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Wissenschaftsbetrieb



Siehe auch
http://archiv.twoday.net/search?q=guttenberg

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,747880,00.html

Wut, Empörung, Fassungslosigkeit: In der Plagiatsaffäre um Verteidigungsminister Guttenberg melden sich immer mehr Wissenschaftler zu Wort - und rügen das Verhalten des CSU-Politikers.

http://www.n-tv.de/politik/Gelehrte-prangern-Guttenberg-an-article2710386.html

Auch nach Einschätzung des Fachanwalts Jan Bernd Nordemann hat Guttenberg mit seiner Doktorarbeit mehrfach deutlich das Urheberrecht verletzt. "Ein weggelassenes Zitat ist noch keine Urheberrechts-Verletzung. Aber in dem Ausmaß mit wörtlicher Übernahme ganzer Absätze aus fremden Quellen ist es Verletzung geistigen Eigentums", sagte der Spezialist für Urheber- und Medienrecht zur Plagiats-Affäre um den CSU-Politiker.

Der Fall könnte allerdings zivilrechtliche Folgen haben, sagte Professor Nordemann. Betroffene, deren Texte in der Doktorarbeit verwendet wurden, könnten vor einem Zivilgericht Unterlassung fordern und Schadensersatzansprüche geltend machen - wenn eine außergerichtliche Einigung nicht zustande kommt. "Möglich ist zum Beispiel, eine Weiterverbreitung des Buches per Gerichtsentscheid verbieten zu lassen." Nur die Autoren, deren Texte sich in der Doktorarbeit wiederfinden, könnten dagegen vorgehen.

Strafrechtliche Konsequenzen hält der Experte dagegen für weniger wahrscheinlich. "Das Strafrecht braucht den Vorsatz." Dies würde nur in Betracht kommen, wenn Fußnoten wissentlich weggelassen wurden, sagte Nordemann. Dies nachzuweisen sei kompliziert. Sollte sich aber herausstellen, dass zu Guttenberg die eidesstattliche Erklärung zu seiner Arbeit fahrlässig falsch gegeben habe, könnte das Folgen haben. Fahrlässig sei schon, Angaben nicht sorgfältig genug gemacht zu haben.


Nordemann verkennt, dass die Staatsanwaltschaft im Fall Kasper bei einem unmittelbar vergleichbaren Plagiat keine Probleme hatte, 90 Tagessätze Geldstrafe durchzusetzen:

http://archiv.twoday.net/stories/14648261/
http://www.rp-online.de/politik/deutschland/Guttenberg-und-der-Fall-des-Andreas-K_aid_969599.html

Wer für seine Doktorarbeit vor allem andere Werke plündert und sogar seine Einleitung mit einem Plagiat beginnt, handelt nicht fahrlässig, sondern vorsätzlich!

„Den Doktorvater nehme ich in Schutz“, sagte Anwalt Nordemann. „Man kann nicht alle Quellen auswendig kennen. Und Plagiate fallen nur bei Nutzung der modernen Medien auf.“ Der Jurist unterstrich: „Das ist ja keine schlechte Doktorarbeit. Zu Guttenberg hat sich ja die richtigen Stellen rausgesucht.“
http://goo.gl/mLWw9 = lvz-online.de

Das ist hahnebüchen. Plagiate fallen auch dann auf, wenn man sich die Mühe macht, die Verarbeitung der benützten Quellen und Literatur wenigstens stichprobenhaft zu überprüfen, was Aufgabe von Gutachtern und Rezensenten sein sollte. Das kann man ganz ohne neue Medien, wenn es sich um sogenannte Bauernopfer-Referenzen handelt, bei denen die Quelle angegeben wird.

