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Die Stuttgarter Zeitung vom 6.10.2006 S. 10 dokumentiert das Testament des letzten badischen Herrschers.

Im Staatsarchiv Freiburg liegt unter der Signatur C 25/3 Nr. 111 eine Akte des Badischen Ministeriums des Kultus und Unterrichts aus dem Jahre 1952, die sich mit der beabsichtigten Gründung einer "Zähringer-Stiftung" befasst. In den Papieren geht es um die Umsetzung einer testamentarischen Bestimmung des letzten badischen Großherzogs, Friedrich II., vom 12. August 1927, die er vor dem Notariat I in Freiburg abgab. In dieser testamentarischen Bestimmung benennt Friedrich II. seinen Besitz wie folgt:

"1. die ehemalige von Wessenberg'sche Gemäldesammlung, die sich zu Zeit im früheren von Wessenberg'schen Haus in Konstanz befindet, 2. das Kopf'sche Kunstmuseum in Baden in dem vom Staate als Ersatz für das vormalige Atelier Kopf errichteten Neubau daselbst, 3. die Louis Jünck'sche Gemäldesammlung in Baden, die zur Zeit in Ermangelung eines geeigneten Ausstellungsraumes im dortigen Schloss aufbewahrt wird, Ziffer 1-3 mit dem Vorbehalt, unter dem diese Sammlungen s.Zt. meinem in Gott ruhenden Vater geschenkt und von ihm angenommen wurden, 4. die in Karlsruhe befindlichen Gemälde und Plastiken, die in der Kunsthalle, in der Sammlung der Gipsabgüsse und sonst wo aufbewahrt werden und mir eigentümlich gehörn, 5. das in Karlsruhe befindliche Kupferstichkabinett, die Türkensammlung, das Münzkabinett und die übrigen früher im Gebäude der vereinigten Sammlungen untergebrachten mir gehörenden Bestände, 6. die mir gehörenden Teile der Hof- und Landesbibliothek", zu der die heutige Fürstenfamilie auch die jetzt so umstrittenen Handschriften in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe zählt.

Über diesen Besitz verfügt der Großherzog der Mitschrift seines Notars zufolge wie folgt: "Diese aufgeführten Gegenstände fallen nicht an den Prinzen Berthold-Friedrich als Erben. Ich vermache sie vielmehr meiner geliebten Gemahlin der Großherzogin zu vollem Eigentum. Die Gegenstände sind nicht zur Veräußerung bestimmt, von geschichtlichem, künstlerischem und wissenschaftlichem Wert, seit 20 Jahren in meinem Besitz, der Volksbildung bereits zugängig und mit der Verpflichtung belastet, sie nur im Falle der Not zu veräußern, sie bilden daher kein steuerbares Vermögen. Soweit diese Gegenstände und Sammlungen sich beim Ableben meiner geliebten Gemahlin noch vorfinden (Zusatz durch mich: Ziffern 4-6 zweifelsohne), sollen sie in einer Stiftung mit dem Namen ,Zähringer-Stiftung' vereinigt werden, deren Aufgabe es ist, die Sammlungen in der bisherigen Weise zu erhalten und der Öffentlichkeit zugängig zu erhalten. Eine Veräußerung der Sammlungsgegenstände ist der Stiftung nur insoweit erlaubt, als es zur Zahlung der für die Stiftung etwa zu zahlenden Erbschaftssteuer erforderlich wird."


In einem weiteren Artikel heisst es:

Das Veräußerungsverbot bezieht sich auf die Stiftung. Die aber kann nichts verkaufen, weil sie offiziell nichts besitzt. Der zwischen Ministerpräsident Oettinger und Prinz Bernhard von Baden ausgehandelte Plan in Sachen Handschriften besagt auch, dass das Land Baden-Württemberg die Handschriften verkaufen soll. 70 Millionen Euro Erlös werden erwartet, 30 Millionen braucht das Haus Baden zur Schuldentilgung.

Mit den Buchstaben des Testamentes hat dieser Plan nichts mehr zu tun. Dabei waren laut einem Aktenvermerk des Testamentsvollstreckers vom 27. Mai 1952 bei Gründung der vom Exmonarchen gewünschten Zähringer-Stiftung die Sammlungen, die in ihren Besitz übergehen sollten, "noch vollständig erhalten". Insider munkeln nun, dass die Kunstgegenstände deshalb nicht an die Stiftung gegangen sein könnten, weil sie als Tafelsilber und Verhandlungsmasse erhalten werden sollten.

Das Interesse des Hauses Baden an dieser Stiftung sei "gering" gewesen. Im dreiköpfigen Verwaltungsrat der Zähringer-Stiftung sitzen kraft Amtes der Generalbevollmächtigte des Hauses Baden, Prinz Bernhard, der Direktor des Badischen Landesmuseums Karlsruhe, Harald Siebenmorgen, und ein gewisser Dr. Christoph Graf Douglas. Letzterer hat als Deutschland-Chef des Auktionshauses Sothebys 1995 große Teile des markgräflichen Besitzes im Schloss Baden-Baden für eine zweistellige Millionensumme unter den Hammer gebracht. Graf Douglas ist heute als freier Kunstberater immer noch im Kunsthandel tätig. Kritiker des geplanten Handschriftenverkaufs unterstellen ihm wirtschaftliche Interessen und vermuten deshalb, mit seiner Person habe man in der Stiftung "den Bock zum Gärtner gemacht"


Bock zum Gaertner: http://archiv.twoday.net/stories/2740166/

http://www.blb-karlsruhe.de/blb/images/2006/presse-sammlung-deutscher-drucke.pdf

Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke

In der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke (AGSDD) kooperieren sechs Bibliotheken, um eine umfassende Sammlung der gedruckten Werke des deutschen Sprach- und Kulturraums vom Beginn des Buchdrucks bis in die Gegenwart aufzubauen, zu erschließen, der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen und für künftige Generationen zu bewahren. Dadurch entsteht eine virtuelle Nationalbibliothek, in der die beteiligten Bibliotheken für folgende Zeitsegmente verantwortlich sind:
1450 - 1600 Bayerische Staatsbibliothek München
1601 - 1700 Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
1701 - 1800 Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
1801 - 1870 Universitätsbibliothek J.Chr.Senckenberg
1871 - 1912 Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
1913 ff. Deutsche Nationalbibliothek Leipzig, Frankfurt am Main, Berlin

Offener Brief an Ministerpräsident Öttinger

Erhalten sie die kulturelle Identität des Badischen Landesteils Baden-Württembergs – Verhindern Sie den Verkauf der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
mit ungläubigem Entsetzen haben wir die Nachricht erfahren, dass Land Baden Württemberg wolle wesentliche Teile der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe verkaufen, um damit finanzielle Probleme des Hauses Baden zu lösen.
Dies würde bedeuten, dass insbesondere die im Verlaufe der Säkularisation am Anfang des 19. Jahrhunderts in die damalige Hofbibliothek gebrachten kulturellen Schätze verstreut würden. Sie sind im Rahmen des Landerwerbs der napoleonischen Zeit über die Klosterkommission in Besitz Badens gelangt. Im Gegensatz zu der Bibliothek des Klosters Salem, dessen Bibliothek 1826/27 an die Universität Heidelberg verkauft wurde, waren sie aber nie Besitz des Hauses Baden.
Durch das umsichtige Verhalten der Bediensteten der Klosterkommission und der beteiligten Bibliotheken (Universitätsbibliotheken in Freiburg und Heidelberg und die schon damals öffentliche Hofbibliothek Karlsruhe) ist es gelungen, den Handschriftenbestand der Klöster in Baden in großer Vollständigkeit zu erhalten. Er wurde – auch das ein besonderer Glücksfall für die kulturelle Überlieferung – in der Hofbibliothek nach Provenienzen aufgestellt, so dass bis heute die Sammlungen der aufgelösten Bibliotheken als Einheit erhalten sind. Sie sind nicht durch Kriegsverluste geschädigt worden. Durch die sorgfältige Katalogisierung mit Unterstützung der deutschen Forschungsgemeinschaft ist hier aller Welt sichtbar und allen kulturell Interessierten leicht zugänglich ein wesentlicher Teil des kulturellen Erbes und mit Sicherheit der wesentliche Teil der Schriftkultur Südwestdeutschlands bis zur Zeit der Vorherrschaft des Buchdrucks erhalten.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie wissen, wie zerstreut und durch vielfältige Verluste geschädigt gerade die schriftliche Überlieferung in Deutschland besonderer Pflege bedarf.
Es fehlt Deutschland eine die Jahrhunderte übergreifende Nationalbibliothek. Umso wichtiger ist es, dass die regional erhaltenen Bestände dauerhaft gesichert bleiben.
Der überlieferungsgeschichtliche Glücksfall der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek aus dem oft als „Musterländle“ apostrophierten alten Land Baden muss gesichert werden. Zerstören Sie nicht einen wesentlichen Teil der kulturellen Identität des badischen Landesteiles.

Mit dem Ausdruck vorzüglicher Hochachtung
Norbert Lossau
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Sammlung Deutscher Drucke

Vertreter des Freistaates Sachsen haben unterstrichen, dass man sich nicht mit dem Gedanken trage, Kulturgueter zu verkaufen.

http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/689750.html

Im Mittelpunkt der Pressemeldungen steht das Zurueckrudern der Landesregierung. Die Handschriftenverkaeufe scheinen erstmal vom Tisch:

Nach heftiger Kritik aus dem In- und Ausland relativiert die baden-württembergische Landesregierung ihren Plan, wertvolle Handschriften der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen. Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) kündigte am Donnerstag in Stuttgart an, dass nach einer «für alle Seiten zumutbaren Gesamtlösung» gesucht werden soll. Dabei könne er sich ein «Drei-Säulen-Modell» unter Einbeziehung von Spenden, Landesmitteln und einem Beitrag der Kunsteinrichtungen vorstellen.

Mit der am Mittwochabend bei einem Spitzengespräch festgelegten Kursänderung beugt sich die Landesregierung offenbar dem Druck, der durch Proteste an den Verkaufsplänen entstanden war.

http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid=13601

In der FAZ lesen wir:

Die baden-württembergische SPD hat die Landesregierung aufgefordert, mit dem Haus Baden in der umstrittenen Frage, ob Handschriften und Kunstgegenstände Privateigentum des Herrscherhauses oder Staatseigentum sind, keinen Vergleich anzustreben. Die Fraktionsvorsitzende Ute Vogt sprach von einem "Kotau vor dem Adel" und zog die Interpretation der Rechtslage der Regierung in Zweifel. Die SPD stützt sich auf den Sachverstand des Juristen Reinhard Mußgnug, der die Rechtsauffassung des Landes auch in einem Beitrag für diese Zeitung kritisiert hatte. Mußgnug äußerte sich am Freitag auf einer Pressekonferenz der SPD. Kern seiner Argumentation ist die Aussage, daß es falsch sei, die Eigentumsverhältnisse des Hauses Baden nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu klären, denn es handle sich nicht um "Privatbesitz" einer bürgerlichen Familie, deshalb müßte das Staatsrecht des 19. Jahrhunderts zur Anwendung kommen. Der Jurist widersprach der Auffassung, eine Insolvenz des Hauses Baden werde für das Land schwerwiegende Nachteile haben: "Ein Insolvenzverwalter wird sich für die Türkenbeute und einige Gemälde interessieren." Falls die Türkenbeute doch Privatbesitz des Markgrafen sei, was juristisch geprüft werden müsse, sollte man sie wie die Gemälde auf die nationale Kulturgutliste setzen. Finanzminister Stratthaus (CDU) sagte, "wer Eigentum an den Sammlungen des Hauses Baden erworben hat, ist aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen nicht eindeutig zu beantworten".

(Es darf angemerkt werden, dass Vogt bei M. studierte und dass die beiden politisch durchaus diametral entgegengesetzte Ansichten haben.)

In der Pforzheimer Zeitung gibt es ein Interview mit Robert Mürb, Vorsitzender der Landesvereinigung Baden in Europa, über den geplanten Verkauf der Handschriftensammlung der Karlsruher Landesbibliothek:

http://www.pz-news.de/suedwest/84914/

Die LV setzt ihre Unterschriftenaktion fort:
http://www.lv-baden.de/a/web/index.php

Eine Glosse der FAZ betont, dass die Landesregierung die Bedeutung der Handschriften unterschaetzt habe.

Einen Aufruhr in der Region wie nie machen die ka-news aus:
http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=wph2006105-50D

Noch nicht gemeldet hatten wir den Leserbrief von Direktor Ehrle in der FAZ:
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2006/presse-faz061005.php

Bibliografisches zu den Handschriftenbestaenden bietet das BAM-Portal:
http://www.bam-portal.de/
Der Nutzen ist beschraenkt ...

http://www.netzeitung.de/kultur/444903.html

Die Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel schloss sich am Donnerstag der breiten Kritik an dem geplanten Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe an. Protestiert werde gegen die «Blindheit der Politik in Baden-Württemberg und ihr Vorhaben, eine Vielzahl von wertvollen Stücken aus einem geschlossenen Sammlungszusammenhang herauszulösen», hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung der Bibliothek, die nach eigenen Angaben eine der bedeutendsten fürstlichen Büchersammlungen der frühen Neuzeit hat. Bibliotheksdirektor Helwig Schmidt-Glintzer sprach von einem «Vertrauensbruch» gegenüber der Öffentlichkeit.

Jana Tschentschel hat für die Ausgabe 8/2006 der Bibliotheksbriefe eine Auswahl aus den Beständen der Bibliothek der SAPMO zum Thema "Opposition in der DDR in den achtziger Jahren" zusammengestellt.
Die Bibliotheksbriefe werden von der Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv verantwortet.
Downlaod als PDF (290 KB)

Das baden-württembergische Kunstministerium hält trotz nationaler und internationaler Proteste am geplanten Verkauf von wertvollen Handschriften der Badischen Landesbibliothek fest.

Die am Donnerstag von Kunstminister Peter Frankenberg (CDU) vorgegebene Linie gelte nach wie vor, weil sie «richtig und begründet» sei, sagte Ministeriumssprecher Gunther Schanz am Mittwoch in Stuttgart auf ddp-Anfrage. (...)
Nach Angaben des Ministeriumssprechers wird in »allernächster Zeit« ein Expertengremium zusammentreten und sich »mit den Pros und Contras« des Vorhabens befassen, das »bisher noch nicht endgültig beschlossen« sei. Dem Ministerium sei von Anfang an klar gewesen, dass »die Materie umstritten« sei und unterschiedliche Meinungen hervorrufen werde. Einige Stimmen hätten aber »in ihrer Wortwahl das Maß des Vertretbaren überschritten".
(ddp)

Wie schon in der Sache Donaueschingen zeigt sich die Landesregierung bei Kritik zimperlich. Sie darf den SUPER-GAU (Direktor Ehrle) fuer das Kulturgut des Landes planen, aber wenn dann deutlich Kritik geuebt wird, dann zeigt sich die feudale Gesinnung der Regierung. Als Supplikant hat man in gebueckter Haltung seine Bittschrift dem Allerhoechsten Vandalenhaeuptling Guenther ("Geiserich") Oettinger zu ueberreichen und selbst das waere schon zuviel der erlaubten Kritik.

Das Gegenteil ist richtig: Die Kritik war - gemessen an den Plaenen - doch hoechst massvoll. Und eine Landesregierung, die solche Demokratie- und Kompetenzdefizite zeigt, sollte abtreten.

In zwei ausführlichen Sendungen greift das Kulturradio SWR2 am kommenden Wochenende nochmals den Streit um die Handschriften der Badischen Landesbibliothek auf. Beide Sendungen machen deutlich, warum die internationalen Wogen der Empörung über den geplanten Verkauf einiger dieser einzigartigen Handschriften so hoch schlagen. Die Baden-Württemberg-Ausgabe der Sendung "SWR2 Literatur im Land" stellt am Samstag von 15.05 Uhr an die Gebetbücher, Chroniken und einzigartigen Prachtbände der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe vor. Am Sonntag spricht Eggert Blum in der Reihe "SWR2 Zeitgenossen" um 14.05 Uhr mit dem Heidelberger Rechtswisssenschaftler Reinhard Mußgnug, der sich intensiv mit den Besitzverhältnissen der Handschriften auseinander gesetzt hat. (StZ)

Wenn das jemand fuer mich aufnehmen koennte, waere ich dankbar, ich bin derzeit auf Kurzurlaub in Andalusien.

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Badische_Landesbibliothek_manuscripts

http://www.akademienunion.de/pressemitteilungen/

Wider die Veräußerung der Karlsruher Handschriften

Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, zu deren zentralen Aufgaben die Edition der handschriftlichen Überlieferung gehört, begrüßt und unterstützt den Protest namhafter britischer, amerikanischer und deutscher Mediävisten gegen das Ausweiden und Zerstreuen der einzigartigen Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek. Kein Finanzbedarf rechtfertigt das willkürliche Auseinanderreißen der unersetzlichen Bestände, die aus den Bibliotheken der Reichenau, aus St. Peter und aus anderen Klöstern stammen. Die geisteswissenschaftliche Erforschung der Entwicklung von Theologie, Kunst und Literatur des Mittelalters würde schwer getroffen. Es ist staatliche Aufgabe, den Kernbestand des kulturellen Erbes für künftige Generationen zu bewahren. Wir appellieren an die Landesregierung Baden-Württembergs, alles zu tun, dass es zu diesem unglücklichen Vorhaben nicht kommt, und fordern die Bundesregierung auf, die Handschriftensammlung unverzüglich auf die Liste der zu schützenden nationalen Kulturgüter zu setzen.


Die Landesakademie von BW, die Heidelberger Akademie der Wissenschaften, ist Mitglied der Union. Eine eigene Stellungnahme von ihr ist daher wohl nicht mehr zu erwarten.

Das Thema hat nun auch die linksalternative taz erreicht:

http://www.taz.de/pt/2006/10/05/a0104.1/text

Gut informiert von der neuen Entwicklung zeigt sich ein Artikel der Stuttgarter Zeitung vom 5. Oktober 2006:

http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1262556

Laut Ulrich Noll, Fraktionschef der mitregierenden FDP im Landtag, könnten statt der Handschriften auch andere Kunstwerke im Besitz des Hauses Baden - etwa Gemälde - verkauft werden. Konsens aller Beteiligter sei, dass eine einvernehmliche Lösung mit der Adelsfamilie gefunden werde, sagte Noll als Teilnehmer an dem Spitzengespräch der dpa. Es sollen nun Mäzene gesucht werden, die Kunstwerke kaufen und diese dann in den Museen der Öffentlichkeit weiter zugänglich machen. "Wir wollen alles tun, damit der Vorwurf des Ausverkaufs von Kulturgut vom Tisch kommt", sagte der Liberale.

Der mit dem Haus Baden beabsichtigte Kompromiss sei angesichts der unsicheren Rechtslage ohne Alternative, teilte das Staatsministerium mit. Sowohl das Land als auch das Adelshaus erheben Ansprüche auf Kulturgüter im Wert von 300 Millionen Euro. Beide Seiten wollen jedoch auf einen viele Jahre dauernden Rechtsstreit verzichten. Der Deal beinhaltete, dass zur Erhaltung von Schloss Salem eine gemeinnützige Stiftung gegründet wird - und damit die Adelsfamilie das Schloss samt finanzieller Verpflichtungen los ist. Zudem verwies das Staatsministerium auf eine mögliche Insolvenz des Hauses Baden, "die zur Vollstreckung durch die Banken und dem Verlust wertvoller Kulturgüter führen würde".

Oettinger kündigte nun Gespräche mit allen Beteiligten an - die nächste große Runde ist im November vorgesehen. Ziel sei eine Gesamtlösung, mit der alle leben könnten. Nach Vorstellung von Oettinger könnte die Finanzierung der Summe auf einem Drei-Säulen- Modell beruhen. Als erste sind Sponsoren aus der Wirtschaft und Spenden von Privatpersonen gemeint. Die zweite Säule sei ein Beitrag des Landes, aber ohne Aufnahme neuer Schulden oder Kürzungen in anderen Ressorts. Als dritte Säule müssten Kunsteinrichtungen einen Beitrag leisten.

"Die Alternative kann jedoch nicht sein, nun andere Kunstwerke auf den Markt zu werfen", warnte der kulturpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Jürgen Walter. Er verwies darauf, dass Schloss Salem in gutem Zustand sei. Aus Sicht der oppositionellen Grünen und der SPD besteht kein Anlass, Kulturgüter zu verkaufen. Sie sahen auch keine grundlegende Wende in dem Streit, vielmehr spiele das Land auf Zeit und wolle die erhitzte Debatte abkühlen. Oettinger stecke zunehmend in der Sackgasse, meinte SPD-Fraktionschefin Ute Vogt. "Das Grundübel bleibt, dass sich die Landesregierung in vorauseilendem Gehorsam den Besitzansprüchen des Hauses Baden unterwirft", sagte Vogt.


