreis der nordrhein-westfälischen Kreisarchive beim Landkreistag Nordrhein Westfalen drei Fragen gestellt: Haben Sie bereits Dokumentationsgut der lokalen Sender (incl. Bürgerfunk) übernommen? Falls ja, ist es erschlossen und benutzbar? In welcher technischen Form liegt das Material bei Ihnen vor?
Das Ergebnis ist ernüchternd. In Westfalen verwahrt lediglich das Kreisarchiv Borken Mitschnitte von Sendungen mit Kreisthemen bzw. –mitarbeitern. Es liegen Tonbänder, Videobänder und digitales Dokumentationsgut vor, das mit einer EXCEL-Liste erschlossen ist. Es ist davon auszugehen, dass die Tendenz dieses Ergebnisses auch auf die Archive der kreisfreien Städte und auf die Universitätsarchive übertragen werden kann.

Angesichts der bisherigen, beiderseitigen Zurückhaltung bei der Überlieferungsbildung ist die Frage zu prüfen, ob der Quellenwert des zu erwartenden, audiovisuellen Dokumentationsgutes lokaler Medien so gering ist, dass ein kommunalarchivisches Engagement archivisch nicht begründbar ist. Wie ist es also um die Fähigkeit der Unterlagen bestellt, die Art und Weise der Tätigkeit lokaler Sender zu dokumentieren (Evidenzwert)? Zwei Beispiele aus dem digitalen Archiv des Senders Radio Siegen sollen verdeutlichen, was bei lokalen Medien erwartet werden kann.
Das Sounddesign ist quasi die akustische Visitenkarte des Senders. Das Jingle und die Anmoderation des “Radiojournals” auf Radio Siegen aus dem Jahr 1995 verdeutlichen gleich mehrere Sachverhalte: Das opulente Audio-Logo dieser Sendung wurde lt. mündlicher Auskunft des Chefredakteurs von Radio Siegen in den holländischen Endemol-Studios produziert und verweist auf amerikanische Vorbilder. Das Sendeformat „Radiojournal“ ist historisch. Es wird heute nicht mehr ausgestrahlt. Der Moderator ist zwischenzeitlich Pressesprecher des Kreises Siegen-Wittgenstein. Aus der Anmoderation hervor, dass sich das Sendestudio von Radio Siegen 1995 noch in der Siegener Bahnhofstr. (heute: am Obergraben) befand. Hier gibt ein einziges Archivale Auskunft zum Selbstverständnis des Senders, zur Programmplanung, zu Personal- und Standortfragen. Diese Punkte gehen sicher auch aus der schriftlichen Überlieferung des Senders hervor - aber in dieser Dichte?
Zur Entstehung eines Radio-Beitrages findet sich bei Radio Siegen keine schriftliche Überlieferung (mehr). Lediglich Sounddateien geben Aufschluss über die Entstehung eines Beitrages. Am Beispiel des Formats “Jahresrückblick” lässt sich dies im digitalen Archiv von Radio Siegen gut nachvollziehen. Von erhaltenen, ungeschnittenen Originalaufnahmen bis zu den gesendeten, durchaus unterschiedlichen Versionen des Jahresrückblicks ist erkennbar, wie ein Sendebeitrag entsteht.

