Allgemeines
Architekturarchive
Archivbau
Archivbibliotheken
Archive in der Zukunft
Archive von unten
Archivgeschichte
Archivpaedagogik
Archivrecht
Archivsoftware
Ausbildungsfragen
Bestandserhaltung
Bewertung
Bibliothekswesen
Bildquellen
Datenschutz
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
null

 
Für die Landesausstellung "Spätmittelalter am Oberrhein" 2001/2002 wurde vom Land Baden-Württemberg die sogenannte Greifenklaue, ein um 1400 entstandenes kostbares Trinkgefäß aus Wisenthorn, aus dem Eigentum des Hauses Baden erworben (es war auf der Liste des national wertvollen Kulturgutes als Nr. 0165 unter Kunstgewerbe, gemeinsam mit dem Willkomm-Trinkhorn, gelistet). Seit 1767 lässt sich die Greifenklaue in der Schatzkammer der Domherren zu Speyer nachweisen. Aus dem Schloss Bruchsal kam sie in den Besitz und später in die sogenannte Kunstkammer der Markgrafen von Baden.

Kostenpunkt: 1,2 Mio DM, wovon die Museumsstiftung BW zwei Drittel, die Kulturstiftung der Länder ein Drittel trug.

Quellen im WWW:
http://www.landesmuseum.de/sonder/2001/mittelalter/blm/blm_presse/PI_Greifenklaue-Stube.doc
http://www.landesmuseum.de/mittelalter/blm/blm_presse/PI_Greifenklaue.doc
http://sonne.prz.tu-berlin.de/kultur/snit.show_archiv

GreifenklauenBeide Greifenklauen sind heute im Badischen Landesmuseum gelandet, hinten die Speyerer (Foto von 1892)

Angeboten wird im ZVAB das Patrimonia-Heft, das diesem Stück gewidmet ist von einem Berliner Antiquariat mit der Beschreibung:
"Die Greifenklaue der Domherren zu Speyer aus der Kunstkammer der Marktgrafen von Baden. Kulturstiftung der Länder Berlin 2001 Heft 39"

Selten war ein Fehler so erhellend!

Säkularisationsgut - wie die Greifenklaue - war Staatsgut, siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2885866

Daran änderte auch die Inbesitznahme durch das großherzogliche Haus bzw. den Hausfideikommiss nichts. Zurückzuführen ist die skandalöse Eigentumszuordnung zum Privateigentum des Hauses Baden, die dazu führte, dass das Land 2001 genuines Staatsgut zurückkaufen musste, auf das eklatante Versagen der Vertreter des badischen Staats am 11. März 1919, als Finanzminister Wirth, begleitet von zwei Ministerialräten, das gesamte Zähringer Museum dem Haus Baden zuschanzte. Da sich die Kommissionsmitglieder einig waren, konnte dann in der Parlamentssitzung von einer gänzlich unkontroversen Einigung gesprochen werden. Einzelheiten über die Einigung erfuhr das Parlament nicht.

http://libwww.library.phila.gov/medievalman/

Wir hatten hier leider bereits einmal Grund, über die Gießener Elektronische Bibliothek (GEB) Klage zu führen:

http://archiv.twoday.net/stories/2785121/

URN: urn:nbn:de:hebis:26-opus-27011
URL: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2006/2701/

Spiller, Miriam Elisabeth

Spurensuche : Zeitgenössische Diskurse und Diskutanten über Probleme in der Reichspolitik des deutschen Spätmittelalters

pdf-Format:
Dokument 1.pdf (2,231 KB)


Beschreibung (deutsch)

Auf dem Reichstag zu Worms im Jahre 1545 standen wichtige Angelegenheiten auf der Agenda. Unter Hinzuziehung von Experten diskutieren die Großen des Reichs sowie Vertreter verschiedener Stände die erste Reichsmünzordnung; zahlreiche Gutachten formulierten die Stellungnahmen der Kurfürsten-, Fürsten- und Stadträte zur geplanten Reichspolizeiordnung; Anträge und Suppliken spiegeln die Interessenvertretung Einzelner und verschiedener Gruppen. Ausschüsse formten sich und trugen ihre Arbeitsergebnisse vor; auf Vorschläge folgten Änderungsvorschläge, und Wortprotokolle überliefern den genauen Ablauf von Diskussionen, nehmen gar ganze Einzelbeiträge auf. Alles in allem scheinen die Zeitgenossen eine genaue Vorstellung davon gehabt zu haben, wie den aktuellen Fragen und Problemen in der Reichspolitik ordentlich und effektiv zu begegnen sei. Das Verfahren zur Meinungs- und Entscheidungsfindung lässt eine gewissen Routine der Beteiligten vermuten, wenngleich die Organisation allein natürlich keine Garantie für zügige und umfassende Lösung der reichspolitischen Fragen sein konnte. Der Kontrast zu dem, was die moderne Forschung zur Reichspolitik des 14. Jahrhunderts sagen kann und dem regelrecht institutionalisierten Ablauf des Wormser Reichstags von 1545 kann größer kaum sein. Und angesichts dessen ist es offenkundig, dass weder das Politikverständnis noch die Politikfähigkeit der Zeitgenossen oder auch nur das Interesse am Reich quasi vom Himmel gefallen sein können. Vielmehr handelt es sich um Ergebnisse eines Reifeprozesses. Wann und wo – sozial und lokal – dieser Prozess seinen Anfang genommen hat, ist der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit.

Universität: Justus-Liebig-Universität Giessen
Fachgebiet: Geschichte
Fachbereich: FB 04 Geschichts- und Kulturwissenschaften
Institut: Deutsche Landesgeschichte
DDC-Sachgruppe: Geschichte Deutschlands
Dokumentart: Dissertation
Sprache: deutsch
Tag der mündlichen Prüfung: 28.06.2004
Erstellungsjahr: 2004
Publikationsdatum: 28.06.2006
Zugriffsrechte: Open Access


Das ist das, was in einer OASE-, OPUS-Metasuche oder OAIster-Suche gefunden werden kann. Es wurden hier keine Schlagworte vergeben (auch bei der DDB und den Verbundkatalogen sieht es nicht besser aus). Als Abstract wurde einfach nur der erste Abschnitt der Einleitung gewählt.

Es ist absolut nicht akzeptabel, dass die Bibliothek nicht Sorge dafür trägt, dass angemessene Metadaten vorhanden sind. Nach Lektüre der Zusammenfassung weiss man nur vage, dass es offenbar um das deutsche 14. Jahrhundert geht. Es geht eben nicht um den Reichstag von 1545, dieser wird lediglich als "Einstieg" benützt. Die Zusammenfassung kann also mieser nicht sein.

Ohne Zuhilfenahme einer Volltextsuche wird man nie erraten, dass Rudolf Losse, Karl IV. und sein Sohn Wenzel im Mittelpunkt der Arbeit stehen. Es ist den Dokumentenservern dringend anzuraten, das Inhaltsverzeichnis der Arbeit den Metadaten beizufügen (und als Enriched Content auch im OPAC verfügbar zu machen.)

Hier das Inhaltsverzeichnis:

Einleitung
1. Fragestellung und Forschungsstand S. 2
2. Definitionen und Abgrenzungen S. 13
3. Quellen und Methode S. 19
Hauptteil
A. Ludwig IV.
1. Die Themen der Zeit: Konfliktskizzen S. 22
2. Einblick in eine Karriere: Der Rat und Diplomat, Sammler und Autor
Rudolf Losse S. 26
3. Rudolf Losse und seine „Kollegen“ S. 31
4. Nova Alamanniae: Der Nachlaß Rudolf Losses S. 49
5. Politische Diskurse im Spiegel der Nova Alamanniae
5.1 Ludwig IV. und die Kurie S. 65
5.2 Der Streit um das Mainzer Erzbistum S. 80
5.3 Die Rechte des Reichs S. 99
6. Zusammenfassung S. 105
7. Exkurs: Überlegungen zum zeitgenössischen Kommunikationsverhalten S. 111
B. Karl IV.
1. Die Themen der Zeit oder die Ruhe nach dem Sturm:
Das Schweigen der Gelehrten S. 121
2. Karl IV. und die Päpste S. 137
3. Die „Bistumspolitik“ Karls IV. S. 150
4. Politische Diskurse im Spiegel ausgewählter Quellen
4.1 Bis an die Grenze: Streit um das Bistum Cambrai S. 160
4.2 Des Widerspenstigen Zähmung: Karl IV. und Rudolf IV. („der Stifter“) S. 174
5. Zusammenfassung S. 189
C. Wenzel
1. Die Themen der Zeit: Konfliktskizzen S. 191
2. Politische Diskurse im Spiegel der Deutsche Reichstagsakten:
2.1 Die Reise Wenzels IV. nach Frankreich 1397/98 S. 198
2.2 Die Absetzung Wenzels IV. und die Wahl Ruprechts von der Pfalz S. 205
Fazit S. 211
Anhang
1. Abkürzungsverzeichnis S. 216
2. Quellenverzeichnis S. 218
3. Literaturverzeichnis S. 225

Wenn ich bei Google nach "Rudolf Losse" suche, finde ich das PDF der Arbeit auf Platz 57 - die meisten Studenten und Wissenschaftler werden da bereits aufgegeben haben, die Liste zu sichten, zumal sie von diversen Bibliothekskatalogen usw. zugemüllt ist.

Suche

Und wer kommt auf die Idee, durch Hinzufügen von vgl die Trefferzahl entscheidend zu reduzieren?

Suche

Weder Scirus.com noch Bielefelds BASE finden die Arbeit, ebensowenig Google Scholar. Schlimmer noch: Auch bei Metager ist selbst bei der separaten Abfrage der Hochschulschriftenserver nichts zu finden.

E-Dissertationen sollten nun aber eigentlich gerade keinen Bestandteil des "deep web" bilden.

Ich werde sogleich einen winzigen Wikipedia-Artikel zu Rudolf Losse anlegen, der aufgrund seines erwartbaren Google-Rankings die unverzeihliche Schlamperei der Giessener Sacherschliesser teilweise ausbügelt. Aber eigentlich ist das nicht meine Aufgabe, sondern die GEB sollte ihren Job besser machen.

Ausverkauf der Tradition? Die Kulturpolitik der Regierung Oettinger; Moderation: Sabine Freudenberg; Gesprächsteilnehmer: Dr. Michael Hütt - Vorstand des Museumsverbandes Baden-Württemberg, Leiter der städtischen Museen Villingen Schwenningen; Prof. Hans-Georg Wehling - Politikwissenschaftler, Universität Tübingen; Bettina Wieselmann - Redakteurin der Südwestpresse
Thu, 16 Nov 2006 17:05:21 +0100
http://mp3.swr.de/swr2/forum/swr2_forum_20061116_kulturpolitik.6444m.mp3

Ausverkauf der Tradition?
Die Kulturpolitik der Regierung Oettinger

Es diskutieren:
Dr. Michael Hütt, Vorstand des Museumsverbandes Baden-Württemberg, Leiter der städtischen Museen Villingen Schwenningen;
Prof. Hans-Georg Wehling, Politikwissenschaftler, Universität Tübingen;
Bettina Wieselmann, Redakteurin der Südwestpresse;
Moderation: Sabine Freudenberg

"Allianz der Ignoranz", "Kulturbanausentum" und "Barbarei" - in den letzten Wochen hagelte es Kritik an der Kulturpolitik der Regierung Oettinger. Der Vorschlag, eine wertvolle Handschriftensammlung zu verkaufen, um einen Vergleich mit dem Adelshaus Baden zu finanzieren, stieß auf blankes Entsetzen in der Öffentlichkeit. Inzwischen werden aber auch Fragen laut, wie viel Kultur sich der Staat leisten kann und ob sich Museen nicht von einigen Beständen trennen sollten. Ministerpräsident Oettinger hatte zu Beginn seiner Amtszeit auf einem Kunstkongress in Karlsruhe die Kultur als Standortfaktor beschworen. Politik und Wirtschaft sehen heute Kunst und Kultur immer stärker unter ökonomischen Gesichtspunkten: Sponsoren sehen Kunst als Investment, Museumsnächte locken die Massen, Kultur als Event wird geschätzt. Eine neue Politikergeneration setzt auch in der Kulturpolitik neue Maßstäbe.

http://de.wikipedia.org/wiki/Handschriftenverk%C3%A4ufe_der_Badischen_Landesbibliothek

Wer den falsch geschriebenen Personennamen als erster korrigiert, bekommt von mir ein Fleißkärtchen.

Regional- und Heimatforscher haben hier die Möglichkeit eigene aktuelle Werke zur landeskundlichen Literatur zu veröffentlichen.

Etliche Beiträge sind bereits einsehbar unter:
http://www.ooegeschichte.at/Publikationsforum.65.0.html

Vorbildlich!

Von der ZLB als angebliche "Bauzeitschrift":

http://se6.kobv.de:8000/zlb/abfrage_collections.php?coll_id=79&la=de

Neben wichtigen bauhistorischen Beiträgen sind aber Studien zur allgemeinen Geschichte der Dynastie enthalten.

Beispiel: die Edition fürstlicher Frauenbriefe
http://se6.kobv.de:8000/zlb/volltexte/2006/259/

http://digilib.ub.uni-freiburg.de/document/256094985/

Die UB Freiburg hat einiges landeskundlich Wichtige in letzter Zeit digitalisiert, darunter Gerberts Werke, aber auch Mones Quellensammlung (bereits bei ALO www.literature.at auf mein Betreiben hin digitalisiert). Jede Seite ist mit einem dreisten Wasserzeichen-Stempel der UB Freiburg verunziert, die Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen ist nach wie vor Copyfraud. Einfach nur ätzend.

Aus einem Artikel von Hajo Schiff in der TAZ vom 15.11.2006
(Curriculum Vitae. Woher stammt ein Kunstwerk? Spektakuläre Bildrückgaben können der Provenienzforschung endlich die verdiente Aufmerksamkeit geben)
http://www.taz.de/pt/2006/11/15/a0190.1/text

(...) Das Problem betrifft freilich nicht nur große Bilder aus bekannten Schausammlungen, sondern auch tausendfach Bilder aus den Depots, es betrifft Zeichnungen, Kupferstiche sowie Objekte aus Kunstgewerbemuseen und ethnologischen Sammlungen. Und es geht nicht nur um Besitzwechsel zwischen 1933 und 1945. Auch die deutschen Fürstenhäuser haben überraschende, bis in die Weimarer Republik zurückreichende oder auf DDR-Unrecht bezogene Forderungen. Um all das aus dem nebulösen Agieren zwischen ökonomischem Begehren und verunsicherter Politik herauszuholen und die notwendige Klärung der Geschichte der Kunst herbeizuführen, gibt es eine ganze Wissenschaft, die viel zu wenig befragt wird: die Kunstgeschichte.

Nicht einmal für den geplanten Krisengipfel über weitere Rückgabeforderungen im Bundeskanzleramt wurde zur Kenntnis genommen, dass sich einige Museen seit längerem mit Provenienzforschung befassen. Doch so sinnvoll es ist, sich schon weit vor möglichen, manchmal zweifelhaften Forderungen von gewieften Anwälten mit der Herkunft und der Sammlungsgeschichte des eigenen Museumsbesitzes zu befassen, so wenig wird diese notwendige Hintergrundforschung unterstützt.

