Kommunalarchive
" .... An einer Hilfsaktion zur Rettung des Kölner Archivbestandes beteiligen sich jetzt auch Mitarbeiter des Wittener Stadtarchivs. Max Bäcker und Ana Muro werden von Donnerstag bis Samstag in Köln arbeiten. .....
Für die Wittener Archivare ist die Arbeit in Köln gleichzeitig praxisorientierte Fortbildung für Notfallmaßnahmen.Das Stadtarchiv Witten hält seinen Nutzerbetrieb am Donnerstag, 26. März, trotz des personellen Engpasses wie gewohnt aufrecht. ...."
Quelle:
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/wtlo/Witten;art939,518005
Für die Wittener Archivare ist die Arbeit in Köln gleichzeitig praxisorientierte Fortbildung für Notfallmaßnahmen.Das Stadtarchiv Witten hält seinen Nutzerbetrieb am Donnerstag, 26. März, trotz des personellen Engpasses wie gewohnt aufrecht. ...."
Quelle:
http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/wtlo/Witten;art939,518005
Wolf Thomas - am Dienstag, 24. März 2009, 20:48 - Rubrik: Kommunalarchive
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http://www.freunde-des-historischen-archivs.de/
Der Internetauftritt wurde etwas aktualisiert. Mit dürren Worten referiert die Startseite den Einsturz und empfiehlt das Herunterladen des unverändert gelassenen Flyers.
Nicht aktuell ist die Liste der aktuellen Funde:
http://www.freunde-des-historischen-archivs.de/aktuelle-funde/
Laut Presse wurde inzwischen auch die zweite Albertus-Magnus-Handschrift aufgefunden, und gestern sagte die Archivleiterin, 40.000 der 65.000 Urkunden hätten geborgen werden können (Freunde: 40 % der 65.000).
Nach wie vor führt der erste der Links zu einer nicht mehr existierenden Seite des Stadtarchivs. Nach wie vor gibt es keine Links auf detaillierte Informationen (z.B. hier) oder auf http://www.historischesarchivkoeln.de.
Welcher junge Mensch soll sich bitteschön von einem Angebot angesprochen werden, das sich darauf beschränkt, dass man 35 Euro zahlt und zweimal im Jahr zu einer Mitgliederversammlung zusammenkommt. Und man wird über die Publikationen des Hauses und Veranstaltungen informiert. Besonders attraktiv ist das nicht, es gibt z.B. keine Vergünstigung beim Bezug der Archivpublikationen.
Dieser Freundeskreis ist nach dem Muster der traditionellen Geschichtsvereine organisiert, und diese haben bekanntlich erhebliche Nachwuchsprobleme, weil ihr verkalktes Angebot die Bedürfnisse jüngerer Leute nicht befriedigt.
Der Internetauftritt wurde etwas aktualisiert. Mit dürren Worten referiert die Startseite den Einsturz und empfiehlt das Herunterladen des unverändert gelassenen Flyers.
Nicht aktuell ist die Liste der aktuellen Funde:
http://www.freunde-des-historischen-archivs.de/aktuelle-funde/
Laut Presse wurde inzwischen auch die zweite Albertus-Magnus-Handschrift aufgefunden, und gestern sagte die Archivleiterin, 40.000 der 65.000 Urkunden hätten geborgen werden können (Freunde: 40 % der 65.000).
Nach wie vor führt der erste der Links zu einer nicht mehr existierenden Seite des Stadtarchivs. Nach wie vor gibt es keine Links auf detaillierte Informationen (z.B. hier) oder auf http://www.historischesarchivkoeln.de.
Welcher junge Mensch soll sich bitteschön von einem Angebot angesprochen werden, das sich darauf beschränkt, dass man 35 Euro zahlt und zweimal im Jahr zu einer Mitgliederversammlung zusammenkommt. Und man wird über die Publikationen des Hauses und Veranstaltungen informiert. Besonders attraktiv ist das nicht, es gibt z.B. keine Vergünstigung beim Bezug der Archivpublikationen.
Dieser Freundeskreis ist nach dem Muster der traditionellen Geschichtsvereine organisiert, und diese haben bekanntlich erhebliche Nachwuchsprobleme, weil ihr verkalktes Angebot die Bedürfnisse jüngerer Leute nicht befriedigt.
KlausGraf - am Dienstag, 24. März 2009, 20:12 - Rubrik: Kommunalarchive
" .... Von rund 30 Regalkilometern an Archivgut sind bisher schätzungsweise sechs Regalkilometer geborgen worden. Verhältnismäßig viele Teile sind überraschend gut erhalten und müssen nur gereinigt werden. Bettina Schmidt-Czaia, Leiterin des Historischen Archivs erklärte: «Es besteht möglicherweise die Chance, große Teile des Archivs wiederzubekommen. Das Archiv ist nicht tot!» Bisher sind rund 4700 Tonnen Schutt an der Unglücksstelle abgetragen worden, das entspricht rund 330 abtransportierten Lkw-Ladungen. ...." (1)
" .... Aus den Trümmern des Historischen Archivs wurden allein am Freitag geborgene Dokumente in 102 Rollcontainer und auf 32 Paletten verladen.
Bei den jüngsten Funden handelt es sich nach Angaben der Berufsfeuerwehr um Ratsprotokolle aus dem 17. Jahrhun dert, Stiftungsprotokolle sowie Akten aus der Nachkriegszeit , darunter Schriften vom Jugend- und Schulamt. Unter anderem konnten Klassenbücher sichergestellt werden. ...." (2)
Quellen:
(1) Aachener Zeitung
(2) http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1233594814440.shtml
s. a.: http://www.stadt-koeln.de/1/presseservice/mitteilungen/2009/03108/
" .... Aus den Trümmern des Historischen Archivs wurden allein am Freitag geborgene Dokumente in 102 Rollcontainer und auf 32 Paletten verladen.
Bei den jüngsten Funden handelt es sich nach Angaben der Berufsfeuerwehr um Ratsprotokolle aus dem 17. Jahrhun dert, Stiftungsprotokolle sowie Akten aus der Nachkriegszeit , darunter Schriften vom Jugend- und Schulamt. Unter anderem konnten Klassenbücher sichergestellt werden. ...." (2)
Quellen:
(1) Aachener Zeitung
(2) http://www.rundschau-online.de/html/artikel/1233594814440.shtml
s. a.: http://www.stadt-koeln.de/1/presseservice/mitteilungen/2009/03108/
Wolf Thomas - am Dienstag, 24. März 2009, 19:12 - Rubrik: Kommunalarchive
Die Westfälische Rundschau berichtet (Link): " ..... So war der Rathausneubau mit seinem vollklimatisierten Untergeschoss ein Segen für die grauen Kartons, die nun seit einem halben Jahr sicher und trocken in einem modernen Regallager untergebracht sind.
Es ist sogar so viel Platz dort vorhanden, dass Freudenberg der vom Einsturz ihres Archivs betroffenen Stadt Köln angeboten hat, mittelfristig 300 laufende Regalmeter als Zwischenlager zur Verfügung zu stellen. Das geschah direkt am Tag nach dem Unglück; Freudenberg schloss sich vielen anderen Kommunen an. Denn Köln wird erst in einigen Jahren der Archivneubau zur Verfügung stehen. Bis dahin wäre Freudenberg bereit, aufbereitete und lagerfähige Archivalien für den großen Nachbarn im Westen zu konservieren - sofern das Angebot angenommen wird. ...." Damit wäre das Siegerland zum zweiten Mal Fluchtstätte der Kölner Archivalien - s. zur Evakuierung des Kölner Stadtarchiv während des 2. Weltkriegs: http://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf44/150-jahre-historisches-archiv.pdf
Es ist sogar so viel Platz dort vorhanden, dass Freudenberg der vom Einsturz ihres Archivs betroffenen Stadt Köln angeboten hat, mittelfristig 300 laufende Regalmeter als Zwischenlager zur Verfügung zu stellen. Das geschah direkt am Tag nach dem Unglück; Freudenberg schloss sich vielen anderen Kommunen an. Denn Köln wird erst in einigen Jahren der Archivneubau zur Verfügung stehen. Bis dahin wäre Freudenberg bereit, aufbereitete und lagerfähige Archivalien für den großen Nachbarn im Westen zu konservieren - sofern das Angebot angenommen wird. ...." Damit wäre das Siegerland zum zweiten Mal Fluchtstätte der Kölner Archivalien - s. zur Evakuierung des Kölner Stadtarchiv während des 2. Weltkriegs: http://www.stadt-koeln.de/mediaasset/content/pdf44/150-jahre-historisches-archiv.pdf
Wolf Thomas - am Dienstag, 24. März 2009, 18:48 - Rubrik: Kommunalarchive
Das eingestürzte Kölner Stadtarchiv stand nicht auf einer Liste von besonders gefährdeten Gebäuden entlang der Kölner U-Bahn-Trasse. Dies erfuhr unsere Redaktion aus Ermittlerkreisen.
