Worum geht es im Kern bei der Debatte in den Kommentaren zu:
http://archiv.twoday.net/stories/565869308/ ?
Zu den Kontrahenten:
http://archiv.twoday.net/search?q=bongartz
http://archiv.twoday.net/search?q=dammann
Bei der Untersuchung von plagiierten Diskussionen nach Aufdeckung des Guttenberg-Plagiats wurden bei den Hochschulen wiederholt die im Zuge der Umsetzung einer DFG-Empfehlung errichteten Kommissionen und Ombudsleute für gute wissenschaftliche Praxis herangezogen. RA Bongartz, Mitarbeiter des Blogs Causaschavan, sieht dieses Vorgehen als bedenklich an und setzt stattdessen auf die gesetzlich vorgesehene Aufklärung durch die für den Entzug des Doktorgrads jeweils zuständigen Stellen, während Dr. Dammann, pensionierter Soziologe und Archivalia-Kommentator, in ihnen offenkundig wichtige Werkzeuge sieht, der Autonomie der Hochschule Rechnung zu tragen.
Ich habe meinem Amazon-Wunschzettel das Buch von Nadine Schiffers 2012 hinzugefügt und wäre dankbar, wenn mir ein vermögender zufriedener Archivalia-Leser das Buch SCHENKT.
http://www.amazon.de/registry/wishlist/3OZK3M72ER06U/ref=cm_wl_act_vv?_encoding=UTF8&reveal=&visitor-view=1
Inhalt:
http://d-nb.info/1016524439/04
Kurze Besprechung
http://www.transparency.de/Schiffers-Nadine-Ombudsmann.2253.0.html
Schon jetzt möchte ich aus den mir bekannten Angaben ableiten: Diese Kommissionen agieren nicht im rechtsfreien Raum, da sie in Grundrechte von Betroffenen eingreifen können. Es wäre naiv, sie nur als Mittel zur Verwirklichung von Hochschulautonomie zu sehen.
Solche Kommissionen sind wie jede "Selbstkontrolle" prinzipiell bedenklich, zumal sie - primär zur internen Streitschlichtung bestimmt - Kritik gern unter den Teppich kehren. Vor der (nicht zu erwartenden) Einführung einer Popular-, Verbands- oder analogen Klagemöglichkeit (z.B. durch einen vertreter des öffentlichen Interesses) besteht keine Möglichkeit, auch die krassesten Fehlentscheidungen solcher Gremien, wenn sie von einer Beanstandung absehen, einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Gleiches gilt auch für die Arbeit der für die Entziehung von Doktorgraden zuständigen Stellen: Lassen sie einen Plagiator entwischen, ist die einzige Sanktion, die bleibt, die öffentliche Anprangerung und Ächtung der Person. Soweit es um Fakten geht, können entsprechende Vorwürfe im äußerungsrechtlichen Zivilverfahren, wenn der Verletzte denn eines anstrengt, geprüft werden.
Der Appell von RA Bongartz "Lasst einfach die zuständigen Behörden ihre Arbeit tun"
http://archiv.twoday.net/stories/534900931/#534901439
ist daher naiv, da er nicht berücksichtigt, dass die zuständigen Behörden "straflos" (d.h. ohne eine gerichtliche Überprüfung fürchten zu müssen) "durch die Finger sehen können" (wie man es im 16. Jahrhundert ausgedrückt hätte). Arbeits- oder dienstrechtliche Sanktionen können de facto ausgeschlossen werden, wenn es um eklatante Fehlentscheidungen von Hochschulbediensteten in Verfahren um die Aberkennung des Doktorgrads geht. Niemand, der an der Hochschule einen Plagiator entwischen lässt, hat wirklich etwas zu befürchten.
Das "zweisträngige Verfahren" (Dr. Dammann), das, wie RA Bongartz zutreffend betont, nicht "rechtsförmig" ist, hat ebenso wie die von RA Bongartz perhorreszierte Einschaltung externer Gutachter, den unbestreitbaren Vorteil, dass mehrere Augen mehr sehen als zwei.
Geht es um abstrakte Grundsätze von Transparenz, so sind externe, nicht befangene und sachkundige Gutachter immer internen befangenen Akteuren vorzuziehen.
Nur am Rande möchte ich bemerken, dass auch das deutsche Justizsystem, das noch den unbedeutendsten Amtsrichter des AG Neuss mit der Macht eines Halbgotts ausstattet, der sich ungestraft über Grundrechte hinwegsetzen darf, keinerlei Gewähr für Fairness im Bereich des Gutachtenwesens bietet. Dies sollte der Fall Mollath jüngst hinreichend einsichtig gemacht haben. Der kindliche Glaube von RA Bongartz an das ordentliche Funktionieren behördlicher und gerichtlicher Verfahren ist eine durchsichtige Standes-Ideologie.
Die Kampfhähne beziehen sich auf ein Urteil des VG Berlin
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE100062796&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10
Vergeblich wehrte sich eine Frau gegen die Entziehung des Doktorgrads, weil sie in dreister Weise aus einer fremden Diplomarbeit in ihrer Doktorarbeit abgeschrieben hatte.