Acht Millionen Euro wollte die baden-württembergische Regierung dem badischen Fürstenhaus bezahlen für die "Markgrafentafel" des deutschen Malers Hans Baldung Grien - doch genaueres Studium der Unterlagen durch einen externen Historiker erbrachte Anfang November, dass diese definitiv seit 1930 bereits in öffentlichem Eigentum ist. Hektische Reaktionen auf Rückgabeverlangen sind aber keine vernünftige Methode, mit der komplizierten deutschen Geschichte umzugehen - und sie machen im Ausland einen schlechten Eindruck. Doch in eine kontinuierliche Klärung wird kaum investiert: Abgesehen von einigen begrenzten Forschungsvorhaben gibt es nur in Hamburg an der Kunsthalle seit 2000 eine Stelle zur Provenienzforschung. Für diesen Bereich ist Frau Dr. Ute Haug bundesweit die einzige regulär und unbefristet angestellte Forscherin. Das rentiert sich für die Hamburger Kunsthalle moralisch, wissenschaftlich und - wenn man so will - auch ökonomisch. Denn dort kommen jetzt deutlich weniger und besser begründete Rückgabeforderungen an.

Durch die jahrzehntelange Vernachlässigung von Forschungen zur Sammlungs-, Rezeptions- und Provenienzgeschichte haben die öffentlichen Sammlungen ja überhaupt erst ein Informationsvakuum geschaffen, in das geschickte Anwälte mit Forderungen vorstoßen können, meint Ute Haug. Dabei geht es ihr keineswegs darum, berechtigte Forderungen zurückzuweisen oder einen Schlussstrich zu ziehen. Auch wäre es falsch, institutionsgeschichtliche Forschung nur unter dem Aspekt der Rechtfertigung öffentlichen Besitzes zu sehen. Beschlagnahmtes Eigentum kann nicht als Gemeingut betrachtet werden: "Die Museen sind nicht die Eigentümer, nur die Verwalter ihrer Kunstwerke - und wir haben diese besondere historische Verantwortung", sagt Ute Haug.

Eigentlich sind diese Forschungen eine normale kunsthistorische Arbeit an jedem einzelnen Kunstwerk. Die Herkunft aus bestimmten Sammlungen und die Berührung mit bestimmten Familienbiografien allein reicht für eine allseitig akzeptable wissenschaftliche Klärung nicht aus. Notwendig ist die Forschungsarbeit in Archiven und Literatur, Verfolgung der Rezeptionsgeschichte durch Kunsthandel, Kunstraub und Sammeltätigkeit, und das möglichst zurück bis zur Entstehung des Kunstwerks, dazu kommt noch die juristische Prüfung.

Wie das funktioniert, zeigt der Fall des Rückgabeverlangens betreffs Max Liebermanns "Der Chirurg Ferdinand Sauerbruch" (...)

Das von Oldenhage im Archivar 2005 referierte Urteil des VG Koblenz liegt auf Wikimedia Commons als PDF vor
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:VG_Koblenz_6_K_3821-03_Urteil_vom_17-06-04.pdf
und auf Wikisource als E-Text:
http://de.wikisource.org/wiki/Verwaltungsgericht_Koblenz_-_Benutzung_des_Bundesarchivs

Frühere Meldungen hier zur Sache unter:
http://archiv.twoday.net/stories/640691/
http://archiv.twoday.net/stories/2921441/

Kommentar:

das Urteil lässt sich nicht auf die problematische Begründung im Widerspruchsbescheid des Bundesarchivs ein, sondern hebt allein auf die Wirksamkeit der gemachten Auflage ab. Es hätte dem Kläger freigestanden, die Aufhebung der Auflage zu beantragen. Er habe sich aber bewusst darüber und das deutsche Gesetz hinweggesetzt.

Soweit das Gericht einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften annimmt, vermisst man eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem postmortalen Persönlichkeitsrecht, da hinsichtlich der Namen der in der Nazizeit umgebrachten Opfer kein über 50 Jahre nachwirkendes postmortales Persönlichkeitsrecht angenommen werden darf. Ebenso ist nicht schlüssig begründet, dass Rechte von Angehörigen zu wahren gewesen wären.

Die Veröffentlichung des Klägers stand als Veröffentlichung, die einen Beitrag zu einer die Öffentlichkeit bewegenden Frage leistete, unter dem Schutz der Meinungsfreiheit des Art. 5 GG. Die (schwachen) Persönlichkeitsrechte der überwiegend vor 1945 verstorbenen Opfer und ihrer Angehörigen hätten gegen das Grundrecht des Klägers abgewogen werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, ist das Urteil des VG Koblenz nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Das Bundesarchiv sah im Widerspruchsbescheid vom 15. Januar 2004 in der auf Diskette übergebenen Namensliste eine nach §§ 87a ff. leistungsschutzrechtlich geschützte Datenbank. Ob der Zusammenstellung tatsächlich eine "wesentliche Investition" zugrundeliegt, wäre zu prüfen. Ganz offensichtlich ist aber der Hinweis im Widerspruchsbescheid auf den Urheberrechtsschutz eine sachfremde Erwägung, denn das Bundesarchivgesetz behandelt die öffentlichrechtliche Nutzung des Archivguts des Bundesarchivs abschliessend und umfassend. Die Wahrung von Urheberrechten des Bundesarchivs gehört nicht zu den ihm gesetzlich zugewiesenen Aufgaben. Verwaltungsrechtliche Auflagen können ausschließlich zugunsten der öffentlichrechtlich vorgesehenen Aufgaben (z.B. Wahrung der Persönlichkeitsrechte) erfolgen.

http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/ovg/2b7_05.html

OVG Berlin, Urteil vom 22.06.2005 (OVG 2 B 7.05) zum Baugebührenrecht

Auszug:

b) Eine analoge Anwendung der für Beitragserhebungen geltenden Vorschriften, in denen sich eine Anknüpfung der Gebührenbemessung an die Vorteile findet (§§ 4, 8 Abs. 5 und 10 Abs. 3 GebBeitrG) durch sinngemäße Übernahme des darin geregelten Zwecks der Vorteilsabschöpfung auch für den Bereich der Verwaltungsgebühren kommt nicht in Betracht, denn es ist insoweit keine ausfüllungsbedürftige Lücke im Gesetz erkennbar. Vielmehr entspricht die Zuordnung der unterschiedlichen Gebührenzwecke zu den Verwaltungsgebühren einerseits und den Beiträgen andererseits dem Willen des Gesetzgebers. Dies zeigen die historischen Gesetzesmaterialien, auf die die Begründung zu § 8 Abs. 2 GebBeitrG Bezug nimmt (Abghs.-Drucks. 1957 Nr. 1131, S. 5). Darin heißt es, dass sich durch § 8 Abs. 2 GebBeitrG „keine grundsätzliche Änderung gegenüber dem bisherigen Recht (§§ 4, 6, 7 und 9 PrKAG)“ ergeben habe. „Bei den Verwaltungsgebühren sei das an sich selbstverständliche Kostendeckungsprinzip zu beachten“. Das Preußische Kommunalabgabengesetz vom 14. Juli 1893 (PrGBl. S. 152) - PrKAG -, auf das hier Bezug genommen wird, unterschied bereits zwischen Verwaltungsgebühren (§ 6 Abs. 2 PrKAG) und Beiträgen (§ 9 Abs. 1 PrKAG). Die Gebühren mussten so bemessen werden, dass „deren Aufkommen die Kosten des bezüglichen Verwaltungszweiges nicht übersteigt“ (§ 6 Abs. 3 PrKAG). Die „Beiträge (waren) nach den Vorteilen zu bemessen“ (§ 9 Abs. 1 Satz 2 PrKAG). Hieran änderte auch eine spätere Gesetzesänderung des PrKAG nichts (Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 26. August 1921, PrGS. S. 84), die lediglich zu einem Austausch des Wortes „müssen“ in § 6 Abs. 3 PrKAG (die Gebühren müssen so bemessen werden, dass deren Aufkommen die Kosten des bezüglichen Verwaltungszweiges nicht übersteigt) durch das Wort „sollen“ geführt hat, ohne dass dies einen auf den Gebührenzweck bezogenen Hintergrund hatte. Vielmehr sollte weiterhin eine erhebliche Überschreitung der Verwaltungskosten ausgeschlossen bleiben (vgl. Nöll/Freund/Surén, PrKAG, 9. Aufl. 1931, Art. 6 Nr. 3, S. 489, Fußn. 3b), S. 52).

c) Die Formulierung in § 8 Abs. 2 GebBeitrG, wonach die Verwaltungsgebühren „unter Berücksichtigung“ der Kosten des Verwaltungszweiges festzusetzen sind, kann schon aus verfassungsrechtlichen Gründen keine hinreichende Ermächtigungsgrundlage für die Verfolgung weiterer Gebührenzwecke auf Rechtsverordnungsebene sein.

aa) Hiergegen spricht unter dem Gesichtspunkt des Ermächtigungsvorbehalts (Art. 80 Abs.1 Satz 1 GG), dass der Gesetzgeber bei der Delegation der Befugnis zur Regelung eines Sachbereichs mit intensiven Grundrechtseingriffen verbindliche gesetzliche Vorgaben treffen muss und sich nicht seiner Regelungsverantwortung entäußern darf, indem er einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen der Kompetenzen nach Tendenz und Programm näher umrissen zu haben (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2004, NJW 2005, 45, 47; Beschluss vom 20. Oktober 1981, BVerfGE 58, 257, 277). Immerhin ist die Festlegung des Gebührenzwecks - wie der vorliegende Fall zeigt - ein wesentlicher Bestimmungsfaktor für die Höhe der Gebühr. Greift eine Gebührenregelung - wie die Vorteilsabschöpfung auf Rechtsverordnungsebene - erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, müssen erhöhte Anforderungen an den Bestimmtheitsgrad der Ermächtigung gestellt werden, denn die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981, a.a.O., S. 278).

bb) Darüber hinaus sind in den Fällen, in denen mit der Gebührenerhebung vom Verordnungsgeber unterschiedliche Zwecke - wie die der Kostendeckung und die der Vorteilsabschöpfung - verfolgt werden sollen, differenzierte gesetzliche Vorgaben hinsichtlich des Gebührenzwecks in der Ermächtigungsgrundlage unter dem Gesichtspunkt der hinreichenden Bestimmtheit (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) zum Schutze des Gebührenschuldners unverzichtbar, denn eine hinreichende Klarheit darüber, welche Zwecke in die Bemessung der Gebührenhöhe einfließen, ist auch eine notwendige Voraussetzung dafür, dass mehrere Gebührenregelungen innerhalb der Rechtsordnung so aufeinander abgestimmt werden können, dass die Gebührenschuldner nicht durch unterschiedliche Gebühren mehrfach zur Abschöpfung desselben Vorteils einer Leistung herangezogen werden (vgl. BVerfG, Urteil vom 19. März 2003, BVerfGE 108, 1, 20 = NVwZ 2003, 715, 717).

cc) Die daraus folgende Forderung nach einer vollständigen Nennung aller Gebührenzwecke durch den Gesetzgeber in der Ermächtigungsgrundlage für die Gebührenordnungen ist auch unter dem Blickwinkel der neben der bestehenden Regelung für die inhaltliche Ausgestaltung gesetzlicher Ermächtigungsvorschriften (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) für den Bereich der autonomen Satzungsgebung sowie der besonderen Gewaltverhältnisse entwickelten Wesentlichkeitstheorie gerechtfertigt und stellt keine Überdehnung der verfassungsrechtlichen Anforderungen dar. Danach hat der Gesetzgeber die wesentlichen Fragen der jeweiligen Materie selbst zu regeln und darf sie nicht einfach dem ermächtigten Selbstverwaltungs- oder Exekutivorgan überlassen und sich dadurch der Regelungsverantwortung entziehen, ohne die Regelung nach Tendenz und Programm näher einzugrenzen. Ob und inwieweit dies Regelungen des parlamentarischen Gesetzgebers erfordert, richtet sich nach der Intensität mit der die Grundrechte des Regelungsadressaten durch die jeweiligen Maßnahmen betroffen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981, BVerfGE 58, 257, 268 sowie weitere Nachweise hierzu bei Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand: Februar 2005, Art. 20, Kap. VI Rdnr. 85). Eine solche Grundrechtsrelevanz ist bei der regelungstechnischen Einfügung des Gebührenzwecks der Vorteilsabschöpfung in die Tarifstelle 2034 c) Nr. 1 und 3 des Gebührenverzeichnisses mit einer derart gebührenerhöhenden Wirkung wie im vorliegenden Fall, die schon aus kompetenzrechtlichen Gründen einer besonderen gesetzlichen Legitimation zur Abgrenzung im Verhältnis zur Steuer bedarf, ohne weiteres zu bejahen, so dass die Gefahr der „Vergesetzlichung“ aufgrund eines umfassend verstandenen Parlamentsvorbehalts (Gewaltenmonismus, vgl. hierzu BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998, NJW 1998, 2515, 2520 zur Rechtschreibreform m.w.N. sowie Beschluss vom 11. Dezember 2000, NVwZ-RR 2001, 311,313 zum Schulrecht) hier nicht gegeben ist.

http://www.digizeitschriften.de/index.php?id=loader&tx_jkDigiTools_pi1[IDDOC]=7500

G.K.: Die Misère der Wiener öffentlichen Bibliotheken und die Frage, ob die Hofbibliothek ein Staatsinstitut ist, in: Neuer Anzeiger für Bibliotheskwissenschaft 1874, vor allem 374ff.

Das Eigentum des Monarchen an den Sammlungen beruhe mehr auf staatsrechtlicher als auf privatrechtlicher Grunbdlage.

Schon einige Tage alt ist das Resümee von Christoph Bühler:
http://buehler-hd.de/landeskunde/rhein/baden/kulturgueterstreit1.pdf

In der FAZ vom 13.11.2006 S. 18 macht eine pensionierte Archivarin auf die Kompetenz der Archive aufmerksam.


Zu "Stuttgart nimmt Aktenfund ernst" (F.A.Z. vom 3. November): Als Archivar im Ruhestand fragt man sich: Warum haben mehrere juristische Gutachter zur Feststellung der Rechte des ehemals regierenden Hauses Baden und des Landes Baden-Württemberg an Karlsruher Bibliotheks- und Museumsgut von hohem kulturellen Rang intensiv staatliche Archive benutzt, die Landesregierung beziehungsweise das Wissenschaftsministerium jedoch offenbar nicht? Über dem Bestreben, im Zuge der allgemeinen Verwaltungsreform ein "Landesarchiv Baden-Württemberg" heranzuzaubern und unter diesem gemeinsamen Hut sowohl die Stuttgarter Landesarchivdirektion als auch die traditionellen Zentralarchive Württembergs und Badens, die jüngeren Regionalarchive für die einzelnen Regierungsbezirke und weitere staatliche Archive zu versammeln, hatte man in Stuttgart wohl den Wert der Archive für den Staat aus den Augen verloren. Sie haben ja nicht nur die Aufgabe, Geschichtsbewußtsein zu vermitteln oder Jubiläen und Gedenktage des Landes mit Archivalienausstellungen zu schmücken. Ihre Kernaufgabe ist Sicherung und Bereithaltung derjenigen Urkunden und Akten, aus denen Regierungen und Behörden auf Dauer die für sie maßgeblichen Rechtsverhältnisse ersehen können und müssen.