Wie steht es nun um die Aussagekraft der medialen Überlieferung hinsichtlich “sonstiger Kontexte” (Informationswert)? Worüber gibt das audiovisuelle Archivgut besser Auskunft als herkömmliche Archivalien? Die wichtigste Information, die die lokalen Radio- und Fernsehbeiträge überliefern, ist die Emotion bei allen regionalgeschichtlich relevanten Themen. Begründet ist dies in der der unmittelbaren Entstehung der Sendebeiträge (z. B. Livereportagen, O-Töne etc.). Die Überlieferung der Bürgermeinung zu lokalen bzw. regionalen Ereignissen durch Umfragen darf hier ebenso wenig ungenannt bleiben wie die Interviews mit im weitesten Sinne regional bedeutenden Persönlichkeiten.
Wenden wir uns zuerst den Emotionen bei regionalgeschichtlich relevanten Themen zu. Im Juni 2005 gelang dem damaligen Fußballregionalligisten Sportfreunde Siegen der Aufstieg in die zweite Fußballbundesliga. Die Aufstiegskonferenz ist in der Endphase hochemotional.
Dieser Eindruck kann durch keine andere Quelle ersetzt werden. Eine Nachfrage beim Chefredakteur von Radio Siegen und beim fußballinteressierten Landrat des Kreis Siegen-Wittgenstein ergab bei der Vorbereitung zu diesem Vortrag, dass beide Personen ohne Zögern den Ort benennen konnten, an dem sie die Konferenz gehört hatten. Ein Effekt, der z. B. bei einer Präsentation zur Sportgeschichte des Kreises Siegen-Wittgenstein nicht unwillkommen sein dürfte. Grundsätzlich sind die Gefühle der Menschen einer Epoche die Quellen für eine in ihrer Bedeutung voraussichtlich zunehmende, regionale Mentalitätsgeschichte.(4) In den Beständen der kommunalen Archive in Westfalen dürften sie sich nur in Nachlässen oder Sammlungen (z. B. Oral-history-Projekte) finden lassen.
Im Gegensatz zu Leserbriefen bieten die Radioumfragen zu regionalen Themen einen ungeschönten Blick auf die Volksstimme. Der Abriss des Krupphochhauses in Siegen (2009) (5) nach langem Leerstand wurde 2007 öffentlich kontrovers diskutiert. Denkmalpfleger und Architekten votierten für den Erhalt dieser “Ikone der Nachkriegs-Moderne" (2007). Während einige Leserbriefe moderat den Abriss des Gebäudes befürworteten, findet sich in einer Radio-Siegen-Umfrage (2007) der drastische Vorschlag der Sprengung. Hier ergänzen die audiovisuellen Quellen die zu erwartende schriftliche Überlieferung.
Interviews mit regionalen Persönlichkeiten erweitern den Blick auf deren Einschätzungen zu tagesaktuellen und regionalen Themen. Einblicke in deren Privatleben sind gleichfalls zu erwarten, so gab Paul Breuer(6), Landrat des Kreises Siegen-Wittgenstein, anlässlich des 20. Geburtstages von Radio Siegen (2010) bereitwillig Auskunft über entspannende Momente als Pfeifenraucher auf dem regionalen Kulturfestvial KulturPur(7).
Archivterminologisch dürfte der Unterhaltungswert als Unterkategorie des Informationswertes angesprochen werden. Aber gerade die regionalen Comedysendungen von Radio Siegen kommentieren als “Hör-Karikatur” sowohl regionalhistorische Ereignisse als auch die regionale Mentalität. Denkbar wäre sogar der Einsatz von “Pannen” bei der Darstellung der lokalen Mediengeschichte.
Abschließend ist zum Quellenwert daher zu sagen: Als multimedial verwertbare (!) Quelle lokaler Zeit-, Mentalitäts-, Biographie- oder Mediengeschichte ist die Überlieferung der lokalen audiovisuellen Medien von den kommunalen Archiven (Kreis- und Stadtarchive) zu sichern. Die ältere und auch weiterhin ergänzende Überlieferung der öffentlich-rechtlichen Medien erreicht aufgrund deren regionalen Organisationsstruktur bei weitem nicht die Dichte der lokalen Rundfunk- und Fernsehsender.

Die Publikation "Empfehlungen Ton - Die Erhaltung von Tondokumenten" (November 2008) (8) des schweizerischen Vereins Memoriav bietet grundlegende Erklärungen zu Tondokumenten, die für das Verständnis der Erhaltungsprobleme unerlässlich sind. Die dort gemachten Hinweise zur Sicherung und Erschließung stellen immer noch den derzeitigen Stand der Technik dar.
So wird als Dateiformat der zwischenzeitlich wohl bei allen Sendern ausschließlich vorhandenen, digitalen Audiodateien das wav-Format (oder darauf basierende Formate BWF bzw. AIFF) als zur Langzeitsicherung geeignet angegeben. Ein archivischer Erschließungsstandard für Tondateien hat sich noch nicht ausgebildet. Bislang orientiert man sich daher an Vorgaben aus dem Bibliotheksbereich.