Ergaenzend:

Kunstminister Peter Frankenberg (CDU) sagte gegenüber SWR2, für den Vergleich mit dem Haus Baden müssten zunächst nur 30 Millionen Euro statt der bisher anvisierten 70 Millionen Euro aufgebracht werden. Es bestehe kein Zeitdruck mehr.

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1587412/1f28goo/

Zwei CDU-Dissendenten werden zitiert von den Stuttgarter Nachrichten vom 5.10.2006:

"Ich sehe noch nicht, dass wir auf diesen Zug aufspringen", sagte der kunstpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christoph Palm, zu dem Vorhaben, einen Teil der in Karlsruhe archivierten 3600 historischen Handschriften zu veräußern, um damit 70 Millionen Euro zu erzielen. Der Verkauf von Kunst komme nur als "allerletztes Mittel" in Betracht, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgelotet seien, sagte der Abgeordnete und Fellbacher OB gegenüber unserer Zeitung: "Keinesfalls darf sich das Land unter Zugzwang setzen lassen."

Auch sein Fraktionskollege und Karlsruher Bürgermeister Manfred Groh plädierte dafür, von dem Verkauf Abstand zu nehmen. Er glaube nicht, dass ein solches Vorhaben in der CDU-Fraktion mehrheitsfähig sei. Groh: "Das ist ja längst kein badisches Thema mehr." Es gehe nun darum, Ideen zu sammeln, wie der Handschriften-Bestand erhalten und gleichzeitig die Schlossanlage im südbadischen Salem dauerhaft finanziert werden könne.


Deutliche Kritik an dem Verkaufs-Vorhaben kommt von Seiten des an sich zur Loyalitaet verpflichteten Direktor der BLB:

Auch der Direktor der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, Peter Michael Ehrle, stellte sich gegen die Landesregierung. Die Handschriften hätten eine so herausragende Bedeutung, "dass kein einziges Stück veräußert werden dürfte", sagte Ehrle. Jede der etwa 3600 Handschriften sei ein Unikat. Es handle sich um ein "historisch gewachsenes Ensemble von internationalem Rang, das in seiner Gesamtheit erhalten bleiben muss", betonte er.
http://www.tagesspiegel.de/kultur/nachrichten/handschriften-verkauf/76046.asp

Ein Leserbrief in der Stuttgarter Zeitung vom 5.10.2006:

Im Jahr 2003 wurde das Säkularisationsjubiläum aufwendig begangen, und die Landesregierung schmückte sich damals medienwirksam mit dem in der Großen Landesausstellung präsentierten Kulturerbe der Klöster, worunter die Handschriften zu den Highlights gehörten. Zwar hatte die Säkularisation vor 200 Jahren nahezu alle Bibliothekszusammenhänge sowie einen Großteil der Buchbestände vernichtet, so war die Einsicht der Regenten doch groß genug, um den kostbarsten Teil der Sammlungen, die Handschriften, vor Zerstreuung und Zerstörung zu bewahren. Die geplante Veräußerung von Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek würde die Säkularisation sozusagen noch übertreffen, wenn nun auch das Handschriftenerbe der Nutzung von Forschern und einer breiteren Öffentlichkeit entzogen, zum Objekt der Spekulation gemacht, der Zersplitterung überlassen und damit in seinem Kontext zerstört würde. Wahrlich eine Imagewerbung der besonderen Art für das Land!

Magda Fischer, Stuttgart

» Pressemitteilung zum 04.10.2006 -
PEN kritisiert Handschriften-Verkauf
http://www.pen-deutschland.de/htm/aktuelles/presse/pm_2006-10-04.php

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Unverständnis und Empörung reagiert das PEN-Zentrum Deutschland auf die Absicht der baden-württembergischen Landesregierung, historische Handschriften zu verkaufen, um Schloß Salem zu sanieren. Diese Veräußerung von Sammlungen aus der badischen Landesbibliothek wäre eine eklatante Verletzung der staatlichen Pflicht, über die Kulturgüter in öffentlichem Besitz zu wachen, sie zu erhalten und zu pflegen. Mittelalterliche Handschriften sind keine Verfügungsmasse, die gehandelt werden darf. Sie gehören zum kulturellen Erbe, für das jede Regierung nur als Sachwalter und Treuhänder auftreten darf. Der Erhalt des Schlosses Salem, das sich in Familienbesitz befindet, darf nicht durch Verschleuderung kultureller Werte finanziert werden. In einem so wohlhabenden Bundesland wie Baden-Württemberg, das sich gerne auf seine literarischen Traditionen beruft, wird sich gewiß eine andere Lösung als der Handel mit alten Handschriften finden lassen.

Wilfried F. Schoeller
Generalsekretär des PEN-Zentrums Deutschland

http://www.erzbistum-freiburg.de/index.php?id=233&backPID=233&tt_news=744

Mit großer Besorgnis hat Erzbischof Dr. Robert Zollitsch auf den geplanten Verkauf der Handschriften- Sammlung durch die baden-württembergische Landesregierung reagiert. In einem Brief an Ministerpräsident Günter H. Oettinger äußert der Freiburger Erzbischof insbesondere die Befürchtung, dass davon auch Bestände betroffen sein sollen, die im Rahmen der Auflösung der Klöster vor 200 Jahren vom Markgräflichen Haus Baden übernommen worden waren. Dazu zählen unter anderem die bedeutendsten Handschriften der Bibliotheken der Klöster von St. Peter im Schwarzwald, der Reichenau, Ettenheimmünster, St. Blasien, St. Georgen bei Villingen oder Wonnetal bei Kenzingen.

„Alle diese Handschriften dokumentieren den bedeutenden kulturellen, wissenschaftlichen und historischen Beitrag, den die Klöster für unser Land und für die Kirche im Südwesten Deutschlands geleistet haben“, heißt es in dem bischöflichen Schreiben an den Ministerpräsidenten. Sie müssten deshalb „unbedingt in ihrer Gesamtheit in unserem Land“ erhalten bleiben und dürften keineswegs durch Vereinzelung zerstört werden, so Erzbischof Zollitsch.

International librarians concerned about manuscripts of Baden-Württemberg

Dr Alex Byrne, President of the International Federation of Library
Associations and Institutions (IFLA), expressed dismay when he heard of the
planned sale of the manuscripts of the House of Baden by the provincial
government of Baden-Württemberg.

He said: "The international library and archival community is shocked to
hear of the proposal of the Government of Baden-Württemberg to sell all the
works acquired before 1872 - some 3500 out of a total of 4200 volumes - from
the manuscript collection of the Badische Landesbibliothek in Karlsruhe.
This incomparable collection includes major treasures taken from monasteries
in 1803 and documents a thousand years of commerce and cultural development
in Europe. It is not only a treasure for Baden-Württemberg and Germany but
part of the world heritage. It must be protected."

The collection includes prachtmanuscripts, an illuminated Book of Hours
belonging to Archduke Christoph I of Baden (1490), the prayer book of
Susanna von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach medieval lectionaries from the
scriptorium of the monastery at Reichenau, and the Gospel of St. Peter (ca.
1200). The majority of manuscripts come from the libraries of monasteries
in the Black Forest, the Upper-Rhine, and Lake Constance and most were
acquired when the monastic libraries were expropriated following
secularisation in 1803. They record the development of religion and society
in the region.

It is understood that the sale is intended to finance the preservation of
the Salem castle, the last castle of the house of Baden, and its ongoing
maintenance. While this is desirable, it must not be done at the expense of
this important collection of manuscripts.

The International Federation of Library Associations and Institutions calls
on the Government of Baden-Württemberg to abandon this proposal and renew
its commitment to the preservation of the history of Baden-Württemberg as
documented in the manuscript collection of the Badische Landesbibliothek.

The International Federation of Library Associations and Institutions is
the leading international body representing the interests of library and
information services and their users. It is the global voice of the library
and information profession. http://www.ifla.org.

Contact:

Dr Alex Byrne, IFLA President, Tel +61 2 9514 1465, Email
alex.byrne@uts.edu.au

Dr Peter Lor, IFLA Secretary General, Tel +31 70 31 40 884, Email
ifla@ifla.org

http://www.ka-news.de/karlsruhe/news.php4?show=hok2006105-1523B

Die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen äußert sich in einer aktuellen Pressemitteilung zum geplanten Verkauf der Handschriften des Badischen Landesbibliothek. Nach derzeitigem Kenntnisstand beurteilt die Gemeinschaft die Durchsetzbarkeit etwaiger Ansprüche des Hauses Badens wegen Verjährung zumindest als fraglich.

Die Juristen argumentieren in ihrer Mitteilung, vieles spräche dafür, dass die fraglichen Herausgabeansprüche bereits verjährt seien. "Schließlich sind seit der Abschaffung der Monarchie im Jahr 1918 nahezu 90 Jahre vergangen", heißt es wörtlich in dem Schreiben. Wenn nicht ein sogenanntes Besitzmittlungsverhältnis wie Leihe oder Verwahrung bestünde, verjährten Herausgabeansprüche nach 30 Jahren. Das Haus Baden müsste ein eben solches Verhältnis nachweisen können. Unredlich sei die Berufung auf Verjährung nach Meinung der Juristen nicht, das Haus Baden hätte gegen gegenüber den Kirchen wegen der geraubten Handschriften keine Hemmungen, sich auf Verjährung zu berufen, wird in der Pressemitteilung gemutmaßt.

Ferner bezweifelt die Organisation die grundlegenden Herausgabeansprüche des Hauses Baden. Für jeden verlangten Gegenstand bedürfe es der Grundlage für die Herausgabe. Dass dieser Nachweis gelinge, bezweifeln die Juristen. Zudem sei fraglich, welche Gegenstände nach Abschaffung der Monarchie als Staatsvermögen oder als persönliches Privatvermögen des ehemaligen Herrscherhauses anzusehen sind. Auch hier sei das Haus Baden in der Beweispflicht.

Abschließend erklären die Juristen, dass dem Haus Baden mit Abschaffung der Monarchie ein großes Vermögen belassen worden sei, bei vielem könne man die Frage stellen, ob es sich nicht um Vermögen des badischen Volkes gehandelt habe. Es erscheine als "höchst unmoralisch", dass die einstige Herrscherfamilie, die bei Versteigerungen von Kulturgut in Baden-Baden bereits Erlöse von 40 Millionen Euro erzielt habe, sich noch weiter an badischem Kulturgut "bereichere".


Die Stuttgarter Zeitung ist inzwischen an Gutachten herangekommen und macht davon in ihrer Ausgabe vom 4. Oktober Gebrauch:

Allzu hoch kann das Prozessrisiko aber nach vertraulichen Unterlagen, die der StZ vorliegen, nicht sein. Im Juli 2003 hatte Seine Königliche Hoheit Prinz Bernhard von Baden einen Bonner Universitätsprofessor mit einer "kritischen Durchsicht" früherer Gutachten "zum eigentumsrechtlichen Status bestimmter badischer Sammlungen" beauftragt. Und besagter Uniprofessor kam mit Datum vom 28. Juli 2003 zu der Erkenntnis, dass in der Eigentumsfrage die "Unklarheit bestehen bleibt", weil eine "Klärung nie stattgefunden" habe. Selbst der Wert weiterer neuer Rechtsgutachten sei "ernsthaft zu bezweifeln", denn auch neue Gutachter müssten sich "mit Vorgängen befassen, die nur beschränkt zugänglich" seien.

Jenes Papier eines Mannheimer Juristen aus dem Jahr 1918, mit dem die Fürstenfamilie unter anderem ihren Eigentumsanspruch begründet, ist der vertraulichen Analyse aus Bonn zufolge ebenso wenig eindeutig. Denn schon vor fast 90 Jahren kam besagter Experte aus Mannheim zu dem Ergebnis, dass es "nicht möglich sein wird, auf rein juristischem Weg zu zeigen, wo das unbestreitbare Recht liegt". Der Bonner Berater folgert im Auftrag des Prinzen deshalb im Jahr 2003, dass sich "die Eigentumsfrage nur beantworten lässt, wenn man auf jahrhundertelange geschichtliche Entwicklungen zurückgreift, die in ihren rechtlichen Dimensionen . . . eine klare Analyse gar nicht erlauben".

(...) Heute steht die wertvolle Handschriftensammlung gemäß einem Testament von Großherzog Friedrich II. aus dem Jahr 1927 in der Obhut der Karlsruher Zähringer-Stiftung. Sie soll die Bestände ausdrücklich "öffentlich zugänglich machen". Schon dieser testamentarische Wille widerspreche einem Verkauf der unersetzlichen Bestände, erklären Kritiker. Es sei schlicht "eine Frage des Anstandes". Ein weiteres Rechtsgutachten aus dem Jahr 1967 kam im Auftrag des baden-württembergischen Finanzministeriums sogar zu dem Schluss, dass sich für die Annahme von Eigentumsrechten dieser Stiftung an den Sammlungen "kein wirklich tragfähiger Gesichtspunkt ergibt". Vor 40 Jahren erklärte der Gutachter der Landesregierung deshalb kurz und bündig: "Mit dem Thronverzicht (des Hauses Baden im Jahr 1918, d. Red) fiel dieses Vermögen an den Staat".


http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/detail.php/1260959?_suchtag=2006-10-04

Ein anderer Artikel wertet ein anderes Gutachten aus:

Der umstrittene Plan der Landesregierung, wertvolle Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zu verkaufen, um damit auf Dauer den Erhalt von Schloss Salem zu sichern, wird durch ein Gutachten des Freiburger Professors Thomas Würtenberger untermauert. In der fast 50-seitigen Expertise, die unserer Zeitung vorliegt, warnen Würtenberger und sein Mitautor Peter Wax (Albstadt) die Landesregierung eindringlich vor einem Prozess und den damit verbundenen finanziellen Risiken. "Der Versuch einer Lösung der anstehenden Probleme auf dem Rechtsweg ist nicht sinnvoll", heißt es. Bekanntlich will das Land mehrere wertvolle Handschriften verkaufen und rechnet mit einem Erlös von 70 Millionen Euro. 40 Millionen davon sollen in eine Stiftung fließen, die den Erhalt der Salemer Anlage sichert, die anderen 30 Millionen soll das Haus Baden erhalten, das wegen der Sanierung der Salemer Anlage in finanzieller Bedrängnis ist.

Aus Sicht der Gutachter führt deshalb an einem Vergleich mit dem Haus Baden kein Weg vorbei. Allein die Kosten für einen Rechtsstreit mit dem Adelshaus, um die Eigentumsverhältnisse unzähliger Kulturgüter im Gesamtwert von 300 Millionen Euro zu klären, würden mindestens drei Millionen Euro betragen. Der Grund: Die Gutachter gehen davon aus, dass mehrere Instanzen nötig wären und inklsuive der Aufklärungsarbeiten "mit einer Verfahrensdauer von acht bis zehn Jahren" zu rechnen ist.

Die Alternativen zu einem Vergleich sei der Erhalt von Schloss Salem aus Landesmitteln oder der Kauf der Schlossanlage durch das Land. "Angesichts der Haushaltslage des Landes" seien diese beiden Wege aber "mehr als zweifelhaft".

http://www.karlsruhe2010.de/ka2010/mainc6f2.html?anfrage=b_portrait&id=321&sprache=

Seine Königliche Hoheit Bernhard Prinz von Baden
"Ich bin dafür, dass Karlsruhe Kulturhauptstadt Europas 2010 wird, weil...
...die Gründung der Stadt in Strahlenform durch meine Familie Symbol ist für eine kulturelle Ausstrahlung, die wir für ein reiches Europa benötigen".


Lebenslauf

geb. 1970
verheiratet
Vater zweier Kinder

Schule in Deutschland und der Schweiz
Studium und Ausbildung zum Kaufmann in der Schweiz und in Deutschland.

Tätigkeit in einer Witschaftsprüfungsgesellschaft.
Seit 1998 Generalbevollmächtigter des Markgrafen von Baden und in dieser Funktion verantwortlich für die Unternehmensgruppe des Hauses Baden.


Abgesehen davon, dass es heute keine Koenigliche Hoheit als Titel der familie Baden mehr gibt, braucht man diese Aeusserung im Licht des geplanten Ausverkaufs der Karlsruher Handschriften nicht ausfuehrlich zu kommentieren.

http://www.orden.de/aktuell/index.php?id=587

MÖNCHE BEKLAGEN ZWEITE ENTEIGNUNG
Offener Brief an den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg zum geplanten Verkauf alter Klosterhandschriften aus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

[05.10.2006]

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

die Nachricht über den drohenden Verkauf kostbarer Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek schmerzt uns Benediktiner in besonderer Weise. Schließlich stammt ein Großteil der Sammlung aus den in der Säkularisationszeit aufgehobenen Klöstern unseres Ordens, darunter die Abteien Reichenau, St. Peter und St. Blasien.

Die damaligen Aufhebungskommissare wußten immerhin, dass die Mönchsbibliotheken zu den großen Schatzkammern des europäischen Geistes zählten. Es gelang deshalb oft genug, diese als Ensemble zu retten und in die pflegliche Fürsorge der öffentlichen Hand zu überführen. Die Handschriften wurden mit Steuermitteln konserviert und erschlossen. Ein Verkauf in alle Welt käme nun einer zweiten Enteignung gleich. Leidtragender wäre diesmal die ganze Gesellschaft, die um ihr kulturelles Erbe betrogen wird.

Schon das Herausreißen einzelner Stücke zerstört den über mehr als ein Jahrtausend gewachsenen Zusammenhang der Sammlungen. Dieser Vorgang degradiert eine Bibliothek europäischen Ranges zur entbehrlichen Verpfändungsmasse. Daß mit dem „Schloß“ Salem hier ausgerechnet ein zweckentfremdetes ehemaliges Kloster saniert werden soll, verringert den Schmerz nicht.

Wir appellieren deshalb an Sie, Herr Ministerpräsident, und an Ihre Regierung, sich der Verantwortung für unser über viele Jahrhunderte von Mönchen geschaffenes und bewahrtes Kulturerbe zu stellen und den Verkauf dieser Handschriften nicht weiter zu betreiben.

Abtprimas Dr. Notker Wolf OSB, Primatialabtei Sant’Anselmo – Rom (I)
Abtpräses Anno Schoenen OSB, Beuroner Benediktinerkongregation, Maria Laach
Erzabt Jeremias Schröder OSB, Erzabtei St. Ottilien
Erzabt Theodor Hogg OSB, Erzabtei Beuron
Abt Anselm Zeller OSB, Stift St. Georgenberg-Fiecht (A)
Abt Prof. Dr. Pius Engelbert OSB, Abtei Gerleve
Abt Franziskus von Heereman OSB, Abtei Neuburg - Heidelberg
Abt Dr. Daniel Schönbächler OSB, Abtei Disentis (CH)
Abt Makarios Hebler OSB, Abtei Tholey
Abt Raphael Bahrs OSB, Abtei Michaelsberg - Siegburg
Abt Michael Reepen OSB, Abtei Münsterschwarzach
Abt Albert Altenähr OSB, Abtei Kornelimünster – Aachen
Abt Prof. Dr. Dominicus Meier OSB, Abtei Königsmünster – Meschede
Abt Benedikt Müntnich OSB, Abtei Maria Laach
Abt Dr. Marian Eleganti OSB, Abtei St. Otmarsberg – Uznach (CH)
Äbtissin Franziska Kloos OSB, Abtei St. Walburg – Eichstätt
Abt Prof. Dr. Christian Schütz OSB, Abtei Schweiklberg – Vilshofen
Abt Benedikt Lindemann OSB, Abtei Hagia Maria Sion – Jerusalem (IL)
Abt Barnabas Bögle OSB, Abtei Ettal
Äbtissin Clementia Killewald OSB, Abtei St. Hildegard - Eibingen
Prior Administrator P. Theodor Hausmann OSB, Abtei St. Stephan - Augsburg
Br. Karl Leo Heller OSB, Cella St. Benedikt - Hannover
Fr. Oliver J. Kaftan, Bibliothek der Abtei Kornelimünster

Der SWR meldet:

In den Streit um den Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek ist Bewegung gekommen. Bei einem Krisentreffen kam die Landesregierung gestern Abend den Kritikern des geplanten Verkaufs entgegen. Dies verlautete aus den Kreisen der beteiligten Museumschefs.

Museumschefs? Aha. Genaues weiß man noch nicht. Mir schwant aber böses.

Nachtrag: Jetzt ist der Beitrag aktualisiert worden.

Dem Vernehmen nach basiert das neue Konzept der Landesregierung auf drei Säulen: Das Land will sich finanziell beteiligen. Geplant ist zudem eine Spendensammlung. Das Land will dabei die Spenden bis zu einer Gesamtsumme von maximal zehn Millionen Euro um dieselbe Summe aufstocken. Die Landesmittel könnten aus der Landesstiftung fließen.

Für die dritte Säule setzt die Landesregierung auf die Kulturszene im Land. Kunstwerke könnten etwa mit Unterstützung von Mäzenen verkauft werden, ohne dass sie verloren gehen. Als Beispiel dafür gilt der Kauf der Handschrift C des Nibelungenliedes, die die Landesbank Baden-Württemberg 2001 vom Adelshaus Fürstenberg in Donaueschingen erworben und der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe übergeben hatte.