Update: Klare Worte von Lepsius im Video
http://www.facebook.com/video/video.php?v=10150114353118088&comments

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/search?q=guttenberg


Was "KT" noch durchlebt, hat er schon hinter sich: Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen, Ur-Enkel des letzten deutschen Kaisers, verlor 1973 wegen einer Plagiatsaffäre seinen Doktortitel. Im Interview erzählt er, wie peinlich ihm das bis heute ist - und was er vom Handeln des Ministers hält.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,747175,00.html

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/search?q=guttenberg
http://archiv.twoday.net/search?q=plagi

http://offenerbrief.posterous.com/causa-guttenberg-offener-brief-von-doktorande

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
als Doktorandinnen und Doktoranden verfolgen wir die gegenwärtige Diskussion um die Plagiatsvorwürfe gegen den Bundesminister der Verteidigung, Herrn Karl-Theodor zu Guttenberg, mit großer Erschütterung und noch größerem Unverständnis. Wir haben den Eindruck, dass Sie mit aller Macht versuchen, einen Minister zu halten, der trotz massiver Gegenbeweise immer noch die Behauptung aufrecht erhält, er habe in seiner Doktorarbeit nicht bewusst getäuscht.

Mit dieser Vorgehensweise beschädigen die Bundesregierung und die Abgeordneten der Koalition nicht nur sich selbst, sondern viel mehr.

Zu Guttenberg musste bereits in der letzten Woche mehrfach Abstand von seinen zuvor beteuerten Aussagen in Bezug auf seine Dissertation nehmen. Die Internetgemeinde hat es in einer beispiellosen Art und Weise geschafft, eine Vielzahl von eindeutigen Plagiaten in der Dissertation von Herrn zu Guttenberg zu belegen. Diese Indizien sind von jedermann einzusehen und überprüfbar. Es nimmt kaum Wunder, dass sich Plagiatsexperten darüber einig sind, dass man hier nicht mehr von einigen „peinlichen Fehlern“ reden kann. Es handelt sich um massive, systematische Täuschung. Zu Guttenberg hat große Teile seiner Dissertation – und dies offenbar mit großem Ehrgeiz – zusammenkopiert und Quellen vertuscht, um sich den Doktortitel zu erschleichen, mit dem er dann nicht zuletzt auf Wahlplakaten geworben hat. Die Universität Bayreuth hat diesen Vorwurf nicht ausräumen können. Angesichts des Umfangs und der Anzahl der Plagiate wissen Sie genauso gut wie wir, dass am Ende der genauen Überprüfung durch die Universität nur ein Ergebnis stehen kann, was die Täuschungsintention des Ministers angeht. Man kann dies nicht „unbewusst“ tun.

Diese Täuschung als solche zu benennen, hat dabei nichts mit der Zugehörigkeit des Ministers zu einer bestimmten Partei zu tun. Auch von den Politikern der Opposition würden wir den Rücktritt als Minister fordern, hätten sie ihr Ehrenwort gegeben, ihre wissenschaftliche Leistung eigenständig und nur unter Zuhilfenahme der angegebenen Hilfsmittel erstellt zu haben, und dann trotzdem in massiver Weise dagegen verstoßen.

Herr zu Guttenberg hat am 23. Februar 2011 in der Aktuellen Stunde im Deutschen Bundestag darauf verwiesen, er wolle nur nach seiner Tätigkeit als Verteidigungsminister beurteilt werden. Er hat dabei auf eine Formulierung von Ihnen angespielt, wonach Sie ihn nicht als „wissenschaftlichen Assistenten“ eingestellt hätten.

Dies ist eine Verhöhnung aller wissenschaftlichen Hilfskräfte sowie aller Doktorandinnen und Doktoranden, die auf ehrliche Art und Weise versuchen, ihren Teil zum wissenschaftlichen Fortschritt beizutragen. Sie legt darüber hinaus nahe, dass es sich beim Erschleichen eines Doktortitels um ein Kavaliersdelikt handele und dass das „akademische Ehrenwort“ im wirklichen Leben belanglos sei.

