Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Wolfgang Schorlau, Krimi-Autor, geißelte in der Stuttgarter Zeitung vom 21. Oktober die unterwürfige Haltung des Bürgers zum Adel.

Die beste Beschreibung des Bürgers in der wilhelminischen Zeit liefert Heinrich Mann in seinem Roman "Der Untertan". Seine Figur Diederich Heßling ist das idealtypische Bild des deutschen Bürgers, der lieber Untertan sein will: feige, obrigkeitshörig, nach oben buckelnd und nach unten feste tretend. Kein Wunder, dass die Weimarer Republik nur von dem kleinen Teil des aufgeklärten städtischen Bürgertums, namentlich des jüdischen und den vielen Corl Smolts, den sozialdemokratischen Arbeitermassen getragen wurde.

[...]

Man reibt sich verwundert die Augen, wenn einem heute, nach so vielen Jahrzehnten und Generationen später, in einem Nebensatz eines deutschen Ministerpräsidenten diese trostlose Tradition erneut entgegenspringt. Die Rechtsverhältnisse bei den Handschriften und vielen anderen Kunstschätzen, die das Haus Baden weiterhin ihr eigen nennt, sind unter Experten stark umstritten. Die absurde Vorstellung, ohne gerichtliche Klärung einem Nachfahren des Adelshauses aus dem Kulturetat 30 Millionen zu schenken, schadet dem Land weit über diese Summe hinaus. Das Hinterwäldlerische, das Baden-Württemberg häufig nachgesagt wird und das es vor kürzerer Zeit noch mit einer millionenschweren Imagekampagne abstreifen wollte, drängt sich bei der öffentlichen Wahrnehmung des Landes nun wieder in den Vordergrund. Oder zeitgemäß ausgedrückt: Wir können alles, außer Mittelhochdeutsch.

Spendenaufruf für den Erhalt von badischen Kulturgütern

24.10.2006 Ministerpräsident Günther H. Oettinger hat zum Engagement von
Bürgerschaft und Wirtschaft für die dauerhafte Sicherung der „badischen
Sammlungen“ aufgerufen. Als erster privater Unterstützer wollen die
WGV-Versicherungen einen Beitrag von bis zu 1,5 Mio. Euro leisten.

http://www.baden-wuerttemberg.de/de/Meldungen/157653.html

Spendenaufruf für den Erhalt von badischen Kulturgütern
Ministerpräsident Günther H. Oettinger ruft zum Engagement von Bürgerschaft und
Wirtschaft für die dauerhafte Sicherung der „badischen Sammlungen“ auf

„Sicherung von baden-württembergischem Kulturgut ist gesamtgesellschaftliche
Aufgabe“ - Kunstminister Frankenberg: Spendenkonto ist eingerichtet

WGV-Versicherungen wollen Beitrag von bis zu 1,5 Mio. Euro leisten

24.10.2006 „Die Sicherung von baden-württembergischem Kulturgut ist eine
gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir setzen daher auch auf die private
Spendenbereitschaft und auf die Hilfe von Sponsoren, um einen nennenswerten
Beitrag zur dauerhaften Sicherung des Kulturerbes in den badischen Sammlungen zu
erreichen. Im 3-Säulen-Modell der Landesregierung spielen bürgerschaftliches
Engagement und Mäzenatentum eine tragende Rolle. Daher freue ich mich, mit der
WGV bereits heute einen ersten privaten Unterstützer für die Säule,
bürgerschaftliches Engagement, zur Sicherung unseres kulturellen Erbes
vorstellen zu können“, sagte Ministerpräsident Günther H. Oettinger am Dienstag
(24. Oktober 2006) in Stuttgart.

Vergleich bringt Rechtssicherheit und sichert Kulturgut

Nur durch einen Vergleich mit dem Haus Baden werde es Rechtssicherheit geben und
könne die Gefahr abgewendet werden, dass Objekte aus den „badischen Sammlungen“
herausgegeben werden müssen. „Um dies zu verhindern, soll das Eigentum an den
Kunst- und Bibliotheksgütern, insbesondere auch an denen, die unstreitig oder
aber mit größter Wahrscheinlichkeit dem Haus Baden gehören, dauerhaft für die
Museen und Bibliotheken erworben werden“, sagte der Ministerpräsident.

Das 3-Säulen-Modell sehe in einem ersten Schritt auf diesem Weg die Finanzierung
des Vergleichs in einem Umfang von 30 Mio. Euro vor. Für die erste Säule habe
die Landesstiftung am 17. Oktober 2006 beschlossen, 10 Mio. Euro zur Verfügung
zu stellen. Die zweite Säule komme durch Solidarbeiträge des Kunstbereichs zustande.

WGV-Versicherungen als Vorreiter und gutes Beispiel für bürgerschaftliches
Engagement

Eine dritte - wesentliche Säule - solle durch Sponsoren aus der Wirtschaft und
durch Beiträge privater Spender erbracht werden. In diesem Zusammenhang sei es
außerordentlich erfreulich, dass es gelungen sei, mit den WGV-Versicherungen ein
erstes Unternehmen im Land zum Engagement für die Sicherung des Kulturguts in
badischen Sammlungen zu gewinnen. „Als Unternehmen mit regionalem Schwerpunkt im
Land Baden-Württemberg stellen wir uns der Verantwortung. Wir sehen unser
Engagement als Investment in Kunst und Kultur“, sagte der Vorstandsvorsitzende
Hans-Joachim Haug. Die WGV-Versicherungen werden einen Betrag bis zu 1,5 Mio.
Euro einsetzen. Das Kunstwerk, das noch auszuwählen sei, soll als Dauerleihgabe
im Land verbleiben und der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Gemeinsam mit dem kunstpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Christoph
Palm, dankte Ministerpräsident Oettinger für die Unterstützung. „Wir danken im
Namen des ganzen Landes dafür, dass ein württembergisches Unternehmen mit Sitz
in Stuttgart bereit ist, den Grundstein für die dritte - private -
Finanzierungssäule zu legen“, unterstrich Palm.

Spendenaufruf bekräftigt Notwendigkeit des Einsatzes von Bürgerschaft und Wirtschaft

Die Sicherung des badischen Kulturerbes sei ohne bürgerschaftliche Hilfe nicht
möglich, betonte Ministerpräsident Günther H. Oettinger. „Mich haben in den
vergangenen Wochen viele Briefe erreicht, in denen Bürgerinnen und Bürger,
Vereine und Verbände für den Erhalt des Kunst- und Bibliotheksguts in den
„badischen Sammlungen“ eingetreten sind. Beeindruckt hat mich die große
Bereitschaft, dafür auch einen persönlichen Beitrag zu leisten.“ Deshalb habe
sich die Landesregierung zur Ausrufung einer großen Spenden- und Sponsorenaktion
entschlossen.

„Die Kunstwerke und Handschriften aus den ehemals großherzoglichen Sammlungen in
der Badischen Kunsthalle, im Landesmuseum und in der Landesbibliothek gehören
zum gemeinsamen europäischen Kulturerbe. Jeder kann mithelfen, diese kulturellen
Güter für die Allgemeinheit zu sichern. Ich bitte die Wirtschaft, aber auch alle
Bürgerinnen und Bürger, sich für diesen Zweck zu engagieren“, unterstrich der
Ministerpräsident.

Kunstminister Prof. Dr. Peter Frankenberg betonte, das 3-Säulen-Modell sorge
dafür, den Erhalt der badischen Kulturgüter für das Land ausgewogen zu
finanzieren. „Dabei ist auch an Ankaufsmittel für Kultureinrichtungen gedacht.
Näheres werden wir mit allen Beteiligten besprechen.“

Das Kunstministerium hat ein Sonderkonto „Bürgerspende kulturelles Erbe“ unter
der Kontonummer 22222 bei der LBBW (BLZ 600 500 00) eingerichtet.

Quelle: Staatsministerium

Soeben auf dem Landtagsserver eingestellt:
Drucksache 14/382 04.10.2006
Antrag der Abg. Renate Rastätter u.a. GRÜNE
und Stellungnahme des Finanzministeriums
"Eigentumsrechte an den Handschriften der Badischen Landesbibliothek"
http://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0382_d.pdf

(Eingegangen: 04.10.2006, Stellungnahme des FM mit Schreiben vom 18.10.2006,
ausgegeben: 25.10.2006. Der Im Finanzausschusses, der den Antrag in seiner
Sitzung vom 19.10. behandelte, wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt, ebenso
wie die beiden anderen Anträge der SPD der der Grünen.)

Dass der Verein Gesellschaft Oberschwaben eher adelsaffin ist, sieht man schon an ihrer Jubelschau „Adel im Wandel“ in Sigmaringen. Dass sie gegen den Verkauf der Karlsruher Handschriften ist, ist da schon löblich. Und Juristen vom Range Mußgnug sind auch nicht häufig, also kann man den Kuhhandel Schloss Salem/Kunstschätze auch mal etwas schief für gutgemeint bewerten. Aber dass die Gesellschaft derart unkritisch und rein kirchturmpolitisch die Verlautbarungen der Landesregierung Oettinger zum Provenienzprinzip nachbetet, den Sammlungszusammenhang und den europäischen Maßstab nicht erkennt, und somit überhaupt den allüberall drohenden Kulturausverkauf im Lande noch lautstark mitträgt, halte ich für einen mittleren Skandal. (Es sei aber zugestanden, dass die Stellungnahme vom 29. September 2006 ist, als noch nicht alle, vor allem juristischen, Details öffentlich waren.)

Hier die Stellungnahme:

Stellungnahme der Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur e.V. zur aktuellen Diskussion um die Begründung einer Stiftung für den Erhalt des ehemaligen Klosters Salem und den Verkauf historischer Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe

Die Gesellschaft Oberschwaben hat mit Erleichterung zur Kenntnis genommen, dass die langjährige Rechtsunsicherheit zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Baden um das Eigentumsrecht und die Verantwortung für verschiedene Kulturgüter bzw. über den Charakter der Zähringerstiftung einvernehmlich und dauerhaft beseitigt worden ist. Insbesondere begrüßt sie, dass eine Stiftung errichtet werden soll, die den Erhalt der ehemaligen Klosteranlage Salem als historisches Baudenkmal dauerhaft sichert. Das Zisterzienserkloster und spätere markgräfliche Schloss Salem ist eines der herausragenden Baudenkmäler des süddeutschen Raumes, dem sich die Aufmerksamkeit der staatlichen Kulturförderung ohne Einschränkung zuwenden muss.

Es hieße nun den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, würde der Erfolg durch den Ausverkauf der derzeit in der Badischen Landesbibliothek aufbewahrten Handschriften erreicht. Insbesondere geht es um jene aus dem ehemaligen Kloster Reichenau, aber auch um andere, die in engem Zusammenhang mit der deutschen und südwestdeutschen Kulturgeschichte stehen. Sie sind Grunddokumente nicht nur schwäbischer, sondern europäischer Geistesgeschichte und müssen weiterhin der Forschung in Baden-Württemberg und darüber hinaus zur Verfügung stehen.

Die Bewahrung, Erschließung und öffentliche Nutzung wesentlicher baulicher wie archivalischer Kulturgüter als kulturelles Gedächtnis einer Gesellschaft sind Grundaufgaben jedes Staates. Nicht ohne Grund hat Ministerpräsident Oettinger in seiner ersten Regierungserklärung ausgeführt: „Kulturpolitik ist eine Pflichtaufgabe des Landes.“

Das ist wichtig und zukunftsweisend, weil es in der Geschichte auch schon anders war. So wurde durch die Säkularisation 1803 Jahrhunderte altes Kulturgut verschleudert und zur Handelsware, die über die ganze Welt verstreut ist. Das Land Baden-Württemberg hat mit seiner Großen Landesausstellung 2003 dieses Ereignisses gedacht und nimmt im Jahr 2006 zusammen mit der Gesellschaft Oberschwaben die Mediatisierung mit der Ausstellung „Adel im Wandel“ in den Blickpunkt. Vor diesem Hintergrund sollte es selbstverständlich sein, dass das den Klöstern entzogene Kulturgut, welches die Seele unserer Kulturlandschaft bildet und die Masse des Handschriftenbestandes der Badischen Landesbibliothek ausmacht, nicht nach 200 Jahren einer erneuten Säkularisation ausgesetzt wird.

Wir begrüßen daher, dass die Landesregierung zugesichert hat, nach Begutachtung durch eine Expertenkommission keine Handschriften zu veräußern, die aus Baden-Württemberg stammen oder die einen Bezug zur baden-württembergischen Geschichte haben. Dieses Prinzip darf in keinem Fall durchbrochen werden. Gleichzeitig bittet die Gesellschaft Oberschwaben die Landesregierung von Baden-Württemberg, alles in ihren Kräften Stehende zu tun, um sowohl durch die Bündelung staatlicher Finanzmittel, wozu insbesondere die Landesstiftung und die Lottogesellschaft gehören, als auch den Appell an potentielle private Sponsoren die benötigten 70 Millionen aufzubringen und einen Verkauf überhaupt zu verhindern.

Ravensburg, 29. September 2006

Für die Gesellschaft Oberschwaben für Geschichte und Kultur e.V.

Prof. Dr. Hans-Ulrich Rudolf, 1. Vorsitzender

Landrat Dirk Gaerte, 2. Vorsitzender

Der Leiter des Erzbischöflichen Archivs in Freiburg Christoph Schmider hat in einem Artikel im Konradsblatt über die Karlsruher Handschriftenaffäre die Sachlage nochmals klar dargestellt, den Ensemblecharakter unterstrichen und die Frage gestellt, ob auch in Zukunft die Kulturgüter als unveräußerlich gelten werden.

Ich kann es mir nicht versagen, auf den gravierenden "Sündenfall" der Erzdiözese Freiburg im Jahr 2003 zu verweisen, als eine von der Säkularisation verschont gebliebene historische Klosterausstattung samt wertvollen Teilen der Klosterbibliothek auf Geheiss der Erzdiözese versteigert wurde.

Klaus Graf: Fragwürdige Auktion: Das Inventar des Klosters zum
Heiligen Grab in Baden-Baden wurde
versteigert, in: Das Münster 56 (2003) H. 3, S. 233-234. Auszüge:
"Als am 14. Juni 2003 das Inventar des Klosters zum
Heiligen Grab in Baden-Baden unter den
Hammer kam, war dies der dramatische Schlußakkord einer
nie unterbrochenen klösterlichen
Tradition. Die Chorfrauen vom Heiligen Grab (Sepulchrinerinnen) sind
der weibliche Zweig des Ordens
vom Heiligen Grab, dessen bedeutendste deutsche
Niederlassung das württembergische
Denkendorf schon in der Reformationszeit aufgehoben wurde.
In Spiritualität und Liturgie an
der mittelalterlichen Verehrung des Jerusalemer Heiligen
Grabes orientiert, sind die sich seit
dem beginnenden 17. Jahrhundert ausbreitenden Kanonissen
jedoch vor allem im Kontext der
frühneuzeitlichen Schulorden (Ursulinerinnen, Englische
Fräulein und andere) zu sehen. Der
Kernbereich des Ordens waren die südlichen Niederlande.
1670 kamen vier Chorfrauen und
eine Laienschwester aus dem Heiliggrabkloster St. Agatha
in Lüttich nach Baden-Baden (der
“französische” Einschlag blieb in der Klostergeschichte
lange dominant). […]
Es ist schwer verständlich, daß im
“Säkularisationsgedenkjahr” 2003 mit etlichen
Ausstellungen, in denen die um 1800 engetretenen
Kulturgutverluste thematisiert und beklagt
werden, ein so wertvoller Bestand geopfert wurde. Von den
gut 650 Nummern des
Versteigerungskatalogs sind immerhin über 100 Objekte in
die Zeit vor 1800 zu datieren (bis
auf zwei Stücke des 17. Jahrhunderts aus dem 18.
Jahrhundert). Besonders hoch ist der Anteil
an barocken Gegenständen bei den Gemälden (53 Lose): 31
sind vor 1800 entstanden.
Unverzeihlich ist, daß mit anderen für die
Regionalgeschichte wichtigen Bildern (insbesondere
Altarblätter aus dem aufgehobenen Franziskanerkloster
Fremersberg) die Nr. 3, ein Hl. Felix, an
einen süddeutschen Händler ging. Dieses Bild war ein
Geschenk der Markgräfin Sibylla
Augusta an das Kapuzinerkloster Baden-Baden 1713. […] Michael
Gassmann schrieb in der FAZ vom
13.6.2003: “Die Alltagszeugnisse eines
vielhunderjährigen
Klosterlebens werden […] für immer
auseinandergerissen. […] Man beteuert, alle für die
Geschichte des Klosters bedeutsamen Dinge
blieben erhalten. Doch mit dieser Aussage trifft man
zugleich die Unterscheidung zwischen
einer schützenswerten liturgischen Hochkultur und einer
nicht erhaltenswerten geistlichen
Alltagskultur”. In der Tat wurde ein einzigartiges
Ensemble
für die Alltags- und
Frömmigkeitsgeschichte eines Frauenkonvents als
Geschichtsquelle und Kulturdenkmal
zerstört. […]
Ist Baden-Baden ein Menetekel für
noch nicht absehbare Bedrohungen kirchlicher Kulturgüter im Zeichen immer knapper
werdender finanziellen Ressourcen? Hoffentlich nicht!
Internethinweis: Ergänzende Materialien und Texte zu
Baden-Baden erschließt die
Volltextsuche (z.B. “sepulch”) des Weblogs “Netbib”
http://log.netbib.de "

http://www.pforzheim.de/pls/portal/docs/PAGE/PRESSE/ARCHIV_PRESSEMITTEILUNGEN/PM_JAHR_2006/OKT_2006/REUCHLINSCHRIFTEN.PDF