Im Rahmen der Benutzungsordnung haben Archive staatlichen Stellen Akteneinsicht zu gewähren oder ihnen auf dem Wege der Amtshilfe Auskünfte zu erteilen, was bis zur Erstellung von Gutachten gehen kann. Aufgrund ständigen Umgangs mit dem Archivgut haben Archivare solide Akten- und Beständekenntnis, von der - soweit ihre Beratungskompetenz in Anspruch genommen wird - auch Forscher für ihre Spezialgebiete profitieren. Hat "Stuttgart" Archive und Archivare nicht rechtzeitig ernst genug genommen? Man mag kaum glauben, daß die Hauptaufgabe der Archive etwa im Wissenschaftsministerium, wo zwar die einst mit dem Archivwesen befaßte Abteilung zusammenschrumpfte zu einem dem Bibliothekswesen assoziierten Referat, übersehen wurde. Jedenfalls ist wohl im Vorfeld parteiinterner Überlegungen und der Kabinettsberatungen etwas gründlich schiefgegangen. Ergebnis: eine an sich vermeidbare Blamage für die Markgrafen von Baden und die Landesregierung, die in Gefahr ist, staatliches Eigentum ein zweites Mal zu erwerben. Peinlich der Eindruck, daß an eminent wichtigen staatlichen Institutionen eisern gespart wird (falls man sie nicht noch fleddert), gegenüber Privatpersonen aber die Großzügigkeit ungebremst scheint.

Ich fand bisher unerwähnt, daß Schloß Salem wohl besser zu halten gewesen wäre, hätte sich nicht der Eigentümer seinerzeit mit dem Internat überworfen, so daß es teilweise in Neubauten umzog. Das schmälerte Einnahmen, und auf die Spendenfreudigkeit dieser Schülergeneration und ihrer Verwandten wird kaum zu hoffen sein. Daran trifft das Land kein Verschulden. Wie wird das Ganze nun ausgehen? Bereits 1919 soll es, wie jüngst in Zeitungen zu lesen war, Beamtennachlässigkeit und nicht der politische Wille der badischen Regierung gewesen sein, bei der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Baden manches unklar zu lassen. Beamte sind bekanntlich bewährte Blitzableiter . . . Oder wird politische Verantwortung für den Eklat übernommen, der dem öffentlichen Ansehen des Landes abträglich ist?

Eva Gießler, Oberarchivrätin i. R.,
Gundelfingen

Zu unseren Beiträgen
http://archiv.twoday.net/stories/692500/
http://archiv.twoday.net/stories/1808038/
ist Neues aus dem Online-Portal Jungborn Büdingen zu vermelden:

http://jungborn-buedingen.de/article2051.html

Vorauszuschicken ist:

- Es handelt sich nicht einfach um „das“ Ysenburger Archiv in Büdingen, sondern um ein (abgesehen von einigen älteren Urkunden) seit der spätmittelalterlichen Zeit aus mehreren Quellen zusammengekommenes riesiges Schriftgut-Agglomerat mit mehreren Aufbewahrungsorten.


- Es gibt auch nicht mehr „den“ Fürsten oder „das“ Fürstliche Haus zu Ysenburg und Büdingen, sondern eine verschachtelte Aufsplittung in Eigentum mehrerer Personen, GbRs und GmbHs.

- Es handelt sich nicht um Unterlagen einer Familie und deren Besitz. Es handelt sich vorwiegend um Akten aus ehemaligem staatlichem Handeln, die in Folge der auf dem Wiener Kongress festgesetzten Restregierungsrechte für ehemals reichsständische Häuser nicht abgegeben werden mussten. Seit dem Ende der Monarchie und der Auflösung der Fideikommisse unterliegen sie staatlicher Kontrolle.

Diese wird seit der letzten in der Sache ergangenen gesetzlichen Bestimmung ausgeübt vom Fideikommissgericht für Hessen in Kassel. Nach der Durchführungsverordnung ist das jeweils regional zuständige Hessische Staatsarchiv (im Falle von Ysenburg und Büdingen = Staatsarchiv Darmstadt) vor Sicherungsmaßnahmen zu hören und ihm die Aufsicht zu übertragen.

- Es handelt sich bei dem Ysenburg und Büdingischen Archivgut um das historische Patrimonium von etwa 60 Ortschaften, deren ältere Überlieferung fast ausschließlich hier zu finden ist.

[...]

Nach Erlöschen der Meerholzer Speziallinie im Jahre 1929 ging deren Archiv noch nach Fideikommissrecht an die Büdinger Speziallinie. Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde dieses Archiv nach Büdingen verbracht (das Schloss ist längst verkauft). 1941 erbte die Wächtersbacher Linie den Besitz der Büdinger Linie. Wegen eines Schlossbrandes wurde ihr Wächtersbacher Archiv sehr bald ebenfalls nach Büdingen verbracht (das Wächtersbacher Schloss ist inzwischen auch verkauft). Seither befindet sich sämtliches Archivgut der Ysenburg und Büdingen wieder in Büdingen.

Bei Auflösung des Büdinger Fideikommisses 1931 wurde das Eigentum „an den Bestandteilen des im Schloß zu Büdingen untergebrachten "Gesamtarchivs", soweit sie bisher den beteiligten Hausvermögen zugehörten" auf die „Versorgungsstiftung Isenburg-Büdingen“ übertragen. Die Stiftung unterliegt staatlicher Aufsicht. Sie hat die Verpflichtung, das Archiv zugänglich zu halten. Die Familien Isenburg bzw. Ysenburg und Büdingen sind nur noch insofern beteiligt, als sie je eines von drei Vorstandsmitgliedern stellen. Weitere Stiftungen wurden nicht eingerichtet.

Über die sonstigen Rechtsverhältnisse und ihre Regelungen bei Auflösung der Fideikommisse liegen keine Informationen vor. Es ist möglich, dass das gesamte Archivgut 1990 auf die „Kulturgut Fürst zu Ysenburg und Büdingen GbR“ übertragen wurde. Im "Gesamtverzeichnis national wertvollen Kulturgutes" wird, nie widersprochen, von einem einzigen Ysenburgischen Archiv in Büdingen ausgegangen.

Von den Beständen des Büdinger Gesamtarchivs gibt es ein mehrbändiges Inventar. Die Bestände des Wächtersbacher Archivs wurden auf Karteikarten erfasst. Über die Inventare des Meerholzer Archivs liegen keine Informationen vor. Dem Staatsarchiv wurden Kopien der Akteninventare bisher nicht überlassen.

2. Jetzige Verhältnisse

Ysenburg und Büdingisches Archivgut findet sich heute zerstreut über drei Gebäude: das sogenannte Brauhaus in der Nähe des Schlosses, das sogenannte Bandhaus hinter dem Schlosskomplex an der Stadtmauer und ein zeitweilig von der Stadt Büdingen benutztes Gebäude (Schlossgasse 8) vor dem Schloss in entgegengesetzter Richtung an der Stadtmauer. Nach seinerzeit publizierten Angaben des letzten Ysenburg und Büdingschen Archivars handelt es sich um 1,5 Kilometer Akten, von denen ein Drittel im Bandhaus liege. Über die Verteilung der mindestens vier Bestände auf die drei Gebäude liegen nur vage Angaben vor.

Die Stiftung verfügt zurzeit über keinerlei laufende Mittel. Sie hatte gegenüber dem Eigentümer des Vermögens Ysenburg und Büdingen in Büdingen einen schuldrechtlichen Anspruch auf Stellung der erforderlichen Mittel. Dieser Anspruch ist aber spätestens mit dem Erbschaftskonkurs von Otto Friedrich Fürst zu Ysenburg und Büdingen erloschen. Der Anspruch war laut Stiftungssatzung grundbuchlich gesichert. Indes hat sich im Insolvenzgutachten der Forstbetrieb Fürst zu Ysenburg und Büdingen GbR kein Hinweis hierauf gefunden. Sonstige Rechtsverhältnisse sind unbekannt.

Das Brauhaus (und vermutlich auch Schlossgasse 8) gehören Casimir Alexander Fürst zu Ysenburg und Büdingen, dem auch das Schloss gehört. Das Bandhaus gehört vermutlich der Kameralvermögen Fürst zu Ysenburg und Büdingen GbR. Beide haben keine rechtliche Verpflichtung, das Archiv unterzubringen. Das Brauhaus ist nach Presseberichten zurzeit zusammen mit dem gesamten Schlosskomplex Gegenstand eines Zwangsversteigerungsverfahrens. Das Bandhaus wird seit längerer Zeit zusammen mit der daneben gelegenen Rentkammer zum Verkauf angeboten.

Das Bandhaus ist in desolatem Zustand. und liegt an isolierter Stelle. Das Brauhaus ist nach erhaltenen Informationen ebenfalls nicht hinreichend sicher. Von einer Gebäudeaufsicht ist nichts bekannt. Einen Archivar gibt es seit Jahren nicht mehr. So lange ist es trotz Anfragen beim Vorsitzenden der Stiftung Wolfgang Ernst Fürst zu Ysenburg und Büdingen auch nicht mehr möglich, das Archiv zu benutzen.

3. Was steht an?

1. Bestandsaufnahme aller Bestände, Übergabe von Kopien des alten Inventars des Gesamtarchivs und der Inventare des seinerzeit in den Schlössern Wächtersbach und Meerholz sowie sonst in Büdingen aufbewahrten Archivgutes an das zuständige Staatsarchiv. So kann auch sichergestellt werden, dass Archivgut nicht veräußert wird.

2. Feststellung der Eigentumsverhältnisse am gesamten Archivgut

3. Klärung der fideikommissrechtlichen Situation

4. Klärung des zukünftigen Aufbewahrungsortes (wohin das Archivgut nach dem Ausfallen der beiden jetzt benutzten Gebäude verbracht wird)

5. Sicherstellung der sachgerechten Lagerung sowie der Nutzung durch Interessierte

Ausreichende Handhabe bieten die §§ 14 und 15 der Stiftungssatzung und § 6 des Fideikommissgesetzes von 1938. Zurzeit ist das Ysenburger Archivgut gefährdet und nicht zugänglich.
Christian Vogel

Markus Feldbach
Segmentierung und Strukturbasierte Adaptive Erkennung von Gebrauchsschrift in Historischen Dokumenten
Segmentation and Structure-Based Adaptive Recognition of Handwriting in Historical Documents
Thesis
Filetyp: PDF (.pdf)
Size: 4816 Kb

Schlüsselwörter:

Handschrifterkennung, Wortsegmentierung, strukturelle Ziffernerkennung, strukturelle Worterkennung, Anpassung, Anpassbarkeit, historische Dokumente, Kirchenbücher, robuste Worterkennung
Sachgruppe der DNB
28 Informatik, Datenverarbeitung
Doctoral Dissertation accepted by: Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg , The Faculty of Computer Science, 2006-02-09

Abstract

Sollen Informationen aus historischen Aufzeichnungen mit Hilfe von Computern gewonnen werden, ist ein geeignetes Verfahren zur Schrifterkennung notwendig. Die Besonderheiten alter Dokumente ergeben sich aus den Umständen ihrer Entstehung. So ist das Papier häufig vergilbt und beispielsweise durch Stockflecke verunreinigt. Eine enge Schreibweise führt zu Störungen benachbarter Worte und Zeilen. Das Trainieren eines Erkenners ist schwierig, da dafür ein größerer Datensatz erforderlich ist, der aus den vorliegenden Dokumenten nicht oder nur sehr schwer gewonnen werden kann. Die Anpassung des Systems auf einen neuen Schreiber muss ohne Training erfolgen.

Es wird ein System vorgestellt, das auf der Basis digitalisierter Seiten von Kirchenbüchern die Zeilen segmentiert, Hypothesen über die Grenzen von Ziffern und Worten eines ausgewählten Bereiches erstellt und diese Objekte erkennt. Da hierbei ein struktureller Ansatz zur Anwendung kommt, ist ein Training nicht erforderlich. Eine Anpassung auf eine Schrift kann automatisch oder manuell erfolgen. Die Robustheit des Verfahrens sowie die Möglichkeiten der Anpassung wurden anhand der Datumsangaben in Kirchenbüchern des 18. und 19. Jahrhunderts getestet.

URL of Theses: http://diglib.uni-magdeburg.de/Dissertationen/2006/marfeldbach.pdf

http://www.db-thueringen.de

Es folgen alle bis zum Jahr 1800 erschienenen Drucke

Beschreibung und Abbildung einer durch Wasser getriebenen Siede- oder Häcksel-Mühle, und eines zum Umackern des Getreides erfundenen sechs- und vier-scharigen Pfluges : Nebst 2 Kupfer-Tafeln
/ Krünitz, Johann Georg. - [Elektronische Ressource]. - Berlin : Pauli, 1793

Grundlehren der Hydraulik oder desjenigen Theiles der Mechanik welcher von der Bewegung und dem Widerstande flüssiger Materien handelt
/ Bürja, Abel. - [Elektronische Ressource]. - Berlin : Lagarde, 1792

Grundlehren der Dynamik oder desjenigen Theiles der Mechanik welcher von den festen Körpern im Zustande der Bewegung handelt
/ Bürja, Abel. - [Elektronische Ressource]. - Berlin : Lagarde, 1791

Grundlehren der Statik oder desjenigen Theiles der Mechanik welcher vom Gleichgewichte bei festen Körpern und Maschinen handelt
/ Bürja, Abel. - [Elektronische Ressource]. - Berlin [u.a.] : Lagarde und Friedrich, 1789

Anleitung zur Mechanik, oder Bewegungskunst : Zum Gebrauche der deutschen Schulen in den kaiserl. königl. Staaten
/ Walcher, Joseph. - [Elektronische Ressource]. - Wien : Schulanst., 1777

Einleitung zu der Architectura Hydraulica. Oder Gründlicher Unterricht, was man in dieser Wissenschaft von Brunnenkünsten sowohl bey Aufzeichnung der Wasser- und Kamm-Räder, Kurbeln, Kolben, Ventilen, als auch bey Zusammensetzung der Stiefel- oder Kolben-Röhren, Wasserleitungen und Austheilung des Wassers zu wissen nöthig hat : Nebst einer Anleitung zu den nöthigsten Berechnungen, welche man bey Anlegung einer Wasser-Maschine wissen muß
/ Voch, Lucas. - [Elektronische Ressource]. - Augsburg : Lotter, 1769

Schlüssel zur Mechanica/ Das ist: Gründliche Beschreibung der Vier HauptInstrumenten der Machination, als deß Hebels, Getriebs, Schrauben, Kloben : In einem Gespräch, zwischen einem Ingenier und Mechanico, verfasset, und mit 137. Figuren vorgestellet
/ Jungenickel, Andreas. - [Elektronische Ressource]. - Nürnberg : Fürst, [1661]

Schatzkammer/ Mechanischer Künste/ des hoch- und weitberühmten Capitains/ Herrn Augustini de Ramellis, de Masanzana ... Darinnen viel unterschiedene Wunderbahre/ Kunstreiche Machinae zubefinden/ so man zu Friedens und Kriegeßzeiten/ in- und ausserhalb Vestungen/ Auch sonsten hochnützlichen und wol gebrauchen kan. Erstlichtn von gemeltem Authore, in Italienischer und Frantzösischer Sprach/ Benebenst den Visirungen in Druck gegeben. Jetzo aber auff gutachten vornehmer Ingegnieurs, mit besonderem fleiß ins Deutsche versetzet/ und mit zugehörigen Kupfferstücken zum druck befördert
/ Ramelli, Augustinus de . - [Elektronische Ressource]. - Leipzig : Groß, 1620

Von Bepstlicher heylickeit : Disses buchlin beschleust durch heylige schrifft/ das Bepstliche heylickeit altzu viel yrrenn/ sundigen/ vnnd vnrecht thun kan. Wer das nit glaubt/ der ist ein boszer unchrist.
/ Bodenstein von Carolstat, Andres. - [Elektronische Ressource]. - Wittenberg : [Lotter], 1520

Eyn Sermon von dem Wucher
/ Luther, Martin. - [Elektronische Ressource]. - Wittenberg : [Rhau-Grunenberg], 1519

Gefunden über GBV Online Ressourcen

In seinem Interview hat Prof. Mußgnug
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/10/dlf_200611101411.mp3
davon gesprochen, man müsse genau prüfen, ob die Türkenbeute noch Eigentum des Hauses Baden sei und diese gegebenenfalls in die Liste national wertvollen Kulturgutes eintragen. Diese könne dann nur im Inland versteigert werden.