Bei der Beachtung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis geht es nicht um „Fußnoten“, nicht um Kinkerlitzchen, die angesichts größerer politischer Probleme vernachlässigenswert sind. Es geht um die Grundlagen unseres Arbeitens und Vertrauenswürdigkeit. Wir bemühen uns daher in unserer eigenen Arbeit nach bestem Wissen und Gewissen, diesen hohen Anforderungen jederzeit nachzukommen. Wenn wir dies nicht tun, laufen wir (zu Recht) Gefahr, von der Universität verwiesen zu werden.

Die meisten von uns unterrichten zudem jüngere Studierende. Nicht selten ist es unsere Aufgabe, ihnen die Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens zu vermitteln. Wir halten die Studierenden dabei dazu an, von Anfang an sehr genau darauf zu achten, korrekt zu zitieren und jedes Hilfsmittel als solches kenntlich zu machen. Wir tun dies nicht, weil wir „Fußnotenfanatiker“ sind oder im „Elfenbeinturm“ sitzen und nicht wissen, was im wahren Leben zählt. Es geht uns schlicht darum, das Verständnis dafür weiterzugeben, dass wissenschaftlicher und damit gesellschaftlicher Fortschritt allein dann möglich ist, wenn man sich auf die Redlichkeit in der „scientific community“ verlassen kann. Verstoßen unsere Studentinnen und Studenten gegen diesen Kodex, sind wir gehalten, ihre Prüfungsleistung als ungenügend zu bewerten. Bei erneutem Verstoß droht in aller Regel die Exmatrikulation. Nach einer solchen Entscheidung bleibt der Eintritt der Betroffenen in viele Berufe zurecht verwehrt – auch in Berufe, in denen die persönliche Integrität weniger bedeutend sein mag als im Amt des Bundesverteidigungsministers.

Vielleicht sind wir altmodisch und vertreten überholte konservative Werte, wenn wir die Auffassung hegen, dass Aufrichtigkeit und Verantwortungsbewusstsein Werte sein sollten, die auch außerhalb der Wissenschaft gelten sollten. Herr zu Guttenberg schien bis vor kurzem auch dieser Meinung zu sein.

Forschung leistet einen wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung. Redliche und innovative Wissenschaft ist eine Grundlage des Wohlstands in unserem Land. Wenn der Schutz von Ideen in unserer Gesellschaft kein wichtiger Wert mehr ist, dann verspielen wir unsere Zukunft. Wir erwarten für unsere wissenschaftliche Arbeit keine Dankbarkeit, aber zumindest den Respekt, dass man unsere Arbeit ernst nimmt. Durch die Behandlung der Causa Guttenberg als Kavaliersdelikt leiden der Wissenschaftsstandort Deutschland und die Glaubwürdigkeit Deutschlands als „Land der Ideen“.

Möglicherweise aber halten Sie unseren Beitrag zur Gesellschaft schlicht für vernachlässigenswert. Dann möchten wir Sie aber bitten, in Zukunft nicht mehr von der von Ihnen selbst ausgerufenen „Bildungsrepublik Deutschland“ zu sprechen.


Mit freundlichen Grüßen


Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner*

*Anmerkung: Wir vertreten selbstverständlich nur unsere eigene Position, nicht die der Institution, der wir zugehörig sind.


