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http://www.news.admin.ch/dokumentation/00002/00015/?lang=de&msg-id=12875
Dank an Library Mistress !

Tagungsbericht zur Tagung der süddeutschen Kirchenarchivare
http://archivnachrichten.blogspot.com/2007/06/16-tagung-der-sddeutschen.html

"Der Ausschuss "Digitale Kirchenbücher" innerhalb des VkA hat sich seit seiner Gründung zweimal getroffen und ist zu folgenden Ergebnissen gekommen: Die Präsentation im Internet muss analog zur Kirchenbuchbenutzung im realen Archiv aufgebaut werden (Hinweise auf die Provenienz des Kirchenbuchs; Einbau von Findmitteln; virtueller Lesesaal analog zum realen Lesesaal). Die Benutzungsordnungen der meisten Archive müssen den neuen Möglichkeiten angepasst werden (z.B. Verhinderung von Missbrauch, unbefugtem Herunterladen von Quellen, Verletzung von Eigentumsrechten). Die technischen Abläufe müssen ebenfalls noch entwickelt werden. Auch die Höhe der Gebühren sowie die Art des Einzugs sind zu klären. Ein dafür nötiger Web-Shop kann nur von einer juristischen Person betrieben werden. Es empfiehlt sich also die Gründung einer GmbH bzw. einer GmbH & Co KG (wegen Forderungen und der Haftung). Eine solche juristische Person unterliegt der Steuerpflicht. Mitglieder einer solchen GmbH können die Landeskirchen, aber auch katholische Bistümer werden."

Die freie Nutzung von Kulturgut ist der bestimmungsgemäße Gebrauch von Kulturgut, siehe
http://archiv.twoday.net/stories/3776363/

"Unbefugt" ist da gar nichts. Wo Unrecht zu Recht wird, ist Widerstand Pflicht!

Wissen gehört der Menschheit. Vertreibt diese Krämerseelen aus dem Tempel!

http://www.taz.de/dx/2007/06/12/a0050.1/text.ges,1

Die taz führte ein Interview mit dem Direktor des Berliner Filmerbes und der Stiftung Deutsche Kinemathek, Rainer Rother.

Zitat:

Ihnen fehlt aber immer noch das politische Mandat. Das fängt schon damit an, dass in Deutschland - im Gegensatz zu Frankreich zum Beispiel - die Pflichtdeponierung von Kopien einer jeden aktuellen Filmproduktion im staatlichen Archiv - sei es im Bundesarchiv oder eben der Kinemathek - gesetzlich bisher nicht geregelt ist.

Rother: Aus Archivsicht ist das ganz sicher ein notwendiger Schritt, um unsere Position zu stärken. Da haben sich in den letzten Jahren aber bereits kleinere Veränderungen vollzogen. Inzwischen ist es zum Beispiel gesetzlich vorgeschrieben, dass jeweils eine Kopie der von den Film- und Landesförderungsanstalten geförderten Filme an ein Archiv des Kinemathekenverbundes abgegeben werden muss. Das ist noch keine Pflichtabgabe, aber ein Schritt in die richtige Richtung. Ich glaube auch, dass die Produktionsfirmen langsam zu verstehen beginnen, wie aufwändig die Lagerung und langfristige Konservierung ihrer Filme ist, und dass dies in den Archiven einfach am besten gewährleistet ist.

From: "Dr. Clemens Rehm"
Subject: Bericht - 8. Karlsruher Tagung für Archivpädagogik
Date: Tue, 12 Jun 2007 09:51:13 +0200
To: archivliste@Lists.Uni-Marburg.DE

8. Karlsruher Tagung für Archivpädagogik am 23. März 2007

Archivische Angebote für Schule und Bildung
Hoffnungsvolle Entwicklungen in der Archivpädagogik


Archive sind Orte selbständigen Forschens und Lernens und Archive sind wichtige Partner bei der Gestaltung des landeskundlichen Unterrichts. Diesen Kernsätzen aus archivpädagogischen Handreichungen der letzten Jahre wird regelmäßig, fast gebetsmühlenartig die Realität gegenüber gestellt: Der Lernort Archiv findet in Lehrplänen zwar inzwischen zunehmend Berücksichtigung, aber er wird im schulischen Umfeld für Unterricht und Projekte noch immer zu wenig genutzt.
Da das aber weniger am mangelnden Engagement in den Archiven liegt, als vielmehr an dem fehlenden Wissen über die vorhandenen Angebote, wurde in diesem Jahr auf der Karlsruher Tagung für Archivpädagogik, an der über 80 Interessierte aus ganz Deutschland teilnahmen, der „Erste Schritt in das Archiv“ genauer beleuchtet. Damit sollte den potentiellen Nutzern aus Schule und Bildung das mögliche Spektrum des Archivkontaktes aufgefächert und gleichzeitig den Archivarinnen und Archivaren Anregungen vermittelt werden, wie auch mit geringen Mitteln für die Zielgruppe „Schule“ passende und effektiv zu betreibende Angebote erarbeitet werden können.
Wie ein roter Faden zog sich durch die gesamte Tagung, dass modulare Programme und standardisierte archivpädagogische Angebote eine Antwort auf knappe Personalressourcen in Schule und Archiv sein können. Aufbauend auf der Erfahrung Einzelner, persönlich Engagierter könnten Angebotsstrukturen geschaffen werden, die auf Dauer nachhaltig wirken würden.

Archivbesuche mit Schülern machen Arbeit, stellte Günther Sanwald vom Anna-Essinger-Gymnasium in Ulm am Beginn seiner auf langjähriger Praxis beruhenden Einführung Archiv und Schule: Erfahrungen und Ideen provokativ fest: „Muss ich als Geschichtslehrer mit Schülern überhaupt ins Archiv? – Nein.“ Selbstverständlich belegte er mit seinen Beispielen im Gegenteil den pädagogischen Nutzen des Umgangs mit Quellen, den Weg vom „Anschauen“ zum „Anwenden“, das Hineinversetzen in historische Situationen. Für das Ziel, Schülerinnen und Schüler zur Selbständigkeit und zu eigener Urteilsfähigkeit zu führen, sei der Umgang mit Quellen als Ausgangsmaterial hervorragend geeignet. Am Beispiel Ulm lässt sich sehr instruktiv ablesen, welche nachhaltigen Wirkungen durch die Archivpädagogik bei kontinuierlichem und langfristigem Engagement erzielt werden können. Dem Stadtarchiv steht seit Jahrzehnten eine Lehrkraft des Arbeitskreises „Schule und Archiv“ zur Verfügung. Zu ihrem Aufgabengebiet gehören Beratung von Lehrern und Schülern aller allgemeinbildenden Schulen des Stadtkreises und des Alb-Donau-Kreises in Fragen der Stadt- und Landesgeschichte, darunter die Ausrichtung von regionalen Lehrerfortbildungen und Fachkonferenzen. Unterstützung wird angeboten für das Seminarfach, für Projekttage und für Facharbeiten (Listen mit Themen vorwiegend des 20. Jahrhunderts für Referate und GFS-Arbeiten). Vorbereitet sind fächerübergreifende Unterrichtseinheiten für Deutsch, Erdkunde, Geschichte, Kunst, Politik und Religion/Ethik. Zum Standardprogramm zählen Einführungen in die Arbeit und die Bestände des Stadtarchivs und Führungen durch die Dauerausstellungen des Stadtarchivs.
Neu und Ergebnis dieser intensiven archivischen Arbeit – v.a. der früheren Quellenpublikationen – ist die seit Februar 2007 im Netz verfügbare Präsentation von Quellen zur Stadtgeschichte: Das erste Modul „Ulm im ersten Nachkriegsjahrzehnt“ enthält Quellen mit Erläuterungen. Diese Internetpräsentation soll und kann aber die Arbeit an den Originalen nicht ersetzen; sie soll vielmehr anregen, sich mit Originalen auseinander zu setzen.

Unter dem Titel Von der Schnupperführung zum Unterrichtsprojekt stellte der Düsseldorfer Archivpädagoge Joachim Pieper neue Elemente des archivpädagogischen Programms im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen vor. Im Zentrum stand der School’s day, der im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf seit Dezember 2006 einmal im Monat donnerstags angeboten wird. Jeweils drei Gruppen können an einem Termin die Angebote nutzen: Ziel ist es, an diesem Tag in unterschiedlichen Modulen die für eine ergebnisorientierte Archivarbeit notwendigen Arbeitstechniken zu vermitteln. Dabei können real existierende Hürden wie zum Beispiel Schrift und Sprache überwunden, archivtypische Rechercheverfahren eingeübt und auch Techniken zur Digitalisierung von Archivquellen ausprobiert werden. Ergänzend wird ein Präsentationskurs angeboten, in dem in die Vielfalt von Ausstellungsformen sowohl thematisch-methodisch als auch technisch eingeführt wird. Für alle Angebote gilt „learning by doing“, da die meisten Schüler und Lehrer zwar Kenntnisse über Bibliotheksarbeit besitzen, in der Regel aber mit Arbeitsabläufen und Arbeitsweisen in einem Archiv nicht vertraut sind.
Für alle Schulformen werden Führungen angeboten, bei denen der Weg einer Archivalie von der Bewertung, über die Konservierung, die Nutzer-Recherche bis zur Bestellung und Aushebung im Magazin konkret verfolgt wird. Dabei lernen die Schüler in der Restaurierungswerkstatt die Probleme unterschiedlicher Materialien wie Papier, Pergament, Wachs, Metall, Fotos und digitaler Speichermedien kennen.
Für Grundschüler und Schüler der fünften und sechsten Klassen, stehen Pergament, Papier und Siegel im Mittelpunkt: Sehr beliebt ist der frühneuzeitliche Brief: Die Kinder schreiben z.B. mit Federkiel und Tinte, das Blatt wird zugefaltet, die Rückseite mit der Adresse versehen und der Brief wird mit Siegellack verschlossen.
Für die Schülerinnen und Schüler ab der Mittelstufe wird das Schreiben und Dechiffrieren alter Schriften angeboten. Kleingruppen von 2 bis 3 Schülern wird eine handschriftliche Quelle aus dem 18. oder 19. Jahrhundert mit der Aufgabe vorgelegt, den Originaltext in modernes Deutsch zu transkribieren. Im zweiten Teil müssen sie selber in der alten Schrift kurze Texte von drei bis vier Sätzen verfassen, die andere Schüler inhaltlich auflösen müssen. Eine wichtige Erfahrung ist, dass Schüler und Lehrer, die diesen Kurs absolviert haben, auch bereit sind, archivische Themen für Unterrichtsprojekte, Referate und Facharbeiten zu wählen, die nicht im 20. Jahrhundert angesiedelt sind. In Kursen für die gymnasiale Oberstufe können auch fremdsprachliche Quellen verwendet werden: französisch für das 17. und 18. Jahrhundert, englisch für die Gründungsphase des Landes Nordrhein-Westfalen.
Von Mitarbeitern der Foto- und Filmwerkstatt werden die Schülerinnen in die Foto- und Digitalisierungstechniken von Archivquellen eingeführt. Die Schüler können eigene Fotos und Digitalisate erstellen. Dieses Angebot wird in der Regel auch als Vorkurs für den Präsentationskurs genutzt.
Der Präsentationskurs für themenorientierte Ausstellungen am Lernort Schule wird stark angenommen, da dieser Kurs nicht nur Hilfen zur Gestaltung einer lokal- oder regionalgeschichtlichen Ausstellung in der Schule, sondern auch Hilfen zur Bild- und Textgestaltung, technischen Support für Ausstellungstechnik und Transportangebote enthält, falls eine Ausstellung mit ihren Exponaten und Texten im Archiv konkret vorbereitet wird. Häufig erwächst bei den Teilnehmern dieses Kurses die Idee, nach einem entsprechenden Unterrichtsprojekt die Ergebnisse vor Ort in der Schule einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren. Pieper hob hervor, dass dadurch der Dialog zwischen Archiv und Schule besonders gefördert und Archive als wichtige Bildungseinrichtung in das Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt würden. Solche Ausstellungsprojekte verlangen von Schülern, Lehrern und Archivaren viel persönliches Engagement, Geduld und Arbeit. Dass sich solche Projekte trotz mancher Frustration und Enttäuschung für alle Beteiligten lohnen, wird spürbar, wenn – wie geschehen – eine Ausstellung von Schülern zur Situation der Zwangsarbeiter in Düsseldorf als Wanderausstellung beim Düsseldorfer Regierungspräsidenten und später in verschiedenen Düsseldorfer Schulen gezeigt werden kann.
Die Termine für einen School’s Day im Hauptstaatsarchiv Düsseldorf waren im März 2007 schon für ein Jahr im Voraus ausgebucht.