Kommentar:

1. Zum Status der Türkenbeute

Die Türkenbeute mag nach dem frühneuzeitlichen Beuterecht in das Privateigentum des Feldherrn gewandert sein. Indem sie nach den badischen Hausgesetzen im 19. Jahrhundert Bestandteil des Hausfideikommisses wurde, den ich als Kronfideikommiss bestimmt habe, unterliegt sie dessen öffentlichrechtlicher Widmung und fiel 1918 an das Land. Daran ändert nichts, dass das Land in der Folgezeit den Anspruch des Hauses Baden auf diesen Bestand anerkannt hat.

Mußgnug hat anderweitig angezweifelt, dass die Zähringer Stiftung wirksam zu ihrem Vermögen gekommen sei. Ich teile diese Skepsis nicht. Wenn die Türkenbeute dem haus Baden gehörte, dann gehört sie heute der Zähringer Stiftung. Wenn sie der Zähringer Stiftung nicht gehört, hat diese einen nicht verjährten Amtshaftungsanspruch gegenüber dem Land, da die Stiftungsaufsicht versagt hat.

2. Zum Schutz von Sachgesamtheiten durch das Gesetz zum Schutz national wertvollen Kulturguts gegen Abwanderung

Ich teile nicht die Ansicht, dass es im Sinne des Gesetzes sei, die Türkenbeute im Inland einzeln zu versteigern. Zwar macht das Gesetz keine Erhaltungsauflagen und es ist ohne weiteres möglich, die Sachgesamtheit als Ganzes im Inland zu veräußern, aber der Schutzzweck kann nicht erreicht werden, wenn nach der Autkion einige hundert Einzeleigentümer beaufsichtigt werden müssen. Durch den Einzelverkauf geht die Sachgesamtheit unter, sie ist - sofern nicht Einzelstücke in die Liste aufzunehmen sind (oder bereits vor der Auktion eingetragen waren)- aus der Liste zu streichen.

Mit Ankündigung der Versteigerung unter der Auflage, dass nur inländische Interessenten bedient werden können, hat der Eigentümer den Standortwechsel mitzuteilen und die Löschung der Eintragung zu beantragen, da durch die Auktion die Sachgesamtheit zerstört wird und sich nach § 7 KGSchG die Umstände wesentlich geändert haben. Nur die Veräußerung ins Ausland unterliegt einem Genehmigungsvorbehalt - es besteht eine klare Regelungslücke, denn die Eintragung setzt die Existenz der Sachgesamtheit voraus.

Wenn Mußgnug trotzdem für die Eintragung plädiert dann deshalb, weil die Eintragung die Erfolgsaussichten bei einer Auktion extrem schmälert und die Eigentümer wirksam abgeschreckt werden.

Wenn das Haus Baden einen ausländischen Käufer der Türkenbeute aus dem Hut ziehen kann, wird es darauf ankommen wie man § 8 mit seinem Verweis auf die wirtschaftliche Notlage des Eigentümers verfassungskonform auslegt. Angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Privatnützigkeit des Eigentums im Denkmalschutzrecht, könnte die Formulierung bei Kleeberg/Eberl, Kulturgüter im Privatbesitz. 2. Auflage 2001 Rdnr. 318 wegweisend sein: Land und Bund haben die Türkenbeute zu einem für den Eigentümer zumutbaren Preis abzukaufen. Der Bundesgesetzgeber dachte ausdrücklich auch an die Gewinnung privater Sammler für den Ankauf (Hipp, wie unten S. 91).

3. Zum Schutz durch das Denkmalschutzgesetz

Als Sachgesamtheit von besonderer Bedeutung kann und muss die Türkenbeute ins Denkmalbuch des Landes Baden-Württemberg eingetragen werden. Es gibt eine ganze Reihe wesentlich weniger bedeutender Sachgesamtheiten (z.B. Ratsbibliothek Schwäbisch Hall), die ins Denkmalbuch eingetragen sind.

Diese Eintragung ist wesentlich wirksamer als die Eintragung in die nationale Liste. der Eigentümer muss die Sachgesamtheit als Ganzes erhalten und darf nicht Einzelstücke verkaufen. Es ist unverständlich, wieso Fachleute und Politiker bei beweglichen Kulturgütern nur an die nationale Liste denken, nicht aber an die wirksamen Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes!

Es leuchtet allerdings nicht ein, wieso die Zumutbarkeitsgrenze im Kulurgutschutzkontext anders gelagert sein soll als im Denkmalschutzrecht. Wenn in der Nichtgenehmigung des Einzelverkaufs bzw. in einem Verbringungsverbot ein ausgleichspflichtiger enteignender Eingriff liegt, wieso sollte dann die erheblich geringere Erfolgschance bei einer auf das Inland beschränkten Auktion nicht ebenso zu beurteilen sein?

4. Zum Schutz als Dauerleihgabe

Die Türkenbeute ist aufgrund Gewohnheitsrechts Dauerleihgabe (sofern sie tatsächlich dem Haus Baden gehört), die nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Es ist zu erwarten, dass ein Gericht angesichts der Tatsache, dass durch ein Versäumnis des Hauses Baden, den letzten Willen des letzten Großherzogs durch wirksame Übereignung zu respektieren, die Hürde des "wichtigen Grundes" sehr hoch ansetzen wird.

5. Zum Schutz als öffentliche Sache

Nach Hipp, Schutz von Kulturgütern in Deutschland, 2000, S. 364 hat Mußgnug der vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Entscheidung des OVG Münster zu öffentlichen Sachen im Verwaltungsgebrauch (Hamburger Stadtsiegel im Archiv) zugestimmt. Demnach steht die Widmung einer Sache ohne gesetzliche Grundlage einem privatrechtlichen Herausgabeanspruch nicht entgegen. Da das Hamburger Stadtsiegel zutreffenderweise als Sache im Anstaltsgebrauch zu betrachten war, stellt sich die Frage, ob nicht für Sachen im Anstaltsgebrauch genau das Gleiche gilt. Im Straßenrecht gibt die Widmung dem öffentlichen Sachherrn ein Besitzrecht im Sinne des § 986 BGB, das dem Herausgabeanspruch des Privateigentümers gemäß § 985 BGB entgegensteht (Hipp, S. 359).

6. Zum Vorkaufsrecht des Landes

Nach meiner Ansicht besteht das durch § 26 badisches Stammgüteraufhebungsgesetz begründete Vorkaufsrecht des Landes nach wie vor und ist auch auf die Türkenbeute anzuwenden.

Was es mit der Markgrafentafel und den beiden Cranach-Rundbildern auf sich hat (sie sind Eigentum des Landes Baden-Württemberg), haben wir dargelegt:

http://archiv.twoday.net/stories/2918302/

Bleibt von der Liste des Finanzministeriums noch ein Bild abzuarbeiten:

Kunsthalle Karlsruhe:
Baldung von Grien: Tafel "Markgraf Christoph I"
Ch. Amberger: der 45-jährige Ludwig V, Herzog von Bayern
L.Cranach d.Ä.: Johann der Beständige
L.Cranach d.Ä. Friedrich III der Weise

Quelle der Liste:
http://kultur.baden-wuerttemberg.de/pressemeldungen-detail/article/405/555/1d6a069e4d/

Dieter Mertens teilt mir freundlicherweise mit:

"der 45jährige Ludwig V. ist Koelitz Nr. 106. [...] Koelitz schreibt "Kopie nach Hans Mülich". Der einzige "Amberger" ("Art des Hans
Holbein d.J. oder des Christoph Amberger") der Kunsthalle
ist Nr. 69."

Nr. 69 (1915 ohne Sternchen) ist ein Ratsherr, einen Brief haltend (S. 40).

Nr. 106 trägt 1915 ebenfalls kein Sternchen, wohl aber 1920. (Offenbar hat man in der Ausgabe von 1915 nicht alle aus dem großherzoglichen Hausfideikommiss stammenden Kunstwerke mit einem Sternchen gekennzeichnet.) Dieses Stück ist eindeutig das Bild, das den 45jährigen Ludwig zeigt. Der Eintrag 1915 S. 48f. lautet:

"Kopie nach Hans Mülich (beeinflußt v. Albrecht Altdorfer in Regensburg, München 1516-1573). Der Bayernherzog Ludwig V. Nach r. schauend, langer Vollbart, Pelzschaube und verziertes Barett. Grauer Grund. Bez.: Ludovicus dux Bavariae aetatis suae 45 (45jährig) und dat. 1540. Tannenh., Brustbild 60/24. (Original im Hofmuseum zu Wien.)"

Ebenso wie die (nicht mit Sternchen versehenen) beiden Cranach-Rundbilder erscheint auch dieses Bild nicht in der Liste, die dem Vertrag von 1930 (Anhang zum entsprechenden Gesetz) beigegeben ist. Es ist also unzweideutig Landeseigentum, abgesehen davon, dass es als Kopie schwerlich große Summen auf dem Kunstmarkt einbringen würde.

Also auch hier hat die Landesregierung denkbar schlampig recherchiert!

Die Ordnungsziffer V bei Koelitz ist unrichtig, es handelt sich um Ludwig X. von Bayern (1495-1545):
http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_X._(Bayern)

Das Bild ist alter baden-durlachischer Sammlungsbesitz (Inventar des Markgräfler Hofs in Basen 1773 Nr. 43).

Die Zuschreibung an Amberger hat sich durchgesetzt, ohne gesichert zu sein. Früher wurden auch Bartel Beham und Hans Mülich/Mielich als mögliche Schöpfer des verlorenen Urbilds genannt.

Die Angaben bei Jan Lauts (siehe Kommentar), die mir telefonisch aus der Kunsthalle übermittelt wurden, sind hinsichtlich der Inventarnummern der weiteren Bilder des gleichen Typs zu korrigieren. Es scheint im Kunsthistorischen Museum Wien keine drei Bilder, sondern nur zwei (eines davon in Ambras, Nr. 6405) zu geben. Das früher an Linz ausgeliehene Werk befindet sich im Magazin als Nr. 876 und wird im "Katalog der Porträtsgalerie zur Geschichte Österreichs 1400-1800" (1976, ²1982) Nr. 203 als "Nach Christoph Amberger" mit Fragezeichen angesetzt.

Das Münchner Bild (seit 1935 in Landshut befindlich) wird dort (wie schon bei Lauts) mit der Nr. 2530 angeführt.

Außerdem gibt es ein Bild in Augsburg, und es soll ein Bild im Württembergischen Landesmuseum gegeben haben.

Die Bilder waren offenbar höfische Geschenk- oder Tauschobjekte, um die damals beliebten Porträtsgalerien anzureichern.

Ein ganz ähnliches Bild Ludwigs X. schuf Hans Wertinger

WertingerBild Ludwigs X. von Hans Wertinger

1531 stellte Barthel Beham den Herzog in seinem in der Liechtenstein'schen Sammlung in Wien befindlichen Bild in der gleichen Weise dar.

BehamBild Barthel Behams

Ohne QuelleBild Ludwigs ohne Quellenangabe

Ausverkauf der Tradition?
Die Kulturpolitik der Regierung Oettinger
http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/forum.xml

SWR2 Forum, Donnerstag, 16. November 2006, 17.05 Uhr (45 min.)
Wiederholung: Do, 22:15 und Fr, 11.05 in cont.ra (Web-Radio)

Es diskutieren:
Dr. Michael Hütt, Vorstand des Museumsverbandes Baden-Württemberg, Leiter der städtischen Museen Villingen Schwenningen;
Prof. Hans-Georg Wehling, Politikwissenschaftler, Universität Tübingen;
Bettina Wieselmann, Redakteurin der Südwestpresse;
Moderation: Sabine Freudenberg

"Allianz der Ignoranz", "Kulturbanausentum" und "Barbarei" - in den letzten Wochen hagelte es Kritik an der Kulturpolitik der Regierung Oettinger. Der Vorschlag, eine wertvolle Handschriftensammlung zu verkaufen, um einen Vergleich mit dem Adelshaus Baden zu finanzieren, stieß auf blankes Entsetzen in der Öffentlichkeit. Inzwischen werden aber auch Fragen laut, wie viel Kultur sich der Staat leisten kann und ob sich Museen nicht von einigen Beständen trennen sollten. Ministerpräsident Oettinger hatte zu Beginn seiner Amtszeit auf einem Kunstkongress in Karlsruhe die Kultur als Standortfaktor beschworen. Politik und Wirtschaft sehen heute Kunst und Kultur immer stärker unter ökonomischen Gesichtspunkten: Sponsoren sehen Kunst als Investment, Museumsnächte locken die Massen, Kultur als Event wird geschätzt. Eine neue Politikergeneration setzt auch in der Kulturpolitik neue Maßstäbe.

(Zuvor schon gesendet:)
Sonntag, 12. November 2006 (Wdh.)
cont.ra live (Web-Radio)

16.05 Uhr SWR2 Der Samstagabend aus dem Land
Baden-Württemberg

Adel verpflichtet - immer noch?
Schlösser und Burgen sind kaum noch zu finanzieren
Von Sabine Freudenberg u.a.

