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In der SZ vom 11.10.2006 S. 13 geht Gottfried Knapp auf die Unterhaltungskosten des Klosterkomplexes Salem ein:

Wie bei allen Kulturdenkmalen waren auch in Salem immer wieder aufwändige Sanierungs- und Restaurierungsmaßnahmen fällig. Für die gründlichen Pflegemaßnahmen am Klosterkomplex, die in den letzten Jahren vorgenommen wurden, hat der heutige Eigner der Anlage, Prinz Bernhard von Baden, mit 30 Millionen Euro berechnet, was beim Umfang des Ensembles als akzeptabler Betrag gelten kann. Ob aber die 40 zusätzlichen Millionen, die das Land ebenfalls durch den Verkauf wertvoller Handschriften aus der Karlsruher Landesbibliothek herbeischaffen sollte, nötig sind, um den Kloster- oder Schlosskomplex von Salem auch in Zukunft zu sichern, darf bezweifelt werden.

Das mit Abstand bedeutendste Monument im Ensemble ist das hochgotische Münster, das um 1285 begonnen und um 1425 vollendet worden ist, eine dreischiffige Basilika, die mit ihrem prächtig instrumentierten Maßwerkfenster in der Querschiffwand und ihrem geraden Umgangschor die linienhaft elegante, wunderbar feingliedrige Gotik der Zisterzienser in besonderer Reinheit verkörpert. [...] Natürlich kann ein solches Schatzhaus nur mit öffentlichen Denkmalgeldern kunsthistorisch sinnvoll betreut werden.

Doch beim "Schloss", das ja von der Schule privat genutzt wird, und bei den Wirtschaftsgebäuden, in denen der Markgraf seinen Weinhandel betreibt, aber auch ein Feuerwehrmuseum eingerichtet und Kunsthandwerker angesiedelt hat, verhält sich die Sache ein wenig anders. Zwar enthalten die nach dem verheerenden Klosterbrand 1697 völlig neu errichteten "Schloss"-Gebäude einige der schönsten Raumkunstwerke der Region: etwa den von F. J. Feuchtmayer um 1710 üppig mit Standbildern, Büsten und Stuckreliefs ausgestatteten Kaisersaal, das prachtvoll spätbarocke Sommerrefektorium oder den zweigeschossigen klassizistischen Bibliothekssaal. Auch die beiden mehrgeschossigen mächtigen Torgebäude gehören zu den charakterstarken Bauten des Bodenseebarocks. An Qualität und Bedeutung fehlt es dem privaten Teil des Salemer Klosterensembles also keineswegs. Doch dass 40 Millionen Euro auf die hohe Kante gelegt werden müssen, um dieses Baudenkmal weiter zu erhalten, kann uns niemand weismachen.


Am gleichen Tag machte sich auch Rüdiger Soldt in der FAZ seine Gedanken zur Bauunterhaltung von Schloss Salem (S. 4):

Wer in Baden-Württemberg ein historisches Schloß besucht, der wird zwangsläufig darauf aufmerksam gemacht, wie reichhaltig das Land mit Kulturdenkmälern gesegnet ist [...]. Was dem Kunstfreund gefällt, ist den Finanzpolitikern eine Last: 11,2 Millionen Euro nehmen die Schlösser pro Jahr ein, die Betriebskosten belaufen sich aber auf etwa 16 Millionen Euro. Das heißt: Das Land muß mindestens fünf Millionen Euro dazugeben. Außerdem fallen im Jahr Sanierungs- und Renovierungskosten in Höhe von 20 Millionen Euro an. [...]

Finanzpolitiker wissen, daß sich auch Schlösser, die ein gutes Nutzungskonzept haben und ständig für Veranstaltungen vermietet werden, im Grunde nicht ohne staatliche Zuschüsse bewirtschaften lassen. Deshalb ist es in fast allen Bundesländern Ziel einer vorausschauenden Finanzpolitik, nicht weitere Schlösser in das Portfolio der staatlichen Verwaltung aufzunehmen. Nach Schätzungen der Landesregierung kosten Betrieb und Instandhaltung von Salem jährlich etwa 1,5 Millionen Euro. Insofern ist es verständlich, wenn die Landesregierung bei dem Vergleich mit dem Haus keinen Präzedenzfall schaffen will und für die Schloßanlage deshalb eine eigene Stiftung gegründet werden soll. Sie soll ein Stiftungskapital von etwa 30 Millionen Euro haben, der Zeitpunkt der Gründung der Stiftung steht noch nicht fest.

Den Vorschlag einiger Kulturpolitiker, das Schloß Salem in die staatliche Schlösserverwaltung einzugliedern und dafür zwei oder drei mediokre Schlösser zu verkaufen, hält man im Finanzministerium für nicht realistisch. [...]

Zur 900 Jahre alten Schloßanlage Salem gehört das gotische Münster mit der Abtei und einigen Ökonomiegebäuden, die zum Teil auch an das Internat Salem verpachtet sind. Die Schloßanlage umfaßt 42 000 Quadratmeter.


Am 30.9.2006 hatte Wolfgang Messner in der Stuttgarter Zeitung eine Home- bzw. Castle-Story geboten:

Die Schlossanlage von Salem ist so groß wie die halbe Stuttgarter Innenstadt, behauptet Erbprinz Bernhard von Baden. [...] Ganze 25 Hektar ist Salem groß, mehr als 42 000 Quadratmeter genutzte Fläche hat allein das Schloss. "Das müssen wir jeden Tag auf unsere Kosten in Schuss halten", sagt der Prinz. Es gehört den Badenern schon mehr als 200 Jahre, aber jetzt wird der Unterhalt zu teuer. Deshalb der Verkauf. So einfach ist das, sagt Prinz Bernhard.

[...] 30 Millionen Euro braucht der Markgraf zur Tilgung aufgelaufener Schulden, 40 Millionen sollen in eine Stiftung zum Erhalt der Anlage in Salem fließen. Dafür überlassen die Markgrafen dem Land bedeutende Sammlungen und Preziosen [...]

Soll also die Allgemeinheit das marode Zuhause des badischen Herrscherhauses sanieren? Keinesfalls, beschwichtigt Bernhard, und zeigt aus dem Fenster des markgräflichen Rentamtes auf das weißgelbe Schloss. "Alles ist in einem Topzustand", verkündet er und breitet die Arme aus. Die Markgrafen haben hier Millionen Euro vergraben, seit sie das Schloss durch Napoleon und die Säkularisierung 1803 zugesprochen bekamen. 1980 begann die umfassende Renovierung des Areals. Zwischen 1992 und 2002 investierte das ehemalige badische Herrschergeschlecht allein 26 Millionen Euro in die Anlage.

"Es hat kein Ende, es geht immer weiter", erklärt der Prinz und deutet auf ein Gerüst an der imposanten Südfassade des Schlosses. Dort hat die Dachsanierung begonnen. Das sind 35 000 Quadratmeter Fläche. Sie wird Millionen kosten, Millionen, die die Badener nicht mehr haben. Die Sanierung des Münsterdaches von 1997 bis 2002 verschlang allein 3,5 Millionen Euro. Mit 1,2 Millionen Euro war der Eigentümer dabei, der Rest der Summe wurde mit Zuschüssen des Landesdenkmalamtes, von Stiftungen und von der katholischen Kirche gedeckt.

Jedes Jahr geben die Markgrafen gut eine Million Euro für den Erhalt Salems aus. "Das ist nicht mehr zu schultern", sagt Prinz Bernhard. Salem ist eine Kleinstadt mit der weltbekannten Schlossschule Salem, einem katholischen Münster und einem evangelischen Betsaal. [...] Fast 500 Menschen arbeiten in den historischen Gemäuern. [...] Von 40 Mietern erhalten die Markgrafen Pachtzins. Die Schlossschule ist darunter der prominenteste. Mit 16 000 Quadratmetern nimmt sie aber nur ein Drittel der Nutzfläche ein. "Die Einnahmen decken gerade mal die Betriebskosten", sagt Bernhard. "Und das ist schon gut so."

Salem sei auch sein eigenes Denkmalamt, seine Bauhütte und Archiv, meint Prinz Bernhard. Das Münster, das auf das Jahr 1300 zurückgeht, ist nach Ulm und Freiburg das drittgrößte im Land. Das muss man sich erst mal leisten können. "Wir sind nur ein mittelständisches Unternehmen", sagt Erbprinz Bernhard. Schwerpunkt seiner unternehmerischen Tätigkeit ist wie vordem die Land- und Forstwirtschaft. Das Adelshaus besitzt 3700 Hektar Wald. Durch stetige Expansion haben es die Badener mit 130 Hektar Rebfläche zum größten privaten Weingut Deutschlands gebracht. Markgrafenwein wächst in Bermatingen und Birnau am Bodensee und in der Ortenau, wo der Sippe auf dem Ortenberg ein kleines Schloss gehört. Andere Besitztümer haben sie verkauft - zuletzt das von 1573 bis 1578 errichtete Neue Schloss in Baden-Baden für eine unbekannte Summe an eine kuwaitische Familie. Zwischen 1993 und 1995 hatte sich das Haus von den meisten seiner Liegenschaften und Immobilien getrennt.

Damals stand der Markgraf vor einem Schuldenberg von rund 132 Millionen Euro. Schloss Kirchberg am Bodensee samt Campingplatz und Yachthafen, Schloss Eberstein im Murgtal, alles musste weg. Auch eine Maschinenfabrik in Eimeldingen und der florierende Granulathersteller Bergmann in Gaggenau (Kreis Rastatt) wurden versilbert, außerdem ein Medizintechnik- und ein Ladenbauunternehmen. Die Mitarbeiterzahl sank von 1500 auf 400. Heute hat der Markgraf noch 50 Angestellte. Höhepunkt des Ausverkaufs war die Versteigerung von 25 000 Kunstwerken und Alltagsdingen, die im Jahr 1995 auch dank Sotheby's in Baden-Baden zur Auktion des Jahrhunderts wurde und dem Haus Baden einen Reingewinn von 27 Millionen Euro bescherte. Künftig soll das Geld für Salem von der Stiftung kommen, die mit 40 Millionen Euro ausgestattet werden soll. Dann gehört die Anlage der Stiftung, die Markgrafen haben nur noch Wohnrecht. Davon macht der Erbprinz schon lange keinen Gebrauch mehr. Er lebt mit seiner Frau Stephanie und seinen drei kleinen Söhnen in einem Reihenhaus, nahe beim Schloss.


Siehe auch die Stellungnahme des Erbprinzen
http://archiv.twoday.net/stories/2877201/

Kommentar:

Man darf nicht verkennen, dass die ehemalige Standesherrschaft Salem (mit Petershausen) auf höchst dubiose Art und Weise in den Privatbesitz der Markgrafenfamilie gekommen ist.

Die Abteien Salem und Petershausen waren Reichsstände, die auf rechtlich fragwürdige Weise im § 5 des Reichsdeputationshauptschluss dem Markgrafen zugesprochen wurden:
http://de.wikisource.org/wiki/Hauptschlu%C3%9F_der_ausserordentlichen_Reichsdeputation

Eine Sonderstellung dieser beiden Klöster geht aus dieser Rechtsnorm keinesfalls hervor, die es rechtfertigen würde, dem Gebiet einen anderen staatsrechtlichen Charakter zuzusprechen.

Bis 1919 hat man aber unkritisch in Baden die Darlegungen des Abgeordneten Mittermaier nachgebetet, der sich im Kommissionsbericht zum Entwurf eines Apanagengesetzes ausführlich äußerte (Beilage 1 zum Protokoll der Sitzung der II. Kammer vom 4.7.1839, hier Beilagenheft S. 298-302). Danach seien Salem und Petershausen Entschädigungen der unter privatrechtlichem Titel erhaltenen elsässischen Herrschaft Kutzenhausen für ie badischen Prinzen friedrich und Ludwig. Diese erhielten Salem am 15. November 1802 (ebd., S. 300). 1813 wurde die Standesherrschaft Salem dem Apanagial-Fideikommiss (später: Bodensee-Fideikommiss) einverleibt.

Der Staat musste für die mit der Landeshoheit verbundenen Rechte den Prinzen 12000 Gulden zahlen.

Obwohl die Fideikommisskonstitution von 1792 den Charakter des Fideikommisses als Apanagial-Fideikommiss deutlich zu erkennen gibt (so auch bezeichnet siehe http://archiv.twoday.net/stories/2837017/ ), konnte sich die Ansicht Mittermaiers, dass die Erträge des Fideikommisses nicht in den Apanageanspruch einzurechnen seien, im Apanagialgesetz von 1839 durchsetzen.

Indem Mittermaier einen öffentlichrechtlichen Charakter des Fideikommisses verneinte, ergriff der einseitig die Partei des Großherzogs. Aus heutiger Sicht erweist sich die Zuweisung der beiden Reichsabteien an eine Sekundogenitur als klarer Willkürakt des Fürsten, der das von der Kirche unredlich erlangte Raubgut für private Zwecke mißbrauchte. Obwohl das Hausgesetz von 1792 klar vorsah, dass sich Fideikommissbesitz und Apanageanspruch ausschlossen, musste der badische Steuerzahler indirekt für die fürstlichen Schmarotzer aufkommen, die Apanage bezogen und zugleich stattliche Einkünfte aus dem Fideikommiss erhielten (zu dem auch teurer Schmuck und Silbergeschirr gehörten http://archiv.twoday.net/stories/2837017/).

Woher kam das Geld, über das der Fürst im 19. Jahrhundert verfügen konnte? Ute Daniel, Hoftheater, Stuttgart 1995, S. 119 macht auf den hohen Anteil der Hofausgaben an den staatlichen Gesamtausgaben in Baden aufmerksam: "In Baden, wo die Hofausgaben im ausgehenden 18. Jahrhundert relativ zu den insgesamt niedrigen Staatsausgaben sehr hoch gelegen hatten - bei etwa 50 bis gut 60 % der Gesamtausgaben, von denen sie vor der Einführung der Zivilliste immer noch 16 bis 24 % beanspruchten -, sanken sie zwischen 1820 und 1850 nach und nach von 16 auf gut 9 % der Gesamtausgaben und gingen auch in ihrer absoluten Höhe zurück".

Mit anderen Worten: Das Volk bezahlte den Fürsten und seinen Hof, es musste aufbringen, was der Fürst für seine höfische Repräsentation für erforderlich hielt. Auch das zur privaten Verfügung des Fürsten stehende Schatullgut wurde über die Zivilliste vom Staat finanziert.

Das Privatvermögen, mit dessen Mitteln der Fürst Kunstschätze oder Bücher erwerben konnte, war so "privat" nicht. Dies gilt es zu bedenken, wenn es um eigentumsrechtliche Ansprüche aufgrund "Privateigentums" der damals regierenden Dynastie geht.

Salem durfte die markgräfliche Familie über 200 Jahre lang aussaugen. Da erscheint es nur recht und billig, wenn sie sich auch mit nennenswerten eigenen Beiträgen an der Bauunterhaltung beteiligt.

Verfassungsrechtlich sieht es für das Haus Baden an sich nicht schlecht aus, denn das Bundesverfassungsgericht hat am 2. März 1999 "unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers" im Denkmalschutzrecht kategorisch ausgeschlossen:
http://www.oefre.unibe.ch/law/dfr/bv100226.html

Niemand muss nach dieser Entscheidung "gleichheitswidrige Sonderopfer" ohne Ausgleich dulden. Die Privatnützigkeit des Eigentums muss erhalten bleiben.

Die Gerichte haben sich oft zur "Zumutbarkeit" denkmalschutzrechtlicher Regelung geäußert. Die Lösung des Salem-Problems liegt somit in der Auslegung des Denkmalschutzrechts im Licht des Art. 14 GG. Sofern Ausgleichsansprüche des Eigentümers hinsichtlich des denkmalpflegerisch bedingten Mehraufwands bei einer Gesamtbetrachtung, die seine finanziellen Verhältnisse, aber auch die Einbindung des Münsters und des Schlosskomplexes in den historisch gewachsenen Gesamtbesitz berücksichtigt, bestehen, sind diese gegenüber dem Land geltend zu machen. Es ist daher eine irreführende Darstellung, als könne dem Haus Baden von Rechts wegen zugemutet werden, an Salem "kaputt zu gehen". Sobald die Belastung unverhältnismäßig wird, steht dem Eigentümer der Rechtsschutz der Gerichte zur Seite.

Die Idee einer Salem-Stiftung ist vernünftig, wenngleich die vorgesehenen Regelungen zu sehr den Interessen der Markgrafen entgegenkommen. "Organe der Stiftung wären der Stiftungsrat und der Vorstand. Beabsichtigt ist, dass dem Stiftungsrat zwei vom Haus Baden zu benennende Mitglieder, zwei Vertreter des Landes sowie eine weitere durch Kooptation des Stiftungsrates
mit 2/3 Mehrheit zu bestimmende Persönlichkeit als Vorsitzender angehören. Damit würde gesichert, dass wesentliche Entscheidungen im Stiftungsrat nur mit dem Einverständnis des Landes erfolgen könnten. Vorstand der Stiftung soll der jeweilige Chef des Hauses Baden bzw. ein von diesem benanntes Mitglied seiner Familie sein." (Finanzministerium, DS 14/341).

Es ist dem Eigentümer sehr wohl zuzumuten, in diese Stiftung erhebliche Eigenmittel einzubringen, die durch Verkäufe von Archivgut oder von nicht auf Salem bezüglichen Kunstschätzen , die sich in Salem befinden (z.B. Zähringer-Bildnisgalerie), erzielt werden könnten. Dazu braucht man weder die Handschriften der BLB anzutasten noch Bilder verkaufen, die dem Land bereits gehören.

Update: Unklar ist, welche Schätze die Markgrafen noch in Schloss Salem aufbewahren. Ein großer Teil des Schlosses entzieht sich als angebliche "Privatgemächer" der Erfassung durch das Landesdenkmalamt, das 2005 lediglich den öffentlich zugänglichen Bereich inventarisieren durfte.

Die 1995 ins Denkmalbuch eingetragene Porträtgalerie mit Familienbildern aus dem Neuen Schloss wurde vor einigen Jahren im Zusammenhang mit dem Verkauf des Schlosses mit Zustimmung des Landesdenkmalamts nach Salem verbracht.

Laut http://archiv.twoday.net/stories/2804774/#2897038
wurden auch nach 1995 ständig Kulturgüter verkauft, was den steuerrechtlichen Schluss nahelegt, dass die Markgrafenfamilie einen Kunsthandel betreibt. Angesichts des mutmaßlich noch bestehenden gesetzlichen Vorkaufsrechts und der 1919 abgegebenen Erklärung, dem Land die historisch wertvolle Gegenstände vor dem Verkauf anzubieten, erscheint das nicht akzeptabel.

Der Kunsthistoriker Volker Himmelein war Leiter des Württembergischen Landesmuseums und zuvor des Badischen Landesmuseums. Maria Wetzel interviewte ihn für die Stuttgarter Nachrichten vom 4.11.2006 S. 8.

Auszüge:

Die Landesregierung will die badischen Kunstschätze retten, hat aber offenbar keinen genauen Überblick darüber, was wem gehört. Gibt es jemanden, der diesen hat?

H: Nein, es gibt niemanden, der einen genauen Überblick hat. Um diesen Überblick zu gewinnen, müsste zunächst geprüft werden, welchen Rechtsstatus die Zähringer-Stiftung hat, in die der letzte Großherzog seinen Kunstbesitz eingebracht wissen wollte. Und es müsste im Einzelnen geprüft werden, ob die in Frage stehenden Gegenstände Privatbesitz oder Hofbesitz waren.

Die Zähringer-Stiftung wurde 1954 gegründet. Warum wurden diese Fragen denn nicht längst geklärt?

H: Die Stiftung hat manche Aufgaben, die ihr satzungsgemäß vorgegeben waren, nicht erfüllt, etwa die genaue listenmäßige Erfassung der Bestände. Es gab auch keinen dringenden Anlass, die Eigentumsrechte zu klären, solange die Zähringer-Stiftung als rechtmäßiger Eigentümer gelten konnte. Denn ihre Bestände waren in öffentlicher Hand, die Familie hatte keine Verfügung darüber, und dem Anliegen der Öffentlichkeit war damit eigentlich Genüge getan. Das Problem stellte sich erst durch die Geldverlegenheiten der markgräflichen Familie und die Sorge um den Erhalt von Salem. Deshalb wurde die Frage nach den Eigentumsverhältnissen an den Beständen der Stiftung neu gestellt, um gegebenenfalls Kunstobjekte verwerten zu können um die Erhaltung von Salem ohne große Zusatzkosten für den Staat zu finanzieren.

[...]

Sind die Fachleute im Staatsministerium, im Kunstministerium und im Finanzministerium mit der Aufgabe überfordert?

H: Man könnte den Eindruck haben. Es scheint, dass bei dem vorgesehenen Vergleich zwischen Land und dem Haus Baden bestimmte Rechtspositionen nicht so sorgfältig geprüft wurden wie das nötig gewesen wäre. Und es drängt sich der Eindruck auf, dass das Land an einer Stabilisierung der Zähringer-Stiftung im Augenblick kein allzu großes Interesse hat.

Welche Nachteile hätte die Landesregierung denn davon?

Die Landesregierung wollte ursprünglich Bücher verkaufen, um den Erhalt von Salem zu finanzieren. Wenn die Bücher (und die anderen Kunstgegenstände) der Zähringer-Stiftung gehören würden, wie man das bisher angenommen hat, dann könnte das Land (und der Markgraf) nicht darüber verfügen.

Ist die Drei-Säulen-Lösung mit Sponsoren der falsche Weg?

H: Er ist problematisch, denn wer eines der Kunstwerke erwirbt, ist kein Sponsor sondern ein Investor. Er erwirbt ein Objekt, das er dem Land zwar als Dauerleihgabe überlässt, das aber zum Anlagevermögen des Investors gehört, und das er auch weiterverkaufen kann. Zwar ist ein Vorkaufsrecht des Landes vorgesehen, aber wenn das Land von diesem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machen kann oder will, ist das Kunstwerk weg.

Wie beurteilen Sie das Krisenmanagement der Landesregierung?

H: Es ist einigermaßen irritierend, wie unbedarft und unbedacht in diesem Lande mit Kulturgütern umgegangen wird. Die Verwalter des staatlichen Kunstbesitzes können nicht mehr sicher sein, dass die Landesregierung der Verpflichtung, diesen Kunstbesitz auf jeden Fall zu erhalten, in gleichem Maß wie bisher nachkommt. Schwierig nachzuvollziehen ist vor allem die Bereitschaft, ohne Rücksprache mit den Betroffenen Kulturgüter zur Disposition zu stellen. Damit hat das Land seinen guten Ruf, besonders kunst- und kulturfreundlich zu sein, nachhaltig beschädigt.

Nikolai B. Forstbauer sichtet in den Stuttgarter Nachrichten vom 4. November 2006 das Presseecho auf die Baldung-Blamage (S. 3)

Der Spott ist beißend, und er kommt national mit solcher Geschwindigkeit, dass man sich um den Werbewert für das Land Baden-Württemberg keine Gedanken mehr machen muss.

[...] Schuldzuweisungen gibt es genug: Ob Staatsministerium, Finanzministerium oder Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst - keiner der an dem Markgrafen-Thema Beteiligten traut mehr dem jeweils anderen.