Anders als manche dummen Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten behaupten sind Diplomarbeiten und andere Abschlussarbeiten sehr wohl zitierfähig. Wenn sie einen substantiellen Beitrag zur eigenen Arbeit leisten müssen sie ebenso wie gedruckte Quellen zitiert werden. Das sagt das Gericht zwar nicht explizit, das kann man aber den Ausführungen gesichert entnehmen.
Zum Ehren-Codex-Verfahren führte das Gericht aus:
"Insbesondere ist der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, die Ehrenkodex-Satzung stelle eine selbstbindende Verwaltungsvorschrift der Beklagten dar, die sie sich im Rahmen des ihr nach § 34 Abs. 7 eingeräumten Ermessens gegeben habe. Ein Hinweis darauf lässt sich weder der Vorschrift des § 34 Abs. 7 BerlHG noch der Ehrenkodex-Satzung entnehmen. In dieser Satzung fehlt vielmehr jeder konkrete Bezug auf § 34 Abs. 7 BerlHG. Der Entzug akademischer Grade ist - wie oben bereits ausgeführt - lediglich beispielhaft als eine der bei wissenschaftlichem Fehlverhalten zu prüfenden Konsequenzen erwähnt. Hinzu kommt, dass das Ziel der Untersuchung nach der Ehrenkodex-Satzung die Feststellung eines Tatbestandes wissenschaftlichen Fehlverhaltens ist, während die Entziehung eines akademischen Grades nach § 34 Abs. 7 BerlHG voraussetzt, dass der akademische Grad „durch Täuschung erworben worden ist“ oder „dass wesentliche Voraussetzungen für die Verleihung nicht vorgelegen haben“. Das Verfahren nach der Ehrenkodex-Satzung war nicht dazu bestimmt, den Entziehungstatbestand festzustellen, auch wenn dies - wie im vorliegenden Fall - im Ergebnis darauf hinauslaufen kann. Von daher sind die im Ehrenkodex-Verfahren durchzuführenden Anhörungen des Betroffenen auch nicht unter Inaussichtstellung einer beabsichtigten bzw. erwogenen Entziehung des Doktorgrades durchzuführen. Die mit der Entziehung des Doktorgrades befassten Organe der Hochschule haben den Sachverhalt für den Entziehungstatbestand eigenständig und unter Wahrung des Anhörungsrechts des Betroffenen zu ermitteln. Ob die von der Klägerin gerügten Verfahrensunzulänglichkeiten im Ehrenkodex-Verfahren überhaupt als Verfahrensfehler zu bezeichnen wären oder ob hier andere Maßstäbe als in einem auf Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes gerichteten Verwaltungsverfahren anzulegen sind, kann somit dahinstehen."
Dr. Dammann hat Recht, wenn er daraus implizit ableitet, dass das VG Berlin darauf verzichtet hat, das Ehrencodex-Verfahren als verfassungs- oder rechtswidrig zu geißeln. Das war aber, so ist ihm entgegenzuhalten, auch keineswegs die Aufgabe des Gerichts. Es lässt im letzten zitierten Satz gelinde Zweifel an der Rechtsförmigkeit des Ehrencodex-Verfahrens erkennen, äußert sich in diesem "obiter dictum" aber nicht grundsätzlich zur Rechtsqualität eines solchen Verfahrens (siehe dazu das zitierte Inhaltsverzeichnis der Arbeit von Schiffers).
Man mag bezweifeln, ob der Ausspruch einer Kommission für gute wissenschaftliche Praxis (es gibt dafür die hübsche Abkürzung Guppy-Kommission
http://archiv.twoday.net/stories/516216126/#516216160 ) einen Verwaltungsakt darstellt. Keinen Zweifel habe ich, dass ein aufgrund einer öffentlichrechtlichen Satzung eingerichtetes Verfahren den Grundsätzen des öffentlichen Rechts und den von der Rechtsprechung aus Art. 20 GG abgeleiteten Prinzipien genügen muss. Die Kommissionen agieren keineswegs im rechtsfreien Raum, wie oben bereits betont.
Soweit die universitären Satzungen keine unwirksamen Bestimmungen enthalten (eine diesbezügliche Kontrolle steht noch aus) scheint es mir legal, Verfahren nach diesen Satzungen durchzuführen, wenn die Rechte der Betroffenen gewahrt werden. Anders als Dr. Dammann uns weismachen will, hat das VG Berlin aber die Existenz eines solchen Verfahrens keineswegs "abgesegnet". Es hat - da ist RA Bongartz zu 100 % rechtzugeben - festgestellt, dass dem Ergebnis eines solchen Verfahrens keineswegs eine rechtliche Bindungswirkung zukommt. das Gericht macht deutlich, dass im konkreten fall die Verfahren unterschiedliche Zielrichtungen hatte.
Wenn ich nichts überlesen habe, behauptet RA Bongartz nicht, dass zweisträngige Verfahren, also Verfahren, bei denen Kommission und für den Promotionsentzug zuständige Stelle nacheinander oder parallel den gleichen Sachverhalt behandeln, in jedem Fall illegal sind. Er warnt aber nicht ohne Grund vor den Gefahren eines solchen Vorgehens.
