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http://intelligenzblatt.unibe.ch/

Intelligenzblatt für die Stadt Bern 1834–1888
Die lange Zeit wichtigste Berner Tageszeitung
Das «Intelligenzblatt für die Stadt Bern» erschien von 1834 bis 1919.

(Herrn Pfr. Lavater sei für den Hinweis gedankt.)

Weitere digitalisierte deutschsprachige Zeitungen:
http://del.icio.us/Klausgraf/Digi_Zeitungen

Pressemitteilung des Deutschen Museumsbundes

"Museumsobjekte sind keine Verpfändungsmasse!"
Deutscher Museumsbund kritisiert 3-Säulen-Modell von Ministerpräsident
Oettinger

Berlin, 12. Oktober 2006. Der Deutsche Museumsbund übt scharfe Kritik an dem
von Ministerpräsident Oettinger vorgeschlagenen Drei-Säulen-Modell zur
Rettung des Hauses Baden. "Die Museen und Bibliotheken sind keine
Rückhaltebecken, aus denen in Zeiten finanzieller Engpässe geschöpft werden
kann", erklärte Dr. Michael Eissenhauer, Präsident des Deutschen
Museumsbundes, zu den Plänen des Ministerpräsidenten. Nach dessen
Drei-Säulen-Modell sollen die Landesstiftung Baden-Württemberg, Unternehmen
und Privatpersonen sowie die Kultureinrichtungen des Landes jeweils 10
Millionen Euro zur Entschädigung des insolventen Fürstenhauses aufbringen.
Die Landesregierung fordert von den Kultureinrichtungen, durch Verkäufe aus
ihren Sammlungsbeständen einen finanziellen Beitrag zu leisten.

"Jede verantwortungsvolle Museumsleitung wird sich einverstanden erklären,
vorübergehend auf einen Zuschuss der Landesstiftung für den Erwerb weiterer
Objekte zu verzichten." Ein aktiver Verkauf sei jedoch keine akzeptable
Lösung. Eissenhauer: "Die kulturpolitische Verantwortung einer
Landesregierung besteht darin, das von Museen, Bibliotheken und Archiven
bewahrte Kulturgut zu schützen. Es darf nicht sein, dass die Landesregierung
von den Verkäufen der in der Landesbibliothek bewahrten Handschriften
Abstand nimmt und das Problem auf andere Kultureinrichtungen abwälzt. Das in
Bibliotheken, Museen und Archiven bewahrte Kulturgut ist keine
Verpfändungsmasse. Wer die Sammlungsbestände zur Sanierung eines
Fürstenhauses heranzieht, leistet einen kulturpolitischen Offenbarungseid."

Eissenhauer verweist auf das im Jahr 2004 vom Deutschen Museumsbund und dem
deutschen Nationalkomitee des Internationalen Museumsrates (ICOM)
veröffentlichte Positionspapier zur Abgabe von Sammlungsgut: "Verkäufe
kommen ausschließlich aus sammlungsrelevanten Erwägungen in Frage. Der Erlös
aus einem Verkauf muss zwingend in die Sammlung reinvestiert werden und
steht nicht für Sanierungsmaßnahmen oder andere finanzielle Verpflichtungen
zur Verfügung." In diesem Zusammenhang fordert der Deutsche Museumsbund seit
Jahren einen besonderen Schutzstatus für das in Museen bewahrte Kulturgut.

Kontakt:
Mechtild Kronenberg
Geschäftsführerin
Deutscher Museumsbund e.V.
Buero Berlin
In der Halde 1
D-14195 Berlin
T: ++49/(0)30/841095-17
F: ++49/(0)30/841095-19
Besuchen Sie unser Internet-Portal: www.museumsbund.de

Das IISG in Amsterdam hat in seinem Hausverlag ein interessant erscheinendes Buch zu einem bislang noch wenig erforschten Thema der Bewegungsgeschichte veröffentlicht:
Huub Sanders: Images of aspiration. A documentary on social movements based on images from the collection of the International Institute of Social History (Amsterdam, Aksant Academic Publishers, 2005; ISBN 90-5260-190-9, 328 Seiten).
Aus der Verlagsankündigung: "This book draws on pictorial images to illustrate what 'social movements' are. All these illustrations come from the International Institute of Social History that has actively acquired materials relating to social history ever since it was founded in 1935. Social movements everywhere share the same basic aims: emancipation, social freedom, and an improvement in conditions. The famous poster of Che Guevara, which has been pinned up in millions of student rooms across the world, is more than just a photograph of a man wearing a cap. It has become an icon and thereby plays a role in the struggle; it has become a means of acquiring or acknowledging an identity.

Text Dutch/English, 212 x 270 mm, full colour, € 25,00.

Order information:
Aksant Academic Publishers
Cruquiusweg 31
NL-1019 AT Amsterdam,
T +31 20 850 01 50
F +31 20 665 64 11
info(at)aksant.nl

gefunden auf: http://www.iisg.nl/publications/90-5260-190-9.php

Vereinsblättchen scheinen für Außenstehende zunächst wenig interessant. Solche von landeskundlichen und historischen Vereinen sind aber doch für die Wissenschaftsgeschichte wertvoll und bieten viele Hinweise auf historische Zusammenhänge der Forschung, wertvolle Literaturhinweise und natürlich viel Biographisches.

Die Mitteilungen des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde werden seit 2002 als E-Text im WWW veröffentlicht, und die Vollendung des verdienstvollen Projekts ist nun absehbar.

Gerade deshalb sollte man die Website mal etwas genauer anschauen. Zuerst gibt es natürlich den weithin üblichen Copyfraud:
"Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere dürfen Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste und Internet und Vervielfältigung auf Datenträger wie CD-ROM, DVD-ROM etc. nur nach vorheriger schriftlicher Zustimmung des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde erfolgen."
Das dürfte die vielen bereits gemeinfreien Anteile in Wirklichkeit gar nicht betreffen, bzw. höchstens für mehr oder weniger komplette Kopien der gesamten Reihe wegen des Datenbankschutzes gelten.

Der Link von der Homepage des Vereins ist „digitale Ausgabe der Periodischen Blätter / MHG (nur für Mitglieder des VHG)“ betitelt. Das lässt erst einmal stutzen. Funktionieren tut's jedoch auch für Normalsterbliche.

Sonderbar ist dann auch folgende Mitteilung:
"Die bearbeiteten Jahrgänge der PB/MHG werden versuchsweise auf der Website des VHG zur Benutzung bereitgestellt. Nach Abschluss des Projektes kann die digitale Edition der PB/MHG auch als CD-ROM über den VHG bezogen werden."
Die Ankündigung von dauerhaftem Open Access sieht jedenfalls anders aus. Interessierte Nichtmitglieder sollten sich wohl schnell soviel wie möglich von der Seite herunterladen und ein eigenes Archiv auf der Festplatte anlegen, bevor die Texte doch irgendwann einmal aus dem freien Web verschwinden.

Schade ist auch, dass nur E-Texte und keine Scans geboten werden.

Und besonders schade ist natürlich, dass die bei weitem interessantere Zeitschrift des Vereins, die „Zeitschrift für hessische Geschichte und Landeskunde (ZHG)“ nicht online verfügbar ist. Immerhin werden die Inhaltsverzeichnisse mitsamt Suchfunktion angeboten.

#histverein

Pressemitteilung

Berlin, 09.10.2006

Führende Wissenschaftler und Bibliothekare fordern: Integrität der
Handschriften der Badischen Landesbibliothek sichern

Über 100 führende Wissenschaftler und Bibliothekare, an ihrer Spitze der
Präsident der Georgia Augusta, Prof. Dr. Kurt von Figura, und
Nobelpreisträger Prof. Dr. Manfred Eigen haben bei der Abschieds- und
Begrüßungsfeier für die Direktoren Prof. Dr. Elmar Mittler und Dr.
Norbert Lossau am 4.10.2006 in einem offenen Brief Ministerpräsident
Oettinger aufgefordert, die Integrität der Handschriftensammlung der
Badischen Landesbibliothek zu sichern. Weitere Unterzeichner sind u. a.
die Generaldirektoren der Staatsbibliothek zu Berlin, der Staats-,
Landes- und Universitätsbibliothek Dresden, der Bayerischen
Staatsbibliothek München sowie die Leiter der Zentralen Fachbibliotheken
der Medizin, der Technik und der Wirtschaftswissenschaften. Hier der
Brief im Wortlaut:


Offener Brief an Ministerpräsident Oettinger

Erhalten Sie die Integrität der Handschriftensammlungen der Badischen
Landesbibliothek


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,


mit ungläubigem Entsetzen haben wir die Nachricht erfahren, das Land
Baden-Württemberg wolle wesentliche Teile der Handschriftensammlung der
Badischen Landesbibliothek Karlsruhe verkaufen, um damit finanzielle
Probleme des Hauses Baden zu lösen. Dies würde bedeuten, dass
insbesondere die im Verlaufe der Säkularisation am Anfang des 19.
Jahrhunderts in die damalige Hofbibliothek gebrachten kulturellen
Schätze verstreut würden. Sie sind im Rahmen des Landerwerbs der
napoleonischen Zeit über die Klosterkommission in den Besitz Badens
gelangt. Im Gegensatz zu der Bibliothek des Klosters Salem, dessen
Bibliothek 1826/27 an die Universität Heidelberg verkauft wurde, waren
sie aber nie Besitz des Hauses Baden.

Durch das umsichtige Verhalten der Bediensteten der Klosterkommission
und der beteiligten Bibliotheken (Universitätsbibliotheken in Freiburg
und Heidelberg und die schon damals öffentlich zugängliche Hofbibliothek
Karlsruhe) ist es gelungen, den Handschriftenbestand der Klöster in
Baden in großer Vollständigkeit zu erhalten. Er wurde in der
Hofbibliothek nach Provenienzen aufgestellt, so dass bis heute die
Sammlungen der aufgelösten Bibliotheken als Einheit erhalten sind. Sie
sind nicht durch Kriegsverluste geschädigt worden. Durch die sorgfältige
Katalogisierung mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
ist sie hier aller Welt sichtbar und allen kulturell Interessierten
leicht zugänglich. Er ist ein wesentlicher Teil des kulturellen Erbes
und mit Sicherheit der wesentliche Teil der Schriftkultur
Südwestdeutschlands bis zur Durchsetzung des Buchdrucks.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie wissen, wie verstreut und
durch vielfältige Verluste geschädigt gerade die schriftliche
Überlieferung in Deutschland ist. Es fehlt Deutschland eine die
Jahrhunderte übergreifende Nationalbibliothek. Umso wichtiger ist es,
dass die regional erhaltenen Bestände dauerhaft gesichert bleiben.

Zerstören Sie nicht einen wesentlichen Teil der kulturellen Identität
des badischen Landesteiles Baden-Württembergs.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung,


(Unterschrift)

Weitere Unterzeichnung ist über die Website des Deutschen
Bibliotheksverbandes

http://www.bibliotheksverband.de möglich.

http://www.ub.uni-leipzig.de/service/aktuell/protest.htm

Erklärung der Leiter der deutschen Handschriftenzentren
gegen den geplanten Verkauf von Handschriften
aus dem Bestand der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

Gegen den geplanten Verkauf von Teilen der bedeutenden Karlsruher Handschriftensammlung haben bereits zahlreiche Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Bibliotheken und öffentlichem Leben massiven Einspruch erhoben und gewichtige Argumente vorgebracht. Auch wir, die Vertreter der deutschen Handschriftenzentren, sind fassungslos und protestieren entschieden gegen die Pläne der baden-württembergischen Landesregierung.

Als Leiter derjenigen Institutionen, an denen seit Jahrzehnten die wissenschaftliche Erschließung der deutschen Handschriftenbestände hauptsächlich erfolgt, haben wir täglich vor Augen, welche Bedeutung die handschriftliche Überlieferung für unser Wissen über die eigene Vergangenheit hat. Und wir erleben unmittelbar, welchen nicht zu heilenden Verlust es bedeutet, wenn Handschriften aus ihrem Sammlungskontext entfernt oder gar dem öffentlichen Zugang entzogen werden.

Was wir über die Kenntnisse der Menschen aus der Zeit bis zum frühen 16. Jahrhundert und die geistigen Auseinandersetzungen in diesen Jahrhunderten wissen - über den theologischen, juristischen, medizinischen, philosophischen, literarischen, naturwissenschaftlichen, technischen oder astronomischen Informationsstand -, das beziehen wir aus den Manuskripten, die die Zeiten überdauert haben und auf uns gekommen sind. Jede Handschrift ist ein Unikat, ein unersetzliches Stück in einem großen Puzzle, das ohnehin schon viele Lücken hat. Wer ein solches Stück der Öffentlichkeit entzieht, läßt einen weiteren blinden Fleck entstehen.