Warum die Landesregierung überhaupt ein "Konzept" braucht, um eine bankrotte Winzerfamilie zu unterstützen, und warum dafür ausgerechnet die Kultur herhalten muss, bleibt natürlich unklar. Und warum ich als Bürger dafür auch noch spenden soll, dass ein paar ewiggestrige Leute, die nicht mit Geld umgehen können, in ihrem viel zu großen Haus wohnen bleiben dürfen. Wie bei ähnlichen Problemen mit Hartz-IV-Empfängern ohne großen Namen umgegangen wird, ist ja bekannt.

Die IALHI News vermelden die englischsprachige Buchneuerscheinung "Past and Future of the Anti-globalization Movement", in dem es, wenn mich jetzt mein Schulenglisch nicht völlig verlässt, neben der Beforschung, auch um die Sicherung der Quellen dieser weltweiten Bewegung geht. Klingt interessant.

"Anti-globalism" usually refers to a number of social movements that resist the worldwide processes of so-called "globalization". Their protests concern the neoliberal economic reforms and the serious social, cultural and ecological impact on the lives of millions of individuals, most often but not exclusively in the South. The protest actions against the 1999 Seattle meeting of the World Trade Organisation are generally considered as the starting point of this new social movement. However, it is rooted in other social movements such as those working for the third world or for the environment.
Though it is a recent phenomenon, social sciences have already paid serious research attention to the movement. This book brings together a number of contributions that aim to survey the research on the anti-globalization movement. The book has as its central topic the anti-globalization movement and covers issues such as the records of the movement, surveys of scientific research on the movement and the strategic views from within the movement on their own past, present and future. Topics covered:
  • How and where to find historical documentation on the movement
    A survey of the history of the movement
    A social analysis of the movement
    The key topics of the movement in a wider philosophical context
    Viewpoints of actors in the movement, i.e. Oxfam, the World
    Social Forum, the radical left and the European and international trade union movement.
a m s a b - i s g
Instituut voor Sociale Geschiedenis
Institute of Social History
Institut d'histoire sociale
www.amsab.be
Bagattenstraat 174, 9000 Gent (Belgium)
T +32 9 224 00 79
Lamorinierestraat 233, 2000 Antwerpen (Belgium)
T +32 3 239 42 87

Francine Mestrum & Donald Weber (eds.):
Inside Outside: Past and Future of the Anti-globalization Movement.
Ghent: IALHI / Amsab-ISH / Foundation Kreveld, 2006, 110 p. ISBN 90-77122-20-6.
Price: 10 euro (plus shipping fee) - order at orders(aet)amsab.be

Quelle: http://www.ialhi.org/news/i0609_8.php

Es tut mir ja leid, wenn die hier verzeichneten Karlsruhe-Postings etwas eintönig daherkommen. Aber hat eigentlich irgendwer außer den Herren Oettinger, Frankenberg, Stratthaus und von Baden schon einmal etwas positives an der Angelegenheit finden können?

Mir ist da einzig die Äußerung von Ex-Minister Ulrich Müller MdL im Südkurier in Erinnerung, dem der Tourismus wichtiger ist als das Kulturerbe. (Dem Tourismus wäre übrigens mit einem Schloss Salem eher gedient, für dessen gesalzene Eintrittspreise eine Familie nicht auf zweimal Abendessen verzichten muss und wo fotografiert werden darf. Innenaufnahmen vom Salemer Münster muss man heimlich schießen, aber auf den Wikimedia Commons sind sie trotzdem netterweise in großer Zahl vorhanden.)

Aber sonst? Die feindselige Stimmung oder zumindest Stille im eigenen "bürgerlichen" Lager muss doch ein gewiefter Politiker wie Oettinger bemerken, oder freut sich da jemand am Aufjaulen der Bildungsbürger, denen man immer schon mal irgendetwas heimzahlen wollte?

Küchenpsychologen vor, bitte.

Bei der ZEIT schreibt der Ex-Chef Robert Leicht persönlich (das wäre übrigens auch Baden-Württemberg zu wünschen, so verständlich Teufels Abtauchen im Rentnerstudium andererseits ist).

Könnte man zur Sanierung des Hauses nicht auch etwas anderes verkaufen als wertvoller Bücher, nämlich Forsten und Weinberge?

http://www.zeit.de/online/2006/40/bibliothek-baden

in einer Pressemitteilung (PDF) mit der Überschrift "Schriftliches Kulturgut muss bewahrt werden"

Voller Sorge verfolgt die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg die Entwicklungen, die sich in einem der Vorzeigeländer Deutschlands abzeichnen. Das Land Baden-Württemberg, das sich gerne seiner „Vielzahl kultureller Leuchttürme“ rühmt und Kunst und Kultur als Standortfaktor betont, will den Großteil der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe verkaufen: darunter Spitzenstücke ottonischer Buchmalerei aus dem 10. Jh., geschrieben und illuminiert im Skriptorium des Inselklosters Reichenau, das insgesamt – mit seinen Handschriften - auf der Weltkulturerbe-Liste der UNESCO steht.

Prof. Dr. Gabriele Beger, Direktorin der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek: „Historisch gewachsene Sammlungen wie die Karlsruher gehören zum nationalen Kulturerbe und dürfen nicht durch Verkauf der Forschung und der interessierten Öffentlichkeit entzogen werden.“

Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg (SUB) weiß um den Verlust so wichtiger Bestände. Unwiederbringlich gelangte der Hamburger Domschatz vor 200 Jahren durch eine Versteigerung im 18. Jahrhundert in die Hände zahlreicher Privatsammler und ist heute weltweit zerstreut. Zumindest gelangte mit dem Prachtevangeliar aus dem 11. Jh. ein einzigartiges Zeugnis des ehemaligen Hamburger Domschatzes in die Hamburger Bibliothek und konnte trotz bedrohlicher Brand- und Kriegsgefahren in den letzten zwei Jahrhunderten bis heute in beinahe tadellosem Zustand gepflegt und bewahrt werden. Mit dieser Pergamenthandschrift befinden sich über 7.700 abendländische Handschriften und Fragmente in der Handschriftenabteilung der SUB. Immer noch werden mehr als 1.500 Handschriften, die im Zweiten Weltkrieg ausgelagert waren, schmerzlich vermisst. Auch die über 3.500 Titel zählende Sammlung der Reformationsdrucke ist der Wissenschaft seit den 1940er Jahren durch Auslagerung und Abtransport nach Russland nicht mehr zugänglich. Die Bibliothek scheut keine Mühen und Kosten, um wenigstens einen Teil ihrer verlorenen Kulturgüter wiederzubeschaffen.

Prof. Beger: „Unvorstellbar erscheint da der Gedanke, man könnte die geretteten, mit öffentlichen Geldern erschlossenen und bereit gestellten Sammlungen der SUB Hamburg gewinnbringend veräußern. Es sollte Aufgabe jedes Bundeslandes sein, seine Kunst- und Kulturgüter dauerhaft zu bewahren. Die SUB Hamburg schließt sich dem Protest gegen die skandalösen Verkaufsabsichten der baden-württembergischen Landesregierung an und fordert die Anerkennung des gesamten Handschriftenbestandes der Badischen Landesbibliothek als kulturelles Erbe des Landes Baden-Württemberg.“


Zuständig für Nachfragen ist Dr. Marlene Grau. Kontaktadresse siehe Link.

Pressemitteilung http://idw-online.de/pages/de/news177962

Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften, zu deren zentralen Aufgaben die Edition der handschriftlichen Überlieferung gehört, begrüßt und unterstützt den Protest namhafter britischer, amerikanischer und deutscher Mediävisten gegen das Ausweiden und Zerstreuen der einzigartigen Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek.

Kein Finanzbedarf rechtfertigt das willkürliche Auseinanderreißen der unersetzlichen Bestände, die aus den Bibliotheken der Reichenau, aus St. Peter und aus anderen Klöstern stammen. Die geisteswissenschaftliche Erforschung der Entwicklung von Theologie, Kunst und Literatur des Mittelalters würde schwer getroffen.

Es ist staatliche Aufgabe, den Kernbestand des kulturellen Erbes für künftige Generationen zu bewahren. Wir appellieren an die Landesregierung Baden-Württembergs, alles zu tun, dass es zu diesem unglücklichen Vorhaben nicht kommt, und fordern die Bundesregierung auf, die Handschriftensammlung unverzüglich auf die Liste der zu schützenden nationalen Kulturgüter zu setzen.


Die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften ( http://www.akademienunion.de ) ist die Dachorganisation von sieben Wissenschaftsakademien.

Ansprechpartner für Rückfragen ist Frau Myriam Hönig.

Das Heft 3/2006 der Zeitschrift Archiv und Wirtschaft enthält folgende Beiträge:

Aufsätze
Volker Ullrich: Zeitgeschichte als Streitgeschichte. Zur Rolle der Geschichte in den Printmedien
Peter Meier u. Thomas Häussler: Zwischen Vermächtnis und Gedächtnis – der Umgang des Schweizer Medienunternehmens Ringier mit seiner Geschichte
Adalbert Rohloff: Die Geschichte der UFA – Zum Umgang mit dem Erbe eines großen Namens
Klaus Jochen Arnold: „Es wird Ackerland hier gemacht.“ Das DFG-Projekt „Demontagen in der SBZ und Berlin 1945–1948 – Sachthematisches Inventar“

Berichte
Verena Kleinschmidt: VdW-Jahrestagung „Geschichte in den Medien – Medien und ihre Geschichte vom 7. bis 10 Mai 2006 in Berlin
Sabine Bernschneider-Reif: Quo vadis Archivar? – „Excellence in Change" für Führungskräfte. 56. VdW-Lehrgang vom 21. bis 24. Mai 2006 in Heidelberg

Rezensionen
Paul Erker: Vom nationalen zum globalen Wettbewerb. Die deutsche und amerikanische Reifenindustrie im 19. und 20. Jahrhundert (Benjamin Obermüller)
Hans Pohl, Bernd Rudolph u. Günther Schulz: Wirtschafts- und Sozialgeschichte der deutschen Sparkassen im 20. Jahrhundert (Ursula Rombeck-Jaschinski)
Klaus Tenfelde u. Hans-Christoph Seidel (Hrsg.): Zwangsarbeit im Bergwerk. Der Arbeitseinsatz im Kohlenbergbau des Deutschen Reiches und der besetzten Gebiete im Ersten und Zweiten Weltkrieg (Volker Beckmann)
Christoph Kreutzmüller: Händler und Handlungsgehilfen. Der Finanzplatz Amsterdam und die deutschen Großbanken (1918-1945) (Johannes Bähr)
Bernhard Stier u. Martin Krauß: Drei Wurzeln – ein Unternehmen. 125 Jahre Bilfinger Berger AG, hrsg. von der Bilfinger Berger AG (Birgit Siekmann)
Peter Eigner u. Ingo Köhler (Hrsg.): Privatbankiers in Mitteleuropa zwischen den Weltkriegen (= Geld und Kapital 2003. Jahrbuch der Gesellschaft für mitteleuropäische Banken- und Sparkassengeschichte, Bd. 7) (Detlef Krause)
Jesko Graf zu Dohna: Die „jüdischen Konten“ der Fürstlich-Castell’schen Credit-Cassen und des Bankhauses Karl Meyer KG (Hannah Ahlheim)

Personalnachrichten/Verschiedenes
Impressum

www.wirtschaftsarchive.de
Archiv und Wirtschaft, 38. Jg., 2006, H. 3
Jahresabonnement: 26 €
Einzelheft: 8 €



Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern hat nun ein Informationsfreiheitsgesetz.

Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Informationsfreiheitsgesetz - IFG M-V) vom 10. Juli 2006

Quelle: GVBl. Mecklenburg-Vorpommern 2006, Nr. 13, S. 556-559.

Interessant ist § 4 Abs. 4 IFG M-V: "Die Behörde kann aus Kostengründen auf eine Veröffentlichung insbesondere im Internet verweisen, wenn sie dem Antragsteller die Fundstelle angibt."

Nach § 6 Abs. 2 IFG M-V können Gutachten, die der Behörde vorliegen, in der Regel herausgegeben werden. Der Gesetzgeber sagt ausdrücklich, dass Gutachten nicht der unmittelbaren Vorbereitung von Entscheidungen dienen und damit keinem besonderen Geheimhaltungsschutz unterfallen.

Die Behörde ist verpflichtet, einen Antrag auf Information grundsätzlich binnen Monatsfrist(!) zu entscheiden, § 11 Abs. 1 IFG M-V.

Einfache Auskünfte sind gebührenfrei, § 13 Abs. 1 IFG M-V


Entnommen aus:
http://bibliotheksrecht.blog.de/2006/10/02/informationsfreiheitsgesetz_mecklenburg_~1180321

Text online:
http://mv.juris.de/mv/gesamt/InfFrG_MV.htm

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2006, Nr. 230, S. 22

Briefe an die Herausgeber

Eine schmerzende Wunde

Zum Artikel "Kuhhandel mit Büchern" von Rose-Maria Gropp (F.A.Z. vom 22.
September): Mit blankem Entsetzen haben wir vernommen, das Land
Baden-Württemberg plane, Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zu
verkaufen, die vor allem aus säkularisierten Klöstern stammen. Da zumindest eine
der nun gefährdeten Handschriften von einem Ettaler Benediktinermönch des späten
Mittelalters geschrieben wurde, sehen wir uns als Geschädigte an, wenn auch
andere Klöster, wie zum Beispiel die Abteien Reichenau, Lichtental und St.
Peter, erheblich stärker betroffen sind. Die Säkularisierung unserer Klöster
mitsamt ihrer Bibliotheken vor rund zweihundert Jahren stellt noch immer eine
schmerzende Wunde dar. Dies ließe sich jedoch partiell verschmerzen, wenn die
enteigneten Bibliotheksbestände weiterhin in unserem Land vereint blieben und
für die wissenschaftlich interessierte Öffentlichkeit zugänglich wären. Das ist
der Badischen Landesbibliothek seit Jahrzehnten gelungen. Die wissenschaftliche
Erschließung der klösterlichen Handschriften, ihre Präsentation bei
Ausstellungen und ihre sowohl sachgerechte als auch ehrfurchtsvolle Bewahrung
haben wir der hohen Fachkompetenz und der geradezu asketisch- sorgfältigen
Arbeit der badischen Gelehrten - derzeit allen voran ihrer Leiterin Dr. Ute
Obhof - zu verdanken. Das Ensemble der Karlsruher Handschriften stellt in seiner
Ganzheit ein Zeugnis für das geistige Leben im Bodenseeraum und am Oberrhein
über mehr als ein Jahrtausend hin dar und ist damit in Ergänzung zu den
Stiftsbibliotheken Einsiedeln und St. Gallen ein Kulturgut ersten Ranges. Die
Karlsruher Handschriften sind Zeugnis einer klösterlichen Kultur, die aus dem
Umgang mit geistlichen und weltlichen Texten entstanden ist. Ihre Bedeutung
gründet in der benediktinischen Synthese von Gebet (oratio), Arbeit (labor) und
Lesung (lectio), die über unsere Klöster hinaus das Abendland kulturell geprägt
hat und es auch heute noch vermag. "Im Weinberg des Textes" (Ivan Illich), so
lautet der Titel eines Werkes zur klösterlichen Buchkultur - dieser Weinberg
droht nun verwüstet zu werden.

Abt Barnabas Bögle OSB, Pater Prior

Maurus Kraß OSB, Abtei Ettal

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 04.10.2006, Nr. 230, S. 22

Briefe an die Herausgeber

Veruntreuung von Staatseigentum

Der Streit um den badischen Kulturbesitz und der abenteuerliche "Kompromiß", den
der baden-württembergische Ministerpräsident glaubte eingehen zu dürfen, haben
ihre Ursache in der ignoranten Mißachtung der Erkenntnisse, welche in Fällen
solcher und ähnlicher Art die Rechtsgeschichte ermöglicht. Es gibt
Rechtsverhältnisse, deren Wurzeln weit in die Vergangenheit zurückreichen und
die nur unter Berücksichtigung des damals geltenden Rechts richtig zu beurteilen
sind. Aber weil die große Mehrzahl unserer Juristen davon keine Ahnung mehr hat
und viele irrigerweise meinen, es gebe da keinen methodisch sicheren Weg zu
klaren Lösungen, sucht man sein Heil in Verhandlungen und Vergleichen.
Privatpersonen mögen so verfahren. Der Staat darf es nicht. Die Veräußerung der
Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zur Befriedigung angeblicher
privater Ansprüche wäre nichts anderes als eine Veruntreuung von Staatseigentum
und müßte entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Denn Ministerpräsident
Oettinger weiß es ja besser. Seit langem liegt ihm das von Siegfried Reicke
angefertigte Gutachten vor (Reicke hat 1967 die Rechtslage so objektiv wie
möglich und richtig geprüft), aus dem sich klar das Eigentum des Landes an den
fraglichen Bibliotheksbeständen ergibt - ganz im Sinne des Gedankenganges von
Reinhard Mußgnug (F.A.Z. vom 29. September). Der Verfasser dieser Zeilen hat
1967 an den Arbeiten für dieses Gutachten als wissenschaftlicher Assistent am
Institut für geschichtliche Rechtswissenschaft in Heidelberg mitgewirkt. Er kann
aus eigenem Erleben berichten: Der hochanständigen und noblen Persönlichkeit
Siegfried Reickes lag die Erstattung eines einseitig argumentierenden
Parteigutachtens zu gunsten des Staates völlig fern. Er war auch frei von allen
Ressentiments gegenüber den ehemals regierenden deutschen Herrscherhäusern und
jederzeit bereit, diesen zu geben, was ihnen rechtmäßig zusteht. Aber das vom
Ministerpräsidenten beschriebene Szenarium eines unwägbaren Kostenrisikos im
Falle eines Rechtsstreits existiert nicht. Das Risiko eines Prozesses zwischen
Land und Haus Baden würde ganz eindeutig bei letzterem liegen. Der Markgraf
sollte den Realitäten ins Auge blicken. Dem Schloß Salem muß auf anderen Wegen
geholfen werden.

Professor Dr. Dietmar Willoweit,

Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München

Many thanks to Cronaca for spreading the word!

http://www.cronaca.com/archives/004613.html

Cultural suicide at Karlsruhe

This story has remained essentially invisible outside Germany, and I'm not sure why. It's been headline news there: a proposed selloff of 3500 of the 4200 medieval manuscripts -- many of them of the highest importance -- in the Badische Landesbibliothek of Karlsruhe. Worse, the money wouldn't even go to the library, or even to any public entity [...]


BTW: The Online petition is closed.

Here is a list of the relevant entries of ARCHIVALIA's "English Corner" on the Karlsruhe case.

http://archiv.twoday.net/stories/2743873/
http://archiv.twoday.net/stories/2739268/
http://archiv.twoday.net/stories/2731521/
http://archiv.twoday.net/stories/2720115/

Vom Karlsruher "Stadtwiki" - immerhin nominiert für einen Ehrenamtspreis des Landes - ist leider wohl fast nichts zu erwarten.

Die zwei schönen und brauchbaren Bilder von ganzen Bänden im Artikel Handschriftensammlung sind nicht frei, und der Artikel über den blaublütigen Verkäufer ist Hofjournalismus. Änderungen daran nach geltender Rechtslage (Name, Anrede, "Herzogswürde") werden kommentarlos revertiert. Naja, viel Spaß noch mit dem Hofwiki.

Bibliotheksrat Dr. jur. Eric Steinhauer bringt es auf den Punkt:

FAZIT: Ein voreiliger Verkauf der badischen Handschriften stellt einen Verstoß gegen die Landesverfassung von Baden-Württemberg dar.

Auch wenn hieraus dem einzelnen zunächst keine subjektiven Rechte erwachsen, so kann und muß jeder Beamte, der mit dem Vorgang befaßt ist, eine entsprechende Gegenvorstellung auf dem Dienstweg vorbringen. Es widerspricht dem auf die Landesverfassung geleisteten Beamteneid, an einem evidenten Verfassungsverstoß mitzuwirken.


Der ganze Blogbeitrag hier:

http://bibliotheksrecht.blog.de/2006/10/03/kulturschutz_und_landesverfassung~1184784

Es gab einmal Zeiten, da wurde in Stuttgart noch begeistert und ausdauernd Kultur gemacht... Eine Liste mit allen (?) Bänden der "Bibliothek des Litterarischen Vereins in Stuttgart" mitsamt Links zu Digitalisaten gibt's seit heute hier:

http://de.wikipedia.org/wiki/Benutzer:AndreasPraefcke/BLVS

Erstaunlich viele davon sind bei Google Booksearch als PDF greifbar, und einige dort bereits gescannt, aber nicht freigegeben. Wenn ich jemals über Google Booksearch gelästert habe, nehm ich fast alles zurück und behaupte ab sofort das Gegenteil. Wer noch mehr Digitalisate kennt, bitte in der Wiki-Seite eintragen. Und falls jemand etwas zur Geschichte dieses Vereins und der Edition weiß, wäre ein Artikel über den Verein in der Wikipedia sicher gerne gesehen, dort könnte man die Liste dann auch gleich verwenden.