"Jetzt ist Feuer unterm Dach", war am Freitag aus dem Finanzministerium zu hören. An diesem Tag sind auch die Wirren im Hintergrund schon Schlagzeilen wert. "Bild" druckt einen Brief von Karlsruhes Kunsthallendirektor Klaus Schrenk an Kunstminister Frankenberg, in dem der Museumschef auf neue Untersuchungen zum Baldung-Grien-Bild hinweist. Die Botschaft der Indiskretion ist klar: Frankenberg hätte wissen müssen, dass Unheil droht. Auf Anfrage blickt der Kunstminister lieber nach vorne: "Ich erwarte eine kritische und zügige Überprüfung wichtiger badischer Kulturgüter, die dann auch ein verlässliches Ergebnis bringt." Eine Spitze auch dies: Nicht etwa Frankenbergs Haus, sondern das Finanzministerium hatte die jetzt fraglichen Listen erstellen lassen - über das zuständige Referat Schlösser und Gärten. Und dort, so hallt es wiederum aus den Büros von Finanzminister Stratthaus, habe man wissen müssen, was in der Kunsthalle Karlsruhe hängt. [...]
Dieter Mertens Blick in das Generalarchiv des Landes provozierte die "Berliner Zeitung" am Freitag zu eigenem Hintersinn: "Auf die fleißigen Gelehrten im Ländle ist eben Verlass." Und: "Mit ihren blitzschnell und akribisch recherchierten Gutachten hatten sie schon die brüchige Rechtsgrundlage des Handschriften-Deals vorgeführt. Jetzt blamiert die Wissenschaft abermals die Landesregierung." Eine Sicht, die man im Staatsministerium in Stuttgart durchaus teilt. "In der Regierung macht sich die traurige Erkenntnis breit", so ein Mitarbeiter, der ungenannt bleiben will, "dass das Land das Vertrauen der Wissenschaft nicht mehr gewinnen kann." Und im Finanzministerium macht man eine Negativrechnung besonderer Art auf. Wolle man alle Listen badischer Kulturgüter, deren Besitz rechtlich strittig ist, neu überprüfen, koste dies "wahnsinnig viel Geld und Personal". Kurz - "dann hätte man auch gleich die ganze Summe bezahlen können". [...]

Oettinger steht im Kunstregen - allein gelassen von drei Ministerien, mehreren Fachabteilungen und beauftragten Experten.

Auch auf die Markrafenfamilie allerdings fällt ein Schatten. Mit Blick auf das dem Staat überlassene Baldung-Gemälde hieß es am Freitag in der "Berliner Zeitung": "Dass das durchaus traditionsbewusste Haus Baden den so wichtigen Abtretungsvertrag von 1930 nicht mehr präsent hatte, wirkt überraschend." Und man ahnt: Die Kritik wird zunehmen.


Da der Erbprinz gegenüber der Stuttgarter Zeitung (vom 5.10.2006) vom Zugriff auf die "zentralen Bestände" des Landesmuseums und der Kunsthalle sprach, darf man dem Haus Baden mindestens mangelhafte Recherche attestieren (wenngleich ein Betrugsversuch auch nicht ausgeschlossen werden kann).

Die FAZ vom gleichen Tag (S. 40) höhnt unter Farbbildern der beiden Cranach-Medaillons: "Oettingers Bilder, zweite Lieferung: Auch die hier gehören Baden-Württemberg schon!"

Auszug:

Damit zumindest die Karlsruher Bilder jetzt auf der sicheren Seite sind, hier ihre kleine Liste, die Dieter Mertens dem Archiv entnommen hat: Außer dem Renaissance-Meisterwerk der Markgrafentafel gehören dem Land Baden auch die beiden etwa elf Zentimeter hohen Porträts von Friedrich dem Weisen und Johann dem Beständigen aus der Cranach-Werkstatt. Sie wurden von der Regierung ebenfalls als "unbestrittener" Besitz des Hauses Baden bezeichnet - obgleich sie auch vor 1930 im Karlsruher Bestandsverzeichnis von Koelitz nicht als "Großherzogliches Privateigentum" ausgewiesen waren; ihr Wert ist vom Land mit je einer Million Euro veranschlagt, was für solche Arbeiten einigermaßen großzügig anmutet. Dann sind da noch die Nummern 106, 157 und 539 bei Koelitz. Einzig als Familienbildnis anzusprechen ist Nummer 537, nämlich "Der Türkenlouis erstürmt eine türkische Verschanzung in Ungarn", von Feodor Dietz 1837 gemalt.

Reiner Ruf in der Stuttgarter Zeitung vom gleichen Tag (S. 9) schilt die Juristen und insbesondere den Gutachter Würtenberger (der sich dem Vernehmen nach erst bequemte, Archiv- Akten zur Zähringer Stiftung einzusehen, NACHDEM er gegutachtet hatte):

Das Schmuckstück der Karlsruher Kunsthalle, die so genannte Markgrafentafel, zu Anfang des 16. Jahrhunderts gemalt von Hans Baldung Grien, ist dem Land Baden und als dessen Rechtsnachfolger dem Land Baden-Württemberg seit dem Jahr 1930 zu eigen. Nur hat das keiner mehr gewusst. [...] Da fügt sich ins Bild, dass Repräsentanten dieser Regierung zu Beginn der Debatte um das badische Kulturerbe kunsthistorische Unsicherheiten zeigten und den Dürer-Schüler mal als Hans Balduin, dann wieder als Hans Baldur über die sonst so flinke Ministerzunge huschen ließen.

Eine unglückliche Figur macht auch der Gutachter des Landes, der Freiburger Staatsrechtler Thomas Würtenberger. Dem Finanzausschuss des Landtags bestätigte er noch am 19. Oktober, dass die Markgrafentafel, deren Wert auf acht Millionen Euro taxiert wird, eindeutig dem Adelshaus derer von Baden gehöre. Jeder Zweifel schien sich zu verbieten, hatte sich doch über die Jahre ein ganzes Aufgebot von Juristen den strittigen Eigentumsfragen gewidmet. Schwierige Rechtsfragen wälzten sie hin und her, und wäre der Ausdruck gestattet, so dürfte man von allerschwierigsten Rechtsfragen sprechen. Sie handelten von Begriffen wie Patrimonialeigentum, Herausgabeanspruch, Ersitzen nach Paragraf 937 Bürgerliches Gesetzbuch, aber auch von Konstruktionen wie dem "auf der Willensentschließung des besitzmittelnden Landes beruhenden und nicht abgeleiteten Besitzmittlungsverhältnis".

Vielleicht hätte die Landesregierung aber auch einfach einen Historiker fragen sollen. Dieter Mertens jedenfalls, Professor für geschichtliche Landeskunde in Tübingen, später Lehrstuhlinhaber für mittelalterliche Geschichte in Freiburg, fand in den Archiven den entscheidenden Hinweis, der zu jenem Gesetz aus dem Jahr 1930 führte, welches die Markgrafentafel und andere Bildnisse in staatliches Eigentum überführte.

Mertens informierte Klaus Schrenk, den Direktor der Staatlichen Kunsthalle in Karlsruhe, dieser wiederum überbrachte die frohe Botschaft dem Wissenschaftsministerium erst telefonisch, dann per Brief. Danach herrschte im Regierungsdreieck von Wissenschaftsministerium, Finanzressort und Staatsministerium lähmendes Entsetzen.

Hatte es zunächst so ausgesehen, als ginge das tragikomische Spiel um den Verkauf von mittelalterlichen Handschriften zu Lasten von Wissenschaftsminister Peter Frankenberg aus, so hat sich die Machtbalance inzwischen zu Ungunsten von Finanzminister Gerhard Stratthaus verändert. Dessen Ressort hatte sich die Sache so ausgedacht: Der für die Museen zuständige Frankenberg verkauft die Handschriften aus der Karlsruher Landesbibliothek. Kein schönes Geschäft. Der für die Schlösser zuständige Finanzminister aber befreit sich von Zahlungen zum Erhalt der Schlossanlage Salem. Dieses Kalkül ist nicht aufgegangen.

Statt dessen bekommt Stratthaus jetzt Schelte. Er hat die Federführung in der Vergleichssache Baden. Auch für die Begutachtung ist er verantwortlich. Im Staatsministerium knurrt man, Oettinger sei "mit falschen Informationen ins Feuer" geschickt worden.


In der Tat ist das Gutachten von Würtenberger/Wax, das "Archivalia" vorliegt, sein Geld nicht wert. Als Staatsrechtler hätte sich Würtenberger auf die von Reicke herausgearbeitete spezifisch staatsrechtliche Problematik des Falls einlassen müssen. Stattdessen dominiert bürgerlichrechtliche dogmatische Akrobatik, die nur hinsichtlich der Verjährungsfragen und der erbrechtlichen Frage, ob es eine wirksame Übereignung an die Zähringer Stiftung gegeben habe, weiterführt. Diese Fragen werden einseitig zuungunsten des Landes beantwortet, man hat den Eindruck ein Parteigutachten für das Haus Baden zu lesen.

Wenn es dem Finanzministerium darum ging, Salem loszuwerden und mit dem Einsatz von 70 Mio., erlöst aus der Karlsruher Handschriftensammlung (womöglich hat Graf Douglas diesen Gedanken souffliert, schließlich braucht der alerte alternde Kunstberater noch ein Karriere-Highlight), ein Schnäppchen im Gegenwert von 300 Mio. zu machen, kam es ja entscheidend darauf an, die Rechtsansprüche des Hauses Baden möglichst aufzuwerten.

Würtenberger musste zugeben, dass ihm ein fertiger Vergleichsvorschlag vom Finanzministerium präsentiert wurde:
http://archiv.twoday.net/stories/2847715/#2856315

Als krassen handwerklichen Fehler kreide ich Würtenberger an, einen einschlägigen Präzedenzfall aus Bayern übersehen (oder ignoriert) zu haben, der aber an prominenter Stelle abgedruckt ist, in den "Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen" (1987, S. 195-203). Das Gericht wies am 9.6.1987 (Az.: ! Z 89/86) die Herausgabeklage eines Testamentsvollstreckers hinsichtlich von Gegenständen aus dem Staatsarchiv Coburg ab (siehe http://archiv.twoday.net/stories/2906816/ mit Link zum Faksimile auf Commons). Hier ging es im Kern um die Frage, ob das frühere Haus- und Staatsarchiv Privateigentum der herrschenden Familie oder als Staatseigentum anzusehen sei. Auch wenn der Fall sehr viel eindeutiger gelagert ist, so wären doch die Ausführungen des Gerichts zur Beweislast des Herausgabeklägers zu berücksichtigen gewesen, da auch in Coburg der Staat viele Jahrzehnte das fragliche Archivgut als unmittelbarer Besitzer besessen hat.

Angesichts von der für den Besitzer streitenden Vermutung des § 1006 BGB hätte das Haus Baden (oder der Insolvenzverwalter) in einem Prozess schlüssig den Zweifel auszuräumen, dass die als Eigentum beanspruchten Gegenstände 1918/1919 mit Resignation und Abfindungsvertrag zu Staatseigentum geworden sind. Angesichts des Gutachterstreits wäre es für ein Gericht das naheliegendste, sich auf die Beweislast des Herausgabeklägers zu berufen und die Klage abzuweisen. Es kann keine Rede davon sein, dass das Domänenvermögen eindeutig als Privateigentum des Landesherrn gesehen wurde. Und es ist ebenfalls nicht beweisbar, dass die strittigen Gegenstände nicht zum Domänenvermögen bzw. Patrimonialeigentum zählten und insofern auch nicht in den Vergleich von 1919 einbezogen waren. Da Reicke, Mußgnug (dem Willoweit, Reickes Assistent, zustimmte) und Klein als Juristen für Staatseigentum plädierten, wird die Gegenseite wohl kaum einen Trumpf aus dem Ärmel zaubern können, der das Gericht überzeugt.

Hinsichtlich der Handschriften der BLB scheint angesichts der Tatsache, dass sowohl die alten markgräflichen Provenienzen als auch das Säkularisationsgut vom Hausfideikommiss beansprucht wurden, bei letzteren aber die Vermutung auf Staatseigentum Vorrang hat , der Beweis eines eindeutigen badischen Eigentums ausgeschlossen. Hinsichtlich der "Hinterlegungen" mag etwas anderes gelten.

Ist aber diese schwere Hürde genommen, so hat das Haus Baden zu beweisen, dass diejenigen strittigen Gegenstände, die nicht Landeseigentum geworden sind, entgegen dem testamentarischen Willen Großherzogs Friedrichs II. nicht Eigentum der Zähringer Stiftung geworden sind. Da der Erbe der Ehefrau des Großherzogs, Markgraf Berthold, von der rechtswirksamen Existenz der Zähringer Stiftung und ihrer Vermögensausstattung ausgegangen ist, hat er durch konkludentes Handeln die Übereignung vollzogen. Wenn das Haus Baden angibt, dies sei nicht nachweisbar, verkennt es die zivilrechtliche Beweislast, die beim Herausgabekläger liegt.

Bernhard Markgraf von Baden hat im übrigen einen Prozess gegen das Land gegenüber der Stuttgarter Zeitung ausgeschlossen (5.10.2006, S. 8). Wenn der Zugriff eines Insolvenzverwalters abgewendet werden kann, fragt man sich, wieso angesichts dieser doch recht komfortablen Rechtslage das Land (bzw. andere Geldgeber) Millionen Euro dem Haus Baden zuschanzen soll.

Ein Interview mit Brewster Kahle, dem Gründer des Internet-Archivs archive.org:

http://www.elektrischer-reporter.de/index.php/site/film/13/

Warum er Googles Vorgehensweise Bücher einzuscannen für einen “Albtraum” hält, warum eine europäische Filiale des Archivs notwendig war und worin er die große Aufgabe unserer Zeit sieht, erläutert Brewster Kahle im Gespräch.

Nachdem sich die Spitzenstücke der Kunsthalle Karlsruhe, für deren Ankauf Ministerpräsident Oettinger gesammelt hat, als Landeseigentum erwiesen haben, stellt sich die Frage, wo - außer in Salem - Kulturgut zu finden ist, das eindeutig dem Haus Baden gehört und vom Land angekauft werden kann.

Soweit es sich um Inventar des Badischen Landesmuseums und der Badischen Landesbibliothek handelt, spricht alles dafür, dass die Zähringer Stiftung wirksam Eigentümerin geworden ist. Die Stiftung als eigene Rechtspersönlichkeit, die dem Stifterwillen verpflichtet ist und insofern nicht zur Disposition des Landes oder des Hauses Baden steht, hat ein Recht auf Wahrung ihres Eigentums. Es ist fraglich, ob man im Landesmuseum Stücke findet, die nicht von der Zähringer-Stiftung beansprucht werden und trotzdem als Privateigentum des ehemaligen großherzoglichen Hauses gelten können. Die "Hinterlegungen" in der Landesbibliothek müssen Stück für Stück geprüft werden und fallen, sofern sie großherzogliches Privateigentum waren, ebenfalls unter das Eigentum der Zähringer Stiftung, stehen also ebenfalls nicht als unbestrittenes Eigentum des Hauses Baden zur Verfügung.

Damit aber muss sich der Blick auf die markgräflichen Archivbestände richten, die sich teils im Generallandesarchiv in Karlsruhe, teils in Salem befinden (von Beständen in anderen Privatschlössern, über die mir nichts bekannt ist, einmal abgesehen).

Will man den anderen Archivverwaltungen der Länder aber nicht die Preise verderben, so erscheint es - trotz der herausragenden Bedeutung des Salemer Urkundenbestands - ausgeschlossen, das gesamte markgräfliche Archivgut für mehr als 1 Mio. Euro anzukaufen. Benötigt werden aber 30 Mio., denn ohne rechte Gegenleistung kann man dem maroden mittelständischen Unternehmen Baden, dessen Hauptgläubiger einem Ondit zufolge kanadische und US-Banken sein sollen, nicht aus der Bredouille helfen. Schon allein, um ein für allemal Ruhe vor dieser gierigen Sippschaft zu haben, wäre eine gütliche Einigung wünschenswert.

Wenn es aber um einen umfassenden Aufwasch geht, muss unbedingt das markgräfliche Archivgut einbezogen werden - um künftigen Ärger hinsichtlich von Eigentumsansprüchen zu vermeiden und um spätfeudale Benutzungsbeschränkungen im Interesse der Forschung bzw. der Bürgerinnen und Bürger, die das staatliche Archivgut vor 1918 frei einsehen dürfen, endlich zu beseitigen.

Das Landesarchiv Baden-Württemberg ist somit aufgerufen, sich für einen Ankauf des gesamten in markgräflichem Eigentum stehenden historischen Archivguts einzusetzen!

Nun zu den einzelnen Bestandteilen dieses Komplexes.

I. Die Erfindung des großherzoglichen Familienarchivs

Es kann auf die Ausführungen von H. Schwarzmaier/H. Köckert, Die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe. Teil 3: Haus- und Staatsarchiv sowie Hofbehörden (44-60), Stuttgart 1991 verwiesen werden.

1871 wurde eine "Kommission zur Einrichtung des Haus- und Staatsarchivs" gegründet. Als 1878 eine Entschließung des Großherzogs die Bestände des GLAK einteilte in 1. Großherzogliches Familienarchiv, 2. Großherzogliches Haus- und Staatsarchiv und 3. Landesarchiv war die Abtrennung des Familienarchivs im wesentlichen vollzogen (ebd., S. 10-12). Nach dem Pertinenzprinzip wurden aus den staatlichen Akten für das Familienarchiv (FA) "Familiensachen" herausgezogen, also ein Selektbestand gebildet. So wurden die Testamente der baden-durlachischen Linie ins FA überführt, die Baden-Badener blieben in ihren jeweiligen Beständen. Dass diese unorganische Trennung mit dem Provenienzprinzip nicht zu vereinbar ist und aus archivfachlichen Gründen eine Wiedereingliederung des Familienarchivs - wenigstens auf der Verzeichnungsebene - geboten ist, kann niemand ernsthaft bestreiten können.

Aber hier gilt das vom GLAK befolgte ängstliche Prinzip des "Nicht daran rühren!", denn die Unterlagen wurden leider von der Badischen Volksregierung 1919 dem Haus Baden zugesprochen:

Die Bestände des Großherzoglichen Familienarchivs und des Großherzoglichen Hausarchivs, Abteilung I und II des Haus- und Staatsarchivs sowie die Handschriften- und Plansammlung des Großherzoglichen Fideikommisses sind unveräußerliches Eigentum Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs beziehungsweise seines Hauses. Sie werden in dieser Eigenschaft unter Wahrung der daraus entspringenden Rechte in den bisher dazu vorgesehenen Räumen des Generallandesarchivs verwahrt und fallen nach Aussterben des fürstlichen Mannesstammes dem badischen Staate anheim.
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Baden_landtagsverhandlungen_1919_220.JPG

Hausarchiv und Fideikommißsammlungen durften - dieser Erklärung zufolge - mit Erlaubnis des GLAK-Direktors benützt werden (und sind heute allgemein frei, bei Reproduktionen der Fideikommiss-Handschriften fragt man aber in Salem an), während die Genehmigung der Benützung des Familienarchivs beim Chef des Hauses Baden lag und liegt. Der jetzige Direktor beteuert zwar, die Verweigerung der Benutzungsgenehmigung für Winfried Klein (der über die Domänenfrage seine Dissertation schrieb) sei in seiner Amtszeit ein singulärer Fall gewesen, muss aber zugeben, dass die Abwicklung der Benutzungsgesuche nicht völlig reibungslos laufe. Es dauere mindestens eine Woche, bis aus Salem die Genehmigung da sei. (Ich habe am 22. Oktober einen Benutzungsantrag an den Direktor des GLAK zur Weiterleitung gestellt, aber bis heute keine Reaktion erhalten.)

Dass die Findbücher (handschriftliche Bandrepertorien aus dem Ende des 19. Jahrhunderts) einsehbar sind, ist ein schwacher Trost.

Aus rechtshistorischer Sicht ist die Zuordnung der Fideikommissangelegenheiten und Testamente zum FA inakzeptabel, da es sich um - etwa bei der umfangreichen Fideikommisskonstitution vom 22. März 1792 - Rechtsnormen mit Gesetzescharakter handelt. Hausgesetze waren aufgrund der Autonomie der hochadeligen Häuser gültige Gesetze, die nach heutigen sowie den Maßstäben des 19. Jahrhunderts dem Publizitätsprinzip für Gesetze unterliegen. Ob Privateigentum oder nicht - solche Rechtsnormen haben allgemein zugänglich zu sein.

(Dagegen wird man - entgegen verbreiteten Gerüchten - sicher nichts über Kaspar Hauser im FA finden. Das Haus Baden war klug genug, in großem Umfang Unterlagen zu dieser Affäre zu beseitigen.)

Dass man aus Opportunismus den Willkürakt des seinerzeitigen Souveräns, der weitgehend aus staatlichen Unterlagen sich ein "Familienarchiv" zusammenschustern ließ, unangetastet lässt, ist mit Blick auf die Ansprüche des Hauses Baden nicht mehr hinzunehmen. Das Archivgut ist zwar dauernd für das GLAK gesichert und darf nicht veräußert werden, aber durch die Benutzungsgenehmigung für das FA hat die Familie doch einen kleinen, aber feinen Trumpf in der Hand.

Erwähnt sei noch, dass 1951 eine Vereinbarung mit dem Markgrafen geschlossen wurde, wonach bei drohender Kriegsgefahr oder einem sonstigen Notstand das Archiv von dem Markgrafen geborgen werden wird (GLAK 235/40323, Akte über das Landesmuseum).

Wohlgemerkt: Es geht beim FA um Unterlagen, die bis zum Jahr 1918 entstanden sind und schon von daher frei zugänglich sein sollten.

II. Die Handschriften und Karten des großherzoglichen Hausfideikommisses

In der Darstellung von Winfried Klein in der FAZ (siehe http://archiv.twoday.net/stories/2885928/ ) heisst es:

Alleiniger Anhaltspunkt für die heute geltend gemachten Ansprüche des Hauses Baden könnte ein Beschluß der badischen Regierung vom 20. Februar 1919 sein. Darin heißt es, daß "die Handschriften- und Plansammlung des Großherzoglichen Hausfideikommisses unveräußerliches Eigentum Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs beziehungsweise seines Hauses" ist. Sie sollte aber "in den bisher dazu vorgesehenen Räumen des Generallandesarchivs verwahrt" bleiben und nach Aussterben des Mannesstammes dem Land Baden-Württemberg anheimfallen. Dieser Regierungsbeschluß ist Bestandteil des Auseinandersetzungsvertrags. Er betrifft aber nur die Handschriften des Familienfideikommisses und nicht diejenigen der Hofbibliothek. Sollten - aus welchen Gründen auch immer - Handschriften des Familienfideikommisses nach 1919 in die ehemalige Hofbibliothek gekommen sein, so könnte man in bezug auf diese tatsächlich am Staatseigentum zweifeln. Zu berücksichtigen wäre dabei aber, daß durch den Auseinandersetzungsvertrag ein vertragliches Verwahrungsverhältnis begründet worden ist und einem Herausgabeanspruch entgegensteht. Sollte das Haus Baden den Auseinandersetzungsvertrag aus diesem Grund kündigen wollen, so müßte es aber selbst mit Ausgleichsansprüchen rechnen: Denn in diesem Fall würde es kundtun, säkularisiertes Klostergut - eigentliches Staatseigentum - privat vereinnahmt zu haben. Für einen solchen Fall nahmen selbst dem Großherzog nahestehende Juristen einen Ausgleichsanspruch des Staats an.

