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Archivrecht

Matthias Berberich/Jan Bernd Nordemann fragen sich in GRUR 2010, 966ff. "ob und inwieweit das Zitatrecht nicht nur eine Nutzung des eigentlich zitierten Werkes gestattet, sondern auch die Nutzung solcher „vermittelnden” Werke, durch die der Zitierende überhaupt erst Zugang zum zitierten Werk erhält, ohne jene aber im klassischen Sinne zu zitieren." Sie führen folgende Beispiele an:

Eine Zeitung veröffentlicht eine Kritik einer Theaterpremiere und veranschaulicht das nach Ansicht des Autors künstlerisch völlig verfehlte (aber Schöpfungshöhe aufweisende) Bühnenbild durch ein abgedrucktes Foto. Dieses hat er allerdings nicht selbst aufgenommen, sondern aus anderen Quellen erlangt. Der Fotograf dieses Fotos, der für sich zumindest Lichtbildschutz (§ URHG § 72 UrhG) beanspruchen kann, begehrt Unterlassung nebst angemessener Lizenzgebühr.

- Eine international beachtete Kunstausstellung in Australien soll ihren Weg in den Kulturteil einer kleinen Regionalzeitung am deutschen Geburtsort und langjährigen Wohnsitz des Künstlers finden, um auch dessen regionale Wurzeln aus früherer Zeit herauszustellen. Da die Zeitung nicht über die Mittel verfügt, ihrem Redakteur eine Fernreise nach Australien für Fotoaufnahmen zu gönnen, druckt sie ein Foto ab, das sie der dortigen Internetberichterstattung entnommen hat.

- Eine Doktorarbeit setzt sich mit dem Schaffen eines Künstlers auseinander, dessen Werke sich seit geraumer Zeit in unzugänglichem Privatbesitz befinden oder auf unabsehbare Dauer restauriert werden. Der Verfasser, unter dem Druck zeitnaher Veröffentlichung, verwendet daher als Beleg früher von Dritten bereits gefertigte Abbildungen dieser Werke.


Sie kommen zu dem Ergebnis:

Beim Zitat von Primärwerken kann auch die Nutzung dieser vermittelnder Sekundärwerke von § URHG § 51 UrhG privilegiert sein. Maßgeblich dafür ist insbesondere die Erforderlichkeit für den verfolgten Zitatzweck, wenn andernfalls die beabsichtigte geistige Auseinandersetzung unter Rückgriff auf das Primärwerk unterbleiben würde, weil dieses zu erreichen unmöglich oder unzumutbar erschwert ist. Jedoch darf die Primärverwertung nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Bei strikter Anwendung dieser Kriterien sind ein Missbrauch des Zitatrechts und eine unangemessene Benachteiligung der Rechteinhaber nicht zu befürchten.

Das ist zu restriktiv argumentiert. Die Verfasser irren, wenn sie behaupten, das Problem sei im Rahmen des Zitatrechts noch nicht behandelt worden. Richtig ist, dass ich es bei der Besprechung der Arbeit von Lehment 2008 http://archiv.twoday.net/stories/5333018/ angesprochen habe. Nochmals angeführt bei der Auseinandersetzung mit RA Kompa http://archiv.twoday.net/stories/6000590/#6000915

Aus der von den Verfassern ignorierten Entscheidung Codex Aureus ergibt sich implizit, dass vermittelnde Werke zitiert werden dürfen, wie ich a.a.O. bereits ausführte.

Dem bayerischen Künstler Christian Kaiser wurde von der Bayerischen
Landeszentrale für neue Medien (BLM) ein Bußgeld iHv. mehreren Tausend Euro
auferlegt, weil dieser sich weigerte, ein Internetangebot den Vorgaben der
BLM entsprechend anzupassen, dessen Inhalt "sozialethisch desorientierend"
sei. Zuvor waren ihm bereits Untersagung und Sperrung des Angebots angedroht
worden.