Am Beginn der hier vorzustellenden Kooperation zwischen dem Kreisarchiv Siegen-Wittgenstein und Radio Siegen stand ein Gespräch zwischen dem Leiter des Kreisarchives und dem Chefredakteur des lokalen Senders, das durch die Vermittlung des Kreispressesprechers (s. o.) zustande kam. Ziel war zunächst das Sounddesign des Senders zu erhalten, das bei den Vorbereitungen zum 20-jährigen Bestehen im Jahr 2010 „gesichtet“ und vom Sender digital gesichert worden war. Ziel des Kreisarchivs war jedoch von Beginn an die Sicherung der archivrelevanten Audios seit 2000. Denn in diesem Jahr führte Radio Siegen eine digitale Programmverwaltung ein und analoge Medien waren nicht mehr vorhanden. Diese Erweiterung der Kooperation fiel auf äußerst fruchtbaren Boden. Den Mitarbeitern des Kreisarchivs wurde an mehreren Tagen ein Arbeitsplatz im Sender zur Verfügung gestellt, der es erlaubte, weitestgehend ungestört alle Dateien durchzu-sehen und gegebenenfalls anzuhören.
Empirisch entwickelte sich so ein „Dokumentationsprofil“, das dem oben ausgeführtem Quellenwert Rechnung trägt:
a) Alle erhaltenen Produktionsschritte zur Erstellung der Jahresrückblicke seit 2000 werden vollständig übernommen.
b) Regional bzw. lokal wichtige Ereignisse und Projekte (z. B. NRW-Tag in Siegen [2010] (9), Wiederansiedlung der Wisente in Bad Berleburg [seit 2005] (10)) werden berücksichtigt.
c) Kurioses wird, sofern vertretbar, berücksichtigt z. B. eine in den neunziger Jahren entstandene Bürogymnastikserie mit Silvia Neid(11).
Die ausgewählten Dateien stehen dem Kreisarchiv zur uneingeschränkten, nicht kommerziellen Nutzung mit Namensnennung zur Verfügung. Für die weitere Zusammenarbeit ist eine jährliche, gemeinsame „Aussonderung“ der archivwürdigen Audiodateien vereinbart worden. Um die Audio-Überlieferung des lokalen Senders abzurunden, gilt es die schriftliche Überlieferung der den Sen-der tragenden Veranstaltergemeinschaft und der Betriebsgemeinschaft zu sichten und zu bewerten.

Fußnoten:
(1) http://unesdoc.unesco.org/ulis/cgi-bin/ulis.pl?catno=154103
(2) http://www.radio-siegen.de/werben/reichweiten/index.html
(3) http://www.lfm-nrw.de/fileadmin/lfm-nrw/Medienrecht/lmg2007.pdf
(4) Für das Siegerland s: Armin Flender/ Dieter Pfau/ Sebastian Schmidt: Regionale Identität zwischen Kon-struktion und Wirklichkeit. Ein historisch-empirische Untersuchung am Beispiel des Siegerlandes, Baden-Baden 2001.
(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Krupp-Hochhaus_Geisweid
(6) http://de.wikipedia.org/wiki/Paul_Breuer
(7) http://www.siwikultur.de/kulturpur/
(8) http://de.memoriav.ch/dokument/Empfehlungen/empfehlungen_ton_de.pdf
(9) http://www.nrw-tag-2010.de/
(10) http://www.wisente-rothaargebirge.de/
(11) http://de.wikipedia.org/wiki/Silvia_Neid

Quelle: Archivpflege in Westfalen und Lippe, Heft 75 (2011), S. 37 - 39


Quelle: Pumpwerk Siegburg

"Rosemarie Stuffer hat rund 40 Gemälde und Objekte aus Ton und Papier im Siegburger Pumpwerk ausgestellt. Die Künstlerin hat sich vom eingestürzten Stadtarchiv inspirieren lassen.
Die Bilder haben sich ins Gedächtnis eingebrannt: Mauerteile, Trümmer, aufgerissene Fassaden an der Stelle, an der einmal das Historische Archiv der Stadt Köln stand. Zwei junge Männer wurden aus dem Leben gerissen, das Gedächtnis einer Stadt zerstört, zerfetzt, vergraben im Schutt. Der Einsturz des Stadtarchivs im März 2009 erschütterte auch die Mucher Künstlerin Rosemarie Stuffer:„Ich bin nach Köln an den Unglücksort in die Severinstraße gefahren“, erzählt sie. „Mir war sofort klar, dass ich das künstlerisch verarbeiten muss.“