Für einen Wissenschaftssoziologen höchst bedenklich übersieht Dr. Dammann hingegen bei der Berufung auf die Hochschulautonomie den Ideologie-Gehalt des Komplexes "Universitäres Gremium sichert gute wissenschaftliche Praxis".
Dass Betroffene wie Staatssekretär Eumann nicht gegen unsägliche Kommissionsentscheidungen juristisch vorgehen, sondern die Entscheidung des Entzugs-Gremiums abwarten, ändert nichts daran, dass Recht und Gesetz von solchen Kommissionen nicht mit Füßen getreten werden dürfen.
Während die unglaublich naiven Vroniplagger sich ihren Kindheitsglauben bewahrt haben, es könnte in diesem Zusammenhang so etwas wie "Wahrheit" geben, muss man Verfahren grundsätzlich pragmatischer betrachten. Es darf nur an Luhmann erinnert werden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Legitimation_durch_Verfahren
Immer wieder betont das Bundesverfassungsgericht, dass Grundrechtsschutz weitgehend durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken sei.
https://www.google.de/search?q=Grundrechtsschutz+weitgehend+auch+durch+die+Gestaltung+von+Verfahren
(Grundrecht meint dabei eben nicht nur das Abwehrrecht der Betroffenen!)
Solange aber die Öffentlichkeit nicht als entscheidender Partner bei Verfahrengestaltungen, bei denen es um wissenschaftliches Fehlverhalten oder Plagiate geht, einbezogen wird, wird es an der nötigen Akzeptanz fehlen. Weder das Insistieren von RA Bongartz auf einem rechtsförmlichen Verwaltungsverfahren noch Dr. Dammanns Lob eines zweisträngigen Verfahrens und der universitären Kommissionen sind in dieser Hinsicht sonderlich zukunftsweisend.
http://archiv.twoday.net/stories/565869308/ ?
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http://archiv.twoday.net/search?q=bongartz
http://archiv.twoday.net/search?q=dammann
Bei der Untersuchung von plagiierten Diskussionen nach Aufdeckung des Guttenberg-Plagiats wurden bei den Hochschulen wiederholt die im Zuge der Umsetzung einer DFG-Empfehlung errichteten Kommissionen und Ombudsleute für gute wissenschaftliche Praxis herangezogen. RA Bongartz, Mitarbeiter des Blogs Causaschavan, sieht dieses Vorgehen als bedenklich an und setzt stattdessen auf die gesetzlich vorgesehene Aufklärung durch die für den Entzug des Doktorgrads jeweils zuständigen Stellen, während Dr. Dammann, pensionierter Soziologe und Archivalia-Kommentator, in ihnen offenkundig wichtige Werkzeuge sieht, der Autonomie der Hochschule Rechnung zu tragen.
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Kurze Besprechung
http://www.transparency.de/Schiffers-Nadine-Ombudsmann.2253.0.html
Schon jetzt möchte ich aus den mir bekannten Angaben ableiten: Diese Kommissionen agieren nicht im rechtsfreien Raum, da sie in Grundrechte von Betroffenen eingreifen können. Es wäre naiv, sie nur als Mittel zur Verwirklichung von Hochschulautonomie zu sehen.
Solche Kommissionen sind wie jede "Selbstkontrolle" prinzipiell bedenklich, zumal sie - primär zur internen Streitschlichtung bestimmt - Kritik gern unter den Teppich kehren. Vor der (nicht zu erwartenden) Einführung einer Popular-, Verbands- oder analogen Klagemöglichkeit (z.B. durch einen vertreter des öffentlichen Interesses) besteht keine Möglichkeit, auch die krassesten Fehlentscheidungen solcher Gremien, wenn sie von einer Beanstandung absehen, einer gerichtlichen Überprüfung zu unterziehen. Gleiches gilt auch für die Arbeit der für die Entziehung von Doktorgraden zuständigen Stellen: Lassen sie einen Plagiator entwischen, ist die einzige Sanktion, die bleibt, die öffentliche Anprangerung und Ächtung der Person. Soweit es um Fakten geht, können entsprechende Vorwürfe im äußerungsrechtlichen Zivilverfahren, wenn der Verletzte denn eines anstrengt, geprüft werden.
Der Appell von RA Bongartz "Lasst einfach die zuständigen Behörden ihre Arbeit tun"
http://archiv.twoday.net/stories/534900931/#534901439
ist daher naiv, da er nicht berücksichtigt, dass die zuständigen Behörden "straflos" (d.h. ohne eine gerichtliche Überprüfung fürchten zu müssen) "durch die Finger sehen können" (wie man es im 16. Jahrhundert ausgedrückt hätte). Arbeits- oder dienstrechtliche Sanktionen können de facto ausgeschlossen werden, wenn es um eklatante Fehlentscheidungen von Hochschulbediensteten in Verfahren um die Aberkennung des Doktorgrads geht. Niemand, der an der Hochschule einen Plagiator entwischen lässt, hat wirklich etwas zu befürchten.