Tobias Bunde, Universität Konstanz
Tim Wihl, Humboldt-Universität zu Berlin
Johannes Staemmler, Hertie School of Governance/Freie Universität Berlin
Frederik Trettin, Universität Konstanz
Mark T. Fliegauf, University of Cambridge
Simone Schelk, Universität Konstanz
Felix Groba, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung/Humboldt-Universität zu Berlin
Bernhard Blumenau, Graduate Institute of International and Development Studies, Genf
Wilhelm Mirow, ETH Zürich
Martin Humburg, Universität Maastricht
Janina Dill, University of Oxford
Stefan G. Mend, Rutgers University, USA
Linus Strothmann, Freie Universität Berlin
Michael Schlichenmaier, Universität Konstanz
Johannes Wilm, Goldsmiths College, University of London
Nicolas Griesshaber, Berlin Graduate School of Social Sciences, Humboldt Universität zu Berlin
Jan Marcus, DIW Berlin/Technische Universität Berlin
Sascha Patrick Meßmer, Universität Konstanz
Lutz Ohlendorf, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Sabine von Thenen, Universität Duisburg-Essen
Imke Pente, Berlin Graduate School for Transnational Studies
Anja Kathrin Hild, Freie Universität Berlin
Tonia Fondermann, Universität Hannover
Patrick Mello, Humboldt-Universität zu Berlin
Rodrigo Isidor, Universität Gießen
Sonja Bastin, Max-Planck-Institut für demografische Forschung
David Bosold, Philipps-Universität Marburg
Dennis Prieß, Universität Osnabrück
Florian Mölders, DIW Berlin
Holger Steinmetz, Universität Gießen
Kathrin Keil, Berlin Graduate School for Transnational Studies (BTS), Freie Universität Berlin
Florian B. Zapkau, Justus-Liebig-Universität, Gießen
Eike Karin Ohlendorf, Universität Leipzig
Gwendolyn Whittaker, Universität Konstanz
Kai Denker, TU Darmstadt
Matthias Wählisch, Freie Universität Berlin
Sebastian Kay Belle, Universität Konstanz
Gisela Fickenscher, Georg-August-Universität Göttingen
Thomas Zink, Universität Konstanz
Katharina Gnath, Hertie School of Governance/ Freie Universität Berlin
Florian Beier, Uni-Heidelberg
Katharina Peters, Uni Koblenz-Landau
Susanne Schmeier, Hertie School of Governance/Freie Universität Berlin
Andrea Bahr, Humboldt-Universität zu Berlin
Anne Becker, HU Berlin
Anne Koch, Hertie School of Governance / FU Berlin
Andrea Bahr, Humboldt-Universität zu Berlin
Joris Corin Heyder, Freie Universität Berlin
Sarah Faulwetter, Universität Athen, Griechenland
Dennis Nottebaum, Graduate School of Politics - Universität Münster
Julian Bernauer, Universität Konstanz
Matthias Wießner, Universität Leipzig
Kathleen Schlütter, Universität Leipzig
Nathan Hüsken, Uni-Heidelberg
Markus Lauer, Universität des Saarlandes
Carsten Hohmann, Ludwig-Maximilians-Universität München und Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen
Maria Herold, Georg-August-Universität Göttingen
Daniel Issenmann, Karlsruher Institut für Technologie
Alexandros Tokhi, Berlin Graduate School for Transnational Studies (FU Berlin)
Martin Holthausen, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und Max-Planck Institut für Kernphysik
Esther Ademmer, Berlin Graduate School For Transnational Studies/ FU Berlin
Marcus Krueger, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Wir unterstützen die Initiative der Doktorandinnen und Doktoranden:

Dr. Ingo Peters, Freie Universität Berlin
Prof. Dr. Thomas Risse, Freie Universität Berlin
Dr.-Ing. Ina Schaefer, TU Braunschweig
Dr. Sebastian Barnutz, Freie Universität Berlin

-------------------------
FÜR DOKTORANDINNEN UND DOKTORANDEN:
Wer unterzeichnen möchte: Bitte einfach mit "Name, Institution" kommentieren. Wir werden die Liste regelmäßig aktualisieren.

FÜR BEREITS PROMOVIERTE:
Wer unterzeichnen möchte: Bitte einfach mit "Titel Name, Institution" kommentieren. Die Namen tauchen dann unterhalb der Doktorandinnen und Doktoranden auf, aus deren Perspektive der Brief geschrieben ist. Wir werden die Liste regelmäßig aktualisieren.

FÜR ALLE ANDEREN:
Wir freuen uns über Verlinkungen, Weiterverbreitung und das Drücken des "Like"-Buttons.