STADT
PFORZHEIM

Pressemitteilung

Nach Gespräch mit Bernhard Prinz von Baden:
13.10.2006 / OB Augenstein: Reuchlin-Schriften werden vom Haus Baden als unverkäuflich
eingestuft
(stp/gs). Frohe Kunde aus dem Pforzheimer Rathaus: Die in der Badischen Landesbibliothek
in Karlsruhe verbliebenen Teile der Bibliothek von Johannes Reuchlin werden
als unverkäuflich eingestuft. Dies sicherte Bernhard Prinz von Baden Pforzheims Oberbürgermeisterin
Christel Augenstein nach einem Gespräch am Freitag zu. Das Haus
beabsichtige zum Erhalt des Schlosses Salem eine gemeinnützige Stiftung einzurichten,
deren Grundkapital 30 Millionen Euro betragen müsse. Zur Finanzierung solle gemeinsam
mit dem Land Vermögen umgeschichtet werden: „Als Grundprinzip wurde festgelegt,
dass nur Objekte, die von untergeordneter Bedeutung für das Land Baden seien,
zum Verkauf anstehen würden“, so Oberbürgermeisterin Christel Augenstein. „Bernhard
Prinz von Baden hat bekräftigt, dass sich die Stadt Pforzheim um den Erhalt der
Reuchlin-Schriften keine Sorgen machen müsse“, so die Pforzheimer Rathaus-Chefin.
Wertvolle Handschriften gesichert
Seit Wochen wird im Land Baden-Württemberg heftig über die Pläne der Landesregierung
diskutiert, einen großen Teil der Handschriften-Bestände der Badischen Landesbibliothek
zu veräußern. Bereits Ende September hatte Oberbürgermeisterin Christel
Augenstein an Seine Königliche Hoheit Bernhard Prinz von Baden und an Ministerpräsident
Günter H. Oettinger sorgenvolle Briefe geschrieben, die sich für den Erhalt der
Handschriften-Sammlung der Badischen Landesbibliothek nachdrücklich aussprachen.
Neben dem großen allgemeinen kulturellen Wert verwies Pforzheims Oberbürgermeisterin
auf die erhalten gebliebenen Teile der Bibliothek des in Pforzheim geborenen Humanisten
Johannes Reuchlin. Er hinterließ diese wertvolle Bibliothek dem Michaelstift
seiner Vaterstadt, nach der Reformation übersiedelte die Bibliothek zusammen mit dem
Badischen Hof nach Durlach. Von dort gelangten viele der wertvollen Handschriften
über die Markgräfliche Hofbibliothek in die Handschriftensammlung der Badischen
Landesbibliothek. Die Reuchlin-Handschriften stellen den größten, geschlossenen Teil
der Reuchlin-Bibliothek dar. Sie waren Bestandteil des „Reuchlin-Kollegs“. Es handelt
sich um 13 Folianten, also gebundene Werke aus dem Besitz von Reuchlin, die in hebräischer,
lateinischer und griechischer Sprache geschrieben sind. Die Handschriften
bildeten als Lektüre die Basis für die von Reuchlin selbst verfassten Bücher.
Nachdem die Reuchlin-Schriften nunmehr als „unverkäuflich“ eingestuft wurden, kann
in Pforzheim auch in anderer Hinsicht Entwarnung gegeben werden: „Wir können nunmehr
im Neubau Reuchlin-Kolleg an der Schlosskirche wie geplant die Handschriften
in digitaler Form zeigen“, freut sich die Oberbürgermeisterin. Bei einem Verkauf wäre
eine kurzfristige Ausleihe zur Digitalisierung wohl kaum möglich gewesen.
Michael Strohmayer


Mein Kommentar:

Unwürdige Ranschmeiße.

Hier wurde mit dem Nichtberechtigten gesprochen, denn der Anspruch des Hauses Baden auf diese Altbestände ist alles andere als wasserdicht. Die Entwidmung der öffentlichen Sachen ist nicht ohne weiteres möglich, ggf. müsste das Haus Baden entschädigt werden. Bei jeder Betrachtung, die Billigkeitsgesichtspunkte einfließen läßt, ist klar, dass die Reuchlin-Handschriften dem Landesherrn und nicht dem Fürsten als Privatmann gehörten.

http://www.rechnungshof.baden-wuerttemberg.de/fm/976/Denkschrift-2006-druckopti.pdf

Im Abschnitt über die beiden landesbibliotheken wird das Drehen der Gebührenschraube empfohlen:

Der RH schlägt vor, für die Inanspruchnahme der Fernleihe künftig kostendeckende
Gebühren zu erheben. Es ist nicht zu rechtfertigen, dass der aufwendige
Fernleihverkehr, der jeweils einzelnen Benutzern zugerechnet werden
kann und allein diesen zugute kommt, aus Steuergeldern subventioniert wird.


Dann könnten tausende wissenschaftliche Nutzer ihre wissenschaftliche Arbeit vergessen. Niemand bestellt aus Spaß eine Fernleihe (kostendeckend wären wohl Gebühren von 20 Euro/Fernleihe), sondern, weil die Literaturversorgung immer schwieriger wird und natürlich die Landesbibliotheken dank beschränkter Ankaufetats kaum noch aktuelle Literatur kaufen können.

Beide Landesbibliotheken sollten verstärkt von ihrem Recht Gebrauch
machen, Pflichtexemplare von geringer literarischer oder historischer Bedeutung
nicht zu archivieren. Aus Sicht des RH reicht es aus, wenn die diversen
Lokal- und Regionalausgaben der in Baden-Württemberg erscheinenden
Zeitungen von den jeweiligen Verlagen archiviert werden. Ebenso kann auf
die Archivierung von Buchpublikationen ohne literarischen oder historischen
Wert verzichtet werden. Das bei den Bibliotheken beschäftigte wissenschaftliche
Personal ist aufgrund seiner Ausbildung in der Lage, die notwendigen
Entscheidungen über eine Archivierung verantwortlich zu treffen.


Die Verlage haben keinerlei Verpflichtung, Archive dauernd zu unterhalten. Diese Vorschläge spotten jeder Beschreibung. Das Pflichtexemplarrecht (vom BVerfG abgesegnet) dient der umfassenden Dokumentation der kulturellen Produktion. Gerade auch der sog. "Schmutz und Schund" (diese miesen Kleingeister scheinen in den 1950er Jahren stehengeblieben zu sein) ist eine einzigartige Quelle der Alltags- und Kulturgeschichte, nicht nur das, was irgendwelche Bibliothekare, deren Stelle vom RH nicht weggekürzt wurden, als literarisch und historisch wertvoll ansehen. Diese Auswahltätigkeit ist mit der Neutralitätspflicht des Staats und damit mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren. Wir halten fest: Wenn der RH gegen die Verfassung verstößt, ist Widerstand Pflicht!

Reduzierte Öffnungszeiten der Sonderlesesäle: die Öffnungszeiten sind ohnehin nicht besonders benutzerfreundlich!

Der Staat sollte den Bürgern dienen und nicht spar-geilen Überwachungs-R***, denen nur Abzocke beim Bürger einfällt.

Bei der Stuttgarter Staatsgalerie empfiehlt der RH (wiederholt in der Presse erwähnt):

die Festlegung von Sammlungsschwerpunkten, die einen maßvollen Abbau der Sammlungsbestände der Staatsgalerie ermöglichen.

"Zum Thema „Abbau von Sammlungsbeständen“ verweist das MWK auf die Beschlussempfehlung
des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst
vom 17.11.2005, in dem die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die
Veräußerung von Kunstgegenständen aus den Museen des Landes niedergelegt
worden seien. Es bleibe unklar, weshalb der RH für einen Abbau der Bestände
über die dort festgelegten Grundsätze hinaus plädiert."

Der RH replizierte:

"Ein maßvoller Abbau der Sammlungsbestände (z. B. Dubletten, „Ladenhüter“
oder Objekte außerhalb der Sammlungsschwerpunkte) könnte räumliche und
personelle Ressourcen freisetzen, außerdem auch (bescheidene) Veräußerungserlöse
erbringen. Dieser Abbau ist aber auch deshalb notwendig, weil die
Prüfung ergeben hat, dass die Staatsgalerie mit der sachgerechten Verwaltung
des bisherigen Bestandes teilweise überfordert ist."

Die besagte Beschlussempfehlung auf einen zurückgezogenen Antrag der Abgeordneten Utzt findet sich in:
http://www2.landtag-bw.de/wp13/drucksachen/5000/13_5052_d.pdf

Ein CDU-Abgeordneter führte aus:

"Die Konzeption, die das Wissenschaftsministerium in seiner
Stellungnahme vorlege, zeuge von äußerster Zurückhaltung, die
er teile. Folgende Punkte seien klipp und klar festgehalten:

Erstens: Die Landeshaushaltsordnung lasse Veräußerungen von
Sammlungsgegenständen zu.

Zweitens: Veräußerungen seien nur in Einzelfällen möglich, zum
Beispiel bei verzichtbaren Dubletten. Bei der Besichtigung von
Museumsdepots habe er viele Dinge gesehen, die niemals ausgestellt worden seien.

Drittens: Veräußerungen könnten nur auf Antrag der Museumsleitung
erfolgen.

Viertens: In den Entscheidungsprozess sei eine unabhängige Expertenkommission
einzubinden. Dies sei besonders wichtig, weil
oftmals eigensüchtige Interessen gebremst werden müssten.

Fünftens: Der Erlös fließe wieder den Museen zu.
Diese Konzeption halte er für sehr vernünftig. Das Positionspapier
des Deutschen Museumsbundes dagegen sei total überbürokratisiert."

Der Wissenschaftsminister schloss sich dieser Stellungnahme an.

Thilo Martini stellte mir freundlicherweise eine Kurzzusammenfassung seiner Präsentation auf dem Essener Archivtag zur Verfügung:

Open Access "betrifft" zur Zeit und aktuell nur wenige Museen in Deutschland.
Durch die Mitzeichnung der "Berliner Erklärung" im Jahre 2003 haben sich lediglich die sieben Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft (WLG) sowie die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden diesem Gedanken verpflichtet. Bei der Großzahl der bundesdeutschen Museen ist die Idee des "Open Access" noch nicht angekommen - ich vermute sogar, noch nicht einmal bekannt.


Die von ihm zitierte Informationsleitlinie des Zoologischen Museums Koenig
http://www.zfmk.de/web/2_Downloads/1_Forsch_Sektio_Mol_Dritt/data_ZFMK_IT_Leitlinie.pdf
zeigt, dass trotz Berufung auf die Berliner Erklärung - wieder einmal - der Sinn von Open Access nicht verstanden wurde. Ein Rechtevorbehalt bei finanziell verwertbaren Informationen ist gerade nicht mit OA vereinbar.

Das bisherige harte Bildrechte-Regime der Museen, das auf umfassende Kontrolle und Abschöpfung von Gewinnen abzielt, ist mit der Berliner Erklärung für Open Access grundsätzlich nicht vereinbar. Wer es - und sei es abgeschwächt - aufrechterhalten möchte, darf sich ehrlicherweise nicht auf Open Access berufen.

Siehe dazu mein eigenes Archivtag-Referat unter
http://archiv.twoday.net/stories/2712317/

Update to http://archiv.twoday.net/stories/2484031/

http://cnx.org/content/m13940/latest/

Excerpts:

A monograph with 100 illustrations might well cost its author $5,000.00 or more in permissions costs after the images are purchased. For books on modern and contemporary art, that number is likely to be considerably higher. [...]

Scholars and editors also express grave concerns about the time and effort required to secure good images and permissions to reproduce them.


See also
http://cnx.org/content/m13952/latest/

Besonders gut wird man über Fälle des Deaccessioning in den USA bzw. dem UK in dem Weblog Cronaca informiert. Erneut
http://www.cronaca.com/archives/004674.html
konstatiert David das erstaunliche Schweigen über die Karlsruher Causa insbesondere bei der NYT, die US-Fälle dezidiert aufgreift.

Auf dem Historikertag in Konstanz im September 2006 gab es auch eine Veranstaltung Bilder der „Linken“. Beispiele einer transnationalen Kulturgeschichte des Politischen in den 1960er und 1970er Jahren. Die abstracts sind online.

Auf HSozKult findet sich ein umfangreicher Tagungsbericht.

Auf dem Historikertag in Konstanz im September 2006 gab es auch eine Sektion Geschichtsbilder der Archive / Geschichtsbilder der Wissenschaft. Die abstracts sind online.
Auf HSozKult findet sich ein Tagungsbericht zur Veranstaltung "Dokumente und Deutungen zur Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre".
Am Ende des Tagungsberichtes findet sich der Hinweis, dass das Landesarchiv Baden-Württemberg ein Kolloquium ‚1968 - Was bleibt von einer Generation?’ am 27.2.2007 in Stuttgart plant (website mit vorläufigem Programm als PDF).

Tagungsbericht: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=1181

Bibliothek & Information Deutschland
(BID) - Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheks- und
Informationsverbände e.V.
http://www.BIDeutschland.de


5. Oktober 2006

Verkauf von Handschriften der Badischen Landesbibliothek

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

Vertreter von Kultur und Wissenschaft sind geschockt, und auch als Dachverband
der Bibliotheksverbände stehen wir Ihrem Plan fassungslos gegenüber:
Die von Ihnen geführte Landesregierung, beabsichtigt, deutsches Kulturgut
von überragender Bedeutung aus der Badischen Landesbibliothek zu entfernen
und zum Verkauf anzubieten. Tausende von unersetzlichen mittelalterlichen
Handschriften und Frühdrucken sollen der Wissenschaft entzogen
werden. Ein über Jahrhunderte gewachsener Organismus wie die Badische
Landesbibliothek soll seiner historischen Seele beraubt werden. In die Erhaltung
und Erschließung dieser einzigartigen Dokumente deutscher,
ja europäischer Kultur sind öffentliche Mittel erheblichen Umfangs investiert
worden, um sie dauerhaft zu sichern.
In Deutschland gibt es aus gutem Grund ein Gesetz zum Schutz deutschen
Kulturgutes gegen Abwanderung. Die Notwendigkeit, kulturelles Erbe im
öffentlichen Besitz gegen staatlich angeordnete Verkaufsaktionen zu
schützen, war bislang nicht gegeben. Halten Sie es für angemessen, dass
eine Diskussion hierüber ausgerechnet von Baden-Württemberg ausgeht?
Kulturdenkmäler gehören dem Volk eines Landes, erst recht einer Kulturnation.
Um sie vor dem Zugriff durch finanzstarke Privatleute zu schützen,
werden sie in staatlichen Bibliotheken aufbewahrt. Auf einmal will der Staat
– Ihr Land - in seine eigene Schatztruhe greifen und seinem Volk unersetzliche
Kulturdenkmäler wegnehmen?

Sie, Herr Ministerpräsident, können stolz sein auf das Land Baden-
Württemberg, seine Geschichte, seine Kultur und seine Menschen, die sich
– vielleicht mehr als anderswo – dieser Geschichte und Kultur emotional
verbunden fühlen und stolz darauf sind.
Die Handschriften und Drucke aus der Badischen Landesbibliothek dürfen
nicht zur finanzpolitischen Dispositionsmasse werden. Sie sind essentieller
Bestandteil dieser traditionsreichen Bibliothek, sie müssen weiterhin der
Wissenschaft und Forschung in Deutschland sicher zur Verfügung stehen,
sie müssen ein Teil der kulturellen Identität der Menschen in Baden-
Württemberg bleiben.
Wir bitten Sie dringend: Lösen Sie den Rechtsstreit nicht durch die teilweise
Zerstörung einer Bibliothek und nehmen Sie Ihre Verkaufspläne zurück!

Mit freundlichen Grüßen

Barbara Lison
Sprecherin „Bibliothek & Information Deutschland“

http://tls.timesonline.co.uk/article/0,,25390-2388630.html

German manuscript collections

Sir, – I was shocked, as most of your readers were, I am sure, to learn, from Nicolas Barker’s account earlier this year, about the demise of the Macclesfield Library (Commentary, June 23). A similar fate is currently being contemplated for one of the most prestigious manuscript collections in Germany, which has been in the care of Karlsruhe’s Badische Landesbibliothek for over a century. This collection comprises a large number of very early manuscripts, many from the monastery of Reichenau (founded circa 720), where they were first catalogued in the ninth century.

It appears that the princes of Baden still have some claims – legally rather dubious, if one cares to take a close look, something they and their advisers are actively discouraging – to large portions of the province’s cultural treasures, even though 1) they were stripped of their politically pre-eminent position in the wake of the First World War and 2) said treasures were secularized in the Napoleonic era and not, strictly speaking, given to the Grand Dukes. The cash raised by auctioning off the manuscripts would pay for repairs at Schloss Salem on Lake Constance, which the impecunious Badens call home.

In the mind of its author, Herr Oettinger, minister-president of Baden-Württemberg, this barbaric scheme would settle once and for all any outstanding claims by the former dynasts, who have already spent their way through the proceeds of the sale of their main schloss at Baden-Baden (including contents). All the federal authorities have done so far is to rule out foreign bids for the Karlsruhe manuscripts, as if that could prevent them, once in private hands, from leaving the country! I can’t help but think that if the EU had a meaningful cultural mandate, with matching human and financial resources, this would be the perfect wrong for it to set right by preserving as a public concern what is indubitably a treasure of supranational significance.

ALAIN J. STOCLET
Université Lyon 2 – Lumière, 86 rue Pasteur, Lyon.

http://de.wikisource.org/wiki/Schrift_und_Schrifttum

Alle Seiten wurden mindestens einmal korrekturgelesen. Das Büchlein ist auch heute noch eine nützliche Einführung insbesondere hinsichtlich württembergischer Verhältnisse.