Noch zwei Funde:

Wer in Kürze aus gegebenem Anlass anfangen will mit dem Handschriftensammlen, kann sich mit dem "Handbuch für Autographensammler" von 1856 (ausgerechnet von einem J. Günther...) beschäftigen... allerdings geht's natürlich eher um neuere Schriftstellerautographen:

http://books.google.com/books?id=nBwObQbR2FYC

"Die Handschriftenhändler des Mittelalters" (2. Auflage 1853) sieht auch recht interessant aus:

http://books.google.com/books?id=06fEFrpkLbgC

Berlin, den 28.09.2006. Der Deutsche Kulturrat, der Spitzenverband der Bundeskulturverbände, bedauert zutiefst, dass der baden-württembergische Kultur- und Wissenschaftsminister Prof. Dr. Peter Frankenberg heute Nachmittag in einer Pressekonferenz noch einmal unterstrichen hat, dass das Land Baden-Württemberg an dem Verkauf von Handschriften aus dem Bestand der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe festhalten will. Das Argument von Minister Frankenberg, dass die Stücke nicht verkauft werden sollen, die für die badische Landesgeschichte von Bedeutung sind, lässt den Schluss zu, dass offensichtlich besonders die national bedeutsamen Handschriften ohne regionalen Bezug verkauft werden sollen.

Die Entscheidung des Landes Baden-Württemberg ist umso unverständlicher, weil gerade heute renommierte Fachwissenschaftler in einem offenen Brief in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung noch einmal festgestellt haben, dass die Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek in ihrer Gesamtheit „einen unvergleichlichen Nachweis und ein Repositorium von mehr als 1000 Jahren europäischen Mönchstum, einschließlich bedeutender Monumente der Kunst, Literatur, Theologie, Mystik und Musik“ repräsentiert.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Es handelt sich bei den zum Verkauf stehenden Handschriften eindeutig um national wertvolles Kulturgut. Wenn das Land Baden-Württemberg nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, dieses national wertvolle Kulturgut zu schützen und dafür zu sorgen, dass es auch weiterhin in einer öffentlichen Bibliothek in Deutschland verbleibt, muss der Bund einspringen. Wir fordern deshalb Kulturstaatsminister Bernd Neumann auf tätig zu werden.“


http://www.kulturrat.de/detail.php?detail=848&rubrik=2

Siehe auch:
Pressemitteilung 26.09.2006
Verkauf von öffentlichem Kulturgut wird salonfähig
http://www.kulturrat.de/detail.php?detail=844&rubrik=2
http://www.kulturrat.de/pdf/844.pdf

Siehe auch:
http://www.bundestag.de/ausschuesse/a22/anhoerungen/UNESCO/index.html

http://www.resourceshelf.com/2006/09/30/european-archive-foundation-launches-free-digital-library-list-of-other-web-archives/

ResourceShelf has a very helpful list of Web Archiving projects.

Before we begin, please note that this is far from comprehensive list. It’s just a beginning. Many large web archiving projects (in many languages) are coming online all of the time. Plus, others already exist that we did mention in this first go around. In other words, more to come.

European Archive Foundation Launches Free Digital Library

The European Archive Foundation said Thursday it has launched its massive digital library of free music and film. The nonprofit organization collaborates with national libraries and other organizations to make non-copyrighted, or free-use material available to the public.

Direct to the European archive
At launch contents includes:
+ 22 British Government Public Information Films
+ Recordings (limited accesibility by region)
+ Web Pages and Sites
++ European Constitution Web Archive
++ UKGOV Weekly Web archive
Weekly collection of 11 UK government websites

Source: AP
Thanks to Peter Suber from Open Access News (essential reading, for the news tip).

Here’s a List of Some Other Web Archiving Projects
Remember, more to come.

+ Don’t Forget The Internet Archive is Full of Music, Film, Text, and Numerous Special Collections along with Essential Wayback Machine. Some of the special web collections include:
+ Hurricanes Katrina and Rita
+ Web Pioneers

+ Using Archive-It Technology from the Internet Archive, here are a few of the collections built so far using Archive-It. Learn about each of these archives and find links to many more on this page.

+ Anarchism
A collection of websites of anarchist organizations (groups, networks) around the world.
+ Canadian Labour Unions
+ Canadian Political Parties And Political Interest Groups
+ Canadian Political Interest Groups
+ Islamic Middle East
+ Latin American Government Documents Archive, LAGDA
The Latin American Government Documents Archive (LAGDA) seeks to preserve and facilitate access to a wide range of ministerial and presidential documents from 18 Latin American and Caribbean countries.
+ Archive Of Political Parties And Elections In Latin America
+ North Carolina State Government Web Site Archive
+ South Dakota, Legislative Research Council
+ Archive Of Venezuelan Political Discourse
+ Virginia State Government, Judicial Branch, Collection
Universities
+ Indiana University Web Sites
+ University Of Southern California Website Archive
University Of Toronto Web Archives
Learn about each of these archives and find links to many more on this page.

+ 2004 Presidential Term Web Harvest
Note: Keyword searchable using Nutch software.

The 2004 Presidential Term Web Harvest is a National Archives and Records Administration (NARA) project that produced a collection of federal web sites copied, or harvested, from the world wide web between 10/14/04 and 11/19/04. The Heritrix web harvester and a list of 982 active and unrestricted second level URLs were used to capture all linked federal sites down to the fourth level. Those initial 982 “.gov” and “.mil” URLs were provided by U.S. General Services Administration’s (GSA) “.GOV” Internet Domain Registry and the Defense Information Systems Agency (DOD/DISA)…The harvest collection contains approximately 6.5 terabytes of information, roughly 75 million web pages and represents about 50,000 “.gov” and “.mil” unrestricted federal web sites active between 10/14/04 and 11/19/04.

+ MINERVA (Mapping INternet Electronic Resources for Virutal Archive (via LC)
Web Archives Available:
+ 107th Congress
December 12, 2002
+ Election 2002
Jul. 1, 2002 - Nov. 30, 2002
September 11, 2001
Sep. 11, 2001 - Dec. 1, 2001
Election 2000
Aug 1, 2000 - Jan 21, 2001

+ White House Web Site “Snap Shots” (via Clinton Library)
1994, 1999, 2000, Late 2000-2001 (Final Days), White House Virtual Library (1993-Mid Jan 2001)

+ Australia, Pandora Archive (via NLA and Partners)

Australia’s Web Archive

PANDORA, Australia’s Web Archive is a growing collection of copies of Australian online publications, established initially by the National Library of Australia in 1996, and now built in collaboration with nine other Australian libraries and other cultural collecting organisations.

+ United Kingdom Web Archiving Consortium

Despite our apparent dependence on this medium very little attention has been paid to the long-term preservation of websites. Indeed, with the life of an average website estimated to be around 44 days (about the same lifespan as a housefly) there is a danger that invaluable scholarly, cultural and scientific resources will be lost to future generations. To address this problem, a consortium of six leading UK institutions is working collaboratively on a project to develop a test-bed for selective archiving of UK websites. View the project timeline here.

+ Books: Digital History: A Guide to Gathering, Preserving, and Presenting the Past on the Web (via George Mason University, Center for History and New Media

A book that provides a plainspoken and thorough introduction to the web for historians who wish to produce online work, or to build upon and improve the projects they have already started.

Der Schutz des nationalen Kulturguts beschäftigte jetzt den Ausschuss für Kultur und Medien des Bundestags.

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/548106/

Ausgerechnet ein Vertreter des Kunsthandels erwähnte die Karlsruher Causa:

Was auf dem Zettel steht, darf nicht außer Landes. Und da fängt der Streit schon an. Als kürzlich das Bild von Ludwig Kirchner aus dem Brücke-Museum außer Landes ging, war das Geschrei groß. Henrik R. Hanstein, Geschäftsführender Gesellschafter des Kunsthauses Lempertz in Köln, meinte im Bundestagsausschuss zur Causa Kirchner:

"Wir lassen solche herausragenden Bilder laufen, in Baden-Württemberg sollen die Bilder, die Schriften, die Inkunabeln, die Buchmalereien, die sollen also dann freigegeben werden. Ich mein, das ist wirklich national wertvolles Kulturgut. Da ist ein Deal gemacht worden, aber das verstehe ich nicht. Dass ein Kirchner, auch wenn er zurückgegeben wurde, was ich für streitbar halte, dass der nicht auf der Liste national wertvoller Kulturgüter steht, da kann man sagen: Wenn das Bild nicht ist, was dann?"


Zum Nachhören:
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/09/27/dkultur_200609272317.mp3

(Danke an HCK, auch für weitere Hinweise)

Aus http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1577622/59qq6c/index.html:

"Der Leiter der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, Peter Michael Ehrle, muss bis dem 10. Oktober eine "Negativliste" mit nicht verkäuflichen Werken erstellen."

Na, das ist doch einfach. Ein paar Tage lang die Nadeldrucker heißlaufen lassen und den Gesamtkatalog der Landesbibliothek ausführlich aus dem OPAC ausdrucken sowie die gedruckten Handschriftenkataloge irgendwie auf Endlospapier bringen. Dann das ganze auf große Rollen aufziehen, auf einem Lkw von Karlsruhe nach Stuttgart fahren und abrollen lassen (dürfte ja ungefähr reichen). Wenn Oettinger sich die Liste dann ganz durchschauen will, kommt er wenigstens mal nach Baden und kann sich Volkes Stimme live anhören.

Folgender Brief ging heute zur Post. Schade, denn das Zeug schmeckt eigentlich sehr lecker:

Sehr geehrter Herr Bernhard Prinz von Baden,

in den letzten zehn Jahren habe ich stets an geschätzte Geschäftspartner, Kunden und Freunde unseres Unternehmens Weine Ihres Weinguts als Weihnachtspräsent verschenkt. Jedes Jahr fuhr ich selbst nach Bermatingen, um viele Kisten Wein zu kaufen – noch vermehrt um einige Kisten für den persönlichen Bedarf. Einige sind noch im Weinkeller, doch die Freude daran ist mir gründlich vergangen.

Was Sie persönlich sich mit der unsäglichen Vorgehensweise zum Dokumentenerbe unseres Landes – den Handschriftensammlungen der Badischen Landesbibliothek – im Zusammenspiel mit der von allen guten Geistern verlassenen Landesregierung geleistet haben, und vor allem das völlig Unverständnis für unsere Region mit ihrer Geschichte und Kultur verderben mir jede Freude an Ihren Weinen. Der Maxime Ihres Hause "Fidelitas" ist all dies diametral entgegengesetzt, sofern sich die Fidelitas auch auf die Verantwortung vor Land und Leuten beziehen soll und nicht nur auf das Bankkonto.

Wenn ich selbst einmal in finanzielle Not kommen sollte, was einem freien Unternehmer natürlich immer passieren kann, muss ich mich an Banken wenden. Dass für mich einfach unwiederbringliches, einzigartiges Kultuggut verkauft wird, ist da unvorstellbar. Das scheint aber für Sie nicht zu gelten.

Ich fühle mich daher in meiner Ehre als Bürger des demokratisch verfassten Landes Baden-Würrtemberg gekränkt und werde selbstverständlich in Zukunft für meinen Privatbedarf wie für geschäftliche Zwecke Weine anderer Weingüter am Bodensee kaufen. Auch meine Bekannten werde ich bitten, einen Geschäftsmann, dem offenkundig jedes Ehrgefühl abhanden gekommen sein muss, nicht weiter zu unterstützen.

Mit freundlichem Gruß

1/10/06 - Patrimoine - Allemagne, Badische Landesbibliothek - Le gouvernement du Bade-Wurtenberg a décidé de vendre 3500 des 4200 manuscrits médiévaux (dont un grand nombre sont enluminés) de la Badische Landesbibliothek de Karlsruhe. Ces manuscrits, qui proviennent de la sécularisation des abbayes de la région en 1803, sont conservés dans le domaine public depuis l'abolition en 1918 du Grand Duché de Bade-Wurtenberg. Les fonds que le gouvernement espère récolter (70 millions d'euros) serviraient à régler un différend financier avec la Maison de Bade, à donner à cette dernière les moyens d'entretenir le château de Salem et, d'après le ministre des finances de la région, à éviter un procès à l'issue incertaine.
Le ministre fédéral de la culture, Bernd Neumann, envisage d'interdire d'exportation des manuscrits, ce qui n'est évidemment pas une solution satisfaisante. S'il faut absolument dédommager la Maison de Bade - ce qui est semble-t-il largemet discutable - l'argent doit être trouvé sans vendre les fonds patrimoniaux.
Une mobilisation importante des scientifiques allemands et internationaux se met en place, notamment grâce à Internet. Une pétition circule que vous pourrez trouver à cette adresse. On peut notamment y lire : « Dans un acte barbare sans précédent, l'état [du Bade-Wurtenberg] sera ains privé d'un des principaux éléments de son héritage culturel »

Ce type de projet scandaleux tend à se généraliser en Allemagne puisque, récemment, le Kaiser Wilhelm Museum de Krefeld annonçait qu'il souhaitait vendre le seul tableau impressionniste de sa collection, Parlement, soleil couchant de Monet, pour engager des travaux de restauration, soulevant, là aussi, une vague de protestation.


http://www.latribunedelart.com/Nouvelles_breves/Breves_2006/10_06/Landesbibliothek_605.htm

Verband deutscher Schriftsteller (VS) schlägt Alarm: Mittelalterliche Handschriften der Badischen Landesbibliothek dürfen nicht zugunsten der Instandhaltung von Schloss Salem versteigert werden!

Presseinformation: Berlin, 26. September 2006

Stuttgart/Karlsruhe: Der Vorsitzende des Verbands deutscher Schriftsteller (VS) in ver.di, Imre Török, und der VS Baden-Württemberg fordern Ministerpräsident Oettinger dringend auf, die geplante Veräußerung der wertvollen Handschriften der Badischen Landesbibliothek zu verhindern. Der VS-Landesvorsitzende, Josef Hoben, und der Vorstand sind entsetzt über diese Pläne.

Es darf nicht sein, dass die bedeutendsten Zeugnisse des Landes der Dichter und Denker versetzt werden, um ein marodes Adelshaus finanziell zu unterstützen. Eine Versteigerung der Handschriften würde eine Geringschätzung unserer kulturellen, literarischen und auch sprachlichen Wurzeln bedeuten. Es wäre ein fatles Signal in Zeiten mangelnder Deutschkenntnisse und verheerender PISA-Ergebnisse, wenn die Landesregierung Baden-Württemberg unser kulturelles Erbe verschleuderte und dafür sorgte, dass es in den Tresoren profitgieriger Trophäensammler in aller Welt landet.

V.i.S.d.P.:
Dirk v.Kügelgen

http://www.verband-deutscher-schriftsteller.de/aktuelles_meldungen.html#salem

Siehe auch:
http://www.tagesspiegel.de/kultur/nachrichten/kulturgueter/75852.asp
Der Verband deutscher Schriftsteller (VS) sprach am Montag in Berlin von einer "barbarischen Verschleuderung unseres nationalen und europäischen Kulturerbes". Der Bundesvorstand forderte die Besucher der Frankfurter Buchmesse auf, mit ihrer Unterschrift gegen den "Ausverkauf mittelalterlicher Handschriften" zu protestieren und damit "die frühen Zeugnisse der europäischen Dichter, Denker und Chronisten zu retten".

Wichtige Ausführungen bringt die Badische Zeitung von heute (2.10.):

[...] 3600 Handschriften,
2000 Musikskripte, 1300 frühe Drucke wird eine "Projektgruppe"
auf Verkäuflichkeit prüfen. Kenner geben zu bedenken, dass der
Markt die Masse, die zu verauktionieren wäre, nicht verkraften —
dass der Aderlass zu einem Einbruch der Preise führen werde.
Was und wie viel da letztendlich aus dem Bestand herausfallen
soll, darüber sieht man sich in der Landesbibliothek noch völlig im
Ungewissen.

Von der kulturgeschichtlichen Substanz, die hier in Frage steht, ist
von Landesseite nur in Beschwichtigungsformeln die Rede. Es
werde beteuert, sagt Ute Obhof, die Leiterin der
Handschriftenabteilung, dass nichts weggehen werde, was von
Bedeutung für die Badische Geschichte sei. Dem hält sie klipp und
klar entgegen: "Wir haben keine Bücher, die mit Baden nichts zu
tun haben." Die "Badenklausel" sieht sie als durchsichtiges
Manöver — eine Stuttgarter Beruhigungspille. Bücher, erklärt sie
ihren Standpunkt, haben ihre "Schicksale" , die sich ihnen
aussagekräftig eingravieren. Bücher kann man als Dokumente ihrer
eigenen Geschichte verstehen. Sie müssen gar nicht
Landesgeschichte zum Inhalt haben, nicht unbedingt hier zu Lande
entstanden sein — allein dadurch, dass und wie sie hergekommen
sind, sind sie von regionalhistorischem Zeugniswert. In Büchern
zum Beispiel bilden sich Lebens- und Bildungswege von
Persönlichkeiten ab, die im Land eine Rolle spielten. Ein intimes
Stück Baden-Geschichte stellt in der Karlsruher
Handschriftensammlung auch jenes Stundenbuch dar, das ein
Augsburger Maler im Jahr 1520 für den Markgrafen Kasimir von
Brandenburg-Ansbach-Kulmbach und seine Frau Susanna
ausmalte. Eine Tochter des Paares, Kunigunde, heirate den
badischen Markgrafen Karl II. und brachte die prächtig bebilderte
Gebetsammlung mit in die Ehe. Ihr Bruder Albrecht, der als
"fürstlicher Mordbrenner" unrühmlich in die Geschichte einging,
verlebte in Pforzheim Jahre des Exils, wo sich die badische
Verwandtschaft bemüht haben soll, ihn christlich zu läutern.

Die Geschichte der badischen Hofbibliothek begann in der zweiten
Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der älteste bekannte Band in
Markgrafenbesitz ist das Stundenbuch Christoph I., das wohl um
1490 in Paris entstand. Eine ungeheure Zahl von Codices, auch
aus weit früherer Zeit, kam Anfang des 19. Jahrhunderts mit der
Säkularisation in die Bibliothek. Mehr als 1000 Jahre
Klostergeschichte sind seitdem darin vereinigt, ein ganzer
Handschriftenschatz von der Insel Reichenau dabei: liturgische
Schriften, Texte der Kirchenväter, frühmittalterlicher
Kirchenschriftsteller und die "Gesta Witigowonis" auch, die
Biografie eines Reichenauer Abts vom Ende des 10. Jahrhunderts.
Aus St. Peter kamen Schätze in die Hofbibliothek, aus St. Blasien,
St. Georgen, dem Hochstift Speyer. Und was aus Klöstern war,
war nicht ausschließlich fromme Lektüre. Die Konvente sind Orte
des Wissens und der Wissenschaft gewesen. Was dort studiert
und gedacht wurde, ist in den Schriften gegenwärtig.
1872 wurde die Bibliothek, der dies alles eingelagert war, aus der
Hofverwaltung ausgegliedert, damit verstaatlicht; 1918 wurde sie
Landesbibliothek. Was die Schriftensammlung, zumal in ihren
ältesten Teilen, ausmacht, kann man ein Porträt einer
Kulturlandschaft nennen. Die Sammlung selbst wie ein großes
Buch ansehen, in dem die Kulturgeschichte an Oberrhein und
Bodensee umfänglich aufgezeichnet und für Nachwelt und
Nachforschung greifbar ist. Dies soll nun in Einzelteile zerfallen.
Das Land mit seinem vom Feuilleton sich missverstanden
fühlenden Landeschef will wie ein Händler verfahren, der in einem
reich illustrierten Buch nichts als einen profitablen Haufen Bilder
sieht, es zerschneidet und die Ware auf den Markt wirft. Es werden
ja "Pakete von Schriften" bleiben, sagt Peter Frankenberg. Da
redet der Wissenschaftsminister aber von nichts anderm als
Trümmern.

Gemeinderat: Resolution gegen Kultur-Ausverkauf

(trö) Vor Eintritt in die Tagesordnung verabschiedete der Gemeinderat auf seiner jüngsten Plenarsitzung einstimmig eine interfraktionelle Resolution, in der er sich entschieden gegen den drohenden Verkauf der Handschriften der Badischen Landesbibliothek wendet. In der von OB Heinz Fenrich vorgelegten Entschließung fordern die Stadträtinnen und Stadträte da Land und das Haus Baden auf, andere Wege zum Ausgleich der Interessen zu suchen. Die Resolution im Wortlaut:

"Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek sind Kulturgüter von nationaler Bedeutung und europäischem Rang. Sie bilden ein Identität stiftendes kulturelles Fundament des Landes Baden-Württemberg. Viele Bürgerinnen und Bürger sind über den beabsichtigten Verkauf dieses einmaligen Kulturerbes entsetzt.

Wir nehmen die unklare Rechtslage hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse an den Kulturgütern zur Kenntnis und haben Verständnis für die Absicht, die Zukunft Salems durch Errichtung einer Stiftung zu sichern. Es widerspricht jedoch dem Kulturverständnis, dafür die öffentliche Verfügbarkeit dieses Kulturgutes für die Nachwelt, für Forschung und Kulturvermittlung aufzugeben. Der Ausgleich der Interessen des Landes und des Hauses Baden muss auf einem anderen Weg gefunden werden.

Die Erhaltung der wertvollen Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek und damit die Sicherung eines bedeutenden Kulturgutes ist Aufgabe des gesamten Landes. Sie kann auch nicht von der Badischen Landesbibliothek allein getragen werden, sondern es muss auf allen Ebenen des Landes und des Bundes unter Einbeziehung von Mäzenen, Sponsoren und Stiftungen nach Lösungen gesucht werden. Insbesondere muss untersucht werden, inwieweit Lotto-Toto-Mittel sowie die Landesstiftung, deren Stiftungskapital durch die Veräußerung badischen Vermögens zustande kam, hier eingesetzt werden können.

Der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe fordert deshalb, alle Anstrengungen zu unternehmen, dass eine solche konzertierte Aktion zum Erfolg führt und aus den dadurch mobilisierten Mitteln ein Ausverkauf dieses herausragenden kulturellen Erbes verhindert werden kann."

http://www1.karlsruhe.de/Aktuell/Stadtzeitung06/sz3904.htm

http://www.lv-baden.de/a/web/index.php

Das Formular kann man als PDF ausdrucken, die Unterschriften sammeln und dann der LV zukommen lassen.

Alternative:

Unterschriftensammlung des VS
http://medien-kunst-industrie.verdi.de/bereich_kunst_und_kultur/kunst_und_kultur/pressemeldungen/unterschriftenaktion_vs

Tags (Schlagworte) sollen in Weblogs helfen, Inhalte rascher aufzufinden. Die bislang über 30 Beiträge in http://log.netbib.de sind jetzt durch einen einheitlichen Tag erschlossen:

http://log.netbib.de/tag/karlsruhe_handschriftenverkauf

Angegeben wird nur die Fundstelle in ARCHIVALIA. Bei Bedarf kann die Website der jeweiligen Vereinigung leicht ermittelt werden. Individuelle Proteste werden nicht berücksichtigt. Soweit nichts anderes vermerkt, wird der Volltext in den Einträgen dokumentiert. Bitte ergänzen, falls lückenhaft (Kontakt am besten via: klausgraf googlemail.com). Zählt man den VS doppelt (Bundes- und Landesebene), sind es bislang
42
an der Zahl (aktualisiert 28.03.2007).

Ulmer Verein
http://archiv.twoday.net/stories/3490354/

Reinhold-Schneider-Gesellschaft
http://archiv.twoday.net/stories/2991095/

Schwäbischer Heimatbund
http://archiv.twoday.net/stories/2989697/

Gesellschaft Oberschwaben
http://archiv.twoday.net/stories/2847473/

BID
http://archiv.twoday.net/stories/2840204/

Comité International de Paléographie latin
http://archiv.twoday.net/stories/3215736/
http://archiv.twoday.net/stories/2815149/

Direktoren der baden-württembergischen Landes- und
Universitätsbibliotheken
http://archiv.twoday.net/stories/2814442/

S.I.S.M.E.L.
http://archiv.twoday.net/stories/2814427/

Deutscher Museumsbund
http://archiv.twoday.net/stories/2796637/
http://archiv.twoday.net/stories/2799583/

IFLA Rare Books and Manuscripts Committee
http://archiv.twoday.net/stories/2799653/

Consortium of European Research Libraries
http://archiv.twoday.net/stories/2799641/

Über 100 führende Wissenschaftler (Wechsel der Leitung der SUB Göttingen)
http://archiv.twoday.net/stories/2789764/

Leiter der deutschen Handschriftenzentren
http://archiv.twoday.net/stories/2789748/

Hochschule der Medien
http://archiv.twoday.net/stories/2770397/

AG Sammlung deutscher Drucke
http://archiv.twoday.net/stories/2770264/

Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (nur Bericht)
http://archiv.twoday.net/stories/2770196/

Union der deutschen Akademien
http://archiv.twoday.net/stories/2765726/

PEN-Zentrum Deutschland
http://archiv.twoday.net/stories/2765661/

IFLA
http://archiv.twoday.net/stories/2765565/

Mediävisten in Fribourg versammelt
http://archiv.twoday.net/stories/2772829/

Benediktineräbte
http://archiv.twoday.net/stories/2765463/

Staatsbibliothek Hamburg
http://archiv.twoday.net/stories/2759824/

Verband deutscher Schriftsteller (Bundesebene)
http://archiv.twoday.net/stories/2751887/
- Unterschriftenaktion des VS zur Buchmesse, über 600 Unterzeichner
http://archiv.twoday.net/stories/2750161/
http://archiv.twoday.net/stories/2785042/

Wolfram von Eschenbach-Gesellschaft
http://archiv.twoday.net/stories/3104611/

Verband der Archivarinnen und Archivare
http://archiv.twoday.net/stories/2750310/

Sektion IV (Wissenschaftliche Universalbibliotheken) des Deutschen
Bibliotheksverbandes (DBV)
http://archiv.twoday.net/stories/2750188/

Offener Brief (Online-Petition), initiiert von Joachim Heinzle/Klaus Klein (Marburg), über 2500 Unterzeichner
http://archiv.twoday.net/stories/2749327/ (nur Hinweis)
http://archiv.twoday.net/stories/2731521/ (auf Englisch)
http://archiv.twoday.net/stories/2731475/ (Text)

ARBEITSGRUPPE HANDSCHRIFTEN DES BBS
(BBS, Verband der Bibliotheken und der
Bibliothekarinnen/Bibliothekare der Schweiz
http://archiv.twoday.net/stories/2749070/

19 prominente Kunsthistoriker (USA/UK)
http://archiv.twoday.net/stories/2731645/
Englisch:
http://archiv.twoday.net/stories/2743873/

Zentralkomitee der Katholiken
http://archiv.twoday.net/stories/2740182/

Verband deutscher Kunsthistoriker e.V.
http://archiv.twoday.net/stories/2739925/

Expert Group of European Manuscript Librarians, LIBER
http://archiv.twoday.net/stories/2739268/

Deutscher Kulturrat
http://archiv.twoday.net/stories/2755045/

Gemeinsame Erklärung der Württembergischen Landesbibliothek und der Württembergischen Bibliotheksgesellschaft (nur Bericht)
http://archiv.twoday.net/stories/2736774/

Gemeinderat Karlsruhe
http://archiv.twoday.net/stories/2751626/

Deutsche Forschungsgemeinschaft
http://archiv.twoday.net/stories/2727891/

Deutscher Bibliotheksverband e.V.
http://archiv.twoday.net/stories/2725343/

Deutsche UNESCO-Kommission (nur Bericht)
http://archiv.twoday.net/stories/2725343/

Verband deutscher Schriftsteller (VS) Baden-Württemberg
http://archiv.twoday.net/stories/2720129/

Mediävistenverband
http://archiv.twoday.net/stories/2716821/

Landesvereinigung Baden in Europa, über 20000 Unterschriften
http://archiv.twoday.net/stories/2707451/
http://archiv.twoday.net/stories/3055012/

Badische Bibliotheksgesellschaft
http://archiv.twoday.net/stories/2702703/

Art. 3c Abs. 2 der Landesverfassung BW lautet:

Die Landschaft sowie die Denkmale der Kunst, der Geschichte
und der Natur
genießen öffentlichen Schutz und die Pflege des Staates und
der Gemeinden.


http://www.innenministerium.baden-wuerttemberg.de/sixcms/media.php/1227/Landesverfassung.pdf

Früher war das Art. 86.

Zum Vergleich Bayern:

Artikel 141 Denkmalschutz; Naturschutz; Freier Zugang zu
Naturschönheiten
(2) Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen
Rechts haben die Aufgabe, die Denkmäler der Kunst, der
Geschichte und der Natur sowie die Landschaft zu schützen
und zu pflegen, herabgewürdigte Denkmäler der Kunst und
der Geschichte möglichst ihrer früheren Bestimmung wieder
zuzuführen, die Abwanderung deutschen Kunstbesitzes ins
Ausland zu verhüten.

Die Österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) hat vor kurzem die Präsentation
ihrer Aktivitäten im Bereich der Digitalisierung von Gesetzen und
Rechtstexten in einem neuen Portal gebündelt:

"ALEX - Historische Rechts- und Gesetzestexte Online"
URL: http://alex.onb.ac.at/

Die Bezeichnung "Alex" soll den Inhalt des Portals versinnbildlichen:
A - steht für Österreich, LEX - für Gesetz.

Bisher waren im ANNO-Portal der ÖNB (http://anno.onb.ac.at/) neben
Zeitungsdigitalisaten auch die Digitalisate der gesamtstaatlichen
österreichischen Gesetzblätter (Reichs-, Bundes-, Staatsgesetzblätter) von
1849 bis 1940 vorhanden und rundeten somit die im Rechtsinformationssystem
(RIS) des österreichischen Bundeskanzleramts vorhandenen Daten
(http://www.ris.bka.gv.at/: BGBl. ab 1945 u.a. als pdf) historisch ab.
Nunmehr wurde dieser Inhalt nach ALEX transferiert und wesentlich erweitert
um:

* NEU: Landesgesetzblätter
Vorerst sind in ALEX die Landesgesetzblätter folgender Länder vorhanden:
- Kärnten 1946-1999
- Niederösterreich 1849-1977
- Oberösterreich 1849-1990
- Steiermark 1850-1980

* NEU: Justizgesetzsammlung 1780-1849
Ebenfalls neu aufgenommen wurde die so genannte "Justizgesetzsammlung" (JGS)
- oder genauer die Sammlung der Gesetze und Verfassungen im Justiz-Fache für
Böhmen, Mähren, Schlesien, Österreich ob und unter der Enns, Steiermark,
Kärnten, Krain, Görz, Gradiska, Triest, Tirol und die Vorlande", welche von
1780 bis 1849 die Gesetzgebung der Habsburgermonarchie außerhalb Ungarns zu
den Themenbereichen Straf- und Zivilrecht sowie zu den diesbezüglichen
Verfahrensrechten umfasst. Die Justizgesetzsammlung war übrigens die erste
offizielle Gesetzessammlung der Habsburgermonarchie, die von den Behörden
selbst herausgegeben wurde, wenn sie auch noch nicht den Charakter eines
modernen Gesetzblattes aufwies.

* NEU: Stenographischen Protokolle des Reichsrats 1861-1918
Die Stenographischen Protokolle des Abgeordnetenhauses sowie des
Herrenhauses des Reichsrates (1861-1918) dokumentieren das parlamentarische
Leben im Kaisertum Österreich bzw. in der cisleithanischen Reichshälfte der
Doppelmonarchie Österreich-Ungarn.

Eine weitere Neuerung bringt die Integration einer Suchfunktion vorerst über
den Bereich der gesamtstaatlichen Gesetzblätter von 1849 bis 1940. Bislang
konnte man in der Applikation nur virtuell blättern und zu bestimmten,
vorher bekannten Seitenzahlen des Gesetzblattes springen. Dies war relativ
mühsam, weil bei der Suche nach bestimmten Gesetzen - die nach juristischer
Manier meist nur mit Jahr und Nummer zitiert wurden und werden - das
Register zu Rate gezogen werden musste. Nunmehr wurden die Titel der
einzelnen Normen (nebst anderen Daten) abgetippt und in einer Datenbank
zusammengeführt, sodass nun inhaltlich nach Begriffen in den Gesetzestiteln
gesucht werden kann, was eine sachliche Suche ermöglicht. Weiters kann nun
auch nach Eingabe von Gesetzblatt-Jahrgang und der Gesetzesnummer direkt zu
dem fraglichen Gesetz "gesprungen" werden, womit bereits bekannte
juristische Zitate sehr leicht aufgelöst werden können.

Insgesamt sind momentan etwa 700.000 Seiten Scans im Portal ALEX vorhanden.
Der Ausbau wird weiter vorangehen. Allen Inhalten ist gemein, dass sie in
Bibliotheken meist nur schwer benützbar sind, weil sie entweder nicht zur
Gänze vorhanden sind oder gar Spezialwissen zur Benützung notwendig ist. Für
Nichtjuristen ergab sich damit eine unsichtbare Hürde. Die virtuelle
Zusammenführung dieser historisch, juristisch und politisch wichtigen
Inhalte über das ALEX-Portal erleichtert wesentlich den Zugang zu diesen
Materialien. Die virtuelle Zusammenführung dieser historisch, juristisch und
politisch wichtigen Inhalte über das ALEX-Portal erleichtert wesentlich den
Zugang zu diesen Materialien.

Mit freundlichen Grüßen
Christa Müller


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Christa Müller
Digitalisierung
Österreichische Nationalbibliothek
Josefplatz 1, 1015 Wien
Österreich
Tel.: +43/1/53410/376
Fax: +43/1/53410/371
christa.mueller@onb.ac.at

Die Herrscherhäuser wussten sehr genau zu unterscheiden zwischen ihrem Privateigentum und dem Staats- bzw. Landeseigentum, das sie qua Amt verwalteten: Sie ließen das Publikum natürlich nicht in ihre privaten Gemächer, öffneten aber Bibliotheken und Museen für ihre Untertanen und nannten diese Institutionen deshalb in Baden auch "Großherzogliche Hof- und Landesbibliothek" schreibt Rudolf Walther in der Frankfurter Rundschau vom 2. Oktober 2006. An diese lieferten Universitäten und Verlage Pflichtexemplare ab. Die wanderten nicht in die Privatbibliothek des Markgrafen. Dessen wirkliche Privatbibliothek hat die Landesbibliothek übrigens vor zehn Jahren dem Markgrafen abgekauft, um sie vor dem Verkauf ins Ausland zu retten.

Dreister Zugriff

Besonders dreist erscheint der markgräfliche Zugriff auf das landeseigene Kulturerbe im Falle der mittelalterlichen Handschriften. Sie kamen als thematisch zusammengehörende Konvolute 1803 als Raubgut in die Landesbibliothek. Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurden die deutschen Fürsten mit rechtsrheinischem Grundbesitz von Klöstern, Reichsabteien, Stiften und Bistümern dafür entschädigt, was sie links des Rheins an Napoleon abtreten mussten. Die Handschriften stammen aus säkularisierten bzw. enteigneten Klosterbibliotheken. Sie bilden ein in völkerrechtliche Form gekleidetes Beutegut des Landes Baden, aber nicht Privateigentum des Herrschers. Baden "erbte" damals auch Heidelberg mit der Bibliothek, die beide zur Kurpfalz gehörten. Diese regierte Maximilian Joseph, der 1799 bayerischer Kurfürst und 1806 erster bayerischer König wurde - aber selbstverständlich konnte er die Heidelberger Bibliothek nicht als Privateigentum nach München mitnehmen.

1918 dankte der Großherzog Friedrich II. ab. Nach zähem Ringen mit der republikanischen Regierung des Landes Baden kam 1924 ein Vertrag zustande, wonach nach dem Tod des Großherzogs alle großherzoglichen Bibliotheksbestände und Gemäldesammlungen in Landesbesitz übergehen sollten. Die dubiosen Rechtsansprüche, die das Haus Baden jetzt formuliert, haben ihre Basis in einem Formfehler, als 1954 nach dem Tod der Witwe des letzten Großherzogs die "Zähringer Stiftung" geschaffen wurde.

Mit der Stiftungsurkunde wurde kein Übergabeprotokoll, das die Bestände einzeln auflistet, erstellt. Dadurch entstand die Lage, dass zwar nach übereinstimmender Rechtsauffassung eine Stiftung besteht, aber eine Seite nach über 80 Jahren auf die winkeladvokatorische Idee kam zu behaupten, es sei ungeklärt, was materiell zum Stiftungsbesitz gehöre. Das Land Baden-Württemberg hätte demnach 1954 mit der "Zähringer Stiftung" gleichsam ein Blatt Papier, aber sonst nichts übernommen - außer die Kosten für die Pflege des kulturellen Erbes.


In der Stuttgarter zeitung kommentiert Julia Schröder:

Dass Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger und sein Finanzminister Gerhard Stratthaus zu glauben scheinen, sie könnten Teile aus einem historischen Handschriftenbestand in der Badischen Landesbibliothek herauslösen, ohne diesen in seiner Gesamtheit zu beschädigen, ist schlimm genug. Aber dass der Minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Peter Frankenberg, auf dem Standpunkt steht, die "wissenschaftliche Nutzbarkeit" der Landesbibliothek würde "nicht beeinträchtigt" durch die Verkäufe von Stücken, die, wie er sagt, für die badische Landesgeschichte nicht bedeutsam seien, das ist nicht nur schlimm, sondern peinlich. Man fragt sich, wie weit die Ahnung des Ministers, seine Ressorts betreffend, reicht - vorausgesetzt, die philologischen Disziplinen gelten noch als Wissenschaft.

*/"Zu unserer Kultur gehört auch das Gedächtnis"/*

(Bundespräsident Horst Köhler am 6. Juni 2006 in Marbach/Neckar)


Die Entscheidung des Landes Baden-Württemberg, die Handschriften­sammlung der Badischen Landesbibliothek
zu Gunsten des badischen Adelshauses zu versteigern, wird öffentlich hart kritisiert. Am kommenden Samstag, den 7. Oktober findet *um 14.30 Uhr auf der Frankfurter Buchmesse* im Rahmen des IBLC-Forum ("International Booksellers' and Librarians' Center"), des Zentrums für den internationalen Buchhandel, für Bibliothekare, Dokumentare und IT-Spezialisten,
eine Podiumsdiskussion statt mit dem Thema

* *

*Was wird aus den Handschriften der badischen Landesbibliothek Karlsruhe?*

* *

*Auf dem Podium*:

Dr. Eva /Effertz/ (Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bonn)

Prof. Dr. Felix /Heinzer/ (Lateinische Philologie des Mittelalters, Universität Freiburg, 1988-2005 Leiter der Handschriftenabteilung der WLB Stuttgart)

Prof. Dr. Reinhard /Mussgnug/ (Öffentliches Recht, Universität Heidelberg)

Prof. Dr. Lieselotte E. /Saurma/ (Kunstgeschichte, Universität Heidelberg)

*Moderation*:

Priv.-Doz. Dr. Arno /Mentzel-Reuters/ (Monumenta Germaniae Historica, München und Universität Augsburg) und Dr. Bettina /Wagner/ (Bayerische Staatsbibliothek München)

(kleinere Änderungen vorbehalten)

Das International Library Centre der Frankfurter Buchmesse findet man in Halle 4.2, Raum Raum M461

Offener Brief


An den

Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg

Herrn Günther H. Oettinger

Staatsministerium Baden-Württemberg

Richard-Wagner-Str. 15

70184 Stuttgart


* Geplanter Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek


Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare schließt sich den Protesten gegen den Plan der baden-württembergischen Landesregierung an, Handschriften der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe zu verkaufen.

Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare mit derzeit 2.257 Mitgliedern vertritt in Deutschland die Interessen der historisch gewachsenen Überlieferung als Teil des kulturellen Erbes. Dass diese Überlieferung in ihrem Entstehungs- und Überlieferungszusammenhang gesichert und erhalten wird, um der Forschung und Öffentlichkeit als Kulturgut zugänglich zu sein und der Bildung zu dienen, zählt zu seinen vordersten Anliegen.

Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare muss daher seine Stimme vehement dagegen erheben, wenn authentische Überlieferung substantiell bedroht ist. Dies wäre bei einem Verkauf der Handschriften der badischen Landesbibliothek, die in ihrer Gesamtheit einen zentralen Bestandteil des dem Land Baden-Württemberg anvertrauten Kulturguts darstellen, zweifellos der Fall.

Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare bittet die Landesregierung Baden-Württemberg, von dem beabsichtigten Verkauf von Handschriften der badischen Landesbibliothek abzusehen und eine andere Lösung für die entstandene Problemlage zu suchen. Da die soweit vorliegenden Informationen zur Rechtslage eine Fülle von Fragen aufwerfen, bittet der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare auch, die Rechtslage noch einmal prüfen zu lassen.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, die öffentliche Reaktion auf die Verkaufspläne zeigt, in welcher Dimension hier der Erhalt und die Zugänglichkeit einer historischen Überlieferung berührt sind, mit der sich weiteste Kreise der Wissenschaft und der Kultur in der ganzen Welt identifizieren. Aus der Sicht des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare ist die dabei zu Tage tretende Wertschätzung von Kulturgut des Landes Baden-Württembergs ein positives Zeichen für das Bundesland, dem sich die Landesregierung nicht verschließen darf.

Im Namen der Mitglieder des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare

Mit freundlichen Grüßen

gez Dr. Robert Kretzschmar


K. ist Vorsitzender des Vereins der Archivarinnen und Archivare (und zugleich Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg)

Satzung der

ZÄHRINGER STIFTUNG

Genehmigt am 22.03.1954 von der Regierung Baden-Württemberg

Registriert im Regierungspräsidium Karlsruhe

§1

Die Errichtung der Stiftung erfolgt auf Grund seiner testamentarischen Bestimmung Seiner Königlichen Hoheit + Großherzogs Friedrich II. von Baden vom 12. August 1927, erklärt vor dem Notariat I in Freiburg. Sie gilt als öffentlich rechtliche Stiftung

Der Sitz der Stiftung ist Karlsruhe.

§2

Die Stiftung umfasst folgende Sammlungen:

1. Die ehem. von Wessenbergische Gemäldesammlung in Konstanz.
2. Das Kopf’sche Kunstmuseum in Baden-Baden.
3. Die Louis Jüncke'sche Gemäldesammlung in Baden-Baden.
4. Die Türkensammlung in Karlsruhe.
5. Die Großherzogl. Münzensammlung im staatl. Münzkabinett.
6. Die hofeigenen Bestände der früheren vereinigten Sammlungen in

Karlsruhe.

7. Die hofeigenen Bestände der Hof- und Landesbibliothek in Karlsruhe.



Die Bestände dieser Sammlungen werden in genauen Inventarverzeichnissen festgehalten. Die Verzeichnisse werden neu aufgestellt und der Stiftungsurkunde als Anlage beigefügt.

§ 3

Zweck der "Zähringer Stiftung" ist es, die in § 2 genannten Sammlungen in bisheriger Weise zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die in § 2 Nr. 4-6 genannten Bestände stehen deshalb wie bisher in der Obhut des Badischen Landesmuseums die in Nr. 7 genannten Bestände in der Obhut der Badischen Landesbibliothek. Ihr Standort ist Karlsruhe.

Eine Verbringung dieser Sammlungen oder von Teilen derselben nach einem anderen Ort ist nur in besonderen Fällen und für begrenzte Zeit mit Genehmigung des Verwaltungsrates gestattet. Vor einer Verlegung von Bibliotheksbeständen ist der Direktor der Badischen Landesbibliothek zu hören.

Die Ausleihung von Einzelobjekten zu Ausstellungszwecken ist möglich, unterliegt aber ebenfalls der Genehmigung des Verwaltungsrats.

§4.

Eine Veräußerung von Sammlungsgegenständen ist der Stiftung nur insoweit erlaubt, als es zur Bezahlung einer etwaigen Erbschaftssteuer erforderlich ist.

§ 5

Die Vertretung der Stiftung nach außen hin obliegt einem Verwaltungsrat, der sich zusammensetzt aus dem jeweiligen ältesten männlichen Spross der Zähringer Hauses als Vorsitzendem, dem jeweiligen Direktor des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe und einem weiteren vom Kultusminister im Einvernehmen mit dem im Testament der Großherzogs Friedrich von Baden vorn 12. August 1927 benannten Vertreter der Großherzogl. Familie bestimmten Mitglied.

In Ermangelung eines männlichen Sprosses des Zähringer Hauses führt das jeweilige älteste weibliche Mitglied der Familie den Vorsitz.

Sitz des Verwaltungsrats ist Karlsruhe.

§ 6 M

Jedes Verwaltungsratsmitglied kann für Fälle seiner zeitweisen Verhinderung einen Stellvertreter benennen und nötigenfalls Sachverständige in die Sitzung mitbringen.

§7

Der Verwaltungsrat hat die Stiftung im Sinne des Stiftungszwecks zu verwalten und ist für alle Angelegenheiten der Stiftung ausschließlich zuständig. Er gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Kultusministeriums als Aufsichtsbehörde für öffentliche Stiftungen bedarf.

§ 8

Die Beschlüsse des Verwaltungsrats werden mit Stimmenmehrheit in mündlichen Beratungen gefaßt, die schriftlich in Protokollform niederzulegen und vom Vorsitzendem zu unterzeichnen sind.

§ 9

Die Sitzungen des Verwaltungsrats werden vom Vorsitzenden nach Bedarf, mindestens jedoch einmal im Jahr anberaumt. Auf Antrag eines Mitglieds ist der Vorsitzende zur Einberufung verpflichtet. Ohne die vollzählige Anwesenheit der Mitglieder, bzw. ihrer Stellvertreter, ist der Verwaltungsrat nicht beschlußfähig.


Gemäß dem Stiftungsgesetz Baden-Württemberg
http://www.rp.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB/show/1104314/stiftungsgesetz.pdf
hat die Zähringer Stiftung den Charakter einer Stiftung des öffentlichen Rechts beibehalten. Stiftungsbehörde ist in ihrem Fall das Wissenschaftsministerium.

Die Veräußerung von Gegenständen der Stiftung mit besonderem wissenschaftlichem, geschichtlichen oder künstlerischem Wert unterfällt in BW keinem ausdrücklichen Genehmigungsvorbehalt oder Anzeigegebot (siehe Art. 27 BayStiftG http://www.stiftungen.bayern.de/pdf/BayStG_aktuell.pdf ).

Pressemitteilung
Berlin, 02.10.2006

Sektion IV (Wissenschaftliche Universalbibliotheken) des Deutschen
Bibliotheksverbandes (DBV)
zum beabsichtigten Verkauf eines Teils der Handschriften der
Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

Die Sektion IV (Wissenschaftliche Universalbibliotheken) des Deutschen
Bibliotheksverbandes (DBV) reagiert mit völligem Unverständnis und großer
Empörung auf die bekannt gewordenen Pläne des Landes Baden-Württemberg, einen
Großteil der Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe zum Kauf
freizugeben.

Die mit öffentlichen Mitteln erschlossenen Handschriften gehören zum kulturellen Erbe nicht
nur des badischen Landesteils oder des Bundeslandes Baden-Württemberg, sondern überhaupt
zum Erbe Deutschlands und darüber hinaus des christlichen Abendlandes und seiner
literarischen und kunsthistorischen Überlieferung im Mittelalter.
Ihr Verkauf an private Sammler hätte zur Konsequenz, dass sie der Forschung und der
interessierten Öffentlichkeit für immer entzogen würden. Darüber hinaus würden mit dieser
Entscheidung historisch gewachsene Sammlungen unwiderruflich zerstört und der Stellung
der Badischen Landesbibliothek als überregional bedeutsamer Forschungseinrichtung
nachhaltiger Schaden zugefügt.

Mit besonderer Bitterkeit vermerkt die Sektion IV des DBV, dass Herr Ministerpräsident
Oettinger sich zwar zur Erhaltung des „Museumsstandortes Karlsruhe“ bekennt, die
Sammlungen des Badischen Landesmuseums bzw. der Kunsthalle Karlsruhe folglich nicht zur
Entschädigung der markgräflich-badischen Ansprüche verwendet werden sollen, ein
entsprechendes Bekenntnis zu den wertvollen badischen Bibliotheksbeständen aber fehlt.

Die Sektion IV des Deutschen Bibliotheksverbandes fordert das Land Baden-Württemberg
nachdrücklich auf, von den nur wenig durchdachten, eines Kulturstaates absolut unwürdigen
Verkaufsplänen Abstand zu nehmen, sich mit dem Haus Baden auf einem rechtlich
einwandfreien Weg anderweitig zu einigen, den gesamten Handschriftenbestand der
Badischen Landesbibliothek als kulturelles Erbe des Landes Baden-Württemberg
anzuerkennen und sich zu dessen dauerhafter Bewahrung in öffentlicher Hand zu
verpflichten.

Gez.: Werner Stephan, Vorsitzender der Sektion IV, Wissenschaftliche Universalbibliotheken
im Deutschen Bibliotheksverband
Kontakt: Deutscher Bibliotheksverband e.V., Sektion IV
Herr Werner Stephan, Direktor der Universitätsbibliothek Stuttgart
Telefon: 0711 685-82222
Fax: 0711 685-350
E-Mail: stephan@ub.uni-stuttgart.de

http://medien-kunst-industrie.verdi.de/bereich_kunst_und_kultur/kunst_und_kultur/pressemeldungen/unterschriftenaktion_vs

Presseinformation des VS vom 2. Oktober 2006
Verband deutscher Schriftsteller (VS) fordert Besucher der Frankfurter Buchmesse auf, mit ihrer Unterschrift gegen den Ausverkauf mittelalterlicher Handschriften zu protestieren

Berlin/Karlsruhe: Der VS Bundesvorstand bittet alle Besucher der Frankfurter Buchmesse, mit ihrer Unterschrift gegen den Verkauf der wertvollen Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe durch die Landesregierung Baden-Württemberg zu kämpfen.

Der Bundesvorsitzende des VS, Imre Török, unterstützt die internationalen Proteste gegen die barbarische Verschleuderung unseres nationalen und europäischen Kulturerbes. Er appelliert insbesondere an die Besucher der Frankfurter Buchmesse, mit ihrer Unterschrift den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Günther Oettinger zum Einlenken zu bewegen und die frühen Zeugnisse der europäischen Dichter, Denker und Chronisten zu retten.

Unterschriftenlisten sind am Stand des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) auf der Buchmesse in Frankfurt/M. (Stand 3.1 H101) sowie auf dem der Bundessparte Übersetzer des VS (VdÜ – Stand 5.0 E955) ausgelegt

Die Unterschriftenliste und die Presseinformation im Wortlaut können hier geladen werden:

Unterschriftenliste des VS gegen des Ausverkauf mittelalterlicher Handschriften durch die Landesregierung Baden-Württemberg Unterschriftenliste (PDF, 22 kB)

Presseinformation des VS: Unterschriftensammlung auf der Buchmesse Frankfurt/M. gegen den Verkauf mittelalterlicher Handschriften Presseinformation des VS vom 2. Oktober 2006 (PDF, 27 kB)


Bitte diese Information weitergeben!

Natürlich können und sollen auch andere Stellen (Bibliothek, Archive, Museen, andere Kulturinstitutionen) Unterschriften sammeln!

Die WELT greift das Thema der Karlsruher Verkäufe auf und speist Wissen über den Marktwert der Stücke ein.

http://www.welt.de/data/2006/10/02/1057373.html

Auszüge

Die Affäre erinnert an die Geschichte vom Pferdehändler, der sich lauthals beschwert: "Alle reden nur davon, dass der Gaul auf einem Lauf hinkt, von den drei gesunden Beinen spricht keiner." Die Landesregierung würde natürlich am liebsten nur die "gesunden" Beine vorzeigen, die Fälle, in denen sie Kulturgüter vor dem Ausverkauf rettete: die 24 Millionen Euro für die Donaueschinger Bibliothek, die 13 Millionen Euro für Holbeins "Graue Passion" und 2001 die fast 20 Millionen für die Nibelungen-Handschrift C, für die man die Landesbank als Sponsor fand. Das alles kam aus Fürstlich Fürstenbergischem Besitz. Aber auch die Markgrafen von Baden wurden nicht vernachlässigt. 42 Millionen Mark erhielten sie 1995 vom Land für Kunstgewerbliches und die Hälfte der Kunstkammer, ehe der Rest von Sotheby's für 78 Millionen Mark versteigert wurde. "Markgraf von Baden nach Auktion saniert" verkündete damals eine Schlagzeile. Welch ein Irrtum!

Deshalb schaut alle Welt empört auf den lahmen Lauf und die angekündigte Totaloperation, die den Schaden aus der Welt schaffen soll. Denn das wäre der Verkauf der 3600 Codices, 4000 Musikhandschriften und 1300 Inkunabeln. Um 70 Millionen Euro dafür zu erlösen, müsste, wenn man nur die Handschriften in Rechnung stellt, ein Durchschnittspreis von knapp 20 000 Euro erzielt werden. Das klingt bescheiden, schließlich brachte es das Rothschild Stundenbuch mit den Miniaturen von Simon Bening bei Christie's im Juli 1999 als bislang teuerste Handschrift auf 12,8 Millionen Euro. Und der erste Druck von Geoffrey Chaucers "Canterbury Tales" von 1476/77 wurde ein Jahr zuvor mit fast sieben Millionen Euro die am höchsten bezahlte Inkunabel. Aber das sind Ausnahmepreise. Solche Rarissima sind nicht unter den Badener Bibliotheksschätzen.

Die "Historia Alexandri Magni/ Histori von dem Grossen Alexander" des Johannes Hartlieb, 1493 von Martin Schott in Straßburg gedruckt, kann mit dem Chaucer kaum konkurrieren, auch wenn von dieser Version lediglich sieben vollständige und drei unvollständige Exemplare erhalten blieben. Da sind die Chancen für Georg Rüxners "Thurnierbuch. Anfang, vrsprung vnd herkomen des Thurniers inn Teutscher nation" von 1530 wahrscheinlich besser. Immerhin wurden die Holzschnitte in diesem Exemplar nicht nur koloriert, sondern auch mit Gold angelegt, so dass vermutet wird, es könne sich um eine Luxusversion für Karl V. handeln. Und der Band "Victoria adversus impios Hebraeos" des Salvagus Porchetus, da erst 1520 in Paris gedruckt eigentlich keine Inkunabel, kann mit Interesse rechnen, weil er einst Luther gehörte und von ihm mit Randnotizen versehen wurde.

Für das Reichenauer Lektionar mit seinen schön ausgeschmückten Initialen oder für die "Gesta Witigowensis" mit ihren Miniaturen, beide vom Ende des 10. Jahrhunderts, könnten sechs- und siebenstellige Beträge durchaus möglich sein. Dasselbe gilt auch für das illuminierte "Stundenbuch des Markgrafen Christoph I. von Baden", das um 1490 entstanden ist. Gefragt und gut bezahlt werden nur die Codices mit reichem Bilderschmuck und fantasievollen Randzeichnungen. Damit aber können lediglich ein Teil der Handschriften von St. Peter, von St. Blasien oder die 267 Pergament- und 162 Papierhandschriften des Klosters Reichenau auftrumpfen, die mit der Säkularisation 1805 der "Carlsruher Hofbibliothek" überwiesen wurden.

Unklar blieb damals, ob sie dem Markgrafen als Privateigentum zugedacht waren, oder ob sie an die Hofbibliothek des regierenden Herrschers gingen und damit als Staatsbesitz zu gelten hatten. Das ist der Ursprung des bis heute andauernden Streites zwischen dem Haus Baden und der Landesregierung. Sie wurde auch durch die Beschlagnahme fürstlichen Besitzes 1918/19 nicht aus der Welt geschafft, weil Gerichtsurteile aufgrund des Artikel 153 der Weimarer Verfassung, der das private Eigentum garantierte, diese Verfügungen 1925 aufhoben. Und da der von der KPD inaugurierte und von der SPD mitgetragene Volksentscheid über die Fürstenenteignung im folgenden Jahr keine Mehrheit fand, blieb das Privateigentum der Fürsten unangetastet. Für Baden ergab sich daraus ein Schwebezustand, weil ungeregelt blieb, was der Krone und damit der Republik als Nachfolger, was dem ehemals regierenden Haus privat gehörte. [...]


Auch der SPIEGEL 40/2006 widmet heute eine ganze Seite (S. 200) dem Thema:

Unter den Hammer
Länder und Kommunen entdecken die Kunstschätze aus Museen und Archiven als stille Reserve zum Stopfen von Haushaltslöchern.

(Neue Informationen zur Karlsruher Affäre wurden schon vorab in Presseveröffentlichungen mitgeteilt.)

http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/brief/

Die Liste der Unterzeichner ist seit Montag, 2. Oktober 2006, 12.00
Uhr (MEZ) geschlossen.
Bitte senden Sie keine Emails mehr.
Der von über 2500 Personen unterzeichnete 'Offene Brief' wird jetzt an
den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg und die
Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg sowie an verschiedene
Presseagenturen und Presseorgane geschickt.
Allen Unterzeichnern aus dem In- und Ausland sei für die
eindrucksvolle Unterstützung ganz herzlich gedankt!
Den weiteren Fortgang der Angelegenheit können Sie über die Website
der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe verfolgen
(http://www.blb-karlsruhe.de/); dort finden Sie auch weiterführende
Links.
The list was closed on Monday, 2 October 2006, at 12:00 Middle European Time.
Please do not send any more Emails.
The letter which was signed by more than 2500 persons will be sent to
the Ministerpräsident of Baden-Württemberg and the members of the
Baden-Württemberg Parliament as well as various press agencies,
magazins and newspapers.
Thank you to all who signed from Germany and abroad for their
impressive support!
Further progress of the issue can be followed on the website of
Badische Landesbibliothek Karlsruhe (http://www.blb-karlsruhe.de/);
there you will find further links.

Laut Landtagsdokumentation gab es bisher folgende Vorgänge:

Antrag
Fraktion GRÜNE
26.09.2006 Drs 14/343
Sicherung der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek
http://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0343.html

Antrag
Dr. Nils Schmid u. a. SPD
25.09.2006 Drs 14/341
Die „unvollendete Revolution“ in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von
Kulturgütern des Landes
http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/Txt/14_0341.html

Der SPD-Antrag datiert lt. Text ursprünglich vom 21.06., der Antrag der Grünen vom 26.06., die o.g. Daten sind die Daten der Veröffentlichung als Landtagsdrucksache.

Mir wurde freundlicherweise erlaubt, den Text des folgenden Schreibens hier zu veröffentlichen.

ARBEITSGRUPPE HANDSCHRIFTEN DES BBS
(BBS, Verband der Bibliotheken und der
Bibliothekarinnen/Bibliothekare der Schweiz)

p. adr.: Dr. Martin Germann, Burgerbibliothek Bern, Münstergasse 63, Postfach, CH-3000 Bern 8 (derzeit Präsident)

27. September 2006

Herrn Ministerpräsident
des Landes Baden-Württemberg
Herrn Günther H. Oettinger
Villa Reitzenstein
Richard-Wagner-Straße
D-70184 Stuttgart

Betrifft Abgabe von Kulturgut an Zahlungsstatt durch das Land Baden-Württemberg an die Fürstenfamilie Baden

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
in der Welt der Gelehrsamkeit, die Ihnen fern liegen dürfte, ist ein Sturm der Entrüstung ausgebrochen, als gestern Abend bekannt wurde, dass das Land Baden-Württemberg beabsichtigt, einen großen Teil des Handschriftenbestandes der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe an Zahlungsstatt an die Fürstenfamilie Baden abzutreten, welche diese Bücherschätze an einer Auktion dem Meistbietenden versteigern wolle.
Ein Blick in das Nachschlagewerk „Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters“ zeigt, dass in der badischen Landesbibliothek Karlsruhe nicht nur ein großer Teil der berühmten Handschriften des Klosters Reichenau liegen, sondern Handschriften aus dem ganzen mittelalterlichen Deutschland:
• aus karolingischen und hochmittelalterlichen Klöstern wie Alpirsbach, Alsbach, Blaubeuren, Ettenheimmünster, Fulda, Günterstal, Herrenalb, Hirsau, Lorsch, Sankt Blasien, Schuttern, Schwarzach, Tennenbach, Villingen, Wiblingen, Zwiefalten und anderen;
• aus den Reichsstädten Augsburg, Nürnberg, Ulm und ihren Klöstern;
• aus Bischofsstädten Bamberg, Erfurt, Konstanz, Speyer, Würzburg;
• aus weiteren Städten wie Baden-Baden, Braunschweig, Freiburg, Hannover, Heidelberg, Offenburg, Pforzheim.
Einen besonderen Erklärungsnotstand haben Sie zu Orten, die heute im Ausland liegen: Colmar, Straßburg und Weißenburg im Elsass: Wie Sie wissen, ist im Deutsch-französischen Krieg 1870 das Archiv und die Bibliothek von Straßburg durch deutschen Beschuss verbrannt. Damals sind tausende mittelalterliche Handschriften und Dokumente, darunter bestimmt auch Vorstufen der Buchdruckerkunst aus den dortigen Versuchen des Johannes Gutenberg, restlos untergegangen: Muss das Elsaß seine restlichen Handschriften, die bis jetzt in Karlsruhe öffentlich zugänglich waren, in Zukunft in Malibu Kalifornien, in der vatikanischen Bibliothek und in Stockholm besichtigen? Oder verschwinden die Handschriften gar in einem Tresor einer Bank, da in Privatbesitz?
Ein weiterer, unheilbarer Aderlass süddeutschen Kulturgutes hat vor einigen Jahren stattgefunden, als die fürstlich fürstenbergische Familienbibliothek Donaueschingen verkauft worden ist: Handschriften, Inkunabeln und andere wertvolle alte Drucke sind in alle Winde, auch in die Schweiz (wo sie hoffentlich nie ein ähnliches Schicksal erreichen wird), zerstreut worden.
Bisher standen in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe die Handschriften als Kulturgut der Forschung zur Verfügung, in einer gut organisierten und mit Katalogen gut dokumentierten öffentlichen Institution, während Jahrzehnten betreut von öffentlich besoldeten Fachleuten; die Kataloge, die nun zu Makulatur würden, wurden in jahrelanger Arbeit mit öffentlichen und privaten Geldern wie der VW-Stiftung hergestellt. In Ausstellungen und Publikationen wurden die Werke des Mittelalters einer immer wieder begeisterten Öffentlichkeit vorgestellt. Jedermann weiß, dass eine Auktion diese Bücherschätze in die ganze Welt zerstreuen wird und dass die Bücher mit keinem Geld und nie mehr zurückgeholt werden können.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident: denken Sie an all die Kriege, an die Bücherverluste im Dreißigjährigen Krieg und seither in den beiden Weltkriegen und fragen Sie sich, ob Mitteleuropa weitere Verluste verkraften kann, mutwillig verursacht durch eine Regierung, welche lieber das Geld behält als die historischen Kulturgüter?
Können Sie persönlich einen solch barbarischen Akt der Zerstreuung wertvollsten Kulturgutes auf sich und auf Ihren Namen nehmen? In der kultur- und geschichtsbewussten Öffentlichkeit, die es nach wie vor noch gibt, wie wir Fachleute aus täglicher Erfahrung wissen, wird nach der Realisierung Ihrer skandalösen Pläne die Schande Ihrer Regierung und Ihrem Namen für immer anhaften.

Mit freundlichen Grüßen,

Im Namen der
ARBEITSGRUPPE HANDSCHRIFTEN DES BBS
(BBS, Verband der Bibliotheken und der Bibliothekarinnen / Bibliothekare der Schweiz)

sig. Dr. Martin Germann, Burgerbibliothek Bern, Präsident
sig. Prof. Dr. Christoph Eggenberger, Zentralbibliothek Zürich
sig. Prof. Dr. Ernst Tremp, Stiftsbibliothekar, Stiftsbibliothek St. Gallen

Kopien an die Badische Landesbibliothek Karlsruhe sowie an das Institut de recherche et d’histoire des textes (IRHT), Paris

Die FAZ von Montag 2.10.2006 enthält im Feuilleton zwei Beiträge zur Problematik.

Ein kurzer Artikel greift die Eigentumsfrage erneut auf.

Nun gibt es eine erste Stellungnahme des Hauses Baden, die dieser Zeitung vorliegt. Die Markgrafenfamilie bezieht sich darin auf ein Rechtsgutachten, das der Mannheimer Jurist Max Hachenburg im Jahr 1922 im Auftrag der Republik Baden erstellte; dort heißt es: "Ich gebe mich nicht der Hoffnung hin, daß es möglich sein wird, auf rein juristischem Wege zu zeigen, wo das unbestreitbare Recht liegt ..." Mit Bezug darauf und auf spätere Gutachten, deren Begründungen aber nicht ausgeführt werden, kommt die Stellungnahme zu dem Schluß: "Das Ergebnis einer sachlichen umfassenden Analyse wird nicht sein, daß die Handschriften dem Eigentum des Landes zugeordnet werden können. Schlichte Rechtsbehauptungen des Gegenteils ändern daran nichts. Das Haus Baden bleibt unverändert auf seinem Standpunkt, daß die sachlich unvoreingenommene Analyse des Rechts für das Eigentum des Hauses Baden an den Handschriften spricht."

Mit einem Rückblick auf den Abtransport der Bücher aus St. Peter 1807 beginnt der Artikel von Felix Heinzer "Die Bibliothek als Jagdgrund". Auszüge:

Es ist grotesk und nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet in Baden - und nur hier - die in den öffentlichen Kultureinrichtungen als den Nachfolgeinstituten der fürstlichen Sammlungen verwahrten Kunstgegenstände und historischen Dokumente nicht genauso selbstverständlich als staatliches Kulturgut gelten sollen wie in Württemberg, Bayern und anderswo. [...]

Ob es zu einer Veräußerung von Hunderten Handschriften kommt oder ob "nur" ein paar Dutzend Spitzenstücke herausgepickt werden - es würde jedenfalls der bizarre Fall eintreten, daß Handschriften einer staatlichen Bibliothek, die durch gedruckte Kataloge erschlossen sind und von ganzen Forschergenerationen genutzt wurden, für die wissenschaftliche Arbeit praktisch von der Bildfläche verschwinden, und dieses nicht durch Elementarschäden wie Brand- und andere Naturkatastrophen oder durch kriegerische Ereignisse wie 1870, als der Artilleriebeschuß der Belagerer die große Straßburger Bibliothek in Brand steckte und unschätzbare Zeugnisse aus 1200 Jahren oberrheinischer Kultur in Flammen aufgehen ließ. Diesmal droht Verkauf und damit Zerstreuung im kaum kontrollierbaren Kreislauf des bibliophilen Sammelns und Handelns - das unter tätiger Mitwirkung derer, denen als Regierende der Schutz dieser Güter aufgetragen ist.

Zeichnet sich hier womöglich ein Präzedenzfall dafür ab, daß bisher selbstverständlich Verfügbares und damit auch ein Grundvertrauen in die Zuverlässigkeit öffentlich-staatlicher Kulturpflege ins Rutschen gerät? So sicher, wie man sein konnte, daß die Mona Lisa im Louvre hängt und der Isenheimer Altar im Colmarer Unterlindenmuseum steht, so sicher war man sich (und möchte es noch immer sein) der dauerhaften Präsenz eines Stückes wie der Manesse-Handschrift in der Heidelberger Universitätsbibliothek oder eben auch des Reichenauer Handschriftenbestands in der Badischen Landesbibliothek. Sollte auf Angaben von Fundorten und Signaturen mittelalterlicher Handschriften in öffentlichen Bibliotheken europäischer wie überseeischer Länder, die bisher zu den festen Bezugsgrößen des mittelalterbezogenen Forschungsdiskurses gehörten, plötzlich kein Verlaß mehr sein? Das wäre ein Tabubruch mit unabsehbaren Folgen.

Die wahren Eigentümer dieser Schätze aber sind weder die Bibliotheken noch die Forscher, sondern wir alle. Ihr geplanter Verkauf ist deshalb in der Tat eine Veruntreuung von Gemeingut und führt zu einem Verlust von Gütern, die zutiefst mit dem zu tun haben, was in der Politik gern als "Identität" einer Gesellschaft oder eines Volkes bezeichnet und beschworen wird. [...]

Die Handschriften, um die gestritten wird, haben selbst keine Stimme. Daher ist es an uns, aufzubegehren gegen einen Vorgang, der ein Bundesland, das sich gern als Land der Denker sieht, nachhaltig diskreditieren und das Ansehen Deutschlands als Kulturnation auch in der internationalen Wahrnehmung beschädigen würde. Es darf nicht sein, daß wir uns rauben lassen müssen, was unsere Vorfahren für uns gesammelt haben.

Der Autor ist Professor für Lateinische Philologie des Mittelalters an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg.


Text: F.A.Z., 02.10.2006, Nr. 229 / Seite 41

Felix Heinzer hat gemeinsam mit Gerhard Stamm die Pergamenthandschriften von St. Peter
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/kataloge/HSK0034.htm (Faksimile)
und von Lichtenthal
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/kataloge/HSK0246.htm (Faksimile)
in der Badischen Landesbibliothek katalogisiert.

Richard W. Apfelauer stellt das Archiv in den Mitteilungen der VÖB 2006/2 S. 40ff. vor. Download unter
http://www.univie.ac.at/voeb/php/publikationen/vm/voebmitt5920062/index.html

Für die Verlage ist die internationale Bildbeschaffung zunehmend ein Problem, weil die Kosten für Ektachrome und Bildrechte im Vergleich zu 1990 regelrecht explodiert sind. Die Nutzungs-rechte für gutes Bildmaterial aus internationalen Museen für alle Auflagen und Ausgaben eines Buches weltweit und zeitlich unbegrenzt zu erwerben, ist kostspielig geworden. Hier haben Verlage, die Lizenzen erwerben oder mit Museen kooperieren, in der Regel keine oder über-schaubare Zusatzkosten zu erwarten.

Simone Philippi in "International Art Book Publishing", 2006, S. 31
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2006/2/index.html

Siehe dazu auch:
http://archiv.twoday.net/stories/2484031/

In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hat der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, der Dresdener Germanist Peter Strohschneider, ernste Zweifel angemeldet, dass die wissenschaftliche Nutzbarkeit der Karlsruher Handschriften erhalten werden könne, wenn verkauft werde. Eine Digitalisierung könne den direkten Umgang mit den Handschriften nicht ersetzen. Das Thema werde tourismuswirtschaftlich behandelt, wenn man Bilder und Schlösser im Landesbesitz behalten wolle, Handschriften aber nicht. Strohschneider schlägt eine gemeinsame Anstrengung der Länder vor. Es müsse eine andere Lösung gefunden werden.

Volltext:
http://log.netbib.de/archives/2006/10/01/nachgefragt-bei-prof-peter-strohschneider/#more-78606222

Wie sich aus Google News ergibt, haben zahlreiche Lokalzeitungen bundesweit die dpa-Meldung "Kanzleramt prüft Ausfuhrverbot für Karlsruher Handschriften" übernommen.

Auszüge aus der Volksstimme mit neuen Informationen:

Der baden-württembergische Staatsminister Willi Stächele (CDU) sagte mit Blick auf die Prüfung in Berlin: "Baden-Württemberg weiß, wie man den Ausverkauf wertvollen Kulturguts verhindert." Er forderte mehr Sachlichkeit in der Diskussion. "Die Überlegungen des Finanzministeriums brauchen noch viele Ergänzungen", sagte er. "Nicht alleine die Finanzpolitiker haben das Wort, sondern auch das zuständige Wissenschaftsministerium wird abschließende kulturhistorische Bewertungen vornehmen müssen." [...]

Die Empörung unter den Fachleuten sei groß, sagte Klein weiter. "Es hat niemand geglaubt, dass so etwas in Deutschland möglich ist." Der Mittelalterforscher widersprach auch dem Argument der baden- württembergischen Landesregierung, es würden keine Handschriften veräußert, die einen Bezug zu Baden hätten. Diese Unterscheidung sei kaum möglich: "Das wäre ähnlich, wie wenn wir bei einer Bildersammlung sagen: "Den Picasso kann man verkaufen, weil er nicht in Deutschland entstanden ist".


Auf der Marburger Seite mit der Unterschriftenlisten gehen jeweils 30 Namen auf meine Bildschirmseite. Ich zählte gerade 72 Seiten, macht 2160 Unterschriften.

http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/brief/

Zwei Leserbriefe aus der Stuttgarter Zeitung Freitag, 29.9., Leserforum (S.9)

"Wie ein Altersruhegeld"
zu: In Karlsruhe droht ein tödlicher Aderlass, 22.9.2006

Der Streit um die Bestände der Badischen Landesbibliothek zeigt, wie wichtig es
ist, die juristischen Grundlagenfächer vor weiteren Auszehrungen zu bewahren.
Die baden-württembergische Landesregierung jedenfalls täte gut daran. Denn
rechts- und verfassungsgeschichtlich ist die Frage des Eigentums an den
Beständen der ehemaligen Badischen Hofbibliothek leicht zu klären. Die
Hofbibliothek gehörte als Teil der so genannten Hofausstattung zum
Domänenvermögen. Das Domänenvermögen war aufgrund einer verklausulierten
Verfassungsbestimmung von 1818 Patrimonialeigentum der großherzoglichen Familie.
Nach dem damals geltenden Staats- und Privatfürstenrecht galt dies aber nur,
solange das Haus Baden mit dem Großherzog den Inaber der Staatsgewalt stellte.
Die Domänen waren nämlich Anhängsel der Landeshoheit oder Staatsgewalt, sie
gehörten also nicht einer Privatperson, sondern dem Träger der Staatsgewalt.
Mit dem Übergang der Staatsgewalt auf die Republik Baden ging auch das
Domänenvermögen und mit ihm der Bestand der Hofbibliothek in staatliches
Eigentum über. Die nach der Revolution von 1918 gewährten Ausgleichsleistungen
für das ehemals regierende Haus stellten daher keine Entschädigung für
verlorenes Domänenvermögen dar. Sie waren vielmehr eine Abfindung für den
Verlust des Regierungsrechts überhaupt, etwa so wie die heutigen
Altersruhegelder von Politikern.
Das bedeutet, dass das Haus Baden überhaupt keine Ausgleichsansprüche mehr gegen
das Land Baden-Württemberg im Zusammenhang mit vormaligem Domänenvermögen haben
kann. Die Bereitschaft der Landesregierung, dem Haus Baden zur eigenen Sanierung
bibliophile Kostbarkeiten von einmaligem Wert zu schenken - um nichts anderes
geht es - erscheint vor diesem Hintergrund mehr als zweifelhaft. Dies umso mehr,
als die Zimelien von der Reichenau infolge der Säkularisation in den Bestand der
Hofbibliothek kamen. Für solche Bestände nahm die Staatsrechtslehre schon lange
vor 1918 Staatseigentum an.
Dr. Winfried Klein, Heidelberg

"Neid auf Nachbar"
zu: Badisches Adelshaus verkauft Kulturerbe, 21.9.2006

Man kann nur mit Neid nach Bayern schauen. Dort gibt es das "Kulturgut
Bibliothek". Bereits im Jahr 1943 wurde die Hofbibliothek des Hauses Thurn und
Taxis unter Fideikommissrecht gestellt. Im Jahr 2004 wurde das vom
Oberlandesgericht Nürnberg bestätigt. "Der Bücherschatz bleibt bis auf weiteres
unter Aufsicht des Staates", erklärte der Justizsprecher. Die
baden-württembergische Landesregierung ist jedoch nicht bereit, das Kulturgut
Bibliothek als schützenswert anzuerkennen und nimmt billigend in Kauf, dass dem
Land wertvolles Kulturgut verloren geht.
Man stelle sich einmal vor, ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude wie das
Heidelberger Schloss oder das Ulmer Münster würde an einen reichen Japaner
verkauft, der es dann abtragen ließe, um es in seiner Heimat in einem Privatpark
für die Öffentlichkeit unzugänglich wieder aufbauen zu lassen! Auch der Erhalt
von Schloss Salem rechtfertigt in keiner Weise den Verkauf der mittelalterlichen
Handschriften, unserem gemeinsamen kulturellen Erbe.
Inge Utzt, Stuttgart

Mir wurde von befreundeter Seite folgender Text zugänglich gemacht, den ich wiedergeben darf.

Das große Steinhaus derer von Baden steht schon lange und wird, so wie es aussieht, in den nächsten zehn, zwanzig Jahren keine Ruine werden, auch wenn sicherlich einiges zu machen ist (wie an allen Häusern, auch denen, die erst 30 Jahre alt sind, zu machen ist). Ein solcher Ort, wenn er lange genug da ist, kann alles beherbergen, ohne sich zu verändern: einen Wallenstein, einen Göring, eine Schule oder einen Event-Club.

Eine alte Schrift oder ein alter Druck beherbergt nur Fliegenbeine, deren Bedeutung den Menschen braucht. Nur der Mensch trägt sie weiter; der fragile Zustand ihres Ortes kann jeder Zeit zu Asche werden. Durch Wallensteins, Görings, Schulen oder Event-Clubs.

Die Häuser bewundern wir und haben Respekt vor der Technik, die sie erhalten hat; die fragilen Schriften berühren uns, weil sie nicht anderes beherbergen können als sich selbst.

http://www.swr.de/swr2/sendungen/journal/interviews.html
Gespräche mit Walter Berschin, Felix Heinzer und Reinhard Mußgnug
Berschin:
http://mp3.swr.de/swr2/journal/interviews/124765.6444m.mp3
Mußgnug
http://mp3.swr.de/swr2/journal/interviews/124712.6444m.mp3
Heinzer
http://mp3.swr.de/swr2/journal/interviews/124497.6444m.mp3

Interview mit Claudia Fabian (BSB)
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/09/29/dkultur_200609291925.mp3

Interview mit Lieselotte E. Saurma
http://ondemand-mp3.dradio.de/podcast/2006/09/28/dlf_200609281737.mp3

Gespräch Prof. Mußgnug, Dr. Vogt, Dr. Graf
http://mp3.swr.de/swr2/forum/swr2_forum_20060928_handschriftendeal.6444m.mp3

Gespräch Präsidentin des Museumsverbandes BW
http://mp3.swr.de/swr2/journal/interviews/125508.6444m.mp3

Gespräch mit M. Kronenberg (Museumsbund)
http://mp3.swr.de/swr2/journal/interviews/125482.6444m.mp3

Kommentar bei Dradio.de
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/09/28/dlf_200609281912.mp3

Was sind uns alte Handschriften wert?
Zur Diskussion um den Kulturgüterschutz
Gespräch mit der Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder, Isabel Pfeiffer-Poensgen
Moderation: Stefan Koldehoff
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturfragen/553495/
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/10/15/dlf_200610151706.mp3

SWR2 Zeitgenossen
Sonntag, 8.10.2006, 14.05 bis 14.50 Uhr
Reinhard Mußgnug, ehemaliger Ordinarius für Öffentliches Recht an der Universität Heidelberg, im Gespräch mit Eggert Blum
http://www.swr.de/swr2/sendungen/zeitgenossen/archiv/2006/10/08/index.html
http://www.swr.de/meta/swr2/zeitgenossen/sendungen/2006/10/08/125276.28_64s.rm.ram

Handschriftenverkauf - Baden-Württemberg rudert zurück (Gespräch mit Prof. Mußgnug)
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/10/10/dkultur_200610102340.mp3
Von Uschi Götz, Deutschlandradio Kultur, 10.10.2006 23:40 (mp3, 04:14 min)

MP Oettinger will ein Bild kaufen , das ihm schon gehört : Hans Baldung Grien (incl. Interview mit Prof. Mertens)
Von Sabine Freudenberg, Deutschlandradio Kultur 02.11.2006 23:09
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/02/dkultur_200611022309.mp3

Erwähnung im Bundestagsausschuss
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/09/27/dkultur_200609272317.mp3

Deutschlandradio Kultur 18.11.2006 07:10 (mp3, 05:17 min)
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/18/dkultur_200611180710.mp3
Korrespondentengespräch: Handschriften-Streit Baden-Württemberg
Autor: Götz, Uschi

http://www.blb-karlsruhe.de/presse_download/bilder.php

Die Seite ist für den Pressedownload gedacht.

Mit Genehmigung des Autors dokumentiere ich einen Brief an den Konstanzer CDU-Landtagsabgeordneten Andreas Hoffmann, der sich auch auf der Reichenau äußerte:
http://www.andreas-hoffmann.info/news_detail,150,,1483,detail.html

Der Brief an Oettinger ist dokumentiert unter
http://andreas-hoffmann.info/download/schr.mp_oettinger_21.09.06.pdf

Einleitend artikuliert H. Verständnis für die "Ultima ratio", den beabsichtigen Verkäufen, dem die Zustimmung nicht verweigert werden könne.

Zumindest "ein Teil" der Reichenauer Handschriften solle nicht dem Verkauf zugeführt, sondern dem Welterbemuseum auf der Reichenau überlassen werden. Er denkt vor allem an das Reichenauer hausbuch. Auch wenn die Verwertung "eines großen Teils der badischen Kulturschätze wohl unausweichlich" sei, sei es wichtig, die "elementarsten Bestandteile" auf Dauer der Allgemeinheit zu erhalten.

Der Brief von Dr. Herkenhoff ist völlig berechtigt. Es ist eine Schande, dass der CDU-Abgeordnete sich nicht ohne Wenn und Aber für den Erhalt für den Erhalt der in die Landesbibliothek gelangte Reichenauer Klosterbibliothek (Handschriften UND Drucke) als Ganzes einsetzt. Hauptsache, er kann ein paar schöne Stücke fürs Klostermuseum herausschlagen. Eine selten schäbige Gesinnung.

Sicher freut sich der Abgeordnete Hoffmann über E-Post:
mdl.hoffmann.kn@t-online.de

Nun der Text des Herkenhoff-Briefs:

Sehr geehrter Herr Hoffmann,

der beabsichtige Verkauf von Handschriften und Alten Drucken der Badischen
Landesbibliothek ist eine Schande! Es in den letzten Tagen deutlich geworden -
zu denken ist etwa an die ausführliche Stellungnahme von Professor Mußgnug in
der FAZ - dass das Land Baden-Württemberg die Ansprüche des markgräflichen
Hauses nicht in letzter Konsequenz geprüft hat bwz.wohl nicht hat prüfen
wollen. Doch von der rechtlichen Basis einmal abgesehen: bei den Zimelien der
Badischen Landesbibliothek handelt es sich nicht um Privatbesitz, sondern um
ein kulturelles Erbe, das uns allen gehört, vor allem aber Wissenschaft und
Forschung zur Verfügung stellen muß, und von daher nicht in einem japanischen
oder amerikanischen Privatsafe verschwinden darf. Wenn Herr Oettinger in seinen
Äußerungen zeigt, dass er nur betriebs- und volkswirtschaftlich denken und
argumentieren kann, hinsichtlich der Kultur aber nur Ignoranz verbreitet,
stellt er als Ministerpräsident dem Land Baden-Württemberg ein einziges
Armutszeugnis aus.

Sie haben es jedoch in meinen Augen geschafft, das miserable Vorgehen von
Ministerpräsident, Finanz- und Wissensschaftsminister, das dem Land
Baden-Württemberg den berechtigten Vorwurf des Kulturvandalismus eingebracht
hat, noch zu übertreffen. Ich beziehe mich dabei auf Ihren im Internet
veröffentlichten Brief an Herrn Oettinger, in dem sie vorschlagen, dem
beabsichtigen Weltkulturerbemuseum quasi aus der Konkursmasse der Badischen
Landesbibliothek noch Reichenauer Handschriften zuzuschlagen. Dies ist schon in
der Sache völlig verfehlt. Bücher sind keine Museumsobjekte. Gerade
Pergamenthandschriften eignen sich aufgrund ihrer Mechanik und empfindlichen
Materialien nicht dazu, ständig aufgeschlagen in Vitrinen zu liegen. (Aus
diesem Grund werden sie auch immer nur für eng begrenzte Fristen in
Ausstellungen gezeigt). Dass Sie die entsetzliche Situation, in die die
Badische Landesbibliothek geraten ist, jetzt dazu nutzen wollen, für Ihren
eigenen Wahlkreis noch einige "Schaustücke" herauszuschlagen,halte ich
unanständig und wirft auf die in Ihrem Brief formulierte Zustimmung zum
Verkauf der Handschriften ein ganz schlechtes Licht.

Ich weiss nicht, ob es Sinn macht, an Sie oder Ihre Kollegen in dieser
Angelegenheit noch in irgendeiner Weise zu appellieren. Herr Oettinger und die
Landesregierung Baden-Württember haben in meinen Augen die Büchse der Pandora
geöffnet. Wenn schon das vergleichsweise reiche und angeblich so
kulturfreundliche Baden-Württemberg anfängt, das Tafelsilber, das kulturelle
Erbe von uns allen zu verscherbeln bzw. Betriebswirten wie Bernhard von Baden
zu überlassen, wird das mit Sicherheit in anderen, weniger wohlhabenden
Bundesländern Nachahmer finden. Den Schaden tragen wir dann alle.

Ich darf Sie bitten, über den Inhalt meines Briefes zumindest einmal
nachzudenken!

Diese Email geht in Kopie an den Südkurier. Ich stelle es der Zeitung frei, ihn
vollständig oder in Auszuügen als Leserbrief zu veröffentlichen.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Herkenhoff

-----------------------------------------------------------------------
Dr. Michael Herkenhoff
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Handschriften und Alte Drucke der
Sektion 4 im DBV
http://www.bibliotheksverband.de/aghandschriften/start.html
Universitäts- und Landesbibliothek Bonn
Adenauerallee 39-41
D-53113 Bonn

Die Idee einer Stiftung, die Salem langfristig sichert und gleichzeitig den Markgrafen bewegt, all seine Kunstschätze dem Staat abzutreten, hat deshalb durchaus Charme.

Meint Arnold Rieger in den Stuttgarter Nachrichten (30.9.2006, S.2) und fährt fort:

Wenn es nicht den Haken gäbe, dass dieses Geschäft auf Kosten alter Handschriften ginge, deren Verkauf das nötige Stiftungskapital erbringen soll. Darf man das? Darf man ein Kunstwerk auf dem Altar des anderen opfern? Schließlich handelt es sich bei den Manuskripten nicht um Fürstennippes, sondern um unwiederbringliche Zeugnisse deutscher Kultur: einen Spiegel des öffentlichen Gedächtnisses. Wer solche Tabus bricht, die obendrein an landsmannschaftliche Empfindlichkeiten rühren, braucht nicht nur gute Argumente, sondern auch Fingerspitzengefühl und Kommunikationstalent. Nichts davon hat die Landesregierung gezeigt.

Sie schuldet der Öffentlichkeit vor allem den Beweis, dass alle anderen Wege begangen oder wenigstens erkundet worden sind, um diesen problematischen Deal zu umgehen. Sponsoren, Landesstiftung, Bürgerinitiativen - vieles ist denkbar, was zur dauerhaften Sicherung der Salemer Anlage und zur Entlastung der Eigentümer führen könnte. Doch was erfährt die staunende Öffentlichkeit? Dass es keine Alternative gebe zu einem Vergleich, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgehandelt wurde und eine Menge Fragen aufwirft. Ist es wirklich aussichtslos, gegen das Adelshaus um die Kunstwerke zu prozessieren, wie es zwei Rechtsgutachter behaupten? Darüber gibt es in der Fachwelt unterschiedliche Meinungen. Wenn nun der Streit um die "Türkenbeute" und andere Schätze ohnehin schon seit 90 Jahren schwelt, dann sollte man sich die Zeit nehmen, um diese Frage sorgfältig zu klären - zum Beispiel mit einem zweiten Gutachten. Auch die Frage, wie viel das Haus Baden bisher in den Erhalt des Denkmals investiert hat, ist nicht beantwortet. Stattdessen wurde vereinbart, der Familie 30 Millionen Euro als Entschädigung zu zahlen.

Nur widerstrebend und nach massiven Protesten rang sich die Landesregierung in dieser Woche eine Erklärung ab: eine Feuerwehraktion, aber keine vertrauensbildende Maßnahme. Für die größte Verwunderung sorgt aber der Ministerpräsident selbst. Der ansonsten so kunstsinnige Regierungschef tat die Diskussion mit der schnoddrigen Bemerkung ab, diese schlage sich ja nur auf den Kulturseiten der Zeitungen nieder: ein kleiner, unsensibler Satz, der noch lange nachhallen wird. Man muss nicht die überzogenen Reaktionen aufgeregter Professoren teilen, die den "Ausverkauf der Vergangenheit" beschwören, um zu bilanzieren: Der Vergleich mit dem Haus Baden ist mangelhaft begründet und miserabel kommuniziert. Mit dem Effekt, dass Baden-Württembergs Image als Kunstland international Schaden erleidet.


Die Stuttgarter Zeitung widmet dem Skandal heute eine Sonderseite. Den größten Raum nimmt eine einfühlsame Home- bzw. besser Castle-Story zu Bernhard von Baden ein, dessen Belastung durch das riesige Areal Salem und die Unterhaltungskosten dargestellt werden. "Alles ist in einem Topzustand" wird der junge Adelige zitiert, was die Frage nahelegt, ob dann nicht ein weniger übereiltes, mit dem Verlust unschätzbarer Werte für die Landeskultur verbundenes Vorgehen angezeigt sei. Die 70 Millionen müssen ja nicht sofort aufgebracht werden. Das Land könnte eine Bürgschaft für die akuten Verbindlichkeiten übernehmen und dann könnte man in Ruhe nach Lösungsmöglichkeiten sowohl für die Salem-Frage als auch für die ungeklärten Eigentumsverhältnisse des Kulturguts suchen.

Außerdem erfährt man etwas über die vielen Preziosen der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek und über den Volkszorn in Baden: "Badens Volksseele kocht. Der drohende Verkauf der Handschriftensammlung eint Bürger und Kommunalpolitiker über alle Parteigrenzen hinweg. Mit Unterschriftenlisten und Resolutionen wettern sie gegen den Plan der Landesregierung".

In der FAZ gibt es heute drei Leserbriefe gegen den Verkauf.

Im Tagesspiegel schreibt Bernhard Schulz:

Die Erhaltung eines Baudenkmals, eben des weitläufigen Schlosses Salem, gegen die Verschleuderung von Büchern aufzuwiegen, ist jedenfalls eine grobe Missachtung der Verpflichtung des Landes zu Schutz und Bewahrung öffentlichen Kulturguts.

Denn anders, als die Landesregierung sich von den agilen Hausjuristen Bernhards von Baden hat einreden lassen, sind die Eigentumsverhältnisse keineswegs so undurchsichtig, dass der jetzt angestrebte Rechtsvergleich „gerechtfertigt“ wäre, wie der Finanzminister behauptet. Die badische Verfassung von 1818 – als sich nach Napoleon überall absolutistische Reiche in konstitutionelle wandelten – nennt das landesherrliche Vermögen „nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Staats- und Fürstenrechts unstreitiges Patrimonialeigentum des Fürsten und seiner Familie“. Letztendlich auf diesen Passus stützt der Markgraf seinen Eigentumsanspruch. Denn der 1919 geschlossene Vertrag des nunmehr republikanischen Landes Baden mit dem vormalig Großherzoglichen Haus schlägt diesem das Patrimonialeigentum „als Privateigentum“ zu – und zwar ausdrücklich Teile des Grundbesitzbestandes, ohne jedoch den Kunst- und Bibliotheksbesitz zu erwähnen. Das Land Baden und seit 1952 das vereinte Baden-Württemberg haben diese Bestände denn auch seither gepflegt, wissenschaftlich bearbeitet und zugänglich gemacht. Zweifel an der öffentlichen Trägerschaft gab es über all die Jahrzehnte hinweg nie.


http://www.tagesspiegel.de/kultur/archiv/01.10.2006/2812461.asp

In den Stuttgarter Nachrichten bekommt Oettinger sein Fett weg:

Groß herausgekommen ist der bekannte Stuttgarter Ministerpräsident Oettinger. Dieser Virtuose des verschwäbelten Nasalknödels, dieser Mundart-Berserker aus Ditzingen will am Verkauf der wertvollen Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe festhalten. Mit den 70 Millionen Euro soll das ehemalige Zisterzienserkloster Salem saniert werden, das der Markgrafenfamilie gehört.

Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt: "Oettinger ist heute - in diesem Zusammenhang muss man sagen: leider - Ministerpräsident von Baden-Württemberg. In dieser Funktion möchte er nun einen Teil der Kultur des Abendlands verhökern." Und in so scharfem Ton hauen die Münchner Kollegen selten drein: "Der Vorgang ist empörend: Eine Sammlung, die Jahrhunderte sowie Kriege, Umstürze, Pleiten und Plünderungen überlebt hat, wird von einem emporgekommenen Provinzpolitiker versilbert. Wes Ungeistes Kind Oettinger ist, beweist er jetzt durch den Satz, dass die Kritik an diesem Vorhaben nicht auf den Wirtschaftsseiten der Zeitungen stehe, sondern nur im Kulturteil. Der Sinn dieses Satzes ist klar: Die Wirtschaft ist ernst zu nehmen. Wer aber Kultur ernst nimmt, hat einen Sprung in der Schüssel."

Nun greift auch das Kanzleramt in den Streit um den geplanten Verkauf badischer Kulturgüter durch das Land Baden-Württemberg ein. Nach Medienberichten wird geprüft, ob die Bundesregierung ein Exportverbot für die Handschriften beantragen soll. Unterdessen wächst der Protest in der Wissenschaft.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) lasse ein Ausfuhrverbot der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe prüfen, berichten das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" und die Nachrichtenagentur dpa. Die entsprechende Klausel im Kulturschutzgesetz, nach der auch der Bund "zur Wahrung eines gemeindeutschen Interesses" ein solches Verbot verlangen kann, habe man "durchaus im Blick", hieß es demnach.

Auch der Bundestags-Kulturausschuss wird sich mit dem drohenden Verkauf der einzigartigen mittelalterlichen Handschriften befassen, wie der Ausschussvorsitzende Hans-Joachim Otto (FDP) dem Magazin sagte. "Es geht nicht um irgendwelche Reminiszenzen an Baden, es geht um eine national bedeutsame Sammlung."
Bei Ausfuhrverbot weit geringerer Erlös

Der Leiter der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe, Peter Michael Ehrle, muss bis dem 10. Oktober eine "Negativliste" mit nicht verkäuflichen Werken erstellen. Eine endgültige Liste der zu versteigernden Kunstwerke soll eine Kommission aus Beamten, Experten und einem Vertreter des Hauses Baden bis Jahresende festlegen. Sollte die Ausfuhr untersagt werden und die Werke nur auf dem deutschen Markt verkauft werden können, ließe sich nach der Schätzung eines Antiquars im Vergleich zum Weltmarktpreis "nur ein Viertel erlösen".

http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1577622/59qq6c/index.html

Laut
http://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/684213.html
ist von einem "involvierten Antiquar" die Rede. In dieser Liga spielt aber nur Dr. Jörn Günther (Hamburg), der immer dabei ist, wenn es um Millionenwerte geht. Es ist durchaus nicht auszuschließen, dass dieser skrupellose Händler den ganzen Deal einfädelt hat.

***

Das Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung
http://www.gesetze-im-internet.de/kultgschg/BJNR005010955.html

§ 3

(1) Die Eintragung kann auf Antrag oder von Amts wegen erfolgen. Die Landesregierung regelt das Antragsrecht durch Rechtsverordnung. Sie kann diese Befugnis auf die zuständige oberste Landesbehörde übertragen.

(2) Zur Wahrung eines gemeindeutschen Interesses kann der Beauftragte der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien die Eintragung in das Verzeichnis beantragen.


Absatz 2 wäre allerdings eine Möglichkeit, die Trümpfe der Landesregierung auszustechen. Ein solcher Antrag wäre aber zugleich eine schallende Ohrfeige für die Landesregierung.

Martin Zwilling (FU Berlin) hat eine geniale Anzeigenidee unter
http://www.martin-zwilling.de/BW.htm
abgelegt.

Weh täte das der Landesregierung aber nur, wenn diese Anzeige tatsächlich in einem überregionalen Organ erschiene. Da Herr MP Oettinger bereits bekundet hat, dass ihn das Feuilleton nicht schert, sollte man vorrangig an den Wirtschaftsteil der FAZ, an die Financial Times Deutschland oder das Handelsblatt denken ...

September 22, 2006

To the editor:

It is difficult to convey our shock, astonishment and dismay at the still barely believable news of the scandalous plan to sell the vast majority of the manuscript holdings -- some 3500 out of a total of 4200 volumes -- of the Badische Landesbibliothek in Karlsruhe in order to permit the house of Baden to pay off its debts and restore its last remaining residence at Salem. Other nations, for example, the United Kingdom, have found ways, through instruments such as the National Trust, to strike a balance between preservation and private property rights. Due, in part, to Dostoevsky, Baden-Baden, former residence of the Markgräfliches house, remains known around the world as the site of a now insignificant casino, but who would have thought that the government of Baden-Württemberg would turn out to be the biggest gambler of all? All other considerations aside, there is no way that the market could absorb so many manuscripts, many of them incomparable treasures, within a short span of time. It is therefore to be feared that a great many will be sold at prices that in no way reflect their real monetary value. Financial folly aside, with this act, arrived at in secret, without, apparently, proper public debate or review, one of the world’s greatest collections, in many respects an incomparable record and repository of over a millennium of European monasticism and memory, including, inter alia, major monuments in the history of art, literature, theology, mysticism and music, will be dispersed and destroyed. Books that have been conserved, catalogued, and exhibited (at considerable public expense) will end up God knows where. Many will disappear into private collections, becoming inaccessible to students, scholars and any wider public of culturally and historically-minded individuals. Historical collections -- monastic libraries assembled over centuries -- will be scattered, making it all but impossible to study them in systematic or a coherent fashion. Other books (perish the thought), having survived the Thirty Years War, the Napoleonic invasion, secularization, and two World Wars, will be broken up, made victims of the market -- and for what? To preserve, in apparent violation of due democratic process, let alone the public interest, the dignity of an overstretched aristocratic family.

A library is more than just a collection of books. It is a storehouse of memory, or better put, it is a resource that makes the work of memory, history and cultural self-consciousness possible in the first place. In WWII, despite the collection having been put in storage for safe-keeping, most of Karlruhe’s holdings -- some 360,000 printed volumes -- were annihilated by bombardment. Other great libraries, from Alexandria to Sarajevo and the Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar, have been lost due to accidents, vandalism or violence. Are we now to add Karlsruhe to this list of disasters? If so, it will have a place of special distinction, for in this case, a great library will have been destroyed, not accidently, but rather at the hands of the very people entrusted to protect it. It would be one thing if the collections in Karlsruhe were of no more than antiquarian interest, important only within a local or, at best, a regional setting. Even under these circumstances, their dispersal would be a scandal. Throughout the Middle Ages, however, and beyond, the Upper Rhine was a cradle of civilization, a major locus of European urbanism, a highway between north and south, in short, a driving force in European history. The sale of Karlsruhe’s manuscripts will be registered round the world as a clear signal that in Germany, the past is for sale -- and at bargain-basement prices. In selling off such treasures, the government of Baden-Württemberg makes a mockery, not only of democratic process, but also of its commitments to education, culture and the public good.


Yours sincerely,


Prof. Dr. Jeffrey F. Hamburger, History of Art & Architecture, Harvard University

Mitunterzeichnet von:
Prof. Dr. Ann Blair, History, Harvard University
Prof. Dr. Caroline Walker Bynum, Institute for Advanced Study, Princeton
Prof. Dr. Walter Cahn, History of Art, Yale University
Prof. Dr. Margot Fassler, History of Music and Liturgy, Yale University
Prof. Dr. Roberta Frank, English, Yale University; President, Medieval Academy of America
Prof. Dr. Carmela Vircillo Franklin, Classics, Columbia University; Director, American
Academy in Rome
Prof. Dr. Rachel Fulton, History, University of Chicago
Prof. Dr. Patrick Geary, History, University of California, Los Angeles
Prof. Dr. Thomas F. Kelly, Music, Harvard University
Prof. Dr. James H. Marrow, Art & Archaeology, Princeton University; Fitzwilliam Museum,
Cambridge; President, Medieval Manuscript Society
Prof. Dr. E. Ann Matter, History, University of Pennsylvania
Prof. Dr. Robert Nelson, History of Art, Yale University
Prof. Dr. Thomas F. X. Noble, History; Director, Medieval Institute, University of Notre Dame
Prof. Dr. Nigel F. Palmer, Medieval German, Oxford University
Prof. Dr. Ken Pennington, Columbus School of Law, School of Theology and Religious Studies
The Catholic University of America
Prof. Dr. Robert Somerville, History, Columbia University
Prof. Dr. Nicholas Watson, English; Chair of Medieval Studies Committee, Harvard University
Prof. Dr. Anders Winroth, History; Chair, Medieval Studies Program, Yale University

Kindly provided by Jeffrey Hamburger

More on the case in English see the recent entries at
http://archiv.twoday.net/topics/English+Corner/

More than 2000 scholars worldwide have signed the protest letter at
http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/brief/

Translation: http://archiv.twoday.net/stories/2731521/

If you would like to sign the Open letter, send an email to
kleink@staff.uni-marburg.de
subject: Open Letter
please include your full name, title, institutional affiliation.

Gab es jemals einen so gewaltigen wissenschaftlichen Protest in Sachen Kulturgutverluste?

Der von den Marburger Altgermanisten Joachim Heinzle und Klaus Klein initiierte offene Brief hat beispiellosen Zulauf.

http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/brief/

Soeben zählte ich über 2000 Unterschriften.

Von hunderten von Wissenschaftlern spricht der SWR:
http://www.swr.de/nachrichten/bw/-/id=1622/nid=1622/did=1577622/59qq6c/index.html

In einem offenen Brief im Internet protestieren hunderte Wissenschaftler und Mittelalterforscher aus dem In- und Ausland gegen den geplanten Verkauf der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek. "In einem beispiellosen Akt der Barbarei würde dem Land damit ein zentraler Bestand seines kulturellen Erbes genommen", heißt es in dem Schreiben an Baden- Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und die Landtagsabgeordneten. Initiiert wurde die Aktion von den Marburger Mittelalterforschern Joachim Heinzle und Klaus Klein.

Die Handschriften der Karlsruher Bibliothek "dokumentierten in einzigartiger Weise das geistige Leben der Region, wie es sich über Jahrhunderte entwickelt hat ", heißt es weiter in dem Brief. Mit einem Verkauf würde die Sammlung "in alle Winde zerstreut".

Mehr als 1.700 Fachleute hätten bereits unterzeichnet, sagte Klein. "Die Resonanz ist wahnsinnig." Auch der amerikanische Harvard-Professor und Kunsthistoriker Jeffrey Hamburger sowie Forscher zahlreicher Universitäten, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen haben ihren Namen unter den Brief setzen lassen. Auch in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung " war vor kurzem ein offener Protestbrief von 19 Professoren und Kunsthistorikern aus aller Welt veröffentlicht worden.

Quelle: http://www.n-tv.de/716762.html

http://www.icom-deutschland.de/docs/positionspapier.pdf (2004)

Provenienzzusammenhänge werden an keiner Stelle angesprochen.

Wer sich rasch informieren will:

Englisch:
http://archiv.twoday.net/topics/English+Corner/

Deutsch
http://archiv.twoday.net (auch zu rechtlichen Aspekten)
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/forum/type=diskussionen&id=816
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/aktuelles/aktuellinfo.html#handschriften
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2006/presse-bnn060927.php
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2006/presse-sz060925.php

 

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