Die Fotografien und Videoclips des jungen Künstlers zeigen junge Frauen
zwischen Verwahrlosung, Gewalt, Sex, Drogen und Prostitution. "Heroin Kids",
so der Name des Projekts, versteht sich als Ausschnitt eines wilden und
freien Lebens, das an der Grenze zur Selbstzerstörung gelebt wird und keine
Regeln oder festen Werte mehr kennt. Die Darstellerinnen werden in
überzeichneter Weise in ihrem Elend gezeigt. Die Werke des Fotografen sind
zweifellos nicht jedermanns Geschmack und sollen dies auch nicht sein. Der
Bundesgerichtshof äußerte kürzlich, dass Kunst Grenzen überschreiten soll
(BGH ZUM 2010, 251, 252).

Nicht so in Bayern: Die BLM ist der Auffassung, das Angebot ästhetisiere und
verharmlose den Heroinkonsum, weil an keiner Stelle auf die Gefahren
hingewiesen werde. Obwohl die überwiegend krassen Darstellungen die Modelle
in Erbrochenem, in Fäkalien und Unrat zeigen, ist die BLM der Auffassung,
die Darstellungen könnten auf Jugendliche "attraktiv wirken und diese zur
Nachahmung animieren". Fraglich erscheint dabei, wie die Darstellung eines
drogenbedingten Verfalls denn aussehen soll, damit Jugendliche nicht zur
Nachahmung angehalten werden.

Da der junge Künstler sein Angebot nicht unverzüglich den Vorgaben der BLM
angepasst hat - Entfernung oder aber eine auf die Nachtstunden beschränkte
Zugänglichmachung des Internetangebots - wurde ihm nun ein
existenzbedrohendes Bußgeld auferlegt. Hiergegen hat Kaiser durch den
Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Daniel Kötz Einspruch eingelegt, über den das
Amtsgericht Ebersberg bei München am 24. November 2010 zu entscheiden haben
wird. Noch ist nicht abzusehen, ob das Amtsgericht den Zensurbemühungen der
bayerischen Tugendwächter Vorschub leisten, oder aber diese in ihre
Schranken weisen wird. Die Kunstfreiheit wird in Art. 5 Abs. 3 S. 1
Grundgesetz (noch) vorbehaltlos gewährleistet.


PM Dr. Kötz via urecht

Siehe auch
http://www.internet-law.de/2010/11/jugendmedienschutz-busgeld-gegen-kunstprojekt-heroin-kids.html

http://kinder-wollen-singen.de/faq

"Dazu kommt noch, dass nicht nur die Musik selbst geschützt ist, sondern auch das Arrangement und der Notensatz selbst. Das heißt, selbst wenn ein Musikstück "gemeinfrei" ist (also niemandem mehr gehört, beispielsweise traditionelle Kinderlieder) darf das Notenblatt selbst noch nicht kopiert werden."

Ich stelle dazu fest: Es ist Copyfraud zu behaupten, dass der Notensatz gemeinfreier Musikstücke geschützt ist. Siehe dazu

http://de.wikipedia.org/wiki/Rechtsschutz_von_Schriftzeichen#Schutz_von_Notenbildern

Siehe auch
http://www.gema.de/kindergarten

Da Kindergartengruppen nicht als Öffentlichkeit im urheberrechtlichen Sinn gelten, ist es legal, wenn die Betreuer/innen aus gekauften Liederbüchern vorsingen und die Kinder nachsingen lassen.

Ebenfalls legal: Aufnahmen von Kinderliedern auf CD, im TV oder auf YouTube/im Internet vorspielen und die Kinder nachsingen lassen.

Ebenfalls legal: Zulässigerweise im Internet einsehbares Notenmaterial am Bildschirm gemeinsam benutzen oder per Beamer projizieren. (Aber: welche Wiedergaben - z.B. http://ingeb.org/kinderli.html - sind zulässig?)