Das "zweisträngige Verfahren" (Dr. Dammann), das, wie RA Bongartz zutreffend betont, nicht "rechtsförmig" ist, hat ebenso wie die von RA Bongartz perhorreszierte Einschaltung externer Gutachter, den unbestreitbaren Vorteil, dass mehrere Augen mehr sehen als zwei.
Geht es um abstrakte Grundsätze von Transparenz, so sind externe, nicht befangene und sachkundige Gutachter immer internen befangenen Akteuren vorzuziehen.
Nur am Rande möchte ich bemerken, dass auch das deutsche Justizsystem, das noch den unbedeutendsten Amtsrichter des AG Neuss mit der Macht eines Halbgotts ausstattet, der sich ungestraft über Grundrechte hinwegsetzen darf, keinerlei Gewähr für Fairness im Bereich des Gutachtenwesens bietet. Dies sollte der Fall Mollath jüngst hinreichend einsichtig gemacht haben. Der kindliche Glaube von RA Bongartz an das ordentliche Funktionieren behördlicher und gerichtlicher Verfahren ist eine durchsichtige Standes-Ideologie.
Die Kampfhähne beziehen sich auf ein Urteil des VG Berlin
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=JURE100062796&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10
Vergeblich wehrte sich eine Frau gegen die Entziehung des Doktorgrads, weil sie in dreister Weise aus einer fremden Diplomarbeit in ihrer Doktorarbeit abgeschrieben hatte.
Anders als manche dummen Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten behaupten sind Diplomarbeiten und andere Abschlussarbeiten sehr wohl zitierfähig. Wenn sie einen substantiellen Beitrag zur eigenen Arbeit leisten müssen sie ebenso wie gedruckte Quellen zitiert werden. Das sagt das Gericht zwar nicht explizit, das kann man aber den Ausführungen gesichert entnehmen.
Zum Ehren-Codex-Verfahren führte das Gericht aus:
"Insbesondere ist der Auffassung der Klägerin nicht zu folgen, die Ehrenkodex-Satzung stelle eine selbstbindende Verwaltungsvorschrift der Beklagten dar, die sie sich im Rahmen des ihr nach § 34 Abs. 7 eingeräumten Ermessens gegeben habe. Ein Hinweis darauf lässt sich weder der Vorschrift des § 34 Abs. 7 BerlHG noch der Ehrenkodex-Satzung entnehmen. In dieser Satzung fehlt vielmehr jeder konkrete Bezug auf § 34 Abs. 7 BerlHG. Der Entzug akademischer Grade ist - wie oben bereits ausgeführt - lediglich beispielhaft als eine der bei wissenschaftlichem Fehlverhalten zu prüfenden Konsequenzen erwähnt. Hinzu kommt, dass das Ziel der Untersuchung nach der Ehrenkodex-Satzung die Feststellung eines Tatbestandes wissenschaftlichen Fehlverhaltens ist, während die Entziehung eines akademischen Grades nach § 34 Abs. 7 BerlHG voraussetzt, dass der akademische Grad „durch Täuschung erworben worden ist“ oder „dass wesentliche Voraussetzungen für die Verleihung nicht vorgelegen haben“. Das Verfahren nach der Ehrenkodex-Satzung war nicht dazu bestimmt, den Entziehungstatbestand festzustellen, auch wenn dies - wie im vorliegenden Fall - im Ergebnis darauf hinauslaufen kann. Von daher sind die im Ehrenkodex-Verfahren durchzuführenden Anhörungen des Betroffenen auch nicht unter Inaussichtstellung einer beabsichtigten bzw. erwogenen Entziehung des Doktorgrades durchzuführen. Die mit der Entziehung des Doktorgrades befassten Organe der Hochschule haben den Sachverhalt für den Entziehungstatbestand eigenständig und unter Wahrung des Anhörungsrechts des Betroffenen zu ermitteln. Ob die von der Klägerin gerügten Verfahrensunzulänglichkeiten im Ehrenkodex-Verfahren überhaupt als Verfahrensfehler zu bezeichnen wären oder ob hier andere Maßstäbe als in einem auf Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes gerichteten Verwaltungsverfahren anzulegen sind, kann somit dahinstehen."
Dr. Dammann hat Recht, wenn er daraus implizit ableitet, dass das VG Berlin darauf verzichtet hat, das Ehrencodex-Verfahren als verfassungs- oder rechtswidrig zu geißeln. Das war aber, so ist ihm entgegenzuhalten, auch keineswegs die Aufgabe des Gerichts. Es lässt im letzten zitierten Satz gelinde Zweifel an der Rechtsförmigkeit des Ehrencodex-Verfahrens erkennen, äußert sich in diesem "obiter dictum" aber nicht grundsätzlich zur Rechtsqualität eines solchen Verfahrens (siehe dazu das zitierte Inhaltsverzeichnis der Arbeit von Schiffers).