Die Trümmer, die Zerstörung, das Chaos thematisierte sie noch im selben Jahr in einer Serie aus Gemälden und Objekten, in denen sie die Formen aus dem Bild ins Dreidimensionale übersetzte. Zerstörung, Chaos – das sind die Themen der 70-Jährigen. „Reines Chaos wäre schrecklich“, sagt sie. „Aber Chaos ist Nährboden für Veränderungen, und die wiederum haben Einfluss auf die Menschen. Sich selbst zu verändern ist das Schwierigste überhaupt.“ „Veränderungen“ ist auch der Titel der aktuellen Ausstellung der Künstlerin im Siegburger Pumpwerk. Neben der Reihe „Gedächtnis der Stadt“ werden rund 30 weitere Bilder und Objekte aus den letzten Jahren gezeigt: Farbintensive Bilder, filigrane Papierarbeiten, Objekte aus Ton. „Ich habe mit Skulpturen begonnen, die Malerei kam später dazu“, erzählt Rosemarie Stuffer. „Ich wollte über den Tellerrand schauen dürfen.“

Interdisziplinäres Arbeiten ist ihr wichtig: Immer wieder durchkreuzen stilisierte Stadtpläne ihre Bilder, hat sie Entwurfszeichnungen aus ihrer Zeit als Stadtplanerin in Bergisch Gladbach eingearbeitet. Sie spachtelt Bitumen auf die Leinwand, klebt Zellulose an Draht, brennt ihre Ton-Objekte nach einer japanischen Tradition aus dem 16. Jahrhundert. „Raku“ heißt die Technik, bei der die Keramik in einem mit Holz befeuerten im Ofen im Freien gebrannt wird und in Laub abkühlt. „Weil meine Objekte so groß sind, muss ich sie mit einem Flaschenzug aus dem Ofen holen“, berichtet sie. Risse, Sprünge, Farbverlauf – kein Objekt gleicht dem anderen. Durch den Raku-Brand ergeben sich spannende Veränderungen: „Durch den Brand bekommt das Werk eine Eigendynamik, es lässt sich nie vorhersagen, wie es aussehen wird.“

„Veränderungen“ bis 4.11. im Pumpwerk, Bonner Straße 65, Siegburg. ☎ 02241/97 14 20 "

Quelle: Sandra Ebert und Sophie Jung, Kölner Stadt-Anzeiger20.10.11



Informationen und Eindrücke über die Größe des Archivbestandes bekamen interessierte Besucher gestern in Recklinghausen. Anlass der Sonntagsöffnung war die Neueröffnung des Instituts für Stadtgeschichte und des Vestische Archivs. Ein besonderer Anziehungspunkt dabei: Die Ausstellung wertvoller Dokumente, darunter die Stadtgründungsurkunde aus dem Jahr 1236.
Quelle: http://media.wmtv-online.de/

"Aufmerksame Beobachter haben die Armada von Umzugswagen vor der Villa Plange registriert. Sie ist ein Vorbote von lange geplanten Veränderungen. Das Kreisarchiv zieht in diesen Tagen vom Soester Sigefridwall in das Kreishaus um. Denn in der Villa beginnen dringende Reparaturmaßnahmen.
Wasserschäden sind in einigen Räumen längst sichtbar. So funktioniert die Balkonentwässerung wegen defekter und nicht ausreichend dimensionierter Rohrleitungen nur unzureichend. Auch für andere Ver- und Entsorgungsleitungen besteht dringender Handlungsbedarf, wenn das denkmalgeschützte Gebäude keinen größeren Schaden nehmen soll. So stehen Heizungsarbeiten sowie Maßnahmen rund um Sanitär- und Elektroinstallation in den nächsten Monaten bevor. Daneben sollen Fenster und Türen ausgetauscht werden, vor allem aus energetischen Gründen. Aus dem Jahr 2010 stehen für das Projekt noch 110.000 Euro zur Verfügung, für 2011 hat der Kreistag 225.000 Euro an Haushaltsmitteln bereitgestellt.
Wegen des Umzugs bleibt das Archiv noch bis zum 28. Oktober geschlossen. Ab dem 31. Oktober ist das Kreisarchiv im Kreishaus am Hohen Weg unter der bekannten Telefonnummer 02921/302960 und der E-Mail-Adresse kreisarchiv@kreis-soest.de zu erreichen. Benutzungen des Archivs sind nach Voranmeldung möglich.
Das Magazin des Kreisarchivs verbleibt im Keller der Villa Plange. Zurzeit wird geprüft, ob die bisherigen Räume des Kreisarchivs im Ober- und Dachgeschoss der Villa Plange künftig von der jetzt noch im Kreishaus untergebrachten wfg Wirtschaftsförderung Kreis Soest GmbH genutzt werden können. Die Sanierungs- und Reparaturmaßnahmen, bei denen die Vorgaben des Denkmalschutzes zu beachten sind, werden den Zeitraum bis Juli 2012 in Anspruch nehmen. Zur langfristigen Unterbringung des Kreisarchivs, für dessen Bestände mittlerweile weder in der
Villa Plange, noch im Kreishaus genügend Raumkapazitäten zur Verfügung stehen, prüft der Kreis Soest mehrere Alternativen. Das hängt auch vom Erfolg des Regionale-2013-Projekts Adam-Kaserne Soest ab. Der vorliegende Konzeptentwurf sieht die Ansiedlung des Kreisarchivs mit dem Stadtarchiv vor."