Die monumentale Ausgabe von Steiff/Mehring ist auf Commons komplett online:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Lieder_Spr%C3%BCche_W%C3%BCrrtembergs_%28Steiff_Mehring%29

http://www.landesarchiv-bw.de entnimmt man:

Bestand: 4
Bezeichnung: Salem
Laufzeit: 1183-1812
Umfang: 8378 Nummern (1183-1812), 69,5 lfd. m
Erschliessungstand: 1 sehr gut
Findhilfsmittel: BR handschr. von M. Gmelin bzw. Fr. v. Weech 1877-1892, Generalia chronologisch,
[...]
Überlieferungsgeschichte: Enthält das Urkundenarchiv des Zisterzienserklosters Salem, das in den Jahren 1802/ 04 säkularisiert wurde. Dabei fielen Teile der Salemer Klosterherrschaft, insbes. die Pflegen Ostrach, Ehingen und Schemmerberg, an das fürstliche Haus Thurn und Taxis, das auch die entsprechenden Archivbestände übernahm (heute als Depositum im Staatsarchiv Sigmaringen). Zusammen mit Petershausen (siehe Bestand 1) wurde Salem als Grafschaft und spätere Standesherrschaft den jüngeren Prinzen des Großherzoglichen Hauses zugewiesen und bildete den ,,Markgräflich badischen Hausfideikomiß". In drei eigens dafür hergerichteten Räumen des ehemaligen Salemer Klostergebäudes wurde das alte Klosterarchiv aufgestellt. Dort befanden sich auch Teile von Archiven württembergischer Klöster, die im Zuge der Reformation säkularisiert worden waren (Bebenhausen, Herrenalb, Heiligkreuztal, Königsbronn).
Erstmals sichtete der Karlsruher Archivar Joseph Bader 1842 die Salemer Bestände und leitete die Verhandlungen über ihre Verbringung nach Karlsruhe ein. Die Urkunden wurden anscheinend zum überwiegenden Teil in den Jahren 18 55/56 nach Karlsruhe verbracht, um dort verzeichnet zu werden. Moriz Gmelin setzte 1879 die Sichtung des Materials unter Einbeziehung der in Salem verbliebenen Aktenbestände fort; nach seinem Tod (1880) übernahm Friedrich v. Weech die Betreuung der Bestände, die mit der Edition der Urkunden Hand in Hand ging. Seine Urkundenausgabe erschien seit 1883, zunächst in der ZGO, sodann auch als dreibändiges Werk. Erst als das Gros der Akten und Amtsbuchbestände nach Karlsruhe gekommen war, konnte man auch die Verzeichnung der Urkundenbestände abschließen (Nachträge 1882), deren Reinschrift 1890/92 beendet wurde. 1889 wurde mit Zustimmung der Markgräflichen Domänenverwaltung das Urkundenarchiv des Klosters Bebenhausen nach Stuttgart übergeben, die anderen württembergischen Archivteile um 1910, als aus Salem ein letzter Teil von Akten und Amtsbüchern nach Karlsruhe nachgereicht wurde. Während die Akten in das Eigentum des badischen Staats übergingen, behielt sich die Markgräfliche Verwaltung das Eigentumsrecht über die Urkunden vor, die jedoch auf Dauer im Generallandesarchiv deponiert werden sollten. Die Einschränkung, sie nur mit Genehmigung der Markgräflichen Verwaltung zugänglich zu machen, wurde nach 1918 aufgehoben, als man sah, daß der ursprüngliche Plan, sie zunächst für ein großes kulturhistorisches Werk über Salem auszuwerten, nicht durchzuführen war, Weechs Werk jedoch diese Forderungen wenigstens teilweise erfüllte. So blieb es nach 1918 bei der Festschreibung der Eigentumsverhältnisse des im Generallandesarchiv ohne Einschränkung zugänglichen Bestandes, des größten Urkundenbestandes eines Klosters im Generallandesarchiv. Die Umtaschungs- und Signiermaßnahmen erstreckten sich über mehrere Jahre und wurden 1985 abgeschlossen.
[...]
Literatur: F. L. Baumann, Acta Salemitana, in: ZGO Bd.31 (1879) S. 47-140. - Codex Diplomaticus Salemitanus. Urkundenbuch der Zisterzienserabtei Salem, hrsg. von Fr. v. Weech, Bd. 1-3 (Karlsruhe 1883-1895). [...]


Zu Bestand 1 (Petershausen) mit 19 lfd. m erfährt man:

In die Diskussion über die Eigentumsrechte der Salemer Archivalien war Petershausen nicht einbezogen, dessen Archivalien nicht die gleiche wissenschaftliche Bedeutung zugemessen wurde wie denjenigen des Salemer Archivs. So wurde das Archiv von Petershausen in die Beständetektonik des Generallandesarchivs eingeordnet und archivisch betreut.

Der Fideikommiss, zu dem Salem gehörte, wurde als Bodensee-Fideikommiss bezeichnet. Es ist irreführend, ihn als "den" Hausfideikommiss zu bezeichnen. Es handelt sich in Wirklichkeit um den wichtigsten Partikular-Apanagial-Fideikommiss, wie sich aus dem (allgemein einsehbaren) Findbuch des Großherzoglichen Familienarchivs ergibt. Er wurde als Erster Apanagial-Fideikommiss bezeichnet (z.B. als 1869 Prinz Wilhelm von Baden den Empfang des zu ihm gehörigen Schmucks bestätigte; 1831 war Markgräfin Elisabeth Inhaberin). 1838 Juni 8 wurde ein neues Statut für die vom allgemeinen Hausfideikommiss gesonderten Fideikommisse Salem und Petershausen einschließlich Schmuck nebst Juwelen im Wert von 16335 Gulden und Silber-Service im Wert von 11000 Gulden erlassen. 1883 Mai 21 verleibte Prinz Wilhelm Besitzungen bei Knielingen dem Apanagialfideikommiss des Fürstenhauses am Bodensee ein. 1898 bekannte Prinz Max von Baden zur Nutznießung empfangen zu haben das Bodensee-Fideikommiss-Silber und den -Schmuck.

Daneben gab es (ebenfalls nach dem Findbuch Bd. I) den Partikular-Fideikommiss der "4 Pfälzer Höfe" (1919 vom Land übernommen), des Hochberg-Palais in Karlsruhe und von Bauschlott.

Klaus Klein weist darauf hin, "daß
ausführliche Katalogisate der mittelalterlichen Teile aus dem Bestand
'Hinterlegungen' bereits seit 2000 in dem von der DFG finanzierten (!) Katalog
von Armin Schlechter und Gerhard Stamm zugänglich sind (Die kleinen
Provenienzen [Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe
XIII], Wiesbaden 2000).
Der Einschätzung des Direktors der BLB Karlsruhe, daß diese Hinterlegungen
zwar wissenschaftlich hoch bedeutsam, jedoch von ihrem Geldwert her von
vergleichsweise "peripherer Natur" sind, kann man nur zustimmen. - Eine
Ausnahme bildet in der Tat wohl nur die anonyme deutsche Versübersetzung des
'Speculum humanae salvationis' (Karlsruhe, Landesbibl., Cod. H. 78).
Weiterführende Informationen zu dieser illustrierten Handschrift aus dem 14.
Jh. finden Sie übrigens im Handschriftencensus:
Vgl. http://cgi-host.uni-marburg.de/~mrep/beschreibung.php?id=4090 "

Leider musste der Katalog von Schlechter/Stamm, der bereits bei Manuscripta Mediaevalia eingestellt war, aus urheberrechtlichen Gründen wieder entfernt werden.

"Die 1919 vom Kupferstichkabinett an die Badische Landesbibliothek übergebene Handschrift ist Bestandteil der 'Zähringer Stiftung'." Dieser Bemerkung ist zu widersprechen. Soweit die Sammlungen des Kupferstichkabinetts 1918 Staatseigentum geworden sind, wofür viel spricht, ist die Hs. Landeseigentum.

Update:

Zum Speculum siehe ausführlich
http://archiv.twoday.net/stories/2918302/

Armin Schlechter/Gerhard Stamm: Die kleinen Provenienzen, Wiesbaden 2000, S. 154f. gehen auf die Gruppe Hinterlegung H. der BLB etwas näher ein. Es handle sich nicht um Säkularisationsgut, sondern um Hinterlegung verschiedener Personen. 1942 ist ein großer Teil untergegangen. Zum Bestand gehört etwa die Gruppe der Hebel-Manuskripte (s.u.).

Ein Teil der Drucke (Inkunabeln und Frühdrucke) stammt aus Petershausen und wurde aus unbekannten Gründen 1831 nicht an die UB Heidelberg abgeliefert (H. 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20).

Bei dieser Gruppe scheint ein Eigentum des Hauses Baden heute noch wahrscheinlich, da Salem und Petershausen als Sekundogenituren Privateigentum badischer Prinzen waren und keine Einigung mit Max von Baden bekannt ist, dass Gegenstände, die zum Bodensee-Fideikommiss gehörten, in die Zähringer-Stiftung einbezogen wurden. Denkbar (aber nicht beweisbar) ist natürlich auch, dass die Petershausener Drucke dem Hausfideikommiss geschenkt wurden, womit wieder die Zähringer Stiftung ins Spiel käme (falls man sie nicht dem Staatsgut zuweist).

[Update 30.1.2007: Der vorige Absatz ist im Licht von
http://archiv.twoday.net/stories/3248969/
zu korrigieren]

Ausser H. 78 (Speculum) beschreibt der Katalog die folgenden Handschriften (bei H. 10 fehlt jegliche Angabe über die Provenienz):

H. 7 Wolleber: Zähringer, 17. Jh. Ebenso wie H. 8 (desgleichen) am 4.7.1876 an die Bibliothek übergeben. Das Stammbuch H. 9 kam von Großherzog Friedrich I. am 4.7.1876 an die Bibliothek, H. 64 von Friedrich II. am 8.4.1908, H. 65 am 27.4.1908.

Zu den Hebel-Handschriften ergibt sich aus Hermann v. Coelln, Hebel-Manuskripte in der Badischen Landesbibliothek, in: Johann Peter Hebel. Eine Wiederbegegnung zu seinem 225. Geburtstag, Karlsruhe 1984, S. 186-195, hier S. 187 dass der Weg vom Verlag C. F. Müller (?) in das Eigentum des Großherzogs unklar ist. H. 57 trägt den Vermerk Brambachs "Allerhöchstem Eigentum vorbehalten Brambach 5. Juni 1886", Längin hatte aber bereits 1882 andere Manuskripte als Eigentum des Großherzogs bezeichnet. H. 94 befand sich noch 1921 im GLAK, das ebenfalls Hebel-Manuskripte verwahrt.

Sind Einträge von Brambach ein klarer Beweis für das Privateigentum des Großherzogs? Oder die Tatsache, dass in der 1995 erworbenen Privatbibliothek ein Hebel-Autograph sich befand?
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/besondere-bestaende/spezialsammlungen/bad-bad.php

Nein, das sind sie nicht, da die Zeitgenossen nicht klar zwischen dem Hausfideikommiss, in den auch klar der Krone gehörendes einfloss, und dem Privatvermögen des Großherzogs trennten. Ein strikter Beweis, dass etwa die Hebel-Manuskripte nicht dem Großherzog als Amtsträger zur Verwendung im unveräußerlichen und daher schützenden Hausfideikommiss, der als Privateigentum des Großherzoglichen Hauses angesehen wurde (aber als Kron- oder Domanial-Fideikommiss betrachtet werden muss), übergeben wurden, kann nicht geführt werden.

[Update 30.1.2007: In der Landesbibliothek scheinen die Akten des GLAK zu den Hebel-Unterlagen unbeachtet geblieben worden sein. Laut der darauf bezüglichen Akte 60/22 (verfilmt, Film wie üblich schlecht lesbar, daher von mir nur flüchtig ausgewertet) schenkte 1880/81 die Familie des verstorbenen Kirchenrats F. W. Hitzig Briefe und Papiere Hebels dem Großherzog, der die Eibnverleibung in die Handschriftensammlung der BLB veranlasste. In 60/102 geht es um (großherzogliche) Hinterlegungen von Handschriften und Büchern in der BLB (also eine zentrale Quelle zu dem in diesem Beitrag behandelten Thema). Wenn es um die mäzenatische Rolle des Großherzogs geht, liefert dieser Bestand viele Hinweise, denen man nachgehen müsste. So sind viele literarische Einsendungen - also Geschenke an den Großherzog - vermerkt, es gibt aber auch eine Akte über die Versteigerung der Langensteiner Glasgemälde 60/1263 - non vidi -, eine zur Abgabe von 2 Federhaltern an das Zähringer Musem 1890 (60/1275, non vidi) und eine zur Verlassenschaft Wessenbergs 1860-1910 (60/2041, non vidi).]

Die Signierung großherzoglichen Eigentums mit H. erfolgte offensichtlich, um nach 1872 Staatsgut und Hausfideikommiss klar abzusondern. Die Situation von 1918, bei der die Krone, ohne dass die staatsrechtlich vorgesehen war, an den Staat überging, wurde natürlich nicht vorhergesehen. Ob der Großherzog eine Sache in seiner Eigenschaft als Monarch, als Chef des Hauses und alleiniger Nutznießungsberechtigter des Hausfideikommisses, oder als Privatmann besaß, dürfte ihm selbst nicht klar gewesen sein.

Bei den Hausfideikommiss-Handschriften aus der BLB, die ins GLAK kamen, hat das Land Baden 1919 das Eigentum des Hauses Baden anerkannt, da es die staatsrechtliche Bedeutung des Hausfideikommisses verkannt hat. Hinsichtlich der Hinterlegungen kann ein klarer und eindeutiger Anspruch des Hauses Baden (abgesehen vielleicht von den Petershausener Drucken) dem Grunde nach nicht in Betracht kommen, auch wenn dieser Anspruch nach 1945 von der BLB anerkannt wurde (Schreiben der Badischen Landesbibliothek vom 11. Juni 1952 über hofeigene Bestände, GLAK 235/40323).

Jedenfalls aber sind die Hinterlegungen Bestandteil der Zähringer Stiftung geworden (nach meiner Auffassung auch Eigentum durch Übereignung seitens Markgraf Berthold durch konkludentes Handeln.)

Auf die Beschwerde der Universität Freiburg, die um die Handschriften von St. Trudpert bat, beschied das Badische Kabinettsministerium am 2. September 1808 (Universitätsarchiv Freiburg B 6/31, zitiert nach Magda Fischer, Geraubt oder gerettet?, in: Alte Klöster - Neue Herren. Aufsätze Bd. 2, 2003, S. 1273) die Hochschule:

"Alles freye Guth aufgehobener Klöster wird Eigenthum des Staats und des Regenten, und ein anderweiter rechtlicher Anspruch darauf findet nicht statt. Bey deren Verwendung ist die Bereicherung der Hofbibliothek dahier aus den Seiner Königl. Hoheit heimgefallenen Klosterbibliotheken der erste Augenmerk [...]".

Update: siehe nun http://archiv.twoday.net/stories/2885866/

Südkurier 30.09.06

Graf Douglas im Gemäldekeller/Adelshaus Baden hat auch an
Konstanzer Kunstschätzen Eigentumsrechte

Vor etwa drei Jahren bekam die Wessenberg-Galerie überraschenden Besuch: Der
frühere Deutschland-Chef des amerikanischen Auktionshauses Sotheby's und heutige
freiberufliche Kunstberater Christoph Graf Douglas (58) erschien im Auftrag des
markgräflichen Hauses Baden, um nach dem Rechten zu sehen. Denn in den Magazinen
der früheren "Wessenberg'schen Gemäldesammlung" lagern auch nahezu 80 Gemälde,
an denen das badische Adelshaus Eigentumsrechte geltend macht. Graf Douglas,
gebürtiger Konstanzer und und Spross der Langensteiner Adelsfamilie, sichtete
etwa zwei Stunden lang den Bestand und bat um Farbdias von den Gemälden [...]. Die Dias bekam er, zurückgeschickt hat sie der Kunstberater des
Hauses Baden nicht. Vor dem Hintergrund des geplanten Verkaufs großer Mengen
wertvoller Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek zur Sanierung und
künftigen Erhaltung des Schlosses Salem, hat der damalige Besuch des berühmten
Kunstvermittlers- und Verkäufers, rückwirkend einige Unruhe ausgelöst. Will das
finanziell schwer bedrängte Adelshaus Baden etwa auch die Konstanzer
Kunstschätze versilbern? Vor dem Gemeinderat versicherte Oberbürgermeister Horst
Frank am Donnerstag zu später Stunde, es bestehe kein Grund zur Besorgnis, Graf
Douglas habe ihn beruhigt. Der Kunstberater der Häuser Baden, Fürstenberg und
Hannover war gestern wegen einer Auslandsreise zu einer Stellungnahme noch nicht
zu erreichen.

Ganz abwegig ist die Vorstellung nicht, dass auch die Konstanzer Bestände
Handelsgut werden könnten, denn Etliches davon gehört wahrscheinlich dem Hause
Baden: Als der letzte Bistumsverweser des Bistums Konstanz, Ignaz Heinrich
Freiherr von Wessenberg, 1860 hochbetagt starb, übertrug er seine
Gemäldesammlung an die Stadt mit der Maßgabe, sie zu verkaufen und den Erlös der
von ihm gegründeten Stiftung für "verwahrloste Mädchen" zukommen zu lassen.
Wessenberg verfügte letztwillig, man solle Großherzog Friedrich I. fragen, ob er
den ersten Zugriff auf die Sammlung auf die Sammlung wünsche. Der häufig auf der
Mainau lebende Fürst wollte: Er zahlte - ob aus eigener Tasche oder aus der
Staatskasse ist derzeit noch unbekannt - die beträchtliche Summe von 20000
Gulden (ein Lehrer verdiente damals etwa 150 Gulden im Jahr), beließ die
Sammlung aber zu öffentlicher Nutzung in Konstanz.

So einfach die Geschichte klingt, ist sie aber nicht. Denn ganz genau weiß man
nicht, auf welche Werke das Haus Baden Zugriff haben könnte: Schon zu
Wessenbergs Lebzeiten existierten mehrere Listen seiner Sammlung, jeweils mit
unterschiedlichen Titeln und Zuschreibungen für dieselben Bilder. In der
Sammlung befanden sich einige Werke, die man lange für Originale von Raffael
oder Leonardo da Vinci hielt. Doch die vermeintlichen Schätze waren nur Kopien,
Andenken von Wessenbergs Reisen. Neben Heiligenbildern, italienischen und
niederländischen Landschaftsmalerei werden dem Konvolut des Großherzogs auch
einige Bilder von Mitgliedern der Malerfamilie Mosbrugger, Werke von Maria
Ellenrieder und von Johann Jakob Biedermann zugerechnet - zusammen rund 80
Bildwerke. Im 19. Jahrhundert wurden jedoch geringere Werke mit Zustimmung des
Großherzogs verkauft und neue zugekauft. Später übernahm der Kunstverein die
Verwaltung und ordnete auch manches neu.