Man mag bezweifeln, ob der Ausspruch einer Kommission für gute wissenschaftliche Praxis (es gibt dafür die hübsche Abkürzung Guppy-Kommission
http://archiv.twoday.net/stories/516216126/#516216160 ) einen Verwaltungsakt darstellt. Keinen Zweifel habe ich, dass ein aufgrund einer öffentlichrechtlichen Satzung eingerichtetes Verfahren den Grundsätzen des öffentlichen Rechts und den von der Rechtsprechung aus Art. 20 GG abgeleiteten Prinzipien genügen muss. Die Kommissionen agieren keineswegs im rechtsfreien Raum, wie oben bereits betont.
Soweit die universitären Satzungen keine unwirksamen Bestimmungen enthalten (eine diesbezügliche Kontrolle steht noch aus) scheint es mir legal, Verfahren nach diesen Satzungen durchzuführen, wenn die Rechte der Betroffenen gewahrt werden. Anders als Dr. Dammann uns weismachen will, hat das VG Berlin aber die Existenz eines solchen Verfahrens keineswegs "abgesegnet". Es hat - da ist RA Bongartz zu 100 % rechtzugeben - festgestellt, dass dem Ergebnis eines solchen Verfahrens keineswegs eine rechtliche Bindungswirkung zukommt. das Gericht macht deutlich, dass im konkreten fall die Verfahren unterschiedliche Zielrichtungen hatte.
Wenn ich nichts überlesen habe, behauptet RA Bongartz nicht, dass zweisträngige Verfahren, also Verfahren, bei denen Kommission und für den Promotionsentzug zuständige Stelle nacheinander oder parallel den gleichen Sachverhalt behandeln, in jedem Fall illegal sind. Er warnt aber nicht ohne Grund vor den Gefahren eines solchen Vorgehens.
Für einen Wissenschaftssoziologen höchst bedenklich übersieht Dr. Dammann hingegen bei der Berufung auf die Hochschulautonomie den Ideologie-Gehalt des Komplexes "Universitäres Gremium sichert gute wissenschaftliche Praxis".
Dass Betroffene wie Staatssekretär Eumann nicht gegen unsägliche Kommissionsentscheidungen juristisch vorgehen, sondern die Entscheidung des Entzugs-Gremiums abwarten, ändert nichts daran, dass Recht und Gesetz von solchen Kommissionen nicht mit Füßen getreten werden dürfen.
Während die unglaublich naiven Vroniplagger sich ihren Kindheitsglauben bewahrt haben, es könnte in diesem Zusammenhang so etwas wie "Wahrheit" geben, muss man Verfahren grundsätzlich pragmatischer betrachten. Es darf nur an Luhmann erinnert werden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Legitimation_durch_Verfahren
Immer wieder betont das Bundesverfassungsgericht, dass Grundrechtsschutz weitgehend durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken sei.
https://www.google.de/search?q=Grundrechtsschutz+weitgehend+auch+durch+die+Gestaltung+von+Verfahren
(Grundrecht meint dabei eben nicht nur das Abwehrrecht der Betroffenen!)
Solange aber die Öffentlichkeit nicht als entscheidender Partner bei Verfahrengestaltungen, bei denen es um wissenschaftliches Fehlverhalten oder Plagiate geht, einbezogen wird, wird es an der nötigen Akzeptanz fehlen. Weder das Insistieren von RA Bongartz auf einem rechtsförmlichen Verwaltungsverfahren noch Dr. Dammanns Lob eines zweisträngigen Verfahrens und der universitären Kommissionen sind in dieser Hinsicht sonderlich zukunftsweisend.
KlausGraf - am Samstag, 30. November 2013, 21:28 - Rubrik: Wissenschaftsbetrieb
Erbloggtes (Gast) meinte am 2013/12/01 16:32:
Ideologien und ihr Sinn
Vielen Dank, mein Kommentar ist einigermaßen grundsätzlich ausgefallen:http://erbloggtes.wordpress.com/2013/12/01/empfehlungen-zur-qualitatssicherung-teil2-offentlichkeit/
RA Bongartz (Gast) meinte am 2013/12/01 18:28:
Legitimation durch Verfahren
Danke, Klaus Graf, vor allem für Luhmann! Legitimation durch Verfahren - warum nur ist mir das nicht eingefallen, als ich hier über den Kampf der Fakultäten um ihre Autonomie schrieb, der viel entschiedener gekämpft werden müsse? Denn das war ja gar kein Appell an die Öffentlichkeit: "Lasst einfach die zuständigen Behörden ihre Arbeit tun". Sondern ein Appell an die Fakultäten, ihrer Verantwortung in nachvollziehbarer Weise zu entsprechen - also im Kampf um die Autonomie Legitimation durch Verfahren zu sichern. Das ordentliche Funktionieren behördlicher und gerichtlicher Verfahren kann nur eingefordert und im Zweifelsfall eingeklagt werden. Der Glaube, dass behördliche und gerichtliche Verfahren schon ordentlich funktionieren werden, wäre nicht nur kindlich, sondern auch staatsbürgerlich sträflich. Die gerade zum Abschluss gebrachten Fälle sind leider Paradebeispiele für behördliche Verfahren, die jedes Misstrauen verdienen. Wir müssen gar nicht über die Verfahren in Gießen und Bochum reden. Was war denn eigentlich mit dem Fall Stefan Liebing, der jetzt - nach mehr als zwei Jahren - an der Universität Duisburg-Essen seinen Abschluss gefunden hat? Im Juni 2012 (!) hatte die Stuttgarter Zeitung berichtet:
"In der Vergangenheit wurde die Untersuchung, wie StZ-Recherchen ergaben, offenbar nicht gerade mit Nachdruck geführt; Grund waren auch hochschulinterne Differenzen. Erst seit im Frühjahr ein neuer Beauftragter den Fall übernahm, geht es voran."