via Mailingliste "Westfälische Geschichte"

Die Vermutung, jener ehrwürdige Greis, der Melanchthon auf dem Speyerer Reichstag von 1529 vor der bevorstehenden Verhaftung des Simon Grynäus warnte, sei der ehemalige Speyerer Stadtschreiber Michael Geilfuß gewesen, geht auf Erhard Christoph Baurs Lehmann-Biographie von 1756 zurück:

http://books.google.de/books?id=tBk6AAAAcAAJ&pg=PA206

Zur Sache die "Geschichte des Reichstages zu Speier im Jahre 1529" von Julius Ney 1880 (Separatabdruck aus den MHV Pfalz) S. 157-159

http://www.archive.org/details/geschichtedesre00neygoog
http://books.google.com/books?id=B10TAAAAYAAJ&pg=PA157 (US-Proxy)

In Baurs Verzeichnis der Kanzleiverwandten (Stadtarchiv Speyer 1 A 72) wird er mit den Tätigkeitsdaten 1483-1523 angeführt.

Einige Notizen zu ihm finde ich im Netz.

1493 Notar Michael Geilfuß von Motern (Mothern bei Weissenburg nördlich von Seltz im Elsaß, Speyerer Diözese) urkundet in Speyer
ZGO 26 (1874), S. 459
http://books.google.com/books?id=fYYVAAAAYAAJ&pg=PA459

1493 Notar des geistlichen Gerichts hat ein Haus in Speyer
http://www.archivdatenbank.lha-rlp.de/speyer/a/a.5/f9/fb/urkunden/71/

1494 Notar Michael Geilfusz des Speyerer Richters
http://www.wubonline.de/?wub=5688

1497 beurkundet als Stadtschreiber ein Testament
http://www.archivdatenbank.lha-rlp.de/speyer/a/a.6/e6/fb/akten/168/

1500 "Der Stadtschreiber Michael Geilfuss erhielt 70 fl. Lohn, 10 fl. für ein Kleid, die Hälfte der Einkünfte der Canzlei, freie Wohnung und Befreiung von allen städtischen Abgaben, ausser vom Kaufbausgeld; der Unterstadtschreiber Steffan Reyn von Alzei hatte 30 fl. Lohn, 4 fl. für ein Kleid, die Hälfte der Schreibgebühren."
MHV Pfalz 5 (1875), S. 24
http://books.google.de/books?id=H6gOAAAAYAAJ&pg=RA4-PA24

1502 Notar Michael Geilfuss de Motern
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/remling1853/0459

1503 Gesandter (als Stadtschreiber) zu Florenz von Venningen
http://books.google.de/books?id=4mZFAAAAcAAJ&pg=PA10

1505 Reichstag zu Köln
http://books.google.de/books?id=XyYJAQAAIAAJ (s. Register)

1506 Gesandter (als Stadtschreiber) zu Maximilian
http://www.archivinformationssystem.at/detail.aspx?ID=599752

1507 Gesandter (als Stadtschreiber) nach Udenheim (Remling, Bischöfe II, 216)
http://books.google.de/books?id=sUNBAAAAcAAJ&pg=PA216

1508/11 Beklagter vor dem RKG
http://www.archivdatenbank.lha-rlp.de/speyer/a/a.6/e6/fb/akten/773/

1514 alter Stadtschreiber (Protokolle des Speyerer Domkapitels)
http://books.google.de/books?&id=i3k-AAAAYAAJ&dq=geylfus+michael&q=geylfus
Laut Register Nr. 3750, 3819, 4138, 4634

1518 die beiden Stadtschreiber Michael Geylfuß und Diether Truwel (sonst überwiegend Drawel) vertraten die Stadt
http://books.google.de/books?id=AtsCAAAAQAAJ&pg=PA239