Jede Handschrift steht aber nicht isoliert für sich, sondern war stets Teil einer Sammlung und wird nur im Zusammenhang dieses Sammlungsverbundes erst richtig verständlich. Sie wurde von denselben Schreibern wie andere Bücher der Sammlung geschrieben oder wurde mit anderen Bänden zu einem bestimmten Zeitpunkt erworben. Sie diente als Vorlage oder Ausgangsbasis für neue Manuskripte, wurde exzerpiert und kommentiert. Sie erhielt mit anderen Stücken der Sammlung in einer bestimmten Phase einen neuen Einband, der von der örtlichen Ornamentkunst zeugt, und weist als Buchbindemakulatur dieselben Fragmente älterer Textzeugen auf, die sich auch in anderen Büchern der Sammlung finden. Kurz, sie steht mit den anderen Bänden der Sammlung in einem vielfältigen Kommunikationszusammenhang, der nur ersichtlich ist, solange der Sammlungszusammenhang erhalten bleibt. Die ehemaligen Kloster- und Adelsbibliotheken, die in der Badischen Landesbibliothek bewahrt werden, sind dort jeweils geschlossen aufgestellt - ein Glücksfall für die historische Erforschung. Was hier steht, gehört zusammen und darf nicht getrennt werden.

Besonders absurd ist die Vorstellung, innerhalb des Karlsruher Handschriftenbestandes ließe sich eine Trennung in badische und für Baden nicht relevante Stücke vornehmen. Wissen und geistige Austauschprozesse waren schon immer überregional. Jede Handschriftensammlung beherbergt Stücke aus unterschiedlichsten Gebieten. Ist es etwa nicht von Bedeutung für die badische Landes- und Kulturgeschichte, wann eine Handschrift nach Baden geholt und dort benutzt wurde. Hat sie über die Jahrhunderte keine Wirkung in Baden entfaltet? Sind die Kommentare und Randbemerkungen, die in späteren Jahrhunderten von örtlichen Lesern eingetragen wurden, nicht von Belang? Spielt es keine Rolle, wenn das Manuskript in einem Kloster des späteren Baden abgeschrieben wurde oder einen kunstfertigen Einband erhalten hat? Für die Geschichte ist ebenso wichtig, was vor Ort produziert wie was vor Ort rezipiert wurde. Wer hier das bloße Herkunftsprinzip anwenden will, offenbart eine beschämende und provinzielle Bildungsferne.

Noch heute leiden wir unter der Vernichtung und Zerstreuung historischer Buchbestände durch Säkularisierungen und Kriege in den vergangenen Jahrhunderten. Niemand von uns hätte sich vorstellen können, daß eine Landesregierung hier aktiv weiteren Schaden anrichten würde und auf die Idee käme, das, was für die Allgemeinheit in öffentliche Sammlungen hinübergerettet werden konnte, zugunsten adliger Privatbesitzer zu veräußern.

Kein Politiker hat das Recht, das Volk seiner geistigen Vergangenheit zu berauben. Der Verkauf von Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe muß verhindert werden.

gezeichnet:

Dr. Helmar Haertel, Abteilung Handschriften und Sondersammlungen, Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel

Dr. Christoph Mackert, Handschriftenzentrum Universitätsbibliothek Leipzig

Prof. Dr. Eef Overgaauw, Zentrum Handschriftenkatalogisierung Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

Prof. Dr. Herrad Spilling, Handschriftenzentrum Württembergische Landesbibliothek Stuttgart

Dr. Bernhard Tönnies, Handschriftenzentrum Universitätsbibliothek Frankfurt/Main

Dr. Bettina Wagner, Handschriftenerschließungszentrum Bayerische Staatsbibliothek München

Handschriften können sprechen
Von Rose-Maria Gropp

Auszug:

Was folgt aus der Stuttgarter Handschriftenaffäre? Das Werkzeug, das die Liste des national wertvollen Kulturguts darstellt, muß endlich vernünftig eingesetzt werden. Viel zu gering ist die Transparenz dieses Verzeichnisses, das die dort aufgeführten Objekte vor dem Export ins Ausland schützt. Damit sind sie den Begehrlichkeiten des internationalen Kunstmarkts entzogen, was Spekulationen die Spitze abbricht. Die Hoffnung, die vom Land und Haus Baden erwünschten 70 Millionen Euro mit den Karlsruher Handschriften zu erzielen, ließ sich nur so erklären.


Doch die Lehre aus der Affäre ist zweischneidig: Besteht wirklich Einigkeit darüber, daß die Objekte und Güter, die in den Museen und in den Bibliotheken in Deutschland aufbewahrt werden, grundsätzlich nicht dazu da sind, Finanzlöcher zu stopfen? Wenn Oettinger sich ausdrücklich Verkäufe aus den Sammlungen vorbehält, stellt er sich nicht nur gegen Kulturstaatsminister Neumann. Nichts Gutes verheißt die Feststellung der Regierung, sie halte es "keineswegs für einen Akt von Kulturbarbarei, im Sinne einer Profilbildung von Kunst- und Kultureinrichtungen die Sammlungen zu überprüfen und weiterzuentwickeln". Die amerikanischen Gelehrten, die in einem Brief an die Herausgeber dieser Zeitung geäußert hatten, Oettingers Pläne liefen auf einen Vandalismus hinaus, den man nur aus Kriegszeiten kenne, dürfen diesen Satz als Retourkutsche lesen. Bis gestern sah die für Karlsruhe geplante Profilbildung so aus, daß man eine weltweit angesehene Büchersammlung zerstören wollte. Jetzt gibt die Regierung ihren Kritikern recht - nicht ohne ihnen nachzurufen, daß man in Stuttgart keine Belehrung darüber brauche, was sich für ein Kulturvolk gehört.

Text: F.A.Z., 11.10.2006, Nr. 236 / Seite 1

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1603228/mpdid=1604652/tvh7rl/index.html

Mehrere Rechtsgutachten konnten bisher keine Klärung bringen, wem die Schriften überhaupt gehören. Die Unterzeichner des öffentlichen Briefes sind jedoch der Auffassung, die rechtliche Frage, wem die Handschriften gehören, sei gar nicht so unklar, wie die Landesregierung behauptet. Die Eigentumsverhältnisse würden in einem Gesetz, das bereits im Jahr 1919 existierte, geregelt, meint etwa der Historiker Klaus Graf. Dort würden unter anderem einige Kunstwerke erwähnt, die sich in der Kunsthalle befänden. Über diese sollte eine gesonderte Erklärung die Regelung treffen. "Im Umkehrschluss kann man daraus schließen, dass alle von staatlichen Institutionen wie der Hof- und Landesbibliothek verwahrten Sammlungen nun tatsächlich dem Land gehört haben", erklärt der Freiburger Wissenschaftler.

Keine Privatbibliothek des Großherzogs
Zudem sei die ehemalige Hof- und Landesbibliothek, die später in die Badische Landesbibliothek überging, niemals eine Privatbibliothek des Großherzogs gewesen, behauptet der Heidelberger Rechtswissenschaftler Reinhard Mußgnug. Dem Großherzog von Baden hätten die Kulturgüter lediglich in seiner Eigenschaft als Herrscher gehört. Es handele sich damit um so genanntes Patrimonialeigentum und nicht um Privateigentum. Nach dem Fall der Monarchie 1918 sei dieses in das Eigentum des Landes Baden übergegangen.

Sanierung durch Verkauf von Privatbesitz
Im Oktober 1995 hatte sich der hoch verschuldete Max von Baden schon einmal mit einem Ausverkauf von Kulturgütern aus einer klammen finanziellen Situation gerettet: Eine 17-tägige Versteigerung von Kunstschätzen und Gebrauchsgegenständen im Neuen Schloss in Baden-Baden brachte den damaligen Rekorderlös von 77,6 Millionen Mark.


Zur Argumentation mit dem Gesetz von 1919 siehe:
http://archiv.twoday.net/stories/2708484/

http://www.juraforum.de/jura/news/news/p/1/id/111158/f/196/

Prof. Dr. Helmut G. Walther von der Universität Jena ist vom Thüringer Kultusminister für eine dritte Amtszeit in den Sachverständigenausschuss National wertvolle Archive des Freistaats berufen worden. Damit gehört der Jenaer Mittelalter-Historiker in den nächsten fünf Jahren erneut zu den fünf Experten, die das Land dabei beraten werden, welche wertvollen Archivalien als Landeskulturgut betrachtet werden sollten.

"Der Schutz national wertvollen Archivguts gehört natürlich zu den grundlegenden Aufgaben eines Mediävisten", begründet Prof. Walther die Annahme des Ehrenamtes. "Gerade der aktuelle Fall der geplanten Veräußerung von als Zeugnissen kulturellen Gedächtnisses einzigartiger mittelalterlicher Handschriften der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe im Zuge eines Finanzausgleichs des Landes Baden-Württemberg mit dem großherzoglichen Haus Baden macht deutlich, welche Bedeutung einem wachsamen Auge für solche Schätze zukommt", ergänzt Walther. "Denn Kulturgüter entziehen sich per Definition einer Kommerzialisierung".

Quelle: idw

http://www.bundesregierung.de/nn_23334/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2006/10/2006-10-09-bkm-verkauf-von-kulturguetern.html

Mo, 09.10.2006

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, hat heute in Bonn die Fachkonferenz „Im Labyrinth des Rechts? Wege zum Kulturgüterschutz“ eröffnet.

In seiner Begrüßungsrede ging der Kulturstaatsminister unter anderem auf den Verkauf von Kulturgütern aus Museumsbeständen ein: „Es beunruhigt mich sehr, wenn öffentliche Sammlungen aus kurzsichtigen finanziellen Erwägungen dazu angehalten werden, Stücke aus dem ihnen anvertrauten Kulturerbe zu verkaufen. Einmal verkauftes Kulturgut ist in der Regel für die Öffentlichkeit unwiederbringlich verloren. Ich bin deswegen strikt gegen den Verkauf von Kulturgütern aus Museen, wie er jetzt in Krefeld geplant ist.

Besonderen Anlass zur Sorge geben für mich außerdem die geplanten Verkäufe von Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. Ein solcher Verkauf wäre ein fahrlässiger Umgang mit unserem kulturellen Erbe, und aus kulturpolitischer Sicht nicht vertretbar.

Da die kulturelle Bedeutung der Sammlung weit über Baden-Württemberg hinausgeht und von nationalem Gewicht ist, habe ich in der vergangenen Woche mit Minister Frankenberg und Ministerpräsident Oettinger einen intensiven Gesprächsaustausch gehabt und deutlich gemacht, was für die Kultur auf dem Spiel steht. Erfreulicherweise bestand Einmütigkeit darin, dass dieses nationale Gut nicht ins Ausland abwandern darf und kulturverträgliche Lösungen gefunden werden müssen.“

http://www.stm.baden-wuerttemberg.de/de/Meldungen/155257.html?referer=103611&template=min_meldung_html&_min=_stm

Ministerrat verständigt sich auf wesentliche Eckpunkte zur Sicherung der badischen Kulturgüter
Ministerpräsident Günther H. Oettinger und Finanzminister Gerhard Stratthaus: Sicherung der badischen Kulturgüter auf gutem Weg

Staatssekretär Dr. Dietrich Birk: Drei-Säulen-Modell zur Finanzierung weiterentwickelt

10.10.2006 Auf wesentliche Eckpunkte zur Sicherung der Kulturgüter in Baden hat sich der Ministerrat am Montag (9. Oktober) verständigt. Dies erklärte Ministerpräsident Günther H. Oettinger am Dienstag (10. Oktober 2006) in Stuttgart.

Ministerpräsident Oettinger stellte fest, dass es das wichtigste Ziel der Landesregierung sei, Schloss Salem und das Kulturgut der badischen Geschichte auf Dauer und im größtmöglichen Umfang für die Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg, insbesondere auch im badischen Landesteil, zu sichern. „Dauerhafte Rechtsklarheit, langfristiger Schutz des badischen Kulturerbes und verlässliche Finanzierbarkeit sind unsere Leitlinien, an denen wir unser Handeln orientieren.“ Die Landesregierung wolle ein seit Jahrzehnten schwelendes Problem lösen und den anhaltenden Streit um Eigentum und Verantwortung für das badische kulturelle Erbe beenden. Kulturgüter im Wert von fast 300 Mio. € seien auf Dauer zu sichern, ohne andere Aufgaben wie die Sanierung des Landeshaushaltes, insbesondere die Nullverschuldung, außer Acht zu lassen.