Auf der Liste seien Gebäude aufgeführt worden, für die spezielle Setzungsprognosen angefertigt wurden. Das Polizeipräsidium und die Kirche Sankt Johann Baptist, die in der Nähe der Unglückstelle liegen, seien im Gegensatz zum Stadtarchiv in der Aufstellung genannt.
In der Kölner Stadtverwaltung wird die Panne dem Kölner Baudezernenten Bernd Streitberger (CDU) angelastet. Der hätte als Eigentümer des eingestürzten Gebäudes auf die Listung des Stadtarchivs bestehen müssen.
http://www.rp-online.de/public/article/panorama/deutschland/688913/Kein-Eintrag-auf-Liste-gefaehrdeter-Gebaeude.html
Unglaublich!
Auf der Liste seien Gebäude aufgeführt worden, für die spezielle Setzungsprognosen angefertigt wurden. Das Polizeipräsidium und die Kirche Sankt Johann Baptist, die in der Nähe der Unglückstelle liegen, seien im Gegensatz zum Stadtarchiv in der Aufstellung genannt.
In der Kölner Stadtverwaltung wird die Panne dem Kölner Baudezernenten Bernd Streitberger (CDU) angelastet. Der hätte als Eigentümer des eingestürzten Gebäudes auf die Listung des Stadtarchivs bestehen müssen.
http://www.rp-online.de/public/article/panorama/deutschland/688913/Kein-Eintrag-auf-Liste-gefaehrdeter-Gebaeude.html
Unglaublich!
KlausGraf - am Dienstag, 24. März 2009, 17:42 - Rubrik: Kommunalarchive
Von den einst 27 Regalkilometern mit Dokumenten im Historischen Archiv der Stadt sind erst 1045 laufende Meter geborgen. Das hört sich nach wenig an, bedeutet in der Praxis aber, dass 1000 blaue Bergungswannen mit je einem Meter Archivgut und 20 Gitterboxen für feuchtes Material (mit je 1,5 laufenden Metern) mit Fundstücken aus dem Schutt gefüllt wurden.
Dazu gehören außer den beiden Handschriften von Albertus Magnus, vier Büchern Weinsberg (16. Jahrhundert) und Teilen der 550 Schreinsbücher (13. bis 18. Jh.) auch Teile der Ratsprotokolle, der Rechnungen und Dokumente zur Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit. Gefunden wurden außerdem 50 übergroße Urkunden aus dem Haupturkundenarchiv, die als kostbare Einzelstücke gelten. Aus neuerer Zeit wurden Teile der Amtsnachlässe des Oberbürgermeisters Ernst Schwering und des Kämmerers Billstein, Teile des Bestandes „Oberbürgermeister von Köln nach 1945“, Teile des Porzer Stadtarchivs und des Amtes für Wohnungswesen aus der Nachkriegszeit geborgen, darüber hinaus Stücke aus Nachlässen und Teile städtischer Nachkriegsakten.
http://www.ksta.de/html/artikel/1233584157536.shtml
Genaueres siehe http://archiv.twoday.net/stories/5595892/
Dazu gehören außer den beiden Handschriften von Albertus Magnus, vier Büchern Weinsberg (16. Jahrhundert) und Teilen der 550 Schreinsbücher (13. bis 18. Jh.) auch Teile der Ratsprotokolle, der Rechnungen und Dokumente zur Verfassung und Verwaltung der Reichsstadt vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit. Gefunden wurden außerdem 50 übergroße Urkunden aus dem Haupturkundenarchiv, die als kostbare Einzelstücke gelten. Aus neuerer Zeit wurden Teile der Amtsnachlässe des Oberbürgermeisters Ernst Schwering und des Kämmerers Billstein, Teile des Bestandes „Oberbürgermeister von Köln nach 1945“, Teile des Porzer Stadtarchivs und des Amtes für Wohnungswesen aus der Nachkriegszeit geborgen, darüber hinaus Stücke aus Nachlässen und Teile städtischer Nachkriegsakten.
http://www.ksta.de/html/artikel/1233584157536.shtml
Genaueres siehe http://archiv.twoday.net/stories/5595892/
KlausGraf - am Dienstag, 24. März 2009, 14:59 - Rubrik: Kommunalarchive
Das BDA-Montagsgespräch http://www.arclife.de/arcguide/aktuell/301727.html zum Archiveinsturz war eine wirklich spannende Veranstaltung. Glücklicherweise wurde ich kurz vor Beginn noch eingelassen. Wie viele andere in dem überfüllten Domforum hatte ich keinen Sitzplatz, aber das war egal.
Da ich kein Smartphone/Blackberry habe und langsam und schlecht SMS schreibe, habe ich ganz traditionell mitgeschrieben und nicht live getwittert.
In ihrer Einführung "Die städtische Gemeinschaft nach der Katastrophe, Handlungsmaximen für Köln" gaben Prof. Bernd Kniess und Jörg Leeser, BDA Köln Stichworte für die folgende Podiumsdiskussion vor und sparten nicht mit drastischen Formulierungen. Der Einsturz sei keine Naturkatastrophe gewesen, aber nachträglich beobachte man ein unwürdiges Schauspiel, nämlich das Hin- und Herschieben des Schwarzen Peters, eine "organisierte Unverantwortlichkeit". In Köln regiere die Hemdsärmeligkeit, aber das "Kölner Grundgesetz" sei keine Lizenz zum Schludern. Die Bauaufsicht liege bei den bauausführenden Firmen, diese beaufsichtigten sich damit selbst. "Mit der Stadt geht's bergab".
Hochinteressant war angesichts der defizitären Kommunikationspolitik des Historischen Archivs der Stadt Köln nach dem Unglück das Powerpoint-Referat der Archivleiterin Schmidt-Czaia (SC). Abgesehen vom Westfälischen Archivtag war ja so gut wie nichts an Informationen aus dem Archiv selbst an die Fachwelt gegeben worden. Wer nach den bisherigen Schilderungen ihres Auftretens nach dem Unglück erwartet hätte, eine zutiefst gebrochene Frau zu sehen, wurde erfreulich überrascht. Sie machte einen kompetenten und engagierten, ja fast optimistischen Eindruck.
Der Einsturz war die schlimmste Kultutragödie der Stadt, sagte sie. Der Mitarbeiterstab war tagelang traumatisiert. Von einer Minute auf die andere ging die gesamte Kommunikationsinfrastruktur verloren. Es standen für das Abrufen der ca. 1500 Mails pro Tag genau zwei Blackberrys zur Verfügung, ihr eigenes und das ihres Stellvertreters. [Kommentar: Ist es nicht erbärmlich, dass die Stadt Köln so lang gebraucht hat, dem Stadtarchiv eine normale Kommunikationsinfrastruktur zu spendieren und Hilfskräfte z.B. fürs Beantworten der ja auf dem städtischen Server einlaufenden Mails?]
SC lobte besonders die Feuerwehr, ihr könne man in Köln wirklich vertrauen. Der Bund habe hinsichtlich des THWs dankenswerterweise zugesagt, dass bis zum Ende der Bergung jede Woche ein frisches THW-Team zur Stelle sein werde.
SC gab einen Überblück über die verschiedenen Krisenstäbe, die sich mit der Bewältigung der Katastrophe befassen. Zur "Leitstelle Kulturdezernat" zählen auch alle Abteilungsleiter des Archivs. Einmal wöchentlich trifft sich die "Arbeitsgemeinschaft Fachliche Betreuung und Beratung", in der vor allem Vertreter der Landschaftsverbände, des Landesarchivs und der FH vertreten sind. Stadtintern versucht die "Ämter AG" unbürokratische Verwaltungsabläufe z.B. im Beschaffungswesen zu organisieren.
Die Bergung erfolgt derzeit an drei Bergungsstellen mit drei Bergungsmannschaften. Nur die Feuerwehr darf sich auf dem Schuttkegel bewegen. Archivare nehmen das gefundene Archivgut an, verpacken es und nehmen eine erste Notfallversorgung vor. Was gefriergetrocknet werden müsse, komme in ein Gefrierhaus der Fa. Westmilch. Dem Archiv stehen 3 Restauratorinnen (vor dem Unglück war es eine) zur Verfügung, zwei weitere Stellen sollen geschaffen werden.