[1481 ?] Speyerer Kleriker und öffentlicher Notar Michael Geylfus von Moteren fertigt im Kreuzgang des Wormser Doms ein Notariatsinstrument aus
http://books.google.de/books?id=a5hIAAAAMAAJ&q=geylfus+michael

Die elsässische Herkunft spricht eher gegen einen familiären Zusammenhang mit dem Erfurter Rektor Nikolaus Geilfus aus Speyer 1444/5
http://books.google.de/books?id=f0ZNAAAAYAAJ&q=geylfu%C3%9F
Nikolaus Geylfuß (ID: 1058176559)", in: RAG, Repertorium Academicum Germanicum. URL: http://www.rag-online.org/gelehrter/id/1058176559 (Abgerufen: 21. October 2011)

1408 lebte in der Speyerer Löwengasse schon ein Hensel Geylfuß
http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-1291803
Ende des 14. Jh. war ein Wernher G. Ratsherr (Voltmer, Reichsstadt und Herrschaft, 1981, S. 270).

Nachtrag: Schuler: Notare 1987 Nr. 391 hat einen päpstl. und kaiserl. Notar Nicolaus Geilfuß de Notern (sic!), Kleriker des Bt. Speyer, belegt 1510 und 1512.

#forschung

Als ich mich 1991 mit dem als "Speyrer Chronik" bekannten Geschichtswerk befasste, musste ich mich auch mit den Speyerer Kanzleihänden und ihrem Verhältnis zu den Händen im Codex unicus im GLAK auseinandersetzen:

http://www.ag-landeskunde-oberrhein.de/fileadmin/protokolle/P309V.pdf

Eine gründliche Sichtung der archivalisch kaum erschlossenen reichen spätmittelalterlichen Speyerer Überlieferung konnte ich nicht leisten und musste mich auf einige Stichproben beschränken. Der Urheber der Chronik, den man wohl mit der Hand A der einzigen Handschrift identifizieren darf, war aber wohl kein Speyerer Stadtschreiber. Immerhin fand ich die Hand des Stadtschreibers Marcus Mommenson und wohl auch die des Stadtschreibers Eberhard Selbach im Karlsruher Codex.

Dem Internet sei Dank: Inzwischen kann man sehr viel bequemer Materialien zur Kanzleigeschichte der Stadt Speyer im 15. Jahrhundert zusammenstellen als vor über 20 Jahren. Die jetzt erfolgte Digitalisierung der Speyerer Urkunden ist ein riesiger Schritt voran - Joachim Kempers Engagement verdient größtes Lob.

Für Archivalia_EN auf Tumblr wählte ich als Abbildung aus dem Speyerer Digitalisate-Bestand ein Notariatssignet des Johannes Selbach 1442, der auch als Stadtschreiber tätig war.

http://www.mom-ca.uni-koeln.de/mom/DE-StaASpeyer/1Uchron/106/charter?q=selbach

1442 November 26
Der Notar Johannes Selbach beurkundet die Aussagen einiger alter Speyerer Bürger über die Instandhaltung des Wages zum "Lußheimer far".

In monasterium.net gibt es noch zwei weitere Kurzregesten, die ihn erwähnen:

1440 Februar 1
Vollmacht des Rates der Stadt Speyer für die Altermeister Conrad Eyerer und Jost Fryspecher und für den Schreiber Johannes Selbach zu einem von Herman Loißke, Freigraf zu Lichtenfels, in Mainz festgesetzen Tag wegen der Forderungen von Herman Weise von Furbach und von Gunthram Schencke von Sweynsberg.

Das Regest ist nicht ganz präzise. In der Urkunde ist von "unserem" Schreiber die Rede, Selbach war damals also auch Rats- bzw. Stadtschreiber.

1442 Dezember 10
Notar Johannes Selbach von Gießen transsumiert vier Urkunden von 1368 November 2, 1361 April 22, 1361 März 17 und 1379 Dezember 4.

Abgesehen von den Lebensdaten ist die Angabe des Münchner Clm 10473 von großer Bedeutung. Diese legistische Handschrift schrieb Selbach, der sich als Protonotar der Stadt Speyer und clericus conjugatus des Erzbistums Trier bezeichnet, im Oktober 1446 während seines (juristischen) Studiums in Padua.