Rechtslage unsicher

Ministerpräsident Oettinger legte die Handlungsoptionen des Landes dar. Wie von der SPD vorgeschlagen nichts zu tun und Verhandlungen mit dem Haus Baden zu verweigern, sei dabei der verantwortungsloseste Weg. Der Erhalt von Schloss Salem, an dessen kulturhistorischem Erbe das Land höchstes Interesse habe, verursache zunehmende finanzielle Schwierigkeiten beim Haus Baden. Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation des Hauses Baden bestehe die konkrete Gefahr, dass das Haus Baden ihm unzweifelhaft gehörende oder sogar in der Eigentumsfrage zwischen Land und Haus Baden streitige Vermögensgegenstände aus dem badischen Kulturgut „unter den Hammer bringen“ werde. Im Falle einer Zwangsvollstreckung sei sogar eine Beschlagnahme und Zwangsversteigerung wertvollster Kulturobjekte (z.B. Gemälde in der Staatlichen Kunsthalle, aber auch Handschriften) zu befürchten. Das Land könne sich in diesem Fall nur im Wege eines Rechtsstreites gegen einen unkontrollierten Ausverkauf badischen Kulturgutes, an dem es möglicherweise auch eigene Rechtsansprüche haben, wehren. Damit könne aber bei einer zu erwartenden vieljährigen Prozessdauer auf längere Sicht keine Klärung des Rechtsstatus der Kulturgüter herbeigeführt werden, noch gebe es eine schnelle und tragfähige Lösung für den Erhalt von Schloss Salem. Es liege daher im Interesse einer optimalen, schnellen und nachhaltigen Sicherung von Schloss Salem und des badischen Kulturgutes, mit dem Haus Baden zu einer außergerichtlichen Verständigung zu kommen.

Vergleich sichert wertvolles Kulturgut

Die beabsichtigte Vereinbarung im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs sei auch äußerst vorteilhaft für das Land. Das Haus Baden gebe damit abschließend Eigentumsansprüche am badischen Kulturgut auf, und zwar nicht nur im streitbefangenen Bereich, sondern besonders auch dort, wo dies bislang unstreitig in seinem Eigentum stehe. Kulturgüter in einem Wert von 68 bis 78 Mio. € - wenn nicht noch wesentlich mehr - gingen künftig in sicheres Eigentum des Landes über, obwohl die Rechtsposition des Landes insoweit klar negativ oder äußert schlecht ist. So gebe es z.B. hinsichtlich der Bilder in der Badischen Kunsthalle und der Kunst in Schloss Salem, keine ernsthaften Zweifel, dass diese Privateigentum des Hauses Baden seien. Das Eigentum an der Türkensammlung im Badischen Landesmuseum und an denjenigen Handschriften in der Badischen Landesbibliothek, die zum Teil schon Jahrhunderte vor der Gründung des Großherzogs Baden im Eigentum der markgräflichen Familie waren, sei höchst umstritten (z. B. das berühmte Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. von Baden, um 1490).

Zusammenwirken aller gesellschaftlichen Kräfte gefordert - Keine Erhöhung der Kreditaufnahme

Dessen ungeachtet stelle die Durchführung der Verständigung mit dem Haus Baden das Land vor große Herausforderungen. Nach Darstellung von Ministerpräsident Oettinger könne es keinesfalls in Betracht kommen, für diese Verständigung die Kreditaufnahme zu erhöhen oder andere Ressortbereiche (z.B. Schulen, Soziales, Forschung) mit weiteren Einsparungen zu belasten. Darüber sei man sich in der gestrigen Kabinettssitzung gleichfalls ohne Einschränkung einig gewesen. „Für die Lösung kommen also nur kreative Konzepte in Betracht, bei denen alle gesellschaftlichen Kräfte in diesem Lande zusammenwirken“, unterstrichen Ministerpräsident Oettinger und Finanzminister Stratthaus. Vor diesem Hintergrund sei das vom Kabinett gestern ebenfalls gebilligte 3-Säulen-Modell zu sehen:

- Aus dem Bereich staatlicher Mittel könne grundsätzlich ein Beitrag zum Erwerb von Kulturgütern geleistet werden. Hierfür könnte man Ankaufs- und Denkmalmittel befristet für einige Jahre für die Sicherung badischen Kulturgutes bereitstellen. Daneben werde man versuchen, Mittel der Landesstiftung Baden-Württemberg für den Erwerb einzelner Kunstwerke zu gewinnen.

- Darüber hinaus erwarte die Landesregierung einen Beitrag aus dem Bereich von Privatpersonen und der Wirtschaft. „Kulturgüterschutz kann nicht nur eine Aufgabe des Landes sein, sondern ist eine Aufgabe aller gesellschaftlichen Gruppen.“

- Schließlich könne auch an einen Solidarbeitrag des Kunst- und Bibliothekbereichs selbst gedacht werden. „Ich bin mir sicher, dass wir angesichts der Herausforderungen die Kunst- und Kultureinrichtungen für eine Unterstützung gewinnen können.“ Auch das Thema Verkäufe könne nicht a priori ausgeschlossen werden. Selbstverständlich sei die Landesregierung daran interessiert, dass die wesentlichen Kulturgüter im Land erhalten bleiben. „Wir wollen nicht, dass wichtige Sammlungen und Bestände zerrissen und deren Arbeitsfähigkeit dadurch beeinträchtigt wird. Die Landesregierung hält es für vertretbar und keineswegs für einen Akt von Kulturbarbarei, im Sinne einer Profilbildung von Kunst- und Kultureinrichtungen und nicht zur Sanierung der Staatsfinanzen die Sammlungen zu überprüfen und weiterzuentwickeln“, sagten Oettinger, Stratthaus und Birk.

Bereits in den nächsten Wochen würden die Möglichkeiten der Landesstiftung, aber auch Umwidmungsmöglichkeiten aus dem Landeshaushalt geprüft. Zu gleicher Zeit werde zu einer großen Spendenaktion aufgerufen werden. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sei gebeten worden, gemeinsam mit den Kultureinrichtungen die Erwirtschaftung eines Solidarbeitrags zu prüfen. „Ziel ist, damit zunächst einmal einen Betrag von 30 Mio. € zu erreichen, der unmittelbar zur Abgeltung der Leistungen des Hauses Baden für Salem und damit zu dessen Existenzsicherung erforderlich ist“, betonte der Ministerpräsident. In einem zweiten Schritt werde man eine konkrete Lösung ins Auge fassen, wie die künftigen jährlichen Aufwendungen für das Ensemble Salem - z.B. über eine Stiftung - sichergestellt werden können.
Quelle: Staatsministerium

Tagesordnung (PDF):

http://www.landtag-bw.de/aktuelles/tagesordnungen/Top/009_-Sitzung-am-11_10_2006.pdf

Antrag der SPD:

http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/Txt/14_0341.html

Antrag der Grünen:

http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/Txt/14_0343.html

Zum Verlauf:

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1603228/mpdid=1607078/1coec0h/index.html

Darin auch die Standardausrede der letzten Jahre, wenn man unfähig ist, gute Politik zu machen: „Manches ist unglücklich in der Kommunikation gelaufen.“

Das Walter-Benjamin-Archiv der Akademie der Künste in Berlin wird bis 19. November 2006 in einer Sonderausstellung im Keller des Akademiegebäudes am Pariser Platz vorgestellt. Zum Archiv gehören die Sammlung Theodor W. Adornos und Aufzeichnungen aus der Bibliothèque nationale in Paris. Besonders verschlungen sind die Wege des 1940 in Benjamins Pariser Wohnung beschlagnahmten Nachlasses, der zunächst in die Sowjetunion kam, dann nach Potsdam und von dort zur Ostberliner Akademie der Künste.

Weitere Informationen

Wie der Kölner Stadt-Anzeiger meldet, wurde im Stadtarchiv Erftstadt ein 57 Jahre altes Kruzifix des Bildhauers Josef Weitensteiner „gefunden“, das jetzt restauriert wurde und einen Platz in der Trauerhalle in Erftstadt-Kierdorf, der Heimat des Künstlers, Ortes erhält. Das Kreuz wurde irgendwann einmal in einer Grundschule abgehängt und fand seinen Weg – wohl mangels Heimatmuseum – in ein Regal des Stadtarchivs.

Warum mir die hochverdiente Gießener elektronische Bibliothek per RSS-Feed mitteilt, dass jetzt auch Karl Ernst von Baers „Materialien zur Kenntniss des unvergänglichen Boden-Eises in Sibirien“ online verfügbar seien, das Titelfeld allerdings schon mit „Elektronische Ressource fehlt“ ergänzt ist... das würde ich schon gerne mal wissen.

Pressemitteilung des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) vom 10. Oktober 2006:


Großer Erfolg der Unterschriftenaktion des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) auf der Frankfurter Buchmesse gegen
den Baden-Württembergischen Kulturausverkauf


Berlin/Karlsruhe: Über 350 Besucher der Frankfurter Buchmesse haben sich bei der Unterschriftenaktion des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) gegen den Kulturausverkauf in Baden-Württemberg in die ausgelegten Listen eingetragen. Darunter sind zahlreiche Prominente und Organisationen wie Klaus Staeck, Präsident der Akademie der Künste und Johano Strasser, Präsident des P.E.N.-Zentrums Deutschland und Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats.

Der VS-Vorsitzende Imre Török begrüßte das Einlenken der Landesregierung Baden-Württemberg im Streit um den Verkauf der wertvollen Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe.

»Die weltweiten Proteste aus allen Kreisen der Gesellschaft und der ‚Aufschrei‘ in der Bevölkerung zeigt, dass die Politik mit unserem kulturellen Erbe sorgsam umgehen muss.«

Allerdings, so Török, hat Ministerpräsident Günther Oettinger den Tabu-Bruch noch nicht rückgängig gemacht: »Solange Kunstschätze und Kulturgüter aus unseren Museen, Archiven und Bibliotheken zur Disposition stehen, muss der Protest weitergehen. Es geht um nichts Geringeres als das Ansehen Deutschlands als Kulturnation.«

Der VS, ver.di und andere Kulturorganisationen werden einen Gesprächs-Termin mit Ministerpräsident Günther Oettinger vereinbaren, um ihm sowohl die Listen mit den Unterschriften zu überreichen als auch die Positionen der Kultur- und Kunstschaffenden deutlich zu machen.

Die beabsichtigte Vereinbarung im Wege eines außergerichtlichen Vergleichs sei auch äußerst vorteilhaft für das Land.

Unfassbar, diese Regierung ist nicht nur ignorant, sondern völlig lernresistent, siehe Link.

Wie oft muss Prof. Mußgnug eigentlich noch in FAZ, SWR & Co. die Rechtslage darlegen, damit diese Untertanengeister merken, dass das Land eine durchaus komfortable Rechtsposition innehat?

Am 30. November 2006, 10:00 - 17:00 Uhr findet an der Archivschule Marburg ein Fortbildungsworkshop statt für Archivmitarbeiter, die große Mengen an Archivgut digitalisieren wollen.

Information und Anmeldung: http://www.archivschule.de/content/438.html

Nachdem die erste Auflage der Broschüre „Landesarchiv Nordrhein-Westfalen“ binnen kurzer Zeit vergriffen war, erschien Ende September pünktlich zum Deutschen Archivtag in Essen eine Neuauflage.
Die Publikation präsentiert sich im neuen Corporate-Design des Landesarchivs, die Inhalte der Erstauflage sind aktualisiert und verbessert worden.
Das Landesarchiv wendet sich mit seiner Broschüre an eine breite, interessierte Öffentlichkeit. Eine ausführliche Einleitung bietet den Leser(inne)n Informationen über Organisation und Aufgaben der drei zentralen und vier regionalen Abteilungen des Landesarchivs in den Bereichen Übernahme, Bestandsbildung und Erschließung, Bestandserhaltung, Benutzung und Öffentlichkeitsarbeit. Ein weiterer Abschnitt der Einführung widmet sich neuen Technologien und neuen Herausforderungen.
Die regionalen Abteilungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen an den Standorten Düsseldorf, Münster, Detmold und Brühl werden umfassend mit ihrer Geschichte und Zuständigkeit, ihrer Beständestruktur und ihren Serviceangeboten vorgestellt. Adressangaben, Hinweise auf Öffnungszeiten, Nahverkehrsverbindungen und weiterführende Literatur machen die Broschüre zu einem praktischen Wegweiser für den Archivbesuch. Darüber hinaus bietet die Publikation ein Verzeichnis aller bis 2006 erschienen Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen.
Die reich bebilderte Broschüre kann kostenlos über das Landesarchiv Nordrhein-Westfalen bezogen werden (Kontakt: www.lav.nrw.de).

http://bibliodyssey.blogspot.com/2006/10/manuscript-castle.html

With respect to the manuscript images above ('Badische Landesbibliothek St Peter perg. 92': Raimundus Lullus – Thomas le Myésier. Electorium parvum seu breviculum.) -

"The significance of this MS, compiled c.1322 by Thomas le Myésier, lies not only in its illuminations, but also in the extensive texts preserved within these illuminations. A fantastic series of 12 full-page miniatures describes the life of the great Spanish philosopher Lull (died c.1315/16) and presents in allegorical form the content of his work. These miniatures, extraordinary for their artistic merit and originality have texts arranged in various shapes, some of them in gloses that could suggest a precursor of the modern “comic strip”."