SC bestätigte, dass man aus unzerstörten Archivräumen 40.000 der 65.000 Pergamenturkunden, die gesamte Dienstbibliothek und sämtliche Fotobestände habe bergen können.
Nachdem die vom Erzbistumsarchiv zur Verfügung gestellten Magazinflächen zur Neige gehen, wolle man eventuell beim Bundesarchiv in St. Augustin und in Brauweiler weiteres Archivgut lagern.
Zur Zukunft des Archivs führte SC aus (bzw. war der Präsentation zu entnehmen): An neuen Stellen sollen hinzukommen 2 Restauratoren, 2 Archivare, 1 Archivar gD (gehobener Dienst). Es soll weitere Räume in Deutz für das Archiv übergangsweise geben. Es wird ein externer Gutachter zur fachlichen Begleitung aller Maßnahmen bestellt werden. Sämtliche Findbücher sollen retrodigitalisiert und in eine interne Datenbank, die an allen Standorten für die Mitarbeiter zugänglich sein soll, eingebracht werden [Kommentar: wieso nur eine interne Datenbank, abgesehen von sensiblem Schriftgut - Weimar hat doch auch seine Schadensdatenbank ins Netz gestellt!].
Es sollen Verträge über die Lagerung und Restaurierung des Archivguts geschlossen, Kontakt mit Depositaren und Nachlassgebern aufgenommen werden.
Es gebe nun nicht weniger, sondern mehr Aufgaben, ja geradezu eine Wucht von Aufgaben, zumal schon erste Verwaltungsstellen sich wegen Aktenübernahmen gemeldet haben [Kommentar: Da kann man wirklich nur den Kopf schütteln - haben diese Verwaltungsstellen der Stadt Köln nicht für 5 Cent Verstand?]
Man werde viel retten und rekonstruieren können und daher gebe es keinerlei Abstriche am vor dem Einsturz angemeldeten Raumbedarf. Sie wolle das Archivgut künftig immer in ihrer Nähe wissen. SC betonte, man habe sechsmal täglich für Benutzer ausgehoben, bei einem Außenmagazin sei nur eine Aushebung pro Tag möglich. Ein Bürgerarchiv müsse in der Innenstadt sich befinden (Gereonshof?), nicht irgendwo am Stadtrand! Es fiel wieder das Stichwort "Bürgerarchiv", man wolle die pädagogische Bildungsarbeit stärken.
Wohl im Juni werde es ein Expertenhearing NRW geben, bei dem man vielleicht auch über angezeigte Änderungen im Archivgesetz reden werde.
Die vorbereiteten Ausstellungen z.B. zum Hebammenwesen wolle man auf jeden Fall zeigen.
Es soll ein provisorisches Historisches Archiv mit einer Hotline geben, wo man sich über das Archivgut erkundigen könne, und ein digitales Langzeitarchiv. Filme und Digitalisate sollen in einem temporären Lesesaal zur Verfügung stehen [Kommentar: wieso nicht im Internet?]
Es werde für ca. 5 Jahre ein temporäres Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum geben.
Wegen der Zusammensetzung von Schnipseln von Archivgut werde es Kontakte zum Fraunhofer-Institut geben [Ergänzender Hinweis: http://archiv.twoday.net/stories/102770/ ]
Es werde auch einen virtuellen Lesesaal geben, aber der koste "irre viel Geld". [Kommentar: sie müsste sich doch nur an einen bereitstehenden Partner halten, siehe dazu unten]
Jährlich wird ein Kolloquium zu Archiv- und Restaurierungsfragen stattfinden.
Bis zum Archivtag 2012 wird hoffentlich der Neubau bereits teilweise fertiggestellt sein.
Die anschließende Podiumsdiskussion hatte eher einen kulturpolitischen Schwerpunkt, auch wenn das Archivgut verschiedentlich zur Sprache kam. Die souveräne Moderation von Jürgen Keimer fiel positiv auf.
FAZ-Korrpondent Andreas Rossmann beklagte die Geringschätzung der Geschichte in Köln in den vergangenen Jahren, der Einsturz sei die maßlose Strafe dafür.
Auch Galeristin Gisela Capitain, Mitverfasserin des offenen Briefs der Künstler an die Stadt [siehe http://archiv.twoday.net/stories/5598012/ ] sah die Katstrophe als symbolhaft und symptomatisch für die verfehlte Kulturpolitik der Stadtverwaltung.
Verleger Helge Malchow (Verlag Kiepenheuer & Witsch) wollte nicht in das allgemeine Köln-Bashing einstimmen, wenngleich auch er von einer langen "Blutspur kultureller Peinlichkeiten" sprach. Sein Verlag sei bewusst in Köln geblieben und nicht nach Berlin gezogen, da es gelingen müsse, die deutschen Großstädte als Kulturmetropolen zu erhalten.
Am intensivsten setzte sich der Schriftsteller Dr. Manfred Osten, Autor von „Das geraubte Gedächtnis“, mit der Rolle des Archivs für die Stadt auseinander. Das Unglück sei eine der ganz großen Gedächtniskatastrophen. Als Paradox konstatierte er in Köln eine zunehmende Geschichtsvergessenheit trotz 2000 Jahren Geschichte. Auch Osten sparte nicht mit Kritik, wenn er sich auf Karl Valentin bezog, der einmal sagte: Alle Menschen sind klug, die einen vorher, die anderen nachher. Das gelte aber für die Kölner Funktionseliten nicht. Er wetterte gegen einen "Bologna-Prozess" ohne Herkunftskenntnisse und eine rein ökonomisch akzentuierte Fortschrittsdynamik, eine zur Ideologie geronnene Betriebswirtschaftslehre. "Es gilt das gebrochene Wort", weil man sich nicht mehr an Früheres erinnere.
Ein Außenseiter auf dem Podium war der Tragwerksplaner Prof. Dr. Stefan Polónyi. Er betonte, er hätte ein Bauverfahren mit Grundwassersenkung nicht zugelassen. Spätestens letzten Herbst hätte man die Brunnen abstellen müssen.
In einer zweiten Runde beklagte Malchow die tiefe Kluft zwischen den Kulturverwaltern in der Stadt und den kulturell Tätigen. Sein Verlagsarchiv sei Depositum (und nun im Schutt), aber bis vorgestern hätte es keinerlei Kontaktmöglichkeit mit dem Archiv gegeben. Man dürfe die Depositare und Nachlass-/Vorlassgeber nicht so allein lassen. Eine intensivere Informationspolitik sei dringlich. Ein Rücktritt (im Auge hatte er wohl den Oberbürgermeister) sei ein Zeichen der politischen Hygiene.
Polónyi sagte, die U-Bahn müsse fortgeführt werden, aber es müssten neue Strukturen her. Der Regierungspräsident, von dem man bisher nichts gehört habe, müsse sich einschalten [Kommentar: wer erinnert sich da nicht an den unvergessenen RP Antwerpes?]
Optimismus sei, bemerkte Osten mit Karl Kraus, Mangel an Informationen. Man müsse aber den Wert der Archive vermitteln z.B. auch an Schulklassen [Kommentar: Köln hat m.W. einen Archivpädagogen, aber nur auf halber Stelle]. Zentral sei die sinnliche Wahrnehmung, das Musische. "Sinnliches Ansehen führt zum Ansehen der Dinge".
Capitain beklagte erneut, wie wenig die Stadt den Standortfaktor Kultur begreife. In die gleiche Kerbe hieb Rossmann, gefragt, ob ein "weißer Ritter" in Sicht sei, der Köln aus dem Sumpf ziehen könne. Kultur werde im Kölner Stadtrat geringgeschätzt, auch wenn man sich mit einzelnen Events schmücke. Jemand sagte auch: Erstklassige Chefs holen sich erstklassige Mitarbeiter, zweitklassige Chefs holen sich drittklassige Mitarbeiter.
Auf die Frage der Bergungsdauer sagte SC, man komme schneller voran als gedacht. Sie rechne mit 6-9 Monaten. Diese solle man nutzen, unterstrich Polónyi, um eine ganz neue Organisationsstruktur für den U-Bahn-Bau zu etablieren.
Für die allgemeine Diskussion blieb - es war bereits 21 Uhr 20 - nur noch wenig Zeit, und es musste auf die vertiefende, diskursive Veranstaltung „BDA Montagsgespräch - nachgehakt“ am Mittwoch, den 25. März 2009 um 19:00 Uhr im Haus der Architektur Köln, Josef-Haubrich-Hof, 50676 Köln verwiesen werden.