Nach dem Ende der Monarchie überführte Ex-Großherzogin Hilda das dem
Privatvermögen zugerechnete Kulturgut in die von ihrem Mann Friedrich II.
gegründete "Zähringer-Stiftung". Die Bilder beließ sie in Konstanz. [...]


Zur Wessenberg-Galerie
http://www.konstanz.de/kultur_freizeit/museen_galerien/wessenberg/index.htm

Biedermann Johann Jakob Biedermann: Bei Lindau

Sie gehört laut Satzung der Zähringer Stiftung zu deren Vermögen.

Im WWW ist nur wenig über sie herauszubekommen:

Es gibt einen alten Katalog:
Großherzogliche Gemälde-Sammlung zu Baden-
Baden. Louis Jüncke’sche Stiftung. Beschreibendes Verzeichnis nebst Vorwort mit
allerhöchster Genehmigung verfasst von J. Ch. Schall. Baden-Baden 1901.

Dieser wird zitiert in der Dissertation von Gabriele Häussermann
http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/1776/pdf/1_Diss_Text_G_Saal.pdf

Dort erscheint auch ein Werk des Hofmalers Saal aus dieser Sammlung auf S. 273 mit Standort unbekannt, versteigert bei Sotheby's 1995 (Markgrafenauktion) Nr. 4293

Im Baedeker "The Rhine from Rotterdam to Constance" 1906, S. 372 (Google Book Search) erfährt man, das 1900 von der Stadt Baden-Baden angekaufte Palais Hamilton beherberge neben der städtischen Altertümersammlung die von Louis Juncke (gestorben 1900) gegründete Großherzogliche Bildergalerie (Öffnungszeiten: 11-1), bestehend aus 100 "mostly excellent" Bildern deutscher, spanischer, französischer und italienischer Maler des 19. Jahrhunderts.

Mit der Versteigerung 1995 scheint das Haus Baden gegen den Willen des Stifters Jüncke verstossen zu haben, dessen Wahrung Großherzog Friedrich II. in seinem Testament zusicherte.

UPDATE:

Aufschlußreiche Informationen enthält der unter
http://archiv.twoday.net/stories/2857397/
zitierte Diskussionsbeitrag von Dr. Schmidt zum Vortrag Herrbach-Schmidt 1996, S. 23:

"Angesichts des erklärten Desinteresses der Karlsruher Kunsthalle an der gesamten Jüncke'schen Bildersammlung oder auch nur einzelner Stücken - Ein Geschmack wird ausgestellt - sowie angesichts der Sprachlosigkeit von Bürgermeisteramt und Gemeinderat der Stadt Baden-Baden gegenüber der angemahnten Wahrung des testamentarisch verbrieften lokalen Besitzanspruchs an der Jüncke'schen Stiftung (das Gegenargument lautete: da mag ein Stadtrat kläffen, wir wollen nicht den Schloßkasten, sondern das Karajan-Festspielhaus) war der Gedanke dieser Stiftung, sie für alle Zeiten als Großherzogliche Sammlung innerhalb der Stadt Baden der Öffentlichkeit zugänglich zu machen zur Quantité négligeable geworden. Immerhin ist durch eine recht detaillierte Berichterstattung der Regionalpresse ruchbar geworden, dass zumindest ein Bild der Jüncke'schen Sammlung - ausgerechnet das Porträt des Stifters! - unter den Hammer gekommen war. Die autorisierte Erklärung, das Bild sei bereits früher, vielleicht bei der Umlagerung nach Salem, aus der Sammlung herausgefallen, kontrastiert sinnfällig mit der gleichzeitigen Auskunft, daß die Jüncke'sche Sammlung geschlossen und in einem guten Zustand in einem Raum im Schloß Salem gelagert sei."

Schmidt bezieht sich auf einen Artikel: Renate Dülk-Trefs, Aus Platzgründen verschwanden 100 Kunstwerke in Magazinräumen. Christoph Graf Douglas: Bilder der Louis Jüncke'schen Stiftung lagern im Schloß Salem, in: Badisches Tagblatt vom 8.3.1997

Update: Aus dem zuletzt genannten Zeitungsartikel geht hervor:

Louis Eduard Jüncke (* 30.12.1838 Danzig - 29.8.1900) war ein Weinhändler und süddeutscher Generalvertreter für Pommery und Reno, der seit 1890 in Baden-Baden lebte. Eine Auswahl von 100 Bildern bot er dem Großherzog als Stiftung an: Seine Königliche Hoheit möchten diese Schenkung in Gnaden annehmen und für alle Zeiten als Großherzogliche Sammlung (Louis Jüncke'sche Stiftung) innerhalb der Stadt Baden der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Stadt stellte Räume in dem ihr gehörigen Palais Hamilton zur Verfügung. Der Stifter erlebte die Eröffnung nicht mehr. Nur bis 1914 waren die Bilder ausgestellt, danach wurde sie im Neuen Schloss magaziniert. Einige Jahre später sollen 30 Bilder versteigert worden sein. Das Haus Baden wollte Ersatz schaffen, wenn die Stadt einen Raum zur Verfügung stellen würde. Dazu ist es nie gekommen.

Bei der Auktion 1995 wurde ein Bild aus der Sammlung versteigert, das die Leiterin des Stadtmuseums Heike Kronenwett ausgerechnet als das Bildnis des Stifters identifizieren konnte, der sich von der Porträtmalerin Vilma Parlaghy 1895 in historischer adeliger Tracht darstellen ließ.

Graf Douglas versicherte, die Bilder seien im in Salem erhalten, wenngleich in schlechtem Zustand.

Kommentar zur Rechtslage: § 525 BGB (gültig seit 1.1.1900) "Wer eine Schenkung unter einer Auflage macht, kann die Vollziehung der Auflage verlangen, wenn er seinerseits geleistet hat. (2) Liegt die Vollziehung der Auflage im öffentlichen Interesse, so kann nach dem Tod des Schenkers auch die zuständige Behörde die Vollziehung verlangen." Zuständig ist das Regierungspräsidium (zugleich auch Stiftungsaufsicht der Zähringer Stiftung).

Es handelt sich um eine treuhänderische Stiftung (siehe Fischer S. 98
http://www.notare-wuerttemberg.de/nachrichten_informationen/bwnotz/BWNOTZ_2005/BWNOTZ_05_06_2005.pdf )

Der Stifterwille ist auch heute noch zu respektieren. Die Zähringer Stiftung hat Sorge dafür zu tragen, dass die noch vorhandenen Bilder restauriert und in Baden-Baden ausgestellt werden.

Update: http://archiv.twoday.net/stories/3299134/

Der Kunstberater Christoph Graf Douglas, Mitglied im Verwaltungsrat der Zähringer Stiftung ("Bock als Gärtner") und verantwortlich für den skandalösen Ausverkauf des Baden-Kulturguts 1995 (ebenso wie für die Welfen-Auktion 2005) wurde auf Schloss Langenstein im Hegau geboren. Seine genealogischen Beziehungen zur Familie der Markgrafen von Baden entbehren nicht einer pikanten Note.

http://www.angelfire.com/in/heinbruins/Ludwig1.html (im Google-Cache) ergibt:

Count Christoph Douglas (*1948), m.1948 Bergit Oetker (*1946) ist der Sohn von Graf Ludwig Douglas (1909-79) und der Edith Straehl. Graf Ludwig war der Sohn von Graf Robert, Sohn des Ludvig. Dieser Ludvig war der Sohn von Carl Israel Graf Douglas (1824-1891), der mit Gräfin Louise von Langenstein und Gondelsheim verheiratet war. Diese war ein uneheliches Kind von Großherzog Ludwig I. von Baden aus der Verbindung mit der jungen Tänzerin Katharina Werner, später geadelte Gräfin von Langenstein und Gondelsheim.

Zu den schwedischen Grafen Douglas:
http://books.google.com/books?&id=ucgEAAAAIAAJ&pg=PA560

Zur Liäson http://www.an-netz.de/home/fam-kramer/buch_6.htm

Zitat:
"In einer liebenswürdigen Harmonie von Verstand und Herz sorgte Großherzog Ludwig für seine beiden Kinder und deren Mutter. Er ließ sich dabei Zeit und war bedachtsam planend. 1823 war’s, als er seinen Sohn Ludwig zum Grafen von Gondelsheim und dessen Mutter zur Gräfin von Gondelsheim ernannte. Am 13. August des gleichen Jahres stellte er seinen "natürlichen Sohn", wie es in den Urkunden heißt, "einem in standesmäßiger Ehe erzeugten Sohn gleich", allerdings "nur in dem Maße und zu dem Ende, daß er wie ein ehelicher Sohn in sein Privatvermögen zu succedieren berechtigt sein soll". Von Thronfolge wohlweislich keine Rede. Drei Jahre später kaufte Großherzog Ludwig mit Urkunde vom 24. Juni 1826 die Herrschaft Langenstein im Hegau mit allen Dörfern, Liegenschaften und Rechten, die dazugehörten. [...]

Nicht ganz ein Jahr nach dem Kauf der Herrschaft Langenstein, am 9. April 1827, verlieh Ludwig, Großherzog von Baden, seinem gleichnamigen Sohn, Grafen von Gondelsheim, den Titel und die Würde eines Grafen von Langenstein, seiner Tochter, der Gräfin Louise von Gondelsheim, den Titel und die Würde einer Gräfin von Langenstein, denselben Titel und dieselbe Würde der Mutter seiner Kinder, der Gräfin Katharina von Gondelsheim.

Gleichzeitig mit dieser Rangerhöhung bekam Ludwigs Familie ein eigenes Wappen. Als Großherzog Ludwig am 30. März 1830 im Alter von 67 Jahren starb, erbte die "Langensteiner Verwandtschaft" sein gesamtes Privatvermögen von 3 199 525 Gulden."

***

Nach http://archiv.twoday.net/stories/2836746/ erschien Graf Douglas in Konstanz als Vertreter des Markgrafen von Baden. Angesichts des eklatanten Interessenkonflikts ist seine Abberufung aus dem Verwaltungsrat der vom Haus Baden beherrschten Stiftung zwingend geboten.

Da Prof. Siebenmorgen, der von Amts wegen als Direktor des Landesmuseums im Verwaltungsrat der Zähringer Stiftung sitzt, ein Studienfreund von Graf Douglas ist, dürfte es bei den Sitzungen recht familiär zugehen ...

1. Neben den Partikular-Apanagial-Fideikommissen (an erster Stelle ist der "Bodensee-Fideikommiss" zu nennen, bestehend aus den Standesherrschaften Salem und Petershausen samt Silber und Schmuck, siehe http://archiv.twoday.net/stories/2837017/ ) bestand der Allgemeine Großherzogliche Hausfideikommiss.

2. Namentlich der Hausschmuck ist als Bestandteil dieses Fideikommisses nachgewiesen.

3. Das Inventar aller von der Civilliste unterhaltenen großherzoglichen Sammlungen wurde als Bestandteil dieses Fideikommisses gesehen.

4. Aufgrund expliziter hausgesetzlicher Regelungen (siehe http://archiv.twoday.net/stories/2832452/ ) und durch dauernde Übung begründetes Gewohnheitsrecht, das vom Hausgesetzgeber nicht widerrufen wurde, wurde das Mobiliarvermögen des jeweiligen Regenten beim Tod/Regentenwechsel Bestandteil des Hausfideikommisses.

5. Das Mobiliar-Vermögen des Hausfideikommisses war im Prinzip unveräußerlich. Der jeweilige Regent konnte durch Rechtsgeschäft jeweils nur über das von ihm privat erworbene Gut verfügen.

6. Zuweisungen von Kulturgütern an das "Allerhöchste Privateigentum" vor dem Tod Großherzog Friedrichs I. am 28. September 1907 sind unbeachtlich, da sie mit dem Übergang an Großherzog Friedrich II. Bestandteil des Hausfideikommisses wurden.

7. Eine klare und umfassende Trennung der verschiedenen Vermögensmassen, die dem Regenten zustanden und vor 1918 allesamt von staatlichen Stellen verwaltet wurden, wurde weder vor noch 1918 vorgenommen.

8. Das Mobiliar-Vermögen des Hausfideikommisses war die Komplementär-Masse zum Immobiliar-Vermögen des Domänenvermögens.

9. Die Annahme des Reicke-Gutachtens, es habe neben dem privaten Hausfideikommiss einen davon getrennten öffentlichrechtlichen Domanial-Fideikommiss ("Hoffideikommiss") gegeben, der das Inventar der Hofausstattung (Civilliste) umfasst habe und als Pertinenz der Landeshoheit bei Aufgabe der Regentschaft an den Staat zu fallen bestimmt gewesen sei, ist nicht schlüssig. Der Hausfideikommiss war Pertinenz der Landeshoheit mit besagter Konsequenz.

10. Zwischen dem Mobiliargut des Hausfideikommisses und dem Vermögen der Civilliste/Hofausstattung einschließlich der zugehörigen Schloßinventare strikt zu trennen bestand in der Monarchie kein Anlass.

11. Rechtsträger des Domänenvermögens, der Hofausstattung und des Mobiliarvermögens des Hausfideikommisses war die "Krone". Hofausstattung und Mobilarvermögen des Hausfideikommisses waren in gleichem Maße öffentlichrechtlich belastetes "Patrimonialeigentum" wie das Domänenvermögen.

12. Im Gesamtbestand des Mobiliarvermögens des Hausfideikommisses (einschließlich des Mobiliarvermögens der Civilliste/Hofausstattung ) sind staatlich finanzierte und von daher dem Staatseigentum angehörende und privatrechtlich von den Regenten und den Mitgliedern des großherzoglichen Hauses erworbene Gegenstände untrennbar vermengt worden.

13. Auf den Gesamtbestand des Mobiliarvermögens des Hausfideikommisses ist § 948 BGB anzuwenden, zumal gemäß Absatz 2 "die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein würde". Dann ist das Land Baden gemäß § 947 BGB als Miteigentümer am Mobiliarvermögen des Hausfideikommisses anzusehen.

14. In diesem Sinne Miteigentum erworben hat das Land demzufolge natürlich auch an denjenigen Bestandteilen des Mobiliarvermögens des Hausfideikommisses, die sich 1918/1923 auf "Privatschlössern" des Hauses Baden befanden und die 1995 versteigert wurden. (Dies betrifft nicht das Inventar des Bodenseefideikommisses in Schloss Salem, wenngleich ein Ausgleichanspruch des Staates für diese aus eigener Machtvollkommenheit des Regenten Karl Friedrich zu einem Fideikommiss bestimmten genuin "staatlichen" Vermögenswerte nicht undenkbar erscheint.)

15. Wie sich erst bei der Versteigerung 1995 gezeigt hat, hat das Haus Baden sich nach 1918 in so erheblichem Umfang Teile des als Kron- und Staatsschatzes zu verstehenden Mobiliarvermögens des Hausfideikommiss angeeignet, die 1919 durch die Badische Verfassung und 1923 durch das Stammgüteraufhebungsgesetz als freies Eigentum dem Haus Baden zufielen, dass dies in die Erwägungen des Landesgesetzgebers bei den Auseinandersetzungsverhandlungen 1919 unbedingt hätte einfließen müssen.

16. Angesichts des fehlenden Zugriffs auf Teile des beweglichen Patrimonialeigentums kann der Eindruck einer Selbst-Enteignung des badischen Staates durch Verkennung der öffentlichrechtlich-privatrechtlichen Doppelnatur des Hausfideikommisses, der bei den Immobilien des Domänenvermögens durch den Begriff "Patrimonialeigentum" zum Ausdruck gebracht wurde, nur vermieden werden, wenn man bei der vertraglichen Auseinandersetzung von 1919 einen umfassenden Ausgleich gegenseitiger Ansprüche annimmt, der auch das Fideikommissvermögen in den öffentlich zugänglichen und vom Staat verwalteten Sammlungen betraf.

17. Angesichts der Unmöglichkeit, ein Bruchteileigentum für die "Staats-Quote" des Hausfideikommisses anzugeben, erweist sich somit nur diejenige Sichtweise als sachgerecht, die 1919 einen umfassenden Ausgleich der staatsrechtlich umstrittenen Eigentumsproblematik annimmt. Die Differenzierung würde dann an die öffentlichrechtliche Widmung (die ja auch einer Herausgabe von Kulturgut an die vermeintlichen Eigentümer, sei es Haus Baden oder Zähringer-Stiftung nach dem Recht der öffentlichen Sachen entgegensteht) anknüpfen: Was 1918/19 aufgrund der faktischen Zugriffsmöglichkeiten der ehemaligen Regentenfamilie in die zugeschiedenen oder privaten Immobilien verbracht werden konnte, sollte ihr als Eigentum zustehen. Was in öffentlichen Sammlungen verwahrt wurde, sollte ebenso Staatseigentum werden wie das Inventar der Gebäude der Hofausstattung. Nur für die nicht staatlich verwaltete Kunsthalle und die vom Fideikommiss beanspruchten Bestände des Generallandesarchivs wurde eine Sonderregelung getroffen. Mit diesem Vergleich hätte der Staat auf sein Miteigentum am Mobiliarvermögen des Hausfideikommisses verzichtet.

18. Bereits die entschädigungslose Aneignung der dem Staat zustehenden Anteile am Hausfideikommiss nach 1918 bzw. durch das Stammgüteraufhebungsgesetz 1923 begegnet erheblichen Bedenken. Die 2006 angemeldeten Ansprüche des Hauses Baden auf die Gesamtheit der einstigen großherzoglichen Sammlungen sind ersichtlich Phantasie-Ansprüche, die keinen Bestand haben können und nur aus verhandlungstaktischen Gründen aufgestellt wurden.