In der Stuttgarter Zeitung vom 7.10. kommentiert Tim Schleider das 3-Saeulen-Modell:

Nicht, dass damit alle Probleme gelöst wären. Da wird es zweifellos noch ein Hauen und Stechen geben, wenn es um die jeweiligen Anteile besagter Säulen geht. Aber zumindest handelt es sich um eine diskutable Vorlage. Umso fassungsloser fragt man sich, wie es eigentlich zu der kulturpolitischen Geisterbahnfahrt der vergangenen zwei Wochen in Baden-Württemberg kommen konnte. Wie es überhaupt möglich war, dass ein Ministerpräsident und mindestens zwei seiner Fachminister (darunter der Kunstminister) glaubten, es sei die geradezu wundersame Lösung drückender Probleme, wenn man einen historisch gewachsenen Bibliotheksbestand, der just in seiner Geschlossenheit ein kostbarer Teil des historischen Erbes und Gedächtnisses unserer Region im Herzen Europas ist, mutwillig zerpflückt und zur Versteigerung freigibt? War da denn wirklich niemand, der in den entsprechenden Sitzungen und Beratungen versucht hätte, dieses Debakel zu verhindern?

Es ist keineswegs nur die Idee an sich, die viele so bestürzt hat. Es war vor allem die Art und Weise, wie sie verkauft werden sollte. Während Oettinger sich vor einem Jahr beim Kulturkongress in Karlsruhe noch als ernsthaft interessierter Gesprächspartner der Künstler und Wissenschaftler gerierte, ließ er in den vergangenen Tagen in Sachen Kultur wieder ganz den knallhart-kühlen Rechner und Betriebswirt heraus hängen. Was zu den wahren Schätzen eines Landes gehört, so seine Botschaft, das verhandeln die kundigen Leser der Wirtschaftsseiten unter sich; das Gejammer der Kulturseitenfritzen störe dabei gar nicht weiter.

Nun, als Kulturseitenfritze muss man vorerst feststellen, erstens: niemand in der politischen Spitzenriege dieses Landes war sich offenbar der kulturhistorischen Bedeutung besagter Handschriftenbestände bewusst. Das ist grob fahrlässig. Zweitens: niemand in besagter Spitzenriege konnte offenbar realistisch einschätzen, welch völlig zu Recht verheerendes Echo ihr Verkaufsprojekt in der Fachwelt, aber auch in breiten Schichten der Bevölkerung haben würde. Das ist dumm. Schließlich: der Streit in Baden-Württemberg markiert eine erschreckende Distanz der politischen Führung zur Kultur, ein bestürzendes Desinteresse an ihr. Das ist wichtig zu wissen.


In einem weiteren Artikel liest man:

Der Rechtsgelehrte Mußgnug hält die Befürchtung der Landesregierung für übertrieben, das Adelshaus könne über eine Herausgabeklage das gesamte Kulturgut gerichtlich zugesprochen bekommen. Ganz im Gegenteil befinde sich das Land juristisch in einer komfortablen Position. Die Beweislast liege beim Kläger. Selbst wenn es zutreffe, dass die Verhältnisse des Eigentums an den Handschriften, Inkunabeln, Waffen und Gemälden strittig seien, müsse die Markgrafenfamilie ihren Besitzanspruch beweisen. "Das Land sitzt prozessual auf dem höheren Ross."

Nach Ansicht des Professors hat sich die Regierung von den Rechtsberatern des Adelshauses in Bockshorn jagen lassen. Maßgeblich für die Bewertung der Besitzansprüche sei nicht das Bürgerliche Gesetzbuch, sondern das Verfassungsrecht. "Es spielt das Staatsrecht des 19. Jahrhunderts mit, aber das muss man halt kennen", erklärte er. Demnach gehörten die Kulturgüter zum Patrimonialeigentum der Großherzöge von Baden. Dieses Patrimonialeigentum sei nicht mit Privateigentum gleichzusetzen, sondern an die Landeshoheit gebunden. Es diene dazu, die Landesherrschaft auszuüben. Mit dem Regentschaftsverzicht gelangte der Patrimonialbesitz an die Republik.

Allerdings anerkennt auch Mußgnug, dass bei einigen Kunst- und Kulturschätzen die Rechtslage "nicht ganz klar" sei. Dies gelte für die so genannte Türkenbeute, die im Karlsruher Schloss zu sehen ist, außerdem für Meister der Malerei wie Hans Baldung Grien. Doch diese Kostbarkeiten könnten als nationales Kulturgut zumindest vor dem Verkauf ins Ausland bewahrt werden. Andererseits seien aber nur im Ausland die erhofften Preise zu erzielen. Mußgnug widersprach auch der Auffassung, es sei allein Sache des Stuttgarter Kabinetts, die Aufnahme der Kunstwerke in die Schutzliste zu beantragen. "Wenn es sich um nationales Kulturgut handelt, dann liegt das nicht im Ermessen der Landesregierung."

Die SPD-Chefin Ute Vogt verlangt nun, weitere Verhandlungen mit dem Haus Baden zu stoppen. Genau dies lehnte Regierungschef Oettinger in dem Krisengespräch am Mittwochabend im Staatsministerium aber ab. Der SPD-Finanzexperte Nils Schmid hält insbesondere Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) vor, er habe öffentlich die "Rechtsposition des Landes schlechtgeredet". Der Minister kontert in einer Pressemitteilung mit dem Vorwurf, die SPD drücke sich um die Frage, was für den Erhalt von Schloss Salem getan werden könne. Salem sei "unbestritten eines der höchstrangigen Kulturgüter im badischen Landesteil". Für die Landesregierung komme weder in Frage, das Schloss verfallen zu lassen, noch den Landeshaushalt zu belasten.

Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) warnte erneut vor einem Prozess, der bei hohem Zeitaufwand und unverhältnismäßigen Kosten nicht zu einer befriedigenden Lösung führe.


Im Deutschlandradio schloss Minister Frankenberg Kunstverkaeufe nicht aus:

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/550684/

Im Streit um den Verkauf wertvoller Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe geht der baden-württembergische Wissenschaftsminister Peter Frankenberg davon aus, dass auch landeseigene Kunst veräußert werden muss.

Der CDU-Politiker sagte: "Es kann nicht den absoluten und unabdingbaren Grundsatz geben, dass überhaupt nichts an Kunst, das jemals beschafft worden ist, abgegeben werden dürfte." Als Beispiel nannte er angekaufte Kunstwerke, die "nicht mehr in eine Sammlung" passten "oder vielleicht auch noch nie richtig hineingepasst" hätten.

Außerdem verwies der Minister auf die besondere Situation, in der sich das Land befinde. Ein Verkauf von Kunstgegenständen diene nicht dazu, den Landeshaushalt zu sanieren, sondern es gehe darum, einen Vergleich mit dem markgräflichen Haus Baden zu erzielen und dadurch Rechtssicherheit zu gewinnen. Frankenberg betonte, eventuelle Veräußerungen sollten sich nicht allein auf die baden-württembergische Landesbibliothek konzentrieren, "so dass auch nicht die Gefahr besteht, dass die wertvollen Handschriften der Landesbibliothek verkauft werden oder dass Bestände zerschlagen werden, so dass die wissenschaftliche Nutzung nicht mehr gewährleistet ist".

institut d’études médiévales
Mediaevistisches Institut
MEDIEVAL INSTITUTE

CH-1700 Fribourg • Miséricorde • Büro 4123 • Tel. 026 300 7915 • Fax 026 300 9700 • e-mail: iem@unifr.ch • www.medieaevum.unifr.ch

Freiburg, 06.10.2006

An den Ministerpräsidenten
des Bundeslandes Baden-Württemberg
Staatsministerium Baden-Württemberg
Richard-Wagner-Str. 15
70184 Stuttgart

Concerne: Dispersal of the Karlsruhe library

Dear Mr. Oettinger,


We are participants in a workshop for postgraduates specialised in medieval studies, arranged by the Medieval Institute in Fribourg (2.- 6.10.2006), students and professors from Switzerland, Belgium, Denmark, England, Estonia, Germany, Italy, Latvia, Lithuania and the United States. We have followed the events of the last weeks relating to the fate of the manuscript collections in Karlsruhe with dismay, -with dismay that it is possible in the year 2006 for the government of a modern state even to envisage the breaking up of a historical collection of books and documents which, as an ensemble, provides a major source for our understanding of German and European history.

Our information is that if these books were dispersed by auction at least 20% and perhaps as many as 40 % would no longer be available to scholarship. The dispersal of the Karlsruhe library would represent a major loss for the history of a region which lost many of its historical sources when the German troops bombed the Strassburg library during the Franco-Prussian war in 1870. The Karlsruhe manuscripts are a source of incomparable value as individual items, in their cross-relations with one another, and as a historical entity with symbolic value for the identity of the region, as well as their value to scholarship. We know of no comparable act of cultural depredation in a western country in modern times and fear for the precedant such an act would set to countries with less stable democratic traditions.

Prof. Hugo O. Bizzarri (Fribourg), Prof. Sten Ebbesen (Copenhagen), Prof. Christoph Flüeler (Fribourg), Prof. Franco Morenzoni (Geneva), Prof. Nigel Palmer (Oxford), Prof. Carlos Steel (Louvain), Prof. Loris Sturlese (Lecce), Prof. Tiziana Suarez-Nani (Fribourg), Dr. Kristi Viiding (Tartu), Emmanuel Babey (Neuchâtel), Arthur Bissegger (Lausanne), Indrė Brokartaitė-Pladienė (Riga), Heidi Eisenhut (Zürich), Richard F. Fasching (Fribourg), Christa Haeseli (Zürich), Amy Suzanne Heneveld (Geneva), Stefan Häussler (Basel), Stefan Kwasnitza (Zürich), Claire Muller (Zürich), Janika Päll (Tartu), Martin Rohde (Fribourg), Damien Travelletti (Fribourg), Barbara Wahlen (Geneva).

http://www.cyberday.de/blog/2006/10/03/hermetische-schatze/

http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/benutzung/ausleihe/benutzungsordnung.html#a20

Wie man in Harald Muellers Standardwerk zu Nachlaessen in Archiven und Bibliotheken nachlesen kann, ist es nicht zulaessig, die Benutzung auf Wissenschaftler zu beschraenken. Jeder, der ein berechtigtes, also nachvollziehbares Interesse hat, hat gute Chancen die (auch in anderen Punkten rechtswidrige) Benutzungsordnung der BLB vor dem Verwaltungsgericht zu knacken.

Protestieren Sie auf der Buchmesse!
Aus einer Pressemitteilung des Verbands deutscher Schriftsteller (VS):

Berlin/Karlsruhe: Der VS Bundesvorstand bittet alle Besucher der Frankfurter Buchmesse, mit ihrer Unterschrift gegen den Verkauf der wertvollen Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe durch die Landesregierung Baden-Württemberg zu kämpfen.

Der Bundesvorsitzende des VS, Imre Török, unterstützt die internationalen Proteste gegen die barbarische Verschleuderung unseres nationalen und europäischen Kulturerbes. Er appelliert insbesondere an die Besucher der Frankfurter Buchmesse, mit ihrer Unterschrift den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Günther Oettinger zum Einlenken zu bewegen und die frühen Zeugnisse der europäischen Dichter, Denker und Chronisten zu retten.