Das Leitwort „Modul“ hätte auch über dem traditionell sehr geschätzten Markt der Möglichkeiten stehen können, auf dem am Nachmittag nicht nur Archive ihre Wege zu den Quellen präsentierten. Die Neugier der Besucher wurde nicht enttäuscht, denn es fanden sich spannende Angebote und überraschende Experimente. Intensive Gespräche zeugten vom fruchtbaren Dialog zwischen Nutzern und Archivanbietern.
Angesichts der stets beklagten – aber dadurch nicht geänderten – Rahmenbedingungen der Archivpädagogik, die vor allem durch fehlende Deputatsstunden für Lehrer und der Furcht vor Unterrichtsausfall geprägt sind, haben viele Archive neue Wege beschritten. Am meisten Interesse fanden die Projekte, die im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres – Kultur im Staatsarchiv Ludwigsburg und im Hauptstaatsarchiv Stuttgart durchgeführt wurden bzw. werden (www.fsjkultur.de). In der Regel hochmotivierte Abiturientinnen und Abiturienten entwickelten Führungs-„Bausteine“ und Programmteile für Schulklassen, die sich von den klassischen Zugängen deutlich unterschieden: Programmierte Spiele, Archivrallyes und Quizrunden in der Art von „Wer wird Millionär“ mit archivbezogenen und historischen Fragen sprechen Jugendliche sicher unmittelbarer an, als gut gemeinte Versuche, das Provenienzprinzip zu vermitteln. Zudem ist die altersmäßige Nähe der FSJ-ler zu den Jugendlichen ein nicht zu unterschätzender Vorteil; gerade wenn beabsichtigt wird, auch Grundschülern das Archiv nahe zu bringen, ergeben sich hier Felder für eigenständige Aktivitäten der FSJ-ler. Fast alle erarbeiteten Module können auch nach Ablauf des FSJ weiterverwendet werden (vgl. www.landesarchiv-bw.de à StA Ludwigsburg à Aktuelles à Angebote für Gruppen; ebd. à HStA Stuttgart à Aufgaben und Zuständigkeit à Virtuelle Archivführung).
Da der große Bedarf an FSJ Stellen noch lange nicht gedeckt ist – derzeit kommen etwa sechs Bewerber auf eine Stelle –, bietet sich hier für Archive aller Sparten eine interessante Perspektive, archivpädagogische Projekte aufzubauen bzw. zu erweitern (Erfahrungsberichte zum FSJ-Kultur in „Archivnachrichten Baden-Württemberg“ Heft 30, Mai 2005, S.4-5 und Heft 33, Dezember 2006, S.17).
Fertige, „buchbare“ Module werden auch von der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte (Bundesarchiv, Außenstelle Rastatt www.erinnerungsstaette-rastatt.de/start_museumspaedagogik.htm) angeboten. Hier an der Schnittstelle von Archiv, Museum und Gedenkstätte wird offenbar, dass museumspädagogische Vorbilder in die archivpädagogische Arbeit Eingang gefunden haben: Die vielfältigen Angebote sind so flexibel angelegt, dass sie auf Schulklassen aller Schularten individuell abgestimmt werden können. Altersgerechte Methoden, den jeweiligen Bildungsstandards angepasst, ermöglichen selbständiges und eigenverantwortliches Arbeiten. Die Arbeitsformen ergänzen sich gegenseitig und können miteinander zu unterschiedlichen Arbeitsphasen kombiniert werden; der zeitliche Umfang des Besuchs variiert entsprechend.
Ähnlich wurde im Archivverbund Main-Tauber zur stärkeren Verankerung des außerschulischen Lernorts Archiv im Geschichtsunterricht Unterrichtseinheiten erstellt. Es stehen derzeit für die Klassenstufen 7-9, 11 und 12 je eine Unterrichtseinheit zur Verfügung, die sowohl Lehrer als auch Archivare nur noch „aus der Schublade“ zu ziehen brauchen. An eine Führung schließt sich diese Quellenarbeit der Schüler an. Als Arbeitsgrundlagen werden Kopien bereitgestellt, doch auch die Originale liegen zur Einsicht bereit. Die einzelnen Unterrichtseinheiten dauern ca. 2,5 Stunden. Dem Leseproblem wird dadurch begegnet, dass möglichst Druckschriften oder – für das 20. Jahrhundert – maschinenschriftliche Quellen ausgewählt wurden. Stehen nur handschriftliche Archivalien zur Verfügungen, wurden diese für die Quellenarbeit transkribiert.
Ein vergleichbares Angebot mit teilweise für die Archivarbeit freigestellten Archivpädagogen bietet das Land Hessen in den drei Staatsarchiven, darunter auch ein digitales Archiv, in dem Quellen aufbereitet zur Verfügung stehen (vgl. die Internetseiten der Staatsarchive in Darmstadt, Marburg und Wiesbaden).
Ungebrochener Beliebtheit erfreut sich nicht nur aber vor allem bei jüngeren Archivbesuchern die Möglichkeit, während der Führung an einer Station selber handwerklich kreativ zu sein, wie das Staatsarchiv Sigmaringen und das Generallandesarchiv Karlsruhe demonstrierten. Ohne großen Aufwand kann angeboten werden, mit einer Feder alte Schreibtechniken und bei Vorlage einer Schrifttafel auch alte Schriften selber auszuprobieren. Etwas aufwendiger, aber nachhaltiger ist das Gießen von Wachssiegeln. Bei entsprechender Vorauswahl passender Siegel können dünne Wachsplättchen schnell trocknen und sogar mit nach Hause genommen werden.
Die Möglichkeiten des Kommunikationsmediums Internet zur Präsentation wurden vom Stadtarchiv Ulm und vom Landesmedienzentrum (LMZ) vorgestellt. Im Projekt SESAM (Server für schulische Arbeit mit Medien – www.sesam.lmz-bw.de) erprobt das LMZ neuartige Formen der Online-Distribution von Medien. Die schulische Arbeit mit Medien wird dadurch wesentlich erleichtert und unterstützt. Basierend auf den neuen Bildungsstandards werden in SESAM einzeln Medien zu bestimmten Themen in sogenannten Themenbanken bereitgestellt, die neben einem Film auch Filmsequenzen, Bilder, Begleittexte, Arbeitsblätter und anderes didaktisches Material zu spezifischen Unterrichtsthemen enthalten.
Die Inhalte von SESAM stehen nach einer Registrierung allen Lehrerinnen und Lehrern – allerdings bisher nur aus Baden-Württemberg – online zur Verfügung, können jederzeit kostenlos herunter geladen und sowohl für die Unterrichtsvorbereitung als auch im Unterricht verwendet werden. Während die Inhalte von Sesam direkt für den Unterricht gedacht sind, sollen die Ulmer Stadtgeschichte(n) im Netz, auch wenn sie aus der schulischen Arbeit entstanden sind, jedermann ansprechen und letztlich als Kommunikationsmittel zum Archiv und den Originalen dienen (ulm.de à Stadtgeschichte(n) à Schule und Archiv à Ulm im ersten Nachkriegsjahrzehnt).
Nicht unbedingt direkt mit einem Archiv verbunden werden in der Regel historische Wanderausstellungen, obwohl viele in Archiven entstehen. Auch hier bietet sich die Möglichkeit aktiver Vermarktung und mehrfache „Nachnutzung“ von erarbeiteten Ergebnissen. Schulen können anlassbezogen oder systematisch zu Partnern der Archive werden. Das Landesarchiv Baden-Württemberg wird hierzu künftig verstärkt Angebote bereitstellen.
Mit der Frage „Was ist eigentlich ein Archivknoten?“ lockte vom Stadtarchiv Oldenburg „Ein Film über die örtlichen Archive für Schulen und Weiterbildungseinrichtungen“. Ausgehend vom Namen auf einem Straßenschild begleitete die Kamera drei Schülerinnen bei ihrer Suche nach der Biographie eines Bürgermeisters durch verschiedene Archive: eine ungewöhnliche und unterhaltsame 15 minütigen Einführung in das Archivwesen (Trailer und Bezugsadresse: www.oldenburg.de/stadtol/index.php?id=stadtarchiv ). Ohnehin könnten bewegte Bilder (Beispiel: Interview mit dem Leiter des Staatarchiv Sigmaringen) stärker bei der Werbung für die Nutzungsmöglichkeiten in und von Archiven eingesetzt werden.
Dass für eine unterhaltsame Ansprache des Publikums auch die klassischen Printwege noch lange nicht ausgeschöpft sind, bewiesen das Stadtarchiv Heidelberg und das DaimlerChrysler Archiv, deren Archivcomic interessierten Anklang fand – und gerne mitgenommen wurde.
Als Hilfe zum Einstieg in Archivarbeit stellte Martin Burkhardt vom Wirtschaftsarchiv in Hohenheim seinen Band: Arbeiten im Archiv. Praktischer Leitfaden für Historiker und andere Nutzer, Paderborn 2006, 135 S., 14 Abb., ISBN 978-3-8252-2803-3 (Rezension u.a. in www.sehepunkte.de) vor.