Aus der Antwort des Finanzministeriums:
http://www2.landtag-bw.de/wp14/drucksachen/0000/14_0341_d.pdf


Zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Markgrafen von Baden
bestehen unterschiedliche Rechtsansichten über die Eigentumsverhältnisse an
Handschriften, Druckwerken und Büchern in der Badischen Landesbibliothek
in Karlsruhe, über die Eigentumsverhältnisse an den ehemals von
Wessenberg'schen Gemäldesammlungen im Rosgartenmuseum in Konstanz,
an Beständen des Kopf'schen Kunstmuseums, an den Louis Jünckeschen Gemäldesammlungen,
an der so genannten Türkensammlung, an der großherzoglichen
Münzsammlung im Staatlichen Münzkabinett und an den hofeigenen
Beständen der früheren vereinigten Sammlungen im Badischen Landesmuseum
in Karlsruhe.

[...]

Die Zähringer-Stiftung wurde als Stiftung öffentlichen Rechts nach §§ 3 und
32 des Badischen Stiftungsgesetzes von 1918 im Jahre 1954 errichtet. Zum
Übergang der Sammlungen auf die Zähringer-Stiftung ordnete der Großherzog
im Testament vom 12. August 1927 folgendes an:
„Soweit diese Gegenstände und Sammlungen sich beim Ableben meiner
geliebten Gattin noch vorfinden, sollen sie in einer Stiftung mit dem Namen
„Zähringer-Stiftung“ vereinigt werden, deren Aufgabe es ist, die
Sammlungen in der bisherigen Weise zu erhalten und der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen.“
Im notariellen Testament der vormaligen Großherzogin Hilda vom 13. Dezember
1951 sind die Zähringer-Stiftung und die Sammlungen, die den
Bestand der Stiftung bilden sollten, nicht erwähnt.
Bei der Zuwendung der Sammlungen an die Großherzogin handelte es sich
um ein Vermächtnis. Deshalb wurde die Großherzogin mit dem Ableben
des Großherzogs nicht Eigentümerin der genannten Sammlungen im Wege
der Gesamtrechtsnachfolge nach § 1922 BGB. Sie hatte nach § 2174 BGB
lediglich einen Anspruch auf Übereignung der Gegenstände gegen den Erben,
d.h. gegen Markgraf Berthold.
Da die Sammlungen zunächst der Großherzogin vermacht waren, handelte
es sich bei der Zuwendung der Sammlungen an die Zähringer-Stiftung um
ein durch den Tod der Großherzogin aufschiebend bedingtes Nachvermächtnis
im Sinne von § 2191 BGB. Die Zähringer-Stiftung wurde mit
dem Ableben der Großherzogin nicht automatisch Eigentümerin der genannten
Sammlungen, sondern hatte – wie zuvor die Großherzogin gegenüber
Markgraf Berthold – nach § 2174 BGB lediglich einen Anspruch auf
Einbringung der vermachten Gegenstände in die Stiftung, d.h. auf Übereignung.

Ob die Zähringer-Stiftung Eigentümerin der Sammlungen geworden ist,
hängt demnach davon ab, ob ihre Vermächtnisansprüche auf Übereignung
oder auf Verschaffung durch den Markgrafen Berthold erfüllt worden sind.
Im Einzelnen konnte nach Auffassung des Hauses Baden bis heute nicht
nachgewiesen werden, dass
– eine dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgebot hinreichende Individualisierung
sämtlicher zu übereignenden Sachen stattgefunden hat,
– hinsichtlich der zu übereignenden Sachen eine Übergabe nach § 1929
Abs. 1 BGB bzw. die Vereinbarung eines Besitzkonstituts oder die Abtretung
der entsprechenden Herausgabeansprüche an die Zähringer-Stiftung
stattgefunden haben und
– die nach § 929 BGB erforderliche Einigung, d.h., die auf die Übereignung
gerichteten Willenserklärungen der Parteien erfolgt ist.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass nach Auffassung des Hauses Baden
die Zähringer-Stiftung trotz der letztwilligen Verfügung des letzten
Großherzogs von Baden nie Eigentümerin der streitgegenständlichen
Sammlungen geworden ist.


Im Ausstellungskatalog "Für Baden gerettet", 1996 liest man auf S. 321: "1952 stellte der Testamentsvollstrecker der Großherzogin den Antrag zur Errichtung dieser Stiftung, die 1957 unter dem Vorsitz von Markgraf Berthold zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammentrat. Zu dem Besitz der Stiftung gehört u.a. das Baden-Badener Atelier des Hofbildhauers von Kopf. Auf Wunsch S.K.H. Max, Markgraf von Baden, wurde 1983 die Sammlung Kopf in das Badische Landesmuseum überführt. Lediglich die Pietà blieb zurück, da sie in der Kapelle des Neuen Schlosses in Baden-Baden aufgestellt war". Die Pietà wird in der Rubrik "Als Bestandteil der Zähringer Stiftung an das Badische Landesmuseum überstellt" aufgeführt. Sie wurde im Versteigerungs-Katalog von Sotheby's 1995 als Nr. 6186 aufgeführt, aber nicht aufgerufen.

Daraus ergibt sich, dass sowohl 1995 als auch 1983 das Haus Baden davon ausgegangen ist, dass die ordnungsgemäße Realisierung der Zähringer-Stiftung mit den vorgesehenen Vermögensbeständen erfolgt ist. In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Verwaltungsrats der Zähringer Stiftung hätte Markgraf Berthold regelmäßig in den Verwaltungsratssitzungen so getan, als könne die Zähringer Stiftung ihren Stiftungszweck erfüllen, während er als Erbe davon abgesehen hätte, die Vermögensbestände zu übereignen? Eine "reservatio mentalis" ist hier offenbar ganz und gar fehl am Platz: Durch seine Mitwirkung in der Stiftung hat Markgraf Berthold konkludent der Übereignung zugestimmt. Soweit die Stiftungsaufsicht es unterlassen hat, die Übereignung formell beurkunden zu lassen und die Inventarisierung des Stiftungsvermögens durchzusetzen, liegt eine Amtspflichtsverletzung vor.


***

Frühere Beiträge zur Zähringer-Stiftung in diesem Weblog:

http://archiv.twoday.net/stories/2823247/

Auszug:

Die 1954 bestätigte Zähringer Stiftung hatte als Vermächtnisnehmerin nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung der für die Stiftung vorgesehenen Vermögensgegenstände (Kulturgüter) - selbstverständlich nur, soweit diese tatsächlich im Eigentum des Erblassers standen und nicht etwa Staatseigentum waren. Privateigentum des Großherzogs wird nach Reicke/Mugnug insbesondere für die Türkenbeute angenommen. Gemäß § 2174 BGB ist ein Erfüllungsgeschäft bei dem Vermächtnis notwendig, bei beweglichen Sachen also Einigung und Übergabe. Das Problem besteht nun darin, dass die Gegenstände von staatlichen Institutionen verwahrt wurden, also keine "Übergabe" vom Erben an die Stiftung erfolgte. Man muss also fragen, ob sich aus den Akten ergibt, dass eine Übereignung durch die Erben der Großherzogin Hilda - und sei es auch nur durch konkludentes Handeln - erfolgt ist. Ist diese Übereignung nicht nachweisbar, dann könnte man daran denken, dass nach 30 Jahren (also 1984) der Anspruch der Stiftung verjährt ist und das Haus Baden tatsächlich Eigentümer geworden ist. Die Stiftung könnte aber wohl einen Amtshaftungsanspruch gegen das Land geltend machen, dessen Stiftungsaufsicht die Realisierung des Stiftungsvermögens auf jeden Fall hätte sicherstellen müssen. Für diesen Amtshaftungsanspruch könnte derzeit die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen sein. Dieser Amtshaftungsanspruch bezieht sich aber auf eine Geldentschädigung, mit der die fraglichen Kulturgüter nur unter günstigen Umständen beschafft werden könnten (falls die Kulturgüter durch Fideikommiss gebunden waren, sah das badische Auflösungsgesetz ein gesetzliches Vorkaufsrecht des Landes Baden vor).

Es ist fraglich, ob der im Verwaltungsrat der Stiftung sitzende Direktor des Landesmuseums eine solche Klage gegen die Stiftungsaufsicht zulässigerweise einreichen könnte (einem Weisungsrecht durch das Land unterläge er nicht). Auf jeden Fall müsste die Stiftungsaufsicht im Sinne des Stifterwillens die Stiftung anhalten, gegen die eigene (der Stiftungsaufsicht) Untätigkeit zu klagen. Gegen den Pakt von Haus Baden (bzw. Stiftung) und Stiftungsaufsicht ist aber derzeit prozessrechtlich kein Kraut gewachsen.

-

http://archiv.twoday.net/stories/2770378/

Im Staatsarchiv Freiburg liegt unter der Signatur C 25/3 Nr. 111 eine Akte des Badischen Ministeriums des Kultus und Unterrichts aus dem Jahre 1952, die sich mit der beabsichtigten Gründung einer "Zähringer-Stiftung" befasst. In den Papieren geht es um die Umsetzung einer testamentarischen Bestimmung des letzten badischen Großherzogs, Friedrich II., vom 12. August 1927, die er vor dem Notariat I in Freiburg abgab. In dieser testamentarischen Bestimmung benennt Friedrich II. seinen Besitz wie folgt:

"1. die ehemalige von Wessenberg'sche Gemäldesammlung, die sich zu Zeit im früheren von Wessenberg'schen Haus in Konstanz befindet, 2. das Kopf'sche Kunstmuseum in Baden in dem vom Staate als Ersatz für das vormalige Atelier Kopf errichteten Neubau daselbst, 3. die Louis Jünck'sche Gemäldesammlung in Baden, die zur Zeit in Ermangelung eines geeigneten Ausstellungsraumes im dortigen Schloss aufbewahrt wird, Ziffer 1-3 mit dem Vorbehalt, unter dem diese Sammlungen s.Zt. meinem in Gott ruhenden Vater geschenkt und von ihm angenommen wurden, 4. die in Karlsruhe befindlichen Gemälde und Plastiken, die in der Kunsthalle, in der Sammlung der Gipsabgüsse und sonst wo aufbewahrt werden und mir eigentümlich gehörn, 5. das in Karlsruhe befindliche Kupferstichkabinett, die Türkensammlung, das Münzkabinett und die übrigen früher im Gebäude der vereinigten Sammlungen untergebrachten mir gehörenden Bestände, 6. die mir gehörenden Teile der Hof- und Landesbibliothek", zu der die heutige Fürstenfamilie auch die jetzt so umstrittenen Handschriften in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe zählt.

Über diesen Besitz verfügt der Großherzog der Mitschrift seines Notars zufolge wie folgt: "Diese aufgeführten Gegenstände fallen nicht an den Prinzen Berthold-Friedrich als Erben. Ich vermache sie vielmehr meiner geliebten Gemahlin der Großherzogin zu vollem Eigentum. Die Gegenstände sind nicht zur Veräußerung bestimmt, von geschichtlichem, künstlerischem und wissenschaftlichem Wert, seit 20 Jahren in meinem Besitz, der Volksbildung bereits zugängig und mit der Verpflichtung belastet, sie nur im Falle der Not zu veräußern, sie bilden daher kein steuerbares Vermögen. Soweit diese Gegenstände und Sammlungen sich beim Ableben meiner geliebten Gemahlin noch vorfinden (Zusatz durch mich: Ziffern 4-6 zweifelsohne), sollen sie in einer Stiftung mit dem Namen ,Zähringer-Stiftung' vereinigt werden, deren Aufgabe es ist, die Sammlungen in der bisherigen Weise zu erhalten und der Öffentlichkeit zugängig zu erhalten. Eine Veräußerung der Sammlungsgegenstände ist der Stiftung nur insoweit erlaubt, als es zur Zahlung der für die Stiftung etwa zu zahlenden Erbschaftssteuer erforderlich wird."


-

Text der Stiftungssatzung genehmigt 12.3.1954
http://archiv.twoday.net/stories/2750198/

Eintrag im Stiftungsverzeichnis
http://archiv.twoday.net/stories/2740166/

-

Aus dem Artikel der FAZ (Rüdiger Soldt) vom 27.9., S. 37
http://archiv.twoday.net/stories/2731632/

Bis 1924 stritten sich das Herrscherhaus und das Land über die Zuständigkeit für die Sammlungen. Erst das Testament Friedrichs II. von 1927 schien Klarheit zu schaffen: Er vererbte die Sammlungen nicht dem Markgrafen Berthold, sondern seiner Ehefrau Hilda, der er vorschrieb, die Kunstschätze nach ihrem Tod in die "Zähringer Stiftung" einzubringen. Der Großherzog starb 1928, seine Frau lebte bis 1952, zwei Jahre später wurde die Stiftung gegründet. Damit könnte die Eigentumsfrage geklärt sein, das Problem ist nur: Es gibt kein Übergabeprotokoll der Sammlung an die Stiftung. "Was 1919 Eigentum des Großherzogs war, ist das Eigentum seiner Erben geblieben", heißt es im Finanzministerium. Die Gutachter des Landes sind der Auffassung, daß die Übergabe der Sammlungen und Kunstgegenstände in die "Zähringer Stiftung" nicht den gesetzlichen Erfordernissen entsprach. Zudem sei es auch tatsächlich "heute nicht mehr möglich, die Erwerbsgeschichte jedes einzelnen Gegenstandes zu rekonstruieren", argumentieren die Gutachter.

-

Zum Atelier Joseph von Kopf siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2990632/

Zur Jünck'schen Gemäldesammlung siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2835396/

Zur Wessenberg-Galerie in Konstanz siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2836746/

Zu Hinterlegungen in der BLB siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2836945/

Protokoll der Sitzung 1983 siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2989084/

Drucksache 14/341 25.09.2006 Antrag der SPD-Fraktion: Die „unvollendete
Revolution“ in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von Kulturgütern des
Landes liegt jetzt mit Stellungnahme des Finanzministeriums vom 10.10.2006
online vor, unter der Adresse
http://www2.landtag-bw.de/wp14/drucksachen/0000/14_0341_d.pdf

Die Stellungnahme zum Antrag der Fraktion GRÜNE 14/343 vom 26.09.2006: Sicherung
der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek liegt noch nicht online
vor.

Zum Ergebnis der Beratung der beiden an den Finanzausschuss überwiesenen Anträgen und eines weiteren Antrags

Renate Rastätter u. a. GRÜNE
04.10.2006 Drs 14/382
Eigentumsrechte an den Handschriften der Badischen Landesbibliothek
http://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0382.html

gibt eine Pressemitteilung des Landtags Auskunft.

Pressemitteilungen
063/2006
19.10.2006

Finanzausschuss berät Sicherung von Kulturgütern

Weiterer Umgang mit Handschriftensammlung
der Badischen Landesbibliothek bleibt umstritten

Stuttgart. Nachdem sich das Landtagsplenum in der vergangenen Woche mit dem
möglichen Verkauf badischer Handschriften befasst hatte, beriet der
Finanzausschuss in seiner heutigen Sitzung (19. Oktober 2006) die an ihn
überwiesenen bzw. neu eingegangenen einschlägigen Anträge. Wie der Vorsitzende
des Ausschusses, der SPD-Abgeordnete Ingo Rust, mitteilte, wurde der gemeinsam
von SPD und GRÜNEN eingebrachte Antrag, mit dem Haus Baden keine Vereinbarung
zum Verkauf von Kulturgütern aus staatlichen Beständen zu schließen,
mehrheitlich abgelehnt. Ein Antrag der GRÜNEN, in dem die Landesregierung unter
anderem aufgefordert wird, „aufgrund der fehlenden verfassungsrechtlichen
Grundlagen“ die Ansprüche des Hauses Baden an das Land zurückzuweisen, wurde
ebenfalls abgelehnt. Mehrheitlich Zustimmung fand indes ein Antrag der
Regierungsfraktionen CDU und FDP/DVP, wonach die Landesregierung auf der
Grundlage ihres so genannten Drei-Säulen Modells den Eigentumsstreit zwischen
dem Haus Baden und dem Land endgültig beilegen und so das badische Kulturerbe
sowie die Klosteranlage Schloss Salem dauerhaft sichern soll. Vor Abschluss der
entsprechenden Vereinbarung solle der Landtag unterrichtet werden, heißt es in
dem Antrag weiter.

„Das Land behauptet weiterhin, die Eigentumsverhältnisse an den historischen
Handschriften der Badischen Landesbibliothek seien seit Jahrzehnten umstritten“,
erläuterte der Ausschussvorsitzende. Hingegen betrachte sich das Haus Baden als
Eigentümer der in der Badischen Landesbibliothek gesammelten historischen
Handschriften. Der Rechtsauffassung der Landesregierung liegt nach Angaben Rusts
eine Reihe von Gutachten zugrunde, das jüngste vom April 2006. Einer der beiden
Autoren des April-Gutachtens, Prof. Dr. Thomas Würtenberger, stand im
Finanzausschuss Rede und Antwort.

Die Landesregierung sei unter Hinweis auf die ihrer Einschätzung nach ungeklärte
Rechtslage der Meinung, nur ein Vergleich zwischen dem Land und dem Haus Baden
könne verhindern, dass wahrscheinlich jahrzehntelange, arbeits- und
kostenintensive Gerichtsprozesse geführt werden müssten, betonte der
Ausschussvorsitzende. Die Finanzierung des Vergleichs werde in einem ersten
Schritt mit einem Umfang von 30 Millionen Euro im Rahmen eines Drei-Säulen
Modells (Sponsorengelder/Mittel der Landesstiftung/Solidarbeiträge des
Kunstbereichs) angestrebt. Im Falle eines Rechtsstreits um den betroffenen
Bestand an Kunst- und Kulturgütern im Wert von 250 bis 300 Millionen Euro wäre
nach Auffassung der Landesregierung ein teilweises Unterliegen des Landes zu
befürchten.