Unterschriftenlisten sind am Stand des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) auf der Buchmesse in Frankfurt/M. (Stand 3.1 H101) sowie auf dem der Bundessparte Übersetzer des VS (VdÜ – Stand 5.0 E955) ausgelegt

Die Unterschriftenliste und die Presseinformation im Wortlaut können vorab auf der verdi-Websites heruntergeladen werden. So kann man Freunde und Bekannte unterschreiben lassen und die Liste zur Buchmesse mitnehmen und an den oben genannten Ständen abgeben.


http://www.literaturcafe.de/bf.htm?/neues.php?action=show&id=558

http://www.hdm-stuttgart.de/bi/bi_news/Stellungnahme_BLB-Handschriften.pdf

Studiengang Bibliotheks- und Informationsmanagement
Pressemitteilung / Offener Brief vom 5.10.2006

Verkauf der Handschriftenbestände der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

Lehrende und Studierende des Studiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement an der Hochschule der Medien in Stuttgart sind bestürzt über die Pläne der Landesregierung, den Kern der einzigartigen Handschriftenbestände der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe auf dem freien Markt zu verkaufen.
Schwere Verluste bei Bibliotheksbeständen assoziiert man gemeinhin mit Kriegen und Ka-tastrophen: 1623 wurde beispielsweise die Bibliotheca Palatina als Kriegsbeute von Heidelberg nach Rom geschafft, 1870 brannte die Bibliothek von Straßburg im deutsch-französischen Krieg nahezu vollständig ab, im Jahr 2004 schockierte eine verheerende Brandkatastrophe an der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek die ganze Welt. Die Bestände der Badischen Landesbibliothek wurden im Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff vollständig zerstört – verschont blieben nur die Zimelien, die man glücklicherweise rechtzeitig ausgelagert hatte. Dass diese nun in Friedenszeiten und auf Initiative der Landesregierung in alle Winde zerstreut werden sollen, übersteigt unsere Vorstellungskraft.
Als besonders bedrückend empfinden wir es, dass die Handschriften offenbar in erster Linie als schlichte Wertobjekte betrachtet werden, die bei Bedarf zu Geld gemacht werden können. Ungleich größer als ein eventuell zu erlösender Kaufpreis ist jedoch der immaterielle Wert der Sammlung. Sie stellt ein einzigartiges Zeugnis mittelalterlicher, vor allem klösterlicher Kultur, Kunst- und Geistesgeschichte dar, das in seiner Dichte einmalig ist und in seiner Bedeutung weit über Baden hinausreicht. Als Sachwalter eines solchen Schatzes steht das Land Baden-Württemberg nicht nur gegenüber seinen eigenen Bürgern in der Verantwortung, sondern auch gegenüber Wissenschaftlern und Kulturschaffenden im In- und Ausland. Diese erwarten zu Recht, dass der Sammlungszusammenhang gewahrt wird und die Handschriften für die Nachwelt geschützt und für die Forschung nutzbar bleiben.
Zu bedenken ist aber auch: Die Attraktivität eines Standortes bemisst sich nicht nur nach seinem wirtschaftlichen Potential. Hinzu kommen etwa gesellschaftliche Faktoren, die Qualität und Intaktheit der natürlichen Umwelt und das Klima, in dem sich Wissenschaft und Kultur entfalten können. Zu letzterem gehört auch eine verlässliche Pflege des kulturellen Erbes und eine glaubwürdige Politik beim Umgang mit Kulturgütern von Weltrang: Es kann nicht sein, dass in einem wirtschaftsstarken Bundesland wie Baden-Württemberg Kulturgüter unterschiedlicher Ausprägung – schriftliche und bildliche Überlieferungszeugen auf der einen Seite, Baudenkmäler und museale Objekte auf der anderen – sozusagen gegeneinander ‘ausgespielt’ werden.
Die Reaktionen renommierter Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland auf die Verkaufspläne der Landesregierung lassen befürchten, dass unserem Land bereits jetzt ein erheblicher Imageschaden entstanden ist. Dieser wird zu handfesten Nachteilen für den Kultur- und Wissenschaftsbetrieb führen: Im Wettbewerb der Hochschulen um die ‘besten Köpfe’, beim Einwerben von Sponsorengeldern, bei Kooperationen mit ausländischen Partnern und vielem anderem mehr. Um weiteren Schaden für das Kulturland und den Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg abzuwenden, ist deshalb eine sofortige Garantie der Landesregierung für den dauerhaften Erhalt der Handschriftensammlung an der Badischen Landesbibliothek unabdingbar.

Die Landesregierung beruft sich bei ihren Plänen auf ungeklärte Eigentumsverhältnisse. Dabei ist jedoch in Betracht zu ziehen, dass die öffentliche Hand für den Erhalt, die Erschließung und Benutzbarkeit der Handschriften erhebliche Mittel aufgewendet hat, die gegen etwaige Ansprüche des Hauses Baden aufzurechnen wären: Allein die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Katalogisierung der Handschriften mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert (natürlich unter der Prämisse, dass diese dauerhaft für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung stehen). Dazu kommen die laufenden Sach- und Personalkosten an der Badischen Landesbibliothek (für Tresorlagerung, Restaurierungskosten, Beantwortung von Anfragen etc.), die sich über die Jahrzehnte zu einer beträchtlichen Höhe summiert haben.
Im Übrigens sei daran erinnert, dass es sich bei der Handschriftensammlung zum großen Teil um Säkularisationsgut – also enteigneten kirchlichen Besitz – handelt. Über Recht und Unrecht der Säkularisation, bei der umfangreiche klösterliche Bücherschätze in die Bestände der staatlichen Bibliotheken eingegliedert wurden, wird auch heute noch intensiv diskutiert. Typischerweise wird dabei argumentiert, dass die Säkularisation dem Schutz des kulturellen Erbes faktisch genützt habe, weil die enteigneten Bücher an den öffentlichen Bibliotheken professioneller betreut und besser erhalten wurden, als dies an den Klöstern möglich gewesen wäre. In der Konsequenz ergibt sich daraus auch heute noch eine besondere Verantwortung des Landes für das Säkularisationsgut. Auch aus diesem Grund wäre ein Verkauf von Spitzenstücken aus ehemals klösterlichem Besitz völlig inakzeptabel.
Wir sind davon überzeugt, dass es möglich ist, andere Weg des Ausgleichs mit dem Haus Baden zu finden – ohne schädliche Eingriffe in das kulturelle Erbe unseres Landes. Wir rufen deshalb die Landesregierung von Baden-Württemberg dazu auf, vom Verkauf der badischen Handschriften abzusehen und sich intensiv um eine andere Lösung für die Erhaltung von Schloss Salem zu bemühen.
Professorinnen und Professoren sowie Studierende des Studiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement der Hochschule der Medien Stuttgart
Namentlich unterzeichnet von:
Prof. Dr. Gudrun Calov
Prof. Dr. Martin Götz
Prof. Markus Hennies
Prof. Bernward Hoffmann
Prof. Bernhard Hütter
Prof. Dr. Wolfgang Krueger
Prof. Susanne Krüger
Prof. Margarete Payer
Prof. Inge Simon
Prof. Dr. Richard Stang
Prof. Dr. Peter Vodosek
Prof. Cornelia Vonhof
Ulrich Wesser M.A.
BR Heidrun Wiesenmüller M.A.

Die Stuttgarter Zeitung vom 6.10.2006 S. 10 dokumentiert das Testament des letzten badischen Herrschers.

Im Staatsarchiv Freiburg liegt unter der Signatur C 25/3 Nr. 111 eine Akte des Badischen Ministeriums des Kultus und Unterrichts aus dem Jahre 1952, die sich mit der beabsichtigten Gründung einer "Zähringer-Stiftung" befasst. In den Papieren geht es um die Umsetzung einer testamentarischen Bestimmung des letzten badischen Großherzogs, Friedrich II., vom 12. August 1927, die er vor dem Notariat I in Freiburg abgab. In dieser testamentarischen Bestimmung benennt Friedrich II. seinen Besitz wie folgt:

"1. die ehemalige von Wessenberg'sche Gemäldesammlung, die sich zu Zeit im früheren von Wessenberg'schen Haus in Konstanz befindet, 2. das Kopf'sche Kunstmuseum in Baden in dem vom Staate als Ersatz für das vormalige Atelier Kopf errichteten Neubau daselbst, 3. die Louis Jünck'sche Gemäldesammlung in Baden, die zur Zeit in Ermangelung eines geeigneten Ausstellungsraumes im dortigen Schloss aufbewahrt wird, Ziffer 1-3 mit dem Vorbehalt, unter dem diese Sammlungen s.Zt. meinem in Gott ruhenden Vater geschenkt und von ihm angenommen wurden, 4. die in Karlsruhe befindlichen Gemälde und Plastiken, die in der Kunsthalle, in der Sammlung der Gipsabgüsse und sonst wo aufbewahrt werden und mir eigentümlich gehörn, 5. das in Karlsruhe befindliche Kupferstichkabinett, die Türkensammlung, das Münzkabinett und die übrigen früher im Gebäude der vereinigten Sammlungen untergebrachten mir gehörenden Bestände, 6. die mir gehörenden Teile der Hof- und Landesbibliothek", zu der die heutige Fürstenfamilie auch die jetzt so umstrittenen Handschriften in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe zählt.

Über diesen Besitz verfügt der Großherzog der Mitschrift seines Notars zufolge wie folgt: "Diese aufgeführten Gegenstände fallen nicht an den Prinzen Berthold-Friedrich als Erben. Ich vermache sie vielmehr meiner geliebten Gemahlin der Großherzogin zu vollem Eigentum. Die Gegenstände sind nicht zur Veräußerung bestimmt, von geschichtlichem, künstlerischem und wissenschaftlichem Wert, seit 20 Jahren in meinem Besitz, der Volksbildung bereits zugängig und mit der Verpflichtung belastet, sie nur im Falle der Not zu veräußern, sie bilden daher kein steuerbares Vermögen. Soweit diese Gegenstände und Sammlungen sich beim Ableben meiner geliebten Gemahlin noch vorfinden (Zusatz durch mich: Ziffern 4-6 zweifelsohne), sollen sie in einer Stiftung mit dem Namen ,Zähringer-Stiftung' vereinigt werden, deren Aufgabe es ist, die Sammlungen in der bisherigen Weise zu erhalten und der Öffentlichkeit zugängig zu erhalten. Eine Veräußerung der Sammlungsgegenstände ist der Stiftung nur insoweit erlaubt, als es zur Zahlung der für die Stiftung etwa zu zahlenden Erbschaftssteuer erforderlich wird."


In einem weiteren Artikel heisst es:

Das Veräußerungsverbot bezieht sich auf die Stiftung. Die aber kann nichts verkaufen, weil sie offiziell nichts besitzt. Der zwischen Ministerpräsident Oettinger und Prinz Bernhard von Baden ausgehandelte Plan in Sachen Handschriften besagt auch, dass das Land Baden-Württemberg die Handschriften verkaufen soll. 70 Millionen Euro Erlös werden erwartet, 30 Millionen braucht das Haus Baden zur Schuldentilgung.

Mit den Buchstaben des Testamentes hat dieser Plan nichts mehr zu tun. Dabei waren laut einem Aktenvermerk des Testamentsvollstreckers vom 27. Mai 1952 bei Gründung der vom Exmonarchen gewünschten Zähringer-Stiftung die Sammlungen, die in ihren Besitz übergehen sollten, "noch vollständig erhalten". Insider munkeln nun, dass die Kunstgegenstände deshalb nicht an die Stiftung gegangen sein könnten, weil sie als Tafelsilber und Verhandlungsmasse erhalten werden sollten.

Das Interesse des Hauses Baden an dieser Stiftung sei "gering" gewesen. Im dreiköpfigen Verwaltungsrat der Zähringer-Stiftung sitzen kraft Amtes der Generalbevollmächtigte des Hauses Baden, Prinz Bernhard, der Direktor des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, Harald Siebenmorgen, und ein gewisser Dr. Christoph Graf Douglas. Letzterer hat als Deutschland-Chef des Auktionshauses Sothebys 1995 große Teile des markgräflichen Besitzes im Schloss Baden-Baden für eine zweistellige Millionensumme unter den Hammer gebracht. Graf Douglas ist heute als freier Kunstberater immer noch im Kunsthandel tätig. Kritiker des geplanten Handschriftenverkaufs unterstellen ihm wirtschaftliche Interessen und vermuten deshalb, mit seiner Person habe man in der Stiftung "den Bock zum Gärtner gemacht"


Bock zum Gaertner: http://archiv.twoday.net/stories/2740166/

http://www.blb-karlsruhe.de/blb/images/2006/presse-sammlung-deutscher-drucke.pdf

Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke

In der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke (AGSDD) kooperieren sechs Bibliotheken, um eine umfassende Sammlung der gedruckten Werke des deutschen Sprach- und Kulturraums vom Beginn des Buchdrucks bis in die Gegenwart aufzubauen, zu erschließen, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und für künftige Generationen zu bewahren. Dadurch entsteht eine virtuelle Nationalbibliothek, in der die beteiligten Bibliotheken für folgende Zeitsegmente verantwortlich sind:
1450 - 1600 Bayerische Staatsbibliothek München
1601 - 1700 Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
1701 - 1800 Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
1801 - 1870 Universitätsbibliothek J.Chr.Senckenberg
1871 - 1912 Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
1913 ff. Deutsche Nationalbibliothek Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin

Offener Brief an Ministerpräsident Öttinger

Erhalten sie die kulturelle Identität des Badischen Landesteils Baden-Württembergs – Verhindern Sie den Verkauf der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
mit ungläubigem Entsetzen haben wir die Nachricht erfahren, dass Land Baden Württemberg wolle wesentliche Teile der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe verkaufen, um damit finanzielle Probleme des Hauses Baden zu lösen.
Dies würde bedeuten, dass insbesondere die im Verlaufe der Säkularisation am Anfang des 19. Jahrhunderts in die damalige Hofbibliothek gebrachten kulturellen Schätze verstreut würden. Sie sind im Rahmen des Landerwerbs der napoleonischen Zeit über die Klosterkommission in Besitz Badens gelangt. Im Gegensatz zu der Bibliothek des Klosters Salem, dessen Bibliothek 1826/27 an die Universität Heidelberg verkauft wurde, waren sie aber nie Besitz des Hauses Baden.
Durch das umsichtige Verhalten der Bediensteten der Klosterkommission und der beteiligten Bibliotheken (Universitätsbibliotheken in Freiburg und Heidelberg und die schon damals öffentliche Hofbibliothek Karlsruhe) ist es gelungen, den Handschriftenbestand der Klöster in Baden in großer Vollständigkeit zu erhalten. Er wurde – auch das ein besonderer Glücksfall für die kulturelle Überlieferung – in der Hofbibliothek nach Provenienzen aufgestellt, so dass bis heute die Sammlungen der aufgelösten Bibliotheken als Einheit erhalten sind. Sie sind nicht durch Kriegsverluste geschädigt worden. Durch die sorgfältige Katalogisierung mit Unterstützung der deutschen Forschungsgemeinschaft ist hier aller Welt sichtbar und allen kulturell Interessierten leicht zugänglich ein wesentlicher Teil des kulturellen Erbes und mit Sicherheit der wesentliche Teil der Schriftkultur Südwestdeutschlands bis zur Zeit der Vorherrschaft des Buchdrucks erhalten.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie wissen, wie zerstreut und durch vielfältige Verluste geschädigt gerade die schriftliche Überlieferung in Deutschland besonderer Pflege bedarf.
Es fehlt Deutschland eine die Jahrhunderte übergreifende Nationalbibliothek. Umso wichtiger ist es, dass die regional erhaltenen Bestände dauerhaft gesichert bleiben.
Der überlieferungsgeschichtliche Glücksfall der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek aus dem oft als „Musterländle“ apostrophierten alten Land Baden muss gesichert werden. Zerstören Sie nicht einen wesentlichen Teil der kulturellen Identität des badischen Landesteiles.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung
Norbert Lossau
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke

Vertreter des Freistaates Sachsen haben unterstrichen, dass man sich nicht mit dem Gedanken trage, Kulturgueter zu verkaufen.

http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/689750.html

Im Mittelpunkt der Pressemeldungen steht das Zurueckrudern der Landesregierung. Die Handschriftenverkaeufe scheinen erstmal vom Tisch:

Nach heftiger Kritik aus dem In- und Ausland relativiert die baden-württembergische Landesregierung ihren Plan, wertvolle Handschriften der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) kündigte am Donnerstag in Stuttgart an, dass nach einer «für alle Seiten zumutbaren Gesamtlösung» gesucht werden soll. Dabei könne er sich ein «Drei-Säulen-Modell» unter Einbeziehung von Spenden, Landesmitteln und einem Beitrag der Kunsteinrichtungen vorstellen.

Mit der am Mittwochabend bei einem Spitzengespräch festgelegten Kursänderung beugt sich die Landesregierung offenbar dem Druck, der durch Proteste an den Verkaufsplänen entstanden war.

http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=13601

In der FAZ lesen wir:

Die baden-württembergische SPD hat die Landesregierung aufgefordert, mit dem Haus Baden in der umstrittenen Frage, ob Handschriften und Kunstgegenstände Privateigentum des Herrscherhauses oder Staatseigentum sind, keinen Vergleich anzustreben. Die Fraktionsvorsitzende Ute Vogt sprach von einem "Kotau vor dem Adel" und zog die Interpretation der Rechtslage der Regierung in Zweifel. Die SPD stützt sich auf den Sachverstand des Juristen Reinhard Mußgnug, der die Rechtsauffassung des Landes auch in einem Beitrag für diese Zeitung kritisiert hatte. Mußgnug äußerte sich am Freitag auf einer Pressekonferenz der SPD. Kern seiner Argumentation ist die Aussage, daß es falsch sei, die Eigentumsverhältnisse des Hauses Baden nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu klären, denn es handle sich nicht um "Privatbesitz" einer bürgerlichen Familie, deshalb müßte das Staatsrecht des 19. Jahrhunderts zur Anwendung kommen. Der Jurist widersprach der Auffassung, eine Insolvenz des Hauses Baden werde für das Land schwerwiegende Nachteile haben: "Ein Insolvenzverwalter wird sich für die Türkenbeute und einige Gemälde interessieren." Falls die Türkenbeute doch Privatbesitz des Markgrafen sei, was juristisch geprüft werden müsse, sollte man sie wie die Gemälde auf die nationale Kulturgutliste setzen. Finanzminister Stratthaus (CDU) sagte, "wer Eigentum an den Sammlungen des Hauses Baden erworben hat, ist aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht eindeutig zu beantworten".

(Es darf angemerkt werden, dass Vogt bei M. studierte und dass die beiden politisch durchaus diametral entgegengesetzte Ansichten haben.)

In der Pforzheimer Zeitung gibt es ein Interview mit Robert Mürb, Vorsitzender der Landesvereinigung Baden in Europa, über den geplanten Verkauf der Handschriftensammlung der Karlsruher Landesbibliothek:

http://www.pz-news.de/suedwest/84914/

Die LV setzt ihre Unterschriftenaktion fort:
http://www.lv-baden.de/a/web/index.php

Eine Glosse der FAZ betont, dass die Landesregierung die Bedeutung der Handschriften unterschaetzt habe.

Einen Aufruhr in der Region wie nie machen die ka-news aus:
http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=wph2006105-50D

Noch nicht gemeldet hatten wir den Leserbrief von Direktor Ehrle in der FAZ:
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2006/presse-faz061005.php

Bibliografisches zu den Handschriftenbestaenden bietet das BAM-Portal:
http://www.bam-portal.de/
Der Nutzen ist beschraenkt ...

http://www.netzeitung.de/kultur/444903.html

Die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel schloss sich am Donnerstag der breiten Kritik an dem geplanten Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe an. Protestiert werde gegen die «Blindheit der Politik in Baden-Württemberg und ihr Vorhaben, eine Vielzahl von wertvollen Stücken aus einem geschlossenen Sammlungszusammenhang herauszulösen», hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung der Bibliothek, die nach eigenen Angaben eine der bedeutendsten fürstlichen Büchersammlungen der frühen Neuzeit hat. Bibliotheksdirektor Helwig Schmidt-Glintzer sprach von einem «Vertrauensbruch» gegenüber der Öffentlichkeit.

Jana Tschentschel hat für die Ausgabe 8/2006 der Bibliotheksbriefe eine Auswahl aus den Beständen der Bibliothek der SAPMO zum Thema "Opposition in der DDR in den achtziger Jahren" zusammengestellt.
Die Bibliotheksbriefe werden von der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv verantwortet.
Downlaod als PDF (290 KB)

Das baden-württembergische Kunstministerium hält trotz nationaler und internationaler Proteste am geplanten Verkauf von wertvollen Handschriften der Badischen Landesbibliothek fest.

Die am Donnerstag von Kunstminister Peter Frankenberg (CDU) vorgegebene Linie gelte nach wie vor, weil sie «richtig und begründet» sei, sagte Ministeriumssprecher Gunther Schanz am Mittwoch in Stuttgart auf ddp-Anfrage. (...)
Nach Angaben des Ministeriumssprechers wird in »allernächster Zeit« ein Expertengremium zusammentreten und sich »mit den Pros und Contras« des Vorhabens befassen, das »bisher noch nicht endgültig beschlossen« sei. Dem Ministerium sei von Anfang an klar gewesen, dass »die Materie umstritten« sei und unterschiedliche Meinungen hervorrufen werde. Einige Stimmen hätten aber »in ihrer Wortwahl das Maß des Vertretbaren überschritten".
(ddp)

Wie schon in der Sache Donaueschingen zeigt sich die Landesregierung bei Kritik zimperlich. Sie darf den SUPER-GAU (Direktor Ehrle) fuer das Kulturgut des Landes planen, aber wenn dann deutlich Kritik geuebt wird, dann zeigt sich die feudale Gesinnung der Regierung. Als Supplikant hat man in gebueckter Haltung seine Bittschrift dem Allerhoechsten Vandalenhaeuptling Guenther ("Geiserich") Oettinger zu ueberreichen und selbst das waere schon zuviel der erlaubten Kritik.

Das Gegenteil ist richtig: Die Kritik war - gemessen an den Plaenen - doch hoechst massvoll. Und eine Landesregierung, die solche Demokratie- und Kompetenzdefizite zeigt, sollte abtreten.

In zwei ausführlichen Sendungen greift das Kulturradio SWR2 am kommenden Wochenende nochmals den Streit um die Handschriften der Badischen Landesbibliothek auf. Beide Sendungen machen deutlich, warum die internationalen Wogen der Empörung über den geplanten Verkauf einiger dieser einzigartigen Handschriften so hoch schlagen. Die Baden-Württemberg-Ausgabe der Sendung "SWR2 Literatur im Land" stellt am Samstag von 15.05 Uhr an die Gebetbücher, Chroniken und einzigartigen Prachtbände der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe vor. Am Sonntag spricht Eggert Blum in der Reihe "SWR2 Zeitgenossen" um 14.05 Uhr mit dem Heidelberger Rechtswisssenschaftler Reinhard Mußgnug, der sich intensiv mit den Besitzverhältnissen der Handschriften auseinander gesetzt hat. (StZ)

Wenn das jemand fuer mich aufnehmen koennte, waere ich dankbar, ich bin derzeit auf Kurzurlaub in Andalusien.

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Badische_Landesbibliothek_manuscripts

http://www.akademienunion.de/pressemitteilungen/

Wider die Veräußerung der Karlsruher Handschriften

Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, zu deren zentralen Aufgaben die Edition der handschriftlichen Überlieferung gehört, begrüßt und unterstützt den Protest namhafter britischer, amerikanischer und deutscher Mediävisten gegen das Ausweiden und Zerstreuen der einzigartigen Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek. Kein Finanzbedarf rechtfertigt das willkürliche Auseinanderreißen der unersetzlichen Bestände, die aus den Bibliotheken der Reichenau, aus St. Peter und aus anderen Klöstern stammen. Die geisteswissenschaftliche Erforschung der Entwicklung von Theologie, Kunst und Literatur des Mittelalters würde schwer getroffen. Es ist staatliche Aufgabe, den Kernbestand des kulturellen Erbes für künftige Generationen zu bewahren. Wir appellieren an die Landesregierung Baden-Württembergs, alles zu tun, dass es zu diesem unglücklichen Vorhaben nicht kommt, und fordern die Bundesregierung auf, die Handschriftensammlung unverzüglich auf die Liste der zu schützenden nationalen Kulturgüter zu setzen.


Die Landesakademie von BW, die Heidelberger Akademie der Wissenschaften, ist Mitglied der Union. Eine eigene Stellungnahme von ihr ist daher wohl nicht mehr zu erwarten.

Das Thema hat nun auch die linksalternative taz erreicht:

http://www.taz.de/pt/2006/10/05/a0104.1/text

Gut informiert von der neuen Entwicklung zeigt sich ein Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 5. Oktober 2006:

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1262556

Laut Ulrich Noll, Fraktionschef der mitregierenden FDP im Landtag, könnten statt der Handschriften auch andere Kunstwerke im Besitz des Hauses Baden - etwa Gemälde - verkauft werden. Konsens aller Beteiligter sei, dass eine einvernehmliche Lösung mit der Adelsfamilie gefunden werde, sagte Noll als Teilnehmer an dem Spitzengespräch der dpa. Es sollen nun Mäzene gesucht werden, die Kunstwerke kaufen und diese dann in den Museen der Öffentlichkeit weiter zugänglich machen. "Wir wollen alles tun, damit der Vorwurf des Ausverkaufs von Kulturgut vom Tisch kommt", sagte der Liberale.

Der mit dem Haus Baden beabsichtigte Kompromiss sei angesichts der unsicheren Rechtslage ohne Alternative, teilte das Staatsministerium mit. Sowohl das Land als auch das Adelshaus erheben Ansprüche auf Kulturgüter im Wert von 300 Millionen Euro. Beide Seiten wollen jedoch auf einen viele Jahre dauernden Rechtsstreit verzichten. Der Deal beinhaltete, dass zur Erhaltung von Schloss Salem eine gemeinnützige Stiftung gegründet wird - und damit die Adelsfamilie das Schloss samt finanzieller Verpflichtungen los ist. Zudem verwies das Staatsministerium auf eine mögliche Insolvenz des Hauses Baden, "die zur Vollstreckung durch die Banken und dem Verlust wertvoller Kulturgüter führen würde".