Frau Kier warb für die Freunde des Historischen Archivs, das Archiv brauche jetzt Unterstützung. Das Archiv habe früher 70 Mitarbeiter gehabt, nun 30. Man müsse nun einige Millionen in die Hand nehmen und ihm qualifiziertes Personal verschaffen. Sie plädierte vehement dafür, das Archiv wieder im Gereonskloster unterzubringen. Für das Archiv gebe es aber nur Peanuts. Für das Archiv müsse ebenso viel Geld aufgewendet werden wie für die U-Bahn!
Christiane Haerlin, die knapp dem Inferno entkam und ihr fast fertiges Buch auf ihrem Laptop zurücklassen musste (und glücklicherweise wiederbekam), berichtete von einem bezeichnenden Detail auf der offiziellen Trauerfeier: Die Mitarbeiter des Archivs mussten auf hinteren Plätzen platznehmen, da vorne für Funktionäre der Stadt reserviert war.
Die Frage, ob man denn jemals gedacht habe, das Archiv zu evakuieren, verneinte SC. Sie habe sich eine solche Katastrophe überhaupt nicht vorstellen können.
Ein Diskutant prangerte an, der U-Bahn-Bau habe gegen die Haager Konvention zum Schutz der Kulturgüter verstoßen, da U-Bahnen auch militärisch nutzbar seien. Auf die Frage nach einem angeblichen NATO-Bunker unter dem Archiv stellte SC richtig, dabei habe es sich um einen in der Bauzeit vorgesehenen kleinen Atomschutzbunker gehandelt. Man habe sich wohl vorgestellt, dass sich dort der Archivleiter und sein Stellvertreter mit den 5-10 wichtigsten Urkunden zurückziehen könnten, um dann nach einem Atomschlag die Kölner Bevölkerung über die Geschichte zu belehren. In dem Bunker habe man das Porzer Stadtarchiv, das man habe übernehmen müssen (ca. 1 km Archivgut), gelagert.
Polónyi betonte, die Probleme des U-Bahnbaus seien beherrschbar. Er selbst hätte allerdings den Tunnel auch aus akkustischen Gründen noch tiefer gelegt. Die Philharmonie habe bei der KVB wegen akkustischer Auswirkungen angefragt, aber keine Antwort bekommen.
Jemand fragte nach der Initiative "Wir retten unser Stadtarchiv". SC betonte, der Initiator M. Gahn, den sie noch nicht habe kennenlernen können, verdiene allerhöchsten Dank. Leider könne man die hilfsbereiten Bürger nicht alle gleichzeitig einladen, zumal auch sofort fachliche Restaurierungsentscheidungen getroffen werden müssten. Man solle sich lieber den Freunden des Historischen Archivs anschließen (35 Euro Jahresbeitrag), die jährlich zwei Mitgliederversammlungen veranstalten würden.
KOMMENTAR:
An dieser Stelle hätte ich dann doch noch gern etwas gesagt, aber die Diskussionszeit war um. Wie kann man ernsthaft einen so absolut verschnarchten Club empfehlen, der keinerlei attraktiven Internetauftritt hat und dessen Internetauftritt bis vor kurzem mit keiner Silbe auf die Katstrophe einging:
http://www.freunde-des-historischen-archivs.de/
Was da jetzt inzwischen zu lesen ist, ist wirklich eine Frechheit. Ein paar dürre Sätze und die Aufforderung, sich den Flyer als PDF herunterzuladen. Keine Links zu weiterführenden Informationen im Internet, wie sie z.B.
http://www.historischesarchivkoeln.de
bietet.
Nachdem gestern Abend so viel von der Zukunft des Archivs die Rede war, soll nicht verschwiegen werden, was mir in den Tagen nach dem Unglück unangenehm aufgestoßen ist.
Das Archiv pflegte und pflegt - auch nachdem die erste Trauma-Phase vorüber war - eine völlig unangemessene Informationspolitik (und ließ übrigens auch die Pressestelle der Stadt hängen).
Das Internet - einschließlich Archivalia - wurde vom Archiv nicht genutzt, um die berechtigten Informationsbedürfnisse der Kolleginnen und Kollegen zu befriedigen. Auch ich kam nur spärlich an Informationen heran.
Dann wurde ein Weblog ins Leben gerufen und nach wenigen Tagen wieder abgeschaltet, weil es angeblich nicht autorisiert war - was soll der Mist?, kann man da nur fragen:
http://archiv.twoday.net/stories/5591291/
http://archiv.twoday.net/stories/5578864/#5598286
Es ist doch absolut kontraproduktiv, einen solchen Draht zur "Außenwelt", der bewiesen hat, dass Web 2.0 in Gestalt der Gattung Weblog wenigstens in homöopathischer Dosis an den Riechorganen der Stadtarchivare vorbeigerauscht ist, wieder zu kappen.
Wieso hat man nicht ein Weblog oder eine Internetseite etabliert, mit der man Stimmung für die Aufbauarbeit hätte machen können - durch seriöse umfangreiche tägliche Meldungen, wie wir sie hier versucht haben? Es hätte doch vielleicht unter den 1600 Freiwilligen von Mike Gahn sicher auch ein paar Internetfreaks gegeben, die so etwas mit Zulieferung und nach den Vorgaben des Archivs hätten professionell realisieren können. Das Archiv hätte trotzdem die Fäden in der Hand behalten.
Auf meine Vorstellungen zu einem "Bürgerarchiv" und der unglücklichen Bildrechteäußerung von SC sei nur per Link verwiesen:
http://archiv.twoday.net/search?q=bürgerarchiv
http://archiv.twoday.net/stories/5584413/
http://archiv.twoday.net/stories/5587193/
http://archiv.twoday.net/search?q=bildrechte
Es muss auch ganz klar gesagt werden, dass die Tatsache, dass SC mit keiner Silbe
http://www.historischesarchivkoeln.de
erwähnt hat (erinnert sei auch an die extrem irritierende angebliche Beauftragung des Münsteraner Instituts für Städtegeschichte http://archiv.twoday.net/stories/5593600/ ), darauf deutet, dass die Direktorin immer noch nicht begriffen hat, welcher grandiose strategische Partner dieses Projekt für ihre Zukunftsplanungen bedeuten könnte. Dieses Projekt Digitales Historisches Archiv wird unterstützt von den großen Historikerverbänden (Historiker, Kunsthistoriker), dem Berufsverband der Archivarinnen und Archivare VdA usw. Dieses Archiv soll doch FÜR das Historische Archiv realisiert werden und nicht GEGEN es. Voraussetzung ist freilich, dass es Open Access bleibt, dass sich die Stadt Köln von ihrer kleinlichen Abzocke-Mentalität löst, für die ich gerade gestern ein aktuelles Beispiel erfahren habe (ich werde gesondert darüber berichten).
Was vom HAStK während der Restaurierungsarbeiten digitalisiert wird, muss, wenn es öffentlich präsentabel ist (also in der Regel vor 1900 entstanden) in dieses Projekt eingestellt werden und nicht in einen virtuellen Lesesaal, den man womöglich gegen Eintrittsgebühr persönlich in Köln aufsuchen muss.
Das Archiv muss ein digitales Bündnis mit der Öffentlichkeit schließen, sonst wird das Bürgerarchiv nur eine öde volkspädagogische Veranstaltung, bei der das Volk nach dem Muster geriatrischer Geschichtsvereine und Flachware-Präsentationen ("archivische Ausstellung") abgefertigt wird. Hier den Eintritt in den Freundesverein zu empfehlen, ist reiner Hohn.
Köln braucht ein Archiv zum Mitmachen und das heisst heute eben weitgehend auch: Web 2.0. Auch virtuelle Netze führen zu persönlicher nicht-virtueller Interaktion.
Wieso nicht die Freiwilligen von Mike Gahn zu einer Ideenwerkstatt Bürgerarchiv aufrufen? Was erwartet ihr von einem Bürgerarchiv? Was wären eure Wünsche an ein Bürgerarchiv? In welcher Weise könntet ihr euch ehrenamtlich einbringen?
Denn neben der katastrophalen Informationspolitik ist das mein zweiter gravierender Vorwurf an das Archiv: Man hat die Bürgerinnen und Bürger von "Wir retten unser Stadtarchiv" nicht in angemessener Weise einbezogen.