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0240_b183_jpg.htm

Für die Stadt Mainz legte der Offenschreiber und Notar Johannes Selbach von Gießen 1442 eine Privilegiensammlung an: Chroniken der deutschen Städte 18, 1882, Verfassungsgeschichte S. 137 (damals im Münchner Reichsarchiv).

http://www.archive.org/stream/diechronikenderm02bayeuoft#page/136/mode/2up

Selbach war nicht nur für die Stadt, sondern auch für die in Speyer ansässigen geistlichen Institutionen als Notar und Schreiber tätig. Wie so häufig lässt uns Busch/Glasschröders ergiebige "Chorregel" (I, 1923, S. 189 Anm. 1) nicht im Stich: Als Notar des Speyerer Domkapitels erscheint er vom 24. Mai 1427 bis 1460.

Wenig kompetent gab das Stadtarchiv Speyer der Bearbeiterin eines 1972 erschienenen Stuttgarter Handschriftenkatalogs Auskunft: Selbach, der als Notar in Speyer in der Pergamentmakulatur zu 1432 belegt ist, sei in 4 (!) Urkunden 1439-1447 nachweisbar.

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0071_b007_jpg.htm

Auch in HB X 18 finden sich Reste eines Notariatsinstruments von Selbach (Speyer 1431):

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/katalogseiten/HSK0071_b079_jpg.htm

1430 war er im Kontext des Trierer Schismas tätig:
http://books.google.de/books?id=G9fWAAAAMAAJ&q=%22johannes+selbach%22+gie%C3%9Fen

1432 Dezember 7 ist Johannes Selbach von Gießen als Notar in Bretten tätig (Neipperger Archiv):
http://books.google.de/books?id=SzlmAAAAMAAJ&q=%22johannes+selbach%22+gie%C3%9Fen
[Dagmar Kraus: Archiv der Grafen von Neipperg. Urkundenregesten 1280-1881. Stuttgart 1997, S. 27f. Nr. 27 zusammen mit dem kaiserlichen Schreiber = Notar Jacob Hartberg von Alzey, den Schuler, Notare 1987 Nr. 495a als öffentlichen Notar in Speyer zu 1429 hat - Findbuch WR ohne ihn zu nennen: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-32708 - und seine Notarsdatenbank - siehe unten - zu 1436.]

1438 Januar 23 urkundet Selbach in Speyer für das Kloster Maulbronn. Die Urkunde mit seinem Signet liegt digitalisiert einsehbar beim LA BW vor:

http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-1291351

Beim Bischofseinritt 1439 las Selbach als Stadtschreiber zwei Urkunden vor (Remling, Bischöfe II, S. 66):

http://books.google.de/books?id=sUNBAAAAcAAJr&pg=PA66

Beim Bischofseinritt 1461 sollte der Stadtschreiber Mommenson die Urkunden verlesen, Selbach war 1461 Notar auf der Seite des Domkapitels:

http://books.google.de/books?id=Pes-AAAAcAAJ&pg=PA522

1446: Stadtschreiber Johannes Selbach als Bevollmächtigter der Stadt
http://books.google.de/books?id=iLFBAAAAcAAJ&pg=PA443

Der Speyerer Bürger Johann Selbach der 1447 in den Regesta Imperii belegt ist, ist wohl ebenfalls der Notar:

http://regesten.regesta-imperii.de/index.php?uri=1447-07-08_1_0_13_17_0_69_69

Im Repertorium Germanicum notariorum publicorum (RGN)
von Peter Johannes Schuler
http://www.hgw-online.net/menschzeichen/dbnotare/
findet sich zu Selbach der Eintrag:

Ref.-Nr. SE1085556997
Name Selbach, Johannes von
Herkunft Gießen
PS 1) öff. Not. 4) 1454-1455 Gerichtsnot. des Propstes des St. Germanstiftes in Speyer
NI 1455 .... (Arch. Municip. Wissembourg/Els U 7 – RI Ludwig d. B. H. 4 Nr. 19); 1455 Jan. 2, Speyer (2 NIe; GLA 38/3406; Rückert Gottesaue Nr. 77, 78); 1480 Aug. 4, Marburg (GLA 46/1228 – Rückert Gottesaue Nr. 105)


Wieso Johannes VON Selbach?