Das Haus Baden kann Schloss und Münster Salem nicht mehr erhalten. Die Kosten für den Unterhalt der denkmalwürdigen Anlage sind viel zu hoch.
Auch um andere Schlösser, Burgen und Kirchen sorgen sich die Denkmalschützer, der Staat seinerseits kann und will nicht einspringen - die Folgekosten sind auch ihm zu hoch. Die Ratlosigkeit ist groß, was mit dem kulturellen Erbe des Landes geschehen soll, wie es auf Dauer erhalten werden kann.
Die Briten haben den National Trust ins Leben gerufen, eine Lösung auch für den deutschen Südwesten, in dem es noch besonders viele große Gebäude im Privatbesitz gibt. Aber auch die Denkmalschützer müssen abwägen, was in Zukunft noch erhalten werden kann und soll - wie viel Schlösser und Burgen kann sich der Staat leisten?

An verschiedenen Beispielen untersucht die Sendung die Denkmal-Lage im Land und befragt Experten nach möglichen Auswegen aus dem Dilemma und spekuliert mit Augenzwinkern, wie es zu der grotesken Fehleinschätzung kommen konnte, wem die berühmten Gemälde aus der badischen Sammlung gehören.

From Peter Suber's Open Access News
http://www.earlham.edu/~peters/fos/2006_11_05_fosblogarchive.html#116318960519020369

If you remember, Google blocks access to Google-scanned public-domain books outside the US. Finally we have Google's explanation:

Only books in the public domain -- books no longer under copyright -- have the download feature available. For users in the United States, this typically means books published before 1923. For users outside the U.S., we make determinations based on appropriate local laws. Since whether a book is in the public domain can often be a tricky legal question, we err on the side of caution and display at most a few snippets until we have determined that the book has entered the public domain. These books...may be in the public domain, but until we can be sure, we show them as if they are not.

We're working quickly to digitize and index as many books as possible so we can make Google Book Search truly comprehensive and useful. One way to treat digitized books that may be in the public domain would be to exclude them from the index until we were sure. However, our goal is to make the index as useful as possible, and that means including books as soon as we can rather than waiting for a perfect determination of public domain status. So, some books may initially show up in "Snippet View" and then later, be expanded to "Full View."

Comment. In most countries on Earth the duration of copyrights is the same as in the US. So why isn't it easy for Google to provide access to all of those countries as soon as it decides to provide access to the US?

At least Google admits that these books "may be in the public domain" and that it's temporarily treating them "as if they are not". That is, it hasn't wrongly classified them, but only delayed classifying them. Still, in most cases, it's hard to understand why any delay is necessary.


We have in this weblogs the following entries (in English) on this topic:

http://archiv.twoday.net/stories/1073534/ (How Google Print is Blocking Not-US-Citizens, 2005, Oct 19)

http://archiv.twoday.net/stories/2609488/ (Burning Money: Google's Scanning Nonsense 2006, Sept 1)

http://archiv.twoday.net/stories/2643658 (Google and Michigan block access outside U.S., 2006, Sept 8)

Comment:

It is not right that in the most countries the copyright rules are the same as in the US. Unfortunately the pre-1923 rule is US-specific. Most countries have a 70 (or 50) years post mortem auctoris term (the EU has 70 years).

Arguing against Google (and UMich) is speaking with a wall. Until now the best solution for people outside the US is to install a US free proxy (I have choosen a separate browser, Firefox users can use SwitchProxy http://www.erweiterungen.de/detail/SwitchProxy_Tool/ ). Downloaded PD works can be put on free respositories like Wikimedia Commons:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:De_Wikisource_book

If UMich is unwillingly to change the rights management according the life data of the authors which are given in the UMich OPAC - why should Google do any work in this direction? Google Book Users are apparently accepting the restrictions. There is no broad discussion on this topic (nor a small, Peter Suber is the only I know who cares on it).

The explanation Google gives is not sufficient for the lot of pre-1800 works Google presents only as snippets. No one can believe that these books are still protected in any country in the world (Mexico has a 100 year pma term).

See e.g. for the date 1600-1650:
http://books.google.com/books?q=date%3A1600-1650&btnG=Search+Books&as_brr=0

Durch den Fall Karlsruhe wohl auf den Geschmack gekommen, hat das Haus Wettin Nachforderungen hinsichtlich eines 1999 abgeschlossenen Vergleichs erhoben. Es fordert erhebliche Teile der Porzellansammlung der Dresdener Kunstsammlungen.

http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1321716
Im Exklusiv-Gespräch mit der Morgenpost kündigte der Kunstsammlungs-Chef an: „Wir brauchen für die zunächst anstehende Überprüfung alles verfügbare Personal, müssen Anfang 2007 die Porzellansammlung für einen Monat schließen.“

Wo liegt die Ursache für das Dilemma? - Zunächst sind die Ansprüche der Wettiner durch bundesdeutsches Recht (Ausgleichsleistungsgesetz, 1994) gedeckt. Vorausgesetzt, sie können diese tatsächlich nachweisen.

Mit der Abgleichung dieser „Nachweise“ haben sich die Staatlichen Kunstsammlungen derzeit herumzuschlagen. „Wer nun aber glaubt, man brauche nur im Inventarverzeichnis zu blättern, um die Provenienzen der einzelnen Stücke zu erfahren, hat keine Ahnung von der Realität“, sagt Roth. Ein Inventarverzeichnis habe es für die Porzellansammlung zwischen 1779 und 1962 überhaupt nicht gegeben. Lediglich auf „Zugangsbücher“ der Jahrgänge von 1833 bis 1932 habe man zugreifen können. Auch Listen der 1945 aus den Schlössern der Wettiner beschlagnahmten Stücke sucht man vergeblich. „So stehen wir vor der Sysiphusarbeit, im Nachhinein einen Großteil der insgesamt 20 000 Porzellane bestimmen zu müssen“, sagt Martin Roth. [...] Im Falle der Rückgaben an die Wettiner sei er ohnehin „davon ausgegangen, dass die Sache mit dem umfassenden Vergleichsvertrag mit dem Freistaat Sachsen von 1999 erledigt war.“ Schließlich habe man sich damals auf eine „Gesamtliste“ von 18000 Stück geeinigt. Auch Roth kannte natürlich die „Öffnungsklausel“ dieses Vertrages, die den Wettinern Nachforderungen ermöglichte. „Das konnten aber doch nur einzelne Stücke sein und nicht ein Sechstel des Gesamtbestandes der Porzellansammlung“, sagt er.


Laut http://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/3737212.html sollen die Stücke auf die Liste national wertvollen Kulturgutes gesetzt werden, "um sie der Öffentlichkeit weiter zugänglich zu machen". Das kann aber mit der Eintragung eben juristisch gerade nicht erreicht werden. Das Haus Wettin kann die Stücke unzugänglich für alle Ewigkeit wegschließen (sofern es bereit ist, bei einem Erbfall die entsprechende Erbschaftssteuer ohne Abzug zu zahlen). Strittig ist, ob es kann die geschlossene Sammlung durch Einzelverkäufe im Inland auflösen kann. Der Schutzzweck hinsichtlich einer Gesamtheit kann nicht erreicht werden, wenn Einzelstücke nach Belieben im Inland verkauft werden dürfen.

Berichten zufolge werden am 18. Dezember beim Auktionshaus Christie's in London fünf wertvolle Porzellanplastiken versteigert, die die Kunstsammlungen bereits an die Wettiner zurückgegeben haben. Die wertvollste davon ist ein Löwenpaar, dessen Wert auf 4,5 bis 7,5 Millionen Euro geschätzt wird. Das Bildnis eines Fuchses mit einem Huhn soll für einen Preis von zwischen 300 000 und 450 000 Euro unter dem Hammer kommen, eine Vase für 15 000 bis 22 500 Euro. (ddp 7.11.)

Prinz Albert von Sachsen hat den Verkauf wertvoller Tierplastiken verteidigt. Man habe weder Platz noch Mittel für die Unterbringung und Pflege dieser Werke, sagte er der 'Dresdner Morgenpost'. Seine Familie lebe zur Miete, und die bedrückenden Lebensverhältnisse machten solche Einnahmen nun einmal notwendig. Außerdem habe das Land Sachsen keinerlei Interesse an einem Rückkauf der Plastiken gezeigt. Die Wettiner hatten die Figuren aus der Porzellansammlung Dresden erst kürzlich vom Freistaat zurückerhalten, da es sich um 1945 enteignetes Kunstgut handelte. Der Verkauf war von Experten kritisiert worden.
http://www.dradio.de/kulturnachrichten/20061110140000/drucken/
Das Interview im Wortlaut:
http://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1320555

Der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Martin Roth, hat das ehemalige sächsische Herrscherhaus Wettin in der Debatte um die Rückgabe enteigneter Porzellanobjekte scharf kritisiert. «Mir fällt es schwer zu begreifen, dass es Menschen gibt, die ihren persönlichen Reichtum vor das kulturelle Erbe stellen», sagte er der «Bild»-Zeitung (Mittwochausgabe). Weder der sächsische Kurfürst August der Starke noch andere Vorfahren hätten auch in schweren Krisen so gehandelt. [...] Roth sagte, die Rückgabe-Forderung sei ein «Schlag ins Gesicht von 2,2 Millionen Museums-Besuchern pro Jahr. »Die Schätze gehören uns allen gemeinsam", fügte er hinzu. (ddp, 8.11.).

Historischer Rückblick:

Zur Geschichte der Dresdener Sammlungen im Überblick:
http://dresden-und-sachsen.de/geschichte/bildende_kunst.htm

Auf der II. Dresdner Kunst- und Antiquitäten-Auktion im Jahr 1922 kamen auch Kunstwerke aus wettinischem Privateigentum unter den Hammer. Durch das am 10. Juli 1924 verabschiedete Gesetz über die Abfindung der Wettiner gingen Teile der Kunstsammlungen in wettinischen Privatbesitz über. [...]

Im Jahr 1996 fand man im Friedewald bei Moritzburg wertvolle Goldschmiedearbeiten und andere Wertgegenstände überwiegend aus dem Bestand der Hofsilberkammer, nicht wenige davon Hauptwerke der europäischen Goldschmiedekunst, die der wettinische Prinz Heinrich hier in den letzten Kriegswochen 1945 vergraben hatte. Das Kaufangebot des Freistaates Sachsen für die wiedergefundenen Kunstwerke lehnte das Haus Wettin als zu niedrig ab, die Versteigerung bei Sothebys im Jahr 1999 erbrachte dann aber einen noch geringeren Erlös.

Nach der Einigung zwischen dem Haus Wettin und dem Freistaat Sachsen im Jahr 1999 über die Rückgabe von Kulturgütern erhielten die Wettiner etwa 6.000 Kunstgegenstände zurück.


Den Schutz des Kulturguts durch die sächsische Verfassung 1831
http://archiv.twoday.net/stories/2911243/
hat man 1924 mit Füßen getreten.

Über den Vermögensstreit 1924 liest man
http://www.sz-online.de/nachrichten/pda.asp?aktion=ArtikelZeigen&ausgabe=320&id=1099396
Bereits 1919 war eine vorläufige Regelung zwischen dem neuen Freistaat Sachsen und dem vormaligen König getroffen worden. Nun galt es, Einzelheiten festzulegen. Leicht war es mit dem Staatseigentum wie dem Residenzschloss in Dresden – es verblieb selbstverständlich beim Staat. Ebenso einfach war es mit dem Privateigentum der Wettiner – es war zurückzugeben. Problematisch war die dritte Kategorie: der Kronfideikommiss, eine Art Familieneigentum; dazu gehörten so attraktive Dresdner „Objekte“ wie das Grüne Gewölbe und die Gemäldegalerien. Nach langwierigen Verhandlungen kam man zu einer alle Seiten zufrieden stellenden Regelung, die die SPD-Regierung allerdings nur mit Mühe durch den Landtag brachte.

Die Wettiner erhielten unter anderem Schloss Moritzburg nebst Domänen, 300 000 Goldmark für das aus Mitteln der Königlichen Zivilliste errichtete Schauspielhaus in Dresden und viele mobile Gegenstände, darunter wertvolle Kunstgegenstände. Diese Regelung zusammen mit dem, was sie noch privat besaßen (wie die Villen in Wachwitz und Hosterwitz) erlaubte es den Wettinern, ein „standesgemäßes Leben“ zu führen. An dieser Entwicklung hatte der juristische Berater des Königs, Justizrat Bernhard Eibes, großen Anteil.

Reiner Ruf sagt in der Stuttgarter Zeitung vom 11. November 2006 Danke, liebe Landesregierung. Auszüge:

Dann kam der Sommer - und mit ihm Markgraf Bernhard von Baden. Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Das Kabinett schmolz dahin. Günther Oettinger aber zerfloss. Winkte doch eine 300-Millionen-Euro-Mitgift an allerlei Preziosen, Gemälden und altem Kriegszeugs, für die lediglich einige Kilogramm altes Papier aus den Kellern der Badischen Landesbibliothek auf den Markt geworfen werden sollten. Dafür würden andere Leute - der Mensch ist aus einem krummen Holz geschnitzt - bereit sein, 70 Millionen Euro zu zahlen. Bei diesem Gedanken erlag Günther Oettinger vollends dem Charme des badischen Prinzen. In jenen Tagen erklärte er, auch in einer Monarchie lasse es sich doch ganz hübsch regieren.

Seither ist in Baden-Württemberg nichts mehr, wie es war. Erstens ist zu nennen: der fast schon entschlafene Republikanismus ("enteignet den Adel, wo ihr ihn trefft") feiert fröhliche Urstände. Zweitens: in der Ära Erwin Teufel galt nördlich des Mains als Bayer, wer behauptete, er komme aus dem Süden. Jetzt weiß ganz Deutschland: wer sein Bier zweimal zahlt, stammt aus Baden-Württemberg. Wer aber kauft, was ihm bereits gehört, ist in Stuttgart mindestens Minister. Drittens: erstaunt nehmen wir zur Kenntnis, dass selbst Juristen irren. Wer der Wahrheit ins Antlitz blicken will, wende sich an die Historiker. Die kennen wenigstens die Gesetze. Staatsrechtler Thomas Würtenberger schwor: "Die Markgrafentafel gehört unstreitig dem Haus Baden." Das aber ist, horribile dictu, falsch. Bewiesen hat das der Historiker Dieter Mertens.

Viertens: die Südwest-SPD entdeckt, dass es sie doch noch gibt. Verwirrt fordert sie einen Untersuchungsausschuss. Fünftens: die Feuilletonisten in den Redaktionen sehen sich urplötzlich mit der Politik konfrontiert. Sie sind entsetzt und erkennen: wer mittelalterliche Handschriften verkauft, verspeist womöglich auch kleine Kinder. Sechstens: die FDP-Abgeordnete Heiderose Berroth erklärt in der Kulturgüterdebatte des Landtags am vergangenen Donnerstag, dass eine gute Tomatensuppe mindestens anderthalb Stunden kochen muss. Im Plenum entwickelt sich eine rege Diskussion über die Frage, was zuerst war: das Rezept, die Küche, der Koch oder die Nudel. Beobachter sprechen hernach von einer "Sternstunde des südwestdeutschen Parlamentarismus".