Wichtig wäre für die Bürgergesellschaft: Mit massivem finanziellem Einsatz die Rechteinhaber einschüchtern, damit sie keine Ansprüche aufgrund geringfügigster Änderungen von gemeinfreien Liedern und aufgrund des Notensatzes gemeinfreier Lieder erheben.

Update: Einige freie Kinderlieder auf Wikibooks
http://de.wikibooks.org/wiki/Kategorie:Kinderlied

Viele gemeinfreie Lieder mit Notenscans:
http://www.liederlexikon.de/lieder

Steinhauer weist mich hin auf:
http://www.cdu-nrw-fraktion.de/405.pdf?tx_ttnews[tt_news]=10393&cHash=b92346762cfc1ce43a9def80b8acb4bb Kommentar: Martinsumzüge sind selbstverständlich öffentlich; geschützte Lieder dürfen nur nach vorheriger GEMA-Anmeldung gesungen werden.

Update:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33664/1.html

#gema

Hexe = GEMA

http://blog.delegibus.com/2010/11/14/die-strafe-der-hauswustung-und-der-fall-des-straftaters-josef-fritzl/

Das in der deutschen Presse als “Inzesthaus” und bei den jedenfalls mit Begrifflichkeiten wohl etwas zimperlicheren Österreichern als “Horrorhaus” bezeichnete Wohnhaus des Straftäters Josef Fritzl in der Ybbsstraße 40, 3300 Amstetten, Österreich, wird abgerissen. Vordergründig soll dies im Konkursverfahren zu einer Wertsteigerung des unverkäuflichen Grundstücks führen. Eigentlich geht es aber darum, den Schandfleck der Stadt abzutragen und aus der Erinnerung zu tilgen. Hieran bestehe, so heißt es selbst vom Konkursrichter Markus Sonnleitner, ein großes Interesse.

Dem rechtshistorisch interessierten Juristen fällt dazu der Begriff der Hauswüstung ein. Dabei handelte es sich um eine in hochmittelalterlichen Rechtsnormen nachweisbare Strafe (Klaus Graf), die bei schweren Straftaten Anwendung fand, darunter insbesondere “Notzuchtverbrechen” (Joachim Feldmann).


Die Hauswüstung ist aber auch in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Rechtsnormen vertreten:

http://www.histsem.uni-freiburg.de/mertens/graf/strafj.htm

Wie wärs mit einer Schandsäule an Stelle des Fritzl-Hauses?



http://de.wikipedia.org/wiki/Schands%C3%A4ule

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Copyright-Forscher-Das-Urheberrecht-passt-nicht-mehr-1135978.html

Reto Hilty, Direktor des Max-Planck-Instituts für geistiges Eigentum, hat auf dem Netzpolitischen Kongress der Grünen scharfe Kritik an der Ausgestaltung des Urheberrechts geübt und dazu aufgerufen, das Problem an der Wurzel zu bekämpfen.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/BGH-Linksetzung-kann-Urheberrechte-verletzen-1135956.html

"Um Urheberrechte zu verletzen, genügt es in bestimmten Fällen, im Web einen Link besonders geschickt auf fremde, urheberrechtlich geschützte Inhalte zu setzen – nämlich dann, wenn man damit Schutzmaßnahmen, die der Rechteinhaber gegen die unbefugte Nutzung seiner Inhalte getroffen hat, bewusst aushebelt."

Der BGH: Der urheberrechtliche Schutz eines Werkes sei nicht von der Wirksamkeit einer Schutzmaßnahme abhängig. Das Gesetz sagt etwas anderes in § 95a UrhG, aber das hat den BGH ja noch nie gekümmert. Er schreibt sein Urheberrecht, wie es ihm gefällt, ob der Gesetzgeber das so vorgesehen hat oder nicht.

"Bedient sich ein Berechtigter einer technischen Schutzmaßnahme, um den öffentlichen Zugang zu einem geschützten Werk nur auf dem Weg über die Startseite seiner Website zu eröffnen, greift das Setzen eines Hyperlink, der unter Umgehung dieser Schutzmaßnahme einen unmittelbaren Zugriff auf das geschützte Werk ermöglicht, in das Recht der öffentlichen Zugänglich-machung des Werkes aus § 19a UrhG ein. Bei der technischen Schutzmaß-nahme muss es sich nicht um eine wirksame technische Schutzmaßnahme im Sinne des § 95a UrhG handeln. Es reicht aus, dass die Schutzmaßnahme den Willen des Berechtigten erkennbar macht, den öffentlichen Zugang zu dem geschützten Werk nur auf dem vorgesehenen Weg zu ermöglichen." (Leitsatz)

Es ist absoluter Schwachsinn, nicht-wirksame technische Schutzmaßnahmen außerhalb von § 95a zu schützen. Dass der Gesetzgeber dies gewollt habe, ist nicht ersichtlich.

Urteilstext:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&Seite=1&nr=53902&pos=40&anz=595

Pressemitteilung, PDF

Ein Autor durfte ungenehmigt ältere Zeitungsartikel in sein literarisches Werk übernehmen. Damit wandte das OLG Brandenburg die Grundsätze der Germania-Entscheidung des BVerfG an - der BGH wird das womöglich anders sehen, da er die Zumutung, das einfache Recht sei im Lichte der Grundrechte auszulegen, so sehr scheut wie der Teufel das Weihwasser.

Urteilstext:
http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE227822010&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10

http://www.telemedicus.info/article/1893-Google-Instant-Preview-und-das-Urheberrecht-an-Screenshots.html

"Urheberrechtlich ist „Instant Preview” also eine schwierige Angelegenheit und keineswegs vergleichbar mit der jüngsten BGH-Entscheidung zur Google Bildersuche. Und mal wieder geht Google mit einem neuen Feature an die Grenzen des deutschen Medienrechts. Das kann man dem Unternehmen einerseits vorwerfen: Google kümmert sich nicht um rechtliche Grenzfälle, sondern macht einfach. Andererseits kan mann aber auch genau das positiv sehen: Gerade das deutsche Urheberrecht ist voller Tücken und Untiefen. Da brauchen Innovationen manchmal den Mut, die häufig nicht klar definierten Grenzen auszureizen."

http://www.technollama.co.uk/belgian-court-recognises-cc-licences

Es ging um die Verletzung der CC BY-NC-ND-Lizenz (Namensnennung, keine kommerzielle Nutzung, keine Bearbeitung erlaubt). Eine Band hatte Musik unter dieser Lizenz veröffentlicht; ein Theater nutzte diese Musik anschließend für Werbung und verletzte dabei alle drei Bedingungen. Die Band lehnte die angebotenen 1500 Euro ab und forderte 10.000, aber das Gericht sprach ihr nur 4500 zu.

Update: http://archiv.twoday.net/stories/11590001/

http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Kommissarin-fordert-neuen-Ansatz-fuers-Copyright-1132168.html

"Neelie Kroes, EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, will sicherstellen, dass das Urheberrecht nicht zum Hindernis in der vernetzten Welt wird. "Copyright ist kein Zweck an sich", betonte die Niederländerin Ende vergangener Woche in einer Rede auf einem Kultur- und Medienforum in Avignon. [...] Eine Copyright-Reform müsse diskutiert werden, um den digitalen Binnenmarkt in Europa zu befördern. Es müsse über Eigeninteressen von Nationen sowie Unternehmen hinausgeblickt und einen "neuen Ansatz fürs Urheberrecht" etabliert werden.

Kroes kündigte Gesetzesentwürfe für "verwaiste Werke" zur Erhöhung der Transparenz von Verwertungsgesellschaften an."

Text der Rede:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=SPEECH/10/619&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en

Update: http://www.bbc.co.uk/news/uk-politics-11695416 Auch UK will mehr fair use.

 

twoday.net AGB

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