Oder besucht unsere Facebook-Seite:

http://www.facebook.com/pages/Causa-Guttenberg-Offener-Brief-von-Doktoranden-...

Twitter-Hashtag:

#offenerBrief


Siehe auch
http://archiv.twoday.net/search?q=guttenberg

Wissenschaftliche Ergebnisse dazu referiert:

http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/enkapsis/ansichten/2011-02-24/chronik-einer-l-cherlichkeit-und-wissenschaftsethos

Eine Linksammlung dazu:

http://bluthilde.wordpress.com/2011/02/22/grundlagen-wissenschaftlichen-ziterens/

http://www.tagesspiegel.de/politik/guttenberg-hat-systematisch-getaeuscht/3878384.html

Der Bremer Juraprofessor und Plagiat-Entdecker Andreas Fischer-Lescano hat nach der Rücknahme des Doktortitels von Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seine Kritik an der Arbeit verschärft und macht jetzt auch der Universität Bayreuth Vorwürfe: „Guttenberg hat systematisch verschleiert, plagiiert und getäuscht. Den Vorsatz kann man bei diesem intellektuellen Betrug dann im Grunde nur noch dadurch verneinen, dass man den Autor für unzurechnungsfähig erklärt“, sagte Fischer-Lescano dem Tagesspiegel am Donnerstag. [...]

Günter Frankenberg, Verfassungsrechtler der Universität Frankfurt am Main, sagte, die Uni habe „ein schwaches Bild abgegeben. Die Kommission hat ein mildes Urteil gefällt, nahezu ganz im Sinne Guttenbergs. Das Wort Täuschung taucht nirgends auf – und das ist feige.“ Alles spreche dafür, „dass es sich hier um Täuschung ersten Ranges handele, das hätte die Universität prüfen und feststellen müssen.“

[...]

Ähnlich sieht es sein Kollege Hans Herbert von Arnim von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer. Auch er erkennt einen „klaren und krassen Regelverstoß“ von Guttenberg.


Siehe auch
http://archiv.twoday.net/search?q=guttenberg
http://archiv.twoday.net/stories/14650706/

Lutz Hachmeister, Medienhistoriker und Filmemacher, hat eine Stellungnahme zum Guttenberg-Plagiat verfasst, die wir hier mit der Bitte um weitere Unterstützung veröffentlichen. Hachmeister, ehemals Leiter des Grimme-Instituts, promovierte 1986 an der Universität Münster und wurde 1999 von der Universität Dortmund habilitiert.
22.02.2011 |

Wir halten nicht allzu viel von akademischen Ritualen. Die Lage an den deutschen Hochschulen mit ihren Bologna-Prozessen, Exzellenz-Clustern und Modulpunkten ist beklagenswert.

Gerade deshalb sollte es wissenschaftliche Mindeststandards geben, die für alle gelten. Die Idee einer universellen scientific community, mit ihren Regeln der Überprüfbarkeit und Originalität, Kritik und Präzision, ist ein hohes Gut. Diese Regeln mussten lange Zeit gegen religiösen Wahn und staatliche Pressionen durchgesetzt werden. Sie sind in vielen Ländern der Erde noch immer nicht selbstverständlich. Bei den Plagiaten des derzeitigen Bundesverteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich gezeigt, dass ein gewichtiger Teil der politischen Klasse in Deutschland die Bedeutung intellektueller Leistung gering schätzt.