In der Abschlussrunde wurde noch einmal die Tendenz zur Strukturierung und Standardisierung der Angebote von Archiven hervorgehoben. Hierdurch ergäben sich für die Zusammenarbeit von Archiv und Schule neue Möglichkeiten, weil Angebote nicht mehr ausschließlich von einzelnen engagierten Personen (an Schule bzw. Archiv) abhängig seien. Kontinuierliche, verlässliche Angebote könnten leichter in den Unterrichtsablauf eingeplant werden. Positiv bewertet wurde ebenfalls, dass die Angebote sich deutlicher als früher an alle Altergruppen, v.a. auch an Grundschüler, richten würden. Die teilweise noch zu beobachtende Verengung des archivpädagogischen Engagements auf die Sekundarstufe II müsste überwunden werden. Ebenfalls gefordert wurde, dass die Kenntnis von Archivarbeit systematisch in die Lehrerausbildung eingebunden werden sollte.
Ein Blick auf die Tagungsteilnehmer zeigte, dass Archivpädagogik offenbar „im Kommen“ ist, denn überraschend viele junge Kolleginnen und Kollegen hatten den Weg nach Karlsruhe gefunden. Dieser Generationenwechsel – so wurde in der Diskussion mit Freude festgestellt – lasse doch mit Hoffnung und Optimismus in die Zukunft der Archivpädagogik schauen.

9. Karlsruher Tagung für Archivpädagogik am 29. Februar 2008

Dr. Clemens Rehm, Landesarchiv Baden-Württemberg
Stuttgart, Juni 2007

***

9. Karlsruher Tagung für Archivpädagogik
am Freitag, 29. Februar 2008, 10.00-16.00
Karlsruhe, Landesmedienzentrum

Schwerpunkt voraussichtlich:
Quellenarbeit („Lesen“ und „Verstehen“ von Dokumenten)

http://www.ibimus.it/page/petizione_en.html



To all Experts and Institutes of Culture all over the World

The news that the Biblioteca Apostolica Vaticana is going to be closed for a period of three years preoccupies all of us, since we consider this Biblioteca to be a universal essential tool. We have prepared the following petition to send to the Holy Father who we are sure will appreciate and consider with competence and particular awareness. If you would like to partecipate in our request, please fill in the following table.

Thank you for your attention and collaboration.

The text of the petition that will be sent to the Holy Father follows:

To His Holiness Pope Benedict XVI

Holy Father, in these last days the public has been informed that the Biblioteca Apostolica Vaticana would be kept closed for at least three years, from next July, because of refurbishment activity in the restoration laboratories and other divisions of the whole complex. All the body of experts does appreciate a lot this initiative to maintain, improve and increase the value of such a universal cultural heritage, placed with such great generosity and faultless method to the service of researchers and scientists from all the world. At the same time, however, this body feels the need to share with you, Holy Father, its great concern for all those specialists from all over the world who, at this time, are already engaged with study and research, perhaps having also imposed on them didactic and editorial deadlines. With the closing of the Biblioteca, they would certainly have to suspend their work, interrupting, thus, years of research and editorial projects in various fields of humanistic, religious, and scientific study. Such concern is also shared with all those foreign cultural and diplomatic organisms who consider the Biblioteca as a privileged tool in their support from their own premises to research and study exchange. Therefore, the already mentioned institutions (universities, academies, Italian and foreign cultural institutes) and all other experts concerned, present You, Holy Father, with their humble request of, if it is possible, leaving the Biblioteca accessible to the public, even during this period of refurbishment. Our request involves also that essential division “Manoscritti”. We would appreciate a lot if it continues to render service to the public, especially in the consultation of historical material. While being certain that the Holy Father is going to take an enlightened and positive consideration of our request, we already express our gratefulness for his gentleness in examining our demand and ask respectfully and devotionally for his blessing.

http://bibliothek.phoenix.de/

Am 7. April 1997 ging PHOENIX erstmals mit seinem Programm auf Sendung. In der seither vergangenen Zeit hat PHOENIX durch den komplementären Wechsel aus Bericht, Analyse und Kommentar die historische zeitgeschichtliche Einordnung aktueller Entwicklungen ermöglicht und den Zuschauer so zum Augen- und Ohrenzeugen dieser vergangenen zehn Jahre deutscher Geschichte gemacht. Mit der Online-Bibliothek stellen wir ein Bindeglied zwischen dem TV-Archiv und den digitalen neuen Medien her. Der Zuschauer findet hier die Programmhöhepunkte aus ebendiesen vergangenen zehn Jahren PHOENIX als Abruf-Fernsehen zeitunabhängig zur Verfügung. Die Bibliothek wird dabei nach dem Start kontinuierlich mit weiteren Ereignissen befüllt. Von der Systematik der Bibliothek her sind die Beiträge sowohl nach Daten wie auch nach Themen sortiert und recherchierbar. Die Beiträge sind als Video-on-Demand-Streams in verschiedenen Qualitätsstufen für die Player "Real" und "Windows Media" verfügbar.

Die öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten denken offenbar bereits vorsichtig in Richtung Open Access. ARD-Generalsekretärin Verena Wiedemann im UNESCO-Handbuch zu OA:
http://openaccess-germany.de/fileadmin/downloads/Open-Access-Handbuch.pdf

"Für den Zugang der Bürger zu den Inhalten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
muss in der Wissensgesellschaft jedenfalls als Grundsatz gelten: Inhalte, die der Bürger
schon einmal über seine Rundfunkgebühren bezahlt hat, müssen ihm auch ohne
zusätzliches Entgelt über alle relevanten Plattformen zur Verfügung stehen, also auch
im Wege des zeitsouveränen Abrufs, z.B. on-demand über das Internet. Eine weitere
Steigerung des Nutzwerts unserer Programme für unsere Gebührenzahler könnte
damit verbunden sein, dass wir bestimmte Inhalte darüber hinaus auch zur nichtkommerziellen
Weiterverwendung durch Dritte freigeben. Auf diese Weise könnten
die Inhalte der ARD womöglich direkt zum kreativen kulturellen Schaffen und zur
Wissensgenerierung durch Dritte beitragen. Deshalb könnte es sich lohnen, wenn
sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch mit dem Open-Access-Modell des
Bibliothekswesens und der Wissenschaftspublikationen beschäftigt. Denn es geht
auch hier darum, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Nutzer die Ressourcen
der Wissensgesellschaft optimal verwenden können.
Wir brauchen also eine breite Diskussion darüber, zu welchen Bedingungen die ARD
den Zugang und die Nutzung der von ihr in ihren Archiven gehüteten Schätze des
Wissens und des kulturellen Erbes gewähren sollte. Sollte dieser Zugang komplett
solidarisch von der Allgemeinheit über die Rundfunkgebühren finanziert werden,
oder sollten diese Angebote dem freien Markt zur kommerziellen Verwertung überlassen
werden, wie das von kommerziellen Marktteilnehmern gefordert wird? Dies
sind grundsätzliche Fragen für unsere Gesellschaft, denn sie werden darüber entscheiden,
ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Potential erfüllen kann, einen
substantiellen Beitrag zu den Chancen der Wissensgesellschaft im 21. Jahrhundert
für alle zu erbringen."

Nachtrag: Siehe auch
http://jakoblog.de/2007/06/13/freie-inhalte-aus-deutschen-fernseharchiven/

http://www.earlham.edu/~peters/fos/2007_06_10_fosblogarchive.html#9066657008656328979

By Peter Suber

Peter Murray-Rust, “open access” is not good enough, A Scientist and the Web, June 10, 2007. Excerpt:

I have ranted at regular intervals about the use of “Open Access” or often “open access” as a term implying more than it delivers. My current concern is that although there are are tens of thousands of theses described as “open access” I have only discovered 3 (and possibly another 15 today) which actually comply with the BOAI definition of Open Access.

The key point is is that unless a thesis (or any publication) explicitly carries a license (or possibly a site meta-license) actually stating that it is BOAI compliant, then I cannot re-use it. I shall use “OpenAccess” to denote BOAI-compliant in this post and “open access” to mean some undefined access which may only allow humans to read but not re-use the information...

By contrast...the term “Open Source” is completely self-explanatory within a large community....

So I believe that “open access” should be recast as “toll-free” - i.e. you do not have to pay for it but there are no other guarantees. We should restrict the use of “Open Access” to documents which explicitly carry licenses compliant with BOAI. (A weaker (and much more fragile approach) is that a site license applies to all content. The problem here is that documents then get decoupled from the site and their OpenAccess position is unknown.)

If the community wishes to continue to use “open access” to describe documents which do not comply with BOAI then I suggest the use of suffixes/qualifiers to clarify. For example:

* “open access (CC-BY)” - explicitly carries CC-BY license
* “open access (BOAI)” - author/site wishes to assert BOAI-nature of document(s) without specific license
* “open access (FUZZY)” - fuzzy licence (or more commonly absence of licence) for document or site without any guarantee of anything other than human visibility at current time. Note that “Green” open access falls into this category. It might even be that we replace the word FUZZY by GREEN, though the first is more descriptive.

Comments.