Man sehe dazu die News auf
http://www.koelner-stadtarchiv.de/
und die Stellungnahme von Gahn hier:
http://archiv.twoday.net/stories/5581498/#5590837
Ich habe hinreichend viele Telefonate und Gespräche zum Thema EVZ geführt, um vertreten zu können, dass es ohne weiteres möglich wäre, vertrauenswürdige externe Helfer ohne Fachkenntnisse einzusetzen. Dass die anfänglichen "Trümmerfrauenvorstellungen" illusorisch sind, dürfte inzwischen fast allen 1600 potentiellen Helfern klar sein. man kann mir nicht erzählen, dass es keine hinreichenden Möglichkeiten gegeben hätte, die Freiwilligen durch entsprechenden Events "bei Laune zu halten", z.B. indem man ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben hätte in irgendeiner Weise mitzuarbeiten - ob beim Sortieren oder anderweitig. Die Stadt Köln hätte einen Community-Beauftragten/Archivpädagogen für diese Initiative einstellen können, dessen Aufgabe Kommunikation gewesen wäre. Indem man etwa eine Informationsveranstaltung für die Helferinnen und Helfer angeboten hätte. Man hätte - siehe oben "Ideenwerkstatt" - diese engagierten Bürgerinnen und Bürger auch in anderer Weise einsetzen können als im EVZ oder in der Severinstraße.
Es gäbe viele Ideen für ein Mitmach-Archiv, bei dem Bürgerinnen und Bürger ihre Solidarität für das Archiv zum Ausdruck bringen könnten. Aber das ist wohl (noch) nicht gewollt. Was man stattdessen kommuniziert ist ein Archiv von oben herab, das als einzige Partizipationsmöglichkeit die verkalkte Struktur eines honoratiorenverseuchten Fördervereins anbietet. Damit erweist man sich der Krise, die ja immer auch eine Chance ist, nicht wirklich gewachsen.
Da ich kein Smartphone/Blackberry habe und langsam und schlecht SMS schreibe, habe ich ganz traditionell mitgeschrieben und nicht live getwittert.
In ihrer Einführung "Die städtische Gemeinschaft nach der Katastrophe, Handlungsmaximen für Köln" gaben Prof. Bernd Kniess und Jörg Leeser, BDA Köln Stichworte für die folgende Podiumsdiskussion vor und sparten nicht mit drastischen Formulierungen. Der Einsturz sei keine Naturkatastrophe gewesen, aber nachträglich beobachte man ein unwürdiges Schauspiel, nämlich das Hin- und Herschieben des Schwarzen Peters, eine "organisierte Unverantwortlichkeit". In Köln regiere die Hemdsärmeligkeit, aber das "Kölner Grundgesetz" sei keine Lizenz zum Schludern. Die Bauaufsicht liege bei den bauausführenden Firmen, diese beaufsichtigten sich damit selbst. "Mit der Stadt geht's bergab".
Hochinteressant war angesichts der defizitären Kommunikationspolitik des Historischen Archivs der Stadt Köln nach dem Unglück das Powerpoint-Referat der Archivleiterin Schmidt-Czaia (SC). Abgesehen vom Westfälischen Archivtag war ja so gut wie nichts an Informationen aus dem Archiv selbst an die Fachwelt gegeben worden. Wer nach den bisherigen Schilderungen ihres Auftretens nach dem Unglück erwartet hätte, eine zutiefst gebrochene Frau zu sehen, wurde erfreulich überrascht. Sie machte einen kompetenten und engagierten, ja fast optimistischen Eindruck.
Der Einsturz war die schlimmste Kultutragödie der Stadt, sagte sie. Der Mitarbeiterstab war tagelang traumatisiert. Von einer Minute auf die andere ging die gesamte Kommunikationsinfrastruktur verloren. Es standen für das Abrufen der ca. 1500 Mails pro Tag genau zwei Blackberrys zur Verfügung, ihr eigenes und das ihres Stellvertreters. [Kommentar: Ist es nicht erbärmlich, dass die Stadt Köln so lang gebraucht hat, dem Stadtarchiv eine normale Kommunikationsinfrastruktur zu spendieren und Hilfskräfte z.B. fürs Beantworten der ja auf dem städtischen Server einlaufenden Mails?]
SC lobte besonders die Feuerwehr, ihr könne man in Köln wirklich vertrauen. Der Bund habe hinsichtlich des THWs dankenswerterweise zugesagt, dass bis zum Ende der Bergung jede Woche ein frisches THW-Team zur Stelle sein werde.
SC gab einen Überblück über die verschiedenen Krisenstäbe, die sich mit der Bewältigung der Katastrophe befassen. Zur "Leitstelle Kulturdezernat" zählen auch alle Abteilungsleiter des Archivs. Einmal wöchentlich trifft sich die "Arbeitsgemeinschaft Fachliche Betreuung und Beratung", in der vor allem Vertreter der Landschaftsverbände, des Landesarchivs und der FH vertreten sind. Stadtintern versucht die "Ämter AG" unbürokratische Verwaltungsabläufe z.B. im Beschaffungswesen zu organisieren.
Die Bergung erfolgt derzeit an drei Bergungsstellen mit drei Bergungsmannschaften. Nur die Feuerwehr darf sich auf dem Schuttkegel bewegen. Archivare nehmen das gefundene Archivgut an, verpacken es und nehmen eine erste Notfallversorgung vor. Was gefriergetrocknet werden müsse, komme in ein Gefrierhaus der Fa. Westmilch. Dem Archiv stehen 3 Restauratorinnen (vor dem Unglück war es eine) zur Verfügung, zwei weitere Stellen sollen geschaffen werden.
SC bestätigte, dass man aus unzerstörten Archivräumen 40.000 der 65.000 Pergamenturkunden, die gesamte Dienstbibliothek und sämtliche Fotobestände habe bergen können.
Nachdem die vom Erzbistumsarchiv zur Verfügung gestellten Magazinflächen zur Neige gehen, wolle man eventuell beim Bundesarchiv in St. Augustin und in Brauweiler weiteres Archivgut lagern.
Zur Zukunft des Archivs führte SC aus (bzw. war der Präsentation zu entnehmen): An neuen Stellen sollen hinzukommen 2 Restauratoren, 2 Archivare, 1 Archivar gD (gehobener Dienst). Es soll weitere Räume in Deutz für das Archiv übergangsweise geben. Es wird ein externer Gutachter zur fachlichen Begleitung aller Maßnahmen bestellt werden. Sämtliche Findbücher sollen retrodigitalisiert und in eine interne Datenbank, die an allen Standorten für die Mitarbeiter zugänglich sein soll, eingebracht werden [Kommentar: wieso nur eine interne Datenbank, abgesehen von sensiblem Schriftgut - Weimar hat doch auch seine Schadensdatenbank ins Netz gestellt!].
Es sollen Verträge über die Lagerung und Restaurierung des Archivguts geschlossen, Kontakt mit Depositaren und Nachlassgebern aufgenommen werden.
Es gebe nun nicht weniger, sondern mehr Aufgaben, ja geradezu eine Wucht von Aufgaben, zumal schon erste Verwaltungsstellen sich wegen Aktenübernahmen gemeldet haben [Kommentar: Da kann man wirklich nur den Kopf schütteln - haben diese Verwaltungsstellen der Stadt Köln nicht für 5 Cent Verstand?]
Man werde viel retten und rekonstruieren können und daher gebe es keinerlei Abstriche am vor dem Einsturz angemeldeten Raumbedarf. Sie wolle das Archivgut künftig immer in ihrer Nähe wissen. SC betonte, man habe sechsmal täglich für Benutzer ausgehoben, bei einem Außenmagazin sei nur eine Aushebung pro Tag möglich. Ein Bürgerarchiv müsse in der Innenstadt sich befinden (Gereonshof?), nicht irgendwo am Stadtrand! Es fiel wieder das Stichwort "Bürgerarchiv", man wolle die pädagogische Bildungsarbeit stärken.
Wohl im Juni werde es ein Expertenhearing NRW geben, bei dem man vielleicht auch über angezeigte Änderungen im Archivgesetz reden werde.
Die vorbereiteten Ausstellungen z.B. zum Hebammenwesen wolle man auf jeden Fall zeigen.
Es soll ein provisorisches Historisches Archiv mit einer Hotline geben, wo man sich über das Archivgut erkundigen könne, und ein digitales Langzeitarchiv. Filme und Digitalisate sollen in einem temporären Lesesaal zur Verfügung stehen [Kommentar: wieso nicht im Internet?]
Es werde für ca. 5 Jahre ein temporäres Restaurierungs- und Digitalisierungszentrum geben.