Oettinger kündigte nun Gespräche mit allen Beteiligten an - die nächste große Runde ist im November vorgesehen. Ziel sei eine Gesamtlösung, mit der alle leben könnten. Nach Vorstellung von Oettinger könnte die Finanzierung der Summe auf einem Drei-Säulen- Modell beruhen. Als erste sind Sponsoren aus der Wirtschaft und Spenden von Privatpersonen gemeint. Die zweite Säule sei ein Beitrag des Landes, aber ohne Aufnahme neuer Schulden oder Kürzungen in anderen Ressorts. Als dritte Säule müssten Kunsteinrichtungen einen Beitrag leisten.

"Die Alternative kann jedoch nicht sein, nun andere Kunstwerke auf den Markt zu werfen", warnte der kulturpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Jürgen Walter. Er verwies darauf, dass Schloss Salem in gutem Zustand sei. Aus Sicht der oppositionellen Grünen und der SPD besteht kein Anlass, Kulturgüter zu verkaufen. Sie sahen auch keine grundlegende Wende in dem Streit, vielmehr spiele das Land auf Zeit und wolle die erhitzte Debatte abkühlen. Oettinger stecke zunehmend in der Sackgasse, meinte SPD-Fraktionschefin Ute Vogt. "Das Grundübel bleibt, dass sich die Landesregierung in vorauseilendem Gehorsam den Besitzansprüchen des Hauses Baden unterwirft", sagte Vogt.


Ergaenzend:

Kunstminister Peter Frankenberg (CDU) sagte gegenüber SWR2, für den Vergleich mit dem Haus Baden müssten zunächst nur 30 Millionen Euro statt der bisher anvisierten 70 Millionen Euro aufgebracht werden. Es bestehe kein Zeitdruck mehr.

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1587412/1f28goo/

Zwei CDU-Dissendenten werden zitiert von den Stuttgarter Nachrichten vom 5.10.2006:

"Ich sehe noch nicht, dass wir auf diesen Zug aufspringen", sagte der kunstpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christoph Palm, zu dem Vorhaben, einen Teil der in Karlsruhe archivierten 3600 historischen Handschriften zu veräußern, um damit 70 Millionen Euro zu erzielen. Der Verkauf von Kunst komme nur als "allerletztes Mittel" in Betracht, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgelotet seien, sagte der Abgeordnete und Fellbacher OB gegenüber unserer Zeitung: "Keinesfalls darf sich das Land unter Zugzwang setzen lassen."

Auch sein Fraktionskollege und Karlsruher Bürgermeister Manfred Groh plädierte dafür, von dem Verkauf Abstand zu nehmen. Er glaube nicht, dass ein solches Vorhaben in der CDU-Fraktion mehrheitsfähig sei. Groh: "Das ist ja längst kein badisches Thema mehr." Es gehe nun darum, Ideen zu sammeln, wie der Handschriften-Bestand erhalten und gleichzeitig die Schlossanlage im südbadischen Salem dauerhaft finanziert werden könne.


Deutliche Kritik an dem Verkaufs-Vorhaben kommt von Seiten des an sich zur Loyalitaet verpflichteten Direktor der BLB:

Auch der Direktor der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, Peter Michael Ehrle, stellte sich gegen die Landesregierung. Die Handschriften hätten eine so herausragende Bedeutung, "dass kein einziges Stück veräußert werden dürfte", sagte Ehrle. Jede der etwa 3600 Handschriften sei ein Unikat. Es handle sich um ein "historisch gewachsenes Ensemble von internationalem Rang, das in seiner Gesamtheit erhalten bleiben muss", betonte er.
http://www.tagesspiegel.de/kultur/nachrichten/handschriften-verkauf/76046.asp

Ein Leserbrief in der Stuttgarter Zeitung vom 5.10.2006:

Im Jahr 2003 wurde das Säkularisationsjubiläum aufwendig begangen, und die Landesregierung schmückte sich damals medienwirksam mit dem in der Großen Landesausstellung präsentierten Kulturerbe der Klöster, worunter die Handschriften zu den Highlights gehörten. Zwar hatte die Säkularisation vor 200 Jahren nahezu alle Bibliothekszusammenhänge sowie einen Großteil der Buchbestände vernichtet, so war die Einsicht der Regenten doch groß genug, um den kostbarsten Teil der Sammlungen, die Handschriften, vor Zerstreuung und Zerstörung zu bewahren. Die geplante Veräußerung von Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek würde die Säkularisation sozusagen noch übertreffen, wenn nun auch das Handschriftenerbe der Nutzung von Forschern und einer breiteren Öffentlichkeit entzogen, zum Objekt der Spekulation gemacht, der Zersplitterung überlassen und damit in seinem Kontext zerstört würde. Wahrlich eine Imagewerbung der besonderen Art für das Land!

Magda Fischer, Stuttgart

» Pressemitteilung zum 04.10.2006 -
PEN kritisiert Handschriften-Verkauf
http://www.pen-deutschland.de/htm/aktuelles/presse/pm_2006-10-04.php

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Unverständnis und Empörung reagiert das PEN-Zentrum Deutschland auf die Absicht der baden-württembergischen Landesregierung, historische Handschriften zu verkaufen, um Schloß Salem zu sanieren. Diese Veräußerung von Sammlungen aus der badischen Landesbibliothek wäre eine eklatante Verletzung der staatlichen Pflicht, über die Kulturgüter in öffentlichem Besitz zu wachen, sie zu erhalten und zu pflegen. Mittelalterliche Handschriften sind keine Verfügungsmasse, die gehandelt werden darf. Sie gehören zum kulturellen Erbe, für das jede Regierung nur als Sachwalter und Treuhänder auftreten darf. Der Erhalt des Schlosses Salem, das sich in Familienbesitz befindet, darf nicht durch Verschleuderung kultureller Werte finanziert werden. In einem so wohlhabenden Bundesland wie Baden-Württemberg, das sich gerne auf seine literarischen Traditionen beruft, wird sich gewiß eine andere Lösung als der Handel mit alten Handschriften finden lassen.

Wilfried F. Schoeller
Generalsekretär des PEN-Zentrums Deutschland

http://www.erzbistum-freiburg.de/index.php?id=233&backPID=233&tt_news=744

Mit großer Besorgnis hat Erzbischof Dr. Robert Zollitsch auf den geplanten Verkauf der Handschriften- Sammlung durch die baden-württembergische Landesregierung reagiert. In einem Brief an Ministerpräsident Günter H. Oettinger äußert der Freiburger Erzbischof insbesondere die Befürchtung, dass davon auch Bestände betroffen sein sollen, die im Rahmen der Auflösung der Klöster vor 200 Jahren vom Markgräflichen Haus Baden übernommen worden waren. Dazu zählen unter anderem die bedeutendsten Handschriften der Bibliotheken der Klöster von St. Peter im Schwarzwald, der Reichenau, Ettenheimmünster, St. Blasien, St. Georgen bei Villingen oder Wonnetal bei Kenzingen.

„Alle diese Handschriften dokumentieren den bedeutenden kulturellen, wissenschaftlichen und historischen Beitrag, den die Klöster für unser Land und für die Kirche im Südwesten Deutschlands geleistet haben“, heißt es in dem bischöflichen Schreiben an den Ministerpräsidenten. Sie müssten deshalb „unbedingt in ihrer Gesamtheit in unserem Land“ erhalten bleiben und dürften keineswegs durch Vereinzelung zerstört werden, so Erzbischof Zollitsch.

International librarians concerned about manuscripts of Baden-Württemberg

Dr Alex Byrne, President of the International Federation of Library
Associations and Institutions (IFLA), expressed dismay when he heard of the
planned sale of the manuscripts of the House of Baden by the provincial
government of Baden-Württemberg.

He said: "The international library and archival community is shocked to
hear of the proposal of the Government of Baden-Württemberg to sell all the
works acquired before 1872 - some 3500 out of a total of 4200 volumes - from
the manuscript collection of the Badische Landesbibliothek in Karlsruhe.
This incomparable collection includes major treasures taken from monasteries
in 1803 and documents a thousand years of commerce and cultural development
in Europe. It is not only a treasure for Baden-Württemberg and Germany but
part of the world heritage. It must be protected."

The collection includes prachtmanuscripts, an illuminated Book of Hours
belonging to Archduke Christoph I of Baden (1490), the prayer book of
Susanna von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach medieval lectionaries from the
scriptorium of the monastery at Reichenau, and the Gospel of St. Peter (ca.
1200). The majority of manuscripts come from the libraries of monasteries
in the Black Forest, the Upper-Rhine, and Lake Constance and most were
acquired when the monastic libraries were expropriated following
secularisation in 1803. They record the development of religion and society
in the region.

It is understood that the sale is intended to finance the preservation of
the Salem castle, the last castle of the house of Baden, and its ongoing
maintenance. While this is desirable, it must not be done at the expense of
this important collection of manuscripts.

The International Federation of Library Associations and Institutions calls
on the Government of Baden-Württemberg to abandon this proposal and renew
its commitment to the preservation of the history of Baden-Württemberg as
documented in the manuscript collection of the Badische Landesbibliothek.

The International Federation of Library Associations and Institutions is
the leading international body representing the interests of library and
information services and their users. It is the global voice of the library
and information profession. http://www.ifla.org.

Contact:

Dr Alex Byrne, IFLA President, Tel +61 2 9514 1465, Email
alex.byrne@uts.edu.au

Dr Peter Lor, IFLA Secretary General, Tel +31 70 31 40 884, Email
ifla@ifla.org

http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=hok2006105-1523B

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen äußert sich in einer aktuellen Pressemitteilung zum geplanten Verkauf der Handschriften des Badischen Landesbibliothek. Nach derzeitigem Kenntnisstand beurteilt die Gemeinschaft die Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche des Hauses Badens wegen Verjährung zumindest als fraglich.

Die Juristen argumentieren in ihrer Mitteilung, vieles spräche dafür, dass die fraglichen Herausgabeansprüche bereits verjährt seien. "Schließlich sind seit der Abschaffung der Monarchie im Jahr 1918 nahezu 90 Jahre vergangen", heißt es wörtlich in dem Schreiben. Wenn nicht ein sogenanntes Besitzmittlungsverhältnis wie Leihe oder Verwahrung bestünde, verjährten Herausgabeansprüche nach 30 Jahren. Das Haus Baden müsste ein eben solches Verhältnis nachweisen können. Unredlich sei die Berufung auf Verjährung nach Meinung der Juristen nicht, das Haus Baden hätte gegen gegenüber den Kirchen wegen der geraubten Handschriften keine Hemmungen, sich auf Verjährung zu berufen, wird in der Pressemitteilung gemutmaßt.

Ferner bezweifelt die Organisation die grundlegenden Herausgabeansprüche des Hauses Baden. Für jeden verlangten Gegenstand bedürfe es der Grundlage für die Herausgabe. Dass dieser Nachweis gelinge, bezweifeln die Juristen. Zudem sei fraglich, welche Gegenstände nach Abschaffung der Monarchie als Staatsvermögen oder als persönliches Privatvermögen des ehemaligen Herrscherhauses anzusehen sind. Auch hier sei das Haus Baden in der Beweispflicht.

Abschließend erklären die Juristen, dass dem Haus Baden mit Abschaffung der Monarchie ein großes Vermögen belassen worden sei, bei vielem könne man die Frage stellen, ob es sich nicht um Vermögen des badischen Volkes gehandelt habe. Es erscheine als "höchst unmoralisch", dass die einstige Herrscherfamilie, die bei Versteigerungen von Kulturgut in Baden-Baden bereits Erlöse von 40 Millionen Euro erzielt habe, sich noch weiter an badischem Kulturgut "bereichere".


Die Stuttgarter Zeitung ist inzwischen an Gutachten herangekommen und macht davon in ihrer Ausgabe vom 4. Oktober Gebrauch:

Allzu hoch kann das Prozessrisiko aber nach vertraulichen Unterlagen, die der StZ vorliegen, nicht sein. Im Juli 2003 hatte Seine Königliche Hoheit Prinz Bernhard von Baden einen Bonner Universitätsprofessor mit einer "kritischen Durchsicht" früherer Gutachten "zum eigentumsrechtlichen Status bestimmter badischer Sammlungen" beauftragt. Und besagter Uniprofessor kam mit Datum vom 28. Juli 2003 zu der Erkenntnis, dass in der Eigentumsfrage die "Unklarheit bestehen bleibt", weil eine "Klärung nie stattgefunden" habe. Selbst der Wert weiterer neuer Rechtsgutachten sei "ernsthaft zu bezweifeln", denn auch neue Gutachter müssten sich "mit Vorgängen befassen, die nur beschränkt zugänglich" seien.