Karl-Theodor zu Guttenberg hat wissentlich eine akademische Qualifikationsarbeit vorgelegt, die sich in erheblichem Umfang auf fremdes geistiges Eigentum stützt, ohne dieses kenntlich zu machen. Daran besteht nach Faktenlage kein Zweifel mehr. Die wesentliche Leistung des Promovenden bestand in einer bunten Textkompilation, deren Methodik den Betreuern der Arbeit offenbar seinerzeit nicht aufgefallen ist. Eine solche Ansammlung von Plagiaten war tolldreist, ihre Ableugnung war bizarr. Der Verteidigungsminister ist nur durch die im Internet und von der Presse versammelten Beweise dazu gebracht worden, nach längerem Leugnen und Abstreiten seinen Doktortitel „auf Dauer nicht mehr zu führen“. Noch interessanter ist, wie sehr sich der Minister beim Ableugnen der Fakten und beim Werfen von Nebelkerzen auf die unbedingte Solidarität seiner politischen Freunde verlassen konnte, bis hin zur Bundeskanzlerin. Wie will eine Bundesregierung überhaupt noch bildungspolitisch verantwortlich handeln, wenn sie vorsätzliche akademische Täuschung zum Kavaliersdelikt erklärt? Wie wollen Universitäten ihre Studenten zur „Exzellenz“ motivieren, wenn ein plagiiertes Traktat ohne Konsequenzen mit „summa cum laude“ bewertet werden kann?

Angesichts dieser Faktenlage ist die Unterstützung des Plagiators durch Teile von Politik und Journalismus nur macht- und medienpsychologisch zu erklären. Wer sich aber wirklich um Karl-Theodor zu Guttenberg sorgt, der entbietet ihm keine politische Nibelungentreue, sondern kümmert sich in dieser schwierigen Situation um persönlichen und psychologischen Rat.

Wir klagen niemanden an. Wir kennen die biblischen Bezüge von Splittern und Balken im Auge, von Heuchlern und selbstgerechten Richtern. Aber um für die Wissenschaft und die intellektuelle Würde zu retten, was zu retten ist, werden wir unseren Doktortitel solange nicht führen, solange Freiherr zu Guttenberg noch als Minister dieses Land vertritt.

Lutz Hachmeister

Mitunterzeichner:

Hanna Leitgeb, Robin Meyer-Lucht, Leonard Novy, Markus Oetting

Quelle:

http://carta.info/38447/ein-akademischer-faelscher-kann-kein-minister-bleiben-ein-aufruf/


http://www.klaus-baum.info/2011/02/22/ein-akademischer-falscher-kann-kein-minister-bleiben-ein-aufruf-von-lutz-hachmeister/

Interview mit Hachmeister (Audio)

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2011/02/24/drk_20110224_1608_e6d09a76.mp3


http://derstandard.at/1297818826530/derStandardat-Umfrage-DiplomarbeitDissertation-Haben-Sie-geschummelt

Derzeit:

Nein. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen zitiert.
75.8% | 250 Stimmen
Ich weiß nicht so genau. In der Eile kann es beim einen oder anderen Absatz schon passiert sein.
10% | 33 Stimmen
Ich bin anderer Meinung. (Bitte posten!)
9.4% | 31 Stimmen
Ja. Mein Betreuer hat es zum Glück nicht bemerkt.
2.4% | 8 Stimmen
Ich hatte einen Ghostwriter und vertraue ihm, dass er kein Plagiat verfasst hat.
2.4% | 8 Stimmen

1. Das Volk

Die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber.

Guttenberg ist nach Meinungsumfragen beliebter als vor der Dissertations-Affäre.

[Zu den Umfragen: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,747445,00.html ]

[S]olange Springer Guttenberg die Stange hält, hat er wohl nichts zu befürchten.
http://goo.gl/fsmZC = sueddeutsche.de

2. Die Politik

Die SZ berichtet über die Debatte zur Aussetzung der Wehrpflicht im Bundestag

Am Vortag sei Guttenberg unwidersprochen als "Lügner, Betrüger und Hochstapler" beschimpft worden. Erstmals in der Geschichte des Bundestages habe es keinen Ordnungsruf des Bundestagspräsidenten geben und sei auch von den Regierungsfraktionen nicht eingefordert worden. "Weil alle hier im Saal wissen, dass das Tatsachen sind." Hinter ihm sitzt Bundestagspräsident Norbert Lammert und spielt angespannt mit seinem Stift. Auch diesmal ergeht kein Ordnungsruf.
http://goo.gl/fsmZC = sueddeutsche.de