Siebtens: Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) verteidigt sich bei selbiger Gelegenheit mit den Worten, wo kein Regierungshandeln sei, gebe es auch kein Regierungsversagen. Wäre dies richtig, versagte sich die Regierung jedes Handeln und schaffte sich selbst ab - damit erschlösse sich ein enormes Einsparungspotenzial. Die Nettoneuverschuldung ließe sich bereits ein Jahr vor dem vorgesehenen Termin 2011 realisieren. Zum Dank erhält Günther Oettinger einen Posten im Bundesbankvorstand.


[...]

http://www.aedph.uni-bayreuth.de/2006/date.html

Hier finden sich zahlreiche Beiträge zum Streit um die Karlsruher Handschriften.

Unter diesem Titel veröffentlichte die FAZ am 9.11.2006 S. 40 den folgenden Leserbrief von Wolfgang Klose:

Zu den Berichten über den beabsichtigten Verkauf der Handschriften in Baden-Württemberg: Das Institut für Sozialforschung der Universität Frankfurt machte kürzlich auf Verwerfungen in unserer Gesellschaft aufmerksam, die durch das ungehemmte Vordringen des Marktbegriffs in alle Lebensbereiche sichtbar werden. Man zitiert dort die spöttische Prognose von Karl Marx, daß ein "Zeitalter der universellen Käuflichkeit" in Sicht sei und fragt, ob wir bereits in diesem lebten? Verfolgt man den Kulturkampf der Baden-Württembergischen Landesregierung (gegen Kultur möchte man meinen) der vergangenen Wochen, so ist festzustellen, daß eine deutsche Landesregierung ohne sichtbare Bedenken ihr eigenes Kulturgut auf den öffentlichen Markt werfen will, um Schulden zu bezahlen. Schulden, die nicht aus Existenznot gemacht wurden, die der Staat auch nicht selbst zu verantworten hat, sondern private Schulden, die wegen privaten, wirtschaftlichen Fehlverhaltens entstanden sind. Das in unseren Kultureinrichtungen wie Museen und Bibliotheken gehütete Gut ist durch seine Öffentlichkeit, seine vielfältigen Einflüsse auf unser Wissen und unsere Gefühle Grundlage unserer kulturellen Identität. Woher kommt es denn, daß wir uns in unserem Kulturkreis zu Hause und wohl fühlen, wenn nicht von der Kraft, die Künstler, Dichter, Komponisten und Schriftsteller in ihre Werke gelegt haben? Werke, die uns als Besitz unserer Kultureinrichtungen bekannt sind und an deren sicherer und gesicherten Existenz wir keinen Zweifel haben.

Es ist ein Vertrauensbruch gegen uns alle, wenn der Staat die bisherigen ethischen Standards willkürlich leugnet und beginnt, Kunstwerke als reine Handelsware zu betrachten, die er profitabel auf den Markt bringen kann. Damit dringt Marktwirtschaft in jene Bereiche vor, die bisher als kulturelles Welterbe anderen Bedingungen unterlagen und als tabu galten. Wir alle, vornehmlich aber die Repräsentanten der Kulturwelt, müssen unsere Aufmerksamkeit auf diese Entwicklung richten und ihr mit allen Mitteln begegnen. Es gibt wesentliches menschliches Handeln, das keinem Marktwert unterliegt. Diese Ethik gilt es zu bewahren. Eine vermutlich utopische Forderung ist es wohl, daß gutachterliche Handlanger solcher Eingriffe in unser Kulturerbe ihren bis dahin tadellosen Ruf verlieren mögen.

Professor Dr. Dr. h. c. Wolfgang Klose, Vorsitzender der Badischen Bibliotheksgesellschaft, Karlsruhe

Dazu erreichte mich eine Mail-Zuschrift, in der es heisst:

Ihr Kommentar in http://archiv.twoday.net/stories/640691 ist also nur zu allzu berechtigt und weist auf die höhnische Negation der Würde der Opfer durch Herrn Oldenhage hin. Ihre Charakterisierung des Gerichts als "willfährig" ist nur zu richtig.
Dass Herr Aviel keinem deutschen Gericht mehr traut, das solche einer Begründung auch noch folgt, ist nur zu verständlich und erklärt auch, warum er keine Berufung eingelegt hat. Zumindest auf den anteiligen Gerichtskosten und den eigenen Anwaltskosten ist das Archiv dann sitzen geblieben. Die Unrechtsposition des Archivs ist um so deutlicher geworden, da Yad Vashem inzwischen ebenfalls die Namen der Opfer im Internet zugänglich gemacht hat: http://www.yadvashem.org/lwp/workplace/IY_HON_Welcome

Es hat übrigens noch eine kleine Konfrontation mit Oldenhage bei der Pressekonferenz gegeben, bei der der Text der folgenden Website als Flugblatt verteilt wurde, siehe:
http://www.freedom-of-thought.de/zwang2_dt/heuchler.htm


Auf der letztgenannten Internetseite heisst es:

Das Bundesarchiv - das zwar nicht wagt, die Akten der von den Ärzten Ermordeten zu vernichten, aber alles tut, um ja den Angehörigen die Wahrheit vorzuenthalten. Darin hat es eine große Niederlage erlitten, seit Hagai Aviel aus Israel die Liste mit über 30.000 Namen im Internet veröffentlicht hat: www.iaapa.org.il/claims.htm
Was tut dessen Leiter, Herr Oldenhagen, und sein Vertuschungsarchiv? Es verbietet den Angehörigen, irgend etwas über ihre ermordeten Familienmitglieder an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen und erpreßt sie damit, dass sie nur dann, wenn sie das unterschreiben, die Akte einsehen dürfen.


Bei der Lektüre des Widerspruchsbescheids des Bundesarchivs, der mir als PDF übermittelt wurde, stellt man in der Tat fest, dass das Bundesarchiv das postmortale Persönlichkeitsrecht der Opfer und die Rechte ihrer Angehörigen in inakzeptabler Weise ausgedehnt hat.

Update: http://archiv.twoday.net/stories/2939190/

Die Badische Verfassung vom 21. März 1919 hob die bestehenden Familien- und Stammgüter "mit Einschluß der Fideikommisse des vormaligen Großherzoglichen Hauses" und des Hausvermögens der standesherrlichen Familien auf. Die Ausführungsgesetzgebung erfolgte mit dem Stammgüteraufhebungsgesetz vom 18. Juli 1923 (GVBl. 1923 S. 233). Das Stammgut wurde freies Eigentum des letzten Stammherrn, der eventuelle Anwärter zu entschädigen und Familienangehörige abzufinden bzw. zu unterstützen hatte. Außerdem wurden die Versorgungsansprüche der Beamten gesichert.

Laut Justizministerium war das Gesetz im März 1928 im wesentlichen vollzogen (Badisches Verfassungsrecht, hrsg. von Karl Glockner, Karlsruhe 1930, S. 317).

Baden kann somit als fideikommissauflösungsrechtliches Musterland gelten, denn das Nazi-Gesetz von 1938 über das Erlöschen der Fideikommisse war durch die zögerliche Auflösungspraxis veranlasst worden.

Als Stammgutsbehörde wurde das Oberlandesgericht Karlsruhe bestimmt, von dessen Akten mir im GLAK einige vorgelegt wurden.

Es ergibt sich ein durchaus irritierender Befund.

Laut Beilage 1a zur Niederschrift der Landtagssitzung vom 7. Juni 1923 gab es in Baden 73 Stammgüter der Ritterschaft. Über den Grundbesitz der Fideikommisse des Großherzoglichen Hauses erfährt man (Zahlen in der Vorlage jeweils bereits gerundet):
Bodenseefideikommiss oberhalb der Murg 7341 ha.
- unterhalb der Murg 281 ha.
Pfälzer Fideikommiss 1380 ha.
Fideikommiss Bauschlott 467 ha.
Palaisfideikommiss 2 ha.

Insgesamt 9471 ha.

Nach Badischem Landrecht bedurften Stammgüter der Eintragung ins Grundbuch, während die gebundenen Vermögen der Standesherren den Beschränkungen des Landrechts nicht unterlagen. (Bei Standesherrschaften waren auch Mobiliarfideikommisse zulässig, vgl. Friedrich Wielandt, Das Staatsrecht des Großherzogthums Baden, Freiburg/Leipzig 1895, S. 22).

Auf eine Umfrage des OLG (GLAK 240/8158) nach gebundenem Besitz an die Notariate und städtischen Grundbuchämter kamen fast nur Fehlanzeigen, keine 10 Stammgüter wurden gemeldet.

Von den 73 Stammgütern der Ritterschaft waren demnach die meisten Stammgüter, die mehr oder minder formlos oder durch Hausgesetze errichtet, aber nicht ins Grundbuch eingetragen worden waren. Die Standesherrschaften (z.B. Fürstenberg) waren zwar nach den Hausgesetzen gebundene Vermögen, unterlagen aber nicht den Formerfordernissen des Stammbuchrechts.

Die adeligen Familien konnten die Auflösung ignorieren: die bisherigen hausrechtlichen Regelungen wurden durch Testamente und Verträge beibehalten, die treuen Diener nicht entlassen. Es änderte sich de facto nichts: das bisherige Recht wurde in ein Hausherkommen umgewandelt, das aufgrund der strikten Kastengesinnung der Familienangehörigen unbedingte Verbindlichkeit behielt. Hinsichtlich der kostbaren Sammlungen war man nunmehr frei, mit Veräußerungen den finanziellen Zumutungen der Inflation zu begegnen. Das Vorkaufsrecht des Landes stand nur auf dem Papier.

§ 26 des Stammgüteraufhebungsgesetzes von 1923 lautete:

"Werden Teile des bisherigen Stammgutvermögens, deren Erhaltung für das Land von wissenschaftlichem, geschichtlichem, kunstgeschichtlichem oder künstlerischem Wert ist, veräußert, so steht dem Lande Baden ein besonderes Vorkaufsrecht zu. Dieses Recht kann durch das Ministerium des Kultus und Unterrichts oder eine von diesem zu bezeichnende Behörde ausgeübt werden. Die Frist zur Ausübung des Rechts beträgt drei Monate; im übrigen finden die Vorschriften der §§ 504 bis 512 und 514 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend Anwendung.

Der letzte Stammherr oder seine Erben haben die dem Vorkaufsrecht unterliegenden Sachen zu verzeichnen und das Verzeichnis dem Ministerium des Kultus und Unterrichts vorzulegen. Dieses kann die dem Vorkausrecht unterliegenden Sachen durch Sachverständige nachprüfen und zu diesem Zwecke in Augenschein nehmen lassen."

Aufgehoben wurde das zuletzt 1961 geänderte badische Gesetz von 1923 erst 1983 (GBl. S. 693) mit Wirkung zum 1.4.1984, wobei freilich § 1 von Art. 4 dieses Aufhebungsgesetzes zu beachten ist, wonach die auf Grund des bisherigen Rechts entstandenen Rechtsverhältnisse aufrechterhalten bleiben.

Ich wurde darauf hingewiesen, dass § 26 bereits durch das GrdstVG von 1962, also ein Bundesgesetz aufgehoben wurde:
http://bundesrecht.juris.de/grdstvg/__39.html

Soweit aber bewegliche Kulturgüter betroffen waren, fehlte dem aufhebenden Bundesgesetz die Sachkompetenz. Das Bundesgesetz betraf lediglich Rechtsgeschäfte über Immobilien, die eher denkmalschutzrechtliche Regelung des § 26 wurde erst 1983 beseitigt, wobei das seinerzeit begründete Vorkaufsrecht aber zu den Rechtsverhältnissen, deren Bestand garantiert wurde, gehörte.

Das GLAK konnte bislang keine Akten über dieses Vorkaufsrecht und die danach vorzulegenden Listen nachweisen. Es ist daher anzunehmen, dass § 26 komplett ignoriert wurde.

Zur Nichtanwendung durch das Land 1995:
http://archiv.twoday.net/stories/2876347/

Zurecht schärfer waren die Regelungen in den Auflösungsbeschlüsse in den anderen Ländern nach 1938 bzw. 1945, die überwiegend eine Zugänglichkeit insbesondere der Archive, und eine Staatsaufsicht anordneten. Siehe dazu das BayObLG
http://archiv.twoday.net/stories/2823424/
und die Materialien auf
http://www.jurawiki.de/FideiKommiss

Aufgrund seiner herausgehobenen Position konnte die Familie der Markgrafen von Baden die Auflösung der in der Badischen Verfassung genannten Fideikommisse nicht ignorieren. Nach GLAK 240/8161 schlossen die Prinzen Maximilian und Berthold am 17. Dezember 1919 einen notariellen und Erbvertrag und gründeten 1919 eine Stiftung "Markgräflicher Pensionsfonds", der aus einer Höchstbetragshypothek von 1,5 Mio. Goldmark auf den gesamten Waldbesitz der frühen Bodenseefideikommisse bestand.

Max war Eigentümer der zum bisherigen Palastfideikommiss (das sog. Hochberg'sche Palais in Karlsruhe) und zum bisherigen Fideikommiss Bauschlott gehörigen Vermögensstücke. Max und Berthold zwaren je zur Hälfte Miteigentümer der zu den bisherigen Bodenseefideikommissen gehörigen Vermögensstücke. Doch von über 9400 ha ist nicht die Rede. In den Akten erscheinen am 11. Januar 1926 als gebundener Besitz der Bodenseefideikommiss-Herrschaft gerade einmal gut 30 ha. In der Monarchie war die gesamte Standesherrschaft Salem seit 1813 dem Apanagial-Fideikommiss einverleibt, also ein hausrechtlich gebundenes Vermögen:
http://archiv.twoday.net/stories/2892308/

Von einer "Auflösung" des Fideikommisses kann man angesichts dieser Diskrepanz wirklich nicht sprechen. Ob das in den Akten zutragetretende Vollzugsdefizit mit der vielbeschworenen badischen "Liberalität" zusammenhängt?

Bislang war nur von den "Partikular-Fideikommissen" die Rede (siehe http://archiv.twoday.net/stories/2837017/ ) - was war aber mit dem Hauptfideikommiss, dem Hausfideikommiss, von dem im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Sammlungen immer wieder die Rede war?

Es kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass Kapitalvermögen zum Hausfideikommiss zählte, das 1923 ohne viel Federlesen an den ehemaligen Regenten überging. Plausibler ist jedoch die Annahme, dass es sich um einen reinen Mobiliarfideikommiss gehandelt hat, zu dem der Hausschmuck (mit Kroninsignien) und die Silberkammer zählte sowie die von den jeweiligen Regenten erworbenen Mobilien und die Mobilien der Hofausstattung. Zur Vererbung siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2832452/

Wenn der Hausfideikommiss (anders als die Parikular-Fideikommisse) keinerlei Grundvermögen umfasste, worauf war er dann radiziert? Man kann sagen: auf das Domänenvermögen, das ja auch als fideikommissarisch gebunden war, oder aber auf die Krone. Dies ist ein weiteres starkes Argument, im Hausfideikommiss kein privatrechtliches Vermögen der Korporation des großherzoglichen Hauses zu sehen, sondern einen staatsrechtlichen Kron-Fideikommiss wie in Sachsen, der beim Lande zu bleiben hatte, wenn die Dynastie wechselte:

http://archiv.twoday.net/stories/2911243/

Was das Domänenvermögen für die Immobilien, war der Hausfideikommiss für die Mobilien. Beides sah der Großherzog und die ihm nahestehenden Juristen als Patrimonialeigentum, beides war unveräußerlich. Beides ist als Pertinenz der Landeshoheit zu sehen. Es war nicht-staatliches Landesvermögen, das 1918 an den Staat mit seinem neuen Souverän, dem Volk, fiel.