Wegen der Zusammensetzung von Schnipseln von Archivgut werde es Kontakte zum Fraunhofer-Institut geben [Ergänzender Hinweis: http://archiv.twoday.net/stories/102770/ ]
Es werde auch einen virtuellen Lesesaal geben, aber der koste "irre viel Geld". [Kommentar: sie müsste sich doch nur an einen bereitstehenden Partner halten, siehe dazu unten]
Jährlich wird ein Kolloquium zu Archiv- und Restaurierungsfragen stattfinden.
Bis zum Archivtag 2012 wird hoffentlich der Neubau bereits teilweise fertiggestellt sein.
Die anschließende Podiumsdiskussion hatte eher einen kulturpolitischen Schwerpunkt, auch wenn das Archivgut verschiedentlich zur Sprache kam. Die souveräne Moderation von Jürgen Keimer fiel positiv auf.
FAZ-Korrpondent Andreas Rossmann beklagte die Geringschätzung der Geschichte in Köln in den vergangenen Jahren, der Einsturz sei die maßlose Strafe dafür.
Auch Galeristin Gisela Capitain, Mitverfasserin des offenen Briefs der Künstler an die Stadt [siehe http://archiv.twoday.net/stories/5598012/ ] sah die Katstrophe als symbolhaft und symptomatisch für die verfehlte Kulturpolitik der Stadtverwaltung.
Verleger Helge Malchow (Verlag Kiepenheuer & Witsch) wollte nicht in das allgemeine Köln-Bashing einstimmen, wenngleich auch er von einer langen "Blutspur kultureller Peinlichkeiten" sprach. Sein Verlag sei bewusst in Köln geblieben und nicht nach Berlin gezogen, da es gelingen müsse, die deutschen Großstädte als Kulturmetropolen zu erhalten.
Am intensivsten setzte sich der Schriftsteller Dr. Manfred Osten, Autor von „Das geraubte Gedächtnis“, mit der Rolle des Archivs für die Stadt auseinander. Das Unglück sei eine der ganz großen Gedächtniskatastrophen. Als Paradox konstatierte er in Köln eine zunehmende Geschichtsvergessenheit trotz 2000 Jahren Geschichte. Auch Osten sparte nicht mit Kritik, wenn er sich auf Karl Valentin bezog, der einmal sagte: Alle Menschen sind klug, die einen vorher, die anderen nachher. Das gelte aber für die Kölner Funktionseliten nicht. Er wetterte gegen einen "Bologna-Prozess" ohne Herkunftskenntnisse und eine rein ökonomisch akzentuierte Fortschrittsdynamik, eine zur Ideologie geronnene Betriebswirtschaftslehre. "Es gilt das gebrochene Wort", weil man sich nicht mehr an Früheres erinnere.
Ein Außenseiter auf dem Podium war der Tragwerksplaner Prof. Dr. Stefan Polónyi. Er betonte, er hätte ein Bauverfahren mit Grundwassersenkung nicht zugelassen. Spätestens letzten Herbst hätte man die Brunnen abstellen müssen.
In einer zweiten Runde beklagte Malchow die tiefe Kluft zwischen den Kulturverwaltern in der Stadt und den kulturell Tätigen. Sein Verlagsarchiv sei Depositum (und nun im Schutt), aber bis vorgestern hätte es keinerlei Kontaktmöglichkeit mit dem Archiv gegeben. Man dürfe die Depositare und Nachlass-/Vorlassgeber nicht so allein lassen. Eine intensivere Informationspolitik sei dringlich. Ein Rücktritt (im Auge hatte er wohl den Oberbürgermeister) sei ein Zeichen der politischen Hygiene.
Polónyi sagte, die U-Bahn müsse fortgeführt werden, aber es müssten neue Strukturen her. Der Regierungspräsident, von dem man bisher nichts gehört habe, müsse sich einschalten [Kommentar: wer erinnert sich da nicht an den unvergessenen RP Antwerpes?]
Optimismus sei, bemerkte Osten mit Karl Kraus, Mangel an Informationen. Man müsse aber den Wert der Archive vermitteln z.B. auch an Schulklassen [Kommentar: Köln hat m.W. einen Archivpädagogen, aber nur auf halber Stelle]. Zentral sei die sinnliche Wahrnehmung, das Musische. "Sinnliches Ansehen führt zum Ansehen der Dinge".
Capitain beklagte erneut, wie wenig die Stadt den Standortfaktor Kultur begreife. In die gleiche Kerbe hieb Rossmann, gefragt, ob ein "weißer Ritter" in Sicht sei, der Köln aus dem Sumpf ziehen könne. Kultur werde im Kölner Stadtrat geringgeschätzt, auch wenn man sich mit einzelnen Events schmücke. Jemand sagte auch: Erstklassige Chefs holen sich erstklassige Mitarbeiter, zweitklassige Chefs holen sich drittklassige Mitarbeiter.
Auf die Frage der Bergungsdauer sagte SC, man komme schneller voran als gedacht. Sie rechne mit 6-9 Monaten. Diese solle man nutzen, unterstrich Polónyi, um eine ganz neue Organisationsstruktur für den U-Bahn-Bau zu etablieren.
Für die allgemeine Diskussion blieb - es war bereits 21 Uhr 20 - nur noch wenig Zeit, und es musste auf die vertiefende, diskursive Veranstaltung „BDA Montagsgespräch - nachgehakt“ am Mittwoch, den 25. März 2009 um 19:00 Uhr im Haus der Architektur Köln, Josef-Haubrich-Hof, 50676 Köln verwiesen werden.
Frau Kier warb für die Freunde des Historischen Archivs, das Archiv brauche jetzt Unterstützung. Das Archiv habe früher 70 Mitarbeiter gehabt, nun 30. Man müsse nun einige Millionen in die Hand nehmen und ihm qualifiziertes Personal verschaffen. Sie plädierte vehement dafür, das Archiv wieder im Gereonskloster unterzubringen. Für das Archiv gebe es aber nur Peanuts. Für das Archiv müsse ebenso viel Geld aufgewendet werden wie für die U-Bahn!
Christiane Haerlin, die knapp dem Inferno entkam und ihr fast fertiges Buch auf ihrem Laptop zurücklassen musste (und glücklicherweise wiederbekam), berichtete von einem bezeichnenden Detail auf der offiziellen Trauerfeier: Die Mitarbeiter des Archivs mussten auf hinteren Plätzen platznehmen, da vorne für Funktionäre der Stadt reserviert war.
Die Frage, ob man denn jemals gedacht habe, das Archiv zu evakuieren, verneinte SC. Sie habe sich eine solche Katastrophe überhaupt nicht vorstellen können.
Ein Diskutant prangerte an, der U-Bahn-Bau habe gegen die Haager Konvention zum Schutz der Kulturgüter verstoßen, da U-Bahnen auch militärisch nutzbar seien. Auf die Frage nach einem angeblichen NATO-Bunker unter dem Archiv stellte SC richtig, dabei habe es sich um einen in der Bauzeit vorgesehenen kleinen Atomschutzbunker gehandelt. Man habe sich wohl vorgestellt, dass sich dort der Archivleiter und sein Stellvertreter mit den 5-10 wichtigsten Urkunden zurückziehen könnten, um dann nach einem Atomschlag die Kölner Bevölkerung über die Geschichte zu belehren. In dem Bunker habe man das Porzer Stadtarchiv, das man habe übernehmen müssen (ca. 1 km Archivgut), gelagert.
Polónyi betonte, die Probleme des U-Bahnbaus seien beherrschbar. Er selbst hätte allerdings den Tunnel auch aus akkustischen Gründen noch tiefer gelegt. Die Philharmonie habe bei der KVB wegen akkustischer Auswirkungen angefragt, aber keine Antwort bekommen.
Jemand fragte nach der Initiative "Wir retten unser Stadtarchiv". SC betonte, der Initiator M. Gahn, den sie noch nicht habe kennenlernen können, verdiene allerhöchsten Dank. Leider könne man die hilfsbereiten Bürger nicht alle gleichzeitig einladen, zumal auch sofort fachliche Restaurierungsentscheidungen getroffen werden müssten. Man solle sich lieber den Freunden des Historischen Archivs anschließen (35 Euro Jahresbeitrag), die jährlich zwei Mitgliederversammlungen veranstalten würden.