* I agree with much but not all of what Peter MR says. I'm responding at length because I've often had many of the same thoughts.
* I'm the principal author of the BOAI definition of OA, and I still support it in full. Whenever the occasion arises, I emphasize that OA removes both price and permission barriers, not just price barriers. I also emphasize that the other major public definitions of OA (from Bethesda and Berlin) have similar requirements.
* I don't agree that the term "open access" on its own, or apart from its public definitions, highlights the removal of price barriers and neglects the removal of permission barriers. There are many ways to make content more widely accessible, or many digital freedoms, and the term "open access" on its own doesn't favor or disfavor any of them. Even at the BOAI meeting we realized that the term was not self-explanatory and would need to be accompanied by a clear definition and education campaign.
* The same, BTW, is true for terms like "open content", "open source", and "free software". If "open source" is better understood than "open access", it's because its precise definition has spread further, not because the term by itself is self-explanatory or because "open access" lacks a precise definition.
* I do agree that many projects which remove price barriers alone, and not permission barriers, now call themselves OA. I often call them OA myself. This is only to say that the common use of the term has moved beyond than the strict definitions. But this is not always regrettable. For most users, removing price barriers alone solves the largest part of the problem with non-OA content, and projects that do so are significant successes worth celebrating. By going beyond the BBB definition, the common use of the term has marked out a spectrum of free online content, ranging from that which removes no permission barriers (beyond those already removed by fair use) to that which removes all the permission barriers that might interfere with scholarship. This is useful, for we often want to refer to that whole category, not just to the upper end. When the context requires precision we can, and should, distinguish OA content from content which is merely free of charge. But we don't always need this extra precision.
* In other words: Yes, most of us are now using the term "OA" in at least two ways, one strict and one loose, and yes, this can be confusing. But first, this is the case with most technical terms (compare "evolution" and "momentum"). Second, when it's confusing, there are ways to speak more precisely. Third, it would be at least as confusing to speak with this extra level of precision --distinguishing different ways of removing permission barriers from content that was already free of charge-- in every context. (I'm not saying that Peter MR thought we should do the latter.)
* One good way to be precise without introducing terms that might baffle our audience is to use a license. Each of the CC licenses, for example, is clear in it own right and each removes a different set of permission barriers. The same is true for the other OA-friendly licenses. Like Peter MR, I encourage providers to remove permission barriers and to formalize this freedom with a license. Even if we multiplied our technical terms, it will usually be more effective to point to a license than to a technical term when someone wonders exactly what we mean by OA for a given piece of work.


My comments:

* Removing permission barriers is an underestimated issue in the OA community.

* Who is referring to the Berlin Declaration should not ignore the implications for re-use.

http://bibliodyssey.blogspot.com/2007/06/simon-haendels-stammbuch.html



Zu Stammbüchern siehe unser Dossier:
http://archiv.twoday.net/stories/206189/

Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung; Institut für Geschichte der Medizin, Charité Berlin (DFG-Projekt He 2220/6 Die Wahrnehmung psychischen Krankseins in den Krankenakten der Berliner Charité, 1880-1900 )
Datum, Ort: 17.05.2007-19.05.2007, Berlin

Bericht von:
Michaela Ralser, Fakultät für Bildungswissenschaften, Universität Innsbruck für H-SOZ-U-KULT
E-Mail:

Vom 17. bis 19. Mai 2007 fand am Institut für Geschichte der Medizin an der Berliner Charité die zweite Tagung einer Reihe [1] statt, welche die psychiatrische Krankenakte als Quelle der Wissenschaftsgeschichte ins Zentrum stellte. Eine Förderung der Heinrich-Böll-Stiftung und der Deutschen Forschungsgemeinschaft [2] ermöglichte einen spannenden Dialog zwischen NachwuchswissenschaftlerInnen und solchen, die im Feld der Psychiatrie-, Medizin- und Wissenschaftsgeschichte schon seit langem zu Hause sind. Dass die Tagung ein Gewinn für alle Beteiligten wurde, ist zuallererst der klugen und umsichtigen Organisation der Veranstalter unter der wissenschaftlichen Leitung von Viola Balz, Volker Hess und Katharina Weikl zu verdanken.

Das Gewicht der Quelle...

Darüber, dass sich die psychiatrische Krankenakte als Ensemble eines vielstimmigen Aussage- (Michel Foucault) und Aufschreibesystems (Friedrich A. Kittler) auf herausragende Weise eignet, Auskunft zu geben über Arbeitsorganisation, Datenerhebungsverfahren, Aufzeichnungspraxis, Theorieverarbeitung und -aneignung der Klinik, respektive der Anstalt, herrscht(e) unter den TeilnehmerInnen Einigkeit. Ebenso darüber, dass sie ein Material besonderer Qualität darstellt, Wissenschaft als Praxis (Bruno Latour) und als soziale Aktivität (Pierre Bourdieu, Timothy Lenoir) zu untersuchen und Praktiken empirischer Erkenntnisgewinnung, Diagnosebildung und Behandlungsgewohnheiten zu rekonstruieren und daraus Aussagen von Gewicht zu schöpfen für eine vertiefte Kenntnis der historischen Praxis der psychiatrischen Wissenschaft und „Klinik“. Gewissheit herrschte unter den TeilnehmerInnen auch darüber, dass sich die Krankengeschichte, respektive Krankenakte – trotz ihrer doppelten Erzählstruktur, der Binnenerzählung der PatientInnen und der Rahmenerzählung der Kliniker (Wolfgang Müller-Funk) – ihrer Herkunft nicht entziehen könne (Gerhard Bader), Dokumentationsmittel der Psychiatrie als Institution und Disziplin (Robert Castel) zu sein und Aufschreibesystem im Rahmen der Ordnung der Pathologie (Michel Foucault). Gegen den Strich gelesen aber würde sie dennoch die Sicht auf den Patienten, die Patientin und unter besonders günstigen Bedingungen (insbesondere im Falle des Vorhandenseins von Ego-Dokumenten) auch die Sicht und Aktivität der Patienten und Patientinnen freigeben, zumindest soweit, als sie vertieften Einblick in die Interaktions- und Kommunikationsprozesse zwischen den „Kranken“ und ihren „Behandlern“ ermöglichte, auch dann, wenn deren Beiträge regelmäßig mit unterschiedlicher Macht ausgestattet blieben.

Eine Fülle von Forschungsunternehmungen und -fragen

Standen in der letztjährigen Fachtagung methodologische Gesichtspunkte (Quellengattung, Auswahlkriterien und Interpretationsverfahren) im Vordergrund, rückte auf der diesjährigen Forschungskonferenz die konkrete „Arbeit am Fall“ ins Zentrum der Auseinandersetzung. Am Beispiel eines Einzelfalls sollte die jeweilige methodische Herangehensweise und spezifische Fragestellung am Material fokussiert werden. Zuallererst beeindruckt die Fülle der Forschungsunternehmungen. Standen in den letzten Jahrzehnten nur vereinzelnd psychiatriehistorische Arbeiten zur Verfügung, welche sich explizit und mit Gewicht der Quelle „Krankengeschichte“ bedienten, scheint die Beschäftigung mit der psychiatrischen Krankenakte nun auch im deutschen Sprachraum an Boden zu gewinnen. Elf BeiträgerInnen (neun Frauen und zwei Männer) aus Deutschland, der Schweiz und Österreich präsentierten ihre zum Teil umfangreichen Krankenaktenstudien. Sechs ProjektkommentatorInnen (Eric Engstrom, Volker Hess, David Lederer, Maike Rotzoll, Kai Sammet, Heinz-Peter Schmiedebach) und zwei Tagungskommentatorinnen (Marietta Meier, Karen Nolte) begleiteten die Projektpräsentationen mit anregenden Kritik- und Diskussionsbeiträgen. Dies stellte ein – wie ich meine – in jeder Hinsicht gewinnbringendes und ein die Auseinandersetzung förderndes Tagungsdesign dar.

Im Zentrum die Krankenakte. Zehn Forschungsprojekte in Diskussion

Der erste Tagungsbeitrag (Ulla Rinkes) stellte insofern eine Ausnahme dar, als dass er sich mit einer Zeit vor dem Beginn der modernen Psychiatrie beschäftigte. Rinkes suchte entlang von Votivtafeln und Mirakelbucheinträgen und mit Hilfe der Rekonstruktion der Kranken- und Lebensgeschichten der VotandInnen, jene psychischen Ausnahmephänomene im Bayern der Barockzeit zu umreißen, die zu pastoralen Interventionen, religiösen Behandlungsversuchen und Besessenheitsattesten Anlass gaben und schließlich als „wundersame“ Heilungen in der Votivkunst „bezeugt“ sind. Stellvertretend steht das Beispiel für die Bedeutsamkeit der Vorzeit der Psychiatrie auch für eine moderne Psychiatriegeschichte, zumal sie interessante Parallelen aufweist: eine Schulung in Kasuistik war – wie der Kommentator David Lederer feststellte – auch im Rahmen der Moralpredigt üblich, ebenso wie bald eine formalisierte Praxis der Falleinträge in das Mirakelbuch. Das Bezeugen des Heilungsvorgangs ist längst nicht auf die „Psychiatrie“geschichte vor 1800 und auf den Wirksamkeitsnachweis der „geistigen Arznei“ beschränkt (Volker Hess), ebenso wenig wie die zirkuläre Diagnosebildung als Aushandlungsprozess zwischen den „Kranken“, ihren „Heilern“ und der sie umgebenden Kultur. Wie die Funktion der Krankenakte ist auch jene der Votivakte – letztere auch als Propagandamittel im Rahmen der Wallfahrtsindustrie zu lesen – analyseseitig zu berücksichtigen (David Lederer). Der Gewinn einer retrograden Diagnostik – wie sie Rinkes zu unternehmen sucht – wurde vom Auditorium mehrheitlich in Zweifel gezogen.

Mit der wechselseitigen Verarbeitung unterschiedlicher, sich ergänzender Quellen arbeitet auch das Forschungsprojekt der „AG Psychiatriegeschichte des Innsbrucker Instituts für Geschichte und Ethnologie“. Maria Heidegger präsentierte eine Fallgeschichte aus der Anfangszeit der k. k. Irrenanstalt im historischen Tirol des Vormärz, genau genommen: eine Konfliktgeschichte. Sie suchte mit Hilfe von Victor Turners Sozialdrama, jene Szenen und Akteure des Anfangs zu bestimmen, welche aus der parallelen Lektüre einer Krankenakte und eines (diese verarbeitenden) Untersuchungsberichts des Protomedikus hervorgehen. Interessant ist der Befund, dass für den Anfang der Anstalt weder die „siegreichen“ Akteure (Geistlichkeit, Ärzteschaft und Priesterpatient) noch die als „erfolgreich“ angesehenen Behandlungsmethoden (mit und ohne Anwendung von Zwangsmitteln), weder die erwartbaren Bündnisse, noch der prognostizierbare Ausgang des gesundheitsbehördlichen Prüfverfahrens feststehen. Den Kommentator, Kai Sammet, interessierten dann auch weniger die einzelnen Konfliktparteien und deren Konstellation (diese seien in der Psychiatriegeschichte mehrfach beschrieben) als vielmehr die Konfliktlinien und die entscheidende Frage: Wer ist zum besagten Zeitpunkt „Herrscher“ der Anstalt und, wer „Herrscher des Aufschreibesystems?