„Ich begrüße es ausdrücklich, dass der Finanzausschuss die Landesregierung
aufgefordert hat, den Landtag vor Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Land
und dem Haus Baden zu informieren“, erklärte Rust abschließend.

Bereits das Testament Georg Friedrichs von Baden-Durlach vom 17. November 1615 bestimmte:

"Die Mobilien sollen dem regierenden Fürsten allein zufallen" (Hermann Schulze, Die Hausgesetze des Durchlauchtigsten Hauses Baden, Breslau 1861, S. 53 Nr. 25).

Etwas ausführlicher geht der Erbvertrag mit Baden-Baden vom 28. Januar 1765 auf die Frage ein:

"Die Mobilien, wie auch die Renten und Nutzungen des letzten Jahrs sollen einander zufallen, ohne daß dießfalls einige bey den Fürsten- und Fahn-Lehen, wie auch überhaupt nach der Verfaßung und dem Herkommen des Gesamthauses ohnedem nicht statthabende Theilung mit den gemeinen Erben Platz greifen kann. Nur allein die Baarschaft, welche sich in der Privat-Chatoulle des Fürsten, bei dessen Ableben befindet, ist ausgenommen" (Johann Christian Sachs, Einleitung in die Geschichte der Marggravschaft [...] Baden, Bd. 5, Karlsruhe 1773, S. 270).

Es wird also unter Berufung auf die Grundsätze des Fürstenrechts wie auch die Tradition des Hauses Baden das Prinzip aufgestellt, dass der Mobiliarbesitz dem jeweiligen Regenten in Art eines Fideikommisses zusteht.

Daran knüpfte an Erwin Joh. Jos. Pfister, Geschichtliche Darstellung der Staatsverfassung des Großherzogthums Baden und der Verwaltung desselben, Teil 1, Heidelberg 1829, S. 220f. an. Was zur Privat-Mobiliarschaft des Regenten gehöre habe Karl Friedrich im genannten Erbvertrag ausdrücklich erörtert. Nach der Wiedergabe obigen Zitats kommentiert Pfister (S. 221):

Was demnach nicht der Person des Regenten, als Privatmann betrachtet, gewidmet ist, gehöret nicht zur Privat-Mobillarschaft desselben, sondern zu dem öffentlichen Vermögen des Staats, das theils dessen Verwaltung untergeben ist, wie die Steuerkassen, Wein- und Fruchtvorräthe; theils zur Landeswehr gehöret, wie das Kriegsmaterial; theils der Fürstenwürde und Hofhaltung gewidmet ist, wie der Hausschatz, die Hofbibliothek, Bildergallerie, Naturalien- und sonstige Cabinette, der Marstall u.s.w.
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Pfister_staatsverfassung_2.JPG

Zur Praxis in anderen Fürstenhäusern siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2911019/

Da die Testamente der Großgerzöge unzugänglich im Familienarchiv liegen, kann über das Familienherkommen im 19. Jahrhundert keine defintive Aussage getroffen werden. Die Vererbung geschah, "soweit nicht Familienherkommen etwas anderes bedingen" nach den allgemeinen rechtlichen Grundsätzen, schrieb Friedrich Wielandt, Das Staatsrecht des Großherzogthums Baden, Freiburg/Leipzig 1895, S. 40. Es spricht alles dafür, dass bis zum Ende der Monarchie der oben angegebene hausgesetzliche Brauch, dass das Mobiliarvermögen des Regenten an das gebundene Familienvermögen fiel, beachtet wurde.

Zu Großherzog Ludwig siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2835338/ (Privatvermögen anscheinend nur Barschaft).

Der Stadtteilhistorie "von unten" verpflichtet, ist die Barmbeker Geschichtswerkstatt mittlerweile aus ihrem Viertel nicht mehr wegzudenken. Seit 20 Jahren wirkt sie mit Ausstellungen, Stadtteilrundgängen und anderen Veranstaltungen rund um Barmbek, an der kulturellen und politischen Gestaltung dieses einst typischen Hamburger Arbeiterviertels mit. Anlässlich des runden Geburtstags hat die Geschichtswerkstatt den Bildband "Barmbek-Bilder" von Hermann Funke herausgegeben. Das Buch ist 116 großformatige und farbige Seiten dick, Hardcover gebunden und kostet 21,80 Euro (und ist direkt über die Geschichtswerkstatt zu beziehen). Die abgedruckten, teilweise vor über einem halben Jahrhundert entstandenen Aquarelle erzählen im Verbund mit Fotografien die Geschichte der Veränderung des Stadtteils und rufen Erinnerungen an das alte Barmbek wach. "Ja, da geht mir das Herz auf, da raste ich einfach aus, da kommt der kleine Barmbeker Junge in mir ganz nach vorn", freut sich Ralph Giordano.

Auf dem Landtagsserver liegt inzwischen vor:

Das Plenarprotokoll 14/9 11.10.2006 der 9. Sitzung der 14. Wahlperiode des
Landtags von Baden-Württemberg online, abrufbar unter der Adresse
http://www3.landtag-bw.de/WP14/Plp/14_0009_11102006.pdf

Auf den Seiten 305-323 (3-21 von 80) Debatte und Beschluss zu:

1. a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme
des Finanzministeriums – Die „unvollendete Revolution“
in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von
Kulturgütern des Landes – Drucksache 14/341
b) Antrag der Fraktion GRÜNE – Sicherung der
Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek
– Drucksache 14/343 . . . . . . . . . .

mit Redebeiträgen der Abg. Ute Vogt SPD (2x), Abg. Jürgen Walter GRÜNE (2x),
Abg. Christoph Palm CDU,
Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP, Ministerpräsident Günther Oettinger, Abg. Stefan
Mappus CDU,
Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP, Minister Dr. Peter Frankenberg, Abg. Helen Heberer
SPD, Minister Dr. Ulrich Goll.

Zum Antrag der Fraktion der SPD (Drs. 14/341) hatten SPD und Grüne am Tag vor
der Sitzung einen gemeinsamen Änderungsantrag eingebracht, zu finden unter
http://www3.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0402_D.PDF

10.10.2006 Drucksache 14/402
Änderungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion GRÜNE
zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 14/341

Die „unvollendete Revolution“ in Baden – Hintergründe des
geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes

Der Landtag wolle beschließen,

die Landesregierung zu ersuchen,

1. keine Vereinbarung mit dem „Haus Baden“ zu schließen, die das Ziel hat,
Kulturgüter aus staatlichen Beständen zu verkaufen;

2. sämtliche der Landesregierung bekannten Gutachten zur Eigentumsklärung
an den früheren badischen großherzoglichen Kunstsammlungen und
Bibliotheksgütern dem Landtag vorzulegen;

3. die Vorauswahl von aus Sicht der Landesregierung angeblich verkaufbaren
Kunst- und Kulturgütern aus staatlichen Beständen zu Gunsten des „Hauses
Baden“ unverzüglich zu beenden;

4. vor dem Abschluss einer Vereinbarung mit dem „Haus Baden“, die die Finanzierung
bereits erfolgter bzw. geplanter Sanierungs- und Unterhaltungsmaßnahmen
von Schloss Salem zum Gegenstand haben, den Landtag umfassend
über die konkreten Gründe für die Notwendigkeit einer solchen
Vereinbarung und deren konkreten Inhalte zu informieren;

5. den Abschluss einer unter Punkt 4 genannten Vereinbarung unter den Vorbehalt
einer Zustimmung des Landtags zu stellen.

10. 10. 2006

Vogt
und Fraktion

Kretschmann
und Fraktion


Eingegangen: 10. 10. 2006 / Ausgegeben: 11. 10. 2006

Alle 3 Anträge wurden auf Antrag aus der CDU-Fraktion (gegen Widerspruch der
SPD) mehrheitlich an den Finanzausschuss überwiesen.

Sie wurden auf der Sitzung des Finanzausschusses am 19. Oktober 13:00 unter Top
17 behandelt:

17. a) Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme
des Finanzministeriums
- Die „unvollendete Revolution“ in Baden - Hinter-gründe
des geplanten Verkaufs von Kulturgütern
des Landes - Drucksache 14/341
mit dem dazu eingebrachten
Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der
Fraktion GRÜNE - Drucksache 14/402

17. b) Antrag der Fraktion GRÜNE und Stellungnahme
des Finanzministeriums
- Sicherung der Handschriftensammlung der Badischen
Landesbibliothek - Drucksache 14/343
In Verbindung damit:
– Eingabe des Herrn Dr. B. N., Stuttgart,
vom 27. September 2006
– Eingabe des Herrn O. R. P., Karlsruhe,
vom 4. Oktober 2006
– Eingabe des Herrn W. E., Leutkirch,
vom 7. Oktober 2006

Danke an Herrn Kaemper!

Das VERZEICHNIS DER alternativMEDIEN 2006/2007 ist erschienen und bietet ein unentbehrliches Hilfsmittel für die Erforschung der derzeitigen neuen sozialen Bewegungen.
www.leibi.de/alternativmedien

Nach 15 Jahren liegt mit diesem Buch erstmals wieder ein öffentlich zugängliches und gedrucktes Verzeichnis der alternativen Print-Medien vor. Es enthält die Adressen und weitere Daten von 455 derzeit in Deutschland erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften. Zwei Register, statistische Daten und Materialhinweise runden diesen Teil des Nachschlagewerks ab.

Die alternativen Medien haben sich, wie auch die neuen sozialen Bewegungen, in gewissen Maße zu Tode gesiegt. Ihre Anliegen und Praxisformen wurden teilweise in den postfordistischen Kapitalismus integriert. Dies ist nicht nur negativ, denn niemand kann heute ernsthaft in die bleierne Zeit der 1960er Jahre in Ost und West zurückwollen. Die zehn redaktionellen Beiträge des Bandes widmen sich der Geschichte einzelner Medien oder den Medien einzelner sozialer Bewegungen, wie etwa der Frauenbewegung. In mehreren Beiträgen wird das Selbstverständnis und die Bedeutung alternativer Printmedien untersucht.
Der redaktionelle Teil enthält Beiträge zu Verlagsgenossenschaften, zur Geschichte der Zeitschrift "Agit 883", zu Fanzines und die Geschichte ihrer Entstehung, über die Zeitschrift "Graswurzelrevolution", über Medien der Frauenbewegung und der Kirche von Unten im ehemaligen Ostberlin.

Als besonderen Service bietet der Verlag eine Onlinedatenbank der Webadressen der Alternativmedien - soweit sie vorliegen - im Internet an.
Bestellungen und alle aufgeführten Webadressen im Buch, siehe unter www.leibi.de/alternativmedien

Der Autor Bernd Hüttner ist Politikwissenschaftler und lebt in Bremen. Er ist Publizist, Aktivist und Gründer des Archiv der sozialen Bewegungen in Bremen.

Die Einleitung des Herausgebers ZUR ENTWICKLUNG UND ZUKUNFT ALTERNATIVER MEDIEN aus CONTRASTE Nr. 265 (Oktober 2006) ist online zugänglich.
Der Text von Gisela Notz zu Medien der westdeutschen Frauenbewegung ist auf den Seiten der Wochenzeitung jungle world online:
http://jungle-world.com/seiten/2006/42/8692.php

Rezensionen:
Und sie leben noch. Bernd Hüttner hat ein nützliches "Verzeichnis der Alternativmedien" in Deutschland herausgegeben - Rezension in der taz vom 17.3.2007
Rezension des Buches in der Tageszeitung junge welt vom 28.2. 2007
Rezension des Bandes in der Tageszeitung Neues Deutschland vom 1.12. 2006

Bernd Hüttner (Hg): Das VERZEICHNIS DER alternativMEDIEN 2006/2007". 219 S., 18 Euro, ISBN 3-930830-77-9 - 2006, AG SPAK Bücher

Gabriele Gerber: "Das Historische Werbefunkarchiv. Ein Digitalisierungsprojekt der Universitätsbibliothek Regensburg"

Die Tonbandsammlung des Historischen Werbefunkarchivs (HWA), die eine einzigartige Sammlung von Werbefunksendungen aus den Jahren 1948 bis 1987 auf analogen Magnettonbändern darstellt, soll durch Digitalisierung für die Nachwelt erhalten und einem breiten Nutzerkreis zugänglich gemacht werden.

Die heutige Zeit wird oft als schnelllebig charakterisiert. Um so wichtiger ist es für eine Gesellschaft, an ihrer Geschichte festzuhalten und sich immer wieder auf ihre Traditionen und Wurzeln zurückzubesinnen. Das schreibt Ministerpräsident Günther H. Oettinger in seinem Geleitwort zu:

Die Chronik des Dominikus Debler (1756-1836). Stadtgeschichte in Bildern. Hrsg. von Werner H. A. Debler und Klaus Jürgen Herrmann, Schwäbisch Gmünd 2006 (S. 45-54 sind von mir: Dominikus Debler - ein großer Schwäbisch Gmünder Chronist).

Oettinger rühmt die 18-bändige handschriftliche Chronik Deblers als "wertvolles Zeugnis".

Der gleiche Ministerpräsident, der die Handschriftensammlung der BLB ungerührt zerschlagen wollte und erklärt hat, ihn interessiere die Meinung des Feuilletons nicht, ist sich nicht zu schade, eine wenig belangvolle heimatgeschichtliche Publikation mit einem Vorwort zu bedenken - offenbar hat der Initiator des Buchs Debler exzellente Beziehungen zur Staatskanzlei.

http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/2006/ausstellung-handschriften.php

Ca. 25 Spitzenstücke werden vom 28. Oktober bis 25. November als Originale in einer Sonderausstellung präsentiert.

Speyerer Evangelistar

Speyerer Evangelistar

http://de.wikisource.org/wiki/Bayerisches_Oberstes_Landesgericht_-_Kulturgutsicherung

BayObLG Fideikommisssenat, Beschluß vom 27. 10. 2004 - FkBR 1/03

Die Entscheidung betrifft auch das Thurn und Taxis Zentralarchiv in Regensburg.

Auszug: a) Das Bayerische Denkmalschutzgesetz vom 25. 6. 1973 (BayRS 2242-1-K) hat keine Veränderung bewirkt, die eine Aufhebung der Sicherungsbeschlüsse rechtfertigen könnte (vgl. Beschl. des OLG Frankfurt a.M. v. 22. 6. 1982 - FS 66 - für das HessDenkmalschutzG, Denkmalschutzinformation [DSI] 1985, H. 5, S. 28ff.; vgl. ferner die dagegen eingelegte und nicht angenommene Verfassungsbeschwerde, BVerfG, Beschl. v. 15. 5. 1985 - 1 BvR 942/82). Bei der Normierung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes wurde das Fideikommissgesetz nicht angetastet, vgl. Art. 27, 28 BayDenkmSchG. Die in den Sicherungsbeschlüssen vorgesehenen Maßnahmen werden durch das Bayerische Denkmalschutzgesetz auch nicht überholt (Eberl/Martin/Petzet, BayDenkmSchG, 5. Aufl., Art. 4 Rdnr. 19). Dem Denkmalschutz unterfallen bewegliche Denkmäler, zu denen die Bibliotheken und Archive gehören (Eberl/Martin/Petzet, Art. 1 Rdnr. 68), nämlich nur, wenn sie - was hier nicht der Fall ist - in die Denkmalliste eingetragen sind (vgl. Art. 10 BayDenkmSchG). Anders als nach Art. 10 II BayDenkmSchG bedarf nach den Bestimmungen der Sicherungsbeschlüsse die Veräußerung der geschützten Gegenstände der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Außerdem eröffnen die Sicherungsbeschlüsse auch die Möglichkeit, Bestimmungen über die Benutzungsmöglichkeit zu Forschungszwecken zu treffen. Das Bayerische Denkmalschutzgesetz enthält demgegenüber keine entsprechenden Regelungen. Die Verpflichtungen nach Denkmalrecht und Fideikommissgesetz stehen somit nebeneinander (so Kleeberg/Eberl, Kulturgüter im Privatbesitz, Rdnr. 670). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Senatsentscheidung vom 8. 2. 1989 (BayObLGZ 1989, 22 [25]). Der Senat hat dort ausgeführt, dass eine vom Fideikommissgericht im Zusammenhang mit dem Erlöschen der fideikommissrechtlichen Bindungen auferlegte Reallast zu Gunsten des Staates zur Sicherung etwaiger aus der Instandsetzung und Instandhaltung eines Baudenkmals entstehender Ersatzansprüche im Hinblick auf Art. 4 BayDenkmSchG nicht mehr nötig ist und die Belastung deshalb aufzuheben ist. Eine Vergleichbarkeit mit dem vorliegenden Fall ist nicht gegeben.

b) Eine Änderung der rechtlichen Verhältnisse könnte auch dadurch eingetreten sein, dass die getroffenen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen mit heutigem Verfassungsrecht nicht mehr im Einklang stehen. Dies ist jedoch nicht der Fall.

aa) Ein Verstoß gegen Art. 14 GG liegt nicht vor.

(1) Die Beschlüsse des OLG aus dem Jahr 1943 stellen keine Enteignung dar, weil sie keine konkreten Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben entziehen, sondern die Nutzungsmöglichkeiten nur generell und abstrakt beschränken. Sie bestimmen damit Inhalt und Schranken des Eigentums i.S. von Art. 14 I 2 GG. Diese Einordnung der Beschränkungen ist von der Intensität der den Rechtsinhaber betreffenden Belastung unabhängig. Sie behalten ihre Gültigkeit selbst in den Fällen, in denen der Eingriff in seinen Auswirkungen für den Betroffenen einer Enteignung nahe- oder gleichkommt (BVerfGE 100, 226 [240] = NJW 1999, 2877).

(2) Bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums sind die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürfen nicht weiter gehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Begrenzungen der Eigentümerbefugnisse sind in diesem Rahmen als Ausfluss der Sozialgebundenheit des Eigentums (Art. 14 II GG) grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmen (BVerfGE 100, 226 [241] = NJW 1999, 2877).