Zusammenfassend läßt sich daher sagen, daß die Handschriften Staatseigentum sind, wenn sie nach der Säkularisation Bestandteil der Badischen Hofbibliothek geworden sind. Sollten sie der Handschriften- und Plansammlung des großherzoglichen Hausfideikommisses zugeschlagen worden sein, so stünde dem Staat bei Beendigung des derzeitigen Verwahrungsverhältnisses ein Ausgleichsanspruch zu.


Dies bedarf der Ergänzung. Die Handschriften des Hausfideikommisses im GLAK stammen ursprünglich aus der Hof- und Landesbibliothek, wie aus dem von Aloys Schulte verfassten Vorwort zum Repertorium hervorgeht. Im November 1886 brachte die Archivverwaltung bei der Hof- und Landesbibliothek in Anregung, dass von dieser aus ihrer Manuskript-Sammlung Stücke archivalischen Charakters und insbesondere solche, die zur Ergänzung von Lücken in den Beständen des Großherzoglichen Haus- und Staatsarchivs wie des FA dienen könnten, abgegeben würden. Die großherzogliche Ermächtigung zur Übergabe wurde mit Erlass aus dem Geheimen Kabinett an das Ministerium der Justiz, Kultus und Unterrichts vom 13. März 1887 erteilt, "mit der Maßgabe, daß die Handschriften Eigentum des Großherzoglichen Haus-Fideicommisses bleiben". Im April 1887 wurden die Handschriften ins GLAK gebracht (Schäfer, s.u.).

Zu den Karten und Plänen, die 1893 durch eine Abgabe aus dem Schlößchen im Fasanengarten (der Intendanz der Zivilliste unterstehend) wesentlichen Zuwachs erhielten vgl. Alfons Schäfer, Inventar der handgezeichneten Karten und Pläne zur europäischen Kriegsgeschichte des 16.-19. Jh.s im GLAK, Stuttgart 1971, S. XXXf. (unter Auswertung von GLAK 450/233).

Die Handschriften stammten aus den Kabinetten Rastatt (Nr. 1-53), Durlach (Nr. 54-133) und Karlsruhe (Nr. 134-393) der Bibliothek (verständlicherweise trugen die Säkularisationsbestände nichts bei). Nr. 394 und folgende wurden vom Geheimen Kabinett oder der Generalintendanz der Zivilliste übergeben. Das Haus Baden nützte auch noch nach 1918 die Möglichkeit, den 534 Nummern umfassenden Handschriftenbestand durch Zugänge zu erweitern, der letzte Zugang stammt von 1935.

1887 hielt der Großherzog das Gros der Bestände der Hof- und Landesbibliothek (wie auch der anderen Sammlungen) für das Eigentum des Hausfideikommisses (auch die Handschriften der säkularisierten Klöster). Bei der Verbringung ins GLAK pochte der Großherzog auf dieses Eigentumsrecht.

Offenbar kamen als "Hinterlegungen" tatsächlich einige Handschriften aus dem GLAK in die Bibliothek zurück. Diese stehen aber als "hofeigene Bestände" Bibliothek der Zähringer Stiftung zu.

Im Vergleich zu den ab 1891 durch gedruckte Kataloge erschlossenen Handschriften der Badischen Landesbibliothek fristen die als Selektbestand aus den alten Provenienzen Baden, Durlach und Karlsruhe gebildeten "Fideikommisshandschriften" des GLAK ein Schattendasein. Auch wenn es sich überwiegend um junge Handschriften des 18./19. Jahrhunderts handelt, sollten sie - wenigstens virtuell - den Provenienzen, denen sie entrissen wurden, wieder angegliedert werden.

III. Hinterlegungen im GLAK

Bestand 69 Baden, Markgräfliche Verwaltung ist eine Hinterlegung, der nur mit Genehmigung des Hauses benutzt werden darf. Einsichtig ist das von der Genese des Bestands nicht (siehe Schwarzmaier/Köckert S. 109), denn nur ca. 30 der 1203 Akten und Bände reichen in die Zeit nach 1918 hinein; bei den 2282 Rechnungen ist es etwa ein Drittel. Genuin staatliches Schriftgut aus den Registraturen der Hofbehörden wird so der allgemeinen Nutzung entzogen.

Auch 69 Geheimes Kabinett der Großherzogin Luise von Baden ist eine Hinterlegung, die nur mit Genehmigung benutzt werden darf, obwohl es anachronistisch wäre, in den dort behandelten Angelegenheiten "Privatsachen" der Landesfürstin zu sehen. Sie war eine öffentliche Person, und ihre Unterlagen müssen der Forschung vorbehaltlos offen stehen.

IV. Klosterurkunden Salem

Der wichtigste Urkundenbestand im GLAK gehört dem Markgrafen, Näheres siehe http://archiv.twoday.net/stories/2837017/

Ob die dauerhafte Verwahrung unter allen Umständen durchgesetzt werden kann, mag man bezweifeln, auch wenn die Hürde für eine Kündigung aus wichtigem Grund für dieses Dauerschuldverhältnis sehr hoch liegt und eine Entwidmung der öffentlichen Sachen im Anstaltsgebrauch erfolgen müsste.

V. Das Archiv in Salem

Hier befindet sich die Überlieferung des Rentamts Salem aus dem 19. Jahrhundert (also einer quasi-staatlichen Behörde der Standesherrschaft) und auch der Nachlass von Prinz Max von Baden (gest. 1929). Es wäre höchst wünschenswert, wenn diese Archivalien nach den Grundsätzen des Landesarchivgesetzes allgemein nutzbar wären (und natürlich am besten in Landeseigentum). Derzeit haben Günstlinge Zutritt in Salem, beispielsweise Prof. Krimm, der stellvertretende Leiter des GLAK, der mir gegenüber zwar auf Golo Mann (den Auswerter des Nachlasses von Max von Baden) und bauhistorische Studien zu Salem hinwies, denen das Archivgut zugänglich war, geflissentlich aber verschwieg, dass er selbst für seinen Aufsatz über Burgen der Badener im 19. Jahrhundert dort recherchieren durfte.

Auch wenn Näheres über den Umfang der Archivbestände mir nicht bekannt ist (Prof. Krimm war sichtlich unwillig, etwas darüber zu sagen), so spricht doch alles dafür, dass die Unterlassung der Aufnahme der Salemer Bestände in das "Verzeichnis national wertvoller Archive" (Link) ein Skandal ist. Dass das Archiv mindestens ebenso wertvoll ist wie dort gelisteten Schlossarchive und der Nachlass von Max von Baden bedeutender ist als beispielsweise der dort unter Nr. 0142 aufgeführte Nachlass Werner von Blomberg (10 cm!) erscheint mir evident. Angesichts der Klage von Max Markgraf von Baden gegen einen Eintrag auf die Kulturgüterliste (siehe http://archiv.twoday.net/stories/2737033/#2823469 ) braucht man nicht lang zu rätseln, woher die lakaienhafte Haltung der baden-württembergischen Archivverwaltung kommt: Man will keinen Ärger und belässt alles beim spätfeudalen Status quo.

FAZIT

Das Archivgut des Hauses Baden im GLAK und in Salem ist überwiegend als genuin "öffentliches Archivgut" einzustufen, das nach Maßgabe des Landesarchivgesetzes allgemein zugänglich sein sollte.

Wenn das Land Baden-Württemberg auf eine Gesamteinigung mit dem Haus Baden abzielt, dann muss auch das Archivgut einbezogen werden und es muss eine Lösung gefunden werden, die den berechtigten Interessen der Öffentlichkeit Rechnung trägt. Es geht nicht an, dass wertvolle Geschichtsquellen aus der Zeit vor 1918 bis auf weiteres nach Gutsherrenart der Forschung entzogen werden können.

Angesichts des unanständigen Auftretens des Hauses Badens ist es ratsam, für die Zukunft klare Verhältnisse zu schaffen und möglichst alles durch Kauf in Landeseigentum zu überführen.

Nachtrag Im Handschriftenbestand des GLAK befinden sich unter der Signatur 65/577 Ordnungen von Salem für Schemmerberg, die aus Salem stammen und früher als Besitz des badischen Hausfideikommisses (korrekt wäre: Bodenseefideikommisses) betrachtet wurden. Das wenig wertvolle frühneuzeitliche Stück dürfte somit heute noch dem Haus Baden gehören.

http://ocp.hul.harvard.edu/immigration/allbooks.html

Lange war sie angekündigt, nun beeindruckt sie durch die Fülle (auch deutschsprachiger) digitalisierter Bücher und Schriften zur Auswanderung in die USA im 19. Jahrhundert. Es ist aber auch ein berühmtes Werk des 18. Jahrhunderts vorhanden:

Mittelberger, Gottlieb. Gottlieb Mittelbergers Reise nach Pennsylvanien im Jahr 1750 :und Rükreise nach Teutschland im Jahr 1754 : enthaltend nicht nur eine Beschreibung des Landes nach seinem gegenwärtigen Zustande, sondern auch eine ausführliche Nachricht von den unglükseligen und betrübten Umständen der meisten Teutschen, die in dieses Land gezogen sind, und dahin ziehen. Frankfurt : [s.n.], 1756.

Es ist Herzog Carl von Württemberg gewidmet. (Gibt es aber auch in Göttingen digitalisiert:
http://www-gdz.sub.uni-goettingen.de/cgi-bin/digbib.cgi?PPN234567872 )

Man findet aber auch ein praktisches Kochbuch von 1879 und darin etwas übers Backen:
http://pds.harvard.edu:8080/pdx/servlet/pds?op=f&id=5070929&n=258&res=3&imagesize=1200

Eine schier unerschöpfliche Sammlung, vor allem wenn man auch an englischen Titeln Freude hat!

http://wiki.genealogy.net/wiki/Computergenealogie/2006/11#Personenstandsgesetz

Der derzeitige Ablauf und Stand der Beratungen mit allen Texten zum "Gesetz zur Reform des Personenstandsrechts" (Personenstandsrechtsreformgesetz - PStRG) wird in den aktuellen Bundestagsinformationen (DIP - Das Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge) im Internet kurz und bündig beschrieben.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.8.2005 wurde im Bundesrat, im Innenausschuss und weiteren Ausschüssen beraten. Im 1. Bundesrats-Durchgang wurden die Anträge und Änderungen behandelt und eine Stellungnahme des Bundesrats am 15.10.2005 abgeliefert. Darauf hat die Bundesregierung am 15.6.2006 dem Bundestag einen Gesetzentwurf mit den Stellungnahmen des Bundesrats und der Antworten der Bundesregierung vorgelegt.

Die ersten Beratungen im Bundestag fanden am 29.6. und 5.9.2006 statt. Der Gesetzentwurf wurde schließlich wieder an den Innenausschuss und die weiteren betroffenen Ausschüsse (Recht, Familie, Senioren, Frauen, Jugend) überwiesen. Alle Beschlüsse und Reden können auf der Seite http://dip.bundestag.de/extrakt/16/019/16019236.htm herangeholt und nachgelesen werden.

Es wird deutlich, wie kompliziert das Gesetzgebungsverfahren ist. Alle Familienforscher hoffen und bangen, dass das Verfahren zügig abgeschlossen werden kann und endlich die neuen Regelungen wirksam werden können.


Empfohlen wird insbesondere das PDF:
http://dip.bundestag.de/btd/16/018/1601831.pdf

Seit Anfang Oktober 2006 sind einige Rechnungsbücher des historischen Firmenarchivs seit dem 17. Jahrhundert als Faksimile und Transkriptionen online:
http://www.schneider-archiv.de/

Die vom Ministerpräsidenten Oettinger mit einem Wert von 2 Mio. Euro an zweiter Stelle nach der Markgrafentafel genannten Cranach-Porträts in der Karlsruher Kunsthalle sind von Kultusminister Remmele ebenfalls 1930 für das Land gesichert worden. Dies bestätigte Dieter Mertens gegenüber "Archivalia".

Cranach

Damit erweist sich unsere Vermutung von gestern Abend http://archiv.twoday.net/stories/2885228/
als richtig. Die mit den Koelitz-Nummern 119 und 120 inventarisierten Bilder der Kunsthalle stehen nicht auf der Liste der dem Haus Baden zugestandenen Werke, die der Vertrag von 1930 enthält. (Für das ebenfalls genannte Amberger-Porträt kann folgerichtig nichts anderes gelten, denn es fehlt dort ebenfalls.)

(Nachtrag: In der SZ vom 3.11.2006 ist nachzulesen, dass Mertens bereits gegenüber der SZ das Landeseigentum der Cranach-Bilder herausgestellt hatte. In den zahlreichen Gutachten zu den Besitzstreitigkeiten der folgenden Jahre wurde nach Ansicht Mertens " zu oft auf alte Positionen zurück gegriffen, und zu selten gefragt, wie sind diese zu Stande gekommen?" Zurückhaltender die FAZ vom 3.11.2006 in einer Kurzmeldung auf S. 2: Als wahrscheinlich kann unterdessen gelten, daß auch die beiden Karlsruher Cranach-Gemälde dem Land gehören)

Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Die Presse amüsiert sich über die Stuttgarter Bilderposse:

Nun muss sich der Ministerpräsident einigen Hohn der Kommentatoren gefallen lassen. Von einer 'Lachnummer' spricht die 'Badische Zeitung' aus Freiburg. Die 'Süddeutsche Zeitung' nennt Oettingers Vorgehen stümperhaft. Erneut werde deutlich, dass der Ministerpräsident viel mache, aber nur wenig richtig.
http://www.dradio.de/kulturnachrichten/20061103100000/drucken/

Soviel Blamage war selten, kommentiert der Südkurier.

Von den Artikeln über die Causa Markgrafentafel ist der Bericht von Bettina Wieselmann hervorzuheben:
Link

In einem Leserbrief (FAZ 2.11., S. 11) widerspricht ein Dr. iur. Otfried Mangol (Weingarten) den überzeugenden Ausführungen von Prof. Mußgnug:

Seit Caesars Zeiten war rechtlich streng zu trennen zwischen dem Fiskalvermögen und dem patrimonium Caesaris. Das letztere wurde später als Patrimonialvermögen oder noch später auch als "Schatullgut" bezeichnet. Das war das Gut, das dem Fürsten als persönliches Eigentum zustand, unabhängig vom Fiskalvermögen, das ihm auch gehörte, aber eben nur in seiner Eigenschaft als Herrscher. Wechselte die Herrschaft, so ging das Fiskalvermögen auf den neuen Herrscher über, das Patrimonialvermögen aber blieb ihm. Deshalb ist immer zu prüfen, was fiskalisch und was patrimonial war. Niemals war das Patrimonialvermögen eine "Pertinenz" der Landeshoheit. Das übersieht Mußgnug in den von ihm erwähnten Beispielen, die sämtlich schlichte Hoheits- oder Fiskalrechte betrafen. Selbstverständlich konnte der Fürst mit seinem Schatullgut machen, was er wollte. Er konnte seine Kunstschätze dem Volk zugänglich machen, ohne daß damit der Charakter als Schatullvermögen in Zweifel gezogen war. Die Frage, ob Bibliothek und Museen 1808 zum Schatullgut gehörten, wie der Markgraf von Baden meint, ist damit allerdings noch nicht beantwortet. Das bedarf einer tiefergehenden Forschung, die ohne genaue Kenntnis der historischen Entwicklung, insbesondere der Gründung der Bibliothek und der Anschaffung der Bilder, kaum möglich sein dürfte. Das Land Baden-Württemberg von vornherein ohne diese Kenntnis der Verschwendung zu verdächtigen geht aber nicht an.

Einen ausgewiesenen, rechtshorisch versierten Fachmann des Kulturgutrechts wie Mußgnug mit Baumschul-Wissen zu belehren, ist ein starkes Stück. Nach den Hausgesetzen des Hauses Baden zählte zum Schatullgut nur das beim Ableben des Regenten vorfindliche barvermögen, alles andere wurde zum unveräußerlichen Hausfideikommiss geschlagen, mit dem der Fürst nun einmal nicht machen konnte, was er wollte und der als Domanial-Fideikommiss beim Wechsel des Regenten durchaus beim Land blieb (so in Kurhessen, Hannover 1866).

Man braucht nur einen Blick in die Ausführungen Helferichs zum Patrimonialeigentum zu werfen:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:DE_Helferich_Baden_17.png

Bei den Domänen werde Patrimonialeigentum von älteren wie neueren Autoren als Gegensatz zu Privateigentum verwendet.

Helferich sieht die Domänen eindeutig als Pertinenz der Landeshoheit. Man mag diesem Urteil nicht beipflichten, aber der apodiktische Ton "niemals") ist völlig verfehlt.

Der Autor heisst natürlich Mangold, nicht Mangol. Er hat 2004 in Tübingen über "Drittwirkungen des Fehlurteils im römischen Recht " promoviert (die Arbeit ist schmal geraten: gut 120 Seiten). Sein eigener Leserbrief ist selbst ein Fehlurteil: Si tacuisses ...

Update: Bislang hier noch nicht dokumentiert wurde der Artikel des Heidelberger Rechtsanwalts Dr. Winfried Klein (Das Recht ist das Recht und nicht bloß eine Behauptung;
Nach allen Regeln der Domänenfrage: Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek sind Staatseigentum, FAZ 5.10.2006, S. 39), der über die Domänenfrage im 19. Jahrhundert promoviert hat (die Arbeit erscheint bei Duncker & Humblot in Berlin Anfang 2007). Klein behandelt in seiner Dissertation die Fälle Baden (auch aufgrund Karlsruher Akten, wenngleich ihm der Zugang zu den Unterlagen des Familienarchivs vom Markgrafen versagt wurde!), Sachsen-Weimar und Sachsen-Meiningen. Er kann somit derzeit als bester Kenner der badischen Domänenfrage angesprochen werden.

Auszug:

Das Domänenvermögen war in Baden nicht nur auf land- und forstwirtschaftliche Güter beschränkt: Auch die Hofausstattung, zu der nach herrschender Meinung die Hofbibliothek gezählt wurde, galt aus Sicht der Großherzoglich Badischen Regierung als Teil des Domänenvermögens.

Nur dem Großherzog nahestehende Juristen nahmen an, die Hofausstattung sei freies Privateigentum des Großherzogs. Die Mehrheit der Staatsrechtslehrer folgte dem nicht. Sie machte keinen Unterschied zwischen dem Eigentum an den Domänen und dem Eigentum an der Hofausstattung. Selbst wenn man die Hofbibliothek nicht zur Hofausstattung zählen sollte, kommt man um ihre Zuordnung zum Domänenvermögen nicht umhin: Denn die dafür maßgeblichen Zivillistengesetze von 1831 und 1854 sahen vor, die Hofbibliothek aus den Domänenerträgen zu unterhalten. Private Aufwendungen des Großherzogs zu finanzieren war aber nicht Gegenstand der Zivilliste; sie stellte eine Entschädigung für die mit der Innehabung der Landeshoheit verbundenen Lasten dar. Daher regelten die Zivillistengesetze zumindest implizit die Zugehörigkeit der Hofbibliothek zum Domänenvermögen. Für die Beurteilung des Eigentums an den Beständen der Hofbibliothek kommt es also darauf an, wem die badischen Domänen gehörten.

Diese Frage - die Domänenfrage - gehörte zu den großen Themen der deutschen Verfassungsentwicklung im neunzehnten Jahrhundert. [...] Das Großherzogtum Baden war ein Sonderfall. Es hatte auf den ersten Blick eine recht fortschrittliche Verfassung, die freilich dem Großherzog nur an versteckter Stelle die Funktion eines Staatsoberhaupts zuwies. Außerdem ließ die Verfassungsurkunde von 1818 zahlreiche Kriterien unerfüllt, die der berühmte Göttinger Jurist Wilhelm Eduard Albrecht für das Bestehen staatlicher Rechtspersönlichkeit aufgestellt hatte. Eines dieser Kriterien war die Verstaatlichung der Domänen. Daran fehlte es.

Zwar hatten verschiedene großherzogliche Verordnungen von 1806 und 1808 noch den Anschein erweckt, Baden schlage einen mit Bayern und Württemberg vergleichbaren Weg ein; im Jahr 1818 wollte Großherzog Karl Ludwig Friedrich dem aber nicht mehr folgen. Er äußerte vielmehr den Wunsch, daß "sämmtliche Domänen als Familien-Privat-Gut" des großherzoglichen Hauses aufgeführt werden sollten. Durchsetzen konnte er sich damit nur bedingt: Denn § 59 der Verfassung von 1818 stellte letztlich nur fest, daß "die Domainen nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Staats- und Fürstenrechts unstreitiges Patrimonialeigenthum des Regenten und seiner Familie sind". Der Unterschied liegt auf der Hand.

Als Familienprivatgut wäre das Domänenvermögen von der Bindung an die Landeshoheit befreit gewesen. Als Patrimonialgut blieben die Domänen - und damit auch die Bestände der Hofbibliothek - aber Pertinenz der Landeshoheit. Zutreffend stellt § 59 also klar, daß dies nach dem damals geltenden Staats- und Fürstenrecht unstreitig war. Auch wenn die Rechtsgelehrten heftig darüber stritten, wer Eigentümer der Domänen sei - einig waren sie sich darin, daß die Domänen Pertinenzqualität hatten. Die Verhältnisse im Großherzogtum Baden waren so ausgestaltet, daß viel dafür sprach, den Großherzog nicht nur als Eigentümer der Domänen, sondern auch als Träger der Landeshoheit anzusehen. Dessenungeachtet differenzierten die meisten Staatsrechtslehrer danach, ob die Domänen schon vor 1803 erworben wurden oder danach. Die bis 1803 erworbenen Domänen hielten sie für Patrimonialeigentum, die danach erworbenen Domänen für Staatseigentum.

Eine Mindermeinung im staatsrechtlichen Schrifttum wollte sämtliche Domänen von § 59 erfaßt sehen; soweit dadurch wirkliche Staatsdomänen dem Staat entzogen worden seien, stünde dem Staat ein Entschädigungsanspruch zu. Folgt man der damals herrschenden Meinung, so waren die infolge der Säkularisation einverleibten Domänen und Bestände der Hofbibliothek schon vor 1918 Staatseigentum. Folgt man der Mindermeinung, so hätte dem Staat ein Entschädigungsanspruch gegen den Großherzog und das großherzogliche Haus zugestanden.

Im Jahr 1918 verlor das großherzogliche Haus nicht nur die Regierungsrechte, sondern infolge des Verlusts der Landeshoheit auch das Eigentum am Domänenvermögen und damit auch das Eigentum an den Beständen der Hofbibliothek. Der Auseinandersetzungsvertrag vom Frühjahr 1919 vollzog diesen Übergang nach. Dies war für das großherzogliche Haus auch erforderlich, um das Eigentum an verschiedenen Vermögensgegenständen beweglicher oder unbeweglicher Art zu erlangen. Wegen der Pertinenzqualität war schließlich alles, was zuvor Bestandteil des Domänenvermögens war, nunmehr Staatseigentum. Besonders deutlich wird dies in § 1 Ziff. 6 des Auseinandersetzungsvertrags, der die Hofausstattung anspricht: Alle Gegenstände der zur Hofausstattung gehörenden Gebäude sollten grundsätzlich dem Staat gehören, selbst wenn hiervon freies Privateigentum des Großherzogs betroffen sein sollte.