KOMMENTAR:
An dieser Stelle hätte ich dann doch noch gern etwas gesagt, aber die Diskussionszeit war um. Wie kann man ernsthaft einen so absolut verschnarchten Club empfehlen, der keinerlei attraktiven Internetauftritt hat und dessen Internetauftritt bis vor kurzem mit keiner Silbe auf die Katstrophe einging:
http://www.freunde-des-historischen-archivs.de/
Was da jetzt inzwischen zu lesen ist, ist wirklich eine Frechheit. Ein paar dürre Sätze und die Aufforderung, sich den Flyer als PDF herunterzuladen. Keine Links zu weiterführenden Informationen im Internet, wie sie z.B.
http://www.historischesarchivkoeln.de
bietet.
Nachdem gestern Abend so viel von der Zukunft des Archivs die Rede war, soll nicht verschwiegen werden, was mir in den Tagen nach dem Unglück unangenehm aufgestoßen ist.
Das Archiv pflegte und pflegt - auch nachdem die erste Trauma-Phase vorüber war - eine völlig unangemessene Informationspolitik (und ließ übrigens auch die Pressestelle der Stadt hängen).
Das Internet - einschließlich Archivalia - wurde vom Archiv nicht genutzt, um die berechtigten Informationsbedürfnisse der Kolleginnen und Kollegen zu befriedigen. Auch ich kam nur spärlich an Informationen heran.
Dann wurde ein Weblog ins Leben gerufen und nach wenigen Tagen wieder abgeschaltet, weil es angeblich nicht autorisiert war - was soll der Mist?, kann man da nur fragen:
http://archiv.twoday.net/stories/5591291/
http://archiv.twoday.net/stories/5578864/#5598286
Es ist doch absolut kontraproduktiv, einen solchen Draht zur "Außenwelt", der bewiesen hat, dass Web 2.0 in Gestalt der Gattung Weblog wenigstens in homöopathischer Dosis an den Riechorganen der Stadtarchivare vorbeigerauscht ist, wieder zu kappen.
Wieso hat man nicht ein Weblog oder eine Internetseite etabliert, mit der man Stimmung für die Aufbauarbeit hätte machen können - durch seriöse umfangreiche tägliche Meldungen, wie wir sie hier versucht haben? Es hätte doch vielleicht unter den 1600 Freiwilligen von Mike Gahn sicher auch ein paar Internetfreaks gegeben, die so etwas mit Zulieferung und nach den Vorgaben des Archivs hätten professionell realisieren können. Das Archiv hätte trotzdem die Fäden in der Hand behalten.
Auf meine Vorstellungen zu einem "Bürgerarchiv" und der unglücklichen Bildrechteäußerung von SC sei nur per Link verwiesen:
http://archiv.twoday.net/search?q=bürgerarchiv
http://archiv.twoday.net/stories/5584413/
http://archiv.twoday.net/stories/5587193/
http://archiv.twoday.net/search?q=bildrechte
Es muss auch ganz klar gesagt werden, dass die Tatsache, dass SC mit keiner Silbe
http://www.historischesarchivkoeln.de
erwähnt hat (erinnert sei auch an die extrem irritierende angebliche Beauftragung des Münsteraner Instituts für Städtegeschichte http://archiv.twoday.net/stories/5593600/ ), darauf deutet, dass die Direktorin immer noch nicht begriffen hat, welcher grandiose strategische Partner dieses Projekt für ihre Zukunftsplanungen bedeuten könnte. Dieses Projekt Digitales Historisches Archiv wird unterstützt von den großen Historikerverbänden (Historiker, Kunsthistoriker), dem Berufsverband der Archivarinnen und Archivare VdA usw. Dieses Archiv soll doch FÜR das Historische Archiv realisiert werden und nicht GEGEN es. Voraussetzung ist freilich, dass es Open Access bleibt, dass sich die Stadt Köln von ihrer kleinlichen Abzocke-Mentalität löst, für die ich gerade gestern ein aktuelles Beispiel erfahren habe (ich werde gesondert darüber berichten).
Was vom HAStK während der Restaurierungsarbeiten digitalisiert wird, muss, wenn es öffentlich präsentabel ist (also in der Regel vor 1900 entstanden) in dieses Projekt eingestellt werden und nicht in einen virtuellen Lesesaal, den man womöglich gegen Eintrittsgebühr persönlich in Köln aufsuchen muss.
Das Archiv muss ein digitales Bündnis mit der Öffentlichkeit schließen, sonst wird das Bürgerarchiv nur eine öde volkspädagogische Veranstaltung, bei der das Volk nach dem Muster geriatrischer Geschichtsvereine und Flachware-Präsentationen ("archivische Ausstellung") abgefertigt wird. Hier den Eintritt in den Freundesverein zu empfehlen, ist reiner Hohn.
Köln braucht ein Archiv zum Mitmachen und das heisst heute eben weitgehend auch: Web 2.0. Auch virtuelle Netze führen zu persönlicher nicht-virtueller Interaktion.
Wieso nicht die Freiwilligen von Mike Gahn zu einer Ideenwerkstatt Bürgerarchiv aufrufen? Was erwartet ihr von einem Bürgerarchiv? Was wären eure Wünsche an ein Bürgerarchiv? In welcher Weise könntet ihr euch ehrenamtlich einbringen?
Denn neben der katastrophalen Informationspolitik ist das mein zweiter gravierender Vorwurf an das Archiv: Man hat die Bürgerinnen und Bürger von "Wir retten unser Stadtarchiv" nicht in angemessener Weise einbezogen.
Man sehe dazu die News auf
http://www.koelner-stadtarchiv.de/
und die Stellungnahme von Gahn hier:
http://archiv.twoday.net/stories/5581498/#5590837
Ich habe hinreichend viele Telefonate und Gespräche zum Thema EVZ geführt, um vertreten zu können, dass es ohne weiteres möglich wäre, vertrauenswürdige externe Helfer ohne Fachkenntnisse einzusetzen. Dass die anfänglichen "Trümmerfrauenvorstellungen" illusorisch sind, dürfte inzwischen fast allen 1600 potentiellen Helfern klar sein. man kann mir nicht erzählen, dass es keine hinreichenden Möglichkeiten gegeben hätte, die Freiwilligen durch entsprechenden Events "bei Laune zu halten", z.B. indem man ausgewählten Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben hätte in irgendeiner Weise mitzuarbeiten - ob beim Sortieren oder anderweitig. Die Stadt Köln hätte einen Community-Beauftragten/Archivpädagogen für diese Initiative einstellen können, dessen Aufgabe Kommunikation gewesen wäre. Indem man etwa eine Informationsveranstaltung für die Helferinnen und Helfer angeboten hätte. Man hätte - siehe oben "Ideenwerkstatt" - diese engagierten Bürgerinnen und Bürger auch in anderer Weise einsetzen können als im EVZ oder in der Severinstraße.
Es gäbe viele Ideen für ein Mitmach-Archiv, bei dem Bürgerinnen und Bürger ihre Solidarität für das Archiv zum Ausdruck bringen könnten. Aber das ist wohl (noch) nicht gewollt. Was man stattdessen kommuniziert ist ein Archiv von oben herab, das als einzige Partizipationsmöglichkeit die verkalkte Struktur eines honoratiorenverseuchten Fördervereins anbietet. Damit erweist man sich der Krise, die ja immer auch eine Chance ist, nicht wirklich gewachsen.
KlausGraf - am Montag, 23. März 2009, 23:37 - Rubrik: Kommunalarchive
http://www.uni-muenster.de/Forum-Bestandserhaltung/forum/2009-03.html
Aus dem "Ausblick":
Katastrophen lassen sich nicht grundsätzlich ausschließen! Es hat sie immer gegeben und wird sie immer geben. Doch wir können und müssen unsere Bemühungen weiter verstärken, in möglichst allen Belangen vorzusorgen.
1. Vorsorge ist zu treffen, dass Archiv- und Magazingebäude den Anforderungen an die Aufbewahrung von Archiv- und Bibliotheksgut (DIN/ISO 11799: 2003) so weit wie möglich genügen! Die Norm muss bei Neu- und Umbauten die Richtschnur und Grundlage der Bauplanung und Kalkulation sein. Damit wäre sicherzustellen, dass das Archiv nicht „auf Sand gebaut“ ist, sondern dass Lage, Beschaffenheit, Gliederung und Stabilität der Archiv- und Magazinbauten dauerhaft und stabil sind.
Nur zu oft wurden und werden hier aus Sparsamkeitsgründen Abstriche gemacht!
2. Vorzusorgen ist ferner, dass Archivgut angemessen aufbewahrt und gelagert wird. Auch das ist Bestandteil der DIN/ISO 11799, doch scheitert oft selbst die elementare vorbeugende Maßnahme, Archivgut angemessen zu verpacken, an den zu geringen Budgets der Archive für Bestandserhaltung. Und gerade in Köln hat sich gezeigt, dass in Archivkarton verpacktes Archivgut weitaus bessere Überlebenschancen hat!