Die letzte Urkunde wird auch für den Notar Eberhard Selbach angeführt. Die Schnipsel der Rückert'schen Regesten unter

http://books.google.de/books?ei=0WqfTtGGBcT24QSxlKTDB

sprechen eher dafür, dass Eberhard 1480 tätig war, Johannes aber 1454. Dass er 1480 noch gelebt hat, wenn er bereits 1427 als Notar tätig war, erscheint kaum denkbar. Er dürfte in den ersten Jahren des 15. Jahrhunderts geboren sein. Letzter Beleg derzeit: 1461.

[Nachtrag: Ein Blick in Peter Rückert: Gottesaue. Die Urkunden der benediktinerabtei 1110-1550, Stuttgart 2000 bestätigt, dass Schuler fehlerhaft gearbeitet hat. S. 133 Nr. 105 vom 5. August 1480 (ausgestellt in Marburg) bezieht sich nur auf den Notar Eberhard Selbach. S. 113f. Nr. 77 bezeugt Johannes Selbach von Gießen, Gerichtsnotar des Propstes von St. German zu Speyer (und Archidiakons), der am 2. Januar 1455 ein Notariatsinstrument fertigte und am 18. Dezember 1454, am 19. Dezember 1454 und am 2. Januar 1455 Zeugenbefragungen durchführte. Ein weiteres Notariatsinstrument vom gleichen Datum ebd. S. 114f. Nr. 78 erwähnt weitere Zeugenbefragungen an den angegebenen Daten.]

Nichts spricht im Augenblick dagegen, im Stadtschreiber und Notar Eberhard Selbach, der 1453 in Heidelberg sich immatrikulierte

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/matrikel1386/0353

den Sohn Johanns zu sehen.

1479 bezog ein Lucas Selbach de Spira die Universität Heidelberg:

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/matrikel1386/0440

War es der Sohn von Eberhard? Und ist er womöglich mit dem von Krämer, Scriptores genannten Lukas Selbach identisch, der zwischen 1497 und 1502 in Basel (Schweiz) als Stadtschreiber nachweisbar ist? [Schuler, Notare 1987 Nr. 1236 wies bereits auf ihn hin.]

Deutlich wird jedenfalls einmal mehr die Bedeutung der clerici conjugati und die Rolle der akademischen Bildung für das städtische Kanzleipersonal.

Soweit eine hastige Skizze, die natürlich der Ergänzung durch vertiefte Recherchen bedürfte. Aber als kleines "Angebinde" für das Stadtarchiv Speyer anlässlich der Veröffentlichung der Urkundendigitalisate mag der Beitrag vielleicht willkommen sein.

Nachtrag: In meinen Aufzeichnungen aus dem Stadtarchiv Speyer fand sich zu Johannes Selbach nichts; einige Belege habe ich zu Eberhard Selbach. In 1 B 5 Bl. 181r ist Lucas Selbach als notarius 1488 bezeugt. Der Syndicus Erhard Christoph Baur, der 1747 Verzeichnisse der Kanzleiverwandten bis 1689 zusammenstellte (1 A 72) hat nur Eberhard Selbach zu 1470, 1480.

[Baur 1756, S. 150
http://books.google.de/books?id=tBk6AAAAcAAJ&pg=PA150 Johann fehlt ebenfalls. Bei Pfeiffer 1912, S. 13 ist handschriftlich zu 1447 Johann nachgetragen
http://www.slideshare.net/StadtASpeyer/albert-pfeiffer-das-archiv-der-stadt-speier-1912-10088242 ]

Weiterer Nachtrag März 2012: 1447 Nov. 16
http://www.mom-ca.uni-koeln.de/mom/DE-StaASpeyer/1Uchron/127/charter
Der Notar Marcus Momenson fertigt die Abschrift eines Ratsurteils
Anwesend: der Speyerer Stadtschreiber Johann Selbach (nicht im Regest)

Nachtrag: Am 30. Oktober 2012 erhielt ich folgende Mitteilung per Mail:

"An einer Stelle erwähnen Sie, dass Selbach z.T. auch "v. Selbach" genannt wird, und in der Tat belegt sein Notariatssignet seine Zugehörigkeit zur nassauischen Ganerbenfamilie der Selbach, die auch in einigen Zweigen einen offenen oder auch geschlossenen Flug als Helmschmuck verwendete:

http://www.picfront.org/d/8MPq

Über Gießener Zweige der von Selbach liegen mir derzeit allerdings leider keine Informationen vor.

Viele Grüße aus Gießen,

Martin Spies
--
Dr. Martin Spies
Institut für Anglistik
Justus-Liebig-Universität Gießen"

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