Johannes Gut, Dem Gespött preisgegeben? Gedanken zu den Verkaufsverhandlungen Neues Schloß Baden-Baden, in: Badische Heimat 75 (1995), S. 311-318 plädierte im Mai 1995 für die Rettung des einzigartigen Ensembles des Neuen Schlosses in Baden-Baden durch einen Ankauf seitens des Staats. Es kam bekanntlich anders: Sotheby's versteigerte die Kostbarkeiten im Oktober 1995, siehe http://archiv.twoday.net/stories/2804774/

Gut, seines Zeichens Jurist, ging in seinem Artikel auch auf die Geschichte und Rechtsverhältnisse der Sammlungen ein. Er erwähnte nach dem Abfindungsvertrag von 1919, der die privaten Sammlungen nicht betroffen habe, den Ankauf der Kunsthallenbilder 1930 und die Errichtung der "Zähringer Stiftung" für die Gegenstände, die sich in öffentlicher Verwahrung befanden.

Deutlich zu unterscheiden sei das eigentliche Privateigentum der fürstlichen Familie und das Domäneneigentum. Zu ersterem habe von Anfang an Salem gezählt, das als Wohnsitz der Sekundogenitur zählte. "Unter das Domäneneigentum fiel die große Anzahl anderer Schlösser, wie Karlsruhe, Baden-Baden, Rastatt, mannheim und Bruchsal, ob diese zur Hofausstattung zählten oder nicht" (S. 313). Gut verweist auf den umstrittenen § 59 der badischen Verfassung, der vom Patrimonial-Eigentum des Regenten und seiner Familie sprach. "Nur folgerichtig war es, daß die Einrichtung (Sammlungen) der altbadischen Schlösser sowie der 1803 und 1805/06 angefallenen Klöster und Schlösser eigentumsmäßig zur Verfügung des Großherzogs standen". (Aus dem Zusammenhang, der Erörterung des § 59, ergibt sich, dass Gut sie als Domäneneigentum sieht.)

"Das namengebende Neue Schloß in Baden-Baden, zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder in wohnlichen Zustand versetzt, erfuhr in den Jahren 1842-1847 durch Großherzog Leopold eine grundlegende 'Restaurierung' im Sinn des Historismus. Sollte dieser ehrwürdige Stammsitz nunmehr doch nicht nur dem Sommeraufenthalt der fürstlichen Familie dienen, sondern auch eine große Bildnissammlung der Zähringer und ein umfangreiches Museum aufnehmen, das - leider zu wenig beachtet - sich an Objektdichte und -qualität den großen Karlsruher Einrichtungen würdig an die Seite stellen konnte. Zu diesem Zwecke reicherten Großherzog Leopold und seine Nachfolger das jeweils Vorhandene in größtem Umfang mit Einrichtungs- und Sammlungsgegenständen jeglicher Art an, die sowohl aus dem Privateigentum der fürstlichen Familie, als auch aus zahlreichen, zum Domäneneigentum zählenden altbadischen Schlössern sowie 1803 und 1805/06 erworbenen Klöstern und Schlössern stammten; offenbar war hierbei nicht ausschlaggebend, ob diese Gebäude der Hofausstattung unterfielen. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gelangten auf diese Weise wertvolle Objekte zum Beispiel aus Mannheim nach Baden-Baden." (S. 314)

Bei der Versteigerung 1995 wurden demzufolge nicht nur Objekte aus Salem, sondern auch anderes Säkularisationsgut angeboten.

Prof. Klose hat (zitiert http://archiv.twoday.net/stories/2881304/ ) zurecht die Handschriften der BLB aus säkularisierten Klöstern als Staatseigentum angesprochen.

Auf die Beschwerde der Universität Freiburg, die um die Handschriften von St. Trudpert bat, beschied das Badische Kabinettsministerium am 2. September 1808 (Universitätsarchiv Freiburg B 6/31, zitiert nach Magda Fischer, Geraubt oder gerettet?, in: Alte Klöster - Neue Herren. Aufsätze Bd. 2, 2003, S. 1273) die Hochschule: Alles freye Guth aufgehobener Klöster wird Eigenthum des Staats und des Regenten, und ein anderweiter rechtlicher Anspruch darauf findet nicht statt. Bey deren Verwendung ist die Bereicherung der Hofbibliothek dahier aus den Seiner Königl. Hoheit heimgefallenen Klosterbibliotheken der erste Augenmerk [...].

Helferich zitiert in seinem Aufsatz über das badische Domänenvermögen das Kirchenedikt von 1807, in dem es in § 9 heisst: Das Vermögen der Ordensgesellschaften (ein sehr beträchtlicher Theil des heutigen Kammerguts) gehört zu dem gemeinen Staatsvermögen
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:DE_Helferich_Baden_16.png

Zur Domänenfrage in Baden siehe auch die Stellungnahme von Winfried Klein, http://archiv.twoday.net/stories/2885928/

In der Gesetzesbegründung von 1919 heisst es (Beilagenheft, Beilage Nr. 21, S. 218): Was die Einrichtung dieser Gebäude betrifft, so ist sie zu einem großen Teil unzweifelhaft Privateigentum des Großherzogs und braucht insofern nicht erst als Privateigentum überwiesen werden. Das Eigentum anderer Gegenstände ist unbestritten als solches der Krone und somit jetzt des Staats anzusprechen. Von diesen Gegenständen, soweit sie sich in den bisher zur Hofausstattung gehörigen Schlössern befinden, soll dem Großherzog ein Teil zu freiem Eigentum überwiesen werden. Da auf sie § 59 der Verfassung ebenfalls Anwendung findet, müssen sie in das Abfindungsverfahren einbezogen werden. Dagegen sollen alle anderen Gegenstände in diesen Schlössern für Staatseigentum erklärt werden. Dies gilt auch von denjenigen Gegenständen, welche bisher Privateigentum des Großherzogs waren, von ihm aber nicht beansprucht werden.

Dieses Zitat erscheint mir ausserordentlich wichtig, zeigt es doch, dass der Gesetzgeber innerhalb des Mobiliarguts ein Kroneigentum ausmachte, das nun dem Staat gehörte. Und die Vereinbarung bezog sich auf alles Gut, auf das § 59 der Verfassung Anwendung fand.

Wenn es im Gesetz über die Apanagen (Staats- und Regierungs-Bl. 1839 S. 197 ff.) in § 19 heisst, über das Zugestandene habe keine Prinzessin etwas "an das Domanial- und übrige Fideicommißvermögen, sowie an den Staat zu fordern", so drückt das die komplementäre Funktion des Hausfideikommisses zum Domänenvermögen aus. Das Domänenvermögen war Fideikommissvermögen, da es unveräußerlich war und dem jeweiligen Regenten zustand. Das bewegliche Fideikommissvermögen war aber zugleich auch Patrimonialeigentum im Sinne der Verfassung.

Das Inventar der säkularisierten Klöster und Schlösser war unzweifelhaft Zubehör des Domänenvermögens, also von § 59 der Verfassung erfasst. Durch die Verlagerung in die fürstlichen Sammlungen oder Schlösser war kein Eigentumsübergang verbunden. Als ererbtes Mobiliargut des Regenten zählten diese Gegenstände zwar zum Hausfideikommiss, sie waren aber Pertinenz der Krone.

Auf Säkularisationsgut ist somit eindeutig der § 59 der badischen Verfassung anzuwenden mit der Folge, dass es 1919 von dem Vergleich erfasst und dem Staat zugewiesen wurde, soweit es sich nicht in den Schlössern befand, die dem Haus Baden zugewiesen wurde oder die diesem als Privateigentum zustanden.

James J. Sheehan, Geschichte der deutschen Kunstmuseen, München 2002, S. 155-157 gibt einen kurzen Überblick zur Frage, wem die Sammlungen der Museen denn gehörten, dem Fürst oder dem Staat?

In fast jedem deutschen Staat war die Frage des Eigentums an Kunstgegenständen ebenso kompliziert und potentiell strittig (S. 156).

Unter Reformeinfluß bestimmte die Bayerische Verfassung von 1818:
http://wwwalt.uni-wuerzburg.de/rechtsphilosophie/hdoc/bayern1818.html

Titel III § 2
Zu dem unveräußerlichen Staatsgute, welches im Falle einer Sonderung des Staats-Vermögens von der Privat-Verlassenschaft in das Inventar der letztern nicht gebracht werden darf, gehören:
1. Alle Archive und Registraturen;
2. Alle öffentlichen Anstalten und Gebäude mit ihrem Zugehör;
3. Alles Geschütz, Munition, alle Militaire-Magazine und was zur Landeswehr nöthig ist;
4. Alle Einrichtungen der Hof-Capellen und Hof-Aemter mit allen Mobilien, welche der Aufsicht der Hof-Stäbe und Hof-Intendanzen anvertraut und zum Bedarf oder zum Glanze des Hofes bestimmt sind;
5. Alles, was zur Einrichtung oder zur Zierde der Residenzen und Lustschlösser dienet;
6. Der Hausschatz und was von dem Erblasser mit demselben bereits vereiniget worden ist;
7. Alle Sammlungen für Künste und Wissenschaften, als: Bibliotheken, physicalische, Naturalien- und Münz-Cabinette, Antiquitäten, Statuen, Sternwarten mit ihren Instrumenten, Gemählde- und Kupferstich-Sammlungen und sonstige Gegenstände, die zum öffentlichen Gebrauche oder zur Beförderung der Künste und Wissenschaften bestimmt sind;
8. Alle vorhandenen Vorräthe an baarem Gelde und Capitalien in den Staats-Kassen oder an Naturalien bey den Aemtern, samt allen Ausständen an
Staatsgefällen;
9. Alles was aus Mitteln des Staats erworben wurde.


Bei den Sammlungen muss die Erwähnung der öffentlichrechtlichen Widmung unterstrichen werden: "zum öffentlichen Gebrauche oder zur Beförderung der Künste und Wissenschaften bestimmt".

Hinsichtlich des Badischen Hausfideikommisses, zu dem im 19. Jahrhundert auch die fürstlichen Sammlungen gerechnet wurden, ist vor allem darauf abzuheben, dass die Unveräußerlichkeit der Mobilien im Interesse der Dynastie UND der öffentlichen Widmung erfolgte. Gerade sein umfassender Charakter, der die Gesamtheit der nicht verkauften oder anderweitig verwerteten Gegenstände aus den nach 1801 säkularisierten Herrschaftsgebieten einbezog, spricht für einen öffentlichrechtlich akzentuierten Kron- oder Domanial-Fideikommiss, der mit der Resignation an den Staat gefallen ist. Siehe auch: http://archiv.twoday.net/stories/2835237/

So titelt süffisant die WELT:

http://www.welt.de/data/2006/11/02/1096286.html

Auszug:

Von der Markgräflich-badischen Verwaltung gab es keine Stellungnahme. Die Landesregierung in Stuttgart zeigte sich überrascht und kündigte eine „erneute rechtliche Prüfung“ an, die „auch auf andere bedeutende Einzelwerke oder Werkgruppen ausgedehnt werde“.
Ministerpräsident Oettinger sagte zu „Bild“, die Listen mit den Kulturgütern seien im Finanzministerium erstellt worden. Der Direktor der Karlsruher Kunsthalle habe in einem Brief an das Wissenschaftsministerium auf die Besitzverhältnisse hingewiesen. Das Schreiben habe aber erst am Donnerstag im Ministerium vorgelegen. „Es ist ärgerlich, aber man muss akzeptieren, dass auch Beamten mal ein Fehler unterläuft“, meinte er.
Die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ute Vogt, nannte Oettingers Vorgehen „schlampig und verantwortungslos“. Die Grünen forderten, die geplanten Ankäufe der Kulturgüter einzustellen.


MarkgrafentafelBaldungs Markgrafentafel

Ergänzend aus der Netzeitung:
http://www.netzeitung.de/kultur/450520.html

Mertens hat nach eigenen Angaben herausgefunden, dass das Gemälde dem Land bereits 1930 zugesprochen wurde. «Wenn ein Sachbearbeiter das nachgeprüft hätte, hätte das eigentlich auffallen müssen», sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Er sei durch Zufall auf Ungereimtheiten gestoßen. Die Nummer 88, die die betreffende Markgrafentafel im Register der Karlsruher Kunsthalle habe, tauche nicht auf der Liste der Gegenstände auf, die seinerzeit dem Haus Baden zugeschlagen worden seien. «Das hat mich stutzig gemacht.»

Das Finanzministerium teilte ferner mit, auch die Eigentumsverhältnisse anderer Einzelwerke oder Werkgruppen sollten nun erneut geprüft werden. Gerade die zahlreichen, nicht abschließend geklärten Rechtsfragen sprächen aber weiterhin für einen Vergleich mit dem Haus Baden.


Der Mertens-Artikel im Volltext:
http://archiv.twoday.net/stories/2880867/

In der Pressemitteilung des Wissenschaftsministeriums anläßlich der Pressekonferenz vom 28.9.2006
http://kultur.baden-wuerttemberg.de/pressemeldungen-detail/article/405/555/1d6a069e4d/
steht am Schluß:

Auswahl von Kunstgegenständen, die nach der geplanten Vereinbarung mit dem Haus Baden in Landesbesitz übergehen sollen:

Kunsthalle Karlsruhe:
Baldung von Grien: Tafel "Markgraf Christoph I"
Ch. Amberger: der 45-jährige Ludwig V, Herzog von Bayern
L.Cranach d.Ä.: Johann der Beständige
L.Cranach d.Ä. Friedrich III der Weise
Badisches Landesmuseum:
Zwei Mithrasreliefs
"Türkenbeute"
Waffensammlung
Münzsammlung
Petershausener Portal
Baldung von Grien-Fenster


Es tut mir leid, aber auch die drei anderen genannten Bilder (Amberger, Cranach) finde ich nicht auf der Liste des vorbehaltenen Eigentums in der Vereinbarung von 1930. Es handelt sich bei den Cranach-Bildern offenbar um Koepplin/Falk, Lukas Cranach, Basel/Stuttgart 1974, Bd. 1, S. 296 Nr. 182, 183 KA Staatliche Kunsthalle (120, 119) Bildnisse der Kurfürsten Friedrich und Johann von Sachsen im Rund (1525).

Die beiden Cranach-Medaillons wurden mit einem Wert von 2 Mio. Euro von MP Oettinger an zweiter Stelle in seiner landtagsrede genannt:
http://archiv.twoday.net/stories/2831349/#2875967

Aus der Ansprache von Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Klose, Vorsitzender der Badischen Bibliotheksgesellschaft, gehalten am 27.10.2006 zur Eröffnung der Ausstellung "Mittelalterliche Handschriften der Badischen Landesbibliothek: Europäisches Kulturerbe":

(...) Die Landesregierung postuliert noch immer, dass das Markgrafenhaus Eigentumsrechte an unseren Handschriften habe. Ministerpräsident Oettinger hat im Landtag am 11. Oktober säuberlich unterschieden zwischen dem unbestrittenen Privatbesitz der Markgrafen und den für ihn strittigen Stücken. (...)
In der BLB zählen zu dem für den Ministerpräsidenten unbestrittenen Privatbesitz schon einmal ca. 70 Handschriften der sogenannten Hinterlegungen. Ob sie tatsächlich so unbestritten sind, muss allerdings in jedem Einzelfall erst noch geprüft werden. Alles andere, also der gesamte alte Handschriftenbesitz der BLB scheint für Herrn Oettinger strittig zu sein, er verneint also den Besitzanspruch des Landes daran. Ihretwegen will er nicht vor Gericht gehen. (...)

Herrn Oettingers Schreckensszenario aus dem Landtag ist ohnehin aus der Luft gegriffen. Das Bürgerliche Gesetzbuch schützt den Besitzer eines Guts vor dem Zugriff des Gerichtsvollziehers (Stichwort Kuckuck), bis das Eigentum eines anderen gerichtlich erwiesen ist. Also erst der Gerichtsentscheid und dann eventuell die Herausgabe. Nicht umgekehrt, wie der Herr Ministerpräsident den Landtagsabgeordneten einreden wollte. Eigentum kann man nicht herbeireden. Alle Fakten weisen die Handschriften als Eigentum des Landes Baden-Württembergs aus.
  • Ein großer Teil der Handschriften kam als Säkularisationsgut nach dem Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803, §§ 34 und 35 in das Domänen-, d.h. Staatsvermögen der Landesherren, die daraus die kirchlichen Aufgaben zu finanzieren hatten (vergl. auch Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1957, Seite 54 f.)
  • Badische Landtag verabschiedete am 25. März 1919 ein Gesetz (vergl. Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt Nr. 21 vom 9. 4. 1919, Seite 179-182 [dokumentiert in Archivalia]) über die Auseinandersetzung bezüglich des Eigentums an dem Domänenvermögen des bisherigen Landesherren, das u. A. die mittelalterlichen Handschriften als Eigentum des Badischen Staates endgültig feststellt.
(...) Die Gefahr für unsere Landesbibliothek ist keineswegs gebannt, wenn auch der Trick des Dreisäulenmodells national wie international sedativ gewirkt hat. (...)

Im Landtag sagte [Oettinger] am 11. Oktober dazu:

„Deswegen werden wir die Ankaufsmittel der nächsten Jahre für unsere staatlichen Museen und unsere Landesbibliotheken nutzen und sagen: ‚Was ihr besitzt, können wir erwerben. Eigentum daran streben wir an.’ Dann steht manches, was ansonsten in den nächsten drei bis fünf Jahren zu erwerben wäre, zurück.“
Für die Landesbibliothek bedeutete dies, dass in den nächsten Jahren kaum mehr Neuerscheinungen gekauft werden können, die außerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Erwerbs von in Baden erscheinenden Büchern liegen (Pflichtexemplare): schickt man die BLB auf den Abstieg in die unterste Provinz?

(...) Die Bibliotheksgesellschaft hat namhafte Beträge für die Erhaltung der Handschriften aufgebracht. Sie hat ihre Zuschüsse im Vertrauen auf die Landesregierung bereitgestellt. Wenn die Landesregierung dieses Vertrauen enttäuscht, so verstößt sie damit gegen alle Regeln von Sitte und Anstand.

Es ist geradezu frivol, einerseits die "Mäzenaten-Säule" zu beschwören, und andererseits die Mäzene, die sich bislang um die Karlsruher Handschriften verdient gemacht haben, z.B. unsere Bibliotheksgesellschaft, zu desavouieren. Wer soll da
noch Geld für Baden-Württembergisches Kulturgut geben?"


Der Vollständige Redetext ist auf den Seiten der BBG dokumentiert:
http://www.bbg-karlsruhe.de/pdf/ansprache_klose_27_10_06.pdf

Auf Seite 1 der FAZ vom Donnerstag liest man:

Die Darstellung der Landesregierung von Baden-Württemberg, sie sei im Lichte der Rechtslage gehalten, mit dem vormals regierenden badischen Fürstenhaus zu einer gütlichen Einigung über vom Land verwahrte Kunstgegenstände aus früherem fürstlichen Besitz zu kommen, wird durch einen Aktenfund erschüttert. Von höchster Bedeutung unter den Kulturgütern, die Ministerpräsident Oettinger (CDU) als "unbestritten" im Eigentum des Hauses Baden stehend bezeichnet, ist die sogenannte "Markgrafentafel" des Hans Baldung Grien (1484/85 bis 1545) in der Karlsruher Kunsthalle. Der Wert des Gemäldes wird von der Landesregierung mit acht Millionen Euro beziffert. Im Generallandesarchiv in Karlsruhe hat der Freiburger Historiker Dieter Mertens nun in den Akten des Badischen Ministeriums für Kultus und Unterricht ein Schriftstück aufgefunden, das beweist, daß das bedeutende Kunstwerk bereits vor 76 Jahren in den Besitz des Landes Baden übergegangen ist.

MarkgrafentafelMarkgrafentafel - Ausschnitt

Auf den Seiten 39 und 41 legt Mertens seine Ergebnisse dar (Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors):

Der Baldung-Grien-Code
Wer will denn ein Bild kaufen, das ihm schon gehört? Günther Oettinger haut acht Millionen auf den Kopf / Von Dieter Mertens

Das Land Baden-Württemberg wirbt derzeit bei der Landesstiftung, bei seinen Kultureinrichtungen und bei Sponsoren Geld ein, damit Hans Baldung Griens "unbestritten" im Besitz des Hauses Baden stehende Markgrafentafel für das Land gekauft werden kann. Wie die Kenntnis der Aktenlage der Allgemeinheit einen Verlust von 8 Millionen Euro erspart, steht in unserem Beitrag: Der Freiburger Historiker Dieter Mertens hat im Generallandesarchiv Karlsruhe den eindeutigen Beweis dafür gefunden, daß das hochbedeutende Kunstwerk schon im Jahr 1930 in den Besitz des Landes Baden übergegangen ist.

Die Markgrafentafel von Hans Baldung Grien zählt zu den kunsthistorisch und historisch herausragenden Werken der Karlsruher Kunsthalle. Mit 64 Zentimeter Höhe und 216 Zentimeter Breite hat sie ein ungewöhnliches Format, und für welchen Ort und Zweck sie ursprünglich bestimmt sein mochte, ist gar nicht sicher. Die Tafel zeigt, der "Anna Selbdritt" in der Mitte betend zugewandt, auf der Männerseite den Markgrafen Christoph I. von Baden (1453 bis 1527), der dieses Bild in Auftrag gegeben hat, mit neun Söhnen und auf der Frauenseite seine Gemahlin Ottilie von Katzenelnbogen (1453 bis 1517) mit fünf Töchtern. Konrad Krimm hat 1990 die politische Programmatik des Bildes entschlüsselt. Die Anordnung der Söhne favorisiert entsprechend dem Testament des Markgrafen von 1503 den als Alleinerben vorgesehenen Sechstgeborenen, von den weltlichen Söhnen ist er der zweitälteste. Dieses Testament vermochte Christoph gegen die anderen Söhne aber nicht durchzusetzen, vielmehr hat er die Familie gesprengt, seine eigene Entmachtung heraufbeschworen und die Teilung des Landes herbeigeführt. Sie währte bis 1771.

Im Katalog der Karlsruher Kunsthalle von 1847 wurde das unsignierte Bild erstmals Hans Baldung zugeschrieben, was eine Datierung auf 1509/1510 erlaubt und seither unbestritten ist. Die älteste Nachricht von der Existenz der Tafel stammt aus einem Inventar des Jahres 1691 - es verzeichnete den Inhalt der Transportkisten, in denen der Hof von Baden-Durlach 1688 mehrere hundert Gemälde vor den französischen Truppen in seine Basler Residenz geflüchtet hatte; die Durlacher Karlsburg brannte 1689 nieder. 1789 kehrte die Tafel aus Basel in das inzwischen vereinigte Baden zurück, nun nach Karlsruhe in die Gemäldegalerie. Großherzog Leopold (1811 bis 1852) stellte das Bild für die neugestaltete Fürstenkapelle des Klosters Lichtental bei Baden-Baden als Antependium zur Verfügung, ließ aber 1833 eine Kopie anfertigen, so daß das Original schon bald wieder in Karlsruhe zu sehen war.

Auf Wunsch des Großherzogs ging die Verwaltung der Sammlungen und der Bibliothek 1872/73 an das Innenministerium über, die Finanzierung kam nun aus dem Staatshaushalt anstatt von der Hoffinanzkammer. Für die Kunsthalle galt das nicht, doch wurden ihr Zuschüsse aus dem Staatshaushalt zugesagt. 1919, nach dem Ende der Monarchie, traf der zwischen dem badischen Staat und dem vormaligen Großherzoglichen Haus geschlossene Abfindungsvertrag eine gesonderte Regelung über die Kunstwerke der Kunsthalle Karlsruhe, soweit sie Privateigentum des Großherzogs waren. Im letzten Paragraph verwies er auf eine Erklärung des Präsidenten der Generalintendanz der Zivilliste (der für die Hofhaltung bereitgestellten staatlichen Mittel) vom 18. März 1919, die lautet: "1. Die Kunstwerke der Kunsthalle (einschließlich Kupferstichkabinett), die Privateigentum des Großherzogs sind, bleiben solches. Ein Verzeichnis der einzelnen Kunstwerke wird mitgeteilt werden. 2. Seine Königliche Hoheit erklären für Sich und Seine Rechtsnachfolger, die Kunstwerke, solange sie Ihr Eigentum sind, gegen Übernahme aller Verwaltungskosten durch den Staat für immer in der Kunsthalle zu belassen. Sie behalten sich nur vor, das eine oder andere Stück (Familienbilder) vorübergehend aus der Galerie entnehmen zu dürfen. 3. Seine Königliche Hoheit und Seine Rechtsnachfolger werden die Bilder nur in dringenden Notfällen verkaufen; sie räumen für diese Fälle dem Staat ein Vorkaufsrecht ein." Eine solche Erklärung war ursprünglich gar nicht vorgesehen, weil die Regierung über den Erhalt der genannten Sammlungen, aber nicht über die Eigentumsrechte hatte verhandeln wollen. Seitens des Großherzogs wurden 549 Gemälde - darunter auch die Markgrafentafel - beansprucht; das Ministerium ließ die Liste unkommentiert: Die Sicherung des Eigentumsrechts ohne einvernehmliche Benennung der Objekte bei gleichzeitiger weitestgehender Beschränkung des Eigentumsrechts gehört zu der Art von Kompromissen, mit denen der lange Weg der "Auseinandersetzung" zwischen dem Haus Baden und dem Staat gepflastert ist.

Der letzte regierende Großherzog Friedrich II. (1857 bis 1928, regierend 1907 bis 1918), der keine leiblichen Nachkommen hatte, bestimmte in seinem Testament vom 12. August 1927 über alle seine Sammlungen, daß sie nicht an den Erben Berthold aus der Salemer Linie - den Sohn des ehemaligen Reichskanzlers Max von Baden, der am 9. November 1918 das Ende der Monarchie herbeigeführt hatte - gelangen sollten, sondern übertrug sie seiner Frau Hilda (1864 bis 1952) zu Eigentum - mit der 1919 festgelegten Einschränkung, sie öffentlich zugänglich zu erhalten und nicht zu veräußern außer im Falle der Not, wenn die Sammlungen etwa mit einer Erbschaftsteuer belegt würden. Was bei ihrem Tod noch vorhanden sein werde, sollte in eine Stiftung überführt werden, die "Zähringer Stiftung".

Als Fall der Not machte das Haus dann die Auswirkungen der Hyperinflation von 1923 geltend. Denn sie vernichtete den Wert des Kapitals von 8 Millionen Reichsmark, die der Abfindungsvertrag dem Haus Baden 1919 in Gestalt staatlicher Schuldbuchforderungen und Schuldverschreibungen zugesprochen hatte. Daraus hatte das Haus eine jährliche Rente von 240 000 Reichsmark gezogen, die nun fehlte. Wie andere ehemals regierende Häuser erhob das Haus Baden jetzt einen sogenannten Aufwertungsanspruch, den es einzuklagen bereit war: Sinn und Zweck des Vertrages von 1919 sei es gewesen, den Mitgliedern des Hauses ein standesgemäßes Leben ohne pekuniäre Sorgen zu ermöglichen. Dieses Ziel des Vertrages sei wegen der Entwicklung der Verhältnisse nicht erreicht worden und müsse nun auf andere Weise sichergestellt werden.

Die badische Regierung wies diese Forderung zurück, entwickelte aber in Etappen die Idee, die Gemäldesammlung insgesamt und die Kupferstichsammlung seitens des badischen Staates en bloc zu erwerben und dabei die Höhe des Preises und die Zahlungsmodalitäten für das Haus Baden so günstig zu gestalten, daß der Aufwertungsanspruch damit abgegolten werde. Die beiderseitigen Vorstellungen lagen indes ziemlich weit auseinander. Zu Lebzeiten des letzten Großherzogs Friedrich II. kam kein Ergebnis mehr zustande; mit seinem Tod gingen die Sammlungen und damit auch die Gemälde in das Eigentum der Großherzogin Hilda über. Weil der Zweck des avisierten Erwerbs der Gemälde- und Kupferstichsammlung die Beseitigung des Aufwertungsanspruchs war, mußte nun nicht nur allein mit Hilda beziehungsweise dem Präsidenten der großherzoglichen Vermögensverwaltung in Baden-Baden verhandelt werden, sondern auch mit der markgräflichen Salemer Linie. Sie trat ab 1929 sogar als der eigentliche Verhandlungspartner auf, als der Graf Douglas-Langenstein, Präsident der badischen Landwirtschaftskammer und Verwandter des Fürstenhauses, den das Ministerium für Kultus und Unterricht im Juli 1928 um Kontaktaufnahme zu Friedrich gebeten hatte, nunmehr namens des Markgrafen Berthold verhandelte.

Graf Douglas sollte die Verhandlungen beschleunigen, weil die großherzogliche Vermögensverwaltung mittlerweile gezwungen war, für die laufenden Gehälter und Renten der etwa 130 Bediensteten - von den Lakaien, Kutschern und Fahrern über die Förster bis zum Hofmarschall und der Vermögensverwaltung selbst - Kredite aufzunehmen. Auf die bereits fertiggestellte Klageschrift wies das Haus Baden mehrfach hin. Ein Darlehen des Landes von 200 000 Reichsmark minderte 1929 den Zeitdruck ein wenig. Die Forderung des Hauses lautete 4,5 Millionen, das Land dachte an 4 Millionen Reichsmark; es hatte den Wert der Gemälde und Kupferstiche 1925 auf 2,9 Millionen taxiert, davon 2 Millionen für die Gemälde, 400 000 Reichsmark für das Thoma-Museum und 500 000 Reichsmark für die Kupferstichsammlung, gab aber 1928 zu, daß der Marktwert gestiegen sei. Was über den Wert der Bilder hinausging, sollte zusammen mit der Gestaltung der Zahlungsweise den Aufwertungsanspruch abgelten. Das Haus wollte eine Reihe von Bildern, die es als Familienbilder betrachtete, vom Verkauf an das Land ausnehmen. Zu diesen zählte als wertvollstes die Markgrafentafel. Die Kunsthalle schätzte ihren Wert auf 30 000 bis 50 000 Reichsmark. Sie war unbestritten privates Eigentum der Familie. Dem von Kultusminister Otto Leers im April 1928 erzielten Ergebnis - 4,4, Millionen, davon 0,5 Millionen Reichsmark sofort - versagte das Kabinett, das Innenminister Adam Remmele als Staats- und Ministerpräsident leitete, die Zustimmung. Für die Markgrafentafel hatte Leers ein Vorkaufsrecht des Landes ausgehandelt.

Seitens der Kunsthalle legte jetzt Lili Fischel dem Kultusministerium dar, daß die Markgrafentafel unmöglich aus dem Verband der altdeutschen Abteilung herausgelöst werden könne, zumal der Wert einiger ihrer Objekte durch neuere Forschungsergebnisse bezweifelt worden sei. Ein Vorkaufsrecht für die Tafel nütze nichts, wenn der Staat dieses gegebenenfalls aus Geldmangel nicht wahrnehmen könne. Deswegen führte das Ministerium die neuen Verhandlungen mit dem Ziel weiter, die Markgrafentafel und sechs andere Bilder von der Ausnahme auszunehmen, das heißt in den Verkauf an den Staat einzubeziehen. Adam Remmele, von 1919 bis 1929 Innenminister, 1925/1926 - anfangs der Verhandlungen mit dem Haus Baden - und wieder seit Ende 1929 Kultusminister, machte sich die Haltung der Kunsthalle zueigen. Er legte ein neues Verhandlungsergebnis - 4 Millionen, davon 1 Million abzüglich des Darlehens sofort - vor und drängte am 20. Januar 1930 seine Kabinettskollegen zur Eile. Er schob eine Warnung nach: Wenn sie die laufenden Verhandlungen scheitern ließen, würde das Haus das Vorkaufsrecht in Gang setzen und die marktgängigen Bilder anbieten. Dann geriete das Land in eine sehr schwierige Lage, weil der Markt mehr hergebe als die Schätzungen lauteten: Das Vorkaufsrecht werde teuer.

Die Freigabe der Bilder zum Verkauf aber würde einen unersetzlichen Schaden für die Kunsthalle bedeuten "und würde in den weitesten Kreisen ganz Deutschlands als ein schwerer Prestigeverlust des badischen Landes betrachtet werden". Remmele machte einen ebenso gescheiten wie naheliegenden Vorschlag zur angemessenen Entscheidungsfindung: "Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Angelegenheit wäre ich dankbar, wenn vor einer endgültigen Entscheidung die Mitglieder des Staatsministeriums der Badischen Kunsthalle (im Entwurf: unter meiner Führung) einen Besuch abstatten und die fraglichen Gemälde in Augenschein nehmen würden." Ob dies geschehen ist, sagen die Akten nicht, wohl aber, daß Remmele bereits im Kabinettsvortrag auf die berühmtesten Kunstwerke - das schließt die Markgrafentafel unweigerlich ein - hingewiesen hat.

Finanzminister und Ministerpräsident Josef Schmitt rechnete die entstehende Belastung für den Haushalt 1930/31 vor. Er wies auf deren Auswirkungen hin, die angesichts der Deckungslücke von 40 Millionen im Doppelhaushalt 1930/31 weithin spürbar sein würden. Er verlangte Modifikationen der Zahlungsweise; indes dürften finanzielle Erwägungen nicht allein den Ausschlag geben. Der Finanzminister verschloß sich den längerfristigen Vorteilen einer Gesamtbereinigung der finanziellen Beziehungen zum Haus Baden und der kulturellen Bedeutung der Sammlungen in der Kunsthalle keineswegs. Es handle sich für das Land "vor allem um die Aufrechterhaltung wichtiger kultur- und kunstgeschichtlicher Belange. Man würde es vielfach schwer verstehen, wenn das Land die Veräußerung von Kunstwerken aus einer Sammlung, die seit 1831 der Öffentlichkeit zugänglich ist, die mit der kunstgeschichtlichen Entwicklung und Stellung des Landes eng verwachsen sind und deren Erhaltung auch für den Unterricht an den Kunstschulen von Bedeutung ist, in Privatbesitz oder gar zur Ausfuhr über seine Grenzen zulassen würde."

Schmitt regte an, zur Ermäßigung der finanziellen Belastung des Landes zuzulassen, daß einzelne Kunstwerke zum Verkauf gelangen. Doch da widersprach ihm Remmele entschieden. Ein Verkauf von Kunstwerken des Großherzogs im Ganzen oder im Einzelnen sei für ihn völlig inakzeptabel (damals: "durchaus unmöglich"). Er wies darauf hin, "daß der Verkauf einzelner Kunstwerke die Situation in kulturpolitischer Hinsicht nur verschlimmern würde. Da die große Mehrzahl der im Eigentum des ehemaligen großherzoglichen Hauses stehenden Werke nur einen verhältnismäßig geringen Wert haben, müßte sich die Verwaltung des ehemaligen Großherzoglichen Hauses selbstverständlich bemühen, in erster Reihe die berühmtesten, in meinem Vortrag vom 22. Januar dieses Jahres genannten Kunstwerke, die einen internationalen Markt haben, zum Verkauf zu stellen, um eine ins Gewicht fallende finanzielle Entlastung zu erreichen."

Remmele brachte die Modifikationen des Finanzministers in die Mitte Februar 1930 fortgeführten Verhandlungen mit dem Grafen Douglas ein. Zur letzten Klippe auf dem Weg zu einer Einigung wurde aber die Frage der Familienbildnisse, voran die Abtretung der Markgrafentafel: Die Familie, so das Argument, könne auf sie nicht verzichten, zumal sie seinerzeit aus der großherzoglichen Kapelle des Klosters Lichtental nach Karlsruhe gebracht worden sei: Die Kapelle, in der die originale Tafel nur sehr kurze Zeit als Antependium fungiert hatte, galt inzwischen als ihr ursprünglicher Bestimmungs- und Aufstellungsort. Sogar der gedruckte Katalog der Karlsruher Kunsthalle von Karl Koelitz erweckt diesen Eindruck.

Remmele und Graf Douglas besuchten am 18. Februar 1930 im Anschluß an ihre Verhandlungen die Kunsthalle, um die Markgrafentafel zu besichtigen. Der Minister bestritt überhaupt nicht das Recht des Hauses Baden auf das Bild, hob aber noch einmal den kunsthistorischen und künstlerischen Wert für die Kunsthallensammlung hervor. Graf Douglas erwog, das Bild dem Haus Baden zwar vertragsmäßig zuzuschlagen, es aber für zwanzig Jahre in der Kunsthalle als Leihgabe zu belassen. "Eine Entscheidung brachte die Besichtigung nicht", stellte Remmele in der anschließenden Niederschrift fest. Doch noch am Nachmittag hatte er Anlaß, in einem Nachtrag festzuhalten, daß eine Entscheidung gefallen war. Graf Douglas übersandte ihm einen handgeschriebenen Brief des Markgrafen Berthold, der sich wohl eben der Verhandlungen wegen in Karlsruhe aufhielt. Der Brief ist auf Trauerpapier geschrieben - Bertholds Vater, der ehemalige Reichskanzler, war drei Monate zuvor verstorben - und lautet:

"Karlsruhe 18.II.1930.

Sehr geehrter Graf Douglas.

Auf Ihre nochmalige Vorstellung hin, ist das Großherzogliche badische Haus bereit auf das Votivbild von Hans Baldung (Grien) zu Gunsten des badischen Staates zu verzichten.

Ich hoffe, daß damit die letzte Klippe aus dem Wege geräumt ist.

Mit den besten Grüßen bin ich, sehr geehrter Herr Graf,

Ihr stets ergebener Markgraf Berthold."

Ausschnitt BriefAusschnitt

Remmele sah aber immer noch Gefahren. Denn über den Zahlungsplan mußte noch weiter im Sinne des Finanzministers verhandelt werden, damit die Regierung ihn in der Öffentlichkeit und vor dem Parlament überhaupt vertreten könnte. Graf Douglas sicherte noch einmal zu, daß es bei der Abtretung der Markgrafentafel bleibe. Die Einigung gelang am 21. Februar 1930. Das Ergebnis der jahrelangen Bemühungen, das Minister Remmele abschließend erzielt hat, liegt in Gestalt des am 1. April 1930 vom Landtag beschlossenen, am 14. April verkündeten und am 17. April veröffentlichten Gesetzes über den Ankauf vor. Sein einziger Gegenstand ist die Vereinbarung zwischen dem Land Baden einerseits und der ehemaligen Großherzogin Hilda und dem Markgrafen Berthold, seiner Mutter und seiner Schwester, den lebenden Mitgliedern der Salemer Linie, andererseits. Die Zustimmung der Salemer zu allen Teilen der Vereinbarung wird festgehalten: zur Überführung der der Großherzogin Hilda gehörenden Werke der Kunsthalle und des Kupferstichkabinetts in das Eigentum des Landes Baden mit Ausnahme der einzeln nach Katalognummern aufgeführten Werke; zur Höhe der Vergütung und dem beiliegenden Tilgungsplan und zur Anerkenntnis, keinerlei Aufwertungsansprüche gegen das Land Baden zu haben. Die von der Übereignung an das Land ausgenommenen, also im Eigentum der Großherzogin Hilda verbleibenden Gemälde werden nach dem Katalog von Koelitz identifiziert. Die Markgrafentafel trägt bei Koelitz die Nr. 88. Daß sie unter den beim Haus verbleibenden Bildern nicht aufgeführt wird und folglich in das Eigentum des Landes überging, ist der Erfolg Adam Remmeles. Er war zu recht stolz, daß das Bild "für die Kunsthalle gerettet" war.

Drei Jahre später verhafteten die Nationalsozialisten Remmele, den Sozialdemokraten, in Hamburg. Ehe sie ihn in das Konzentrationslager Kislau verbrachten, wo er ein knappes Jahr inhaftiert blieb, fuhren sie ihn am 16. Mai 1933 auf offenem Lastwagen durch Karlsruhe. Die bestellte Menge verspottete ihn, Musikkapellen intonierten das Lied "Das Wandern ist des Müllers Lust". Der Müllerssohn Remmele, 1877 geboren, war in der Tat gelernter Müller und war als Geselle mehrere Jahre auf Wanderschaft gegangen. Im Jahr 1948 machte ihn die Stadt Karlsruhe zu ihrem Ehrenbürger; 1951 starb er in Freiburg. Seine umsichtige Rettung der Markgrafentafel für den Staat wurde vergessen.


Die Aktenfundstelle:
GLAK 235/40264 (Min. K u. U, Betr.: Kunsthalle)

Hinweis:
Zum Gesetz von 1930 und zur Erklärung von 1919 siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2876347/

MarkgrafentafelMarkgrafentafel - Ausschnitt

Dass auch viele historische Fotos bei der Foto-Community http://www.flickr.com vorhanden sind, stellt mit weiterführenden Links das hiesigerseits hochgeschätzte Weblog Fotostoria dar:

http://www.fotostoria.de/?p=601

Für die Wikimedia-Projekte interessant sind vor allem die Fotos, deren urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist, z.B.

http://www.flickr.com/groups/100_years_old/pool/

Eine Suche nach dem Wort "Wikimedia" ergibt in Fotostoria keine Treffer. Daraus ist zu schließen, dass Fotostoria den riesigen freien Bilderpool von Wikimedia Commons, dem zentralen Multimedia-Server der Wikimedia-Projekte (wichtigstes ist die bekannte Wikipedia), bislang leider ignoriert hat.

Mittels FlickrLickr werden täglich freie Bilder (mit CC-BY) aus Flickr nach Wikimedia Commons importiert:
http://commons.wikimedia.org/wiki/User:FlickrLickr

Auf mit "All rights reserved" getaggte Bilder, auch wenn diese einwandfrei weltweit gemeinfrei sind, bezieht sich dieser Import allerdings nicht.

Hier der Willkommens-Text von Commons:

"Wikimedia Commons ist eine Mediendatenbank, die nicht von bezahlten Künstlern, sondern von Freiwilligen erstellt wird. Der Name "Wikimedia Commons" ist vom Dachprojekt Wikimedia, welches alle Wikimediaprojekte leitet, und dem englischen Wort "commons" (dt. Allmende - gemeinschaftlicher Besitz) abgeleitet, da es ein Gemeinschaftsprojekt aller verschiedenen Wikimediaprojekte und Nationalitäten ist. Es stellt daher einen zentralen Aufbewahrungsort für freie Fotografien, Diagramme, Animationen, Musik, gesprochenen Text, Filmstücke und allen anderen Arten digitaler Medien bereit, die für Wikimediaprojekte brauchbar sind.

Wikimedia Commons nutzt dieselbe Wiki-Technologie wie die Wikipedia und kann daher von jedem einfach und ohne besondere technische Fähigkeiten direkt im Webbrowser bearbeitet werden. Im Gegensatz zu in anderen Projekten hochgeladenen Mediendateien können in Wikimedia Commons hochgeladene Medien direkt in den Seiten aller Wikimediaprojekte eingefügt werden, ohne dass man sie dort noch einmal separat hochladen müsste.

Wikimedia Commons wurde am 7. September 2004 gegründet. Am 24. Mai 2005 durchbrach Wikimedia Commons die Marke von 100.000 hochgeladenen Mediendateien. Aktuell enthält es 944,187 Dateien und 47,779 Sammlungen (Zahlen in angelsächsischer Notation). Weitere Hintergrundinformationen über das Projekt Wikimedia Commons selbst können im Impressum, auf der Wikipediaseite über Wikimedia Commons und auf seiner Seite im Meta-Wiki nachgelesen werden.

Im Gegensatz zu traditionellen Medienarchiven ist Wikimedia Commons frei. Jeder darf die hier bereitgestellten Dateien frei kopieren, nutzen und bearbeiten, solange die Autoren genannt und die Kopien und Veränderungen mit derselben Freizügigkeit anderen zur Verfügung gestellt werden. Die Wikimedia-Commons-Datenbank als solche und die in ihr enthaltenen Texte sind unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation lizensiert. Die genauen Lizenzbedingungen jeder einzelnen Mediendatei können auf der jeweiligen Beschreibungsseite gefunden werden."
http://commons.wikimedia.org/wiki/Commons:Willkommen
(Im Original sind die einzelnen Schlüsselbegriffe mit Links zu weitergehenden Erläuterungen belegt.)

Voraussetzung für die Aufnahme von Bildern in Commons ist:
* sie stehen unter einer freien Lizenz (GNU FDL oder CC-BY) oder
* sie sind nicht urheberrechtlich geschützt.

Da Commons ein internationales Projekt ist, das längst nicht so professionell von der Wikimedia Foundation betreut wird wie etwa die englische Wikipedia, besteht vergleichsweise viel Unsicherheit hinsichtlich des zweiten Punkts.

Immerhin akzeptiert Commons die Ansicht von Bridgeman v. Corel 1999, wonach originalgetreue Reproduktionen zweidimensionaler Vorlagen keinen eigenständigen Schutz genießen.

Für historische Fotografien ergibt sich aus der BGH-Entscheidung Bibelreproduktion nach deutschem Recht zwingend, dass Reproduktionen oder Scans kein neues Leistungsschutzrecht entstehen lassen. (Hinsichtlich von Gemäldefotografien behauptet die Fotografen-Lobby, angeführt von RA Seiler, etwas anderes.)

"Die Untergrenze des Lichtbildschutzes bildet die [...] nicht mehr schutzfähige Reproduktionsfotografie, bei der lediglich eine zweidimensionale Bild- oder Textvorlage mechanisch durch Foto-, Mikro-oder elektrostatische Kopie oder, nach Abzug eines Negativs, durch nach ihm hergestellte Diapositive, Vergrößerungen oder Duplikatnegative oder digitale Techniken vervielfältigt wird" (Vogel in Schricker, Urheberrecht 3. Aufl. 2006 § 72 Rdnr. 23; neu ist gegenüber der Vorauflage 1999 der Hinweis auf die digitalen Techniken). Andernfalls könne durch wiederholte Reproduktionsvorgänge die Schutzfrist eines Bildes beliebig verlängert werden.

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, wann ein Foto (womöglich weltweit) "Public Domain", also nicht mehr geschützt ist.

Die deutschsprachige Wikipedia hat sich darauf geeinigt, Fotos als gemeinfrei anzusehen, wenn der Fotograf nachweislich 70 Jahre tot ist oder wenn das Bild älter als 100 Jahre ist (und es keine konkreten Anhaltspunkte gibt, dass der Fotograf keine 70 Jahre tot ist). Angesichts der EU-Schutzdauerrichtlinie wird nicht zwischen Lichtbildwerken und Lichtbildern unterschieden, sondern es wird davon ausgegangen, dass fast alle Bilder Lichtbildwerke sind.

Unter http://www.osteolib.com/ bietet der einschlägige Jolandos-Verlag seit neuestem amerikanische Grundlagentexte zur alternativmedizinischen Disziplin Osteopathie an.

Die PDFs sind bis an die Zähne bewaffnet: Drucken und Copy & Paste funktioniert nicht. Und das Impressum ist für die meist gemeinfreien Texte ein Lehrbuchbeispiel für Copyfraud (einige Texte sind allerdings noch vom Urheberrecht geschützt). Nun gibt es ja anscheinend genug Programme, die solche PDFs knacken. Aber bei manchen Inhalten ist es ja ganz gut, wenn sie sich nicht allzu leicht verbreiten...

Und wer doch nicht widerstehen will, kann sich das meiste ohnehin als HTML-File ohne jede Einschränkung hier ansehen: http://www.meridianinstitute.com/eamt/files/contents.htm

Südkurier 26.10.2005
Adel verpflichtet. Das Erbe des Denkmals Schloss Salem wiegt schwer - Warum das Haus Baden die Hilfe des Landes in Anspruch nimmt / von Martin Baur

Bernhard von Baden sieht sich als Sachwalter des kulturellen Erbes von Schloss Salem.

... "Insgesamt haben wir für die Grunderneuerung der historischen Substanz der Anlage 30 Millionen Euro eigene Mittel aufgewendet, deshalb steht alles so perfekt da", erklärt Prinz Bernhard. Die Altschulden, um die es im Handel mit dem Land Baden-Württemberg geht, hätten weder etwas "mit unseren Unternehmungen noch mit einem zu üppigen Lebenswandel zu tun". Dies Politik und Öffentlichkeit zu verdeutlichen, ist ihm in diesen Tagen nach Wochen der "Fehlinformation und Polemik" dringendes Anliegen. ...

http://www.suedkurier.de/nachrichten/seite3/art1798,2271449.html

http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Baden_landtagsverhandlungen_1919_220.JPG

Landtagsbeschluss zur Gründung der Kunsthalle Karlsruhe vom 12. Juli 1837 im Großherzoglich Badischen Staats- und Regierungsblatt S. 145:

http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Kunsthalle_karlsruhe_gruendung.JPG

Das neuen Gebäude und die aus der Summe von 25.000 Gulden angeschafften Kunstgegenstände sollten einen Bestandteil der "Civilliste" bilden.

Erklärung des Präsidenten der Generalintendanz der Großherzoglichen Zivilliste vom 18. März 1919 unter anderem zur Kunsthalle Karlsruhe (Beilage zur Begründung des Gesetzes über das Domänenvermögen, Verhandlungen des Badischen Landtags, Beilagenheft S. 220):
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Baden_landtagsverhandlungen_1919_220.JPG

Gesetz vom 1. April 1930 über den Ankauf der im Eigentum der ehemaligen Großherzogin Hilda von Baden stehenden Kunstwerke der Badischen Kunsthalle und des Kupferstichkabinetts in Karlsruhe. In: Gesetz- und Verordnungs-Blatt 1930, S. 27-30:

http://commons.wikimedia.org/wiki/Gesetz_%C3%BCber_den_Ankauf_von_Kunstgegenst%C3%A4nden_f%C3%BCr_die_Kunsthalle_Karlsruhe_1930

KOMMENTAR:

Der Präsident der Generalintendanz der Zivilliste erklärte 1919 im Namen des Großherzogs bezüglich der Kunsthalle in Karlsruhe unter Punkt 2, "die Kunstwerke, solange sie ihr Eigentum sind, gegen Übernahme aller Verwaltungslasten durch den Staat für immer in der Kunsthalle zu belassen. Sie behalten sich nur vor, das eine oder andere Stück (Familienbilder) vorübergehend aus der Galerie entnehmen zu dürfen".

1930 wurden in der Vereinbarung über den Ankauf der Kunstwerke der Großherzogin Hilda vor allem Familienbildnisse aus dem Verkauf ausgenommen.

Die Verbringung der vom Verkauf ausgenommenen Stücke (mit Ausnahme einiger weniger Bilder) nach Schloss Baden-Baden und die Versteigerung 1995 verstießen eindeutig gegen den 1919 erklärten Willen des Großherzogs.

Im Katalog "Für Baden gerettet" ist nachzulesen, dass dem Land Baden-Württemberg KEIN Vorkaufsrecht hinsichtlich aller angebotenen Stücke zugestanden wurde. Es konnten Objekte erst in der Versteigerung erworben werden. Das war ein klarer Verstoß gegen Ziffer III der genannten Erklärung des Großherzogs, die wie folgt lautet:

"Ein Verkauf irgend welcher Kunstgegenstände oder von Gegenständen von landesgeschichtlicher Bedeutung ist zur Zeit nicht beabsichtigt. Sollte ein solcher in späterer Zeit einmal in Frage kommen, so werden Seine Königliche Hoheit und Seine Rechtsnachfolger darauf Bedacht nehmen, daß derartige Gegenstände nicht außer Landes kommen, und dem Staate in erster Linie Gelegenheit zur Erwerbung geben."

Neben dieser zugesicherten Vorkäufsmöglichkeit bestand 1995 nach meiner Rechtsauffassung noch ein gesetzliches Vorkaufsrecht:

Das badische Stammgüteraufhebungsgesetz von 1923 (GVBl. S. 233) normierte in § 26 ein gesetzliches Vorkaufsrecht des Landes Baden für jene Teile der gebundenen Hausvermögen, deren Erhaltung für das Land von wissenschaftlichem, geschichtlichem usw. Wert war. Aufgehoben wurde das zuletzt 1961 geänderte badische Gesetz von 1923 nämlich erst 1983 (GBl. S. 693) mit Wirkung zum 1.4.1984, wobei freilich § 1 von Art. 4 dieses Aufhebungsgesetzes zu beachten wäre, wonach die auf Grund des bisherigen Rechts entstandenen Rechtsverhältnisse aufrechterhalten bleiben.

Die 1995 versteigerten Kunstwerke waren ursprünglich Bestand des Hausfideikommisses und unterlagen daher dem Vorkaufsrecht nach § 26 (auch wenn keine Liste an das Kultus-Ministerium gelangt sein sollte, wie vom Gesetz vorgesehen, oder diese unvollständig war).

Ich wurde darauf hingewiesen, dass § 26 bereits durch das GrdstVG von 1962, also ein Bundesgesetz aufgehoben wurde:
http://bundesrecht.juris.de/grdstvg/__39.html

Soweit aber bewegliche Kulturgüter betroffen waren, fehlte dem aufhebenden Bundesgesetz die Sachkompetenz. Das Bundesgesetz betraf lediglich Rechtsgeschäfte über Immobilien, die eher denkmalschutzrechtliche Regelung des § 26 wurde erst 1983 beseitigt, wobei das seinerzeit begründete Vorkaufsrecht aber zu den Rechtsverhältnissen, deren Bestand garantiert wurde, gehörte.

Daraus und aus der Zusicherung von 1919 ergibt sich, dass Verkäufe, die das Haus Baden hinsichtlich von Kulturgütern vornimmt, ohne dem Land Baden-Württemberg als Rechtsnachfolger des Landes Baden Gelegenheit zum Erwerb zu geben, gegen eine Rechtspflicht verstoßen.

Update: http://archiv.twoday.net/stories/2880867/ (Dieter Mertens fand heraus: Baldungs Markgrafentafel gehört bereits seit 1930 dem Land!)

MarkgrafentafelBaldungs Markgrafentafel - Ausschnitt

Geschichte der Kunsthalle auf ihrer Website:
http://www.kunsthalle-karlsruhe-online.de/seite-236

Die Bundesgeschäftsstelle der Bundesvereinigung Soziokultureller Zentren e.V. hat die Titelliste ihrer Bibliothek als pdf-Datei (364 KB, 68 Seiten DIN A 4) zum download bereit gestellt. Mit Benutzungsordnung. Angegeben sind: AutorIn, Titel, Ort, Jahr, Seitenumfang, Sachgebiet (= Signatur). Über die PDF-Suchfunktion können AutorInnennamen und Titelbegriffe nachgeschlagen werden.

Hinweis: Sehr spärlicher Eintrag zu Soziokultur bei wikipedia.

(Das Urheberrecht aus Sicht der Buchbranche. Risiken und Nebenwirkungen der Novelle des UrhG) heisst das schmale Heftchen, das die Rechtsanwälte Birgit Menche und Dr. Christian Russ verfasst haben, "zwei dem Börsenverein eng verbundene Spezialisten", wie Dr. Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins in seinem Vorwort schreibt. Von und für Dummies, möchte man versucht sein zu sagen, wenn man das laut "BuchMarkt" in nur 6 Wochen zusammengeschusterte Machwerk durchblättert, das Wiley auf der Buchmesse in 8000 Ex. massenhaft an seinem "Dummiestand" unters Volk brachte und das im Novemberheft des BuchMarkts der gesamten Auflage beilag. Es soll sogar Bibliotheksleitungen geben, die das Heftchen mit dem quietschgelben Umschlag kommentarlos an ihre Fachreferenten verteilt haben ("Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Schlächter selber...").

"Alles was Sie über das deutsche Urheberrecht wissen müssen", verspricht der Schutzumschlag und der Dummies-Mann fordert "Artenschutz für Urheber".

Ein paar Kostproben aus dem Text:

(Aus der Einführung:)

"Es [das Urheberrecht] wurde einmal geschaffen zum Schutz der kreativen Menschen - und zum Schutz derjenigen, die Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst den Menschen erst zugänglich machen. Es ist daher kein Selbstbedienungsladen für Bibliotheken und andere staatliche Einrichtungen in Zeiten knapper Kassen."
Die Dichotomie zeigt plastisch, wie die Verwerterlobby der Buchbranche unter Führung des Börsenvereins Bibliotheken und Museen sieht, nicht partnerschaftlich als Vermittler der Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst, sondern als Schmarotzer im System.

(Sinn und Zweck des Urheberrechts - unterschiedliche Interessen:)

Das "berechtigte Interesse der Allgemeinheit am ungehinderten Zugang zu Literatur, Wissenschaft und Kunst" wird zwar erwähnt, das konstatierte "Spannungsverhältnis" aber aus Sicht der Verwerter in plattester Weise reduziert auf den Wunsch der Konsumenten, diese "preiswert, idealerweise zum Nulltarif nutzen zu können", Stichworte wie "Open Access, Musiktauschbörsen oder Gema-freie Musik beschrieben dieses Phänomen" (mit diesem Nebensatz ist "Open Access" auch schon abgehandelt). Dass das von der Verfassung garantierte Recht auf Informationsfreiheit den in der juristischen Diskussion ohnehin ad acta gelegten "Anspruch auf geistiges Eigentum" einschränkt, dass andererseits auch der Urheber selbst in seiner Kreativität ohne fortwährende Adaption, Transformation und Rekombination des Vorgefundenen nicht denkbar und diese sich ohne eine starke public domain nicht entfalten könnte, davon ist hier nirgends die Rede.

"So läuft das Spiel - ohne Moos nix los"

Das Urheberrecht ist daher einerseits das Recht des Urhebers an seinem geistigen Eigentum, andererseits das Recht des vertraglich eingesetzten Verwerters, das Werk zum Geldverdienen nutzen zu können. Durch die Nutzung des Werkes deckt der Verwerter zum eigenen Nutzen wie zum Nutzen des Urhebers, der an diesem Gewinn regelmäßig beteiligt wird.
Dass in großen Teilen der wissenschaftlichen Zeitschriftenliteratur die Verlage den Autoren regelmäßig keine Honorare zahlen, obwohl z.T. Gewinne in Höhe von $800 pro Artikel gemacht werden, während zugleich die Publikationstätigkeit der Verlage in mehrfacher Weise durch die öffentliche Hand subventioniert wird, wird unterschlagen, dass der ganze Wissenschafts- und Bildungsbereich deshalb auch eine wissenschafts- und bildungsfreundliche Ausgestaltung des Urheberrechts erwarten kann, die nicht allein auf Gewinnorientierung setzt, rückt gar nicht erst ins Blickfeld.

(Der Copyright-Vermerk:)

Die Autoren weisen zwar richtig daraufhin, dass ihm keine besondere Bedeutung (mehr) zukommt, es fehlt aber der durchaus angebrachte Warnhinweis, dass die leichtfertige Kennzeichnung fremder Werke und gemeinfreier Werke mit eigenem Copyright-Vermerk eine Urheberrechtsverletzung darstellen kann.

(Das Zitatrecht - Auf die Dosierung kommt es an:)

"Wenn sich die Stilmittel eines Dichters im Rahmen einer geisteswissenschaftlichen Abhandlung anhand von zwei oder drei Versen aufzeigen lassen, dann dürfen eben auch nur zwei oder drei Verse abgedruckt werden und nicht das ganze Gedicht."
Man erkennt hieraus schon, dass es sich dabei nur um eine "Abhandlung für Dummies" handeln könnte.

Wes Geistes Kind die Autoren sind, zeigt sich besonders an der skandalösen Darstellung der Leistungsschutzrechte bei Datenbanken:

"Das Datenbankrecht gewährt Schutz vor Vervielfältigung und Verbreitung der gesamten Datenbank oder eines wesentlichen Teils, nicht aber vor dem Klau einzelner Daten.
Die EU Datenbankrichtlinie bestimmt als Schranke für das Schutzrecht Sui Generis in Art. 8 Abs. 1 klipp und klar "Der Hersteller einer der Öffentlichkeit - in welcher Weise auch immer - zur Verfügung gestellten Datenbank kann dem rechtmässigen Benutzer dieser Datenbank nicht untersagen, in qualitativer und/oder quantitativer Hinsicht unwesentliche Teile des Inhalts der Datenbank zu beliebigen Zwecken zu entnehmen und/oder weiterzuverwenden. (...)" und in Artikel 15, dass zuwiderlaufende vertragliche Bestimmungen nichtig sind (entsprechend §87b und §87e UrhG). Der Gesetzgeber trägt hier schließlich der Tatsache Rechnung, dass ein Zugriff auf Daten ohne jede Entnahme- und Weiterverwendungsmöglichkeit sinnlos wäre und einer normalen Auswertung der Datenbank nicht entgegenstehen kann. Wenn schon eine solche normale Auswertung als "Klau" bezeichnet wird, dann versteht sich von selbst, dass die Autoren dem Problem der Behinderung von Wissenschaft und Forschung durch "Permission Barriers" (diese und nicht knappe Kassen sind eines der wichtigsten Argumente für Open Access), gerade auch für die im Rahmen wissenschaftlicher Publikationen veröffentlichten Daten keine einzige Zeile widmen.

(Online-Zugang in Bibliotheken, Museen und Archiven)

Die Autoren entblöden sich nicht, uns hier einmal mehr die Mär aufzutischen, dass der für den zweiten Korb geplante §52b es Bibliotheken, Museen und Archiven ermöglichen soll, urheberrechtlich geschützte Werke an beliebig vielen Terminals öffentlich zugänglich zu machen, "ohne auch nur ein einziges Bestandsexemplar kaufen zu müssen", obwohl das BMJ dies längst mit Hinweis auf die im Gesetzentwurf gegebene Begründung dementiert und angekündigt hat, dies solle auch im Gesetzeswortlaut klargestellt werden (Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrats vom 14. Juni 2006).

Natürlich empfiehlt der Ratgeber nachdrücklich, die Rechtseinräumung im Verlagsvertrag solle möglichst das ausschließliche, räumlich und zeitlich unbegrenzte sowie übertragbare Verlagsrecht ohne Auflagen- und Stückzahlbegrenzung umfassen. Die Chance, sich aus Verlagssicht mit dem immer häufiger von Autorenseite aus geäußerten Wunsch nach Zusicherung des Rechts, die Dokumente zuzüglich zur Verlagsveröffentlichung auch selbst in digitaler Form archivieren zu können auseinanderzusetzen und dafür konstruktive Vorschläge zu machen, wird vergeben. Vollkommen ignoriert wird damit auch die inzwischen von fast allen Fachgesellschaften, Wissenschaftsorganisationen und Forschungsförderern gegebene Empfehlung (in vielen Fällen als verbindliche Voraussetzung für die Förderung), ein Selbstarchivierungsrecht einzubehalten, nur einfache Nutzungsrechte einzuräumen, oder jedenfalls Verwertungsrechte nicht vollständig abzutreten, sondern stattdessen die genaue Nutzungsart und den Zeitraum anzugeben, für die bzw. für den die Rechte abgetreten werden!

Der Abschnitt "Rechte und Pflichten von Autor und Verlag" erwähnt lediglich das im Falle fehlender vertraglicher Regelung geltende Verlagsgesetz, geht aber mit keinem Wort auf die Problematik alter Verlagsverträge (vor 1995), für die die Nutzungsart Internet noch nicht als bekannt vorausgesetzt werden konnte. Auch die in der Praxis besonders in den Geisteswissenschaften wichtige Bestimmung des §38 UrhG (Beiträge zu Sammlungen), wonach das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung eines Beitrages nach einem Jahr an den Urheber zurückfällt, sofern dieses nicht explizit durch einen Verlagsvertrag ausgeschlossen ist, wird natürlich nicht erwähnt.

Fazit: Inhaltlich unerheblich, ist die Broschüre als flankierende Maßnahme zu der vom Börsenverein initiierten Enteignungskampagne anzusehen. Wie schon 2003 gelang es dem Börsenverein, trotz der Forderungen der großen
Wissenschaftsorganisationen in der „Göttinger Erklärung zum Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" Wissenschaftler gegen eine Nutzung ihrer Werke in den elektronischen Netzen der Hochschulen zu mobilisieren (2003 waren es 2000 Unterschriften, jetzt bei dem vom Verlag C.H.Beck initiierten offenen Brief an Ministerin Zypries noch 500 (SZ vom 28.9.2006). Vgl. hierzu auch die Pressemitteilung 7/06 vom 19. April 2006 des Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft,
http://www.urheberrechtsbuendnis.de/pressemitteilung0706.html

Zu den jetzt in ähnlicher Form wiederkehrenden Argumenten von 2003 verweise ich auch auf zwei eigene frühere Beiträge in Inetbib:

Re: Urheberrechtsnovelle, Thu, 03 Apr 2003 18:27:09 +0200
http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg11118.html

Nachtrag zu "Eine gepflegte Kundgebung (Protest gegen neues Urheberrecht)", Thu, 03 Apr 2003 18:35:12 +0200
http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg11119.html

Die Präsidentin des Landtags NRW, Regina van Dinther, hat am 26. Oktober die von Landesarchiv und Landtag gemeinsam konzipierte Ausstellung „1946 – Politik und Alltag im Gründungsjahr des Landes Nordrhein-Westfalen“ eröffnet. Im Rahmen der Eröffnungsfeier wurde der Katalog zur Ausstellung präsentiert, der für 5,- € im Buchhandel, über den Landtag NRW oder über das Landesarchiv NRW erhältlich ist.
Auch im Internetangebot des Landesarchivs NRW finden Sie hier ab sofort eine Präsentation des Landesarchivs zur Gründungsphase des Landes. Neben Texten und Abbildungen können Sie auch den in der Ausstellung gezeigten Film sehen.
Das Land Nordrhein-Westfalen feiert 2006 seinen 60. Geburtstag und schaut aus diesem Anlass zurück auf sein Gründungsjahr. Eine genaue Geburtsstunde des Landes lässt sich nicht bestimmen. Die Gründungsphase reichte von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis weit über das Jahresende 1946 hinaus.
Die Ausstellung „1946 – Politik und Alltag im Gründungsjahr des Landes Nordrhein-Westfalen“ stellt diese Gründungsphase in den Mittelpunkt. Sie präsentiert das Jahr 1946 als ein „Schwellenjahr“, das geprägt ist von den schwierigen Lebensbedingungen der Nachkriegszeit. Zugleich entstanden in dieser Zeit aber neue gesellschaftliche und politische Strukturen. Die Weichen für die weitere demokratische Entwicklung des Landes wurden gestellt. Anhand ausgewählter Themen wird in der Ausstellung ein Bild der Gründungsphase des Landes Nordrhein-Westfalen gezeichnet, das sowohl die politische Entwicklung als auch den Alltag der Menschen in den Blick nimmt.
Rund 100 Exponate aus der Gründungsphase des Landes haben die Ausstellungsmacher dafür zusammengetragen. Dazu gehören das Protokoll der ersten Kabinettssitzung ebenso wie typische Gegenstände aus dem Nachkriegsalltag an Rhein und Ruhr. Sie dokumentieren, wie das Land unter den schwierigen Bedingungen der Nachkriegzeit entstanden ist, und die Menschen ihren Alltag zwischen Trümmern bewältigten.
Die Ausstellung ist vom 26. Oktober bis 26. November 2006 im Landtag NRW (Platz des Landtags 1, 40221 Düsseldorf) zu besichtigen. Der Besuch ist kostenlos. Anmeldung unter 0211/ 884-2197 oder veranstaltungen@landtag.nrw.de.

Kontakt:
Landesarchiv NRW
Grundsatzfragen und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Martina Wiech
Graf-Adolf-Str. 67
40210 Düsseldorf
Tel: 0211 – 159 238 202
Fax: 0211 – 159 238 111
E-Mail: martina.wiech@lav.nrw.de

Schloß A. an der A. (Landkreis E) befindet sich seit 1696 im Eigentum der freiherrlichen Familie von B. Zu dem um 1600 errichteten Schloß mit einigem Grundbesitz gehört eine Schloßkapelle aus dem frühen 18.Jahrhundert mit einheitlicher Barockausstattung (vgl. Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Band Franken, Stichwort Adelsdorf). Jetziger Eigentümer ist der Beteiligte zu 1. Das Schloßgut war früher ein allodifiziertes Männerlehen der Freiherrn von B.; es fällt unter die seit 1919 erlassenen Gesetze und Verordnungen über die Auflösung und das Erlöschen von Familienfideikommissen. Der Fideikommißauflösungsschein wurde am 15.10.1942 erteilt.

Der Fideikommißsenat des Oberlandesgerichts Bamberg räumte mit Beschluß vom 8.10.1940 "im öffentlichen Interesse" dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege die Beaufsichtigung des Schlosses A. und der Barockkapelle in künstlerischer Hinsicht ein und bestimmte weiter, daß der Bauherr vor jeder baulichen Veränderung des Schlosses und der Kapelle diese Behörde zu hören und deren gutachtlichen Ausführungen zu entsprechen habe.


Oberstes Fideikommißgericht München, Beschluß vom 8. Februar 1989, Az: FK 1/89 (Abdruck: BayObLGZ 1989, 22-28).

Die Entscheidung hob die zugunsten des Staates bestellte Reallast auf.

Wenn man so dämlich "neutralisiert", kann man statt A. auch Adelsdorf und statt B. Bibra schreiben.

Zum Fideikommissrecht am Beispiel einer Rentenzahlung aus dem Fürstlichen Hausvermögen des Hauses Lippe siehe den Volltext unter:
http://de.wikisource.org/wiki/Oberlandesgericht_Hamm_-_Lippische_Rente

http://www.zweiter-korb.de

Die Verlage stellen mit den üblichen Vernebelungen und Verdrehungen ihre sattsam bekannte Position zum Urheberrecht dar.

Die Qualität der Argumentation lässt sich etwa an dem folgenden Auszug erkennen:

"Trifft es zu, dass der Staat wissenschaftliche Publikationen, die er von Verlagen teuer einkauft, zuvor selbst mehrfach subventioniert hat?

Öffentliche Subventionierung der Forschung bedeutet nicht, dass der vom Autor und vom Verleger geschaffene Mehrwert damit bereits abgegolten ist. Für die Fahrt in einem Bus eines privaten Unternehmers müssen die Fahrgäste schließlich auch ein Beförderungsentgelt entrichten, obwohl diese über steuerfinanzierte Straßen führt.

Mit den Preisen wissenschaftlicher Veröffentlichungen wird der „added-value“ abgegolten, den Verlage schaffen. Dieser Mehrnutzen besteht nicht in der Erbringung von Druckdienstleistungen, sondern im Schaffen und Bewirtschaften effizienter Märkte, für die lohnende Inhalte ermittelt und in optimaler Form vermittelt werden. Die mit öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungsergebnisse werden durch hochqualifizierte und - spezialisierte Verlagsmitarbeiter aufbereitet und für die jeweilige Zielgruppe sichtbar gemacht. Dabei spielt die herausgeberische Tätigkeit und die Organisation der so genannten „Peer-review“ eine erhebliche Rolle. Hinzu kommen die Einspeisung und laufendes Fußnoten-Linking bei neuen Zitaten, Verbreitung, elektronische Vernetzung, Retrodigitalisierung und Neuformatierung, Erneuerung und Verbesserung der Hardware und Software für das elektronische Publizieren. "

Entschuldigung, die Ausführungen der Verlage sind keine Antwort auf die gestellte Frage. Natürlich subventioniert der Staat mehrfach die Verlagsprodukte:
*indem Wissenschaftler für ihre Forschung im Rahmen von Arbeitsverträgen bezahlt werden
*indem Instituts-Mitarbeiter für Lektoratstätigkeiten, die heute nur noch wenige Verlage anbieten, bezahlt werden
*indem hohe Druckkostenzuschüsse zur Ermöglichung der Drucklegung bezahlt werden.

Die "Zeitschriftenkrise" wird bestritten, obwohl es offenkundig ist, dass die führenden Verlage wie Elsevier satte Monopolgewinne erwirtschaften.

Es ist natürlich für die Verlage ganz in Ordnung, dass sie Wissenschaftsautoren (abgesehen vom Bereich Recht Wirtschaft Steuern) keine Honorare zahlen.

Gemäß
http://www.was-verlage-leisten.de/content/view/213/44/
stehen Verleger und Börsenverein "open access" "offen und liberal gegenüber". Das ist natürlich Unsinn, wie man am Auftritt von Prof. Dr. Dietrich Götze auf dem Essener Archivtag sehen konnte.

Ein Paradigmenwechsel sei nicht angezeigt.

" Wie an den gerade wiedergegebenen Zahlen deutlich wird, ändern open access oder open archive Modelle letztlich nichts an den „first copy costs“ eines Artikels oder Buches. Sie verlagern nur deren Finanzierung vom Abnehmer (Nutzer) auf den Anbieter (Autor)." Das ist die übliche Fehlinformation. Dass bei unzähligen E-Journals die Kosten von Institutionen getragen werden, wird einmal mehr unterschlagen, weil man mit dem "author pays"-Mythos erfolgreich Stimmung gegen OA machen kann.

" Besonders problematisch ist es, wenn nicht die Verlagswirtschaft, sondern die öffentliche Hand open access-Angebote macht. Es ist nämlich durch nichts erwiesen, dass eine nicht hoheitliche Tätigkeit wie die wissenschaftliche Informationsversorgung von Hochschulen und Forschungseinrichtungen bzw. deren Bibliotheken oder Bibliotheksverbänden bei gleicher Qualität und Effizienz kostengünstiger erbracht werden kann als von Privaten. Im Gegenteil: Jede verlegerische Betätigung des Staates muss sich nicht nur am Subsidiaritätsprinzip, sondern an den Kriterien der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit messen lassen. Anhaltspunkte dafür, dass sich durch neue technische Möglichkeiten für die Verbreitung wissenschaftlicher Informationen etwas daran geändert haben könnte, wer der bestmögliche Informationsversorger ist, sind nicht ersichtlich. Es sei daran erinnert, dass Autorenverlage, bei denen sich die Urheber selbst um die Verbreitung ihrer Texte gekümmert haben, historisch durchgehend gescheitert sind."

Festzuhalten ist: Nur die Bibliotheken können die langfristige Verfügung von Inhalten garantieren. Recherchieren wir die ersten wissenschaftlichen Zeitschriften aus dem 17. Jahrhundert etwa in Verlagsarchiven? Nein, der bestmögliche Informationsversorger für die Wissenchaft war über Jahrhunderte hinweg das Bibliothekswesen.

Natürlich ist der Börsenverein gegen den vom Bundesrat eingebrachten Hansen-Vorschlag (§ 38): "Für die Einführung von open access und open archive Modellen ist keine Änderung des geltenden Urheberrechts erforderlich. Vielmehr genügt der bloße Wille eines Autors, sein Werk open access zugänglich zu machen oder in ein content repository einzustellen. Kein Verlag könnte oder wollte Wissenschaftlern vorgeben, wann, wo und wie sie ihre Forschungsergebnisse veröffentlichen. Vielmehr weiß jeder Autor selbst am besten, wo er sein Werk veröffentlichen möchte, weil es dort die angepeilte Zielgruppe am effizientesten erreicht."

http://www.was-verlage-leisten.de/content/view/156/69/

Die Politik soll die überteuerten Verlagsprodukte brav bezahlen, das sei die einzige Alternative zu OA.

Man kann nur hoffen, dass diese Vertreter alten Denkens vom Markt gefegt werden. Um ein paar "traditionsreiche Wissenschaftsverlage", die keinerlei Antworten auf die digitale Herausforderung haben (und noch nicht einmal hybride OA-Modelle diskutieren), ist es nicht schade.

VG Hannover 6. Kammer, Urteil vom 9. Juni 1989, Az: 6 A 69/87

Leitsatz
1. Gegenüber der an den Nießbraucher und Testamentsvollstrecker gerichteten Verfügung über die Eintragung eines Gegenstands in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts ist auch der Eigentümer klagebefugt.
2. Die behördliche Entscheidung über die Eintragung ist ein Verwaltungsakt mit gleichsam dinglicher Kraft.
3. Das Kulturgutschutzgesetz ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Es verstößt auch nicht gegen Europa-Recht.
4. Die Anhörung kann nach VwVfG § 28 Abs 2 möglicherweise auch dort unterbleiben, wo dem Betroffenen die Rechtsauffassung der Behörde bekannt ist (Rechtsgedanke des § 39 Abs 2 Nr 2 VwVfG; offen gelassen).
5. Angesichts Art 19 Abs 4 GG ist die uneingeschränkte gerichtliche Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe die Regel. Eine Verringerung der Kontrolldichte kommt nur bei unvertretbaren Verwaltungsentscheidungen in Betracht.
6. Die Erheblichkeit eines Gegenstands für die deutsche Kultur unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung.
7. Die Eigenschaft als "deutscher" Kulturbesitz wird nicht durch den Umstand beeinträchtigt, daß der Gegenstand für lange Zeit ins Ausland verbracht war.
8. Die KMK-Richtlinien zum Vollzug des Kulturgutschutzgesetzes können zu dessen Auslegung herangezogen werden.
9. Zur Schutzwürdigkeit eines Ensembles von Rokoko-Möbeln (Silberzimmer der Welfen).
10. Der Umstand, daß ein Gegenstand erst 32 Jahre nach Inkrafttreten des Kulturgutschutzgesetzes eingetragen worden ist, steht der Anerkennung seiner Bedeutung für das deutsche Kulturgut nicht entgegen.
(juris)

Fundstelle
NVwZ-RR 1991, 643-645 (Leitsatz und Gründe)

http://www.thueringen.de/imperia/md/content/staatsarchive/abst/14_bayer_rechtsprobleme.pdf
[ http://zs.thulb.uni-jena.de/servlets/MCRFileNodeServlet/jportal_derivate_00200480/2004_SH_Archive_pdfa1b.pdf ]

Auszug:

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Jahre 1987 festgestellt, dass es keinen standardisierten Vertrag
gibt, der die Übernahme von Archivgut einheitlich regelt. Mangels abweichender vertraglicher
Vereinbarung sei der Nachlasseigentümer daher berechtigt, das überlassene Material unter
Einhaltung einer angemessenen Kündigungsfrist vom Archiv zurückzufordern. Dies gelte
insbesondere, wenn dem Archiv genug Zeit eingeräumt war, um den Nachlass auszuwerten. Ersatz
für getätigte Aufwendungen könne das Archiv grundsätzlich nicht geltend machen. Es sei vielmehr
Sache des Archivs, durch eine klare Vereinbarung entweder die dauerhafte Überlassung
herbeizuführen – insbesondere durch Eigentumserwerb – oder für den Fall der Rückgabe eine
Kostenregelung zu treffen.
Anders als die Vorinstanz – das in Berlin ansässige Kammergericht - gab der Bundesgerichtshof in
seiner Entscheidung vom 7.5.1987 – I ZR 250/85 (abgedruckt in NJW 1987, 332) der
Herausgabeklage statt, die gegen die Berliner Akademie der Künste als Rechtsträger des Ödön v.
Horvath-Archivs angestrengt worden war. Geklagt hatte – wie häufig, wenn es zum Rechtsstreit
kommt – die Witwe und Erbin von Lajos v. Horvath, der im Jahre 1962 als Erbe seines bereits im
Jahre 1938 verstorbenen Bruders dessen Nachlass an die beklagte Akademie übergeben hatte, wobei
in Form eines Briefwechsels verabredet worden war, dass die Akademie Besitzer des Nachlasses
werden und ein spezielles Ödön von Horvath-Archiv aufbauen sowie das Material wissenschaftlich
auswerten solle; das Eigentum solle indes beim Bruder des berühmten Schriftstellers verbleiben.
Obschon die Akademie allen ihren Verpflichtungen nachkam, kam es ab dem Jahre 1972 zu
Unstimmigkeiten; im Jahre 1979 wurde die Herausgabe des Nachlasses verlangt, nachdem die
Österreichische Nationalbibliothek der Bruderwitwe ein Kaufangebot unterbreitet hatte. Weil die
Akademie der Forderung nicht Folge leistete, wurde dann 1983 Klage erhoben, die letztendlich
erfolgreich war.
Die für den Rechtsstreit entscheidende und von Kammergericht und Bundesgerichtshof
unterschiedlich beantwortete Frage lautete: Unter welchen Voraussetzungen kann das überlassene
Material zurückgefordert werden, wenn keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen wurde? Den
einzigen gesetzlichen Anhaltspunkt gibt § 604 BGB, dessen Abs. 2 wie folgt lautet:
Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem
Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher
zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, dass der Entleiher den Gebrauch hätte machen
können.
Die Vorschrift betrifft die Rückgabepflicht im Fall der Leihe. Entscheidend ist danach, ob der Entleiher
genug Zeit hatte, um den Zweck der Überlassung herbeizuführen. Was ist aber nun der Zweck bei der
Übernahme von Archivgut? Nach Auffassung des BGH jedenfalls nicht der dauerhafte Besitz von
Originaldokumenten und Originalmanuskripten, wenn die wissenschaftliche Auswertung und
Publikation auch mit Hilfe von Kopien erfolgen kann und genug Zeit vorhanden war, um diese
anzufertigen. Insoweit ist die Rechtslage anders als etwa bei der Überlassung von
Kunstgegenständen an ein Museum, wo bei Fehlen einer zeitlichen Regelung eine dauerhafte
Überlassung zum Zwecke der Ausstellung angenommen und ein Kündigungsrecht frühestens nach 30
Jahren (analog § 544 BGB nF) gewährt wird (so OLG Celle vom 29.6.1994 – 20 U 9/94, NJW-RR
1994, 1473). Für Archivgut soll dagegen die Vorschrift des § 604 II BGB Anwendung finden, und zwar
auch dann, wenn kein unentgeltlicher Leihvertrag, sondern ein Archivvertrag sui generis geschlossen
wurde, was immer dann der Fall ist, wenn das Archiv bestimmte Hauptpflichten im Hinblick auf den
Nachlass übernommen hat, insbesondere die Pflicht zur Ordnung, wissenschaftlichen Auswertung und
Publikation.
Zu beachten ist darüber hinaus das außerordentliche Kündigungsrecht des Verleihers nach § 605
BGB:
Der Verleiher kann die Leihe kündigen:
1. wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstands der verliehenen Sache bedarf;
2. wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt
den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden
Sorgfalt erheblich gefährdet.
Treffen diese Voraussetzungen zu, so kann der Eigentümer den Nachlass auch schon vor Ablauf der
Zweckerreichung oder auch schon vor Ablauf einer fest bestimmten Leihfrist zurückfordern. [...]

Die Übergabe an ein Archiv schließt es nicht aus, dass der Eigentümer den deponierten Nachlass an
einen Dritten veräußert: In diesem Fall geht das Eigentum auf den Erwerber über; dieser tritt in die
Rechtsstellung des bisherigen Eigentümers ein. Für das Archiv bedeutet dies: Der
Überlassungsvertrag ist nach wie vor gültig und gibt dem Archiv ein Recht zum Besitz (§ 986 BGB);
der Erwerber kann somit den Nachlass erst dann herausverlangen, wenn dies nach der getroffenen
Vereinbarung möglich ist. Allerdings dürften für das Archiv in diesem Fall die Chancen sinken, den
Nachlass selbst zu Eigentum zu erwerben.
Vermeiden lässt sich diese Situation zum einen durch eine bereits im Überlassungsvertrag antizipierte
Übereignung (Bedingung/Befristung), zum anderen durch ein Vorerwerbsrecht, das zugunsten des
Archivs vereinbart wurde. Von diesem Erwerbsrecht muss das Archiv – wenn z.B. keine Mittel bereit
stehen – nicht Gebrauch machen. Umgekehrt schadet es aber auch dem Nachlasseigentümer nicht,
wenn das Vorerwerbsrecht des Archivs so ausgestaltet ist, dass der Erwerb nur stattfindet, wenn z.B.
mindestens der Kaufpreis gezahlt wird, den auch der Dritte zu zahlen bereit war. Um spätere
Manipulationen generell auszuschließen, kann jedoch auch bereits bei der Übernahme des
Nachlasses ein endgültiger Erwerbspreis fest vereinbart werden.


Das Urteil des Bundesgerichtshofs von 1987 ist online unter:
http://de.wikisource.org/wiki/Bundesgerichtshof_-_Archivvertrag

Erwirbt ein Sponsor eine Handschrift der Badischen Landesbibliothek, um sie ihr als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen, kommt es auf den Vertrag der BLB mit dem Erwerber an. Eine Kündigung des Leihvertrags aus wichtigem Grund (z.B. bei Insolvenz) kann nicht ausgeschlossen werden. Ein Vorkaufsrecht zugunsten des Landes hilft aber nur dann weiter, wenn das Land in der Lage und willens ist, davon Gebrauch zu machen.

Update: Muster für Depositalverträge
http://archiv.twoday.net/stories/3074668/

Viel zu wenig bekannt ist das Standardwerk zum Recht der Archive, Bibliotheken und Museen des Schweizer Juristen Künzle, von dem der komplette Teil zum Museumsrecht online als PDF verfügbar ist:

http://www.kendris.com/admin/pdf/news_de53.pdf

http://www.pz-news.de/kultur/kunst/85669/

„Diese Handschriftausstellung ist ein Dank für die überwältigende Solidarität, die die Badische Landesbibliothek in den vergangenen Wochen erfahren hat“. Direktor Peter Michael Ehrle ist deutlich die Sorge um die Zukunft der wertvollen Handschriftenbestände anzusehen, von denen einige in der Sonderschau bis zum 25. November zeigt werden. [...]

Wolfgang Klose, Vorsitzender der Badischen Bibliotheksgesellschaft, hält dies aufgrund von Gesetzen aus dem 19. Jahrhundert, die die Säkularisierung der Klöster sowie das Ende des Großherzogtums Baden betreffen, für in keinster Weise statthaft. Für ihn ist die Verkaufsabsicht „ein Angriff auf das fundamentale Selbstverständnis der Gesellschaft, dass der Staat das kulturelle Erbe zu schützen habe“.

Auf 50 Lux abgedunkelt

Zu sehen sind im ehemaligen Musiklesesaal der Landesbibliothek elf Handschriften aus der ehemaligen Großherzoglichen Hof- und Landesbibliothek, die aus konservatorischen Gründen sonst nur ausgewiesenen Fachleuten im Original vorgelegt werden. Im auf 50 Lux abgedunkelten Raum sind Werke ausgestellt, die zwischen dem 10. Jahrhundert und dem Jahr 1730 entstanden. Diese elf Preziosen sind nach Worten von Ute Obhof, Leiterin der Handschriftenabteilung, nur die „Spitze des Eisberges“ was die Qualität der Handschriftensammlung angeht.

So ist nun der um 1487 in Konstanz entstandene Prachtband des Konrad von Grünenburgs „Reise von Konstanz nach Jerusalem“ mit seiner herrlichen Illustration eines türkischen Kriegesschiffs neben dem ungemein wertvollen Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. von Baden zu sehen.

Das Ende des 15. Jahrhunderts in Paris geschaffene Werk, dessen Herstellung wohl ein Jahr gedauert hat, wurde noch zu D-Mark-Zeiten, wie Obhof erläutert, für „rund 17 Millionen für eine Ausstellungsausleihe versichert“. Das älteste in der Fächerstadt ausgestellte Werk ist das „Homiliarium von der Reichenau“, eine kunstvolle Sammlung von Predigttexten, die um die Mitte des 10. Jahrhunderts in der Klosterwerkstatt entstanden. Die herrliche illuminierte Handschrift fasziniert auch durch ihre kostbaren Gold- und Purpurauflagen. Das in Straßburg um 1490 entstandene Klarenbuch schildert das Leben der heiligen Klara, wobei die Miniaturen in ihrer Stilistik durchaus an die Darstellung des Minnekults erinnern.

Die kleine Schau schlägt den Bogen vom berühmten Speyerer Evangelistar zum Karlsruher Tulpenbuch, von dem mehrere Blätter gezeigt werden können. Auch wenn die Ausstellung als Dankeschön nicht nur für die über 11 000 Protestunterschriften gedacht ist, die die Landesregierung zu einem vorläufigen Umdenken gebracht haben, sehen Klose, Ehrle und Obhof die Handschriftensammlung längst noch nicht außer Gefahr. „Ob das von der Landesregierung jetzt angestrebte Drei-Säulenmodell funktioniert, weiß niemand“, sagt Klose. Selbst wenn die insgesamt 30 Millionen Euro von der Landesstiftung, Sponsoren und anderen Kultureinrichtungen aufgebracht würden, würden diese Gelder wiederum der Kultur in ganz Baden-Württemberg fehlen.

Bibliothekschef Ehrle, der, wie man hören konnte, infolge seines mutigen Einsatzes für den Erhalt seiner Bestände politisch unter Druck geraten ist, erinnert außerdem daran, dass beispielsweise die Nibelungenhandschrift C, die nicht zu den gefährdeten Beständen gehört, von der Landesbank gekauft und als einfache Leihgabe in die Fächerstadt kam, jederzeit von der Bank zurückgeholt und verkauft werden könnte.

Die Sonderausstellung ist bei freiem Eintritt in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe bis zum 25. November zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10 bis 16 Uhr, Donnerstag bis 19 Uhr, Samstag 10 bis 12 Uhr.


St. Peter Cod. 11a St. Peter Cod. 11a

Das Archiv für Frauen- und Geschlechtergeschichte Ostschweiz in St. Gallen arbeitet jezt wieder gänzlich ehrenamtlich, da sie nun keinerlei öffentliche Gelder mehr bekommen.
2005 erschien ein umfangreicher und großformatiger Band zur Geschichte der Frauenbewegung in der Ostschweiz (Neue Frauenbewegung. 145. Neujahrsblatt vom Historischen Verein des Kantons St. Gallen. St. Gallen 2005).
Als PDF komplett hier downloadbar.
Die allermeisten der Mitarbeiterinnen sind HistorikerInnen, die alle den Kontakt zu den sozialen Bewegungen weiter pflegen.

Die Unterschriftenaktion wird noch bis zum 15.11.2006 fortgesetzt. Nachdem die Landesregierung inzwischen auch anderes Kulturgut verkaufen wolle, weitete die LV ihren Protest auch dahingehend aus. Die LV wendet sich dagegen, nun anderes Kulturgut zu verschleudern. Sie hält an ihrer Forderung fest, die Sanierung des Schlosses Salem vollständig aus den Erträgen der Landesstiftung in Angriff zu nehmen. Vgl. auch die Pressemitteilung vom 17.10. (Beschluss der Landesstiftung unzureichend. Landesvereinigung wehrt sich gegen Vorwürfe, Badens Staatsregierung habe 1918/1919 schlampig verhandelt/Land nach wie vor in der Pflicht) und 10.10.2006.

Stand am Dienstag, den 27.10.2006, ca. 12.000 Unterschriften.
(Die Unterschriftenliste kann auf der Website der Landesvereinigung Baden heruntergeladen werden, stattdessen kann die Zustimmung auch online erfolgen.)

Die Unterschriftenlisten sollen am 6.12.2006 in Stuttgart dem Ministerpräsidenten und dem Landtagspräsidenten übergeben werden.

Aus der Pressemitteilung vom 20.10.2006:

Landesvereinigung übt Schulterschluss mit Landtagsparteien.
Kuratorium der Vereinigung einstimmig gegen Ausverkauf von Kulturgut


Das Kuratorium der Landesvereinigung Baden in Europa unterstützt den Kampf der Landesvereinigung gegen den Verkauf von Kulturgut aus Baden-Württemberg. Dies beschlossen die Mitglieder des Kuratoriums einstimmig bei ihrer jüngsten Sitzung. Dem Gremium gehören Personen der Öffentlichkeit aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Politik an, darunter Bundestags- und Landtagsabgeordnete aller Parteien.

Die Vertreter von CDU, SPD und Die Grünen aus dem Landtag von Baden-Württemberg forderten, dass die eventuell zum Verkauf stehenden Kunstschätze als Nationales Kulturgut unter Schutz gestellt werden. Sie fordern die Landesregierung auf, den entsprechenden Antrag bei der Bundesregierung zu stellen. Außerdem schlugen sie vor, dem Landtag und der Landesregierung die Unterschriften, die aus allen Teilen der Bundesrepublik Deutschland und darüber hinaus aus dem Ausland der Landesvereinigung Baden in Europa vorliegen am 6. Dezember in Stuttgart zu überreichen. Bislang hat die Landesvereinigung an die 10 000 Unterschriften zum Erhalt der Kulturgüter gesammelt.