Update zu: http://archiv.twoday.net/stories/2906816/

Es liegt ein E-Text vor unter
http://de.wikisource.org/wiki/Bayerisches_Oberstes_Landesgericht_-_Eigentumsverh%C3%A4ltnisse_an_Gegenst%C3%A4nden_im_Staatsarchiv_Coburg

Unter
http://de.wikisource.org/wiki/Archivrecht
sind bislang folgende Gerichtsentscheidungen zum Archivrecht abrufbar:

* Bundesgerichtshof - Archivvertrag
* Oberlandesgericht Zweibrücken - Jüdische Friedhöfe
* Verwaltungsgericht Darmstadt - Vernichtung von Archivgut
* Bayerisches Oberstes Landesgericht - Eigentumsverhältnisse an Gegenständen im Staatsarchiv Coburg
* Bayerisches Oberstes Landesgericht - Kulturgutsicherung

Gerichtsentscheidungen unterliegen gemäß § 5 I UrhG nicht dem Urheberrechtsschutz.

http://www.heise.de/tr/blog/artikel/80459

Hier noch nicht gemeldet wurde das Saarländische Informationsfreiheitsgesetzt, das auf die entsprechende Anwendung des Bundesgesetzes abhebt. Text:
http://www.umweltdigital.de/nd/207638/detail.html

Im Amtsblatt:
http://www.mi.brandenburg.de/sixcms/media.php/1069/Informationsfreiheitsgesetz%20Endversion.pdf

http://commons.wikimedia.org/wiki/Katalog_der_Kunsthalle_zu_Karlsruhe_1915

Aus dem Büchlein ("Katalog der Gemälde-Galerie") von Karl Koelitz (7. Auflage 1915) liegen bislang gescannt auf Wikimedia Commons vor:
*Titelblatt
*Gebrauchsanleitung (Werke mit Sternchen sind Grossherzogl. Privateigentum)
*Seiten zu den Baldung-Bilder 87 und 88
*Seiten zu den Cranach-Rundbildern 119 und 120

Das Gesetz mit angehängtem Vertragsabdruck von 1930 ist einsehbar unter:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Gesetz_%C3%BCber_den_Ankauf_von_Kunstgegenst%C3%A4nden_f%C3%BCr_die_Kunsthalle_Karlsruhe_1930

Die Mitteilungen von Dieter Mertens aus der Akte des badischen Kultusministeriums GLAK 235/40264 sind im Volltext nachzulesen unter:
http://archiv.twoday.net/stories/2880867/

Aus diesen Quellen ergibt sich zwingend:

1. Im Februar 1930 wurde um ein Bild gerungen, das als "Votivtafel" bezeichnet wurde (so auch Markgraf Berthold in seiner Abtretungserklärung). Es handelt sich einwandfrei um das heute als "Markgrafentafel" bekannte große Bild von Hans Baldung, das bei Koelitz unter der Nummer 88 und den Maßen 64/216 cm geführt wird:

"Votivbild des Obigen und seiner Familie" (Koelitz betrachtete es irrtümlich als Antependium im Kloster Lichtental)

"Obiger" bezieht sich auf das vorhergehende Bild, eine kleine Lindenholztafel (40/33 cm) ebenfalls Hans Baldung zugeschrieben, eine Kopie nach dem Holzschnitt Baldungs von 1511. Es zeigt ausschließlich Markgraf Christoph I. von Baden, während dieser auf dem Votivbild im Kreis seiner Familie dargestellt wird.

Beide Bilder tragen bei Koelitz ein Sternchen, sind also als Eigentum des Hauses Baden bezeichnet. Aus der gesamten Gruppe der Altdeutschen Bilder erscheint im Vertrag von 1930 nur Nr. 87, der kleine Baldung, als dem Haus Baden vorbehaltenes Familienbild.

Die Argumentation des Hauses Baden nach den Enthüllungen von Mertens ist hahnebüchen, wie schon unter http://archiv.twoday.net/stories/2905478/
gezeigt wurde. Aus heutiger Sicht kann man Nr. 87, den "kleinen Baldung", als Nachahmung bezeichnen, Nr. 87 ist eindeutig nicht die originale Votivtafel Nr. 88.

2. Wieso die beiden Cranach-Rundbilder als Eigentum der Familie Baden angesprochen wurden, ist rätselhaft. Sie tragen bei Koelitz keinen Stern (Nr. 119, 120) und erscheinen auch nicht unter den vorbehaltenen Familienbildern des Vertrags von 1930.

Ebenfalls dort nicht erwähnt wird das von der Landesregierung genannte Bild von Ch. Amberger (Seite bei Koelitz liegt mir nicht vor). Siehe http://archiv.twoday.net/stories/2885228/

FOLGERUNGEN

Laut http://archiv.twoday.net/stories/2905478/ stellt das Haus Baden fest:

"Die Rechtslage am Original des Gemäldes war Gegenstand einer gemeinsamen Überprüfung durch das Haus Baden und der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe im Jahr 2002. Beide Seiten sind damals vom Eigentum des Hauses Baden ausgegangen, wobei beiden Seiten der genaue Text der Vereinbarung aus dem Jahre 1930, wie sie im Gesetzesblatt abgedruckt ist, bekannt war."

2002 wurde also eindeutig Landeseigentum als Eigentum des Hauses Baden in der Ausstellung gezeigt. Da bei Koelitz nun einmal zwei aufeinanderfolgende Bilder von Baldung mit dem gleichen Dargestellten gelistet werden, hätte es bei pflichtgemäßem Verwaltungshandeln nahegelegen, jeden Zweifel hinsichtlich einer Verwechslung auszuschliessen. Die Koelitz-Nummern sind nach wie vor die gültigen Inventarnummern der Kunsthalle. Durch die Leihgabe als Privatbesitz hat Prof. Schrenk als Leiter der Kunsthalle eine disziplinarrechtlich zu ahndende Amtspflichtverletzung begangen.

Der Untersuchungsausschuss hat darauf zu dringen, dass in den Kulturinstitutionen des Landes Provenienzforschung betrieben wird. Dies ist nicht nur in Bezug auf die NS-Zeit geboten. Hinsichtlich aller Gegenstände, die nicht eindeutig dem Land gehören, die also als private Leihgaben anzusprechen sind, ist die entsprechende Vertragsgrundlage zu ermitteln und es ist erforderlichenfalls mit den Eigentümern Kontakt aufzunehmen. (Das schliesst natürlich die Inventarisierung der Objekte der Zähringer-Stiftung mit ein.)

"Dauerleihgaben", die jederzeit gekündigt werden können, sind auf Dauer nicht sinnvoll. Siehe auch http://archiv.twoday.net/stories/2872643/

Beim Naturkundemuseum in Karlsruhe
http://archiv.twoday.net/stories/2898603/
das nie von Ansprüchen des Hauses Baden erfasst wurde, obwohl die Rechtslage an sich die gleiche ist, ist sicherzustellen, dass keine Ansprüche der Familie geltend gemacht werden. Gleiches gilt für weitere badische Sammlungen, die vom grossherzoglichen Haus dotiert wurden, z.B. in dem in städtischer Trägerschaft befindlichen Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim (siehe die Museumsgeschichte unter http://www.reiss-museum.de/ )

Bei der Kunsthalle sind nur diejenigen Stücke als badisches Eigentum anzusehen, die im Gesetz von 1930 als solches gekennzeichnet wurden und nicht ins Neue Schloss nach Baden-Baden verbracht wurden. Diese Verbringung steht im Widerspruch zu der Erklärung des Markgrafen im Jahr 1919, der eine Belassung in der Kunsthalle versprach:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Baden_landtagsverhandlungen_1919_220.JPG

Am 1. November habe ich die folgende Anfrage an die Kunsthalle gestellt:

"1. Welche Werke (Kuenstler, Titel und Koelitz-Nummer) verwahrt die Kunsthalle als Dauerleihgabe des Hauses Baden?

2. Aufgrund welcher vertraglichen Vereinbarung (Text?) erfolgt die Verwahrung?

3. Wann wurden die im Vertrag von 1930 benannten Werke, die dem Haus Baden zugestanden wurden, ins Neue Schloss nach Baden-Baden verbracht?

4. Da der Vertrag von 1930 die Verbringung nicht regelt und die
Erklaerung von 1919 eine dauerhafte Aufbewahrung auch der
Familienbilder in der Kunsthalle zusichert - gibt es hinsichtlich
dieses Widerspruchs weitere Dokumente?"

Darauf antwortete der Direktor am 8. November:

"die in Ihrem Schreiben aufgeführten Fragen 1 und 2 sind gegenwärtig noch einmal zum Gegenstand einer genauen Prüfung durch die Landesregierung bestimmt worden, deren Ergebnisse wir selbstverständlich abwarten müssen.

Ihre Frage 3 lässt sich dahingehend beantworten, dass die im Vertrag von 1930 als Eigentum des Hauses Baden bestimmten Kunstwerke 1930 abgegeben wurden. Nach unseren Unterlagen wurden folgende Kunstwerke mit den Koelitz-Nummern 87, 178, 224, 225, 231, 522, 689, 690, 769, 770, 858, 859, 862, 905, 1062 und 1063 in das Neue Schloss nach Baden-Baden gebracht.

Hinsichtlich Ihrer Frage 4 sind uns keine weiteren Dokumente bekannt."

Vergleicht man diese Liste mit dem Gesetz, stellt man fest: Es befinden sich aus dem von Koelitz erfassten Bestand nur noch als Eigentum des Hauses Baden in der Kunsthalle:

537 Feodor Dietz: Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden
790 Johann Baptist Tuttine: Festzug der badischen Landestrachten
882 Wilhelm Camphausen: Kaiser Friedrich III. als Kronprinz mit Feldmarschall Graf Blumenthal
997 Fritz Geiges: St. Bernhard, Markgraf von Baden
1071 Caroline Luise, Markgräfin von Baden: Venus und Amor.

[Nachtrag 5.1.2007: Nach den Ermittlungen von BCK in den Kommentaren ist der oben angestellte Vergleich dank der Inkompetenz von Prof. Schrenk hinfällig. Wie auch den parlamentarischen Materialien zum Gesetz von 1930 zu entnehmen ist, wurden ALLE dem Haus Baden zugesprochenen Gemälde diesem überstellt. In der Kunsthalle gibt es unter den Gemälden somit kein einziges, das noch dem Haus Baden gehören würde. Als ich mit Prof. Schrenk telefonierte, bevor die Recherchen von Mertens publiziert wurden, sagte er, dass n (meiner Erinnerung nach 5-6) Werke Dauerleihgaben des Hauses Baden seien, darunter die Markgrafentafel. KG]

Nr. 87, der "kleine Baldung", der im Gesetz dem Haus Baden zugesprochen wurde, braucht von diesem nicht mehr herausgeklagt werden, denn Nr. 87 wurde als Familienbild 1930 nach Baden-Baden gebracht - ein weiterer Beweis für die an das Kriminelle grenzende Argumentation des Hauses Baden.

BaldungKeine Kopie: Münchner Gemälde Markgraf Christophs von Baldung

Bei den fünf verbliebenen Bildern handelt es sich offenkundig um geringwertige Stücke, deren Ankauf keine besonderen finanziellen Anstrengungen voraussetzen würde.

Zum "Speculum humanae salvationis" (LB Karlsruhe Cod. H 78, siehe http://archiv.twoday.net/stories/2836945/ ) hat sich ein MdL geäußert:

"Von den drei Objekten, die Ministerpräsident Günther Oettinger in der Landtagsdebatte am 11. Oktober 2006 unstrittig als Eigentum des Hauses Baden bezeichnet hatte, bleibt nun Gott sei Dank nichts mehr übrig", stellt der Karlsruher SPD-Abgeordnete Stober zufrieden fest. Dies gelte nicht nur für die "Markgrafentafel" von Hans Baldung Grien und die beiden Medaillons von Cranach dem Älteren, die heute in der Karlsruher Kunsthalle ausgestellt sind. Genauso sei damit auch für die Hinterlegung "Speculum humanae salvationis" (deutsch) in der Badischen Landesbibliothek, die ebenfalls Teil des Kupferstichkabinetts war, die Eigentumsfrage zu Gunsten des Landes Baden-Württemberg eindeutig geklärt."

Nach Schlechter/Stamm kam H. 78 vor 1827 in das Großherzoglich Badische Kupferstichkabinett, am 11.12.1919 wurde es an die BLB abgegeben. Damit gehört diese wertvollste Handschrift der Hinterlegungen zum Inventar des Kupferstichkabinetts, auf das im Vertrag von 1930 Bezug genommen wird. Es muss ermittelt werden, ob sie im Verzeichnis von Brambach oder im Inventar von 1884 erscheint. Ist dies der Fall, so ist das Stück nach dem Wortlaut des Vertrags Landeseigentum (sein Lagerort kann keine Rolle spielen); ihm fehlt ja auch der Familienbezug, der die 1930 vorbehaltenen Stücke auszeichnet.

Dass die badische Regierung davon ausging, das Kupferstichkabinett gehöre allein dem Haus Baden, bedeutet nicht, dass dem tatsächlich so war (siehe meine Thesen zum Hausfideikommiss http://archiv.twoday.net/stories/2835237/). Eine Herausgabeklage hinsichtlich des Speculum setzt voraus, dass der Kläger nachweist, dass
*entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung das Kupferstichkabinett als Teil des Hausfideikommisses als Domanial-Fideikommiss (siehe http://archiv.twoday.net/stories/2911243/) nicht bereits mit der Resignation in das Eigentum des Hauses Baden überging und
*dass das Speculum beim Verkauf 1930 nicht der Hauptsache, dem in toto (mit bezeichneten Ausnahmen) verkauften Kupferstichkabinett gefolgt ist.

