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Aus Anlass der kleinen Debatte zweier hochgeschätzter Contributoren
http://archiv.twoday.net/stories/3013603/
über die Zuweisung von Schenkungen in der Zeit der Monarchie ergeht folgende Stellungnahme.

Privatbibliothek

Erhalten heutige Amtsträger wertvolle Geschenke, so werden diese selbstverständlich nicht in das Privatvermögen eingegliedert. Amtsträger dürfen nur geringwertige Geschenke behalten, ihnen wird aber meist die Möglichkeit eingeräumt, Gegenstände eher privaten Charakters oder mit persönlichem Erinnerungswert vom Staat zu kaufen. Von einem rechtlich geregelten Zugriffsrecht historischer Museen (z.B. Haus der Geschichte der Bundesrepublik) ist mir nichts bekannt.

Zur Schenkungsproblematik bei umstrittenen Domänen des griechischen Königshauses siehe Mußgnug in ARCHIVALIA
http://archiv.twoday.net/stories/2915676/

Aus der Zeit vor 1918 sind mir leider keinerlei juristische Stellungnahmen oder Urteile bekannt, welche Grundsätze gewohnheitsrechtlich bei Geschenken an regierende Monarchen und ihre Ehefrauen bestanden.

Aus heutiger Sicht muss im Zweifel davon ausgegangen werden, dass Schenkungen an den Regenten (etwa von Kommunen anlässlich der Hochzeit oder eines Regierungsjubiläums) im Zweifel dem Amtsträger und nicht der Privatperson galten.

Schenkte eine badische Kommune oder ein Verein Altertümer dem Regenten und ausdrücklich nicht dem Staat (Stichwort: Sinsheim), so wurden diese mit Annahme des Geschenkes durch das ALLERHÖCHSTE WOHLWOLLEN UND DIE UNENDLICHE GNADE in den Augen der Schenkgeber weit wirksamer geschützt als wenn sich ein Kanzlisten-Schwengel in einem staatlichen Ministerium darum kümmerte. Wenn Wessenberg, Kopf oder Jüncke ihre Kunstsammlungen dem Großherzogtum (unter Auflagen) übertrugen, so erhofften sie sich ein allerhöchstes Protektorat für diese unselbständigen Stiftungen, die sie aus anderen Geschenken heraushob. Schenkgeber durften damit rechnen, dass solche Geschenke, auch wenn sie als Privateigentum deklariert wurden, beim Land und der Öffentlichkeit gewidmet blieben.

Auch mit einer rein privaten Nutzung mochten die Schenker vielfach einverstanden sein. Dass der Regent die Gegenstände aber außer Landes verkaufen würde, damit mussten sie nicht rechnen.

Auf die Frage, ob den badischen Schenkern die Rechtsverhältnisse des unveräußerlichen Hausfideikommisses, dem das Mobiliareigentum des Regenten - soweit dieser nicht durch Verfügungen zu Lebzeiten oder testamentarisch anderes bestimmte - bei jedem Erbfall durch Hausobservanz zufiel, bekannt waren, kommt es nicht entscheidend an.

Durch die Regelung über die vom Regenten genutzten Schlösser des Domänenvermögens und der Zivilliste gelangten 1919 auch Geschenke staatlichen Charakters (samt Säkularisationsgut) in das Privateigentum des Hauses Baden.

Gleiches gilt auch für die angeblich eindeutigere Regelung in Württemberg, die ebenfalls zu Lasten des Kulturgutes des Landes Württemberg ging. Das Herzogsschwert Eberhards im Bart ist eindeutig eine Kroninsignie, die nach allen staatsrechtlichen Grundsätzen zur Krone, also zum Staat gehört. Da aber das Haus Württemberg das Land im 19. Jahrhundert enteignet hat, indem es das Stück (ebenso wie den Kalender Eberhards) dem von der Hofkammer verwalteten Privatvermögen zuwies, muss das Land alle in Deutschland erfolgenden Verfügungen des Hauses Württemberg dulden.

Zwar verhindert die erfolgte Eintragung in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts den Auslandsverkauf der einstigen Kroninsignie, aber das Haus Württemberg ist aus Rechtsgründen nicht daran gehindert, das Stück zu vernichten oder einem deutschen Privatsammler zu verkaufen, der es längst nicht so liberal wie das Haus Württemberg für Ausstellungen zur Verfügung stellen würde.

Es sei zugestanden, dass man vielleicht zwischen einzelnen Geschenkgattungen differenzieren muss, aber aus Sicht eines strikt rechtlichen Standpunkts begegnet die faktische Machtvollkommenheit, mit der der Souverän Inhalt und Grenzen seines Privateigentums festlegen konnte, durchgreifenden rechtlichen Bedenken, die ein Gericht in die Waagschale zu werfen hätte, soweit es - wie im Fall Baden - um der Öffentlichkeit seit langem gewidmete Kulturgüter geht.

Hinsichtlich der seit 1918 in Privatbesitz befindlichen Stücke (etwa den jetzt bei Nagel verscherbelten Kunstwerken und Gebrauchsgegenständen) sind die jeweiligen Häuser durch Verjährung Eigentümer geworden, soweit man ein 1918 fortbestehendes staatliches Eigentum etwa am Herzogsschwert bejahen wollte.

Der paternalistische Diskurs des Landesvaters sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Untertanen und Staatsbehörden gegenüber dem Monarchen nichts anderes als Würmer waren. Eigentumsrechtliche Verfügungen des Monarchen waren sakrosankt und durften de facto nicht beanstandet werden.

Der Mythos vom "liberalen Baden" erhät doch einige Kratzer, wenn man etwa den in der neuen ZGO enthaltenen Aufsatz Schlechters über den Gervinus-Prozess liest, der wegen Hochverrats 1853 zu Festungshaft verurteilt wurde (die höhere Instanz kassierte das Urteil), weil er für die Demokratie eintrat. Zu knapp insoweit:
http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Gottfried_Gervinus

Da sich die Herrscherhäuser des 19. Jahrhunderts skrupellos über die wohlbegründeten Eigentumsrechte des Volks hinwegsetzten (etwa hinsichtlich der Enteignung des Staats durch § 59 der badischen Oktroy-Verfassung von 1818), besteht nicht der geringste Grund, das Argument wohlbegründeter Eigentumsrechte hinsichtlich nunmehr strittiger Kulturgüter, die seit langem dem öffentlichen Anstaltsgebrauch gewidmet sind, zuzulassen. Wenn es vernünftige Zweifel gibt (wie sie Mußgnug, Klein, Willoweit und andere Juristen formuliert haben), dass die badischen Kulturgüter in dem vom Haus Baden beanspruchten Gesamtumfang nach 1918 Privateigentum geblieben sind, dann muss das Gericht der gegen den Herausgabekläger streitenden Vermutung zugunsten des Besitzers Rechnung tragen und die Klage abweisen.
 

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