Weiteres unter http://www.lv-baden.de/a/web/

Neu auf dem Landtagsserver:
( Update zu http://archiv.twoday.net/stories/2847715/ )

Antrag Fraktion SPD
(Abg. Ute Vogt, Helen Heberer, Stober und Fraktion)
25.10.2006 Drs 14/510
http://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0510.html

Das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes und insbesondere seine Handhabung in Bezug auf die Kulturgüter im Eigentum des Hauses Baden

Antrag Fraktion GRÜNE
(Abg. Walter, Kretschmann und Fraktion)
25.10.2006 Drs 14/507
http://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0507.html

Der geplante Verkauf von badischen Kulturgütern
Hier: Die rechtliche Stellung der Zähringer-Stiftung


Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen

I. zu berichten,
  1. ob die Landesregierung die Auffassung teilt, dass die Zähringer-Stiftung wirksam errichtet wurde, und an welchen Gegenständen diese nach Auffassung der Landesregierung unstreitig wirksam Eigentum erworben hat;
  2. ob es zutrifft, dass das Land bis in die jüngste Zeit davon ausging, dass hinsichtlich der in die Stiftung eingebrachten Gegenstände die Rechtsunklarheit sich darauf bezog, ob die Zähringer-Stiftung oder das Land Eigentümer dieser Gegenstände ist;
  3. aus welchen Personen sich der Stiftungsrat der Zähringer-Stiftung derzeit zusammensetzt und welche Aufgaben dieser Stiftungsrat wahrnimmt;
  4. wann das Haus Baden zum ersten Mal seine Eigentümerstellung hinsichtlich der in die Stiftung eingebrachten Gegenstände zu Lasten der Stiftung geltend machte;
  5. ob es zutrifft, dass im Jahr 1983 vom damaligen Wissenschaftsminister Engler der Zähringer-Stiftung ein Vergleich hinsichtlich der eingebrachten Gegenstände angeboten wurde, den diese aber ablehnte; falls ja, mit welcher Begründung;
  6. ob es zutrifft, dass die Ablehnung des unter Ziffer 4 erwähnten Vergleichs damals deshalb keine weiteren Folgen hatte, weil die damalige Regierung davon ausging, dass die streitigen Gegenstände wenn nicht dem Land, dann eben der Stiftung gehörten und der Zugang der Öffentlichkeit damit gesichert sei;
  7. inwieweit die Stiftungsaufsicht der Zähringer-Stiftung gegenüber tätig wurde;
  8. wie die konkreten Fragestellungen der Landesregierung lauteten, welche von Peter Wax und Prof. Würtenberger begutachtet werden sollten;
  9. ob den Gutachtern von der Landesregierung konkrete Szenarien eines möglichen Vergleichs zur Begutachtung vorgelegt wurden, und wenn ja, wie diese Szenarien aussahen;
II.
  1. dem Landtag einen Bericht über die Errichtung der Stiftung und über den Schriftwechsel zwischen der Zähringer-Stiftung und der Stiftungsaufsicht vorzulegen;
  2. dem Landtag Akteneinsicht über die Akten der Stiftungsaufsicht zur Zähringer-Stiftung zu gewähren.
Stuttgart, 25. Oktober 2006
Walter, Kretschmann und Fraktion

Begründung:

Die Landesregierungen in Baden-Württemberg haben über Jahrzehnte die Zähringer-Stiftung als wirksame Stiftung betrachtet. Erst in der jüngeren Vergangenheit hat die derzeitige Landesregierung Zweifel an dieser Position angemeldet und u. a. daraus folgernd dem Haus Baden einen Vergleich über 70 Mio. € angeboten. Namhafte Juristen widersprechen jedoch der Auffassung der Landesregierung. Damit wäre ein Großteil der von der Landesregierung als eindeutig im Besitz des Hauses Badens oder zumindest strittig deklarierten Kunstwerke zumindest im Eigentum der Zähringer-Stiftung und damit vor Verkauf geschützt.

Update 7.11.2006:

Ankauf badischer Kulturgüter durch das Land Baden.
(Drs. 14/496) Der Abg. Jürgen Walter, GRÜNE, hat für die Fragestunde in der 12. Plenarsitzung des Landtags BW am 9.11. eine mündliche Anfrage eingereicht (Eingang: 02.11.2006). Er fragt darin nach dem konkreten Inhalt des aufgrund einer Vereinbarung des Landes Baden mit dem Haus Baden vom badischen Landtag am 1. April 1930 beschlossenen und am 17. April 1930 veröffentlichten Gesetz zum Ankauf badischer Kulturgüter.

Kommentar: Die Anfrage ist inhaltlich überflüssig und wohl nur aus taktischen Gründen motiviert, denn jeder Landtagsabgeordnete könnte wohl leicht selbst im badischen Gesetzblatt nachschlagen. Zudem ist das betreffende Gesetz längst in den Wikimedia Commons als Faksimile wiedergegeben (eingestellt von Klaus Graf):
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Kunsthalle_karlsruhe_1930_1.JPG

MdL Kretschmann, Fraktionsvorsitzender GRÜNE fordert in einem Brief vom 2.11. (pdf) an MP Oettinger, "alle Aktivitäten, auch seitens der Landesstiftung, badische Kulturgüter zu erwerben“ einzustellen. Die Rolle der Zähringer-Stiftung sei bisher unzureichend berücksichtigt worden. Zahlreiche Argumente sprächen dafür, dass die Stiftung wirksam errichtet wurde und die Übereignung von Kulturgütern an die Stiftung erfolgt ist. Er werde daher seitens seiner Fraktion eine Anhörung im Finanzausschuss beantragen, die das Gesetz vom April 1930 und die Wirksamkeit der Zähringer-Stiftung zum Thema machen solle. Seines Erachtens müsse die Frage nach der Zukunft von von Schloss Salem völlig getrennt von der der Kunstgegenstände betrachtet werden, weil nur so eine Lösung gefunden werden könne, die der tatsächlichen rechtlichen Situation gerecht werde.

http://www.google.com/coop/cse?cx=005697712643404523005%3Avzvluk2jnzo

Eine Suche über deutschsprachige Archiv-Seiten

http://www.google.com/coop/cse?cx=005697712643404523005%3A1a4o9pbl7a8




Plans by a Geneva museum to sell two ancient manuscripts for millions of dollars have drawn consternation from scholars around the world.

They fear the sale of the papyri, which date back to the 2nd century, could precipitate the break-up of a unique collection of around 50 texts held by the Bodmer Foundation.



The Bodmer, based in Cologny just outside the city, says it needs to raise money to guarantee the long-term future of its museum, which opened only three years ago.

But around 20 academics from Switzerland and abroad are calling for the sale of two manuscripts – gospels of St John and St Luke – to be halted.

According to Paul Schubert, professor of ancient Greek at Geneva University, the collection to which the texts belong is one of the most extensive and valuable of its kind in the world.

He says it contains New Testament codices, other Christian texts and three comedies by the Greek playwright Menander, which were all found together.

"One of the jewels of the [Bodmer] collection is this set of ancient books from the second to fourth century AD that all belong together," Schubert told swissinfo. "It is the same as if the British Museum decided to sell one panel from the Parthenon frieze."


Read more at swissinfo

German entry in this weblog:
http://archiv.twoday.net/stories/2866360/

In der Schweiz konnten Wissenschaftler 1981 einen Entscheid des Bundesgerichts durchsetzen, der eine privatrechtliche Stiftung betraf, die den Nachlass Robert Walsers verwaltet. Zwei Walser-Forscher wurden als beschwerdebefugt gegenüber der staatlichen Stiftungsaufsicht angesehen. Sie hatten - gemeinsam mit anderen, deren rechtliche Betroffenheit verneint wurde - eine bessere Verwaltung der Dokumente und den freien Zugang für die Öffentlichkeit gefordert.

Text von BGE 107 II 385

Leitsatz:

Die Legitimation zur Stiftungsaufsichtsbeschwerde setzt ein näher
umschriebenes persönliches Interesse des Beschwerdeführers an der Kontrolle der
Tätigkeit der Stiftungsorgane voraus. Ein solches Interesse ist zu bejahen,
wenn eine Person wirklich einmal in die Lage kommen kann, eine Leistung oder
einen andern Vorteil von der Stiftung zu erlangen.


In Deutschland steht dagegen den Destinatären KEINE Klagebefugnis zu, siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2823247/

Süddeutsche Zeitung, 28.10.2006, Ausgabe Deutschland, S. 15

Wer braucht schon so viele Evangelien?

Trotz Protest: Die Schweizer Fondation Bodmer möchte 1700 Jahre alte Papyri verkaufen, um ihr Museum zu finanzieren

Auszüge:

Museen schaffen seltsame Nachbarschaften, und einige der seltsamsten schafft die
Fondation Martin Bodmer, eine exquisite Handschriftensammlung im malerischen
Cologny bei Genf. [...]

Die Krönung der Sammlung aber sind jene 900 taschenbuchgroßen Seiten, die in den
fünfziger Jahren aus Ägypten auf nicht näher beleuchteten Wegen in die Schweiz
gelangten. Martin Bodmer, Sohn einer Zürcher Seidenhandelsfamilie und besessener
Handschriftensammler, hatte einige der die ältesten Quellen des Neuen Testaments
erworben, Papyrus-Codices mit dem Evangelium des Lucas und des Johannes, die aus
dem späten zweiten bis frühen dritten Jahrhundert stammen.

Und aus eben diesem Schatz möchte die Sammlung Bodmer nun ein paar Seiten
verkaufen, um, wie der Genfer Gräzist Paul Schubert aus einem Brief der Stiftung
zitiert, "die Stiftung wieder zu ,kapitalisieren". Ein
Handschriften-Verkauf als Ausweg aus einer klammen Haushaltslage - das kommt einem bekannt vor.

Bereits im März hatte Paul Schubert eine Petition verfasst, unterzeichnet von 20
Kollegen, um den Verkauf zu verhindern. Ob sie größere Wirkung entfaltet, steht
dahin. Denn Sammlungsdirektor Charles Méla betrachtet die Verkaufspläne geradezu
als Befreiungsschlag für sein Haus: "Ich habe an jede Tür in Genf geklopft:
Umsonst. Wenn den Schweizern so viel an den Papyri liegt, hätten sie uns ja
vorher mal helfen können." 600 000 Euro bekomme die Stiftung derzeit vom Staat,
die Ausgaben für das neue, 2003 eröffnete Museum, lägen aber bei 800 000 Euro.
Überhaupt stehe ja nicht jene weltweit älteste Handschrift des
Johannes-Evangeliums aus dem 2. Jahrhundert zum Verkauf, sondern etwa 30 Blätter
aus einem Lukas- und einem Johannes- Evangelium aus dem frühen 3. Jahrhundert,
die allesamt erforscht und publiziert seien.

Dass es sich dennoch nicht um nachrangige Stücke handeln kann, klingt in der
Antwort des Stiftungsrates auf Schuberts Petition an. Darin schreibt die
Stiftung, man habe vor dem Dilemma gestanden, "entweder ein Stück von großem
Wert oder viele Stücke von geringerem Wert" zu verkaufen und sich auf die erste
Variante verständigt, "um das Problem ein für alle Mal zu lösen". Sechs bis acht
Millionen Euro, hofft Direktor Méla, werde der Verkauf einbringen.

Es wäre nicht der erste Verkauf aus der Sammlung Bodmer. Martin Bodmer, Schweizer Millionär und Bibliomane, hatte seine Sammlung aus 16 000
Handschriften, Inkunablen, Zeichnungen, Noten und Skulpturen in zwei
unterirdisch verbundenen Pavillons untergebracht, das Eigentum an ihnen aber
später in eine private Stiftung umgewandelt, heute eine der größten privaten
Stiftungen der Welt. Der Stiftungsrat wiederum hatte sich für das Museum von
Mario Botta einen unterirdischen Ergänzungsbau schaffen lassen, der vor drei
Jahren eröffnet wurde - und dessen Baukosten von zehn Millionen Euro durch den
Verkauf einer Zeichnung Michelangelos finanziert wurde. Für Paul Schubert war
dies der Beginn einer fatalen Strategie, für Sammlungsdirektor Méla hingegen
eine Tat in öffentlichem Interesse. Erst mit dem Bau des neuen Museums habe man
die Sammlung einem breiteren Publikum zugänglich machen können, was sich nicht
zuletzt dadurch ausgezahlt habe, dass der Kanton Genf die zuvor gekürzten Mittel
wieder auf 310 000 Euro pro Jahr aufgestockt habe. Aber nun müsse das neue Haus
mit Leben erfüllt werden, nun wolle man Sonderausstellungen machen, neue Stücke
kaufen - und alles das koste eben Geld.

Aber liegt nicht ein gewisser Widerspruch darin, die Kronjuwelen zu verkaufen,
nur um sich eine Handvoll Perlen leisten zu können? "Aber es sind ja gar nicht
die Kronjuwelen. Die Stiftung besitzt 900 Blatt Papyri, das sind 1800 Seiten,
und wir können nur ein, zwei Seiten zeigen: Nein, ich bedaure es nicht, diese
Papyri zu verkaufen."

Der Heidelberger Altphilologin Andrea Jördens hingegen tut es nicht nur leid,
sie nennt es "eine Katastrophe". Selbst wenn die Schriften publiziert und
digitalisiert seien, helfe Forschern dies kaum weiter. Viele Informationen
ließen sich nur am Original ablesen: "Welche Tinte verwendet wurde, welche Hände
geschrieben haben, wer welche Einfügungen gemacht hat, alle diese Fragen
beantwortet ein Computerbild nicht", erklärt Jördens. Schlimmstenfalls, so ihre
Sorge, verschwinden die Blätter in einer Privatsammlung, unerreichbar für die
Öffentlichkeit und für die Wissenschaft, eine Befürchtung, die Méla zu zerstreuen sucht: "Wir hatten mal an eine private Sammlung gedacht, aber wir
werden auf jeden Fall darauf achten, dass die Papyri für die Forschung
zugänglich bleiben." Paul Schuster überzeugt das nicht: "Was heißt das
überhaupt: Es ist schon publiziert? Kann man etwa jede Sammlung
auseinanderreißen, jedes Bilder verkaufen, nur weil es mal in einem Buch
abgedruckt wurde?"

Aber Méla sieht die Pläne des Stiftungsrates ganz im Sinne des Museumsgründers.
Und damit liegt er möglicherweise nicht mal falsch. Martin Bodmer nämlich, so
Méla, habe den Verkauf einzelner Stücke ausdrücklich vorgesehen, falls sich auf
diese Weise das Überleben der Sammlung sichern ließe. Überhaupt schien die
Unantastbarkeit der Sammlung für Bodmer im Einzelfall verhandelbar: Als Papst
Paul VI. in Genf weilte, überreichte ihm der Industriellen-Sohn zwei Seiten mit
den Petrusbriefen. Er hatte sie einfach aus dem Konvolut herausgelöst. [...]


http://www.fondationbodmer.org/

Es handelt sich um P 75 (Bodmer XIV/XV):
http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/bodmer_papyri.html

Bodmer XIV/XV hat ein eigenes Lemma in der polnischen Wikipedia:
http://pl.wikipedia.org/wiki/Papirus_Bodmer_XIV-XV

Ein weiterer Bericht zur Verkaufsaffäre:
http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kulturzeit/tips/99528/index.html

Video
http://www.sf.tv/sf1/kulturplatz/index.php

Zur Stiftungsaufsicht in der Schweiz siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2866508/

English entry
http://archiv.twoday.net/stories/2866554/

Aus Anlass von sog. Dubletten-Verkäufen der Stiftsbibliothek St. Peter in Salzburg (veräußert werden Stücke ab dem 16. Jahrhundert) in Salzburg vertritt netbib
http://log.netbib.de/archives/2006/10/29/fruhneuzeitliche-drucke-sind-keine-dubletten/
zurecht die Ansicht, dass es bei frühneuzeitlichen Altbeständen keine Dubletten gibt.

Update:

http://www.salzburg.com/sn/06/11/16/artikel/2662821.html

Alle 203 zur Versteigerung ausgerufenen Titel von Zweit- und Drittexemplaren aus der Bibliothek des Stiftes St. Peter wurden am Dienstagabend verkauft. In knapp zwei Stunden war die von Peter Martern geleitete Auktion vorbei.

[...] Der finanzielle Erfolg der Auktion steht noch nicht fest, der Restaurierung des Buchbestands von St. Peter kann aber aller Voraussicht nach ein Betrag 15.000 Euro zugeführt werden.

Einer der Käufer ist Hermann Mayrhofer vom Bergbaumuseum in Leogang: "Ich bin ganz glücklich", sagt er zu den SN. "Um 1300 Euro hab ich sechs Bücher ersteigern können, darunter eine alte Beschreibung der Wallfahrt von Maria Kirchental aus dem Jahre 1740 und das Standardwerk über die Emigrationsgeschichte aus dem Erzbistum Salzburg von Gerhard Goecking aus dem Jahre 1734." Alles sei für das Museum gedacht.

Unter den fachkundigen Bietern haben Privatpersonen, Händler, Antiquariate sowie auch Mitarbeiter des Salzburger Landesarchivs und aus dem Archiv der Stadt Salzburg den Zuschlag erhalten. "Das ist ein Gewinn für Salzburgs Bildungslandschaft", ist P. Petrus überzeugt.


Wohl eher ein Verlust für geschlossene Bestände in St. Peter ...

Und wieso es sein muss, dass sich bei Bestandsabgaben öffentliche IInstitutionen als Bieter einer Auktion beteiligen müssen, darf mir gern ein Kirchenbibliothekar erklären. Aber die Kirche hat einen großen Magen und darf auch Altbestände verhökern, wenns der Ehre Gottes und dem Bibliotheksetat dient ...

Pfui Deibl.

In der Causa Karlsruhe war die Empörung groß. Geht es aber um weniger wichtige Kulturgüter, stehe ich mit meinem Kampf gegen undokumentierten Ausverkauf historischer Sammlungen wie Adelsbibliotheken weitgehend auf verlorenem Posten. Oft nimmt nicht einmal die Lokalpresse Notiz von den entsprechenden Verlusten.

In der FAZ vom 28.10.2006 S. 48 ("Kunstmarkt") erfährt man, dass bei Hartung & Hartung in München vom 7. bis 9. November Bestände aus mehreren Adelsbibliotheken versteigert werden.

Online-Katalog:
http://www.hartung-hartung.com/HHWeb/DB_Abteilungen_Frame.aspx?Mode=1&AukNr=115

Zum einen geht es um einen Schwung schöngeistiger Bücher aus Schloss Neidstein (Familie von Brand), das in den Besitz des Hollywood-Stars Nicholas Cage übergegangen ist und dessen Inventarreste vor etwa 5 Wochen bei Neumeister in München versteigert wurden, siehe
http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Neidstein#Archiv_und_Bibliothek

Aus Neidstein stammt z.B. Nr. 21:

"21 Nürnberg. - Beschreibung der Nürnberg: Landschafft, Welche in Chroniken und Analibus bißweilen der Nürnbergische Craiß genant wird, wie auch der Nürnberg: Land-Wehr... Deutsche Handschrift auf Papier. O. O. 1732. Ca. 360:220 mm. Tit., 242 SS., 8 w. Bll. Marmor. Pp.
Schätzpreis: *R (500,- €)
Von einer Hand in brauner Tinte recht sorgfältig geschrieben. Enthält eine genaue Beschreibung der zum Nürnberger Gebiet gehörenden Ortschaften, darunter: Eibach, Feucht, Fürth, Hersbruck, Katzwang, Liechtenhof, Ochenbruck, Reichenschwandt u. Wendelstein. Mit ausführl. Ortsregister. - Sauber. Tit. gestemp. Etwas beschabt. Unbeschnitten. - Exlibris "Stiftung der Familie Stoer und Stier". Aus Bibliothek Schloß Neidstein."

Die Volltextsuche "Neidstein" findet 212 Treffer, teilweise mit Besitzvermerken derer von Brand (z.B. Nr. 1724).

Zum zweiten geht es um die dritte Tranche der bedeutsamen Büchersammlung der Freiherren von Fechenbach zu Laudenbach, über die ich hier bereits berichtet habe:
http://archiv.twoday.net/stories/2539169/
http://archiv.twoday.net/stories/1091758

Hier sind auch Handschriften betroffen beispielsweise Nr. 9:
"Fimberger, Nic. Iter Philosophiae peripatetico Christianae Coeptum. Deutsche Handschrift auf Papier. Würzb. 1.XII.1723. 208:168 mm. 223 Bll., 2 Kupfertaf. Ldr. d. Zt.
Schätzpreis: (100,- €)
Vorlesungsmitschrift des Würzburger Studenten Joh. Phil. Karl Anton v. Fechenbach. - Sauber. Einbd. berieben u. mit Wurmspuren."

Nr. 14: "Kleinschrod, Gallus A. Caspar. Thematischer Theil des Criminalrechtes nach den Vorlesungen des Herrn Professor Kleinschrod im Sommersemester 1810. Deutsche Handschrift auf Papier. (Würzburg) 1810. 220:195 mm. 439 unn., 1 w. Bll. Pp. d. Zt.
Schätzpreis: (240,- €)
Schöne, gut lesbare, gleichmäßige Schrift, vereinzelt unterbrochen von kl. Verbesserungen u. Kommentaren von anderer Hand. Mitschrift einer Vorlesung des bekannten Würzburger Strafrechtlers (vgl. Stintzing/L. III1 461 ff.), einem überzeugten Vertreter der naturrechtlichen, aufklärerischen Epoche, scharf kritisiert von Feuerbach. - Auf leicht getöntem Papier, unbeschnitten. - Beiliegt von gleicher Hand: Anmerkungen zu Martins Lehrbuche d.C.P. Deutsche Handschrift auf Papier. O. O. u. Dat. 220:195 mm. 128 unn. Bll. Pp. d. Zt. wie oben. (Abhandlung zum Zivilprozeß mit Hunderten von Marginalien). - Beide Bände mit Stempel u. hs. Besitzverm "vFechenbach", des Friedrich von Fechenbach, der vermutlich diese Aufzeichnungen als 20jähriger Student an der Würzburger Universität geschrieben hat. - Einbde. bestoßen und beschabt."

Es ist ein Skandal, dass die Büchersammlung des letzten Würzburger Fürstbischofs in alle Welt zerstreut wird!

Sodann werden nach dem EALG zurückgegebene Bücher aus Schloss Püchau, die sich in Leipziger Bibliotheken befanden, versteigert. Nach
http://www.puechauer-schloss.de/seiten/frames.php
scheinen die Alteigentümer die Grafen von Hohenthal (es bestand ein Fideikommiss) gewesen zu sein.

Beispiel:
"978 Lünig, Joh. Chrn. Deutsches Reichsarchiv. (Bde. 16 u. 19 v. 24:) Spicilegii ecclesiastici Fortsetzung des 1. Theils, Von Ertz-Stifftern, Auch Teutschen u. Johanniter-Orden. - Continuatio spicilegii ecclesiastici Des Teutschen Reichs-Archivs... Lzg., Lanckisch Erben, o. J. u. 1720. Fol. 26 Bll., 1084, 140, 198 SS.; 18 Bll., 1178 SS. Ldr. d. Zt. mit Rsch.
Schätzpreis: (200,- €)
Dahlm./W. 1059. - Etwas gebräunt u. stockfl. Die Tit. mit Stempel der Schlossbibliothek Püchau (Sachsen) u. der UB Leipzig (ausgeschieden). Einbde. berieben u. bestoßen, 3 Kapitale lädiert."

Nr. 299 ist die Schedelsche Chronik (ehemals Stadtbibliothek Leipzig).

Und schließlich kommen unter den Hammer wervolle Bücher aus einer hochbedeutenden Leipziger Patriziersammlung, der Sammlung Apel, die für eine Stiftung verscherbelt werden. Zur Sammlung Apel sehe man:
http://archiv.twoday.net/stories/529585/

 

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