Jenes Papier eines Mannheimer Juristen aus dem Jahr 1918, mit dem die Fürstenfamilie unter anderem ihren Eigentumsanspruch begründet, ist der vertraulichen Analyse aus Bonn zufolge ebenso wenig eindeutig. Denn schon vor fast 90 Jahren kam besagter Experte aus Mannheim zu dem Ergebnis, dass es "nicht möglich sein wird, auf rein juristischem Weg zu zeigen, wo das unbestreitbare Recht liegt". Der Bonner Berater folgert im Auftrag des Prinzen deshalb im Jahr 2003, dass sich "die Eigentumsfrage nur beantworten lässt, wenn man auf jahrhundertelange geschichtliche Entwicklungen zurückgreift, die in ihren rechtlichen Dimensionen . . . eine klare Analyse gar nicht erlauben".

(...) Heute steht die wertvolle Handschriftensammlung gemäß einem Testament von Großherzog Friedrich II. aus dem Jahr 1927 in der Obhut der Karlsruher Zähringer-Stiftung. Sie soll die Bestände ausdrücklich "öffentlich zugänglich machen". Schon dieser testamentarische Wille widerspreche einem Verkauf der unersetzlichen Bestände, erklären Kritiker. Es sei schlicht "eine Frage des Anstandes". Ein weiteres Rechtsgutachten aus dem Jahr 1967 kam im Auftrag des baden-württembergischen Finanzministeriums sogar zu dem Schluss, dass sich für die Annahme von Eigentumsrechten dieser Stiftung an den Sammlungen "kein wirklich tragfähiger Gesichtspunkt ergibt". Vor 40 Jahren erklärte der Gutachter der Landesregierung deshalb kurz und bündig: "Mit dem Thronverzicht (des Hauses Baden im Jahr 1918, d. Red) fiel dieses Vermögen an den Staat".


http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1260959?_suchtag=2006-10-04

Ein anderer Artikel wertet ein anderes Gutachten aus:

Der umstrittene Plan der Landesregierung, wertvolle Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen, um damit auf Dauer den Erhalt von Schloss Salem zu sichern, wird durch ein Gutachten des Freiburger Professors Thomas Würtenberger untermauert. In der fast 50-seitigen Expertise, die unserer Zeitung vorliegt, warnen Würtenberger und sein Mitautor Peter Wax (Albstadt) die Landesregierung eindringlich vor einem Prozess und den damit verbundenen finanziellen Risiken. "Der Versuch einer Lösung der anstehenden Probleme auf dem Rechtsweg ist nicht sinnvoll", heißt es. Bekanntlich will das Land mehrere wertvolle Handschriften verkaufen und rechnet mit einem Erlös von 70 Millionen Euro. 40 Millionen davon sollen in eine Stiftung fließen, die den Erhalt der Salemer Anlage sichert, die anderen 30 Millionen soll das Haus Baden erhalten, das wegen der Sanierung der Salemer Anlage in finanzieller Bedrängnis ist.

Aus Sicht der Gutachter führt deshalb an einem Vergleich mit dem Haus Baden kein Weg vorbei. Allein die Kosten für einen Rechtsstreit mit dem Adelshaus, um die Eigentumsverhältnisse unzähliger Kulturgüter im Gesamtwert von 300 Millionen Euro zu klären, würden mindestens drei Millionen Euro betragen. Der Grund: Die Gutachter gehen davon aus, dass mehrere Instanzen nötig wären und inklsuive der Aufklärungsarbeiten "mit einer Verfahrensdauer von acht bis zehn Jahren" zu rechnen ist.

Die Alternativen zu einem Vergleich sei der Erhalt von Schloss Salem aus Landesmitteln oder der Kauf der Schlossanlage durch das Land. "Angesichts der Haushaltslage des Landes" seien diese beiden Wege aber "mehr als zweifelhaft".

http://www.karlsruhe2010.de/ka2010/mainc6f2.html?anfrage=b_portrait&id=321&sprache=

Seine Königliche Hoheit Bernhard Prinz von Baden
"Ich bin dafür, dass Karlsruhe Kulturhauptstadt Europas 2010 wird, weil...
...die Gründung der Stadt in Strahlenform durch meine Familie Symbol ist für eine kulturelle Ausstrahlung, die wir für ein reiches Europa benötigen".


Lebenslauf

geb. 1970
verheiratet
Vater zweier Kinder

Schule in Deutschland und der Schweiz
Studium und Ausbildung zum Kaufmann in der Schweiz und in Deutschland.

Tätigkeit in einer Witschaftsprüfungsgesellschaft.
Seit 1998 Generalbevollmächtigter des Markgrafen von Baden und in dieser Funktion verantwortlich für die Unternehmensgruppe des Hauses Baden.


Abgesehen davon, dass es heute keine Koenigliche Hoheit als Titel der familie Baden mehr gibt, braucht man diese Aeusserung im Licht des geplanten Ausverkaufs der Karlsruher Handschriften nicht ausfuehrlich zu kommentieren.

http://www.orden.de/aktuell/index.php?id=587

MÖNCHE BEKLAGEN ZWEITE ENTEIGNUNG
Offener Brief an den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg zum geplanten Verkauf alter Klosterhandschriften aus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

[05.10.2006]

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

die Nachricht über den drohenden Verkauf kostbarer Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek schmerzt uns Benediktiner in besonderer Weise. Schließlich stammt ein Großteil der Sammlung aus den in der Säkularisationszeit aufgehobenen Klöstern unseres Ordens, darunter die Abteien Reichenau, St. Peter und St. Blasien.

Die damaligen Aufhebungskommissare wußten immerhin, dass die Mönchsbibliotheken zu den großen Schatzkammern des europäischen Geistes zählten. Es gelang deshalb oft genug, diese als Ensemble zu retten und in die pflegliche Fürsorge der öffentlichen Hand zu überführen. Die Handschriften wurden mit Steuermitteln konserviert und erschlossen. Ein Verkauf in alle Welt käme nun einer zweiten Enteignung gleich. Leidtragender wäre diesmal die ganze Gesellschaft, die um ihr kulturelles Erbe betrogen wird.

Schon das Herausreißen einzelner Stücke zerstört den über mehr als ein Jahrtausend gewachsenen Zusammenhang der Sammlungen. Dieser Vorgang degradiert eine Bibliothek europäischen Ranges zur entbehrlichen Verpfändungsmasse. Daß mit dem „Schloß“ Salem hier ausgerechnet ein zweckentfremdetes ehemaliges Kloster saniert werden soll, verringert den Schmerz nicht.

Wir appellieren deshalb an Sie, Herr Ministerpräsident, und an Ihre Regierung, sich der Verantwortung für unser über viele Jahrhunderte von Mönchen geschaffenes und bewahrtes Kulturerbe zu stellen und den Verkauf dieser Handschriften nicht weiter zu betreiben.

Abtprimas Dr. Notker Wolf OSB, Primatialabtei Sant’Anselmo – Rom (I)
Abtpräses Anno Schoenen OSB, Beuroner Benediktinerkongregation, Maria Laach
Erzabt Jeremias Schröder OSB, Erzabtei St. Ottilien
Erzabt Theodor Hogg OSB, Erzabtei Beuron
Abt Anselm Zeller OSB, Stift St. Georgenberg-Fiecht (A)
Abt Prof. Dr. Pius Engelbert OSB, Abtei Gerleve
Abt Franziskus von Heereman OSB, Abtei Neuburg - Heidelberg
Abt Dr. Daniel Schönbächler OSB, Abtei Disentis (CH)
Abt Makarios Hebler OSB, Abtei Tholey
Abt Raphael Bahrs OSB, Abtei Michaelsberg - Siegburg
Abt Michael Reepen OSB, Abtei Münsterschwarzach
Abt Albert Altenähr OSB, Abtei Kornelimünster – Aachen
Abt Prof. Dr. Dominicus Meier OSB, Abtei Königsmünster – Meschede
Abt Benedikt Müntnich OSB, Abtei Maria Laach
Abt Dr. Marian Eleganti OSB, Abtei St. Otmarsberg – Uznach (CH)
Äbtissin Franziska Kloos OSB, Abtei St. Walburg – Eichstätt
Abt Prof. Dr. Christian Schütz OSB, Abtei Schweiklberg – Vilshofen
Abt Benedikt Lindemann OSB, Abtei Hagia Maria Sion – Jerusalem (IL)
Abt Barnabas Bögle OSB, Abtei Ettal
Äbtissin Clementia Killewald OSB, Abtei St. Hildegard - Eibingen
Prior Administrator P. Theodor Hausmann OSB, Abtei St. Stephan - Augsburg
Br. Karl Leo Heller OSB, Cella St. Benedikt - Hannover
Fr. Oliver J. Kaftan, Bibliothek der Abtei Kornelimünster

Der SWR meldet:

In den Streit um den Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek ist Bewegung gekommen. Bei einem Krisentreffen kam die Landesregierung gestern Abend den Kritikern des geplanten Verkaufs entgegen. Dies verlautete aus den Kreisen der beteiligten Museumschefs.

Museumschefs? Aha. Genaues weiß man noch nicht. Mir schwant aber böses.

Nachtrag: Jetzt ist der Beitrag aktualisiert worden.

Dem Vernehmen nach basiert das neue Konzept der Landesregierung auf drei Säulen: Das Land will sich finanziell beteiligen. Geplant ist zudem eine Spendensammlung. Das Land will dabei die Spenden bis zu einer Gesamtsumme von maximal zehn Millionen Euro um dieselbe Summe aufstocken. Die Landesmittel könnten aus der Landesstiftung fließen.

Für die dritte Säule setzt die Landesregierung auf die Kulturszene im Land. Kunstwerke könnten etwa mit Unterstützung von Mäzenen verkauft werden, ohne dass sie verloren gehen. Als Beispiel dafür gilt der Kauf der Handschrift C des Nibelungenliedes, die die Landesbank Baden-Württemberg 2001 vom Adelshaus Fürstenberg in Donaueschingen erworben und der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe übergeben hatte.


Warum die Landesregierung überhaupt ein "Konzept" braucht, um eine bankrotte Winzerfamilie zu unterstützen, und warum dafür ausgerechnet die Kultur herhalten muss, bleibt natürlich unklar. Und warum ich als Bürger dafür auch noch spenden soll, dass ein paar ewiggestrige Leute, die nicht mit Geld umgehen können, in ihrem viel zu großen Haus wohnen bleiben dürfen. Wie bei ähnlichen Problemen mit Hartz-IV-Empfängern ohne großen Namen umgegangen wird, ist ja bekannt.

Die IALHI News vermelden die englischsprachige Buchneuerscheinung "Past and Future of the Anti-globalization Movement", in dem es, wenn mich jetzt mein Schulenglisch nicht völlig verlässt, neben der Beforschung, auch um die Sicherung der Quellen dieser weltweiten Bewegung geht. Klingt interessant.

"Anti-globalism" usually refers to a number of social movements that resist the worldwide processes of so-called "globalization". Their protests concern the neoliberal economic reforms and the serious social, cultural and ecological impact on the lives of millions of individuals, most often but not exclusively in the South. The protest actions against the 1999 Seattle meeting of the World Trade Organisation are generally considered as the starting point of this new social movement. However, it is rooted in other social movements such as those working for the third world or for the environment.
Though it is a recent phenomenon, social sciences have already paid serious research attention to the movement. This book brings together a number of contributions that aim to survey the research on the anti-globalization movement. The book has as its central topic the anti-globalization movement and covers issues such as the records of the movement, surveys of scientific research on the movement and the strategic views from within the movement on their own past, present and future. Topics covered:
  • How and where to find historical documentation on the movement
    A survey of the history of the movement
    A social analysis of the movement
    The key topics of the movement in a wider philosophical context
    Viewpoints of actors in the movement, i.e. Oxfam, the World
    Social Forum, the radical left and the European and international trade union movement.
a m s a b - i s g
Instituut voor Sociale Geschiedenis
Institute of Social History
Institut d'histoire sociale
www.amsab.be
Bagattenstraat 174, 9000 Gent (Belgium)
T +32 9 224 00 79
Lamorinierestraat 233, 2000 Antwerpen (Belgium)
T +32 3 239 42 87

Francine Mestrum & Donald Weber (eds.):
Inside Outside: Past and Future of the Anti-globalization Movement.
Ghent: IALHI / Amsab-ISH / Foundation Kreveld, 2006, 110 p. ISBN 90-77122-20-6.
Price: 10 euro (plus shipping fee) - order at orders(aet)amsab.be

Quelle: http://www.ialhi.org/news/i0609_8.php

 

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