Zum möglichen Anspruch des Hauses Baden auf Petershausener Drucke unter den Hinterlegungen der BLB siehe
http://archiv.twoday.net/stories/2836945/

Die Formulierung "Großherzogl. Privateigentum" bei Koelitz 1925, S. 25 hat im übrigen keinerlei Beweiskraft. Koelitz (und Brambach) haben offenbar nicht zwischen dem Eigentum des Hausfideikommisses (dem natürlich das Votivbild Baldungs gehörte) und dem Eigentum des regierenden Großherzogs als Privatmann unterschieden, obwohl es darauf zentral ankommt. Das vor 1872 vorhandene Inventar der großherzoglichen Sammlungen wurde vom Hausfideikommiss als Eigentum beansprucht, ebenso das der Kunsthalle. In diesem Inventar befanden sich - jedenfalls in der Landesbibliothek - große Bestände, die als Säkularisationsgut nach staatsrechtlichen Grundsätzen als Staatsgut anzusehen sind. Es befanden sich ebenfalls Stücke darin, die dem Großherzog (oder seinen Vorgängern) in seiner Eigenschaft als Landesherrn geschenkt wurden (die Reuchlin-Handschriften sollten ewig in St. Michael in Porzheim bleiben) oder für die nicht nachzuweisen ist, dass sie aus privaten Mitteln erworben wurden. Daraus kann man gemäß
http://archiv.twoday.net/stories/2835237/
die folgenden verschiedenen Konsequenzen ziehen:

*Die in den öffentlichen Institutionen befindlichen Sammlungen des ehemaligen Hausfideikommisses sind - ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung - 1923 freies Eigen geworden, sie sind nicht wirksam der Zähringer-Stiftung durch Berthold Markgraf von Baden übereignet worden.

Diese Maximalposition, die das Haus Baden vertritt, ist offenkundig unhaltbar und vor Gericht nicht beweisbar. Dass beim Hausfideikommiss die gleiche Gemengelage von staatlichem und privatem Eigentum vorlag wie bei den Domänen ist evident. Diese Position läuft darauf hinaus, dass das Land Baden 1918/1923 enteignet wurde hinsichtlich des staatlichen Eigentumsanteils am Hausfideikommiss. Dass die Kroninsignien eindeutig staatlichen Charakter hatten, also Pertinenz und Symbole der Landeshoheit waren, kann keinem Zweifel unterliegen - trotzdem hat das Haus Baden nach 1918 Ansprüche darauf erhoben!

*Die in den öffentlichen Institutionen befindlichen Sammlungen des ehemaligen Hausfideikommisses sind - ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung - 1923 freies Eigen geworden, sie sind wirksam der Zähringer-Stiftung durch Berthold Markgraf von Baden übereignet worden.

Daraus geht hervor, dass das Haus Baden nicht über sie verfügen kann, sondern die Zähringer-Stiftung sie gemäß dem Willen des Stifters weiterhin in staatlicher Obhut belassen muss.

*Es liegt ein Miteigentum des Staates nach § 948 BGB vor.

Siehe http://archiv.twoday.net/stories/2835237/

Soweit man nicht der Ansicht ist, dass 1919 eine abschließende Regelung auch hinsichtlich des Hausfideikommisses getroffen wurde, führt das dazu, dass dem Haus Baden ein finanzieller Ersatz für das Bruchteilseigentum zusteht. Welcher Bruchteil anzusetzen ist, kann unmöglich empirisch ermittelt werden, es kann hier nur eine gütliche Einigung gesucht werden.

*Das Miteigentumsverhältnis wurde 1919 aufgelöst, das Haus Baden umfassend (mit Ausnahme der Kunsthallenbestände) abgefunden.

Indem dem Haus Baden unermessliche Kunstschätze (auch aus dem staatlichen Säkularisationsgut, etwa die Speyerer Greifenklaue) unter Einschluss des Zähringer Museums im Schloss (der badischen "Kunstkammer") zugestanden wurden und auch die Standesherrschaft Salem verblieb, sind weitere Ansprüche nicht gerechtfertigt.

*1919 fielen die Sammlungen als Teil des Domänenvermögens/Patrimonialeigentums nach § 59 der Badischen Verfassung an das Land

Das Resultat ist exakt das Gleiche, nur fehlt hier die Argumentation mit der staatsrechtlichen Natur des Hausfideikommisses.

*1918 fielen die Sammlungen mit der Resignation des Regenten als Kron- oder Domanial-Fideikommiss, der Pertinenz der Landeshoheit war, an das Land

Siehe http://archiv.twoday.net/stories/2911243/

Auch hier kann man natürlich auch vom Übergang des staatlichen Teils des Domänenvermögens sprechen.

FAZIT:

Bei der Kunsthalle ist die Rechtslage klar. Viel zu holen ist für das Haus Baden nicht mehr.

Bei Landesbibliothek und Landesmuseum kann wohl ausgeschlossen werden, dass der Familie der Beweis gelingt, dass ihr alles oder auch nur ein großer Teil gehört, da dies voraussetzt, dass die Zähringer Stiftung ihrer Rechte beraubt wird, was wiederum Amtshaftungssprüche der Stiftung gegenüber dem Land in entsprechender Höhe auslöst. (Eine Ausnahme gilt möglicherweise nur für einige Petershausener Altdrucke, die aber wertmäßig zu vernachlässigen sind.)

Bei anderen Sammlungen, die bislang unstrittig sind (Naturkundemuseum, Mannheim), kann das Land den Einwand der Verjährung ins Feld führen.

Aus Gründen der Rechtssicherheit ist ein Vergleich mit dem Haus Baden in maximaler Höhe von 10 Mio. Euro vertretbar, wenn mindestens
*die Zähringer-Bildnisgalerie und
*das markgräfliche Archivgut
vom Haus Baden draufgelegt wird. Weitere denkmalschutzrechtliche Ansprüche des Hauses Baden aus der Salemer Baulast bleiben unberührt, siehe http://archiv.twoday.net/stories/2915856/

Bietigheimer Zeitung, 10.11.2006, Südwestumschau (Online-Ausgabe)
Bild gehört dem Land

Im Streit um die badischen Kunstschätze betrachtet die Landesregierung die so genannte Markgrafentafel von Hans Baldung Grien als Eigentum des Landes. Kunststaatssekretär Dietrich Birk (CDU) sagte gestern in der Fragestunde des Landtags, dies gehe aus einem Gesetz hervor, das der badische Landtag 1930 verabschiedet hatte. Damit waren zahlreiche Kunstwerke der Badischen Kunsthalle und des Kupferstichkabinetts des Adelshauses Baden an das Land Baden abgetreten worden. Auf der dem Gesetz beigefügten Liste von Kunstgegenständen, die davon ausgenommen wurden, stehe zwar auch ein Werk von Grien, es handle sich jedoch um eine Ausschnittskopie.

Damit bestätigte Birk das Ergebnis von Untersuchungen des Freiburger Historikers Dieter Mertens, der das Bild des mittelalterlichen, aus Gmünd stammenden Künstlers klar dem Land zugeordnet hatte. Es wird auf einen Wert von etwa acht Millionen Euro geschätzt. Ursprünglich hatte das Land dem Haus Baden das Kunstwerk abkaufen wollen.

Dietrich Birk erklärte, die Eigentumsverhältnisse bei den badischen Kunstschätzen würden nun eingehend geprüft. Der Staatssekretär betonte gestern weiter: "Selbstverständlich gilt dieses Gesetz aus dem Jahr 1930 heute fort. Immerhin handelt es sich hier um Eigentumsrechte."

Vgl. a. "Haus Baden sieht Markgrafentafel weiter als Eigentum an",
http://archiv.twoday.net/stories/2905478/

In den Stuttgarter Nachrichten vom 9.11.2006 S. 6 liest man:

Bisher hat das Land mit dem Haus Baden einen Vergleich angestrebt: Mittels Sponsoren und Landesgeldern werden 30 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Im Gegenzug verzichtet das Adelshaus auf den Verkauf der Kunstwerke und kann die Schulden, die durch Sanierungsarbeiten an Schloss Salem entstanden sind, begleichen.

Nachdem nun aber zunehmend Verwirrung herrscht, welche badischen Kulturgüter dem Land und welche dem Haus Baden gehören, "weiß derzeit niemand, ob der geplante Vergleich zu halten ist", hieß es am Mittwoch aus der Regierung. Das Problem: Keiner kann abschätzen, wie groß die finanziellen Probleme des Hauses Baden wirklich sind. "Wir wissen nicht, wie lange die Banken dort noch stillhalten", so ein CDU-Mann. Das mögliche Szenario: Der Untersuchungsausschuss versucht das Thema Handschriften aufzuklären, das Adelshaus beginnt parallel mit dem Verkauf von Kulturgütern. Dann müsste zwar die inzwischen eingesetzte Arbeitsgruppe mit Vertretern des Kunst-, Finanz- und Staatsministeriums die einzelnen Kunstwerke nicht mehr identifizieren, Ministerpräsident Günther Oettinger wäre in der Kunstszene aber endgültig der Buhmann. "Die Situation ist vertrackt", hieß es am Mittwoch.

Oettinger selbst hat die beteiligten Ministerien inzwischen aufgefordert, das Thema lückenlos aufzuklären. "Jetzt muss so tief gepflügt werden, dass niemand mehr drunter graben kann", soll der Regierungschef am Mittwoch gesagt haben. Zuletzt war sein Krisenmanagement in dieser Angelegenheit immer schärfer kritisiert worden.


Der Südkurier weiss:

"Ungetrübt" sei das Verhältnis zwischen der Landesregierung und dem Haus Baden, beteuerte Regierungschef Günther Oettinger (CDU) vor den Medien. Es war eine Floskel. Im Staatsministerium wird man zunehmend reservierter. Man ist erstaunt über das Kommunikationsverhalten des Adelshauses. Mit der Mitteilung, Konkurs drohe, hatte Bernhard Erbprinz von Baden die Landesregierung unter Druck gesetzt. Kunstschätze im Wert von 300 Millionen Euro könne das Land sichern, wenn es 30 Millionen Euro ans Haus Baden überweise, hieß es zuletzt. "Cash", wie Finanzminister Gerhard Stratthaus flapsig meinte, sollte das Geld fließen - wegen der hohen Hypotheken. Genaues ist unbekannt. Die Parlamentarier im Untersuchungsausschuss werden wohl erst einmal die Ausgangslage herausarbeiten.

KOMMENTAR:

Wenn ein mittelständisches Unternehmen finanziell in die Schieflage gerät, ist es vernünftig, nach möglichen Aktiva Ausschau zu halten. Tritt es aufgrund seiner Vergangenheit aber an eine Landesregierung heran, darf erwartet werden, dass die Karten nachvollziehbar auf den Tischgelegt werden.

Das Haus Baden ist nicht börsennotiert, daher können die unvermeidlicherweise publik werdenden Details den Konkurs kaum beschleunigen. Ob sich die Lage dramatisch zuspitzt, darüber sollte man den Verhandlungspartner tunlichst nicht im Unklaren lassen.

Was Salem angeht, so steht dem Haus Baden ein denkmalschutzrechtlicher finanzieller Ausgleichsanspruch zu. Niemand muss in diesem Land Insolvenz anmelden, weil er ein altes Gemäuer unterhält. Ein unzumutbares Sonderopfer würde einer Enteignung gleichkommen. Dies habe ich unter
http://archiv.twoday.net/stories/2892308/
Näher ausgeführt.

Gespannt bin ich auf die Stellungnahme, dass die Markgrafentafel doch dem Haus Baden gehört. Vermutlich wird das Haus Baden demnächst auch Mathematiker anheuern, die beweisen können, dass eins und eins drei ist.

Das Haus Baden verfügt über interne Aufzeichnungen und Unterlagen zu seinen Kulturgütern bzw. beanspruchten Kulturgütern, die es endlich auch der Gegenseite zur Verfügung stellen sollte.

Wenn das Haus Baden vorhat, Kulturgüter zu verkaufen, so darf es sich aufgrund des seit 1923 bestehenden Vorkaufsrechts vertrauensvoll zunächst an das Land Baden-Württemberg wenden. Dieses hat nach dem Stammgüteraufhebungsgesetz, das zwar aufgehoben ist, was aber für die dadurch begründeten Rechtsverhältnisse nicht gilt, drei Monate Zeit für die Entscheidung.

Wenn das Haus Baden vorhat, Kulturgüter zu verkaufen, so muss es erst einmal einen Käufer finden, der das Risiko eingeht, das entsprechende millionenschwere Kunstgut herauszuklagen. Das Prozesskostenrisiko wäre hoch, die Chancen für das land stünden gut. Ein solcher Prozess könnte in den verschiedenen Instanzen mehrere Jahre dauern.

Wenn das Haus Baden vorhat, Kulturgüter verkaufen, die der Zähringer Stiftung gehören, so hat diese öffentlich-rechtliche Stiftung einen Anspruch darauf, dass das Land Baden-Württemberg ihr eine gerichtliche Klärung finanziert, ob das Haus Baden tatsächlich Eigentümer ist. Sollte das der Fall sein, muss die Stiftung einen Amtshaftungsanspruch gegen das Land geltend machen.

Im übrigen hat noch niemand den Vorschlag gemacht, dass auch ein Schiedsgericht - zu sehr viel günstigeren Tarifen - die Frage klären könnte, wenn sich beide Parteien darauf einigen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Schiedsgericht

Die Chancen für das Haus Baden, durch einen raschen Verkauf zu Geld zu kommen, stehen denkbar schlecht. Ebenso schlecht wie die Chancen für den Ministerpräsidenten, Sponsoren/Investoren und Spender für sein 3-Säulen-Modell zu finden. Die dritte Säule kann er wohl vergessen.

Problemlos könnte das Haus Baden zu Geld kommen, wenn es in Salem unter Verschluss gehaltene Kulturgüter wie die Zähringer Bildnisgalerie (die ist nicht öffentlich ausgestellt) dem Land anbieten würde. 5 Mio. wären dafür drin, ein satter Aufschlag für den Verzicht auf alle anderen beanspruchten Kulturgüter (sowie das Archivgut des Hauses) denkbar. Mit 10 Mio. wäre das Haus Baden bestens bedient. Nicht eingerechnet die denkmalschutzrechtlichen Ausgleichansprüche.

http://www.suedkurier.de/nachrichten/bawue/hausbaden/index.html

Die wichtigsten Artikel zum Thema im Südkurier sind bequem zusammengestellt.

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/hs/kataloge-online.htm

HOLDER, Alfred: Die Pergamenthandschriften / beschrieben und erl. von Alfred Holder, Neudr. [der Ausg.] Leipzig, Teubner, 1906 mit bibliogr. Nachtr. Wiesbaden: Harrassowitz, 1970 - 1906 (Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe; 5: Die Reichenauer Handschriften; Bd. 1)
HOLDER, Alfred: Die Papierhandschriften, Fragmenta, Nachträge - beschrieben und erl. von Alfred Holder, Neudr. [der Ausg.] Leipzig, Berlin, Teubner, 1914 mit bibliogr. Nachtr. Wiesbaden: Harrassowitz, 1971 - 1914 (Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe; 6: Die Reichenauer Handschriften; Bd. 2)
HOLDER, Alfred u. Karl PREISENDANZ: Register - Grundstock der Bibliothek - Die alten Kataloge, Leipzig: Teubner, 1918, Neudr. Wiesbaden: Harrassowitz, 1973 (Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe; 7: Die Reichenauer Handschriften; Bd. 3; beschrieben und erl. von Alfred Holder, fortgeführt von Karl Preisendanz)

Weitere Kataloge online:
http://archiv.twoday.net/stories/2898077/

 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma