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http://www.sueddeutsche.de/kultur/fotokunst-aus-indien-messies-mit-staatlicher-lizenz-1.1727318

Die Tage analogen Archivierens scheinen gezählt zu sein; es ist also höchste Zeit, "Archivmuseen" einzurichten, Monumente einer untergehenden Welt, die versuchte, Information und Wissen, einschließlich aller damit verbundenen Irrtümer und Lügen, in materieller, "greifbarer" Form festzuhalten.

Dayanita Singh: File Room. Steidl Verlag, Göttingen 2013. 88 Seiten, 30 Euro

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/stories/410260426/


Willkommen im 21. Jahrhundert:

http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/baden-wuerttemberg-untersagt-lehrern-soziale-medien-a-912438.html

Update:
Zutreffender Kommentar von RA Dosch
http://klawtext.blogspot.de/2013/07/facebook-verbot-datenschutz-in-schulen.html

Siehe auch
http://www.spiegel.de/schulspiegel/lehrer-und-facebook-mehrere-laender-planen-regelungen-a-912794.html

Da ich einen Beitrag zu den Handschriften der Klause Kamp vorbereite, wandte ich mich an den Heimatverein, um mir die für 2 Euro im Verkehrsamt am Ort erhältlichen "Beiträge zur Geschichte Kamp-Bornhofens" Nr. 2 vom November 2012 zusenden zu lassen.

http://www.vfhkampbornhofen.de/geschichte/

Grundschullehrer Dr. Winfried Monschauer übersandte mir die ansprechend illustrierten vier Seiten und stellte mir 3,45 Euro in Rechnung (2 Euro und 1,45 Euro Porto, den Briefumschlag im Format DIN A 4 hat er mir freundlicherweise geschenkt).

Die Beiträge bestehen aus einem Aufsatz von Monschauer "Mittelalterliches Kunstwerk aus dem Kloster Kamp (1330-1806) wiederentdeckt". Man erfährt zunächst ohne Einzelbelege etwas über die aus Kamp bekannten Handschriften und dann, dass das verschollene Dialoggedicht "nun im Museum zu Madrid" wiederentdeckt wurde. Wer für diese Wiederentdeckung verantwortlich ist und von wem Monschauer das alles weiß, erfährt man nicht.

Monschauer hat sich im November 2012 dreist an meinem Forschungsbeitrag "Die 'Innige Seele' in einer Mainzer Handschrift" vom 29. Juni 2012 bedient:

http://archiv.twoday.net/stories/97069110/

Ich hatte dort auch deutlich gemacht, dass ich zwar ursprünglich den neuen Standort im Museum Thyssen-Bornemisza via Google gefunden hatte, nachträglich aber festgestellt hatte, dass Volker Honemann schon im Jahr 2000 auf den neuen Standort hingewiesen hat (was im DLL Mittelalter natürlich übersehen wurde). Monschauer zitiert in der abschließenden Literaturangabe Honemann, drei Kataloge, zwei eigene Publikationen zu Kamp - und F. W. E. Roth 1894.

Genau deshalb kann ich sicher sein, dass Monschauer sich auf das unredlichste an meinen Resultaten bedient hat. Denn der Titel Ferdinand Wilhelm Emil Roth, Mittheilungen aus Handschriften und älteren Druckwerken. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 26 (1894), S. 58-70 hat überhaupt keinen direkten Bezug zu Kamp. Ich schrieb am Anfang meines Beitrags:

"Übersehen wurde bislang, dass die "Innige Seele" aus der Gruppe der Dialoggedichte "Kreuztragende Minne" in der Handschrift der Stadtbibliothek Mainz Hs I 327 überliefert ist und von F. W. E. Roth abgedruckt wurde. Das lange vermisste Tafelgemälde aus der Klause Kamp gegenüber von Boppard befindet sich heute in der Sammlung Thyssen-Bornemisza in Madrid."

Da die Identifizierung des von Roth edierten Textes mit der Kreuztragenden Minne durch mich erfolgte, setzt das verräterische Roth-Zitat Monschauers meinen Befund voraus. Hätte er diesen Beitrag nicht zitiert, hätte er behaupten können, dass er unabhängig von mir auf das Bild in Madrid gestoßen ist und meinen Internetbeitrag nicht gekannt hat.

Aber was soll man sich groß aufregen über einen Pädagogen und provinziellen Heimatforscher, der die besondere Peinlichkeit begangen hat, die Ordenszugehörigkeit des von ihm in seiner Dissertation 1998 untersuchten Klosters im Titel der Doktorarbeit falsch anzugeben. In Kamp lebten Augustinerchorfrauen oder meinetwegen auch Schwestern nach der Augustinerregel, aber keine Augustiner-Eremiten-Nonnen!


Martin Christ hat in einer englischen Studierenden-Zeitschrift 2012 dazu einen Aufsatz geschrieben:

Negotiation and Power: The Failure of the Reformation in Schwäbisch Gmünd c.1500-80, in: Reinvention: a Journal of Undergraduate Research, Volume 5, Issue 1, http://www.warwick.ac.uk/reinventionjournal/issues/volume5issue1/christ

Absolut nicht korrekt ist, zwei von mir in meinem Buch "Gmünder Chroniken" (1984) edierte Quellen nach dem Digitalisat des Buchs ohne meinen Namen zu zitieren. [Ist geändert.]

werden höflich gebeten, http://archiv.twoday.net/stories/444870012/ zu ignorieren. Danke!

"Startpreis drei Millionen Dollar: Eine angeblich originale Liste mit Namen von jüdischen Mitarbeitern des deutschen Fabrikanten Oskar Schindler wird beim Online-Auktionshaus Ebay angeboten."

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/holocaust-dokument-schindlers-liste-bei-ebay-angeboten-a-912169.html

Grüße
J. Paul

Ein Eigenplagiat ist kein Plagiat, da man das Ergebnis einer eigenen und nicht einer fremden Leistung verwertet. Sich selbst kann man nicht bestehlen.

Nun aber soll der NRW-Medienstaatssekretär Marc Jan Eumann dran glauben. Die TU Dortmund teilt mit: „In Würdigung des Kommissionsberichts und des externen Rechtsgutachtens stellt das Rektorat erhebliches wissenschaftliches Fehlverhalten des Herrn Dr. Eumann fest und beschließt daher, die Angelegenheit dem Fakultätsrat der Fakultät 15 zur Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Doktorgrads gem. § 19 der ‚Promotionsordnung der Universität Dortmund der Fakultät Kulturwissenschaften vom 06.12.2001‘ zuständigkeitshalber zuzuleiten.“
http://www.tu-dortmund.de/uni/Medien/aktuelles/meldungen/2013-07/13-07-19_eumann/index.html

Ich kann beim besten Willen kein erhebliches wissenschaftliches Fehlverfalten Eumanns erkennen, das es rechtfertigt, den Doktorgrad zu entziehen. Hier (und nicht in der Causa Schavan) liegt Tugendterror vor. Eumann hat sich - im Licht der neueren Diskussion und des wissenschaftlich Wünschenswerten - zwar unkorrekt/ungeschickt verhalten. es ist aber absolut nicht hinnehmbar, ihm den Doktortitel zu entziehen, zumal wenn der Plagiator Detlev Dähnert seinen behalten darf, wie die BTU Cottbus befand:

http://de.vroniplag.wikia.com/wiki/Forum:Offener_Brief_wegen_D%C3%A4hnert_/_BTU_Cottbus

Dähnert hat in erheblichem Umfang fremde Arbeiten ohne Kennzeichnung verwendet. Dies als handwerkliche Fehler zu entschuldigen beweist einmal mehr, dass man in die universitätsinternen Verfahren kein Vertrauen haben kann. Erinnert sei an die Berichterstattung zu den HRK/DFG-Empfehlungen:

http://archiv.twoday.net/stories/444866075/
http://archiv.twoday.net/topics/Wissenschaftsbetrieb/

Aber auch unabhängig vom Versagen mancher Hochschulen bei der Plagiatsprüfung bin ich der festen Überzeugung, dass die sogenannten Eigenplagiate - also die nicht gekennzeichnete oder kenntlich gemachte Übernahme früherer eigener Textpassagen - zwar unschön und zu bekämpfen sind, aber längst nicht den Unrechtsgehalt haben, die es rechtfertigen einen Titel zu entziehen. Ich hoffe sehr, dass die Verwaltungsgerichte das genauso sehen und würde mir wünschen, dass Eumann einen Titelentzug anficht. Im Sinne eines zügigen Studienabschlusses ist es zudem kontraproduktiv, wenn Hochschulen eine Wiederverwertung früherer Qualifikationsarbeiten in Dissertationen unterbinden möchten.

I. Stellungnahme zum Fall Eumann

Im Qualitäts-Journalismus etwa der FAZ ist das Eigenplagiat unverzichtbar. Am 25.6.2013 schrieb Reiner Burger in der FAZ:

Ein Vergleich der Arbeiten, die der F.A.S. vorliegen, zeigt: Eumanns Doktorarbeit ist nicht viel mehr als eine - gewissenhaft angefertigte - Neuauflage der Magisterarbeit. An wenigen Stellen hat er neue Archivquellen eingebaut. Auch hat Eumann die seit 1991 erschienene Literatur zum Thema fleißig eingearbeitet.
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/unter-plagiatsverdacht-die-pruefung-12240445.html

Einen knappen Monat später lautet die Formulierung Burgers:
Ein Vergleich der beiden Arbeiten, die FAZ.NET vorliegen, zeigt: Eumanns Doktorarbeit ist nicht viel mehr als eine - gewissenhaft angefertigte - Neuauflage der Magisterarbeit. An wenigen Stellen hat er neue Archivquellen eingebaut. Auch hat Eumann die seit 1991 erschienene Literatur zum Thema fleißig eingearbeitet.
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/nrw-medienstaatssekretaer-eumann-soll-doktortitel-verlieren-12288519.html

Bemerkenswert erscheint mir, dass der Ärger für Eumann auf eine Denunziation des eigenen Doktorvaters zurückgeht. Burger im älteren Artikel:

„Aufbau und Text dieser Dortmunder Dissertation sind in großen Teilen identisch mit der Arbeit gleichen Titels, mit der der Autor 1991 an der Universität Köln sein Magisterexamen erwarb.“ Freilich suche man den Titel dieser Magisterarbeit im Literaturverzeichnis oder andernorts in der vorliegenden Veröffentlichung vergebens. Eine konzeptionelle oder methodische Erweiterung lasse sich nicht erkennen, „auch keine wirklich inhaltlich-substantielle“, schrieb Rezensent Arnulf Kutsch. Am Tag darauf kontaktierte Pöttker die „Kommission zur Sicherstellung guter wissenschaftlicher Praxis“ der TU Dortmund.

Er bat, ein Prüfverfahren wegen illegitimen Erwerbs der Doktorwürde gegen Eumann einzuleiten. Anders als bei vielen anderen Politiker-Dissertationen war es kein anonymes Internetforum, das Eumann auf die Schliche kam. Arnulf Kutsch ist noch ganz im Papierzeitalter zu Hause. Seit den achtziger Jahren führt der Leipziger Wissenschaftler für seine Forschungszwecke eine Bibliographie zu dem Thema „Medienpolitik der Alliierten“, in die er auch unveröffentlichte Manuskripte aufnimmt. Sich die Magisterarbeit zu besorgen, die Eumann 1991 beim Kölner Historiker Eberhard Kolb geschrieben hatte, war aber selbst für den kundigen Kutsch keine leichte Sache.

An der Universität zu Köln müssen Magisterarbeiten maximal zehn Jahre aufbewahrt werden. Im Bundesarchiv wurde Kutsch schließlich fündig, Eumann hatte dort ein Belegexemplar abgegeben.


Was ist das für ein Wissenschaftler, der sich bei der Übernahme einer Doktorarbeit nicht nach den früheren Leistungen seines neuen Doktoranden erkundigt? Um einschätzen zu können, ob jemand mit der Anfertigung einer Dissertation überfordert ist, ist es gute wissenschaftliche Praxis, sich Arbeitsproben zeigen zu lassen oder eben wie im vorliegenden Fall die Magisterarbeit. Burger hat diesbezüglich gründlich recherchiert: Eumann kam mit einem fertigen Manuskript zu Pöttker, der darauf verzichtet hat, die Magisterarbeit heranzuziehen. "Sein Doktorvater Pöttker gibt zu, dass es aus heutiger Sicht blauäugig gewesen sei, sich die Magisterarbeit nicht vorlegen zu lassen", schreibt Burger.

Unterschiedliche Aussagen gibt es zum Zweitgutachter Pätzold:

Auf Anfrage der F.A.S. teilt der frühere Journalistikprofessor mit, dass er sich die Magisterarbeit im Promotionsverfahren nicht von Eumann zeigen ließ und sie auch nicht zum Vergleich heranzog, als er sein Zweitgutachten für die Dissertation schrieb - und das, obwohl ihm nach eigenem Bekunden bekannt war, dass Eumann schon in seiner Magisterarbeit über sein Promotionsthema geforscht hatte. (Pätzold)

Dagegen David Schraven:
Der Ko-Doktorvater von Eumann, Professor Ulrich Pätzold, sagte dagegen, er habe Eumanns Magisterarbeit gekannt und Eumann gerade deswegen zur Doktorarbeit gedrängt. Von einem Selbstzitat könne keine Rede sein. Das gebe es gar nicht. Prof. Pätzold scheint die Definition des Selbstzitats in den Richtlinien seiner TU Dortmund unbekannt zu sein.
http://www.derwesten-recherche.org/2013/02/nrw-medienstaatssekretar-mit-doktorproblemen/

Der Journalist und Blogger David Schraven ist nicht unumstritten und vor allem bei einem SPD-Politiker nicht unparteiisch. Man warf ihm vor, Wahlkampf für die CDU gemacht zu haben:

http://rotstehtunsgut.de/2009/06/29/causa-kraft-wie-blogger-wahlkampf-fur-die-cdu-machen/

Der Tenor seines Blogbeitrags gegen Eumann ist eher gehässig. Gern wüsste ich, wo denn in den Richtlinien der TU Dormund das Selbstzitat definiert wurde. Schraven gibt keinen Beleg an und mit einer Site-Suche bei Google auf uni-dortmund.de mit den Suchbegriffen Selbstzitat, Eigenzitat, Selbstplagiat und Eigenplagiat wurde ich nicht fündig. Maßgeblich sind die Dortmunder Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, denen ich beim besten Willen weder implizit noch explizit einen Hinweis auf Selbstzitate entnehmen kann:

https://www.tu-dortmund.de/uni/Uni/Organisation/Kommission_gute_wissenschaftliche_Praxis/Regeln_guter_wissenschaftlicher_Praxis_der_TUDO_17_06_09.pdf

Möglicherweise hat Eumann eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben, denn schon in einer Dortmunder Dissertation aus dem Jahr 2007 liest man:

"Ich versichere weiterhin an Eides Statt, daß die vorgelegte Dissertation weder ganz noch in einer anderen Fassung oder Teilen einer anderen Hochschule im Zusammenhang mit einer staatlichen oder akademischen Prüfung vorliegt oder vorgelegen hat und daß die vorgelegte Dissertation weder ganz noch in einer anderen Fassung bereits veröffentlicht worden ist".

https://eldorado.tu-dortmund.de/bitstream/2003/24432/1/Karikaturen_in_der_Zeitung.pdf

Eine falsche eidesstattliche Versicherung ist strafbar. Die Strafbarkeit entfällt allerdings, wenn die Abgabe einer solchen Versicherung im Promotionsverfahren gesetzlich nicht vorgesehen ist:

http://de.wikipedia.org/wiki/Versicherung_an_Eides_statt
http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__27.html (§ 27 VwVfG)

Eine solche Rechtsgrundlage kann ich nicht erkennen. Die Promotionsordnung von 2011, eine Hochschulsatzung, keine Rechtsverordnung, verlangt nur eine Erklärung hinsichtlich der früheren Qualifikationsarbeiten, keine eidesstattliche Versicherung:

http://www.kulturwissenschaften.tu-dortmund.de/cms/Medienpool/03__Promotionsordnung_2011.pdf

Die Erklärungspflicht galt in Dortmund so schon 2001:
http://www.kulturwissenschaften.tu-dortmund.de/cms/Medienpool/PromOrdnung_FK15_2001.pdf

§ 22 der Promotionsordnung von 2011 lässt eine Aberkennung nur zu, wenn "wenn sich nachträglich herausstellt, dass er durch
Täuschung erworben worden ist oder wenn wesentliche Voraussetzungen für die Verleihung irrtümlich als gegeben angesehen worden sind."

RP Online zitiert eine Stellungnahme Eumanns:

Eumann ließ am Freitag schriftlich mitteilen, dass er um seinen Doktorgrad kämpfen will: "Ich habe weiterhin keinen Zweifel, dass meine Dissertation eine inhaltlich substanzielle Erweiterung meiner Magisterarbeit darstellt. Und ich habe nicht getäuscht." Der Titel seiner Magisterarbeit habe dem Doktorvater, dem Prüfungsausschuss und dem Dekanat vorgelegen.

Weiter heißt es dort:

In der Doktorarbeit legt Eumann offen, dass er Recherche-Ergebnisse für seine Magisterarbeit später für die Doktorarbeit aufgriff: "Glücklicherweise habe ich die damals gewonnenen Informationen aufbewahrt, um sie schließlich - über 15 Jahre später - verwenden zu können", heißt es in der Vorbemerkung der Doktorarbeit. Thema ist die Geschichte der Nachrichtenagentur "Der Deutsche Presse-Dienst" in der britischen Zone von 1945 bis 1949.
http://www.rp-online.de/politik/nrw/staatssekretaer-eumann-soll-doktortitel-verlieren-1.3549844

Für die Frage der Täuschung kann das Vorwort Eumanns außer Betracht bleiben, da nach Recherchen Schravens dies nicht der eingereichten Fassung beigegeben war.

Allein im Vorwort der Druckfassung seiner Doktorarbeit kommt Eumann verklausuliert auf seine Magisterarbeit zu sprechen. Die Informationen zum dpd flossen „aber nur zu einem Teil in meine von Herrn Professor Dr. Eberhard Kolb betreute Arbeit im Rahmen meines Magister-Artium-Studiums ein. Glücklicherweise habe ich die damals gewonnenen Informationen aufbewahrt, um sie schließlich – über 15 Jahre später – verwenden zu können.” Im Literaturverzeichnis verschweigt Eumann seine Magisterarbeit, zitiert jedoch zwei seiner Aufsätze korrekt.

Vor Studenten sagte Prof. Pöttker, dieser wage Hinweis auf eine bereits existierende Eumann-Arbeit zum Thema habe in der Fassung der Doktorarbeit gefehlt, die ihm zur Beurteilung vorgelegt worden sei. Der Hinweis müsse kurz vor Drucklegung eingefügt worden sein.


Auf der Urkunde über das Bestehen der Magisterprüfung ist selbstverständlich das Thema der Magisterarbeit vermerkt. Dieses Zeugnis wird im Rahmen des Promotionsverfahrens zu den Akten gegeben. Es spricht also alles dafür, dass Eumanns Angabe, dass der Titel der Magisterarbeit bekannt gewesen sei, zutreffend ist. Nichts spricht dafür, dass das zuständige Prüfungsgremium oder jemand anderes, der die Titel beider Arbeiten vergleichen konnte, die ins Auge fallende Themenverwandtschaft nicht erkennen konnte. Die Frage ist nun, welche juristischen Konsequenzen sich daraus ergeben.

Es ist nach den Grundsätzen des Verwaltungsrechts ausgeschlossen, aufgrund nur formaler Verstöße einen akademischen Titel zu entziehen. Der Behörde ist der gesamte vom Kandidaten eingereichte Bestand an Unterlagen als Kenntnis anzurechnen.

a) Eumann hat eine falsche Erklärung abgegeben.

Da die TU Dortmund anders als die meisten anderen Universitäten viel Wert darauf legt, dass nicht anderweitig eingereichte Qualifikationsarbeiten als Doktorarbeiten anerkannt werden, ergibt sich für mich zwingend die Rechtspflicht des Promotionsausschusses, dem offenkundigen Widerspruch nachzugehen. Wenn der Titel der Magisterarbeit und der Promotionstitel erkennen lassen, dass das gleiche Thema behandelt wurde, kann eine solche Erklärung Eumanns nicht richtig gewesen sein. Der Promotionsausschuss hätte Eumann also auffordern müssen, seine Erklärung zu berichtigen. Beanstandet der Promotionsausschuss die "Täuschung" nicht, kann dies aus meiner Sicht nicht zu einem späteren Zeitpunkt gegen den Doktoranden verwendet werden.

b) Eumann hat, anders als erforderlich, keine Erklärung abgegeben.

Selbstverständlich kann niemand einen Doktortitel verlieren, weil er eine von der Promotionsordnung vorgeschriebene Erklärung nicht abgegeben hat. Die Promotion ist trotzdem gültig, eine Täuschung liegt nicht vor. Hier gilt das Gleiche wie unter a): Ist dem Promotionsausschuss die Erklärung so wichtig, muss er von sich aus die unterbliebene Abgabe anmahnen. Und auch hier gilt: Der Promotionsausschuss wusste, dass Eumann das Thema schon als Magisterarbeit behandelt hatte.

Dass Eumann in der eingereichten Arbeit nicht eigens auf die Vorarbeit hingewiesen hat, ist ein "handwerklicher" Mangel, der aber nicht als "Täuschung" zu werten ist. Eumann hat den Titel und damit das Thema seiner Magisterarbeit im Verfahren nicht verschwiegen, nur darauf kommt es meines Erachtens an.

Die Formulierung in der gedruckten Fassung hätte eindeutiger sein müssen. Aber es kann keine Rede davon sei, dass Eumann die wissenschaftliche Öffentlichkeit getäuscht habe. Er hat auf die quasi unveröffentlichte Vorarbeit explizit im Vorwort aufmerksam gemacht. Für den wissenschaftlichen Diskurs ist das Verhältnis zu einer so gut wie unzugänglichen ungedruckten eigenen Qualifikationsarbeit irrelevant. Der Rezensent Kutsch hat also aus meiner Sicht extrem unredlich gehandelt, als er dieses Verhältnis beanstandete.

Aus der Dortmunder Promotionsordnung ergibt sich nicht, wie der Promotionsausschuss zu entscheiden hat, wenn eine frühere Qualifikationsarbeit in veränderter Form eingereicht wird - ob nun vom Verfasser entsprechend deklariert oder nicht. Genau das müsste aber eine als Rechtsgrundlage verlässliche Hochschulsatzung regeln, wenn es um einen Sachverhalt geht, bei dem sich klare und eindeutige Standards erst allmählich herausbilden. Es kann hier nochmals auf die erwähnten Dortmunder Regeln für die gute wissenschaftliche Praxis verwiesen werden, die das Eigenplagiat eben nicht ausdrücklich thematisieren.

"Durch die Promotion", sagt die zitierte Dortmunder Promotionsordnung 2011, "wird eine über das allgemeine Studienziel hinausgehende, besondere Befähigung zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit nachgewiesen. Die Befähigung
wird aufgrund einer schriftlichen Arbeit (Dissertation), die den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse weiterführt, einer mündlichen Prüfung (Disputation) sowie eines erfolgreichen Absolvierens eines strukturierten Promotionsprogramms nach Vorgabe der Fakultät festgestellt".

Die mit Summa cum laude bewertete Arbeit und die Tatsache, dass eine nur wenig veränderte "Zweitauflage" der Magisterarbeit von 1991 als Promotion anerkannt wurde, sprechen dafür, dass Eumann tatsächlich die "besondere Befähigung" attestiert werden kann. Während Guttenberg und Konsorten sich mit fremden Federn geschmückt haben und nicht eigenständig gearbeitet haben, hat Eumann schon bei der Magisterarbeit, die offenbar schon als Promotion hätte eingereicht werden können, Bemerkenswertes geleistet. Dass man ihn nun für diese herausragende Leistung bestrafen und in einen Topf mit den dreisten PlagiatorInnen wie Guttenberg oder Schavan werfen will, ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

Wenn eine Hochschule etwas dagegen hat, dass man mit einer bereits eingereichten Qualifikationsarbeit auch noch promoviert, hat sie normenklar den Sachverhalt zu regeln. Nicht mehr und nicht weniger. Ich halte eine solche Regelung, wie noch zu zeigen sein wird, für absolut unangebracht, aber die herrschende Meinung geht wohl davon aus, dass eine solche Norm rechtlich zulässig sei.

Es kann nicht Aufgabe des Kandidaten sein, die richtigen Worte für das Verhältnis von zwei Fassungen des Textes zu finden. Ebensowenig, wie er selbst darüber befinden kann, in welchem Ausmaß seine Arbeit innovativ ist oder die bisherige Forschung weiterführt, kann er entscheiden ob ein substantieller Fortschritt gegeben ist.

Eine konzeptionelle oder methodische Erweiterung lasse sich nicht erkennen, „auch keine wirklich inhaltlich-substantielle“, schrieb Rezensent Arnulf Kutsch. (Burger im Juni)

Wenn der Promotionsausschuss zwischen substantiellen und nicht-substantiellen Neubearbeitungen differenzieren will, muss dies meiner Ansicht nach in der Promotionsordnung festgelegt werden, da es keine anerkannten wissenschaftlichen Standards in dieser Beziehung gibt, auf die man sich ergänzend beziehen kann.

Immerhin: Komplett neu sind lediglich wenige Seiten, und das knapp 30 Seiten umfassende, siebte Kapitel. Bei 252 Seiten Umfang fällt das neue Kapitel durchaus ins Gewicht. Der Hauptteil von Eumanns Arbeit umfasst laut Inhaltsverzeichnis (PDF) die Seiten 14-216 (203 S.), das siebte Kapitel geht von 183 bis 208 (Leerseiten sind nicht erkennbar und dürften das Ergebnis auch kaum entscheidend verfälschen). Mindestens 14 % der Arbeit sind also KEIN Eigenplagiat, sondern ganz neu.

Im Kern lässt sich meine Argumentation, dass Eumann seinen Doktortitel behalten soll, so zusammenfassen. Mit der Bekanntgabe des Titels und damit auch des Themas seiner Magisterarbeit durch Einreichung des entsprechenden Zeugnisses ist Eumann seiner Pflicht nachgekommen, dem Prüfungsausschuss die Existenz einer themenidentischen früheren Qualifikationsarbeit zu offenbaren. Wenn der Prüfungsausschuss - vermutlich unter Berufung auf die ausgezeichneten Beurteilungen der Gutachter - davon abgesehen hat, dem Sachverhalt von Amts wegen (Offizialmaxime) nachzugehen, kann das jetzt nicht zu Lasten Eumanns gehen. Eine den Entzug rechtfertigende Täuschung liegt nicht vor. Auch wenn zu tadeln ist, dass Eumann in der Druckfassung die Abhängigkeit von der Magisterarbeit nicht deutlicher klargestellt hat, so ist der Wissenschaft doch kein Schaden entstanden. Da die Magisterarbeit ausschließlich im Bundesarchiv zugänglich war, sind seine Ergebnisse - nach üblicher Praxis, wenngleich nicht nach den Grundsätzen des Patentrechts (siehe unten) - insgesamt als "neu" zu werten.

II. Veröffentlichung und Zitierfähigkeit von Prüfungsarbeiten

Mit meinem inzwischen im Internet zugänglichen Aufsatz zu Prüfungsarbeiten habe ich 1989 die, soweit ich sehe, nicht durch neuere Forschungen überholte maßgebliche wissenschaftliche Darstellung (lobendes Selbstzitat!) zu Prüfungsarbeiten vorgelegt:

Klaus Graf: Zur archivischen Problematik von Prüfungsunterlagen (1989)
http://www.db-thueringen.de/servlets/DocumentServlet?id=4165

An der unbefriedigenden Lage bei den Qualifikationsarbeiten unter und über der Promotion (also bei den Habilitationsschriften) hat sich nichts geändert. Nach wie vor werden wertvolle wissenschaftliche Ergebnisse in Prüfungsarbeiten weggesperrt. Diese Rhetorik der unhebbaren Schätze begegnet nicht nur bei mir:

Every year tens of thousands of Swedish university students spend many million hours researching and writing their final theses. The end result - all the essays - is a knowledge resource of great weight. However, up until quite recently, it was common that the finished essays where stored away in the darkest corners of the university libraries, where no-one would ever find them.
Zitiert nach http://archiv.twoday.net/stories/4454764/

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/stories/3499929/

Inzwischen fordere ich, dass alle akzeptierten Qualifikationsarbeiten zwingend im Internet zu veröffentlichen sind.

Im Sinne des von Hubert Kohle propagierten "Publish first, filter later" sehe ich die Nachteile, dass qualitativ minderwertige Arbeiten veröffentlicht werden, aufgewogen von dem Vorteil, den die besseren Arbeiten stiften. Jede dieser Arbeiten, auch die schlechteste, ist durch die Annahme in einem universitären Verfahren "qualitätsgesichert". Plagiate können von der Öffentlichkeit sehr viel schneller entdeckt werden, wenn Arbeiten online zugänglich sind.

Siehe dazu auch meine Stellungnahme von 2012:

http://article.gmane.org/gmane.culture.libraries.inetbib/22928

Die BOAI-10-Empfehlungen werden von mir nicht nur auf Dissertationen bezogen (advanced degree meint: a university degree (as a master's or doctor's degree) higher than a bachelor's).

http://www.soros.org/openaccess/boai-10-recommendations

"Every institution of higher education offering advanced
degrees should have a policy assuring that future theses
and dissertations are deposited upon acceptance in the
institution's OA repository. At the request of students who
want to publish their work, or seek a patent on a
patentable discovery, policies should grant reasonable
delays rather than permanent exemptions."

Eumann wird jetzt quasi dafür "bestraft", dass er so dumm war, artig ein Belegexemplar beim Bundesarchiv abzuliefern, denn ohne dessen Existenz hätte der Rezensent keinen Zugriff auf die Magisterarbeit gehabt.

Besonders infam empfinde ich Schravens Passage: Zudem hatte Eumann in einer Stellungnahme gesagt, dass seine Magisterarbeit „unveröffentlicht“ sei. Letztere Aussage trifft allerdings nicht ganz zu. So wurde die Eumann-Magisterarbeit zumindest im Bundesarchiv Koblenz veröffentlicht.

Vermutlich 99,9 % aller Wissenschaftler würden da nicht von einer Veröffentlichung sprechen. Wer weiß denn schon, dass urheberrechtlich schon die Einstellung in einer öffentlich zugänglichen Bibliothek für die Veröffentlichung genügt (Katzenberger in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht. 4. Aufl. 2010 § 10 Rz. 14)? Schon 1989 bezog ich mich auf ein Urteil des Bundespatentgerichts, GRUR 1988, S. 189: "Jedenfalls im
Jahr 1971 war eine Diplomarbeit nicht nur dann der Öffentlichkeit zugänglich, wenn sie in mehreren Bibliotheken eingestellt war." Es handelte sich um eine Diplomarbeit, die nur für das
Fachpublikum der DDR in einer Hochschulbibliothek zugänglich war. (Achtung Eigenplagiat: Der letzte Satz stammt wörtlich aus meiner Ausarbeitung von 1989.)

Ständig werden in wissenschaftlichen Veröffentlichen Arbeiten als unveröffentlichte Abschlussarbeiten zitiert, die in Wirklichkeit nur ungedruckt sind. Von daher ist es scheinheilig, wenn der CDU-nahe Schraven Eumann vorwirft, er habe seine Magisterarbeit als nicht-öffentlich bezeichnet.

Die Sichtbarkeit der Arbeiten ist drastisch eingeschränkt, da sie nicht über die Fernleihe bestellt werden dürfen, siehe z.B.
http://www.ub.uni-kassel.de/online_fernleihe.html

Mehrfach habe ich in wissenschaftlichen Anleitungen die Warnung vor dem Zitieren von Diplomarbeiten gelesen, siehe etwa
Diplomarbeiten sind unveröffentlichte Prüfungsarbeiten und daher nur bedingt zitierfähig, nach strenger Auffassung
sogar nicht zitierfähig (vgl. THEISEN 1990, S.133). Auf jeden Fall
muß auf diesen Status hingewiesen und eine genaue Bezugsquelle
der Diplomarbeit genannt werden.

http://bibliothek.fh-potsdam.de/fileadmin/fhp_bib/dokumente/Schulungen/wissenschaftliches_Arbeiten/Zitieren_Lorenzen.pdf

Aus meiner Sicht es ein Fall von schamloser Doppelmoral, in der bibliothekarischen Praxis und in Anleitungen zum wissenschaftlichen Arbeiten Abschlussarbeiten unterhalb der Dissertation nach Kräften zu diskriminieren und als nicht zitierfähig hinzustellen, andererseits aber ein Kesseltreiben auf Eumann zu eröffnen, der sich an diesen Standard gehalten hat und seine eigene Arbeit - wie früher üblich - eben nicht zitiert hat.

Bei den Tübinger Historikern war es, als ich dort als Hilfskraft tätig war und später promovierte, nichts Verwerfliches, Abschlussarbeiten zu Dissertationen auszubauen. Man sehe etwa nur die Zusammenstellung von Franz Quarthal zu Abschlussarbeiten von 1981:

http://elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2009/4289/pdf/qua21.pdf

Eine dieser aus einer Abschlussarbeit hervorgegangenen Dissertationen liegt, versehen mit einer freundschaftlichen Widmung des Autors, vor mir. Sie lässt mit keiner Silbe erkennen, dass ihr eine voluminöse zweibändige Zulassungsarbeit (die auch einmal im Internet und einmal in einer gedruckten Publikation - nach Ausweis von Google - zitiert wird) mit deutlich engerem Themenzuschnitt vorausgegangen ist. Es kann aber trotzdem keinen Zweifel geben, dass die Dissertation etwas substantiell völlig anderes ist als die Zulassungsarbeit. (Angesichts der neuen Eigenplagiate-Hysterie wird man es mir nicht verdenken, wenn ich aus Kollegialität hier Ross und Reiter einmal nicht nenne.) Aus heutiger Sicht wäre es freilich angemessen, den Titel der Zulassungsarbeit im Vorwort und dem Literaturverzeichnis anzuführen.

Eine nicht allgemein überprüfbare Arbeit zu zitieren, gilt in Qualifikationsarbeiten meist als nicht zulässig. Wieso sollte das nicht auch für die eigene Arbeit gelten, wenn man sie (anders als Eumann, der sie löblicherweise dem Bundesarchiv übergab) vernünftigerweise nicht in eine Bibliothek einstellen lässt, weil man sie ja ausbauen möchte?

Heutige, sehr junge Ansichten über Eigenplagiate und die lange währende unverantwortliche Geringschätzung akademischer Abschlussarbeiten unterhalb der Promotion kollidieren. Ich bin dafür, die Geringschätzung zu beenden und dass Wissenschaftler mit der Abhängigkeit von eigenen Vorarbeiten transparent umgehen sollten. Aber Eumann ausbaden zu lassen, was die Wissenschaftspolitik seit Jahrzehnten verbockt hat, ist einfach nur unfair.

Hätte Eumann (wie von mir gefordert) seine Magisterarbeit im Netz veröffentlichen müssen, wäre die ganze Diskussion, was man von der Arbeit in Dortmund gewusst hat, überflüssig. Jeder hätte selbst vergleichen können, was neu und was alt ist.

Auf eigenen Qualifikationsarbeiten eine Dissertation aufzubauen ist legitim und sollte nicht unterbunden werden.

Für ein Verbot kann man natürlich das Prinzip der Chancengleichheit anführen. Wer aus dem Stand springt, hat es schwerer als jemand, der Anlauf nehmen kann. Aber dieser Gesichtspunkt ist sekundär, da es um den Erkenntnisgewinn der Wissenschaft geht und um die Bescheinigung, in dem für eine Dissertation erforderlichen selbständig wissenschaftlich arbeiten zu können.

Ob der Erkenntnisgewinn mit einer oder zwei Arbeiten des gleichen Autors erzielt wird, ist egal. Und wenn jemand so gut ist, dass er schon bei der Magisterarbeit eine promotionswürdige Leistung vorlegt, dann sollte man ihn fördern und nicht mit der Forderung, dass die Dissertation substantiell etwas anderes sein müsse, bestrafen.

Zwar profitiert die Wissenschaft auf den ersten Blick mehr, wenn bei Magisterarbeit und Promotion unterschiedliche Themen bearbeitet werden, aber hier muss der Gesichtspunkt des ökonomischen Studienabschlusses absoluten Vorrang haben. Viele sehr gute Studenten arbeiten zu lang an ihren Abschlussarbeiten (und Dissertationen), was an unangemessenen Erwartungen seitens der Prüfer und der wissenschaftlichen Community liegt. Der Ausbau einer Qualifikationsarbeit zur Dissertation spart Zeit: Der Doktorand muss sich nicht in ein neues Thema einarbeiten, es gibt weniger Schreibblockaden, da er das Thema bereits überblickt und nach den Rückmeldungen der Prüfer der Abschlussarbeit einigermaßen sicher weiß, dass etwas Brauchbares herauskommen wird. Wer gezwungen wird, ein neues Thema zu bearbeiten, bricht womöglich eher die Promotion ab.

Jede Art von Veröffentlichung (z.B. auch promotionsbegleitende Blogs) während der Promotion ist zu fördern und nicht zu untersagen. Allerdings müssen diese Publikationen vom Doktoranden in seiner Arbeit zitiert werden. Vielfach dienen solche Vorabpublikationen der Entlastung des Textes, wenn Spezialprobleme, die sonst in Exkursform behandelt werden müssten, separat geklärt werden.

III. Klare wissenschaftliche Standards zu Eigenzitaten liegen noch nicht vor

Ich habe bereits erwähnt, dass die Dortmunder Regeln für gute wissenschaftliche Praxis zu Eigenzitaten nichts aussagen. Nach der Guttenberg-Krise formulierten der Allgemeine Fakultätentag (AFT), die Fakultätentage und der Deutsche Hochschulverbands (DHV) 2012 im Sommer 2012 ein gemeinsames Positionspapier zu Qualifikationsarbeiten, in dem es heißt:

Die Übernahme eigener Arbeiten und Texte verstößt dann gegen die Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, wenn diese Übernahme in einer Qualifikationsarbeit nicht belegt und zitiert wird. Prüfungsordnungen können die Wiederverwertung desselben oder ähnlichen Textes desselben Verfassers ausschließen. Dies gilt insbesondere für Dissertationen.

Das ist relativ schwammig. Was heißt "nicht belegt und zitiert"? Für mich wäre die Forderung absurd, dass Eigenzitate in genau der gleichen Weise kenntlich gemacht werden müssen wie die Arbeiten fremder Autoren. Auch aus ästhetischen Gründen muss ein pauschaler Hinweis auf inhaltliche und/oder wörtliche Übernahmen genügen. Und: Was heißt "ähnlicher" Text?

Zu welch irrwitzigen Konsequenzen eine Forderung, exakt die gleichen Maßstäbe an eigene wie an fremde Arbeiten anzulegen, führen würde, mag ein Beispiel verdeutlichen. Meine Magisterarbeit von 1981 war in einer Bibliothek einsehbar, bevor ich sie 1984 drucken ließ. Da ich natürlich bei der einigermaßen ausführlichen Überarbeitung vom Wortlaut des maschinenschriftlichen Exemplars oft nicht abgewichen bin, hätte ich jede wörtliche Übernahme mit Anführungszeichen kennzeichnen müssen. Das Gleiche würde für die Überarbeitung einer zunächst auf einem Hochschulschriftenserver und dann in einem Verlag veröffentlichten Dissertation gelten. Ich kenne für einen solchen, die Lesbarkeit extrem beeinträchtigenden Umgang mit eigenen Arbeiten schlichtweg keinen Präzedenzfall!

In den DFG-Empfehlungen von 1998 findet sich nichts zum Begriff Selbstzitat, Selbstplagiat, Eigenzitat, Eigenplagiat, sondern nur:

Veröffentlichungen sollen, wenn sie als Bericht über neue wissenschaftliche Ergebnisse intendiert sind,

- die Ergebnisse vollständig und nachvollziehbar beschreiben,

- eigene und fremde Vorarbeiten vollständig und korrekt nachweisen (Zitate),

- bereits früher veröffentlichte Ergebnisse nur in klar ausgewiesener Form und nur insoweit wiederholen,wie es für das Verständnis des Zusammenhangs notwendig ist.


http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/download/empfehlung_wiss_praxis_0198.pdf
Diese Passage blieb 2013 unverändert
http://www.dfg.de/download/pdf/dfg_im_profil/reden_stellungnahmen/download/empfehlung_wiss_praxis_0198_ergaenzungen.pdf

Eumann hat die eigene Vorarbeit nicht korrekt nachgewiesen. Er hätte sie in das Literaturverzeichnis aufnehmen müssen und im Vorwort die Abhängigkeit deutlicher aussprechen müssen. Ein gravierender Verstoß, der auch nur annäherend mit einem Fremdplagiat vergleichbar ist, ist das allerdings nicht.

2011 thematisierte die ZEIT die Wiederverwertung früherer Qualifikationsarbeiten:

http://www.zeit.de/studium/hochschule/2011-04/abschlussarbeiten-doktor

Zitat:

Peter Funke, Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), sagt heute: "Zumindest im Vorwort seiner Dissertation sollte der Autor auf eigene Vorarbeiten klar hinweisen." Das Ombuds-Gremium der DFG für gute wissenschaftliche Praxis mahnte gelegentlich, dass in den Promotionsordnungen an deutschen Universitäten "eindeutige Regelungen" für die Zweitverwertung von Prüfungsschriften zu oft fehlen, aber gerade "im Interesse der Doktoranden" nötig seien. Es geht um Chancengleichheit "in gestuften Qualifikationsverfahren". Zumindest müsse der Erstgutachter im Promotionsverfahren "über die Intensität der Übernahme (aus der eigenen Studienabschlussarbeit des Kandidaten) präzise informieren."

Wenn das nicht der Fall ist, kann der Doktortitel nachträglich aberkannt werden. Das zeigte sich vor wenigen Jahren an der Uni Erfurt. Erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass eine politikwissenschaftliche Dissertation zur Hälfte im Wortlaut mit der Magisterarbeit des Verfassers übereinstimmte – allerdings ohne jeden Hinweis auf den "sechs Jahre alten kalten Kaffee", wie manche Professoren schimpften. Der Doktorvater und der Doktorand hatten die Vorgeschichte verschwiegen. Der Titel wurde zunächst entzogen, schließlich aber zwecks Streitvermeidung doch gelten gelassen.


Faktum ist: Eumann hat im Vorwort der gedruckten Fassung auf eigene Vorarbeiten hingewiesen!

Und von "kaltem Kaffee" kann nicht die Rede sein, wenn man die Arbeiten wie üblich unter Verschluss hält. (Womöglich, damit sich Professoren besser an ihnen bedienen können?
http://lexetius.com/1980,1 )

Wissenschaftlich kann nur das als vollgültige Veröffentlichung zählen, was im Druck oder im Internet erschienen ist.

Etwas verschwurbelt äußerte sich 2012 Magnus Klaue (SIC) im "Freitag":

http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/publikationenvermehrung-durch-eigenplagiat

Recht amüsant eine Glosse von Wolf Lepenies:

http://www.welt.de/print/die_welt/kultur/article106411036/Selbstzitat-Eigenplagiat.html

Eine Suche in Google Books zum Suchwort Eigenplagiat offenbar gerade mal eine aus dem Jahr 2012 stammende Thematisierung im Wissenschaftskontext, wobei die Autorin es bedenklich findet, wenn man Formulierungen aus einer Hausarbeit in eine Masterarbeit übernimmt - was ich meinerseits bedenklich finde.

https://www.google.de/search?q=eigenplagiat&tbm=bks

Mehr findet man zu Selbstplagiaten, u.a. eine Bachelorarbeit von 2013, in der die Rechtfertigung einer Wiener Medizinerin zitiert wird, dass Selbstplagiate in der Wissenschaft durchaus üblich seien.

http://books.google.de/books?id=Hz2wq-FS1joC&pg=PA14

Ich kann das aus meiner eigenen Erfahrung nur bestätigen. Das angebliche Problem von Selbstplagiaten wurde mir erst nach dem Guttenberg-Skandal richtig bewusst. Ich selbst habe gelegentlich "Neuauflagen" früherer Aufsätze veranstaltet und dabei natürlich die älteren Fassungen zitiert bzw. die Abhängigkeit vermerkt. In der Regel ergab sich auch ein deutlicher Erkenntnisgewinn, soweit ich das selbst beurteilen kann. Soweit ich in jüngster Zeit wörtliche Übernahmen aus früheren Arbeiten getätigt habe, habe ich das pauschal vermerkt - nun auch mit explizitem Hinweis auf die wörtliche Übernahme.

Beispiele:
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/536/
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/1506/
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/8758/

De minimis non curat praetor - man sollte die Kirche im Dorf lassen und kleinere Eigenplagiate nicht weiter thematisieren. Im Sinne wissenschaftlicher Transparenz sollte man größere "Eigenplagiate" durchaus kritisieren, aber (noch) keine negativen Sanktionen daran knüpfen, da sich eine entsprechende Erwartung erst allmählich entwickelt.

IV. Vom Umgang mit eigenen Veröffentlichungen

Wer seinen Themen treu bleibt, ist kein schlechter Wissenschaftler. Als klassischer "Vielschreiber" wurde ich nie, soweit ich mich erinnere, mit dem Vorwurf konfrontiert, mich indezent oft selbst zitiert zu haben. Aber ich hatte oft selbst dieses Unbehagen. Es ist aber ganz natürlich, dass man das beim Zitieren bevorzugt, was man kennt, wozu zuallererst die eigenen Publikationen gehören. Die eigenen Vorarbeiten aus dem gleichen Themenbereich zu zitieren gehört zur wissenschaftlichen Redlichkeit, da so eine Überprüfung der eigenen Leistung besser möglich ist.

Wenn die Firmen, die Zitations-Statistiken anbieten, Eigenzitate nicht herausrechnen können oder wollen, dann ist das deren Problem und nicht das des Wissenschaftlers. Siehe dazu auch

http://www.laborjournal.de/editorials/639.lasso

Ich habe die oben zitierten DFG-Richtlinien hier einmal als Unfug angesprochen:

http://archiv.twoday.net/stories/19471143/

Ich will das nun ausführlicher begründen. Die Forderung, "bereits früher veröffentlichte Ergebnisse nur in klar ausgewiesener Form und nur insoweit wiederholen,wie es für das Verständnis des Zusammenhangs notwendig ist" geht hinsichtlich des zweiten Teils klar an der Praxis der geisteswissenschaftlichen Forschung vorbei. Entscheidend ist natürlich die Einschränkung "Bericht über neue wissenschaftliche Ergebnisse".

Zweitauflagen von Monographien oder Neubearbeitungen von juristischen Kommentaren, die zu großen Teilen mit der vorangehenden Fassung identisch sind, sind selbstverständlich vollgültige wissenschaftliche Veröffentlichungen. Und selbst die beliebten Aufsatzsammlungen eines Autors, bei denen die Erstpublikationen nicht wesentlich verändert werden, bieten neue Sichtweisen und damit auch wissenschaftlich Neues, sonst wären sie nicht so beliebt. Oft werden diese gar nicht vom bescheidenen Autor selbst, sondern seinen Schülern veranlasst.

Exkurs: Die urheberrechtliche Problematik des Selbstzitats will ich hier nur ganz kurz ansprechen. Offensichtlich nicht die mindeste Ahnung hat Plagiatjägerin Debora Weber-Wulff:

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/thema/1772188/

Aufsatzsammlungen sind beispielsweise auch im Rahmen des § 38 UrhG ohne Zustimmung des Verlags möglich, und bei nicht als Verlagsveröffentlichung publizierten Qualifikationsarbeiten ist die Verwertung der eigenen Vorarbeit überhaupt nicht zu beanstanden. Da viele Verlage Hochschulschriftenserverpublikationen als unschädlich betrachten, sehe ich geringe Chancen, wenn sich nachträglich ein Verlag auf eine angebliche Täuschung berufen will, wenn die Existenz einer (im Fall Eumanns nur formal, aber nicht faktisch veröffentlichten) Vorarbeit verschwiegen wurde. Eine Kündigung des Vertrages oder ein Rückzug der Arbeit mit Schadenersatzleistung des Autors kann aus meiner Sicht bei einem Eigenplagiat nicht begründet werden.

Grundsätzlich unterliegt es der freien Entscheidung des Autors, in welcher Form und wie ausführlich er frühere Publikationen wörtlich weiterverwertet. Das ist von der Wissenschaftsfreiheit geschützt (Art. 5 GG), die Autoren wie Steinhauer - siehe http://archiv.twoday.net/stories/8401787/ - nicht müde werden, wie eine Monstranz vor sich herzutragen.

Wieso sollte man zwanghaft umformulieren, wenn einem bereits eine angemessene Formulierung gelungen ist? In den Geisteswissenschaften kommt es mehr als in den Naturwissenschaften auf eine abgerundete, flüssige Darstellung an, die man insbesondere durch Rückgriff auf eigene Textbausteine erzielen kann.

Selbstverständlich verteidige ich auch die Möglichkeit, wissenschaftliche Arbeiten fremder Autoren, die unter CC-BY stehen, neu zu bearbeiten und zu verbessen, sofern dies in transparenter Form und unter Wahrung der Autorenrechte (erforderlich sein dürfte regelmäßig die Nennung als Mitautor mit entsprechender Kennzeichnung, dass eine Zustimmung nicht vorliegt) geschieht. Ich kenne allerdings noch keinen Präzedenzfall, bei der eine solche Bearbeitung vorgenommen wurde.

Dass gerade im landesgeschichtlichen Bereich ein heftiges Recycling eigener Publikationen üblich ist, will ich damit nicht verteidigen. Als besonders dreistes Beispiel fällt mir ein (aus dem RI-OPAC):

Deutsche Anführer beim Ersten Kreuzzug in der Geschichtsschreibung der Frühen Neuzeit. Zur Kreuzzugsdarstellung der Zimmerischen Chronik
Murray, Alan V.. (2002) - In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte vol. 61 (2002) p. 145-158

Hochmittelalterlicher Kreuzzug als frühneuzeitliche Adelslegitimation: Die schwäbisch-rheinländischen Teilnehmer des Ersten Kreuzzugs in der Chronik des Grafen Froben Christoph von Zimmern
Murray, Alan V.. (2002) - In: Herrschaft und Legitimation. Hochmittelalterlicher Adel in Südwestdeutschland p. 171-185

Ein Herzog von Teck als Teilnehmer des ersten Kreuzzugs?: Ein Beitrag zur süddeutschen Geschichtsschreibung der Kreuzzugsbewegung
Murray, Alan V.. (2002) - In: Stadt Kirchheim unter Teck. Tamilen p. 137-156

Die drei Aufsätze unterscheiden sich kaum.

Veröffentlichte Beiträge mit nur geringfügigen Veränderungen erneut einzureichen, um das eigene Schriftenverzeichnis aufzublähen, schadet der Wissenschaft. Es nützt dagegen der Wissenschaft, wenn eigene Studien verbessert und korrigiert erneut vorgelegt werden, wobei schon ein vergleichsweise kleiner Erkenntnisgewinn erfreulich ist.

Und selbstverständlich sollten Online-Vorabpublikationen nicht mit der zutiefst fragwürdigen Ingelfinger-Rule dazu führen, dass ein Beitrag zurückgewiesen wird, auch wenn die DFG das anders zieht, siehe dazu mit weiteren Nachweisen:

http://archiv.twoday.net/stories/444866341/

Wer es bei Eigenplagiaten übertreibt, kann im üblichen wissenschaftlichen Diskurs zur Verantwortung gezogen werden. Es ist zwar richtig, dass man inzwischen mehr Transparenz anmahnt, aber im Vergleich zu wirklichen Plagiaten wird das Problem hysterisch übertrieben, wenn sich universitäre Gremien wie jetzt bei Eumann damit befassen. Nochmals: Etwas wirklich Schlimmes haben Guttenberg und Schavan getan, nicht Eumann!

Es gibt eine ganze Menge anderer wissenschaftlicher Missstände, die man im Zeichen des digitalen Zeitalters endlich einmal anpacken müsste. Die Selbstermächtigung der Universitäts-Kommissionen, die sich als Richter über wissenschaftliches Fehlverhalten in den Vordergrund spielen wollen (weil ihnen die Plagiate-Wikis lange genug die Show gestohlen haben), erinnert mich ein wenig an die Praxis frühneuzeitlicher Territorialherren, die Hexenprozesse nicht zuletzt deshalb durchführten, um ihre Hochgerichtsbarkeit unter Beweis zu stellen ("Justiznutzung durch die Herren").

Update: Aus den Kommentaren zu dem Artikel von Hermann Horstkotte (von Horstkotte selbst)

http://www.zeit.de/studium/hochschule/2013-07/eumann-verdacht-auf-plagiat

ergeben sich folgende Ergänzungen:

Rezension in der "Publizistik"

Definition der Uni Dortmund zum Selbstplagiat
http://www.tu-dortmund.de/uni/Uni/Organisation/Kommission_gute_wissenschaftliche_Praxis/Merkblatt_Plagiate-1c.pdf

http://www.uli-paetzold.de/beitrag-lesen-11/items/dieses-mal-verrennt-sich-die-meute-marc-jan-eumann-gehoert-nicht-in-die-schusslinie.html

Weiterer Nachtrag: Erklärung Eumanns
http://archiv.twoday.net/stories/444876493/

http://archiv.twoday.net/stories/498220194/

Eumann (PD via Freigabe "Werbeagentur", Commons)

1) Nikolaus Bernau kommentiert "Immer so weiter schlampen" heute in der Berliner Zeitung: http://www.berliner-zeitung.de/kultur/koelner-stadtarchiv-immer--so-weiter-schlampen,10809150,23764274.html
2) Die Neue Osnabrücker Zeitung kommentierte am 19.7 "Gut angelegt": "Das neue Kölner Stadtarchiv kommt später. Schon das allein ist keine gute Nachricht. Doch die wirklich schlechte Neuigkeit verbirgt sich bei diesem Beschluss im Kleingedruckten. Die Kunst- und Museumsbibliothek (KMB) wird nicht in das neue Archiv integriert. ...."

Man kann ja viel durch schlechte Lebensverhältnisse erklären, aber millionenschwere Gemälde aus einem Museum in Rotterdam stehlen und dann in einem Badeofen zu verbrennen ist nicht nur strunzdumm (da man wissen musste, dass sich kein Abnehmer finden würde), sondern auch unendlich schändlich.

http://www.welt.de/kultur/kunst-und-architektur/article118170888/Gestohlene-Meisterwerke-in-Rumaenien-verbrannt.html

Für immer verloren: Ein Bild von Monet

http://www.michael-buhlmann.de/Geschichtsschreibung_MA/lbbschr_wilhelm_hirs.htm

Übersetzung auf der auch sonst sehr reichhaltigen Homepage von Michael Buhlmann.


http://www.heise.de/tp/artikel/39/39550/1.html

Volltext liegt natürlich noch nicht vor.

Lesenswertes:

http://erbloggtes.wordpress.com/2013/07/19/wissenschaftsorganisationen-und-wissenschaftliches-fehlverhalten/

Die Petition steht bei 1812 Unterstützern:

http://www.change.org/de/Petitionen/deutsche-forschungsgemeinschaft-hochschulrektorenkonferenz-preserve-the-freedom-to-publish-findings-of-academic-misconduct-in-germany

Zum Freiburger Semesterende habe ich mir gestern einen 24-Stunden-Kurz-Urlaub spendiert. Nach der Übernachtung in Schenkenzell ging es nach Kloster Wittichen, gegründet von Luitgard von Wittichen (über sie existiert eine deutsche Vita des 14. Jahrhunderts).

Im benachbarten Alpirsbach schaute ich mir außer der Klosterkirche das Klostermuseum an mit Funden, die man in Hohlräumen gefunden hatte. Hat zwar nicht die Qualität des Fundes vom Wienhäuser Nonnenchor, ist aber trotzdem sehenswert.

In Rottweil überraschte die Stadtbücherei mit einem kostenlosen Internetangebot. Nach der Mittagspause war dann auch das Stadtarchiv Rottweil geöffnet, wo ich ein paar lokalgeschichtliche Publikationen (vor allem die Rottweiler Heimatblätter) ansehen wollte. Man arbeitet dort immer noch mit Karteikarten, auch die Internetseite ist nicht mehr als eine Visitenkarte. Ausgesprochen unerfreulich ist, dass der Stellvertreter von Dr. Winfried Hecht, Mager, als Archivleiter nachrückte, was bedeutet, dass eine Stadt von der Tradition Rottweils sich keinen wissenschaftlichen Archivar mehr leistet und eine Stelle weggefallen ist.

Ich erkundigte mich bei Herrn Mager vergeblich nach handschriftlichen Chroniken, bibliothekshandschriftenähnlichen Materialien oder Fragmenten. Das alles sei nicht vorhanden.

Dass eine katholische Reichstadt vom Rang Rottweils in der Frühen Neuzeit keine Chronistik kennt, hat mich schon erstaunt. Die lateinische Ausgabe der Jesuiten-Hauschronik in der Gymnasialbibliothek besprach ich 1991:

http://swbplus.bsz-bw.de/bsz01638413Xrez.htm

Als erster Chronist gilt Carl von Langen (1753-1836), zu dem ich einen Wikipedia-Artikel angelegt habe:

http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Langen

Seine Stadtgeschichte von 1821 und die Sagensammlung von 1825 sind auch online verfügbar.

In den letzten Jahrzehnten hat man fast den Eindruck als sei die Rottweiler Stadtgeschichtsforschung im wesentlichen ein Ein-Mann-Unternehmen von dem langjährigen Stadtarchivar Dr. Winfried Hecht gewesen, der seine Erkenntnisse in einer Vielzahl von Büchern , Broschüren und Aufsätzen niedergelegt hat. Über eine wissenschaftliche Zeitschrift zur Stadtgeschichte verfügt Rottweil (anders als Schwäbisch Gmünd, wo es seit 1976 die "Gmünder Studien" gibt und auch im Einhorn-Jahrbuch etwas umfangreichere Aufsätze erscheinen können) nicht, die nach wie vor erscheinenden Rottweiler Heimatblätter sind eine Zeitungsbeilage, in der auch Hechts Arbeiten dominieren. Obwohl es gelegentlich Arbeiten mit Nachweisen gibt, ist in der Regel kein hinreichender wissenschaftlicher Apparat zu finden. Das gilt z.B. für den Aufsatz über Carl von Langen 1999, der keinerlei Belege enthält. Umfangreichere Aufsätze müssen in überregionalen Zeitschriften oder als Monographien publiziert werden. Auch wenn es Synthesen zur Stadtgeschichte - natürlich von Hecht - gibt, kann von einer soliden wissenschaftlichen Erforschung der Stadtgeschichte, die sich auf ein entsprechendes Publikationsorgan stützen kann, keine Rede sein.

Da es schönes Wetter war, genoss ich die Autotour durch die heimatliche Alblandschaft. Mein nächstes Ziel war das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Heiligkreuztal. Dass die Schlösser und Gärten den Hinweis am geschlossenen Klostermuseum, man könne sich außerhalb der allzu kargen Öffnungszeiten am Wochenende an die Stephanus-Gemeinschaft wenden, nicht entfernt , ist ärgerlich, denn dort hat man keinen Schlüssel mehr. Noch schöner als die Kirche fand ich den eindrucksvollen Kreuzgang mit seiner Äbtissinnen-Bilderreihe. Die gepflegte Anlage im Landkreis Biberach lohnt den Besuch nicht nur von Klosterbegeisterten.

Vorbei an Kloster Zwiefalten und einem Zwischenstopp bei dem anmutigen Schloss Grafeneck, dessen Reize man durch seine grauenhafte NS-Geschichte nicht genießen kann, ging es nach Bad Urach, da ich doch einmal den Hohenurach, über den ich schrieb, selbst sehen wollte.

Wenn man der Ausschilderung Uracher Wasserfälle folgt, kommt man an große Parkplätze. Ungeübte Wanderer sollten eine knappe Dreiviertelstunde für den Anstieg einkalkulieren. Nach den Mühen des Anstiegs beeindruckt die Wucht der Anlage, der man sich plötzlich gegenübersieht. Im Sommer 2011 war sie wegen Einstutzgefahr gesperrt worden, inzwischen ist sie wieder fast in altem Umfang zugänglich. Ein Turm ist eingerüstet.

Von "namemlosen" Gefangenen liest man auf dem Hinweisschild. Ich habe vielen weiteren Gefangenen Namen gegeben:

http://archiv.twoday.net/stories/434212363/

Foto: Ssch http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/de/deed.de

http://www.listserv.dfn.de/cgi-bin/wa?A2=ind1307&L=incunabula-l&T=0&P=186

Auf die Anzeige des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. wegen Verwahrungsbruch beim Bundesamt für Verfassungsschutz vom 29. Juni 2012 hat die Staatsanwaltschaft Köln vorermittelt und nun die Ermittlungen eingestellt (Bescheid vom 18. Juni 2013 AZ 121 Js 572/12).
DAZU STELLT DER VdA FEST.
Im Einstellungsbescheid wird abschließend behauptet „ein Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder dienstliche Vorgaben [sei] nicht belegbar“. Hinsichtlich des Verdachts auf den vom VdA angezeigten Verwahrungsbruch beruht dieses Ergebnis auf einer unvollständigen Prüfung.
- Im Zusammenhang mit Aktenvernichtungen in Bundesbehörden wäre zur Beurteilung von Sachverhalten zu § 133 StGB das Bundesarchivgesetz (BArchG) zwingend zu prüfen gewesen.
- Zudem wäre zu prüfen gewesen, ob auf der gesetzlichen Grundlage des Bundesarchivgesetzes oder anderer Bestimmungen Vereinbarungen zwischen der Bundesbehörde – hier Bundesamt für Verfassungsschutz – und dem Bundesarchiv vorliegen, in denen die Aktenaussonderung (1) geregelt ist, und ob diesen bisher Folge geleistet wurde.
Im Einstellungsbescheid ist an keiner Stelle erkennbar, dass diese Prüfungen erfolgt sind. Eine Einbeziehung dieser Punkte hätte zu einem anderen Prüfergebnis geführt. Der Bescheid ist daher nach Auffassung des VdA fehlerhaft.
ZUM SACHVERHALT IM EINZELNEN
1. Aktenvernichtung
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat gegenüber der Staatsanwaltschaft die Aktenvernichtung nicht bestritten, sondern mit innerdienstlichen Gründen und Bestimmungen zu rechtfertigen versucht. Der VdA dankt der Staatsanwaltschaft für die Feststellung dieses Sachverhalts. Die Aktenvernichtung und Informationsverluste sind damit unbestritten.
2. Geltung Bundesarchivgesetz
Gemäß Bundesarchivgesetz § 2 Abs. 1 sind alle Unterlagen staatlicher Stellen vor einer Vernichtung dem Bundesarchiv anzubieten. Das gilt auch für das Bundesamt für Verfassungsschutz. (2)
Auch die Praxis beweist, dass das Bundesamt für verfassungsschutz diese Rechtslage als Grundlage seiner Arbeit ansieht, denn es hat bereits als archivwürdig bewertete Unterlagen an das Bundesarchiv abgegeben. In Bestand B 443 des Bundesarchivs sind archivwürdige Unterlagen des Bundesamtes für Verfassungsschutz archiviert. Die Entscheidung über Archivierung oder Vernichtung steht dem Bundesarchiv zu (§ 3 Bundesarchivgesetz), nicht der abgebenden Behörde. Das Bundesamt für Verfassungsschutz fällt unter die Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes und ist damit anbietungspflichtig.
3. Prüfung der Staatsanwaltschaft
Bei den von der Staatsanwaltschaft geprüften Punkten handelt es sich z.T. um innerdienstliche Überlegungen des Bundesamtes, nicht aber um gesetzlich begründete Kriterien. Vorgetragen wurde z.B., dass die Daten aus anderen Akten rekonstruierbar sind, dass sie für Strafverfahren irrelevant sind und als geheim klassifiziert sind. Alle diese Hinweise und die – vermutete – Tatsache, dass die vernichteten Unterlagen nach Auffassung der Bundesamtes „keine relevanten Unterlagen“ enthalten, sind nach Bundesarchivgesetz grundsätzlich irrelevant. Bei der zentralen Prüfung der „geltenden Aufbewahrungsbestimmungen“ im Bundesamt ist der Staatsanwaltschaft das grundsätzliche Missverständnis unterlaufen, „Aussonderung“ mit Vernichtung gleichzusetzen. Das ist gerade nicht zutreffend. Inzwischen ist sogar gerichtlich bestätigt, dass eine Vernichtung von Unterlagen erst erfolgen darf, wenn das zuständige Archiv die Übernahme als Archivgut abgelehnt hat.
Die von der Staatsanwaltschaft Köln vorgetragenen Gründe stellen die Geltung des Bundesarchivgesetzes nicht in Frage.
4. Verwahrungsbruch
Die nachgewiesene Aktenvernichtung ohne vorherige Anbietung an das Bundesarchiv stellt einen Gesetzesverstoß dar und begründet den Anfangsverdacht einer Straftat gemäß § 133 StGB.
5. Tatbestandsirrtum
Die Staatsanwaltschaft hat zudem bei der Vernichtung auf einen Tatbestandsirrtum hingewiesen. Das würde im Kern bedeuten, dass keine organisatorischen oder andere Maßnahmen im Bundesamt getroffen worden wären, die Bestimmungen des Bundesarchivgesetzes bekannt zu machen und ihnen Genüge zu tun; im Fall der Aktenaussonderungen wäre von einer üblichen Praxis der Vernichtung ohne Rückfragen beim Bundesarchiv und damit von einem systematischen Verstoß gegen das Bundesarchivgesetz auszugehen.
Sollte dies zutreffen, erweitert der VdA seine Anzeige vom 29. Juni 2012 und fordert die Staatsanwaltschaft auf, für diesen Fall zu prüfen, inwieweit im BfV durch Aktenvernichtungen – nicht nur in Einzelfällen – ein fortgesetzter systematischer Gesetzesbruch erfolgt ist.
Der VdA hat daher eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den ermittelnden Oberstaatsanwalt wegen Einstellungsbescheid 121 Js 572/12 vom 18. Juni 2013 eingelegt. Der VdA geht davon aus, dass das Ermittlungsverfahren wieder aufgenommen und gegebenenfalls sogar ausgeweitet wird.

Fußnoten:
(1) Aktenaussonderung ist die innerbehördliche Vorbereitung der Entscheidung über die Archivwürdigkeit bzw. Kassation im Fall der fehlenden Archivwürdigkeit. Diese Entscheidung selber obliegt dem zuständigen Archiv (s.u.).
(2) Bundesarchivgesetz § 2 Absatz 1: Die Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte des Bundes, die bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und die sonstigen Stellen des Bundes haben alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben einschließlich der Wahrung der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nicht mehr benötigen, dem Bundesarchiv oder inFällen des Absatzes 3 dem zuständigen Landesarchiv zur Übernahme anzubieten und, wenn es sich um Unterlagen von bleibendem Wert im Sinne des § 3 handelt, als Archivgut des Bundes zu übergeben [Hervorhebungen durch VdA]

Quelle: Pressemitteilung des VdA, 19.7.2013

Die erste Lösung hat die funktionale Konformitätsprüfung gem. TR-ESOR zur beweissicheren Langzeitspeicherung erfolgreich bestanden:

http://www.kommune21.de/meldung_16382

Nähere Informationen zur TR-ESOR finden sich beim BSI:

https://www.bsi.bund.de/DE/Publikationen/TechnischeRichtlinien/tr03125/index_htm.html

Die ersten Ergebnisdokumente der letzten E-Government-Initiative De-Mail sind online:

http://www.cio.bund.de/DE/Innovative-Vorhaben/De-Mail/E-Government-Initiative/egovernment_initiative_node.html#doc2762370bodyText2

Aktuell läuft noch bis 31.07. die Bewerbungsfrist für die neue E-Government-Initiative des BMI. Wie die Ergebnisse zeigen gibt es erste konkrete Anwendungen zur sicheren elektronischen Kommunikation.

Die hier auch diskutierten technischen Fragen sollten anhand der maßgeblichen Technischen Richtlinien des BSI vertieft werden.

"19:30 Mit den Stimmen von SPD, Grünen und Freien Wählern wurde nun die kleine Archivvariante gewählt. Dass heisst Historisches Archiv und Rheinisches Bildarchiv ziehen in den Eifelwall, die KMB bleibt an ihren Standorten. Gut, dass es mit dem Bau des neuen Archives nun weitergeht. Schade, dass die Chance nicht ergriffen wurde den Mitarbeitern und Nutzern der KMB endlich ordentliche Arbeitsbedingungen zu gewährleisten."
Thor Zimmermann, Deine Freunde, bloggte aus dem Kölner Stadtrat

http://de.radiovaticana.va/news/2013/07/15/d_%C3%B6sterreich:_265.000_b%C3%BCcher_wechseln_die_bibliothek/ted-710654
Radio Vatikan meldet:''Die Hochschule Heiligenkreuz hat am Montag den Großteil der theologischen Fachbibliothek der Hochschule der Salesianer in Benediktbeuern/Bayern geschenkt bekommen." ... "Die Schenkung erfolgte laut einer Mitteilung der deutschen Provinz der Salesianer Don Boscos, da der theologische Lehrbetrieb in Benediktbeuern mit 30. September 2013 eingestellt wird." Nach dem Eintrag im Fabian Handbuch umfasste die Bibliothek 1997 schon 300.000 Bände mit beachtenswertem Altbestand von 14.000 Bänden.

http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/ag/mitglieder.html

Ein kurzer Blick zeigt, dass sich nichts geändert hat. Die Regionalportale bieten langweilige statische Inhalte. Da es keinen Newsletter o.ä. gibt (von RSS, Twitter usw.) ganz zu schweigen, muss man sich gelegentlich bewusst wieder auf die Seite begeben - um dann festzustellen, dass sich nichts getan hat!