Es ging so gewaltig voran seit dem Frühjahr 2012, dass im November 2013 entschieden werden konnte, dass der Doktorgrad nicht entzogen wird. Über diesen Fall gibt es keinerlei weitere Informationen. Und auf die Korrektheit und "Richtigkeit" dieser Entscheidung soll man nun vertrauen. Das ist aber nur ein Fall der B/C-Prominenz und interessiert deshalb niemanden.
Mein Glaube an das ordentliche Funktionieren behördlicher (und gerichtlicher) Verfahren ist in einem Punkt sogar noch weniger entwickelt als bei Klaus Graf: Natürlich sind externe, sachkundige und nicht befangene Gutachter immer internen befangenen Akteuren vorzuziehen. Wenn sie es denn sind. Man sollte sich aber doch mal ansehen, wer in letzter Zeit in welchen Fällen so alles gutachtet (und wer da alles Zeit hat, und wie geschwinde das dann manchmal geht). Es gibt kaum ein wirksameres Instrument für die Steuerung von Verfahren als die Vergabe von externen Gutachten. Selbst dass durch die Bestellung eines Gutachters wenigstens mehr Augen auf die Sache sehen, ist nicht gesagt. Im schlimmsten (eingetretenen!) Fall wollen die anderen Augenpaare nur das Gutachten sehen. Und wenn sich alle, alle einig sind, dann ist die Sache erledigt. Der Auftraggeber (Behörde!) zieht sich hinter das Gutachtervotum zurück, und da keine Anfechtungsklage erfolgt, besteht keinerlei Nachprüfbarkeit mehr.
Es tut der Sache also in der Tat nicht gut, dass die Öffentlichkeit keinen Einblick hat. Doch dagegen steht ggf. auch noch nach dem Abschluss des Verfahrens das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Zu besichtigen war das gerade erst im Fall Schavan: Der Universität wurde die Offenlegung der Unterlagen zum Verfahren durch die Anwälte der ex-Ministerin untersagt. Aus durchsichtigem Kalkül und dennoch zu Recht. Hier hat Herr zu Guttenberg der Wissenschaft übrigens den größeren Dienst erwiesen!
Ich habe da tatsächlich keine zukunftsweisende Lösung parat.
Erbloggtes (Gast) antwortete am 2013/12/02 02:41:
Legitimation durch transparente Verfahren
Insofern, Herr Bongartz, ist VroniPlag nicht das Projekt einer Sekte von Zeloten, sondern eher der Versuch der Selbstaufklärung der Öffentlichkeit über die Frage, wie die Sachlage in den Dissertationen ist. Zuerst hieß es: "Ach, in Bayreuth bekommt der Guttenberg zu unrecht einen Doktor? Mal sehen, wie es mit anderen promovierten Promis aussieht." Es zeigte sich: Die bekamen auch häufig zu Unrecht einen Doktor. Eine ganze Reihe von Promotionen konnte öffentlich als falsch nachgewiesen werden, die Unis stimmten dem zu und erkannten die Grade ab. Die Verfahren, die zu den Promotionen geführt hatten, waren damit als fehlerhaft entlarvt. Die Verantwortung dafür kann man leicht auf die Betrüger abschieben, doch damit macht man es sich letztlich zu einfach. Denn die Verfahren selbst waren ja nicht in der Lage, den Betrug zu verhindern - und zumindest in Arbeiten, in denen die Doktoranden ihre Betreuer plagiieren, müssten sie das können. (Man kann keinen Einbruch begehen, wenn die Wohnung keine Tür hat.)Nach Guttenberg haben einige Unis die Regeln geändert. Manche haben das vielleicht nicht getan, sondern nur ihre Praktiken überprüft, aber immerhin. Ob die Quote der durchrutschenden Plagiate heute viel geringer ist als vor 2011, ist schwer zu sagen; man kann es aber hoffen.
Nun hat sich aber ein neues Problemfeld aufgetan: Nicht nur Promotionsverfahren ließen sich öffentlich auf ihre Leistungsfähigkeit (zur Unterscheidung zwischen Wissenschaft und Wissenschaftsvortäuschung) überprüfen, indem man die durch die Verfahren gegangenen Produkte überprüft. Auch Promotionsüberprüfungsverfahren (Plagiatsermittlungsverfahren, Doktorentzugsverfahren) konnten öffentlich getestet und als fehlerhaft nachgewiesen werden: Im Fall Mathiopoulos zeigte VroniPlag, dass das über 20 Jahre alte Plagiatsermittlungsverfahren der Uni Bonn darin versagt hatte, die in der Arbeit enthaltenen Plagiate sorgfältig aufzudecken und zu sanktionieren.
Dasselbe ist prinzipiell auch in anderen Fällen möglich, in denen die Universitäten eine Verfahrenseinstellung beschlossen. Insbesondere, wenn die Unis die "freigesprochenen" Dissertationen nicht selbst auf Plagiate untersucht haben, sondern nur die Plagiatsvorwürfe geprüft und für zu schwach befunden haben, sitzt ihnen ein womöglich faules Ei im Nest. Denn sie wissen ja (wie 1989 im Fall Mathiopoulos) nicht, ob da nicht noch mehr ist. (Es ist übrigens, wie mir verschiedene Plagiatsjäger sagten, zuweilen üblich, nicht alle gefundenen Plagiate in der öffentlichen Dokumentation zu verewigen, um so überprüfen zu können, ob die Uni wirklich sorgfältige eigene Untersuchungen angestellt hat.)
Wir wissen, dass in den Fällen Lammert und Steinmeier noch plagiatsverdächtige Stellen dokumentiert wurden, nachdem die Unis eine Verfahrenseinleitung abgelehnt hatten. Da erwarte ich derzeit aber nichts Großes mehr. Anders im Fall Stefan Liebing: Öffentlich bekannt waren eine handvoll Stellen, da VroniPlag die Arbeit nicht genauer untersucht hat: Es war ja (im Vertrauen auf das Plagiatsprüfungsverfahren der Uni Duisburg-Essen) nicht nötig, weil eine Untersuchung durch die Uni bereits eingeleitet war - und das ist stets das primäre Ziel der klassischen VroniPlag-Dokumentation gewesen (die glaubten nämlich auch an Verfahren & an wiss. Selbstkontrolle). Seit die Uni das Verfahren aber sang- und klanglos eingestellt hat, ist da wieder etwas Aktivität zu verzeichnen. Wer weiß, ob da nicht noch öffentlich gezeigt werden kann, dass das Verfahren der Uni versagt hat?
Wären solche Verfahren transparent, könnte die Öffentlichkeit sich fragen, ob sie ihren Ergebnissen Vertrauen schenkt. Bei intransparenten Verfahren wäre eine vertrauensselige Öffentlichkeit reichlich naiv.
Dr. Bernd Dammann (Gast) meinte am 2013/12/02 12:55:
'Untersuchungsgrundsatz' und 'Beweismittel' im VwVfG
Entgegen der mir von Dr. Klaus Graf zugeschriebenen Position, ich hätte "Lob eines zweisträngigen Verfahrens und der universitären Kommissionen (zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis)" geäußert, trifft tatsächlich zu, dass ich mich im Interesse des Grundrechtsschutzes des Art. 5, Abs.3 Satz 1 GG für eine offensive Nutzung der verwaltungsverfahrensrechtlichen Möglichkeiten ausgesprochen habe, die das VwVfG in seinen §§ 24 'Untersuchungsgrundsatz' und 26 'Beweismittel' eröffnet. In seiner Urteilsbegründung in der Hauptsache (nicht bagatellisierend: obiter dictum) hat die zuständige Kammer des Berliner VGs klar und deutlich zu erkennen gegeben, dass im Rahmen des von ihr selbst verfahrensrechtlich ausdrücklich für zulässig Erachteten und Erklärten (Rd.-Nr. 36 ff) insoweit kein Verfahrensfehler im Entscheidungsfindungsprozess zu erkennen ist, in den ein 'Ehrenkodex-Verfahren' einbezogen worden war. Auch ich gehe ohne Wenn und Aber von dem aus, was oben bereits aus der Urteilsbegründung zitiert worden ist: "Die mit der Entziehung des Doktorgrades befassten Organe der Hochschule haben den Sachverhalt für den Entziehungstatbestand eigenständig (...) zu ermitteln." (VG Berlin) Nach Maßgabe dieser nicht hintergehbaren Verpflichtung bestimmen diese Organe jedoch selbst "Art und Umfang der Ermittlungen" (§ 24). In § 26 werden sie dazu angehalten, sich der Beweismittel zu bedienen, "die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich" halten (§ 26). Zu diesen Beweismitteln, die genutzt werden können (nicht: müssen), zählen auch "Sachverständige" als "Gutachter" (§ 26), die eben gerade nicht schon Mitglieder dieser Organe sind. Bezogen auf den Grundrechtsschutz von Hochschul- und Wissenschaftsautonomie liegt die Leistung dieser Regelungen in dem, was ihnen Niklas Luhmann in seiner Theorie der 'Legitimation durch Verfahren' zuspricht (Wikipedia: Legitimation durch Verfahren):
"Die Rechtsnormen, welche die Rahmenbedingungen für Verfahren vorgeben, sind dabei nach Luhmann nicht mit dem Verfahren selbst gleichzusetzen; die Rechtfertigung durch diese Rechtsnormen ist nicht schon Legitimation durch Verfahren. Die Verfahrensregeln reduzierten lediglich Komplexität, indem sie die möglichen Verhaltensweisen der Beteiligten einschränkten. Es sei gerade die Funktion rechtlich geregelter Verfahren, dabei noch Verhaltensmöglichkeiten offenzulassen, um den Verfahrensbeteiligten die Annahme von Verhaltensrollen zu ermöglichen." - in diesen Fällen eben auch solche der Wissenschaft und Forschung statt behördlich- bürokratischer Paragraphenreiterei.
Erbloggtes (Gast) antwortete am 2013/12/02 16:35:
Also ist die Legitimation durch Verfahren erfoglreich? Aus meiner Sicht nicht. Denn die Verfahren entfalten keine Bindungswirkung für ihre Ergebnisse.
KlausGraf antwortete am 2013/12/02 16:45:
Rechthaberisches Gequengel von Dammann
"In seiner Urteilsbegründung in der Hauptsache (nicht bagatellisierend: obiter dictum) hat die zuständige Kammer des Berliner VGs klar und deutlich zu erkennen gegeben, dass im Rahmen des von ihr selbst verfahrensrechtlich ausdrücklich für zulässig Erachteten und Erklärten (Rd.-Nr. 36 ff) insoweit kein Verfahrensfehler im Entscheidungsfindungsprozess zu erkennen ist, in den ein 'Ehrenkodex-Verfahren' einbezogen worden war." Das möchte ich nicht unwidersprochen lassen. Bei dem Berliner Verfahren ging es ausschließlich um die Rechtmäßigkeit des Doktortitelentzugs und die des damit verbundenen Verfahrens. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass das Ehrencodexverfahren damit rechtlich nichts zu tun hat und AM RANDE sich zu Verfahrensanforderungen des Ehrencodexverfahrens geäußert. Was Dammann dem Urteil entnimmt, ist schlichtweg nicht vertretbar. Es ging nicht um eine "Einbeziehung" des Ehrencodexverfahrens, das Gericht hat salopp gesprochen nichts anderes erklärt als: Entgegen der Ansicht der Klägerin war es wurscht, wie das Ehrencodexverfahren ablief. Die marginalen Bemerkungen des Gerichts würden für mich noch nicht einmal den Leitsatz tragen: "Ein universitäres Doktorgradentziehung-Verfahren wird nicht schon dadurch unrechtmäßig, dass parallel oder vorgeschaltet ein Ehrencodexverfahren durchgeführt wird". Zur Rechtmäßigkeit solcher Verfahren lässt sich dem Urteil so gut wie NICHTS entnehmen.
Dr. Bernd Dammann (Gast) antwortete am 2013/12/02 18:04:
Ich bin sehr gespannt darauf, wie Nadine Schiffers in ihrer Dissertation, auf die Sie dankenswerterweise hinweisen, das Berliner VG-Urteil aus 2009 würdigt. "Das Werk behandelt die unter hochschul- und grundrechtlichen Gesichtspunkten vielschichtige Problematik wissenschaftlicher Selbstkontrolle an staatlichen Hochschulen - beginnend beim ersten Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten bis zu einer Anrufung der Gerichte.
Zunächst werden die Entwicklung der Idee wissenschaftlicher Selbstkontrolle, die Grundlagen der an allen deutschen Hochschulen existierenden Verfahren sowie die hiervon betroffenen Rechte und Interessen dargelegt. Im Zentrum steht die Frage nach der Ausgestaltung der Verfahrensordnung, wobei besonders auf die Auswirkungen der Wissenschaftsfreiheit des Betroffenen einerseits und der Hochschulautonomie andererseits eingegangen wird. Ausführliche Beachtung wird des Weiteren der Frage nach der gerichtlichen Überprüfbarkeit der Verfahren und ihrer Ergebnisse geschenkt. Daneben wird die Möglichkeit der Verfahrensbeendigung durch Schlichtung behandelt.
Besonders vor dem Hintergrund der in jüngster Zeit vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückten Fehlverhaltensfälle bietet das Werk Hochschulen und Wissenschaftlern Hilfestellung bei der Durchführung von Verfahren wissenschaftlicher Selbstkontrolle." (Verlagswerbung)
Vielleicht sehen Sie wenigstens nach der Lektüre dieser Studie Grund, Ihre Kritik an meiner Lesart dieses Urteils zu korrigieren?
Conny (Gast) antwortete am 2013/12/03 08:56:
@Bernd Dammann
Hallo Herr Dr. Dammann,zum Thema "Vielleicht sehen Sie wenigstens nach der Lektüre dieser Studie Grund, Ihre Kritik an meiner Lesart dieses Urteils zu korrigieren? ":
Egal ob KG die Studie liest oder nicht, es gilt in solchen Auseinandersetzungen erfahrungsgemäß grundsätzlich die Archivalia-Regel Nr. 1: "KG hat immer recht!" (insbesondere in juristischen Dingen) mit der Folge von Regel Nr. 2: "Selbst wenn KG nicht recht hat, wird er sich niemals korriegieren, denn Grundgesetz von Archivalia ist Regel Nr.1."... - ein Grund warum das Blog (leider) nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die es ob seines Inhalts verdient hätte. Kurz, es geht in solchen Diskussionen nicht um die Sache, sondern die Propagierung einer Meinung - nämlich die des Admins.
PS: Trotzdem danke für Ihre fundierten Kommentare!