Zur gestrigen Guttenberg-Debatte im Parlament:
http://goo.gl/cj06Q = sueddeutsche.de

Ratlos der Ältestenrat, der sich zu fragen hat, wie die ungenehmigte Übernahme von nicht weniger als sechs Ausarbeitungen des wissenschaftlichen Dienstes, von denen zwei nicht genannt werden, zu sanktionieren ist:

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,747325,00.html

3. Die Presse

Pressestimmen zu Guttenberg
"Die Mehrheit nimmt es hin, belogen zu werden"
In der Plagiats-Affäre sind sich die Leitartikler einig: Guttenberg ist zu weit gegangen, er habe die politische Moral mit Füßen getreten. Sie bescheinigen ihm Chancen, im Amt zu bleiben, nicht zuletzt weil die Mehrheit des Volks seinem Charme verfallen ist.

http://goo.gl/vbdpG = ftd.de

Gustav Seibt in der SZ:

Guttenbergs putschistischer Regelverstoß steht in einer langen konservativen Tradition: Prinzipien als drehbare Geschütze. Gekrönt wird dieses Verhalten dadurch, dass der überführte Edelmann seinen Doktortitel von sich aus ablegt. Er steht dabei im Sturm des Beifalls einer Menge, die beim Wort "Fußnoten" fragt: Ach, werden jetzt auch Füße benotet? Eine Dissertation zum deutschen Konservatismus http://goo.gl/blgOp

Neu indes ist die Dreistigkeit, mit der der Beschuldigte versucht, die Affäre als Fortsetzung der eigenen Heldengeschichte umzudeuten. Karl-Theodor zu Guttenberg brachte es fertig, sich im Bundestag als Vorbild darzustellen. Seine Behauptung: Würden alle Wissenschaftler so selbstkritisch mit sich umgehen, wie er es getan habe, wäre die akademische Welt eine bessere. Das sagt der Mann, der seine Universität, seinen Doktorvater und die Wissenschaft geleimt hat wie kein Spitzenpolitiker zuvor. Der aus Eitelkeit und Karrierismus andere Autoren bestohlen hat. Der sich eine Sondergenehmigung ausstellen ließ, um den Doktortitel zum frühest möglichen Zeitpunkt in den Briefkopf schreiben zu können und die erschwindelte Auszeichnung dann jahrelang trug. Das ist schon atemberaubend.
http://goo.gl/zjOcn = stern.de

4. Die Universität Bayreuth

Die Kritik der SPD an der Entscheidung der Universität Bayreuth, den Doktorgrad ohne Bewertung, ob eine Täuschung vorliegt, ist vollauf berechtigt.

http://goo.gl/hOpEY = sueddeutsche.de

Die Universität hat dem Politiker und seinen Parteifreunden mit der raschen Entziehung ein politisches Geschenk gemacht. Solange es keine Belege dafür gibt, dass Dissertationen während des Schlafwandelns geschrieben werden können, ist ein so massives Plagiat ohne weiteres als Täuschung und vorsätzlich zu werten.

Pressemitteilung der Uni
http://www.uni-bayreuth.de/presse/info/2011/040-037-gutten.pdf

Ich halte die Entziehung nach § 48 VwVfG ebenso für rechtswidrig wie der Gast-Kommentator
http://archiv.twoday.net/stories/14649492/#14649818

Kritischer Kommentar dazu im sprachlog
http://goo.gl/8C7cp

Wer wissenschaftliche Standards hochhalten will, wird es künftig schwerer haben als bisher!

Anhang:

Bezeichnung Teflon-Theo geklaut bei
http://www.berlinonline.de/berliner-kurier/politik/union_haetschelt_teflon-theodor/332485.php

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/search?q=guttenberg

SZ

 

twoday.net AGB

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