So werden die Regionalportale keinen Blumentopf gewinnen. Vorbildlich ist die Bayerische Landesbibliothek Online, die neuigkeiten per RSS anbietet und auch vergleichsweise häufig spannende neue Inhalte hat.

Auch die üblichen Tattergreise, die inzwischen die traditionelle Landesgeschichte verkörpern, möchten gern, dass sie nicht jedesmal wieder aufs neue selbst die Differenz zwischen dem, was sie bereits kennen, und dem, was neu ist, ermitteln müssen.

http://vb.uni-wuerzburg.de/jamwiki/en/Libri_Sancti_Kiliani_digital_-_Wiki

"Das Libri-Sancti-Kiliani-Wiki erlaubt Ihnen die Bearbeitung unserer Web-Site Libri Sancti Kiliani digital. Nachdem Sie sich als Nutzer registriert haben, können Sie Co-Autor unserer Homepage werden und mithelfen, unser Portal aktuell zu halten: Katalogisate und Sekundärliteratur zu einzelnen Handschriften ergänzen, Transkriptionen erstellen, Kommentare, Verweise und Links einbringen."

Wenn das nicht beworben wird, erfährt niemand davon ...

Nichts geht mehr:

https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-die-aufhebung-des-planungsstopps-fuer-den-neubau-des-historischen-archivs-der-stadt-koeln

Danke an alle Unterstützer und an Kollegen Wolf für sein zeitintensives Engagement.

http://www.yumpu.com/de/document/view/3058428/repertorium-nachlasse-und-deposita-grosse-kreisstadt-kirchheim-

Der Kölner Presse war zu entnehmen, dass ein Planungsstopp für den vorgesehenen Archivneubau zustande gekommen ist, weil über dessen notwendige Größenordnung und Standort keine Einigkeit mehr unter den Parteien besteht. Ursache dafür soll sein, dass die Entscheidung, nach der der Neubau auch neue Räumlichkeiten für die Kunst- und Museumsbibliothek und das Rheinische Bildarchiv umfassen soll, plötzlich infrage gestellt wurde. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass die Stadt Köln die Entscheidung über einen Standort für die Kunst- und Museumsbibliothek bereits seit über dreißig Jahren vor sich herschiebt.

Die INTERESSENGEMEINSCHAFT weist darauf hin, dass der Planungsstopp in einem eklatanten Widerspruch zur Aussage des Oberbürgermeisters und von Vertretern der Stadtverwaltung steht, so schnell als möglich ein neues Stadtarchiv zu bauen, um die beschädigten Nachlässe sukzessiv wieder zugänglich zu machen.

Die INTERESSENGEMEINSCHAFT konstatiert angesichts dessen, dass aus Rat und Verwaltung über die tatsächlichen Entscheidungsvorgänge allenfalls Informationspartikel nach außen dringen, was eine fundierte Meinungsbildung erschwert, es herrscht ein erhebliches Transparenz- und Informationsdefizit, für das Politik und Verwaltung verantwortlich sind.

• Wie ist es zum Beispiel zu erklären, dass die städtische Gebäudewirtschaft unter ihrem Leiter Engelbert Rummel laut Meldung des KStA vom 18.4.2013 die Planungen für den Neubau des Stadtarchivs vorläufig aussetzt ( http://www.ksta.de/koeln/sparvorschlaege-planungsstopp-fuer-koelner-stadtarchiv,15187530,22401430.html ), während Stadtplanungsdezernent Franz-Josef Höing, diesen faktischen Planungsstopp auf einer Veranstaltung im Rahmen der Reihe „Stadtgespräch im Domforum“ („Stadtentwicklung im Blindflug?“) am selben Tag als Zeitungsente abtut.

• Wie kann es angehen, dass führende Vertreter von SPD und Grünen öffentlich das Scheitern der Verhandlungen mit der Universitätsverwaltung um die künftige Finanzierung der Kunst- und Museumsbibliothek erklären, während die Universitätsverwaltung und der scheidende Kulturdezernent Georg Quander konstatieren, man sei noch mitten in den Verhandlungen ( http://www.ksta.de/kultur/kunst--und-museumsbibliothek-neue-raeumlichkeiten-in-frage-gestellt,15189520,22599944.html )?

Die INTERESSENGEMEINSCHAFT fragt sich vor dem Hintergrund des inzwischen entstandenen Planungschaos:

• Warum wurden die Planungen für den Archivneubau offensichtlich vorangetrieben, ohne von vornherein verschiedene Größen- und auch Standortvarianten zu prüfen und zu kalkulieren. So hätten sich die jetzt entstandenen und weiter drohenden Verzögerungen durchaus vermeiden lassen.

Darüber, ob ein Stadtarchiv innenstadtnah, also auf begehrtem Baugrund platziert werden muss, lässt sich trefflich streiten. Ebenfalls streiten lässt sich darüber ob der Archivneubau so gestaltet sein muss, dass er in der Lage ist, das Rheinische Bildarchiv und die Kunst- und Museumsbibliothek mit aufzunehmen. Das wäre zwar wünschenswert, ist aber nicht zwingend und angesichts der finanziellen Lage der Stadt Köln zumindest eine Frage der Abwägung.

Für die INTERESSENGEMEINSCHAFT kann kein Zweifel darüber bestehen,
• dass die Stadt Köln zeitnah einen Archivneubau braucht, um ausgelagerte Archivalien, für deren Auslagerung hohe Mietzahlungen anfallen, wieder aufnehmen und neues Archivgut sicher und dauerhaft einlagern zu können;
• dass das unbefristete Fortbestehen der Provisorien in der Porzer Halle und in den überteuerten Räumlichkeiten am Heumarkt aus organisatorischen Gründen, aus Kostengründen und aus Gründen der Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Archivs absolut inakzeptabel ist;
• dass weitere Verzögerungen in Planung und Ausführung des Archivneubaus auch einen Affront gegenüber denjenigen darstellt, die in der Vergangenheit der Stadt Köln Archivalien anvertraut haben und nun den Anspruch erheben, die Folgen des Archiveinsturzes so effektiv wie möglich anzugehen, um zu retten, was nach diesem Desaster noch zu retten ist.

Die INTERESSENGEMEINSCHAFT fordert die Parteien in Köln sowie Rat und Verwaltung auf,

• den Weg für einen raschen Baubeginn frei zu machen und damit das unwürdige Gezerre um den Archivneubau, das Kölns Ansehen bundesweit und international erneut schädigt, zu beenden;
• die Verhandlungen über die Finanzierung der Kunst- und Museumsbibliothek mit der notwendigen Professionalität und mit verschiedenen Finanziers und Sponsoren voranzutreiben, um die bereits bestehenden Planungen nicht durch nachträgliche Änderun¬gen (z. B. durch den Wegfall der Museumsbibliothek) zu verzögern und zu verteuern. Sollte der dazu notwendige Sachverstand in Politik und Verwaltung nicht ausreichen, muss er extern organisiert werden;
• das Informationschaos, den Mangel an Transparenz (s. o.) und die fortschreitende Verunsicherung umgehend zu beenden. Dazu wäre eine offizielle Stellungnahme des Oberbürgermeisters der Stadt gegenüber der Bürgerschaft über den Stand der Dinge und die detaillierte Zeitplanung des Planungsablaufs sowie der voraussichtlichen Fertigstellung des Archivneubaus notwendig.

Sabine Barth (Depositat Literarische Gesellschaft Köln), Mary Bauermeister (Vorlass), René Böll (Erbengemeinschaft Heinrich Böll), Prof. Peter Busmann (Vorlass Busmann und Haberer), Anne Dorn (Vorlass), Dr. Ingeborg Drews (Vorlass), Lieselotte Freusberg (GEDOK Köln), Michael Gerster (Nachlass Otto Gerster, Carola Andries), Renate Gruber (Nachlass Fritz Gruber), Dr. Guido Grünewald (Depositat Deutsche Friedensgesellschaft), Christiane Haerlin (Depositat Sozialpsychiatrie), Franz-Josef Heumannskämper (Nachlass William Pearson), Dorothee Joachim (Nachlässe Jens Hagen, Irmgard Joachim, Fritz Klein), Rainer Kippe (Depositat Sozialistische Selbsthilfe Mülheim), Dr. Mario König und Dr. Oliver König (Nachlass Prof. Dr. René König), Gisela Kutz (Nachlass Karl Henniger), Helge Malchow (Depositat Kiepenheuer & Witsch), Marcel René Marburger (Flusser/Zielinski Archiv), Frank Möller (Depositat Köln-Archiv), Robert HP Platz (Vorlass), Werner Rügemer (Depositat Verlag Pahl Rugenstein), Jörg Sädler (Nachlass Arthur Sädler), Roland Schüler (Depositat Friedensbildungswerk), Egbert Verbeek und Hans-Wilhelm Verbeek (Nachlass Hans Verbeek), Frolinde Weber (Nachlass Hermann von Berg), Elisabeth Dorothea v. Wittgenstein und Leo Friedrich v. Wittgenstein (Familienarchiv).

Köln, im Juli 2013


Petition heute noch unterzeichnen (letzter Tag, aktueller Stand 8675)

https://www.openpetition.de/petition/online/fuer-die-aufhebung-des-planungsstopps-fuer-den-neubau-des-historischen-archivs-der-stadt-koeln

So jedenfalls wurde die Bilderstrecke auf WDR.de kommentiert, die den Ortstermin für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss dokumentiert: "Dass die Kosten für das Duisburger Landesarchiv explodiert sind, ist bekannt. Wie genau ein 200 Millionen Euro teures Archiv aussieht, wollte eine Abordnung Landtagspolitiker gestern mit eigenen Augen überprüfen."

 

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