3. Vorsorge ist auch und vor allem im Sinne einer umfassenden Notfallvorsorge erforderlich. Dies machen gerade die Kölner Ereignisse ganz besonders sinnfällig! Schadensereignisse bis hin zu Katastrophen wie in Köln und Weimar werden auch künftig nicht immer abwendbar sein. Aber es muss alles getan werden, um die Folgen eintretender Schadensereignisse zu minimieren! Hierfür ist zwingend erforderlich, dass jede Kulturgut verwahrende Institution aktive Notfallvorsorge betreibt, indem sie:
• eine klare Organisationsstruktur für Schadensereignisse und Krisen aufbaut, d.h. vor allem eine/n im Notfall mit allen nötigen Befugnissen ausgestattete/n Notfallbeauftragte/n bestimmt und entsprechend fortbildet,
• gebäudebezogene Notfall- und Alarmierungspläne entwickelt und stets aktuell hält,
• alle erforderlichen Materialien für den Notfall an einem zugänglichen und zentralen Ort der Institution vorhält (Notfallboxen, Schutzkleidung),
• und vor allem sich mit allen anderen Kulturgut verwahrenden Institutionen vernetzt, indem diese sich in einem Notfallverbund zusammenschließen. Denn bei größeren Schadensereignissen, das haben bereits das Elbhochwasser und der Brand in Weimar erwiesen, müssen alle Maßnahmen nicht nur eilig, sondern vor allem möglichst koordiniert ablaufen, d.h. alle Institutionen eines Notfallverbundes brauchen einen gemeinsamen Alarmierungsplan und eindeutige Regelungen, wer im Notfall für welche Maßnahmen zuständig ist.
• Last but not least: Regelmäßig müssen in der eigenen Institution und im Notfallverbund Szenarien von Notfällen geübt werden!
4. Massiv verstärkt werden müssen schließlich die Bemühungen der Sicherungsverfilmung des Bundes, deren wahre Bedeutung gerade in Anbetracht der Ereignisse in Köln zum Vorschein kommt! Bisweilen als Relikt des Kalten Krieges und als "alter Zopf" belächelt, ist sie nun von unschätzbarem Wert!
Denn seit 1961 wurden bedeutende Bestände des Kölner Stadtarchivs sicherungsverfilmt. Aus dem Oberrieder Stollen bei Freiburg wird so zumindest ein Teil des möglicherweise verlorenen Archivs wieder zugänglich gemacht werden können, auch wenn dies den Verlust der Originale niemals ersetzen kann. Über die Bemühungen des Bundes hinaus muss darüber nachgedacht werden, ob sich die Länder und Kommunen stärker mit eigenen Mitteln in der Herstellung von Sicherungsmedien engagieren!
Update: Hatten wir schon am 16.3.
http://archiv.twoday.net/stories/5585058/
Aber bei der Fülle der Meldungen kann man schon ein wenig den Überblick verlieren. Ich lasse den erneuten Hinweis ungelöscht: Repetitio est mater studiorum!
Aus dem "Ausblick":
Katastrophen lassen sich nicht grundsätzlich ausschließen! Es hat sie immer gegeben und wird sie immer geben. Doch wir können und müssen unsere Bemühungen weiter verstärken, in möglichst allen Belangen vorzusorgen.
1. Vorsorge ist zu treffen, dass Archiv- und Magazingebäude den Anforderungen an die Aufbewahrung von Archiv- und Bibliotheksgut (DIN/ISO 11799: 2003) so weit wie möglich genügen! Die Norm muss bei Neu- und Umbauten die Richtschnur und Grundlage der Bauplanung und Kalkulation sein. Damit wäre sicherzustellen, dass das Archiv nicht „auf Sand gebaut“ ist, sondern dass Lage, Beschaffenheit, Gliederung und Stabilität der Archiv- und Magazinbauten dauerhaft und stabil sind.
Nur zu oft wurden und werden hier aus Sparsamkeitsgründen Abstriche gemacht!
2. Vorzusorgen ist ferner, dass Archivgut angemessen aufbewahrt und gelagert wird. Auch das ist Bestandteil der DIN/ISO 11799, doch scheitert oft selbst die elementare vorbeugende Maßnahme, Archivgut angemessen zu verpacken, an den zu geringen Budgets der Archive für Bestandserhaltung. Und gerade in Köln hat sich gezeigt, dass in Archivkarton verpacktes Archivgut weitaus bessere Überlebenschancen hat!
3. Vorsorge ist auch und vor allem im Sinne einer umfassenden Notfallvorsorge erforderlich. Dies machen gerade die Kölner Ereignisse ganz besonders sinnfällig! Schadensereignisse bis hin zu Katastrophen wie in Köln und Weimar werden auch künftig nicht immer abwendbar sein. Aber es muss alles getan werden, um die Folgen eintretender Schadensereignisse zu minimieren! Hierfür ist zwingend erforderlich, dass jede Kulturgut verwahrende Institution aktive Notfallvorsorge betreibt, indem sie:
• eine klare Organisationsstruktur für Schadensereignisse und Krisen aufbaut, d.h. vor allem eine/n im Notfall mit allen nötigen Befugnissen ausgestattete/n Notfallbeauftragte/n bestimmt und entsprechend fortbildet,
• gebäudebezogene Notfall- und Alarmierungspläne entwickelt und stets aktuell hält,
• alle erforderlichen Materialien für den Notfall an einem zugänglichen und zentralen Ort der Institution vorhält (Notfallboxen, Schutzkleidung),
• und vor allem sich mit allen anderen Kulturgut verwahrenden Institutionen vernetzt, indem diese sich in einem Notfallverbund zusammenschließen. Denn bei größeren Schadensereignissen, das haben bereits das Elbhochwasser und der Brand in Weimar erwiesen, müssen alle Maßnahmen nicht nur eilig, sondern vor allem möglichst koordiniert ablaufen, d.h. alle Institutionen eines Notfallverbundes brauchen einen gemeinsamen Alarmierungsplan und eindeutige Regelungen, wer im Notfall für welche Maßnahmen zuständig ist.
• Last but not least: Regelmäßig müssen in der eigenen Institution und im Notfallverbund Szenarien von Notfällen geübt werden!
4. Massiv verstärkt werden müssen schließlich die Bemühungen der Sicherungsverfilmung des Bundes, deren wahre Bedeutung gerade in Anbetracht der Ereignisse in Köln zum Vorschein kommt! Bisweilen als Relikt des Kalten Krieges und als "alter Zopf" belächelt, ist sie nun von unschätzbarem Wert!
Denn seit 1961 wurden bedeutende Bestände des Kölner Stadtarchivs sicherungsverfilmt. Aus dem Oberrieder Stollen bei Freiburg wird so zumindest ein Teil des möglicherweise verlorenen Archivs wieder zugänglich gemacht werden können, auch wenn dies den Verlust der Originale niemals ersetzen kann. Über die Bemühungen des Bundes hinaus muss darüber nachgedacht werden, ob sich die Länder und Kommunen stärker mit eigenen Mitteln in der Herstellung von Sicherungsmedien engagieren!
Update: Hatten wir schon am 16.3.
http://archiv.twoday.net/stories/5585058/
Aber bei der Fülle der Meldungen kann man schon ein wenig den Überblick verlieren. Ich lasse den erneuten Hinweis ungelöscht: Repetitio est mater studiorum!
KlausGraf - am Montag, 23. März 2009, 15:39 - Rubrik: Kommunalarchive
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Ein Bericht des Kölner Campus-Radio unter:
http://www.koelncampus.com/kc/page/858/118id/7821/neuigkeiten_detailansicht.html
Ein weiterer Bericht des RBB unter:
http://www.rbb-online.de/nachrichten/vermischtes/2009_03/potsdamer_helfen_in.html
http://www.koelncampus.com/kc/page/858/118id/7821/neuigkeiten_detailansicht.html
Ein weiterer Bericht des RBB unter:
http://www.rbb-online.de/nachrichten/vermischtes/2009_03/potsdamer_helfen_in.html
Wolf Thomas - am Montag, 23. März 2009, 14:53 - Rubrik: Kommunalarchive
Informationen s. http://archiv.twoday.net/stories/5595014/
Geht jemand hin ? Und twittert womöglich noch?
Geht jemand hin ? Und twittert womöglich noch?
Wolf Thomas - am Montag, 23. März 2009, 09:57 - Rubrik: Kommunalarchive