Nicht nur von „restrainment“ und „non-restrainment“, wie im Haller Beispiel, sondern von den in die Behandlungsvorgänge selbst eingearbeiteten Gewalt- und Disziplinartechniken handelte der nächste Beitrag. Welchem Vorgang die Verabreichung der Brechweinsteinsalbe als eine der „heroischen Kuren“ der frühen Klinik geschuldet ist, untersuchte Salina Braun anhand einer vergleichenden Krankenaktenstudie aus dem Bestand der preußischen Irrenheilanstalt Siegburg bei Bonn. Es ging ihr um die Persistenz (das sogenannte Siegburger Verfahren kam über 40 Jahre zur Anwendung) und Adaptionsfähigkeit dieser und vergleichbarer drastischer Behandlungsmethoden, welche sowohl medizintheoretischen Neuerungen als auch wechselnde Annahmen über Wirkweise und -ziel (Blutentgiftung, Schmerzableitung, etc.) überdauerten. In Kommentar und Diskussion wurde versucht, der Frage nachzugehen, inwieweit sich Foucaults Disziplinarthese auch auf das therapeutische Regime anwenden ließe, der Begriff der „heroischen Kuren“ nicht „fahrlässig“ irreführend sei (Heinz-Peter Schmiedebach), ob die theoretische Inkommensurabilität einer zeitgenössischen Therapieform nicht allzu voreilig veranlasst, auf ihre Unwirksamkeit zu schließen, respektive verleitet, den Gedanken zu vernachlässigen dass es auch in der heutigen Medizin durchaus angemessen erscheint, bei einer 10prozentigen Heilungschance grobe Körperverletzungen zu riskieren (Volker Hess).

Um Selbstwahrnehmung und Selbstdeutung von Krankheitsphänomenen durch die männlichen Psychiatriepatienten der Berliner Charitè der Jahrhundertwende (1880-1900) ging es in dem von Annett Bretthauer vorgestellten, besonders datendichten Teilprojekt der DFG-Studie zur „Wahrnehmung psychischen Krankseins“. Das Projekt interessiert sich in erster Linie für die in den Akten überlieferten Selbstzeugnisse der Patienten – von abgefangenen Briefen, ausführlichen Selbstbeschreibungen bis zu flüchtigen Notizen aus der unmittelbaren Hand der Patienten. „Diese schwachen, aber doch vernehmlichen Stimmen“ (Bretthauer) werden transkribiert, zusammen mit den anderen Aktenstücken in Datenbanken erfasst und mit Hilfe des Computerprogramms Atlas.ti verarbeitet. Dass mit der computergestützten Erstausarbeitung besonders ausführlicher Akten meist den Krankengeschichten bürgerlicher Patienten oder solcher mit Gerichtsbezug (Gutachten) der Vorzug gegeben wird (Volker Hess), muss für den Anfang riskiert werden; der verfahrenstechnischen Textauslösung aus dem Aktenzusammenhang (Marietta Meier) wird durch das Anlegen von Patientenscripts begegnet. Wie sich die dem Verfahren geschuldete Produktion „flacher Texte“, denen weder die Hierarchisierung der Information noch die formale „Ästhetik“ der Akte mehr anzusehen sind (Michaela Ralser) auf den Interpretationsprozess auswirken, steht zur Zeit noch offen. Auf die Tatsache, dass auch im Falle von Ego-Dokumenten (ob frei oder im Auftrag des Arztes verfasst) berücksichtigt werden muss, dass ihre Überlieferung bedingungslos dem Urteil der Sammelwürdigkeit durch den Arzt unterliegt, machte die Kommentatorin Maike Rotzoll im Anschluss noch einmal aufmerksam.

Mit ungewöhnlichen Erinnerungsstücken aus dem Erfahrungsraum der Psychiatrie der Jahrhundertwende beschäftigt sich auch das Dissertationsprojekt von Monika Ankele. Hier gilt das Interesse ausschließlich den weiblichen Patientinnen. Mit dem Fragefokus auf die Körperpraktiken des „sich Kleidens und Haar Tragens“ verarbeitet sie die Artefakte der weiblichen KünstlerInnen aus der Prinzhornsammlung mit den Rekonstruktionen ihrer Krankengeschichten aus den Beständen der Anstalten Heidelberg und Emmendingen sowie dem Privatsanatorium Bellevue. Inwiefern der von Ankele in Aussicht genommene Zugang zur authentischen Erfahrung der Patientinnen über den Weg der Umgehung der sprachlichen Ebene gelingen kann, steht, so die Kommentatorin Maike Rotzoll, derzeit noch offen, interessant ist die wechselseitige Verarbeitung der Schrift- und Objekt-Quellen allemal. Auch böte die Arbeit Gelegenheit, einem längst überfälligen Desiderat der Psychiatriegeschichte – der AkteurInnenposition der Pflegepersonen (zumal am direktesten mit der Überwachung der Körperpraktiken der PatientInnen befasst) – mehr Rechnung zu tragen (Marietta Meier).

Sophie Ledebur, welche erstmals systematisch den seit kurzem zugänglichen Krankenaktenbestand der Niederösterreichischen Heil- und Pflegeanstalt „Am Steinhof“ bearbeitet (1918-1938), richtete auf dem Hintergrund der Fragestellung nach der zeitspezifischen Funktion der Anstaltspsychiatrie zwischen Sozial- und Gesundheitspolitik ihr Forschungsinteresse am Beispielfall der „Psychopathischen Persönlichkeit“ auf die diskursive Herstellung, Transformation und Formalisierung von Diagnosekomplexen in den Krankenakten der Zwischenkriegszeit. Eine besonders ausführliche Krankenakte diente als Fallstudie: Sie beschreibt eine Patientenkarriere quer durch zahlreiche Anstalten Europas, kurzzeitig unterbrochen durch Gefängnisaufenthalte, bestückt mit einer Vielzahl an Gutachten mit wechselnden Krankheitsbildern, zuletzt jenes der „Psychopathie“. Die Diskussion im Anschluss fokussierte die Quellenunterscheidung von Krankengeschichte und Gutachten (Volker Hess), die Differenzierung von Diagnosetypen (Aufnahmediagnose, klinische Diagnose, etc.), die Bedeutung anstaltsspezifischer oder übergreifender Diagnoseschlüssel, die Berücksichtigung lokaler Verfertigungen von Wissen und nicht zuletzt die Dimension des „Clinical Reasoning“ als wenig (natur-)wissenschaftlichem Verfahren (Kai Sammet). Zeitspezifische Habitualisierungen im Sprachgebrauch der Psychiatrie seien Gewinn bringend, so Sammet, an häufig vorkommenden – zwischen Alltags- und Fachsprache oszillierenden – Begriffen zu untersuchen (z.B. „läppisch“ u.ä.)

Die datenintensive Teilstudie von Petra Peckl und Philipp Rauh zur „Behandlung psychisch kranker und erschöpfter Soldaten in den Lazarettakten des 1. WKs“ im Rahmen des Freiburger DFG-Projekts „Krieg und medikale Kultur“ kombiniert quantitative mit qualitativen Verfahren. Die Quellenart „Lazarettakte“ mit ihren oft fehlenden Aktenteilen, mit ihren aufgrund der Kriegsbedingungen oft lakonischen Einträgen, den unverbundenen Mehrfachaufnahmen mit wechselnden Diagnosen, Behandlungen und Tauglichkeitsurteilen erschwere laut BeiträgerInnen Auswertung und Interpretation. Der Tatsache, dass die Quellen den Ansprüchen der Sozialwissenschaftler und Historiker niemals genügten, sei, so Kommentator Eric Engstrom, nur durch eine Änderung der Frageperspektive zu entkommen, respektive durch Ergänzung der Materialien, wie etwa zur beabsichtigten Bearbeitung der Fragestellung nach Transformation der Ärztedoktrin unter den Bedingungen des Krieges durch ärztliche Feldpostbriefe, Arztmemoiren u.ä. Interessant jedenfalls muten bereits die ersten Befunde der Studie an: weder fänden sich gehäuft „drastische“, vielmehr traditionelle Behandlungsmethoden in den Akten, noch würde der Simulationsvorwurf häufig erhoben – was auf eine zumindest anfängliche Uneindeutigkeit und Unsicherheit der Militärärzte den „neuen“ Phänomen gegenüber schließen lässt (Kai Sammet).

Für das Großherzogtum Hessen prüft Eva Wittig Dirk Blasius’ These die Zunahme der Anstaltsfälle am Ende des 19. Jahrhunderts sei zuallererst eine ordnungspolitische Maßnahme, die „Irrenfrage also eine Armenfrage“, an neuem Quellenmaterial. Mit Hilfe der Bourdieuschen Kapitalformen untersucht sie Überbringungs-, Einweisungs- und Anhaltegründe der psychiatrischen PatientInnen in ausgewählten Krankenaktenbeständen, mit dem Ziel der Erarbeitung einer Sozialgeschichte der Psychiatrie im späten Kaiserreich. Wenngleich offen bleiben muss, ob eine Analyse der individuellen Verfügung über die diversen Kapitalformen durch Patienten und Angehörige im sozialen Feld „Psychiatrie“ Blasius’ Strukturthese tatsächlich überprüfen können wird (Gerhard Bader), ist die Untersuchung der Handlungsbeiträge der Individuen in diesem Zusammenhang interessant, zumal aus den Arbeiten der ersten Antipsychiatriebewegung bekannt ist, dass nicht selten persönliche Verhältnisse und Familienbeziehungen für Zwangseinweisungen verantwortlich zeichneten. Man könnte mit dem Bourdieuschem Instrumentarium allerdings noch weiter gehen und wie für das universitäre Feld den Homo academicus für das psychiatrische Feld die Herstellung des Homo psychiatricus untersuchen (Heinz-Peter Schmiedebach). Ohne sozial- und geschlechtergeschichtliche Fundierungen (Karen Nolte) allerdings könnten Untersuchungen der Art, wie Wittig sie unternehmen möchte, nicht auskommen, war sich das Auditorium einig.

Viola Balz unternahm mit ihrer Geschichte der ersten Erprobungsreihe von Neuroleptika in Deutschland einen Zeitensprung in die noch wenig erforschte Psychiatriegeschichte der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts. Mithilfe der Krankenaktenanalyse der ersten „Versuchspersonen“ im Rahmen der „Megaphenerprobung am Patienten“ an der Heidelberger Universitätsklinik der 1953er Jahre suchte sie eine Epistemologie des Begriffs der „Wirksamkeit“ zu entwickeln und auf dem Hintergrund der Actor-Network-Theory jene Akteure und Vektoren präzise zu bestimmen, welche zur Herausstellung der „neuroleptischen Effektivität“ unabdingbar waren. Dazu gehören jedenfalls auch das „Sprechen machen“ des Patienten und die Allianzbildung zwischen Arzt und PatientIn. Was jeweils erkennbar sei, hänge – so Eric Engstrom – einerseits von der „Größenfassung des Netzwerks“ ab, andererseits von der Breite der in den Blick genommenen Subjektivierungsstrategien, zu denen auch die subjektivierende Wirkung der Neuroleptika selbst gezählt werden könnte. Das epistemische Objekt, das entsteht, wäre dann der (neuroleptikaerprobte) Patient, zumal sich für die Wirksamkeitsanalyse von Neuroleptika Tierversuche nicht eigneten (Volker Hess). Schon die ersten Analyseergebnisse von Viola Balz weisen die dominanten Narrative der „Neuroleptikabehandlung“ als einzigartiger Wunderdroge und Elektroschocksersatztherapie als rhetorische Strategien des Anfangs aus.

Im Zentrum des letzten Beitrags der Tagung stand die Geschichte des in der Schweiz überlebenden jüdischen Emigranten Rolf Merzbacher (1924-1983), der nach seinem ersten Zusammenbruch als Gärtner in der Arbeitskolonie knapp 40 Jahre seines Lebens in Schweizer Psychiatrien zubringt. Gregor Spuhler ging es um „Heterogenisierung des Quellenmaterials“ und um eine „maximale Diversifizierung der Zugänge“. So kann die individuelle Geschichte Merzbachers (über die Zeit beschäftigten sich zahlreiche Behörden und Institutionen mit dem „Fall“) als Geschichte der Judenverfolgung, der Schweizer Flüchtlingspolitik, psychiatrischer „Heilkunst“ und bundesdeutscher Wiedergutmachung erzählt werden. Trotz der großen Einzigartigkeit und Ausgezeichnetheit des Falls als Verlaufsdokumentation bleibe – so Kommentator Heinz-Peter Schmiedebach zu berücksichtigen, dass sobald die Gutachtensmaschine anläuft – und das tat sie hier bereits sehr früh – die Geschichte dominant von einer medikalen Kultur bestimmt wird. Was die Geschichte aber überhaupt erst erzählbar macht, ist ihr Schweizer Hintergrund: Die u.a. 1944 gestellte Diagnose „schizophrener Defektzustand“ wäre im Deutschland derselben Zeit vermutlich ein Euthanasieurteil gewesen.

Abschlusskommentar und Resümee

Die Veranstaltung endete mit den Kommentaren von Marietta Meier und Karen Nolte. Beide stellten die Vielfalt der Fragestellungen und Methoden als positiv heraus, beide bedankten sich bei den BeiträgerInnen herzlich. Während Marietta Maier die Notwendigkeit des Kontextes ins Zentrum ihres Resümees stellte, konzentrierte sich Karen Nolte auf die Wichtigkeit theoriegeleiteter methodologischen Fundierungen. Der Einzelfall sei ein Fall unter Fällen, seine Dokumentation sei Teil des institutionellen Zusammenhangs Klinik oder Anstalt. Die Krankengeschichte ist eingelassen in die (medikale) Kultur der jeweiligen Zeit und ihr Aussagesystem ist bestimmt von zeitgenössischen medizinischen und psychiatrischen Konzepten. Der Kontext sei aber auch in einem ganz konkreten Sinn zu verstehen: Zu untersuchen sei die Textur, das Gewebe, aus dem die Krankenakte besteht. Darin aufgehoben auch die Dimensionen von Zeit und Raum: Wann erfolgt was? Ein Eintrag, eine Untersuchung, eine Behandlung. Wo erfolgt es? In den Blick zu nehmen seien auch die Verräumlichung, die Verschiebungen und Verlegungen der PatientInnen innerhalb des Raums der Klinik und über diesen hinaus (Marietta Meier). Karen Nolte votierte für eine handlungstheoretische Zugangsweise, erinnerte an die wissenschaftsgeschichtliche Herkunft des Konzepts der „sozialen Akteure“ und bekräftigte seine Brauchbarkeit auch im Fall der Analyse von Krankenakten. Sie plädierte u. a. für den analytischen Einbezug auch der AkteurInnen aus der sogenannten „zweiten Reihe“, etwa der Pflegepersonen oder der Angehörigen. Den Gewinn und Mehrwert der Actor-Network-Theory sieht sie in der Sichtbarmachung der Position der PatientInnen als Teil des Netzwerkes im medizinischen Feld und zwar unabhängig von der schon traditionell berücksichtigten Arzt/Patient Beziehung, beispielsweise als aktiver Teil eines experimentellen Aufbaus, einer Versuchsanordnung, einer Behandlungsabfolge etc. Zuletzt ermuntert Nolte noch bei aller notwendigen (quellenkritischen) Reflexivität zu mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit einer der aufschlussreichsten und vielstimmigsten Quellen der Psychiatriegeschichte. Am Ende der Veranstaltung bleibt nur zu hoffen, dass der erfolgreiche zweite Workshop der Reihe im nächsten Jahr eine weitere Fortsetzung findet.

Anmerkungen:
[1] Workshop vom 08.04.2006: Qualitative Auswertung psychiatrischer Krankenakten / Charité-Berlin; Tagungsbericht unter: (08.06.2007).
[2] DFG-Projekt „Wahrnehmung psychischen Krankseins“ (HE 2220-6) am Institut für Geschichte der Medizin, Charité Berlin.

Quelle dieses Beitrages: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=1602

Uwe Bordanowicz möchte gerne auf seine Plakatsammlung hinweisen, die er seit 1975 (!!) betreibt und die derzeitig ca. 5000 politische Plakate umfasst. Sie sind thematisch geordnet und teilweise digitalisiert.
Schwerpunkte sind:
Frieden- Umwelt- Gewerkschaftliches ( Tarife, Streiks, betriebliche Kämpfe, Arbeitszeit, 1.Mai )- Autonomes/Anarchistisches- Gegen rechts- internationale Solidarität- Soziales- Verteidigung der Demokratie- Frauen- Bürgerinis- Gesundheit ( AIDS) u.ä.

Die Plakate können Interessierten für Ausstellungen usw. zur Verfügung gestellt werden.

Kopntakt: Uwe Bordanowicz, Eggerten 52, 76646 Bruchsal
Tel.: 07251 87865
Fax: 07251 87867
bordanowicz(ätt)t-online(punkt)de

Der alte Aufsatz von Pfaff aus den Württ. Jbb. 1854 ist von Google so miserabel digitalisiert worden, dass er fast nur als Beispiel dafür taugt, wie man nicht digitalisieren sollte:
http://books.google.com/books?id=zgMAAAAAMAAJ&pg=PA152


Diese sind unter

http://archiv.twoday.net/stories/3542073/

aufgelistet. Wie nicht anders zu erwarten, ignoriert hist.net in seiner eigenen Liste meine Linksammlung:

http://www.hist.net/forschung-praxis/digitalisierung

Ganze Bücher sind im wesentlichen nur in Bern und bei RERO abrufbar.

http://lists.d-nb.de/pipermail/diss-online/2007-June/000289.html

Hoeren hat dazu Stellung genommen. Während die nur durch Verwertungsgesellschaften geltend zu machenden Vergütungsansprüche (z.B. durch Privatkopie) bei der DPP gegeben sind, fehlt eine solche Klarstellung bei Creative Commons. Zu ergänzen ist, dass dann wohl auch bei der GNU FDL ein konkludenter Verzicht auf diese Ansprüche zu vermuten ist.

Siehe dazu auch: htts://www.vgwort.de/metis.php

Magdeburg / Berlin 05.06.2007. „Kulturgüter müssen bewahrt und geschützt werden“ – so der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsminister Bernd Neumann, und die 15 Autoren der Neuerscheinung zu ausgewählten Fragen aus der Praxis des Kulturgüterschutzes. Die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste und der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sind die gemeinsamen Herausgeber dieses soeben erschienenen, hochaktuellen Bandes zu der im Oktober 2006 in Bonn veranstalteten gleichnamigen Konferenz mit dem sprechenden Titel „Im Labyrinth des Rechts? Wege zum Kulturgüterschutz“ .

Die mythologische Anspielung des Titels deutet auf die verwirrend vielfältigen Aspekte des Gegenstandes, werden hier doch rechtliche Regelungen zum Schutze deutschen Kulturgutes, die Praxis der Rückgabeverhandlungen und die Grenzen der Durchsetzbarkeit von Ansprüchen beleuchtet. Die Beutekunst ist ebenso Thema, wie der weltweit zunehmende illegale Handel mit Kulturgütern und damit einhergehend die Möglichkeiten und Grenzen polizeilichen Tätigwerdens. Kulturgüterschutz beinhaltet in den meisten Fällen eine internationale Komponente, weswegen sich die Experten unterschiedlichen Aspekten der Prüfung und Klärung von Rückgabeansprüchen widmen, die nicht nur an die Beteiligten, z.B. in kulturellen Einrichtungen, hohe juristische Anforderungen stellen, sondern auch von großer politischer Relevanz sind. Darüber hinaus werden das nationale sowie das EU-Vergaberecht thematisiert, wie auch die speziellen Erfordernisse im Zusammenhang mit der dauerhaften Überlassung von Kulturgütern an öffentliche Einrichtungen, unter anderem durch Dauerleihverträge oder temporäre Leihverträge über Kulturgut aus dem Ausland, wie sie der rege Leihverkehr im Rahmen von Ausstellungen regelmäßig erforderlich macht.

Mit dem nunmehr fünften Band der Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste haben die Herausgeber nicht nur einen Leitfaden aus dem „Labyrinth Kulturgüterschutz“ mit seiner Vielzahl an juristischen Implikationen vorgelegt, sondern auch dafür Sorge getragen, dass der Kulturgüterschutz noch besser in seiner Bedeutung erfasst und damit ernst genommen wird.

Der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien führte am 09./10. Oktober 2006 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland unterstützt von der Magdeburger Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste die internationale Konferenz „Im Labyrinth des Rechts? Wege zum Kulturgüterschutz“ durch, aus der diese Publikation hervorgegangen ist.

Die Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste dokumentiert im Auftrag von Bund und Ländern über ihre Internetdatenbank Lostart internationale Such- und Fundmeldungen zur NS-Raubkunst und zur Beutekunst. Seit 2000 ist www.lostart.de ein international etabliertes Recherche- und Informationsmedium für die Betroffenen, das Fachpublikum aus Handel und Kultureinrichtungen sowie für die interessierte Öffentlichkeit. Ziel der Dokumentationsarbeit ist, Suchende und Findende zusammenzuführen, zur Identifizierung von Objekten beizutragen und somit Rückgaben an die Berechtigten zu befördern.

Bibliographische Angaben: Im Labyrinth des Rechts? Wege zum Kulturgüterschutz (= Veröffentlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Band 5), bearb. von Susanne Schoen und Andrea Baresel-Brand. Magdeburg 2007 (978-3-9811367-2-2), 24,90 €

Bestellungen: Fax: +49 ( 0) 391.5673899; Email: yvonne.sommermeyer@mk.sachsen-anhalt.de

Kontakt: Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Dr. Andrea Baresel-Brand, Turmschanzenstr. 32, D-39114 Magdeburg, Tel. +49 (0)391.567 3893, Email: andrea.baresel-brand@mk.sachsen-anhalt.de [für Rezensionsexemplare], www.lostart.de.

http://www.census.de/census

Vom Pantheon in Rom bis zur Statue des Pan im Pariser Louvre – der "Census of Antique Works of Art and Architecture Known in the Renaissance" hat jetzt seine Datenbank mit etwa 6.500 erfassten antiken Monumenten und rund 28.000 Bild- und Schriftzeugnissen aus der Zeit der Renaissance ins Internet gestellt. [...]
Die Akademie versteht die Öffnung für die Allgemeinheit als weiteren Schritt zur Umsetzung der Berliner Erklärung über den offenen Zugang zu wissenschaftlichem Wissen, betonte BBAW-Präsident Günter Stock in einer kleinen Feierstunde anlässlich der Freischaltung. "Die digitale Zusammenführung der über die Museen der Welt verteilten Dokumente" hätte schon "neue Kooperations- und Arbeitsmöglichkeiten" geschaffen, aber den Census ins Netz zu stellen sei "so etwas wie eine Zeitenwende" und zeige einmal mehr, dass das Internet "fundamentale Auswirkungen auf das System des wissenschaftlichen Publizierens" habe.

http://www.heise.de/newsticker/meldung/90791

Wie üblich hat man in Berlin Open Access nicht begriffen, denn unter Kontakt heisst es lapidar: "Vervielfältigung in jeder Form ist untersagt". Wurde herausgenommen.

Der Ausschuss e-Archiv des Vereins Schweizer Archivarinnen und Archivare hat in Zusammenarbeit mit der HTW Chur in Wikipedia ein Portal Archivwesen realisiert. Dieses dient dazu, das in der freien Enzyklopädie repräsentierte Wissen zum Archivwesen zu strukturieren und zugänglich zu machen.

Dem Portal liegt eine Ontologie zur Welt der Archive zugrunde. Diese erlaubt es, aus unterschiedlichen Perspektiven in die Thematik einzutauchen. Die Autoren hoffen mit diesem Modell die Zusammenhänge der zahlreichen archivspezifischen Artikel kenntlich zu machen und so eine erste Repräsentation des Archivwissens bereitstellen zu können.

Sie hoffen auch, dass dieser strukturierte Zugang viele AutorInnen dazu animieren wird, neue Artikel zu unserem Wissensgebiet zu verfassen und so dazu beizutragen, das Wissen zu mehren. [kurzer Projektbericht]

http://de.wikipedia.org/wiki/Portal:Archivwesen

nur einer muß zahlen ("To build their library, Public.Resource.Org are asking people who want a government document to buy it through their service. They will then make the document available to everyone else for free."): http://public.resource.org/
Nicht dumm, aber wieviele da mitmachen, bleibt abzuwarten.

Der Bürgerwillen, den Teile der Dresdener Bürgerschaft artikulierten, indem sie den Bau der Waldschlößchenbrücke per Bürgerentscheid beschlossen, muss durchgesetzt werden, auch wenn dann der Welterbe-Status verloren geht. Das Bundesverfassungsgericht bügelte die Stadt Dresden ab:

"Selbst wenn das Gericht im Hauptsacheverfahren zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Welterbekonvention – auch unter Beachtung der zusätzlichen föderalen Besonderheiten des Falles – auf der Grundlage von Art. 59 Abs. 2 GG formal wirksam in die deutsche Rechtsordnung transformiert worden ist, stünden völkervertragliche Verpflichtungen einer Entscheidung für die Umsetzung des Bürgerentscheids nicht notwendig entgegen. Die Welterbekonvention, in der die Idee eines internationalen Kulturgüterschutzes zum Ausdruck kommt, bietet nach Konzeption und Wortlaut keinen absoluten Schutz gegen jede Veränderung der eingetragenen Stätten des Kultur- und Naturerbes. Die Vertragsstaaten des Übereinkommens haben ausdrücklich die Souveränität der Staaten, in deren Hoheitsgebiet sich die geschützten Stätten befinden, und die bestehenden Eigentumsrechte anerkannt (Art. 6 Abs. 1 der Welterbekonvention); die Erfüllung des Schutzauftrages ist zuvörderst Aufgabe der Vertragsstaaten (Art. 4); der Schutzauftrag konkretisiert sich in seiner internationalen Dimension in der "Einrichtung eines Systems internationaler Zusammenarbeit und Hilfe, das die Vertragsstaaten in ihren Bemühungen um die Erhaltung und Erfassung [des Kultur- und Naturerbes] unterstützten soll" (Art. 7). In Anbetracht dieses völkerrechtlichen Rahmens ist es verfassungsrechtlich möglich, dass sich der in einer förmlichen Abstimmung festgestellte Bürgerwille, als authentische Ausdrucksform unmittelbarer Demokratie, in einem Konflikt über die planerische Fortentwicklung einer Kulturlandschaft durchsetzt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn zuvor in einem Verhandlungsprozess erfolglos nach einer Kompromisslösung gesucht wurde. Als Folge müssen dann gleichwohl die möglichen Nachteile aus der Entscheidung - wie etwa der Verlust des Welterbestatus und ein damit einhergehender Ansehensverlust - in Kauf genommen werden."

Mit Vernunft hat das nichts mehr zu tun. Wenn das Recht nicht flexibel genug ist, eine offenkundige Konfliktkonstellation, die völkerrechtliche Verpflichtungen einem (mutmaßlich von den Dresdener Bürgern nicht mehr geteilten) Bürgerentscheid nachordnet, zu bewältigen, stimmt etwas am Recht nicht. Es ehrt die Stadt Dresden, dass sie den Gang nach Karlsruhe angetreten hat - Karlsruhe hat einmal mehr bewiesen, dass die BRD weit entfernt von einem Kulturstaat ist, der seine Kulturgüter schützt. Das Kulturstaatsprinzip der Verfassung - offenbar wertlos.



Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Waldschl%C3%B6%C3%9Fchenbr%C3%BCcke

Eine Vielzahl von Beiträgen führt leicht verständlich in das Thema ein:

http://openaccess-germany.de/fileadmin/downloads/Open-Access-Handbuch.pdf

Die Diplomarbeit von Heinz Pampel "Universitätsverlage im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Literaturversorgung. Eine kritische Bestandsaufnahme" ist zugleich eine Pflichtlektüre für die Anhänger von Open Access.

Die elektronische Version der als Verlagspublikation vorliegenden Arbeit ist über den E-LIS Server zugänglich.
URL: http://eprints.rclis.org/archive/00009991/

Rechtsanwalt Alexander vom Hofe legt in: Vier Prinzen zu Schaumburg-Lippe und das parallele Unrechtssystem, Madrid 2006 seine persönliche Gegendarstellung in einem vermögensrechtlichen Streit vor, die dick mit Verschwörungstheorien gespickt ist. Es geht um die Auflösung des Hausguts des Hauses Schaumburg-Lippe. Wer sich für Fideikommissrecht bzw. die Auflösung interessiert, findet hier eine Fülle von dokumentarischem Material.

[Update 2008: Das Buch ist online unter:
http://edocs.fu-berlin.de/docs/receive/FUDOCS_document_000000000100 Zu Ergänzungen siehe die Kommentare dieses Beitrags]

Vom Hofe scheiterte vor den Zivil- und Verwaltungsgerichten bei dem Versuch, zur Absicherung des von ihm geltend gemachten Eigentumsanspruch Unterlagen aus dem Depositum des Hauses Schaumburg-Lippe im Staatsarchiv Bückeburg einzusehen:
OVG Lüneburg auf Wikisource
Zur Kritik: http://archiv.twoday.net/stories/566986/

Er zitiert S. 127 eine Einlassung der Niedersächsischen Staatskanzlei, die im wesentlichen das öffentliche Interesse an den Adelsarchivalien höher bewertet als das private Interesse des Klägers. Ohne die Möglichkeit, nach Belieben die Einsichtnahme genehmigen oder versagen zu können, würden die Adelsfamilien ihre Unterlagen nicht übergeben. Damit erweist sich die niedersächsische Landesregierung einmal mehr als speichelleckerischer Adels-Diener. Wenn die Unterlagen nach heutigen Maßstäben "der Sphäre staatlicher Hoheit" zuzuordnen sind, dann ist es schlicht und einfach nicht hinzunehmen, dass diese Quellen der Benutzung nach Maßgabe der Archivgesetze entzogen sind.

Materialien zum Dossier Schaumburg-Lippe findet man auch bei RA Möbius, der vom Land Niedersachsen erfolglos wegen Abbildung von Schriftstücken "aus" dem Staatsarchiv Bückeburg auf seiner Homepage
http://www.rechtsanwaltmoebius.de/presse.html
verklagt wurde.

Zum Buch von Vom Hofe und einer anderen Studie schrieb der Adelshistoriker Eckart Conze in der FAZ:

Dies gilt auch für das im Selbstverlag erschienene Buch von Alexander vom Hofe, Enkel von Heinrich Prinz zu Schaumburg-Lippe (1894-1952). Er dokumentiert seine jahrelangen Recherchen zu den Vermögensverhältnissen und Erbauseinandersetzungen im Hause Schaumburg-Lippe. Im Kern geht es dem Autor um den Nachweis, dass 1936, nach dem Tod des letzten regierenden Bückeburger Fürsten, dessen Bruder Wolrad von Schaumburg-Lippe, der neue Chef des Hauses, das ungeteilte Alleineigentum am Vermögen des Hauses für sich und seine Nachkommen zu sichern versucht habe, indem er sich vorbehaltlos in den Dienst des nationalsozialistischen Regimes stellte. Und während zwei weitere Brüder, der Diplomat Stephan von Schaumburg-Lippe und der Goebbels-Adjutant Friedrich Christian von Schaumburg-Lippe, durch ihre NS-Karriere, billige Abfindungen und Aussichten auf üppige Landdotationen im Osten zufriedengestellt worden seien, habe man mögliche Ansprüche des vierten Bruders, Heinrich von Schaumburg-Lippe (des Großvaters des Verfassers). durch seine Denunziation als Regimegegner verhindern wollen.

Viel interessanter als die Vermögensauseinandersetzung, die vom Hofe in einen Rahmen von Spekulationen und Verschwörungstheorien stellt, ist das in der Publikation reich dokumentierte Material aus einer Vielzahl von Archiven. Es gibt Auskunft über die Lebenswege zwischen 1933 und 1945 einer weiteren Gruppe von vier Prinzen, diesmal aus dem Hause Schaumburg-Lippe. So schließt das ansonsten in seiner Struktur nicht sonderlich systematische und in seiner Argumentation nicht stringente Buch an Petropoulos an und erhellt an weiteren individuellen Beispielen viele Ergebnisse von dessen Studie. Und noch eines verbindet die beiden Bücher: Auch Alexander vom Hofe blieben wichtige Privatarchive oder familienbezogene Bestände in öffentlichen Archiven verschlossen. Das fördert nicht nur kühne Hypothesen, sondern es lenkt auch Fragen auf die betroffenen Adelsfamilien und ihr Selbstverständnis. Denn solche Zugangssperren sind leider kein Einzelfall. Wer aber stets den öffentlichen Charakter von Adelsherrschaft und Adelskultur betont und deren Erbe auch durch Inanspruchnahme öffentlicher Mittel pflegt, der darf sich mit Blick auf die Familienarchive nicht plötzlich auf das Argument der Privatheit zurückziehen. Das gilt ganz besonders für die Frage nach der Rolle des Adels im Nationalsozialismus. Hier ist es höchste Zeit, dass eine jüngere Adelsgeneration endlich die Familienarchive öffnet und damit auch diejenige Liberalität an den Tag legt, die man in der Geschichte des deutschen Adels im 20. Jahrhundert so lange hat vermissen müssen.
(Hervorhebung von mir)

Jens Murken meldet in Jens Murkens "Archivnachrichten", dass Jens Murken Nachfolger von Bernd Hey als Leiter des Landeskirchlichen Archivs Bielefeld geworden ist. Wir werden beobachten können, ob eine Leitungsposition als Kirchenarchivar und eine Blogger-/Newssammeltätigkeit im Auftrag von AUGIAS vereinbar sein werden.

Das ist nicht Jens Murken.

http://archivnachrichten.blogspot.com/2007/06/kirchenarchiv-mit-zukunft-leiterwechsel.html

Inhaltsverzeichnis

Präses Alfred Buß: Grußwort (9)
Vorwort (11)
Wilfried Reininghaus: Grenzen. Ein Problem der Landesgeschichte (15)
Reinhard Vogelsang: Die Privilegien der Stadt und „des landes nottdurft“. Bielefeld 1647-1666 (29)
Ulrich Althöfer: MBCH FECIT – Der Bielefelder Bildschnitzer Bernd Christoph Hattenkerl und der Oerlinghauser Orgelprospekt von 1688 (47)
Vicco von Bülow: „Nachricht vom Zustande der Evangelisch-Reformierten Kirche von Schwerte“. Verhandlungen über das Patronat im Jahr 1715 (59)
Bärbel Sunderbrink: Neue Wege gegen die Armut. Verordnete Modernität und kirchliche Beharrungskraft im Königreich Westphalen (69)
Rolf Westheider: Versmolder Grenzfälle. Religiosität und soziales Leben in katholischer Nachbarschaft (81)
Wolfgang Günther: Renitenz in Spenge. Über den kirchenbehördlichen Umgang mit Abtrünnigen (95)
Eckhard Möller: „Das größte Opfer …, das Missionare tragen und bringen müssen“. Das Gütersloher Missionarskinderheim Johanneum (107)
Kerstin Stockhecke: September 1940: Die „Euthanasie“ und die jüdischen Patienten in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel (131)
Jürgen Kampmann: „Die DC sucht das Ganze, die BK das Ihre“. Kirchenpolitische Gräben und Grabenkämpfe im Zweiten Weltkrieg im Spiegel der Gelsenkirchener Bekenntniskreissynoden der Jahre 1941 und 1942 (143)
Johannes Burkardt: Die 250-Jahrfeier der Church of the Brethren in Schwarzenau 1958. Ein ökumenisches Großereignis der Nachkriegszeit (167)
Johanna Will-Armstrong: „Neue Aufgaben der Seelsorge“ – Das Proponendum der Evangelischen Kirche von Westfalen von 1958 (181)
Wolfgang Werbeck: Opel- und Ruhruniversität-Ansiedlung in Bochum und ihre Folgen für die evangelische Ortsgemeinde (191)
Thomas Heinrich: Vom beschränkten Sammeln – oder: Warum allgemeine Rücklagen in verfasster Kirche unstatthaft sind (203)
Mechthild Black-Veldtrup: Kirchenarchiv und Staatsarchiv (213)
Beate Sophie Fleck: Evangelische Taufeinträge in einer katholischen Pfarrei im Münsterland. Das Beispiel Olfen (217)
Hans Otte: Feiern eines problematischen Anfangs? Das Beispiel des Kirchenbuchamts Hannover (225)
Norbert Friedrich: Gedächtnisorte der Mutterhausdiakonie – die Archive und historischen Sammlungen in den Mutterhäusern und ihre Bedeutung (245)
Martin Stiewe: Vom Nutzen und Nachteil kirchlicher Archive für die Verkündigung der Kirche (253)
Claudia Brack: Die landeskirchliche Archivpflege in den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen (261)
Gabriele Stüber: Strategien und Handlungsmuster einer pädagogischen Öffnung kirchlicher Archive (269)
Bettina Wischhöfer: Lernort Archiv – Lebendige Erinnerungskultur für die Zukunft? (279)
Bärbel Thau: Das Johannesstift in Bielefeld als historischer Lernort (287)
Matthias Benad: „Kommet her zu Mir Alle …“. Eine kurze Führung durch das religiöse Programm der Betheler Zionskirche (297)
Brigitte Gläser und Hans-Rudolf Hermannsen: … retten, was zu retten ist! (315)
Matthias Rickling: Fünf Punkt Zwei – das Gersteinprojekt. Ein Archivbestand macht Karriere (317)
Markus Köster: Vom Nutzen des Spielfilms für die Geschichte (333)
Joachim Radkau: Dreimal Siebenbürgen mit Bernd Hey. Auf den Spuren des Exodus der Siebenbürgendeutschen (345)
Johann Melzer: Bestimmungen und Vorschriften zur Benutzung des Ungarischen Landesarchivs in Budapest Ende des 19. Jahrhunderts (369)
Detlef Stemann und Manfred Wittland: „Man muss die Probleme anpacken!“ – Der Archivar als Handwerker. Erfahrungen aus Magazinersicht (375)
Jens Murken: „Ich weiß nicht, ob ich ein typischer Archivleiter bin“. Ein Interview mit Bernd Hey im Jahre 2003 (379)
Ahnentafel Bernd Hey (400)
Bibliographie Bernd Hey (403)
Autorinnen und Autoren (413)

Info:
Claudia Brack / Johannes Burkardt / Wolfgang Günther / Jens Murken (Hg.):
Kirchenarchiv mit Zukunft. Festschrift für Bernd Hey zum 65. Geburtstag
= Schriften des Landeskirchlichen Archivs der Evangelischen Kirche von Westfalen 10
Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh, 2007.
ISBN 978-3-89534-700-9,
Gebunden. 25 x 17 cm. 416 Seiten. 47 Abbildungen sowie 3 Zeichnungen von Volker Reiche, 29,00 €

http://www.cic.uiuc.edu/programs/CenterForLibraryInitiatives/Archive/PressRelease/LibraryDigitization/index.shtml

Die früheren "Big 10", nunmehr zwölf große Forschungsuniversitäten haben sich Google Book Search angeschlossen. Digitalisiert werden sollen - neben den zum Konsortium gehörenden Bibliotheken der U of Michigan und Wisconsin-Madison, die bereits früher Google-Partner wurden - Spezialbestände der Bibliotheken, die deren Besonderheit ausmachen.

Neu ist, dass ein gemeinsames Repositorium für die digitalisierten Bestände von CIC geplant ist, das den Zugang zu den Digitalisaten der Public-Domain-Bücher unabhängig von Google ermöglicht.

Nach Angaben der FAQ sind über Google Book Search inzwischen über eine Million Bücher suchbar.

Hinweis: CIC würde es zur Ehre gereichen, wenn die früheren Suchmöglichkeiten in allen 12 Bibliothekskatalogen wiederhergestellt würden. Die unter
http://wiki.netbib.de/coma/USKataloge
aufgelisteten Möglichkeiten befriedigen nicht (wenn sie überhaupt funktionieren).

Die neue Open Access-Variante: Bücher kostenlos für den, der sie mit den eingeschalteten Werbeseiten zu lesen bereit ist. Warum nicht auch bei Digitalisierungsprojekten? Jede zehnte Seite eine Pampers-Werbung o.ä. Und alle kommen auf ihre Kosten... Hier der Link:
http://www.marginalrevolution.com/marginalrevolution/2007/06/free_books.html

Vielleicht (wahrscheinlich) wird genau das beim Google-Projekt herauskommen.

Über 70 gemeinfreie Quellentexte stehen zum Abruf bereit, über 30 Weblinks weisen zusätzliche Quellen im Netz nach:

http://de.wikisource.org/wiki/Schw%C3%A4bisch_Gm%C3%BCnd
Projektbericht:
http://de.wikisource.org/wiki/Wikisource:Skriptorium#Zwischenbilanz_.5B.5BSchw.C3.A4bisch_Gm.C3.BCnd.5D.5D

 

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