(3) Der Schutz von Kulturgütern ist eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang, der einschränkende Regelungen i.S. von Art. 14 I 2 GG rechtfertigt. Die in den Beschlüssen des OLG angeordneten Maßnahmen sind geeignet und erforderlich, den Zweck des Kulturgüterschutzes zu erfüllen. Ein anderes, gleich wirksames, aber das Eigentum weniger beeinträchtigendes Mittel ist nicht erkennbar.

(4) Eigentümern dürfen keine übermäßigen und unzumutbaren Belastungen auferlegt werden. Die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit hängt von der geschichtlichen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Situation ab. Die Grenzen der Sozialbindung werden regelmäßig überschritten bei Eingriffen in bereits verwirklichte Nutzungen und beim Ausschluss von Nutzungsmöglichkeiten, die sich nach Lage der Dinge objektiv anbieten oder sogar aufdrängen (Sprecher, Beschränkungen des Handels mit Kulturgut und die Eigentumsgarantie, S. 44 m.w. Nachw.). Die vom OLG getroffenen Maßnahmen führen nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung des Eigentümers. Angesichts des hohen Rangs des Kulturgüterschutzes muss es der Bet. zu 1 hinnehmen, dass ihm eine rentablere Nutzung von Hofbibliothek und Zentralarchiv verwehrt wird (vgl. BVerfGE 100, 226 [242] = NJW 1999, 2877). Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es die Beschlüsse des OLG nicht ausschließen, mit Genehmigung der nach pflichtgemäßem Ermessen zur Entscheidung berufenen Aufsichtsbehörde die fraglichen Kulturgüter an einen Träger zu veräußern, der das öffentliche Interesse an der Erhaltung der Kulturgüter wahrt. In diesem Zusammenhang kann auch nicht außer Betracht bleiben, dass Bibliothek und Zentralarchiv anders als bürgerliches Eigentum nicht unter marktkonformen Bedingungen, sondern unter dem Privileg einer herrschaftlichen Position geschaffen oder erworben wurden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass derzeit durch den „Betreuungsvertrag“ mit der Universität Regensburg die Belastungen durch Bibliothek und Archiv in Regensburg wesentlich gemindert werden.

(5) Ergänzend ist zu bemerken, dass die Beschlüsse des OLG keine Beschränkungen bestimmen, die nicht schon vorher bestanden haben. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die vorher im Interesse der Familie bestehenden Beschränkungen nunmehr im öffentlichen Interesse aufrechterhalten wurden (vgl. OLG Zweibrücken, OLGZ 1981, 139 [143]; BayObLGZ 1986, 382 [387]).

(6) Dem Einwand des Bet. zu 1, die fideikommissrechtlichen Beschränkungen könnten nicht „ewig“ bestehen bleiben, kann nicht durch eine Entscheidung der Fideikommissgerichte, sondern nur durch gesetzgeberische Maßnahmen entsprochen werden.

bb) Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG ist nicht verletzt. Es ist zwar richtig, dass eine Ungleichbehandlung der Eigentümer von Kulturgütern aus aufgelösten Fideikommissen und von Kulturguteigentümern anderer Herkunft besteht. Es wird aber nicht Gleiches ungleich, sondern Ungleiches entsprechend seiner Eigenart behandelt.

Ein Familienfideikommiss ist ein durch privates Rechtsgeschäft gebundenes Sondervermögen, das grundsätzlich unveräußerlich und unbelastbar ist, von bestimmten Familienmitgliedern nacheinander in einer von vornherein festgelegten Folgeordnung genutzt wird und dazu bestimmt ist, die wirtschaftliche Kraft und das soziale Ansehen einer Familie dauernd zu erhalten. Die Fideikommisse verdanken ihre Entstehung dem Wunsch der grundbesitzenden Familien, insbesondere des Adels, ihren Besitzstand geschlossen zu erhalten (Koehler-Heinemann, S. 67). Fideikommissvermögen wurde in der Regel unter dem Privileg einer herrschaftlichen Position geschaffen oder erworben. Dies war so auch im vorliegenden Fall. Der Bet. zu 1 trägt vor, das Vermögen des Hauses Thurn und Taxis sei durch unternehmerische Tätigkeit, durch die Thurn und Taxis´sche Post, erworben worden. Diese war jedoch nicht ein Privatunternehmen wie jedes andere auch, sondern war mit dem Privileg einer herrschaftlichen Position verbunden (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon XIX, S. 167).

NVwZ-RR 2003, S. 323

1. Auch wenn die Satzung einer Stiftung des Privatrechts nur eine Vertretung durch den Vorstand regelt, kann einem Aufsichts- oder Kontrollorgan ausnahmsweise die Prozessführungsbefugnis für ein gerichtliches Vorgehen gegen die staatliche Stiftungsaufsicht zustehen, wenn ohne die Zuerkennung einer solchen Befugnis nicht gewährleistet wäre, dass die Stiftungsaufsicht im Einzelfall ihrer Verpflichtung nachkommt, den Stifterwillen und den Stiftungszweck gegenüber der Stiftung und ihren Organen durchzusetzen.

2. Für ein gerichtliches Vorgehen gegen die Stiftungsaufsicht aus eigenem Recht ist ein Stiftungsorgan weder beteiligungsfähig noch klagebefugt.

OVG Berlin, Beschluß vom 1. 11. 2002 - 2 S 29/02

[Abdruck auch: Deutsches Verwaltungsblatt 2003, S. 342 ff.]

Zum Sachverhalt:

Die Bet. streiten im vorläufigen Rechtsschutzverfahren um die Vollziehungsfähigkeit einer stiftungsaufsichtlichen Genehmigung für die Neufassung einer Stiftungssatzung. Die Ast. zu 1 (im Folgenden: Stiftung) ist eine rechtsfähige Stiftung des Privatrechts. Sie wird im vorliegenden Verfahren durch das nach § 6 der ursprünglichen Stiftungssatzung aus dem Jahre 1936 gebildete Aufsichtsorgan vertreten, das zugleich als Ast. zu 2 selbstständig am Verfahren beteiligt ist. Die Stiftung ist in zweiter Instanz auch als Beigel. beteiligt, wobei sie satzungsgemäß von dem Vorstand vertreten wird. Am 20. 7. 2001 beschloss der Stiftungsvorstand eine Änderung der Satzung, mit deren Hilfe eine gem. § 10 II BerlStiftG (GVBl S. 674) den gesetzlichen Anforderungen an Satzungen von Familienstiftungen genügende Satzungsregelung geschaffen werden soll. Die Änderungen betreffen - neben anderem - die organschaftliche Struktur der Stiftung und die Kompetenzen der Organe. Insbesondere ist in § 9 der Neufassung an Stelle des bisherigen Aufsichtsorgans ein so genannter Fachbeirat vorgesehen und nach § 7 als weiteres Organ ein so genannter Familienrat eingefügt. Der Ag. erteilte hierfür am 8. 3. 2002 die stiftungsaufsichtliche Genehmigung. Dagegen haben die Ast. des vorliegenden Verfahrens die beim VG noch anhängige Anfechtungsklage (22 A 117/02) erhoben. Sie halten die Genehmigung der Satzungsänderung für rechtswidrig, weil die dadurch bewirkte grundlegende Revision der gesamten Organstruktur dem Willen des Stifters nicht entspreche. Da die Stiftungsaufsicht auch der Wahrung der vom Stifter intendierten Kontrollmechanismen durch die von ihm verfügte Stellung der Organe und deren Aufgaben im Rahmen der Stiftung diene, sei die durch das Aufsichtsorgan vertretene Stiftung, zumindest aber das mit Kontrollaufgaben betraute Aufsichtsorgan, insoweit klagebefugt. Mit ihren vorläufigen Rechtsschutzanträgen haben die Ast. beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die stiftungsaufsichtliche Genehmigung anzuordnen, hilfsweise festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat.

Das VG hat diese Anträge zurückgewiesen. Die Beschwerde der Ast. zu 1 hatte Erfolg, die des Ast. zu 2 wurde zurückgewiesen.
Aus den Gründen:

Die Beschwerde der Ast. zu 1 ist begründet; auf ihren Hilfsantrag ist festzustellen, dass ihre Anfechtungsklage gegen die dem Vorstand der Stiftung erteilte stiftungsaufsichtliche Genehmigung der Satzungsänderung aufschiebende Wirkung hat. Der Beschwerde des Ast. zu 2 ist dagegen der Erfolg zu versagen.

Für die Entscheidung über die vorläufigen Rechtsschutzgesuche der Ast. ist verfahrensrechtlich die Bestimmung des § 80a VwGO heranzuziehen. Deren unmittelbarer Anwendung steht zwar entgegen, dass die stiftungsaufsichtliche Genehmigung der Satzungsänderung kein dieser Regelung als typische Konstellation zu Grunde liegender Verwaltungsakt mit Doppelwirkung ist, durch den ein Betroffener begünstigt und ein Dritter belastet wird. Denn es fehlt hier an dem dafür kennnzeichnenden echten Dreiecksverhältnis. Als durch den Vorstand vertretene Genehmigungsadressatin ist die Stiftung identisch mit der durch das Aufsichtsorgan vertretenen Ast. zu 1, und auch das als Ast. zu 2 selbstständige auftretende Aufsichtsorgan ist kein außenstehender Dritter, sondern Bestandteil der organschaftlichen Struktur der Stiftung. Die entsprechende Heranziehung der Verfahrensbestimmungen des § 80a VwGO ist jedoch unter Berücksichtigung der Abgrenzungsregelung des § 123a VwGO wegen der Gleichartigkeit der hier gegebenen verfahrensrechtlichen Konstellation mit den durch § 80a VwGO erfassten Fällen gerechtfertigt. Denn auch im vorliegenden Fall geht es im Ergebnis um die Vollziehbarkeit der stiftungsaufsichtlichen Satzungsgenehmigung, die der Stiftung auf Antrag ihres Vorstandes erteilt worden ist und gegen die sich die Ast. zu 1 und 2 mit gegenläufigen Rechtsschutzanträgen wenden.

Da der Ag. die Genehmigung nicht für sofort vollziehbar erklärt hat, ist von vornherein kein Raum für eine von den Ast. in erster Linie beantragten Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage, so dass nach dem Hilfsantrag in wiederum entsprechender Anwendung der §§ 80a III 2, 80 V VwGO (vgl. Schenke, VerwaltungsprozessR, 7. Aufl., Rdnr. 1015) auf Feststellung zu erkennen ist, dass die Klage aufschiebende Wirkung entfaltet.

Die dahingehende Feststellung kann allerdings nur nach dem Antrag der Ast. zu 1, also der durch das Aufsichtsorgan vertretenen Stiftung, ausgesprochen werden, da nur deren Klage aufschiebende Wirkung hat (B). Die Klage des Ast. zu 2 konnte dagegen keine aufschiebende Wirkung auslösen, da sie offensichtlich unzulässig ist und deshalb nach herrschender Meinung (vgl. die Nachw. bei Schenke, VerwaltungsprozessR, 7. Aufl., Rdnr. 959) die gem. § 80 I VwGO mit der Anfechtung eines belastenden Verwaltungsakts grundsätzlich unabhängig von den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs verbundene aufschiebende Wirkung nicht eingetreten ist (A).

A. Als Organ der Stiftung fehlt dem Ast. zu 2 offensichtlich die für das gerichtliche Vorgehen gegen die Satzungsgenehmigung erforderliche Klage- und Antragsbefugnis i.S. von § 42 II VwGO und insoweit auch die Beteiligungsfähigkeit entsprechend § 61 Nr. 2 VwGO. Denn er kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt durch die angefochtene Genehmigung in ihm zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein.

Die die Staatsaufsicht über Stiftungen regelnden Vorschriften des Berliner Stiftungsgesetzes dienen der der Aufsichtsbehörde im öffentlichen Interesse übertragenen Aufgabe, darüber zu wachen und sicherzustellen, dass die Angelegenheiten der Stiftung in Übereinstimmung mit dem Gesetz und dem sich aus dem Stiftungsgeschäft und der Satzung ergebenden Stifterwillen besorgt werden. Diese Aufgabenzuweisung hat ihren Grund darin, dass die Stiftung als einzige juristische Person des Privatrechts nicht mitgliedschaftlich verfasst ist und deshalb nicht durch an ihr vermögens- und kooperationsrechtlich beteiligte Mitglieder kontrolliert wird. Deshalb besteht ein öffentliches, von der Stiftungsaufsicht wahrzunehmendes Interesse daran, dass die Stiftungsorgane ihre Handlungsfreiheit nicht entgegen dem im Stiftungsgeschäft oder in der Stiftungssatzung niedergelegten Willen des Stifters ausüben (vgl. BVerwGE 40, 347 [350f.]). Damit fehlt den Vorschriften des Berliner Stiftungsgesetzes über die Stiftungsaufsicht eine auch die Rechte Dritter schützende Funktion (so OVG Berlin, Urt. v. 8. 6. 1982, in: Stift.Rspr. III, S. 152ff. = OVGE 16, 100 m.w.Nachw.; Urt. v. 30. 6. 1987 - 8 B 13/86; vgl. auch OVG Lüneburg, NJW 1985, 1572; VGH Mannheim, NJW 1985, 1573). Dementsprechend stellt auch die aufsichtsbehördliche Genehmigung eines Satzungsänderungsbeschlusses gem. § 5 I 3 BerlStiftG keinen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung dar, der zugleich Dritte begünstigen oder belasten könnte. Als privatrechtsgestaltender, der präventiven Rechtmäßigkeitskontrolle dienender Verwaltungsakt ist sie vielmehr, wie andere stiftungsaufsichtliche Maßnahmen auch, allein an die Stiftung selbst und die für sie handelnden Organe gerichtet (vgl. VGH Mannheim, NJW 1985, 1573). Dritte, wie der Stifter selbst, Destinatäre oder einzelne Organmitglieder können hierdurch nur reflexweise, nicht aber in öffentlich geschützten Rechtspositionen berührt werden, unbeschadet der gegebenen Möglichkeit, ihnen hinsichtlich des der aufsichtlichen Genehmigung zu Grunde liegenden Satzungsbeschlusses etwa zustehenden zivilrechtlichen Ansprüche vor den ordentlichen Gerichten zu verfolgen (vgl. die zitierten Entscheidungen des OVG Berlin, OVGE 16, 100; OVG Münster, NWVBl 1992, 360).

„Dritter“ in diesem Sinne ist jedoch auch ein Stiftungsorgan, soweit es behauptet, durch einen Rechtsverstoß der Stiftungsaufsicht in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die Stiftungsaufsicht hat nicht die Aufgabe, die einzelnen Organe als solche - etwa vor Übergriffen anderer Organe in ihren satzungsmäßigen Kompetenzbereich - zu schützen, sondern sie hat allein die ihr im öffentlichen Interesse zugewiesene Pflicht, die Verwirklichung des Stifterwillens im Rahmen der geltenden Gesetze zu gewährleisten. Unabhängig davon, welche Organe der Stifter in der Verfassung der Stiftung vorgesehen hat und mit welchen Kompetenzen und damit Kontrollbefugnissen diese intern ausgestattet sind, dient die so beschaffene Organstruktur doch allein dazu, den Stifterwillen und den Stiftungszweck zu erfüllen und sicherzustellen, dass die internen Entscheidungsprozesse unter Beachtung der den Organen vom Stifter selbst Schutz- und Zuordnungssubjekt der stiftungsaufsichtlichen Maßnahme sein. Lediglich im Rahmen der rechtlichen Beurteilung der aufsichtlich zu prüfenden einzelnen Handlungen und Entscheidungen der Stiftung kann die Frage Bedeutung gewinnen, inwieweit die stiftungsinterne Kompetenzregelung unter den Organen beachtet worden ist und welchen Einfluss ein Verstoß dagegen auf die Rechtmäßigkeit des Handelns der Stiftung im Ergebnis hat.

Dementsprechend hat auch im vorliegenden Fall das Aufsichtsorgan aus der Perspektive der öffentlich-rechtlichen Stiftungsaufsicht keine eigenständige Rechtsposition, sondern es besteht allein zu dem der Stiftung dienenden Zweck, diese in ihrem Bestand und ihrer Funktionsfähigkeit vor eigennützigen oder sonstwie schädigenden Entscheidungen des Vorstandes zu schützen. Wird es hierbei satzungs- oder rechtswidrig behindert, ist nicht das Organ, sondern nur die Stiftung als solche betroffen.

Das gilt entgegen der Auffassung der Ast. auch dann, wenn dem Aufsichtsorgan satzungsmäßig zustehende formale Mitwirkungsrechte verletzt worden sind, oder wenn durch die genehmigte Satzungsänderung die Identität des bisher bestehenden Aufsichtsorgans wesentlich geändert wird (a.A. für eine Beeinträchtigung der satzungsmäßigen Tätigkeit Leisner in der Anm. zum Urt. des OVG Berlin, OVGE 16, 100). Auch in diesen Fällen kann aus der maßgebenden Sicht der staatlichen Stiftungsaufsicht nur die Stiftung als solche in ihren Rechten verletzt sein. Es kann daher für die Frage der Antrags- und Klagebefugnis dahinstehen, ob dem Ast. zu 2 als Aufsichtsorgan satzungsmäßig ein konstitutives Mitwirkungsrecht bei dem Beschluss über die Neufassung der Satzung zugestanden hätte und welchen Einfluss auf diese Kompetenzfrage die zwischen den Bet. streitige Qualifikation der Stiftung als Familienstiftung haben könnte. Aus den dargelegten Gründen kann insbesondere eine Antrags- und Klagebefugnis des Aufsichtsorgans auch nicht aus einer „organbezogenen Schutzrichtung“ der Stiftungsaufsicht hergeleitet werden, wie sie die Ast. unter Hinweis auf die von ihnen eingeholte gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. K vom 17. 4. 2002 geltend machen. Mit dem Institut der staatlichen Stiftungsaufsicht ist diese dem System der kommunalverfassungsrechtlichen und anderen Organstreitigkeiten entlehnte Konstruktion mangels Vergleichbarkeit der rechtlichen Strukturen unvereinbar. Dadurch, dass einzelnen Organen die eigene Antrags- und Klagebefugnis vorenthalten wird, ist im Übrigen eine Verminderung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Stiftung - wie im Folgenden ausgeführt wird - nicht verbunden.

B. Der von der Stiftung, vertreten durch das Aufsichtsorgan, als Ast. zu 1 gestellte Feststellungsantrag ist dagegen begründet, da die entsprechende Anfechtungsklage der Stiftung im Verfahren (22 A 117/02) nicht offensichtlich unzulässig ist und deshalb aufschiebende Wirkung hat.

Die Klagebefugnis der Stiftung gem. § 42 II VwGO ist gegeben. Die Stiftung macht geltend, dass die durch die genehmigte Neufassung der Satzung bewirkten Veränderungen dem Willen des Stifters widersprechen. Außer einer Vergütungsbestimmung für den Vorstand (§ 6 VI) führt die Satzung insbesondere mit dem Familienrat ein neues Organ ein (§ 7) und überträgt diesem einige der zuvor dem Aufsichtsorgan zustehende Befugnisse (§ 8) und die Wahl des Vorstandes (§ 5); darüber hinaus wandelt sie das Aufsichtsorgan in einen Fachbeirat um, dessen Mitglieder nicht mehr von ihm selbst, sondern vom Familienrat berufen werden und der anders als bisher die Abberufung des Vorstandes nicht mehr direkt bei der Aufsichtsbehörde, sondern nur noch beim Familienrat beantragen kann (§ 9). Da die nunmehr genehmigte Fassung der Satzung eine weitgehende Änderung der Organstruktur und -kompetenzen mit sich bringt, kann zumindest die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass sie im Widerspruch zu dem in der ursprünglichen Satzung zum Ausdruck kommenden Stifterwillen steht und damit Rechte der Stiftung verletzt.

Aber auch die Befugnis des Aufsichtsorgans, die Stiftung in diesem Verfahren zu vertreten, ist nicht - wie das VG meint - offensichtlich ausgeschlossen. Es spricht im Gegenteil alles dafür, dass eine wirksame Vertretung der Stiftung durch das Aufsichtsorgan gem. § 62 III VwGO jedenfalls für die hier in Frage stehende Anfechtung einer aufsichtlichen Satzungsgenehmigung anzuerkennen ist.

Allerdings lässt sich dies nicht ohne weiteres aus den gesetzlichen und satzungsmäßigen Bestimmungen über die reguläre Vertretung der Stiftung im Außenverhältnis herleiten. Nach § 86 I 1 i.V. mit § 26 II 1 BGB wird eine Stiftung durch ihren Vorstand vertreten, wobei in der Satzung gem. §§ 86 I 2, 26 II 2 und 30 BGB Abweichendes bestimmt werden kann. Ausdrücklich ist in der bisher geltenden Satzung der Stiftung eine derartige abweichende Regelung nicht getroffen worden. Nach deren § 5 S. 1 obliegt dem Vorstand die gesamte Geschäftsführung, was sinngemäß die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung der Stiftung umfasst. Es könnte jedoch eine Auslegung der geltenden Satzung in der Weise in Erwägung gezogen werden, dass dem mit Kontrollaufgaben eingesetzten Aufsichtsorgan stillschweigend die Befugnis zugewiesen ist, die Stiftung gerichtlich gegen schädigendes Verhalten des Vorstandes oder Versäumnisse der Stiftungsaufsicht zu vertreten. Anknüpfungspunkt einer dahingehenden ergänzenden Auslegung der Satzung könnte das dem Aufsichtsorgan nach § 6 III 5 der geltenden Satzung zustehende Recht sein, beim AG - an dessen Stelle nach § 12 II BerlStiftG in seiner ursprünglichen Fassung vom 11. 3. 1960 die Stiftungsaufsichtsbehörde getreten ist - die Abberufung des jeweiligen Vorstandes zu beantragen, falls dieser trotz Abmahnung ein die Stiftung schädigendes Verhalten fortsetzt oder sonstwie ein wichtiger Grund zu dessen Abberufung vorliegt. Gegenüber dem Abberufungsantrag, der die Prozessführungsbefugnis des Aufsichtsorgans zwingend voraussetzt, könnte es etwa als ein die Stiftung und ihre Organe weniger belastende, also milderes und gleichermaßen effizientes Mittel angesehen werden, dem Aufsichtsorgan die Vertretungsbefugnis dafür einzuräumen, dass es gerichtlich bereits gegen die Einzelne für schädigend erachtete Maßnahme des Vorstandes oder der Stiftungsaufsicht vorzugehen berechtigt ist, mithin im vorliegenden Fall nach vergeblichem Widerspruch gegen die beschlossene Satzungsänderung die erteilte aufsichtliche Genehmigung anzufechten. Ob eine dahingehende Auslegung, durch die der Satzung eine reguläre, in allen Fällen dieser Art eingreifende Vertretungs- und Prozessführungsbefugnis des Aufsichtsorgans hinzugefügt werden würde, dem vermutlichen Stifterwillen entspricht, hängt indessen wesentlich auch von der zwischen den Bet. kontrovers beantworteten Frage ab, ob dem Aufsichtsorgan unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte dieser Satzungsklausel eine umfassende Kontrollzuständigkeit über das Handeln des Vorstandes eingeräumt werden sollte, oder ob es insoweit auf die dort ausdrücklich aufgeführten Eingriffsmöglichkeiten beschränkt bleiben sollte.

Diese Frage bedarf hier jedoch keiner abschließenden Klärung. Auch unabhängig davon, ob der geltenden Satzung selbst eine Prozessführungsbefugnis des Aufsichtsorgans für die erhobene Klage zu entnehmen ist, wird ihm jedenfalls aus übergeordneten, dem Recht der staatlichen Stiftungsaufsicht immanenten Gründen und im Interesse der effektiven Rechtsschutzgewährung i.S. von Art. 19 IV GG zumindest bezüglich der im vorliegenden Fall erteilten Satzungsänderungsgenehmigung eine Prozessführungsbefugnis zuzuerkennen sein. Es ist zwar davon auszugehen, dass in aller Regel eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Organisationsstruktur einer privatrechtlichen Stiftung im Zusammenwirken ihrer Organe mit der zur Überwachung und Kontrolle berufenen staatlichen Stiftungsaufsicht sicherstellt, dass die Stiftung bei ihrer Teilnahme am Rechts- und Wirtschaftsleben und in ihrer inneren Verfassung nicht eine dem Stifterwillen und dem festgelegten Stiftungszweck zuwiderlaufende Entwicklung nimmt (vgl. dazu Hdb. Seifart/Campenhausen, StiftungsR, 2. Aufl. [1999], § 11 Rdnrn. 5, 6, 24ff.). Gleichwohl können Situationen eintreten, in denen diese Kontrollmechanismen auf der Grundlage der satzungsmäßigen Kompetenzen der Organe nicht ausreichend sind, um eine Wahrung und Durchsetzung des durch den Stifter vorgegebenen Stiftungszweck effektiv zu gewährleisten, so dass die Gefahr besteht, dass die Stiftung dadurch Schaden nimmt. Dies kann namentlich dann geschehen, wenn sich ein Vorstand als das vertretungsbefugte Organ der Stiftung mit der Stiftungsaufsicht über die rechtliche Unbedenklichkeit einer Entscheidung oder Maßnahme einig sind, während ein anderes an der internen Willensbildung der Stiftung zu beteiligendes Kontrollorgan geltend machen kann, dass damit ein nicht mehr durch die Stiftungsautonomie gedeckter, dem Stifterwillen widersprechender Zustand geschaffen würde. In derartigen Fällen könnte eine Rechtsschutzlücke dann eintreten, wenn neben dem Vorstand kein anderes vertretungsbefugtes Organ vorhanden wäre, um die Stiftungsaufsicht zur rechtmäßigen Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu veranlassen und dies notfalls gerichtlich durchzusetzen. Ein solches Rechtsschutzdefizit könnte unter dem Aspekt der der Stiftungsaufsicht überantworten öffentlich-rechtlichen Überwachungsaufgaben und der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 IV GG jedoch nicht hingenommen werden. Das wird insbesondere im Hinblick auf die das Institut der Stiftungsaufsicht rechtfertigenden spezifischen öffentlichen Interessen deutlich. Diese hat der BGH in Bezug auf die Amtspflichten der Stiftungsaufsichtsbehörden im Urteil vom 3. 3. 1977 (BGHZ 68, 142 [146] = NJW 1977, 1148) zusammenfassend folgendermaßen umschrieben: „Die rechtliche Konstruktion der selbstständigen Stiftung als einer juristischen Person ohne Mitglieder bringt es mit sich, dass regelmäßig niemand vorhanden ist, der die Stiftungsorgane zur Beachtung der
OVG Berlin: Genehmigung der Neufassung einer Stiftungssatzung NVwZ-RR 2003 Heft 05 326

Satzung und der sonstigen für die Stiftung geltenden Bestimmungen, insbesondere des Stifterwillens, anhalten könnte… Diese Besonderheit ruft das Bedürfnis hervor, die Stiftung vor ihren eigenen Organen zu schützen, und ist einer der Gründe dafür, dass Stiftungen einer allgemeinen Staatsaufsicht unterworfen werden… Dient die Stiftungsaufsicht aber (auch) dem Zweck, die Stiftung vor Schädigungen zu schützen, so rechtfertigt dies nach den dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen den Schluss, dass sie den mit der Aufsicht betrauten Beamten als Amtspflicht auch gegenüber der Stiftung selbst obliegt“ (so auch BGHZ 99, 345 [349] = NJW 1987, 2364).

Mit der so beschaffenen Schutzfunktion der stiftungsrechtlichen Vorschriften wäre es jedoch schwer vereinbar, eine Erweiterung des Kreises der für die Stiftung Prozessführungsbefugten über die in der Satzung ausdrücklich vorgesehenen Organe hinaus generell auszuschließen. Insbesondere können derartige Rechtsschutzdefizite im Bereich der öffentlich-rechtlich begründeten Schutzansprüche der Stiftung nicht gleichwertig durch die den intern Betroffenen etwa zur Verfügung stehenden zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten kompensiert werden.

Es liegt daher im vorliegenden Fall nahe, in derartigen Konfliktfällen die Prozessführungsbefugnis für die Stiftung auch dem zur verantwortlichen Mitwirkung an der Verwirklichung des Stiftungszwecks und an der internen Willensbildung eingesetzten Aufsichtsorgan der Stiftung zuzuerkennen (so i.E. auch K in dem genannten Gutachten). Dass die Stiftung als juristische Person hierbei gleichsam in zwei konkurrierenden Rollen prozessual agiert, erscheint zwar ungewöhnlich, ist aber im Ergebnis nicht systemwidrig, da das Ziel eines in dieser Weise zugelassenen Rechtsschutzes die Herbeiführung der allein rechtmäßigen Entscheidung der Stiftungsaufsicht ist.

Es bedarf aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits keiner Klärung der Frage, ob generell in allen Fällen eines behaupteten Versäumnisses der Stiftungsaufsicht die Prozessführungsbefugnis des Aufsichtsorgans für die Stiftung anzuerkennen ist oder ob ihm etwa nur eine Art Notkompetenz bezüglich der für den Bestand und die Organisationsstruktur der Stiftung bedeutsamen Grundlagenentscheidungen zuzuerkennen ist. Bei in das Ermessen der Stiftungsaufsicht gestellten Maßnahmen mag ohnehin häufig eine Verweisung auf die gegebenen zivilrechtlichen Rechtsschutzmöglichkeiten angezeigt sein. Jedenfalls für die Anfechtung der hier vom Ag. in Ausübung der ihm nach § 5 I 3 BerlStiftG zugewiesenen präventiven Rechtskontrolle erteilten Genehmigung des Satzungsänderungsbeschlusses kann im Rahmen des vorliegenden Verfahrens von einer Vertretungs- und Prozessführungsbefugnis des Aufsichtsorgans ausgegangen werden.

Erweist sich danach die von der Stiftung, vertreten durch das Aufsichtsorgan, erhobene Anfechtungsklage gegen die stiftungsaufsichtliche Genehmigung der Satzungsänderung nicht als offensichtlich unzulässig, so entfaltet diese Klage aufschiebende Wirkung mit der Folge, dass dies festzustellen ist, ohne dass es einer weiteren Abwägung bedarf. Auf Grund der aufschiebenden Wirkung sind die am Rechtsleben Bet. vorerst gehindert, Folgen daraus abzuleiten, dass der Satzungsänderungsbeschluss stiftungsaufsichtlich genehmigt worden ist.

***

Kommentar:

In den Niederlanden können sog. "Stiftungsbeteilige" ein gerichtliches Einschreiten bei Pflichtverletzungen beantragen. Es ist umstritten, wer dazu gehört, aber für die Arbeitnehmer der Stiftung wird das bejaht, und es wird auch vorgeschlagen, dass andere juritische Personen mit gleichem Zweck als Beteiligte anzusehen sind (van der Ploeg in: Stiftungsrecht in Europa, hrsg. von Klaus J. Hopt/Dieter Reuter, Köln 2001, S. 410). Das englische Recht nutzt die Zuweisung von Rechten an die Destinatäre als zusätzliche Möglichkeit der Kontrolle (Andreas Schlüter, Stiftungsrecht zwischen Privatautonomie und Gemeinwohlbindung, München 2004, S. 438ff.).

Nach deutscher Rechtsprechung haben aber weder Organmitglieder, Destinatäre oder außenstehende Dritte einen Anspruch auf Tätigwerden der Stiftungsaufsicht:

Bernd Andrick/Joachim Suerbaum, Stiftung und Aufsicht, München 2001, S. 210ff., 218 unter Berufung auf
BVerwG NJW 1985, 2964
OVG NRW NWVBl 1992, 360
BayVBl 1990, 719

Handbuch des Stiftungsrechts, ²1999, S. 291

Zu Destinatären:
BGH, Urteil vom 22.01.1987 - III ZR 26/85 NJW 1987, 2364

Das OVG Berlin trägt in der wiedergegebenen Entscheidung dem Problem ansatzweise Rechnung, dass eine Rechtsschutz-Lücke, wenn sich Vorstand der Stiftung und Stiftungsaufsicht zum Schaden der Stiftung einig sind, nicht sachgerecht ist. Ob andere Gerichte dieser Linie folgen werden, bleibt abzuwarten.

Die 1954 bestätigte Zähringer Stiftung hatte als Vermächtnisnehmerin nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übereignung der für die Stiftung vorgesehenen Vermögensgegenstände (Kulturgüter) - selbstverständlich nur, soweit diese tatsächlich im Eigentum des Erblassers standen und nicht etwa Staatseigentum waren. Privateigentum des Großherzogs wird nach Reicke/Mugnug insbesondere für die Türkenbeute angenommen. Gemäß § 2174 BGB ist ein Erfüllungsgeschäft bei dem Vermächtnis notwendig, bei beweglichen Sachen also Einigung und Übergabe. Das Problem besteht nun darin, dass die Gegenstände von staatlichen Institutionen verwahrt wurden, also keine "Übergabe" vom Erben an die Stiftung erfolgte. Man muss also fragen, ob sich aus den Akten ergibt, dass eine Übereignung durch die Erben der Großherzogin Hilda - und sei es auch nur durch konkludentes Handeln - erfolgt ist. Ist diese Übereignung nicht nachweisbar, dann könnte man daran denken, dass nach 30 Jahren (also 1984) der Anspruch der Stiftung verjährt ist und das Haus Baden tatsächlich Eigentümer geworden ist. Die Stiftung könnte aber wohl einen Amtshaftungsanspruch gegen das Land geltend machen, dessen Stiftungsaufsicht die Realisierung des Stiftungsvermögens auf jeden Fall hätte sicherstellen müssen. Für diesen Amtshaftungsanspruch könnte derzeit die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen sein. Dieser Amtshaftungsanspruch bezieht sich aber auf eine Geldentschädigung, mit der die fraglichen Kulturgüter nur unter günstigen Umständen beschafft werden könnten (falls die Kulturgüter durch Fideikommiss gebunden waren, sah das badische Auflösungsgesetz ein gesetzliches Vorkaufsrecht des Landes Baden vor).

Es ist fraglich, ob der im Verwaltungsrat der Stiftung sitzende Direktor des Landesmuseums eine solche Klage gegen die Stiftungsaufsicht zulässigerweise einreichen könnte (einem Weisungsrecht durch das Land unterläge er nicht). Auf jeden Fall müsste die Stiftungsaufsicht im Sinne des Stifterwillens die Stiftung anhalten, gegen die eigene (der Stiftungsaufsicht) Untätigkeit zu klagen. Gegen den Pakt von Haus Baden (bzw. Stiftung) und Stiftungsaufsicht ist aber derzeit prozessrechtlich kein Kraut gewachsen.

Die Nichtbeachtung des Inventarisierungsgebots in der Satzung der Zähringer Stiftung hat keine Auswirkungen auf die eigentumsrechtliche Lage. Da seinerzeit alle Beteiligten von einem Eigentumsübergang auf die Stiftung ausgegangen sind, ist absolut nicht ausgemacht, dass dieser nicht erfolgt ist. Dann aber wären die Kulturgüter Stiftungseigentum und dürften nicht veräußert werden. Die Stiftungsaufsicht hätte in diesem Fall zu entscheiden, ob der Stifterwille auch bei einem Verkauf an die Landesstiftung gewahrt bliebe.

Update:
Zur Stiftungsaufsicht in der Schweiz und dem dortigen Klagerecht von Destinatären siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2866508/

Buch von M. Battheney
http://digbig.com/4njka ( http://bibliotecaforal.bizkaia.net/ )

Hermann Lübbe könnte mit elegantem Kompensations-Florett einiges dazu beitragen:
* die Briten sollen den gestrigen 17. Oktober im größten Blog der Geschichte verewigen
http://www.heise.de/newsticker/meldung/79617/from/rss09
*Yahoo schickt eine Zeitkapsel ins All
http://www.heise.de/newsticker/meldung/79256/from/rss09

Waren das noch Zeiten, als derlei Schabernack auf Turmknaufurkunden beschränkt blieb!

 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma