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Der Handschriftencensus bietet immer noch nicht die aktuelle Signatur. Dank des Entgegenkommens der Bibliothek ist die ehemals Maihinger Handschrift nun online:

Page turner: http://hdl.loc.gov/loc.rbc/Rosenwald.0013
PDF: http://hdl.loc.gov/loc.rbc/Rosenwald.0013.1

Zur Handschrift:

http://archiv.twoday.net/stories/14870490/

http://www.handschriftencensus.de/11312


Die Livländische Chronik von Heinrich von Lettland ist die wichtigste Quelle zu den Ereignissen des 13. Jh. in Estland und Lettland. Das Original der Handschrift, geschrieben Anfang des 13. Jh., ist leider nicht erhalten. Es gibt jedoch 16 vollständig oder wenigstens teilweise erhaltene Abschriften aus den 14. bis 18. Jh. Eine davon ist der Codex Gymnasialis Revaliensis, eine 1734 in die Bibliothek des Revaler Gymnasiums aufgenommene Handschrift. Sie wurde 1925 nach Riga an Leonid Arbusow geschickt, der damals die unterschiedlichen Varianten der Chronikabschriften untersuchte (veröffentlicht in Latvijas Ūniversitātes Raksti, 15, 1926, S. 189-341 und 16, 1927, 125-202). Seither wurde diese Handschrift nicht wieder für wissenschaftliche Forschungen herangezogen. Dies kann sich jetzt ändern, da die Handschrift seit neuestem digital im Online-Archiv DIGAR der estnischen Nationalbibliothek frei zugänglich ist. Das 400-seitige Manuskript wurde von der Estnischen Nationalbibliothek im Rahmen des EoD-Projektes vollständig digitalisiert. Auf den ersten Blick sieht die Kopie schwer entzifferbar aus, da das Manuskript einen Wasserschaden erlitt. Aber nach dem Download sind die Seiten doch lesbarer als der erste Eindruck vermittelt.

Bisher ist dies die einzige im Internet zugängliche Handschrift der Livländischen Chronik. Daneben gibt es andere Online-Ausgaben wie z.B. die erste wissenschaftliche Edition von Gruber 1740 (Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München) oder die deutsche Übersetzung von 1747 auch von Gruber (Exemplar der Österreichischen Nationalbibliothek).
URL: http://digar.nlib.ee/digar/show?id=101209


Via
http://www.vifanord.de/index.php?id=140



Die Stuttgarter Weltchronik, aus der das Bild stammt, wurde kürzlich online gestellt:

http://digital.wlb-stuttgart.de/purl/bsz349927065

haben eine hübsche neue Startseite und bieten nun auch botanische Zeitschriften an:

http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/


Fragt Richard Heigl und plädiert für die Möglichkeit, mit Editionen promovieren zu können:

http://kritischegeschichte.wordpress.com/2012/04/07/archive-und-digitalisierung-wo-bleiben-die-open-access-promotionsprojekte/#more-1785

Wer einen weder zu kurzen noch zu langen Text ordentlich transkribiert, sauber kommentiert, kundig einleitet und durch Register erschließt, sollte damit ohne weiteres seinen Doktor bekommen können, zumal bei Ersteditionen die Gefahr des Plagiats eher nicht gegeben ist.

Wieso ich mich mit der Arbeitsweise Schulers befasse und welche gerichtlichen Auflagen für Beiträge in Archivalia bestehen, kann man http://archiv.twoday.net/stories/49601942/ entnehmen. Wissenschaftliche Qualitätssicherung kann auch dadurch erfolgen, dass Forscher vor den Publikationen eines Autors gewarnt werden, beispielsweise in Fußnoten gedruckter Publikationen. Für das Internet und dieses Blog kann nichts anderes gelten. Zur Forschungsfreiheit gehört auch die scharfe Auseinandersetzung mit Missständen in der Wissenschaft.

Schuler verfasste im Biographisch-bibliographischen Kirchenlexikon den Beitrag Notburga in Hochhausen: Band 6 (1993), Sp. 1019-1020.

http://www.bautz.de/bbkl/n/notburga_b_h.shtml (die bibliographischen Angaben sind zahlenden Kunden vorbehalten)

NOTBURGA in Hochausen. Im badischen Dorf Hochhausen a.N. (Neckar-Odenwald-Kreis) wird eine hl. Notburga verehrt, die nach der 1517 schriftlich fixierten Legende, die Tochter des Königs Dagobert I. und seiner heimlich angetrauten Gemahlin Mantilde gewesen sein soll. Sie habe später ihren Vater auf einen Kriegszug ins Neckartal begleitet. Hier habe sie sich von ihm getrennt und lebte zurückgezogen in einer Höhle und sei von einer Hirschkuh mit Nahrung versorgt worden. Durch ihr Wirken habe sie das Christentum verbreitet. - Hochhausen war im Mittelalter Wallfahrtsort, was die Synode von Speyer von 1496 bezeugt. In der heutigen Kirche von Hochhausen zeigt eine Grabplatte des 14. Jh. eine plastische Darstellung der Heiligen ohne linken Arm, der vom erbosten Vater ausgerissen worden sei, und mit einer Schlange, die ihr ein heilendes Kraut gebracht haben soll. In den liturgischen Büchern wird sie nicht erwähnt.

Der Wikipedia-Artikel ist zwar recht ausführlich, aber nicht wirklich gut:

http://de.wikipedia.org/wiki/Notburga_von_Hochhausen

Um so dankbarer wäre man für eine zuverlässige Darstellung zur Dorfheiligen von Hochhausen. Aber Schulers Artikel ist fehlerhaft. Die arme St. Notburga (mir seit über 20 Jahren vertraut) hat eine solche Behandlung nicht verdient!

Dass die Standardversion von Mantilde nichts weiß - geschenkt! Dass 1517 nicht die Legende fixiert wurde, sondern eine Graböffnung stattgefunden hat, wird man womöglich auch verzeihen können. Die älteste Überlieferung des Notariatsinstruments von 1517 und der Legende bietet der Gemmingische Stammbaum des Reinhard von Gemmingen (1631/35), siehe auch den Abdruck

http://books.google.de/books?id=PmhDAAAAcAAJ&pg=RA1-PA142-IA2

Ich verweise auf Zschokkes Abdruck, da Schreiber 1807 mit dem Originalbeitrag Pattbergs nicht online ist:

http://de.wikisource.org/wiki/Seite:Steig_Frau_Auguste_Pattberg.djvu/18

Unverzeihlich ist dagegen die Bezeichnung des bekannten Wormser Synodales 1496 http://archiv.twoday.net/stories/5809507/ als "Synode von Speyer".

Ob die Grabplatte nicht doch in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts gehört? In Hochhausen erzählte man mir vor Jahren unter Berufung auf Heidelberger kunsthistorische Forschungen von einer Datierung 1400-1430. Jedenfalls ist die Übernahme der üblichen Datierung ins 14. Jahrhundert durch Schuler nicht im geringsten zu beanstanden.

Natürlich hätte man sich weitere Angaben zu den gegenständlichen Kultzeugnissen gewünscht (zu Balg: http://archiv.twoday.net/stories/38735546/ ), aber die größten Unzulänglichkeiten bietet nicht der allzu dürftige Textteil, sondern der bibliographische Apparat, auf den im Kirchenlexikon sonst viel Wert gelegt wird.

Lit.: Reinhard Frauenfelder, Die Patrozinien im Gebiet des Kantons Schaffhausen, Diss. phil., Schaffhausen 1928; -

E.A. Stückelberg, S. Notburga Vidua, in: Archives suisses des Traditions populaires, Bd. 12 (Basel ...) 191-200; -

Zs. f. Gesch. d. Oberrheins, Bd. 40 (1866) 385-401; -

Badische Heimat Bd. 38 (1958) 159-170; -

hl. Notburga, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hrsg. v. Hans Bächtold-Stäubli, Bd. 6 (Berlin/Leipzig 1934-1935), Sp. 1137; -

Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden Bd. 4/3 (Freiburg 1903) 33-43; -

Karl Künstle, Ikonographie der Heiligen, Bd. 2 (Freiburg/Br. 1926), 468; -

Julius Wilhelm, Zur Geschichte der Pfarrei Bühl im Klettgau, in: ZGO NF 39 (1938) 234 f.


Hinzuzunehmen sind die Literaturangaben des ebenfalls von Schuler zur gleichen Zeit verfassten Artikels über Notburga im Klettgau:

Lit.: Notburga, in: Acta SS Boll. Ian. Bd. 2 (1643) 750 ff.; - Lexicon der Heiligen (Köln/Frankfurt 1719); - Guenebault, Iconographie (Paris 1850) 448 f.; - J.E. Wessely, Ikonographie Gottes und der Heiligen (Leipzig 1874) 317; - H. Detzel, Christliche Ikonographie, Bd. 2 (Freiburg/Br. 1896) 559; - Karl Künstle, Ikonographie der Heiligen, Bd. 2 (Freiburg/Br. 1926) 468; - D.H. Kerler, Die Patronate der Heiligen, Ulm 1905, 80 u. 133; - Notburga, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hrsg. v. Hans Bächtoold-Stäubli, Bd. 7 (Berlin/Leipzig 1934/35) Sp. 1138; - A. Pfeifer, in: Archiv für christliche Kunst Bd. 33 (1915) 99-104; - R. Frauenfelder, Die Patrozinien im Gebiet des Kantons Schaffhausen; Schaffhausen 1928 (Diss. phil. Zürich) 48-50; - Kunstdenkmäler des Kanton Schaffhausen Bd. 3 (Basel 1960) 127 f.; - R. Pfleiderer, Die Attribute der Heiligen, (Ulm 19182) 88; - E.A. Stückelberger, S. Notburga Vidua, in: Archives suisses des traditions populaires, Bd. 12 (1912) 191-200; - J. Wilhelm, Zur Geschichte der Pfarrei Bühl im Klettgau, in: Freiburger Diözesanarchiv NF 39 (1938) 233-252.

Bereits ein simpler Vergleich macht stutzig. Wieso beziehen sich 3 der nur 8 Literaturangaben der Hochhauser Notburga auf die Namensvetterin im Klettgau? Und wieso werden exakt die gleichen Titel unterschiedlich zitiert?

Wieso fehlt bei Frauenfelder im ersten Artikel (künftig: A) eine Seitenangabe?

"E.A. Stückelberg, S. Notburga Vidua, in: Archives suisses des Traditions populaires, Bd. 12 (Basel ...) 191-200" wird man im Proseminar kaum durchgehen lassen.

Der gute Mann heißt Stückelberg, nicht Stückelberger (so der zweite Artikel, künftig: B) und Bd. 12 ist 1908/09 erschienen:

http://dx.doi.org/10.5169/seals-110978

Die Hochhauser Heilige kommt darin nur ganz am Rande vor. S. 192 Anm. 2 bringt immerhin den interessanten Hinweis, dass Stückelberg in St. Stephan zu Mainz eine Reliquie der Hochhauser Heiligen vorfand.

"Zs. f. Gesch. d. Oberrheins, Bd. 40 (1866) 385-401" Hat es Maximilian Huffschmid, der 1886 (nicht: 1866) die bislang beste Darstellung zur Heiligen vorlegte, nicht verdient, dass man ihn korrekt mit Titel zitiert: "Hochhausen am Neckar und die heilige Notburga"?

http://archive.org/stream/zeitschriftfrdi02langoog#page/n393/mode/2up

Das gleiche gilt für "Badische Heimat Bd. 38 (1958) 159-170" = Fritz Liebig, Die Notburgasage, geschichtlich gesehen. Nicht sonderlich erheblich, aber mit Anmerkungen.

[Online: http://www.badische-heimat.de/neu/verein/heft/reprint/1958_2_notburga.pdf ]

Beim HDA ist Bd. 6 (nicht wie B will 7) richtig, Sp. 1137f., nicht nur 1137, und der Vorname von Herausgeber Bächtold-Stäubli war Hanns, nicht Hans.

"Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden Bd. 4/3 (Freiburg 1903) 33-43". Der Kreis Mosbach (Bd. 4,4) erschien in Wirklichkeit 1906 und zwar in Tübingen. Auch wenn man "Großherzogthums" nicht mitzählt, komme ich bei dieser Literaturangabe auf drei Fehler.

http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/kdm4bd4/0042

Der nächste Titel ist ausnahmsweise korrekt zitiert, soweit ersichtlich:

http://books.google.de/books?&id=hEVLAAAAYAAJ&q=hochhausen

Der für die Hochhauser Notburga belanglose Aufsatz "Julius Wilhelm, Zur Geschichte der Pfarrei Bühl im Klettgau, in: ZGO NF 39 (1938) 234 f." erschien nicht in der ZGO, sondern (so auch B) im FDA:

http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/5968/

Dass man angesichts dieser Fehlermenge nicht von sorgfältiger Arbeitsweise sprechen kann, leuchtet ein. Schulers Artikel ist aber auch deshalb so gut wie unbrauchbar, weil wichtige Arbeiten in der Bibliographie fehlen. Sie hätte man sich anstelle der entbehrlichen Studien zur Klettgauer Heiligen gewünscht.

Es fehlen das Lexikon für Theologie und Kirche (nicht erst in der dritten Auflage präsent) und das Lexikon der christlichen Ikonographie 8 (1976), S. 72 mit weiterer Literatur.

Campbell Dodgson, Ein oberrheinisches Schrotblatt, in: Oberrheinische Kunst 8 (1939), S. 84—88 kann man selbstverständlich übersehen. Das Blatt in der Datenbank des British Museum mit Abbildung (siehe unten):
http://www.britishmuseum.org/research/search_the_collection_database/search_object_details.aspx?objectId=1352524&partId=1

Unverzichtbar ist dagegen Rüdiger Becksmann, Die Mittelalterlichen Glasmalereien in Baden und der Pfalz ohne Freiburg (CVMA II, 1), 1979, S. 57-61 mit dem wichtigen Nachweis der um 1330 datierten NOPVRG-Scheibe im Kurpfälzischen Museum, auch erfasst in den Deutschen Inschriften 12 (1970), S. 22 Nr. 32. Dies ist für Hochhausen und seine Notburga das älteste Kultzeugnis!

Wichtig sodann: Christoph Wehrli, Mittelalterliche Überlieferungen von Dagobert I., 1982, S. 230-232 (von Joachim Dahlhaus im LThK 3. Aufl. zitiert). Zu überprüfen ist ein Einfluss der Beyrlin-Fälschungen auf die älteste Textüberlieferung im Gemmingenschen Stammbaum.

Im Ergebnis spekulativ und von mir abgelehnt, aber hinsichtlich der Aufarbeitung der Traditionsbildung nicht ohne Wert: Heinrich Kunstmann, Dagobert I. und Samo in der Sage, in: Zeitschrift für slavische Philologie 38 (1975), S. 279-302.

Ute Fessmann, Notburga - die Kraichgauheilige und ihr Wandmalereizyklus in Hochhausen am Neckar, in: Die mittelalterlichen Wandmalereien zwischen Rhein, Neckar und Enz. - Ubstadt-Weiher ; Heidelberg [u.a.], 2011, S. 251 - 280 habe ich noch nicht gesehen. [Update: http://archiv.twoday.net/stories/96993889/ ]

Fazit: Korrektes wissenschaftliches Arbeiten konnte bei der Überprüfung des Notburga-Artikels von Schuler nicht festgestellt werden.


Vor der Veröffentlichung der Beschreibungen der mittelalterlichen deutschen Handschriften der UB Tübingen - nur die neueren sind im Online-Katalog beschrieben - kann man jetzt auf den sehr alten handschriftlichen Katalog von Adelbert von Keller zurückgreifen, der mitunter jüngere Literaturnachträge enthält, woraus zu entnehmen ist, dass er das (bis heute) gültige Findmittel darstellt. Er wurde nun für die Reihe der deutschen Handschriften Md (Württembergica sind Mh) ins Netz gestellt.

http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/MhIII118-1/0859

Md 120 überliefert eine Abschrift der Schrift des Johannes Geiler von Kaisersberg "Der Hase im Pfeffer" (1502) und ist am Schluss 1514 datiert. Die letzten beiden Seiten sollen eine "ermanung zu+o dem lyden cristi" enthalten. Die Handschrift stammt wie etliche andere Tübinger aus dem Franziskanerinnenkloster Oggelsbeuren (Kurt Ruh: "Von den Drittordensfrauen Oggelsbeuren bewahrt die Univ.-Bibl. Tübingen 6 (Md. 113, 114, 120, 121, 122, 124), die Stuttgarter Landesbibl. 3 Hss." - JSTOR)

Druck von 1516 "Der Hase im Pfeffer":
http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/bsb00008026/image_195

Md 120 fehlt natürlich im Handschriftencensus.

Wohl alle frühneuzeitlichen Handschriften zur Geschichte der Reichsturniere dürften auf Georg Rüxners 1530 erstmals erschienenes Turnierbuch zurückgehen.

Bekannt ist, dass ein namentlich nicht bekannter Illuminist vermutlich in Heilbronn Auszüge aus dem Rüxnerschen Turnierbuch angefertigt und in farbenfrohe Bilder umgesetzt hat. Seine Serienproduktion firmiert als "Kraichgauer Turnierbuch", als Faksimile des Cod. Ross. 711 der Vaticana (für die Herren von Helmstatt) herausgegeben von Lotte Kurras 1983 (Das Turnierbuch der Kraichgauer Ritterschaft, und nochmals 1996: Das große Buch der Turniere, in reduzierter Form). Die fünf Kurras bekannten Handschriften wurden vor allem für Mitglieder der Familien Helmstatt und Gemmingen erstellt, nur das Pommersfeldener Exemplar (Schlossbibliothek Hs. 123 olim 2734, siehe Lotte Kurras in: Die Grafen von Schönborn (1989), S. 496f. Nr. 377) für den Deutschordenskomtur Carl von Wolckenstein.

[Zu Heid. Hs. 58 ohne ausgemalte Wappen:
http://archiv.twoday.net/stories/97008625/

Zu den Handschriften des Kraichgauer Turnierbuchs
http://archiv.twoday.net/stories/948995596/ ]

Es dürfte daneben noch eine ganze Reihe unerschlossener frühneuzeitlicher Handschriften zu den Turnieren auf Rüxner-Basis geben. Zwei habe ich 2008 mitgeteilt ( http://archiv.twoday.net/stories/5059380/ ).

Bearbeitung des Turnierbuchs in Gießen, UB, Hs. 284

Eine mit vielen Wappen illustrierte Neubearbeitung, gewidmet Kurfürst Ludwig von der Pfalz, liegt in Gießen (Hs. 284).

Katalog Adrian S. 90f.
http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2006/3169/


Olaf Schneider von der UB Gießen hat sich am 18. Juli 2008 viel Arbeit für mich gemacht, ohne dass ich bislang dazu gekommen bin, seine Mitteilung zu verwerten, was hiermit mit herzlichem Dank nachgeholt sei:

"Wie Sie in "Archivalia" schreiben (so auch Adrian), ist die Handschrift Kurfürst Ludwig von der Pfalz gewidmet. Es handelt sich um den VI. Damit wäre bereits ein Rahmen für die Datierung gegeben, nämlich 1576-1583. Auch weitere Familienmitglieder sind in diesem Zusammenhang in der Widmung genannt: Herzog Johann Kasimir (1543-1592) und Reichard von Pfalz-Simmern (1521-1598). So böte die Herrschaftszeit Ludwigs den Rahmen für die Datierung, doch ganz so einfach ist es nicht.

Denn prüft man den Text der Vorrede (fol. 2r bis 5r), die auch Rüxner erwähnt, einmal genauer, so ist dieser nahezu identisch mit der Vorrede der Druckausgabe des "Thurnierbuches" in der späteren Fassung von Feyerabend (Frankfurt) 1578 (= VD 16-R3545). (Die Passagen zu Rüxner sind in der Handschrift unterstrichen sowie mit einem Zeichen am Rand versehen.) Auch das Titelblatt der Handschrift (fol. 1r) orientiert sich an dieser Druckausgabe. (Auf fol. 1v befindet sich ein erstes Wappen.) Der handschriftliche Text verwendet Kürzungszeichen und enthält Korrekturen (teilweise trug man weiße Farbe auf wohl unerwünschte Stellen auf, die man dann überschrieb). Was gegenüber dem Druck jedoch ausgelassen wurde, sind jedwede Bezüge auf Drucker und Druckort. Dies gilt sowohl für das Titelblatt als auch für die Vorrede. Deren Text endet mit "... dem Allmechtigen Gott vndertheniglich befehlen". Es fehlt: "Geben zu Franckfurt/ den 20. Feb. 1578 ... Sigmund Feyerabend."

An die Vorrede schließt sich dann das Gedicht Hartmann Schoppers (vgl. u.a. ADB 32, S. 372f.) an (fol. 5v bis 6r), das sich ebenfalls in der Druckfassung Feyerabends von 1578 findet und auch schon in dessen Fassung von 1566. (Schopper stand in enger Beziehungen zum Buchdrucker Feyerabend und hielt sich längere Zeit in Frankfurt auf.) Beim "Eingang" werden in der Handschrift dann die ersten Seiten der Druckfassung ausgelassen, in denen Rüxner zu Wort kommt. Die Handschrift fährt vielmehr fort mit (fol. 6v): "Wie Keyser Heinrich der Erst Bottschaft aussschickt vnd sich wider die vngläubigen rüst." Von den 38 Turnieren der Druckfassung folgen nun die ersten achtzehn Turniere. Damit endet die Handschrift. Ihre große Besonderheit gegenüber dem Druck sind die zahlreichen auffälligen Wappen, die ich allerdings nicht mehr genau mit Feyerabends Fassung verglichen habe. Diese Wappen sind zunächst auf dem Papier vorgezeichnet und dann farbig ausgemalt worden. Das gilt jedoch beileibe nicht für alle. Bei manchen fehlt die Ausmalung, bei anderen ist nur der Rahmen des Wappenschildes vorhanden, der graphisch jedoch nicht mehr gefüllt wurde. Die Handschrift blieb unvollendet. Von der frühen Provenienz fehlt jede Spur. Bekannt ist nur (so ja auch Adrian), dass sie aus der Bibliothek Heinrich Christian Senckenbergs (1704-1768, ein Bruder Johann Christians) durch die Schenkung seines Sohnes Renatus Carl (1751-1800) an die Universitätsbibliothek Gießen gelangte. Wie genau Senckenberg das Stück erwarb, ist bislang nicht geklärt.

Die Angaben Adrians zur Handschrift sind also nicht in allem zutreffend, was aber auch für andere seiner Handschriftenbeschreibungen gilt.

Die Handschrift gehört damit wohl ins letzte Viertel des 16. Jahrhunderts (ab 1576), vielleicht noch in die Lebenszeit Ludwigs. Nicht auszuschließen ist aber, dass sie noch etwas später entstand. Sie ist in einen einfachen Pergamenteinband (ohne Holzdeckel) gebunden. Zwar könnte man sie für eine Vorabfassung des Feyerabend-Druckes halten, wahrscheinlicher aber scheint mir, dass es sich um eine persönliche Bearbeitung/Fassung einer oder mehrerer Personen (Schreiber, Graphiker etc.) bzw. eine Auftragsarbeit handelt, die sich den Feyerabend-Druck zur Vorlage nahm. Vielleicht befindet sich auch an einem anderen Ort noch ein zweiter Band mit den fehlenden Turnieren."

[Zur Provenienz Schilter/Simon
http://archiv.twoday.net/stories/985928629/ ]

***

Theatrum Germanicae Nobilitatis

Unter diesem Titel überliefert LB Stuttgart Cod. hist. fol. 473 II, S. 1-62 ein alphabetisches Register zu Rüxners Turnierbuch, geschrieben von dem bekannten Zwiefalter Mönch Stephan Bochenthaler in Mariaberg 1643 (Katalog von Heyd). Das gleiche Werk ist auch in der Universitätsbibliothek Tübingen, Md 15, vorhanden (15./16. Jh.):
http://www.hmml.org/ research06/catalogue/detail.asp?MSID=73323

Das Werk ist im Tübinger Katalog nicht identifiziert (daher auch fehldatiert) und es fehlt auch die bei HMML angegebene:Titelformulierung
http://www.inka.uni-tuebingen.de/cgi-bin/msst?idt=15&form=lang
ebenso inhaltsarm der alte Katalog Kellers
http://idb.ub.uni-tuebingen.de/diglit/MhIII118-1/0845
Heyds Stuttgarter Katalog:
http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/264993

***

Ziemlich ahnungslos wird das handschriftliche Turnierbuch 935-1457 (ohne Signatur?) der Bibliothek der Humboldt-Universität Berlin in das 15./16. Jahrhundert datiert:

http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj31000006,T

"Auf der äußeren Blatthälfte sind die bunt ausgemalten Wappen, auf der inneren stehen die Namen der Ritter. Wie der Namenszug Blehsen auf dem Titelblatt und dem Innendeckel ausweist, befand sich die Handschrift ursprünglich im Besitz des Zisterzienser-Klosters in Blesen (bei Posen), das 1836 durch Preussen mit zahlreichen anderen Klöstern in diesem Raum säkularisiert wurde."

Der kodikologisch ausgesprochen laienhafte Aufsatz von Laminski, Adolf & Peschke, Elke-Barbara: Wiederentdeckte Handschriften
in der Universitätsbibliothek Berlin in: Scrinium Berolinense (2000), S. 471-475, hier S. 474f. bringt außer einer schlechten Abbildung nur noch den Titel: "HASTILVDIA seu TORNEAMENTA Nobilitatis Germanicae. Anno Christi 935 introducta numero Triginta sex, ? temporibus usque in annum 1457 Peracta, cum Nobilum Equitum, in his concertantium, insigniis, coloribus debitis distinctis". Statt 1457 dürfte 1487 zu lesen sein, und der Schriftcharakter (laut Abbildung) stellt den Codex frühestens in die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts oder ins das 17. Jahrhundert.

Die Bibliothek weigerte sich, außer dem Hinweis auf den soeben zitierten schlechten Aufsatz Näheres zur Handschrift mitzuteilen. Der Leiter der Bibliothek Degkwitz fand das ganz in Ordnung.

[Digitalisat der Handschrift und ein Aufsatz von 2004 nachgewiesen unter http://archiv.twoday.net/stories/572464101/ ]

***

Nachträge:

Im Handel befindet sich auch 2012 eine zweibändige Handschrift des Rüxnerschen Turnierbuchs
http://archiv.twoday.net/stories/5789575/
http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:R%C3%BCxners_Turnierbuch_(Abschrift_17._Jh.)

***

Hessisches Staatsarchiv Darmstadt C 1 D Nr. 91. HADIS-Eintrag:

"Wappen- und Turnierbuch, mit einer Zusammenstellung der zumeist kolorierten Wappen von adeligen Teilnehmern der (angeblich) zu Magdeburg 938, zu Rothenburg ob der Tauber 942, zu Konstanz 948, zu Merseburg 968, zu Braunschweig 996 und zu Trier 1019 abgehaltenen Turniere"
Laufzeit [um 1650]
ab 1803 Bodmann Habel Nr. 26

[ http://www.hadis.hessen.de/hadis-elink/HSTAD/C%201%20D/Findbuch.pdf ]

***

Studt (FS Zotz 2009) weist S. 380 Anm. 27 in der 1580 datierten illustrierten Pariser Handschrift Ms. allemand 86, Bl. 57r-191r eine Abschrift des Turnierbuchs Rüxners nach:
http://archiv.twoday.net/stories/5799510/

***

Staatsarchiv Bamberg, GHAP Nr. 4154
Georg Rixner, Caduceator Kaiser Maximilians I., Turnierbuch, 1578 - Folioband, 89 Bl.
Enthält: Regeln für das Turnier; Teilnehmer an Turnieren; Namenslisten
1578
http://www.gda.bayern.de/findmittel/pdf/staba_ghap_001_2010.pdf

***

Jeremias Schemels Turnierbuch um 1570
Harnisch Heinrichs I. und die Mauerkirchener Reiter
Wien Cod. ser. n. 12756
http://archiv.twoday.net/stories/120175110/

***

Handschrift des 17. Jh., angeboten 1881
http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/heberle1881_05_12/0206

***

Handschrift in der British Library London

"ACCOUNT Of the Tournaments held at Nuremberg, by the Emperors of Germany and other Princes, as well as by the inhabitants, from 1198 to 1561, in German; illustrated with numerous colored shields of arms and figures of armed knights. The contents are :- Notice of the first Tournament in Germany, celebrated by the Emperor Henry I. at Magdeburgh, in 933, f. 1 ;-Account of the first Tournament at Nuremberg, celebrated by the Emperor Henry VI. in 1198 ; including the names of the Princes, Counts, and Barons who were present, and a description of the dances and the banquet, ff. 3-37 ;-Briefer accounts of the Tournaments held in 1284, 1298, 1329, 1361, 1364, 1380, and 1388, fr. 38- 44 b.;-Tournaments held in 1401, 1434, 1437, 1440, and 1441, ff. 45-60 b. ; -Joust held by the principal inhabitants of Nuremberg and its vicinity, in 1446, with representations of the knights encountering on horseback, ff. 61- 116;-Notice of the Tournament held in 1450, f 117;-The Tournament held by Albert, Margrave of Brandenburgh, in 1454; with representations of the heralds, musicians, jesters, and others assisting in the lists; and figures of the winners of the four prizes, mounted, fF. 117 b.-131 ;-Jousts and entertainments in the years 1485-1532, ff. 132-154;-Joust held by the in. habitants of Nuremberg, on occasion of the marriage of Barnabas Pömer in the year 1538; comprising a poem on the subject, by Hans Sachs, and a representation of Joachim Pömer, armed, on horseback, ff. 154 b.-162; -Jousts in 1539, 1546, and 1561, with figures of the knights, fr. 164-176; -Collection of Ordinances respecting the dances held at the Rath-haus, 1545-1556, ff. 177-182 b. ;-Some shields of arms to be substituted for those previously drawn, f. 183. Written in the early part of the xviiith century. Folio. [15,683.]
Collection Area: Western Manuscripts
Reference: Add MS 15683"

Keineswegs das einzige handschriftliche Nürnberger Turnierbuch. Als Rüxner-Rezeption sind alle jene Turnierbücher zu werten, die das fiktive Turnier von 1198 und gegebenenfalls spätere fiktive Nürnberger Turnier enthalten. Radlmaier, Handschriften der Welser S. 220 nennt GNM Merkel Hs. 2° 928 (17. Jh.), S. 222 das Schembart-Buch ebd. 2° 271 mit einem Teil zu den Nürnberger Turnieren ab 1198.

***

Cod. I.7.2°2 der UB Augsburg überliefert das Rüxnersche Turnierbuch in einer auszugsweisen Abschrift mit Wappen, 1643

http://archiv.twoday.net/stories/233330559/

***

Rüxner via Moscherosch in einer Klagenfurter Handschrift rezipiert

http://archiv.twoday.net/stories/1022460813/

#forschung

#fnzhss



http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kraichgauer_turnierbuch_pommersfelden.jpg

Eigentlich sollte die folgende Besprechung in H-SOZ-U-KULT erscheinen. Der Vorschlag, die Geschichtsquellen des Mittelalters zu besprechen, wurde am 14. Februar 2012 akzeptiert, allerdings wurde mir aufgegeben, andere Portale zu berücksichtigen, da man nur noch Sammelbesprechungen veröffentlichen wolle. Die eingereichte Rezension musste aber rigoros zusammengestrichen werden. Dabei blieb viel zu viel auf der Strecke, was mir wichtig war. Zugegeben, mit über 5400 Wörtern liegt der Text weit über dem vereinbarten Limit (2000). Aber erstens ist es nicht fair, einen Autor zu einer Sammelbesprechung zu zwingen, dann aber nicht den nötigen Raum für die Begründung des sehr kritischen Urteils bereitzustellen, und zweitens dürfte das Internet kaum platzen, wenn man in einem solchen Fall eine Vollversion auf dem Server einstellt, per Mail aber nur eine Kurzversion versendet. Die viele Arbeit bereue ich keineswegs, denn auch in Archivalia wird diese Besprechung wahrgenommen werden.

Datenbanken zu mittelalterlichen Geschichtsquellen

Im Jahr 1830 veröffentlichte der Göttinger Professor Friedrich Christoph Dahlmann seine “Quellenkunde der deutschen Geschichte nach der Folge der Begebenheiten” [1], eine Bibliographie zu Quellen und Sekundärliteratur, die später von dem Mediävisten Georg Waitz weitergeführt wurde (“Dahlmann-Waitz”). Die von Hermann Heimpel verantwortete 10. Auflage dieses Werks ist ganz offensichtlich an der Masse des Materials gescheitert. 1858 kam die Erstausgabe von “Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter bis zur Mitte des Dreizehnten Jahrhunderts” von Wilhelm Wattenbach heraus, die kein gelehrtes Repertorium zum Nachschlagen sein wollte, sondern “durch zusammenhängende Darstellung zum eigenen Studium der Quellen anleiten, diesen in Beziehung zu den geschichtlichen Vorgängen [...] ihren Platz anweisen” wollte (Vorrede zur Ausgabe letzter Hand, 1893) [2] Inzwischen haben Robert Holtzmann, Wilhelm Levison, Heinz Löwe und Franz-Josef Schmale dieses Werk fortgeführt, wobei allerdings noch ein Teilband aussteht.

Quellenkunden situieren sich zwischen den beiden dadurch beschriebenen Polen: zwischen bibliographischer Liste und erzählender, einer Literaturgeschichte nahestehender Darstellung. Als deutschsprachiges Meisterwerk kann Alfons Lhotskys “Quellenkunde zur Mittelalterlichen Geschichte Österreichs” (1963) gelten, das sowohl als gelehrtes Nachschlagewerk als auch als einordnende Darstellung unschätzbare Dienste leistet. Während in mittelalterlichen Quellenkunden das einzelne Werk im Vordergrund steht, dominiert in der Neuzeit die Behandlung der Quellentypologie, also der Quellengattungen. Mit dem Sammelband “Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.-18. Jahrhundert)” von 2004 ist auch hier Österreich führend.

Seit Februar 2012 ist das Repertorium “Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters” online. Es liegt nahe, die entsprechende Datenbank der erzählenden Quellen der Niederlande “Narrative Sources” (NaSo) und hinsichtlich der handschriftlichen Überlieferung den “Handschriftencensus” für die deutschsprachige Literatur des Mittelalters vergleichend heranzuziehen. Die kritische Auseinandersetzung mit dem neuen Angebot der “Geschichtsquellen” soll jedoch im Vordergrund stehen.

Die von der Bayerischen Staatsbibliothek verantwortete Website der Geschichtsquellen umfasst ca. 4500 Werk- und 1300 Autoren-Artikel (laut Mail von Roman Deutinger, Bayerische Akademie der Wissenschaften München, vom 27. Februar 2012). Unter “About” findet man in NaSo als Umfangsangabe: ca. 2200 “records”. Den größten Umfang hat der Handschriftencensus: Am 27. Februar 2012 waren 21.576 Signaturen in 1.408 Bibliotheken/Sammlungen (ohne Privatbesitz) registriert, 5.355 Autoren/Werke, davon 1.104 mit Ausgaben sowie 16.150 Titel in der Literaturdatenbank (Mail von Jürgen Wolf, Marburg).

Der Census ist aus Marburger DFG-Projekten zu deutschsprachigen Handschriften des 13. und 14. Jahrhunderts ab 1990 hervorgegangen [3]. Obwohl institutionell an die Marburger Altgermanistik angebunden, wird er formal von einem privaten Wissenschaftlerteam verantwortet. Die ersten Wurzeln von NaSo liegen in den frühen 1980er Jahren, 1995 wurden erste Arbeitsergebnisse der Forschungsprojekte an den Mittelalterinstituten der belgischen Universitäten Gent und Löwen publiziert [4]. Seit 1996 gibt es eine Datenbankversion, seit 2002 kamen mit einem Groninger Projekt auch die heutigen Niederlande hinzu. Für die jetzige Website (seit 2009) zeichnet die Belgische Königliche Historische Kommission als Herausgeber.

Im Vergleich dazu haben die Geschichtsquellen die älteste Tradition. Sie sind ein Projekt der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und deren Kommission für die Herausgabe des “Repertorium Fontium Historiae Medii Aevi” (der Name wurde inzwischen geändert), eines internationalen Gemeinschaftsunternehmens, das 1953 als Neubearbeitung von August Potthasts “Bibliotheca” angeregt wurde [5]. Die Münchner Kommission existiert seit 1957. Kurz vor dem Abschluss des gedruckten Repertoriums (der letzte Band erschien 2007) begann sie damit, PDFs mit aktualisierten Artikeln aus dem “Repertorium Fontium” ins Netz zu stellen. Die PDFs werden hoffentlich als wissenschaftsgeschichtliche Quellen dort belassen, auch wenn vorgesehen ist, sie nicht mehr zu verändern.

Der Historiker und Bibliothekar August Potthast erarbeitete seine “Bibliotheca Historica Medii Aevi. Wegweiser durch die Geschichtswerke des europäischen Mittelalters” mit stupendem Fleiß. Die Erstausgabe erschien 1862 (mit Supplement 1868), die weit umfangreichere Zweitauflage 1898 [6]. Dieses seinerzeit hoch gerühmte Werk ging allerdings, wie Oswald Holder-Egger einmal notierte, in der Erstausgabe hinsichtlich vieler Artikel auf das Potthast von Georg Heinrich Pertz übergebene “Direktorium” der Scriptores der Monumenta Germaniae historica zurück, für dessen Bearbeitung Pertz 1823 den Wolfenbütteler Oberbibliothekar Ebert verpflichtet hatte. Dieses Verzeichnis sollte die handschriftliche Überlieferung und die Abdrucke der erzählenden Quellen nachweisen (samt den “Hülfsmitteln”, also der Sekundärliteratur), aber auch die benutzten Quellen und die Rezeption der Werke [7]. Mit Blick auf dieses nie gedruckte Direktorium wollte Wattenbach 1858 den bibliographischen Apparat seiner Quellenkunde schlank halten [8].

1. Vollständigkeit

Es stellt einen gravierenden Mangel aller drei Angebote dar, dass die Aufnahmekriterien der behandelten Werke nicht offengelegt oder diskutiert werden.

Während die Geschichtsquellen (wie der Potthast) die Grenze bei 1500 ziehen, berücksichtigt NaSo noch die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts, und auch der Census geht vielfach ins 16. Jahrhundert hinein.

NaSo bezieht sich auf den historischen Raum der mittelalterlichen Niederlande (außer Belgien und den heutigen Niederlanden Teile Nordwestdeutschlands und Frankreichs). Der Handschriftencensus braucht sich auf den ersten Blick in dieser Beziehung mit keiner Abgrenzung zu quälen: Alle althochdeutschen, mittelhochdeutschen/frühneuhochdeutschen und mittelniederdeutschen Zeugnisse (um nur die wichtigsten Sprachstufen zu nennen) werden berücksichtigt, auch wenn sie beispielsweise im heutigen Rumänien (Siebenbürgen) oder in Estland niedergeschrieben wurden. Unklar bleibt freilich die Einbeziehung mittelniederländischer Texte und Handschriften. Man darf vermuten, dass sich der Census am Verfasserlexikon (2. Auflage) orientiert hat, das in Bd. 1, 1978 die Berücksichtigung solcher Autoren versprach, die in den nieder- und hochdeutschen Sprachraum hineingewirkt haben. Recht forsch wollen die Geschichtsquellen all das aufnehmen, “was für die Geschichte des deutschen Reiches im Mittelalter einschlägig ist” [9]. Dass hier hinsichtlich der Bestimmung des “deutschen Reiches”ein Rattenschwanz methodischer Probleme wartet, braucht wohl nicht näher ausgeführt zu werden. Vor dem 10. Jahrhundert gab es ja eigentlich kein “deutsches Reich”.

Noch problematischer ist freilich die Festlegung, welche Textgattungen aufgenommen werden. Im Fall des Handschriftencensus bereitet natürlich vor allem das spätmittelalterliche Geschäftsschriftgut Probleme. Frühe volkssprachige Urbare sind vertreten, solche aus dem 14./15. Jahrhundert eher nicht. Deutsche “urkundliche” Aufzeichnungen etwa in städtischen Amtsbüchern werden nicht berücksichtigt, während dort überlieferte “literarische” Texte (einschließlich Fachprosa) durchaus zu finden sind. NaSo scheint davon auszugehen, dass die Definition von “erzählenden Quellen” eher trivial ist: “all texts which describe the past in a narrative way: annals, chronicles, letters, diaries, poems, saint's lives, genealogies etc.”. Das sind im wesentlichen historiographische Gattungen, wobei dies natürlich die Frage aufwirft, was im Mittelalter als “Geschichtsschreibung” zu gelten hat.

Das Repertorium Geschichtsquellen des deutschen Mittelalter sei “ein bibliographisches und quellenkundliches Nachschlagewerk auf digitaler Grundlage zu den erzählenden Geschichtsquellen des mittelalterlichen Deutschen Reiches für die Zeit von ca. 750 bis 1500", liest man auf der Startseite. Möglicherweise hängt es mit der hastigen Online-Veröffentlichung des Angebots [10] zusammen, dass man sich nicht die Mühe gemacht hat, die entsprechenden .lateinischen Passagen aus dem “Prooemium” im letzten Band des gedruckten “Repertorium fontium” zu übersetzen oder auf Deutsch zu referieren. Selbstverständlich ist es grob irreführend zu sagen, dass es nur um die erzählenden Geschichtsquellen geht, denn tatsächlich finden sich Beispiele der im Prooemium aufgezählten anderen Gattungen sehr wohl in den Geschichtsquellen: Rechtsquellen, Briefe und Briefsammlungen, poetische Texte, Hagiographisches, Konzils- und Synodalakten, wirtschaftsgeschichtliche Quellen, ein Kessel Buntes zur Kultur- und Sittengeschichte (was auf Latein wesentlich weniger entlarvend klingt: “Fontes de historia morum et doctrinarum”), Memorialquellen, arabische, jüdische und türkisch-osmanische Quellen zur europäischen Geschichte sowie lateinische Interpreten arabischer, griechischer und jüdischer Werke. Dabei ist stets an eine Auswahl des Wertvollsten gedacht, also solcher Werke, die wirkliche Geschichtsquellen sind.

Aber was um Himmels willen sind wirkliche Geschichtsquellen? Hinter dem gedruckten Repertorium und damit auch hinter den digitalen Geschichtsquellen steht die zutiefst fragwürdige traditionelle Konzeption der Ereignisgeschichte, der es primär um die Taten der Kaiser und Könige ging. Quellen, die zur faktographischen Erkenntnis beitragen konnten, wurden als wertvoll eingeschätzt, die anderen missachtet (und in Editionen oftmals nur gekürzt abgedruckt). Auch wenn in Wattenbachs Quellenkunde eine gehörige Prise Geistesgeschichte vorhanden ist, sind seine Wertungen überwiegend diesem, inzwischen weitgehend überwundenem Ansatz verpflichtet. Noch 1910 formulierte Paul Joachimsen: “Daß es für den historiographischen Wert eines Geschichtswerkes gleichgültig ist, ob es für seine Zeit oder eine frühere sonst unbekannte Nachrichten bietet, ja sogar ob es vom Standpunkt unsrer heutigen Kenntnis historisch Richtiges enthält, diese Auffassung ist noch weit von allgemeiner Geltung entfernt.” [11].

Wer heutzutage für einen erweiterten Quellenbegriff plädiert, rennt dagegen weit offene Türen ein. Das gilt aber nicht für die Geschichtsquellen, die nach wie vor dem obsoleten Quellenbegriff anhängen. Dies mag ein kleines Zitate-Florilegium demonstrieren: “laut Friedlaender erst Mitte 12. Jh. in Magdeburg aus älteren Quellen unter legendarischer Ausschmückung kompiliert und folglich historisch wertlos; diese Meinung blieb jedoch nicht unwidersprochen.” - “Kurze Briefe von geringem Quellenwert” - “Das Werk stammt von einem anonymen, wohl aus Hamburg stammenden Verfasser und ist ohne eigenständigen Quellenwert, da es im Grunde nur die Darstellungen in der Historia Ottonis des Liutprand von Cremona (PND118575171) und im Chronicon sive Gesta Saxonum des Thietmar von Merseburg (PND118757083) nachschreibt” - “Von geringer historischer Glaubwürdigkeit.” - “Die Chronik bietet, im Anschluß an ein Nekrolog, etwa 30 annalistische Notizen zu den Jahren 1101-1344, von denen nur die jüngeren historischen Wert haben.” Der kulturhistorische oder geistesgeschichtliche Erkenntniswert historischer Zeugnisse - und damit der Erkenntnisfortschritt der letzten Jahrzehnte - wird offenkundig ignoriert, wenn historischer Wert mit ereignisgeschichtlichem Nachrichtenwert gleichgesetzt wird.

Der unglaublich naive Ansatz der Repertoriums-Verantwortlichen, man könne in Fortführung der Zusammenstellung des - einseitig im Sinne der faktographischen Konzeption wertenden - August Potthast den klassischen Quellenkanon durch geistes- und kulturgeschichtliche Alibi-Texte erweitern und damit den bibliographischen Auftrag erfüllen, konnte nicht funktionieren. Die Vielfalt der vom Historiker heranzuziehenden Quellen hat Lhotsky in seiner bereits erwähnten Quellenkunde eindrucksvoll gesichtet, bevor er sich im Hauptteil den erzählenden Quellen zuwandte. Aus meiner Sicht ist Meister Albrants Roßarzneibuch mit weit über 200 Handschriften eine wichtigere Geschichtsquelle als alle penibel aufgelisteten früh- und hochmittelalterlichen lateinischen Dedikationsnotizen im “Repertorium” zusammen.

Nun könnte man ja mit gewissen konzeptionellen Mängeln leben, wenn eine kluge Auswahl getroffen worden wäre. Davon kann aber nicht die Rede sein. Als Ganzes sehe ich das gedruckte Repertorium - der erste Band erschien 1962, das letzte Heft von Bd. 11 2007 - als gescheitert an. Die Qualität reicht längst nicht an von verschiedenen Autoren erstellten Sammelwerke wie das Verfasserlexikon oder das Lexikon des Mittelalters heran. Das Repertorium ist kein wirklich gutes Nachschlagewerk, wenngleich ich zugeben muss, dass die letzten Bände erheblich besser sind als die ersten und ich mitunter den PDFs der Geschichtsquellen wertvolle Hinweise entnehmen konnte. Bei früh- und hochmittelalterlichen Quellen scheint mir die Qualität höher zu sein als bei den späteren.

Dass im Früh- und Hochmittelalter hagiographische Quellen zu den wichtigsten Geschichtsquellen überhaupt gehören, ist eine Binsenweisheit. Da so ziemlich alle keinem Verfasser zuweisbaren Viten in einen Nachtragsband verschoben wurden, ist das Repertorium schon aus diesem Grund ein unbrauchbarer Torso. Ich muss gestehen, dass ich lange gebraucht habe, bis ich in der Vorrede von Bd. 10 (2005), S. VI auf den versteckten Hinweis stieß, die “ingens moltitudo” habe dazu bewogen, die Viten zurückzustellen. Irritierenderweise gibt es einige wenige Viten (auch Heiligenviten!) unter V. Und dort steht keine Silbe über die Entscheidung, ebenso wenig wie beim Buchstaben S (es war vorgesehen, alle Heiligenviten unter Sanctus zu versammeln) oder in der Vorrede zum letzten Band. Man wusste aber doch von Anfang an, wie umfangreich das hagiographische Korpus ist, denn in Potthasts Bibliotheca nahm es bereits immensen Raum ein. Und sehr viele neue Texte sind zwischenzeitlich auch nicht bekannt geworden. Nichts verdeutlicht mehr das Desaster - man mag auch sagen: die Steuergeldverschwendung - des gedruckten Repertoriums als diese unglaubliche Entscheidung, die hochwichtigen hagiographischen Quellen erst einmal wegzulassen, damit man das allzu lang sich hinziehende Werk überhaupt abschließen konnte.

Das ist aber nur die größte Lücke. Ich muss mich auf wenige Beispiele beschränken. Der wichtige dämonologische Traktat des Abts Richalm von Schöntal wurde 2009 in der MGH-Reihe der “Quellen zur Geistesgeschichte” ediert - für die Geschichtsquellen existiert er nicht (obwohl er in einem alten Druck von Pez vorlag). Schriften von Job Vener (in einer Erwähnung zu “Jobst” verballhornt) oder Winand von Steeg: Fehlanzeige! Unausgewertet blieb etwa der Sammelband “Die Quellen der Geschichte Österreichs” (1982), in dem man etwa Nachweise zum Tagebuch des Ulrich Putsch oder zur Vorarlberger Chronik des Ulrich Tränkle (beide Werke fehlen) hätte finden können. Bei den historischen Liedern wurde nur eine lächerlich kleine, offenbar ohne Sinn und Verstand getroffene Auswahl berücksichtigt (wovon man sich mittels der Volltextsuche nach Liliencron überzeugen kann). Von den Liederdichtern der Burgunderkriege sind nur Veit Weber und Judenfint (so ist wohl statt Judensint zu lesen, die Geschichtsquellen haben: Judensit) vertreten. Unverzeihlich erscheint mir das Fehlen des Gedichts “Die Niklashauser Fahrt”[12]. Ist Püterichs Ehrenbrief womöglich nur für Germanisten wichtig, nicht aber für Historiker? Von den neun Schwesternbüchern aus oberdeutschen Dominikanerinnenklöstern [13] finden sich nur drei in den Geschichtsquellen. Wieso fehlen die Briefe Wigos von Feuchtwangen aus dem Ende des 10. Jahrhunderts? Wieso wurde der “Traum” des Wolf von Hermannsgrün, eine “politische Denkschrift” von 1495, übergangen?

Fragwürdig sind auch viele Entscheidungen, aus dem Gesamtwerk von Autoren einseitig das zu bevorzugen, was dem engen, um nicht zu sagen engstirnigen Begriff einer historischen Quelle entspricht. Mit welchem Recht greift man aus dem Oeuvre des sogenannten Konrad von Hirsau nur seine Literaturgeschichte als historisch bedeutsam heraus? Bei dem Konstanzer Konrad Grünenberg wird sein Reisebericht und eine - eher belanglose - Chronikbearbeitung berücksichtigt, nicht aber das berühmte Wappenbuch - während das kaum bekannte Wappenbuch Edlibachs in den Geschichtsquellen vertreten ist! Bei dem Oeuvre des Ulrich Molitoris hätte man mindestens auch das “Somnium”, das sich auf den Konstanzer Bistumsstreit bezieht, berücksichtigen müssen.

Wer weitere Belege für die Willkür der Auswahl bei den nicht-erzählenden Quellen braucht, kann sich der Suchfunktion (Filter “Gattung”) bedienen. Was unter “Wirtschaft/Verwaltung” zusammengewürfelt wurde, ist mehr als peinlich: ein Sammelsurium, dessen Nutzen nicht erkennbar ist. Was fängt man mit einigen Lehenbüchern, mit einer Handvoll Rechnungsaufzeichnungen an? Wieso ist das Runtingerbuch wichtiger als das Habsburgische Urbar? (Güterverzeichnisse sind so gut wie nicht vertreten.)

Eine Literaturgeschichte darf sich auf eine gut durchdachte Auswahl stützen. Von einer Quellenkunde zur mittelalterlichen Geschichte darf man zwar nicht Lückenlosigkeit verlangen, wohl aber, dass sie den Ratsuchenden nicht mit einer ganz und gar veralteten Auffassung dessen, was für den Historiker als Quelle wichtig ist, bevormundet.

2. Der Aufbau der Einträge

Während NaSo Datierung (Jahrhundert), Gattung, Sprache und Incipit/Explicit in einem auffälligen roten Feld auf der rechten Seite platziert, verzichten die Geschichtsquellen und der Handschriftencensus ganz auf grafische Elemente.

Da der Census ein Handschriftenrepertorium ist, sind hinsichtlich des Aufbaus der Einträge nur NaSo und die Geschichtsquellen direkt vergleichbar. Der Handschriftencensus verzichtet ganz auf jegliche Angaben zu den überlieferten Werken selbst. Man erfährt also noch nicht einmal ihre Datierung. Da durchaus nicht alle Werke im Verfasserlexikon enthalten sind, sind solche Daten durchaus nicht entbehrlich.

Der Kopfteil von NaSo beginnt mit knappen Angaben zum jeweiligen Autor, gefolgt von Grunddaten des Textes (Lokalisierung, Datierung, Widmung), einer Umfangsangabe, Angaben zum Kontext (selten ausgefüllt) und einer kurzen Charakteristik des Textes. Der Hauptteil besteht aus folgenden Kategorien (englische Version): Sources, Influence (also Rezeption), Manuscripts, Translations, Editions, Literature und Links. Dagegen ist der Aufbau der Geschichtsquellen-Artikel wesentlich weniger formalisiert. Autoren- und Werkseiten werden hier getrennt. Auf eine Kurzinformation zum Werk folgen Angaben zu den Handschriften, den Ausgaben/Übersetzungen und zur Literatur. Häufig unbefriedigend ist die Trennung zwischen der allgemeinen Literatur (Comm. Gen.) und der Spezialliteratur zum Werk.

Zwar entspricht die Berücksichtigung von Quellen und Rezeption in NaSo der Konzeption des erwähnten MGH-Direktoriums, doch ist verständlich, dass die Geschichtsquellen den erheblichen Problemen der Operationalisierung dieser Forderung ausgewichen sind.

Lhotskys Quellenkunde gab 1963 den Textbeginn der behandelten Werke an. In über 300 Einträgen der Geschichtsquellen findet sich die Zeichenfolge inc, also die Angabe eines Incipits, häufig bei Versdichtungen und dort oft mit einem Nachweis aus Walthers Initia verbunden. Dagegen finden sich Incipit-Angaben nur vereinzelt im Handschriftencensus. Dringend wünschenswert wäre, dass die Textanfänge auch als separate Liste auf einer einzelnen Seite zur Durchsicht bereitgestellt und in eine Open-Access-Initien-Datenbank eingespeist würden.[14].

Dass die Textüberlieferung einen zentralen Aspekt der mittelalterlichen Literatur darstellt, ist eine in ihrer Bedeutung kaum zu überschätzende Einsicht der überlieferungsgeschichtlichen Methode der Altgermanistik, der im Verfasserlexikon und im Handschriftencensus Rechnung getragen wurde. Auch in meinem Versuch einer überlieferungsgeschichtlichen Quellenkunde der Burgunderkriege [15] habe ich viel Wert auf den Nachweis der Handschriften gelegt. Die Geschichtsquellen haben versucht, Handschriften stärker zu berücksichtigen als in älteren Quellenkunden üblich - sei es durch die explizite Nennung von Handschriften (eher selten), sei es durch Hinweise auf Literatur zur handschriftlichen Überlieferung. Es sollte aber angestrebt werden, konsequent zu jedem Werk die gesamte handschriftliche Überlieferung anzugeben, wie dies offensichtlich die Konzeption von NaSo ist. Nur der Handschriftencensus gibt an, wenn die bekannte Gesamtüberlieferung erfasst ist. Die Geschichtsquellen bemerken, wenn nur eine einzige Handschrift das Werk überliefert. Welchen Umfang die Überlieferung hat, wäre durchaus eine wichtige Information.

NaSo hat zu jeder Handschrift eine eigene Seite, auf der rechts im roten Kasten die Datierung angegeben werden soll. Aufgeführt werden sollen die überlieferten Werke (aus dem NaSo-Bestand) mit Blattangaben, doch meistens fehlen diese (und auch die Datierung). Anders als beim Handschriftencensus, der ja die Handschriften in den Mittelpunkt stellt, vermisst man Links zu Handschriftenkatalogen und anderen Beschreibungen. Es wäre an der Zeit, ein als Wiki konzipiertes internationales Äquivalent zum Handschriftencensus für die lateinischen Handschriften ins Leben zu rufen. Dadurch könnten auch die vielen Handschriftenbeschreibungen in den Editionen, Schriftenreihen und Zeitschriften der MGH, zu denen es keinen Gesamtindex gibt, erschlossen werden. Vergleichsweise nutzlos ist dagegen das seit 2007 offenbar nicht mehr gepflegte “Repertorium Chronicarum” im Internet, eine Kompilation zur handschriftlichen Überlieferung lateinischer mittelalterlicher Chroniken ohne jegliche Quellenangaben [16].

Ärgerlicherweise bietet der Handschriftencensus bei vielen Handschriften nicht einmal die Grunddaten der Schlagzeile eines modernen Handschriftenkatalogs. Mitunter erfährt man nur die Signatur der Handschrift und eine Literaturangabe. Schreibernamen, Schreiborte und Provenienzen werden von den Verantwortlichen des Census viel zu oft unterschlagen.

Bei den Formalien sind die Literaturangaben des Census dagegen vorbildlich. Die Literaturangaben enthalten die Vornamen der Autoren, und die Anzahl der Abkürzungen (4) kann vernachlässigt werden. Während NaSo anscheinend auf Abkürzungen verzichtet, haben die Geschichtsquellen leider noch nicht begriffen, dass Abkürzungen im Internet nicht nur unnötig sind, sondern auch der Auffindbarkeit in Suchmaschinen schaden. Wie übereilt der Datenbestand ins Internet gestellt wurde, zeigt sich auch am Fehlen eines Abkürzungsverzeichnisses. Es gibt zwar ein solches für das Repertorium fontium auf der Kommissions-Website [17], aber in diesem fehlen die Abkürzungen jüngerer Werke wie “Encycl. Chron.” .oder “CALMA”.

Die chronologische Anordnung der Literaturangaben in den beiden deutschsprachigen Angeboten ist nur zu begrüßen, da sie die wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung spiegelt. NaSo ordnet leider alphabetisch.

3. Zuverlässigkeit

Fehlerlosigkeit wird man bei solchen quellenkundlichen Verzeichnissen nicht erwarten dürfen. Es gab den einen oder anderen groben Schnitzer im Handschriftencensus, und außerhalb der ohne Zweifel sich auf die mittelhochdeutsche Klassik beziehende Kernkompetenz findet man unzählige Lücken sowohl hinsichtlich der Erfassung der Überlieferung als auch bei den Literaturangaben. Während mir für ein Urteil über NaSo die Kenntnis der behandelten Werke und der Überblick über den Gesamtbestand fehlt, lassen mich meine Beobachtungen zu den Geschichtsquellen zu einem weitgehend negativen Resultat kommen. Meine Sondierungen ergaben einen hohen Anteil von fehler- und lückenhaften Artikeln.[18]. Um nur ein Beispiel aus dem Hochmittelalter herauszugreifen: Bei den Reiserechnungen des Passauer Bischofs Wolfger steht die maßgebliche Ausgabe von Heger nur unter der Literatur, nicht unter den Ausgaben. Die Seitenzahl bei Haider ist falsch (richtig: 45), die Stelle in Lhotskys Quellenkunde S. 122 fehlt. Anzugeben gewesen wäre auch der im Wikipedia-Artikel zum Bischof genannte Sammelband “Der achthundertjährige Pelzrock” (2005), dessen Titel auf den berühmtesten Eintrag dieser Quelle, das Lebenszeugnis Walthers von der Vogelweide, anspielt.

Die Geschichtsquellen sind eine ganz und gar uneinheitliche Kompilation mit im wesentlichen drei Bearbeitungsschichten: aus dem gedruckten Repertorium fontium übernommene Artikel (nicht selten von zweifelhafter Qualität), für die PDFs neu bearbeitete Artikel und jüngste Ergänzungen für die digitale Version. Ärgerlicherweise wird der jeweilige Bearbeitungsstand nicht angegeben.

Ein Akademieprojekt, das ja höchsten Ansprüchen genügen muss, hat zwingend systematisch und konsequent zu arbeiten. Ein zitiertes Nachschlagewerk oder eine angeführte Arbeit der Sekundärliteratur muss für alle in Betracht kommenden Artikel erschöpfend ausgewertet werden.

Der Handschriftencensus versucht zwar, diese methodische Maxime zu verwirklichen, hat aber in dieser Beziehung durchaus Defizite. So darf man etwa keineswegs damit rechnen, dass alle Überlieferungsangaben des Verfasserlexikons ausgewertet wurden. Im Vergleich zu den Geschichtsquellen ist aber der Handschriftencensus ein Muster an Konsequenz, denn allzu oft muss man bei den Geschichtsquellen feststellen, dass Vorlagen nur punktuell ausgewertet wurden. Das betrifft auch die Berücksichtigung von NaSo und Handschriftencensus. Selbst das Verfasserlexikon ist nicht konsequent erfasst (während die eher schlechte The Encyclopedia of the Medieval Chronicle fast lückenlos vertreten ist). Auch bei anderen Nachschlagewerken wie dem Lexikon des Mittelalters, dem Bautzschen Kirchenlexikon oder dem Lexikon für Theologie und Kirche ergibt sich das gleiche Bild. Killys Literaturlexikon wird zu genau einem Artikel zitiert. Die Arbeit von Brigitte Schürmann zur Rezeption Ottos von Freising behandelt 23 Autoren, zitiert ist sie nur bei sieben. Die Studie von Schweers über Albrecht von Bonstetten ist in 15 Artikeln präsent, unverständlicherweise aber nicht bei Konrad Wenger, bei dem ein peinlich veralteter Kenntnisstand vorliegt. Zu Bernhard von Uissigheim gibt es einen Artikel im “Historischen Lexikon Bayerns” (ein Online-Angebot aus dem dem gleichen Haus), der nicht berücksichtigt wird. Man könnte endlos weiterlamentieren!

Ein mir von der Wikipedia wohlbekanntes Phänomen ist das Ergänzen von Literaturangaben, ohne die Implikationen für den Rest des Artikels zu beachten. Während der Handschriftencensus hier in der Regel sauber arbeitet, begegnet diese den Leser irreführende Arbeitsweise in den Geschichtsquellen auf Schritt und Tritt. Zum “Chronicon Schlierseense” wird die Neubearbeitung des Verfasserlexikons zitiert, dem man hätte entnehmen müssen, dass die lateinische Fassung des Werks sehr wohl ediert ist (von Obernberg 1804 [19]). Bei der deutschsprachigen ‘Aachener Chronik’ wird zwar der Handschriftencensus angeführt, der dort angegebene Verfasserlexikonsartikel von 1978 aber ignoriert. Die dort aufgeführten Aufsätze von Pauls 1913 (mit Ergänzungen zur Ausgabe) und Meuthen 1965 (eine Übersicht zur Aachener Historiographie und von daher besonders relevant) sind unverzichtbar. Sie fehlen in den Geschichtsquellen (während die enttäuschende Quellenkunde Dotzauers, die hier ganz nutzlos ist, zitiert wird; wie die Volltextsuche zeigt, glücklicherweise aber nur dieses eine Mal). Zur Hofordnung Markgraf Johanns von Brandenburg ist nun maßgeblich die Stellungnahme in der Edition Thumsers, die aber unter der allgemeinen Literatur zu Ludwig von Eyb dem Älteren fehlt (sie ist nur bei den einzelnen Werken vermerkt). Es hätte demnach auch notiert werden müssen, dass die Verfasserschaft Eybs nach Thumser eher zweifelhaft ist. Wenn man die zum Hexenhammer zitierte neuere Sekundärliteratur auch nur ansatzweise gesichtet hätte, hätte auffallen müssen, dass es neben der alten schlechten Übersetzung von Schmidt eine neue von Behringer/Jerouschek/Tschacher (ebenfalls bei dtv) gibt und das schon seit zwölf Jahren.

Bei nicht wenigen Autoren kann man NaSo und die Geschichtsquellen direkt vergleichen. Bei “Albert von Aachen” stellt man fest, dass beide Projekte Mängel bei der bibliographischen Erfassung aufweisen. NaSo hat Titel, die den Geschichtsquellen fehlen und umgekehrt, wobei zu beachten ist, dass NaSo generell dazu neigt, auch eher unerhebliche Erwähnungen in Lexika oder Sekundärliteratur aufzunehmen. Die Sprachgrenze ist zugleich auch eine Wissenschaftsgrenze: NaSo übersieht deutschsprachige Literatur, die Geschichtsquellen fremdsprachige Arbeiten. Befremdlich ist, dass NaSo den “Essai critique sur la chronique d'Albert d'Aix” (von den Geschichtsquellen wird der Titel falsch zitiert) nicht aufführt. Und es gibt offenkundig einschlägige Literatur, die beiden Angeboten fehlt, etwa Carrier 2008 [20] und einen in der englischsprachigen Wikipedia verzeichneten Titel von Edgington 1998. Unvermeidlich sind anscheinend Entstellungen von deutschen Autorennamen (Khün bei NaSo) und Falschzitierungen. Bei den Seitenangaben von Menzel 1992 hat NaSo “ 44197" statt “1-21". Kühn 1887 zitieren beide nicht korrekt. NaSo hat nur die Anfangsseite 543, während die Geschichtsquellen die Titelseite 543 unterschlägt.

Oft regiert das leidige Prinzip “Regionalia non leguntur” (Franz Staab) die bibliographischen Angaben der Geschichtsquellen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Geschichtsquellen übergehen die Reutlinger Lokalliteratur zu Hugo Spechtshart (anders als der Handschriftencensus [21]). Aber auch überregionale Literatur älteren Datums wird häufig nicht berücksichtigt, obwohl sie nach wie vor von großer Bedeutung für die Forschung ist. Ausgesprochen schlecht ist die Information über “Jacobus de Moguntia” in den Geschichtsquellen. Man sollte in jedem Fall erfahren, dass er hauptsächlich aufgrund der Naukler-Exzerpte im 19. Jahrhundert viel diskutiert wurde, und eine Auflistung der einschlägigen Studien ist keinesfalls entbehrlich. Unter keinen Umständen hätte die Monographie von Wichert fehlen dürfen. Da es zur MGH-Ausgabe des Matthias von Neuenburg keine Einleitung gibt, ist es inakzeptabel, nur eine Auswahl der älteren Literatur anzuführen. Die gleiche Beobachtung lässt sich auch bei Eberhard Windeck (so das Verfasserlexikon, der Handschriftencensus und die Ansetzungsform der PND - die Geschichtsquellen haben: Windecke) machen. Es ist wohl kein Zufall, dass dies spätmittelalterliche Autoren sind; bei dem vorhin genannten Albert von Aachen konnte ich keine solche Lücken ausmachen.

4. Suchfunktion

Die beste Suchfunktion bieten die Geschichtsquellen. Neben der Volltextsuche gibt es Suchfelder, die kombiniert werden können. Vorgegebene Filter - Schlagwörter, Gattungen, Regionen (unterschieden werden solche vor und nach 1200) - sind ausgesprochen nützlich. So kann man sich etwa die in Bayern 1300-1500 entstandenen Quellen aus dem Zisterzienserorden ausgeben lassen. Allerdings ist die Verschlagwortung wenig zuverlässig, so dass man sicherheitshalber immer ergänzend die Volltextsuche nutzen sollte. Weshalb man die Annales Hirsaugienses des Trithemius unter dem Quellenort Hirsau findet, nicht aber das vorangegangene Chronicon Hirsaugiense des gleichen Autors, leuchtet nicht ein. Ebenso befremdlich: Die Theoger-Vita wird Hirsau zugewiesen, die Werke Konrads von Hirsau aber nicht.

Ähnliche Suchmöglichkeiten finden sich in NaSo vor. Technisch inakzeptabel ist freilich die Optimierung zugunsten des Internet Explorers, was unter anderem zur Folge hat, dass bei der Nutzung von Chrome herbe Einschränkungen bei der Suche bestehen.

Am wenigsten befriedigend sind die Suchmöglichkeiten im Handschriftencensus. Da Google nicht alle Beschreibungen erfasst und es noch nicht einmal eine übergreifende Volltextsuche gibt, sind beispielsweise manche Provenienzangaben nicht auffindbar. Differenzierte Suchen wurden nur für die Teilrepertorien bis 1400 realisiert, aber auch hier vermisst man eine Volltextsuche.

5. Vernetzung

Die Zukunft der Quellenkunde ist digital. Das Hyperlink-Prinzip ermöglicht dem Benutzer den sofortigen Zugriff auf andere Teile des gleichen Angebots (interne Verlinkung) und auf die nachgewiesenen Handschriften, Drucke, Ausgaben und Sekundärliteratur (externe Verlinkung), wobei bereits heute ein nicht unbeträchtlicher Teil vor allem der älteren Ressourcen online und Open Access zur Verfügung steht.

Hinsichtlich interner Links ist NaSo das Schlusslicht: Querverweise sind, soweit ersichtlich, nie als Links realisiert. Kaum interne Links weist der Handschriftencensus aus, obwohl es dringend wünschenswert wäre, vom einzelnen Handschrifteneintrag mit einem Klick zu den Einträgen mit den überlieferten Texten zu kommen. Am weitesten fortgeschritten ist die interne Verlinkung bei den Geschichtsquellen. Bei den Autorenartikeln weist eine Sektion “Erwähnungen” Nennungen in anderen Artikeln nach. Personen und Werke, auf die Bezug genommen wird, sind über Links zur entsprechenden Suchfunktion verlinkt. Dies betrifft auch Werke, zu denen kein eigener Eintrag vorhanden ist (z.B. “Regula Benedicti”).

Erfreulicherweise setzen die Geschichtsquellen (anders als der Handschriftencensus und NaSo) auf die Personennamendatei PND. Leider bleiben sie aber auf halber Strecke stehen: Weder werden andere Informationsgebote außer der Deutschen Nationalbibliothek, die abgesehen von Wikipedia-Verweisen eine “Sackgasse” darstellt, verlinkt [22] noch existiert zu den Geschichtsquellen eine nachnutzbare BEACON-Datei, was insofern verwundert, als die Bayerische Akademie der Wissenschaften führend bei der Bereitstellung von BEACON-Dateien ist.

Eine solche BEACON-Datei wäre allerdings ziemlich nutzlos, da die Geschichtsquellen den Grundsatz, dass akademische Internetressourcen dauerhafte und stabile Internetadressen haben sollten, ignorieren. Ohne dass dies irgendwie deutlich gemacht wird, gilt: Einträge der Geschichtsquellen sind nicht verlinkbar, da sich die Internetadressen mit jedem Datenbankupdate ändern. Im Februar 2012 abgespeicherte Links funktionieren inzwischen alle nicht mehr! Ich halte dieses Vorgehen der Bayerischen Staatsbibliothek, die für das Angebot der Geschichtsquellen verantwortlich zeichnet, für einen Skandal.

Sehr nützlich ist die vom Handschriftencensus gebotene Möglichkeit, sich bei jedem Titel der Forschungsliteratur ausgeben zu lassen, bei welchen Handschriften sie zitiert wird.

Die Retrodigitalisierung verbessert die Arbeitsbedingungen der Forschung in geradezu dramatischem Ausmaß. Nicht nur weil der Nachweis von Digitalisaten vielfach alles andere als trivial ist, muss die Devise für quellenkundliche Online-Projekte lauten: Alle Digitalisate verlinken! Während NaSo in dieser Beziehung offenbar nichts leistet, ist der Handschriftencensus hier führend. Auch wenn es immer noch Lücken gibt, versucht er konsequent Online-Nachweise zu geben. Um so enttäuschender ist es, dass die Geschichtsquellen nicht einmal diese Nachweise ausgewertet haben, sondern sich bisher im wesentlichen auf Verlinkungen zu Ausgaben und Zeitschriften der MGH sowie auf Inkunabelbibliographien und ADB/NDB-Links beschränken. Abgesehen von diesen “offiziellen” Links werden weitere Internetquellen mit nicht anklickbarer URL zitiert, was völlig inakzeptabel ist.

Dass es an der entsprechenden Verlinkungskompetenz bei den Geschichtsquellen erheblich hapert, beweist der Artikel “Schwäbische Chronik”. Rätselhaft ist, wieso die editio princeps nach dem Wolfenbütteler Digitalisat zitiert wird, nicht aber nach dem Münchener. Zu Hain 10117 wird ein nicht-persistenter Link angegeben:

http://www.digitale-sammlungen.de/~db/0002/bsb00029770/images/

Entweder man zitiert mit Resolver den URN:

http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bvb:12-bsb00029770-0

oder man verwendet den persistenten Link der Startseite:

http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00029770/image_1

Das sollte man einem Angebot, für das die Bayerische Staatsbibliothek verantwortlich zeichnet, wirklich nicht erklären müssen.

Bei Hain 4993 steht einfach nur lapidar ohne Link (und daher überhaupt nicht hilfreich): “digital BSB”, eine Angabe, die man sich im korrespondierenden Artikel “Cronica von allen Künig und Kaiseren von Anfang Rom. Auch von viel Geschichten bisz zu unsern Zeiten die geschehen seint” ganz gespart hat - ebenso wie den GW- und BSB-Ink-Link, was einmal mehr die ganz und gar unerfreuliche Uneinheitlichkeit des Datenbestands belegt.

Wünschenswert wäre es, wenn auch die Geschichtsquellen und NaSo Handschriftendigitalisate nachweisen würden, wie es der Handschriftencensus vorbildlich praktiziert. Die entsprechende Liste “Handschriftenabbildungen” dürfte kaum große Lücken haben [23]. Allerdings möchte ich anregen, dass dort zwischen Volldigitalisaten und bloßen Einzelabbildungen unterschieden wird und dass auch bei den Werkübersichten Handschriften mit Teil- bzw. Volldigitalisaten gekennzeichnet werden.

Es ist an der Zeit, dass die mit mittelalterlichen deutschen Quellen befassten Websites, die Digitalisate nachweisen (außer den Geschichtsquellen und dem Handschriftencensus die Regesta Imperii mit ihrem OPAC, die MGH-Bibliothek und das Deutsche Rechtswörterbuch) sich endlich zusammenschließen, um solche Nachweise in einem gemeinsamen, als Open Linked Data zur Verfügung stehenden und auch für Literaturverwaltungsprogramme nachnutzbaren Datenpool zu verwalten. Noch besser wäre es, ein solches Angebot auch für Beiträge aus der Allgemeinheit zu öffnen und mit entsprechenden Bibliotheksangeboten bzw. freien Projekten (Wikipedia, Wikisource) zu verknüpfen.

Der Zitierstil der Geschichtsquellen, der dem schlechten Beispiel des Repertorium fontium folgt, mutet gelinde gesagt etwas hermetisch an und ist alles andere als zukunftstauglich. “A. Grafton , Johannes Trithemius: Magie, Geschichte und Phantasie, Erzählende Vernunft, cur. G. Frank u.a., Berlin 2006, 77-90" ist sonst völlig ungebräuchlich (das “cur” statt des sonst üblichen “ed” ist anscheinend den italienischen Zitiergepflogenheiten geschuldet). Der fehlende Vorname behindert eine künftig wünschenswerte Erstreckung der PND auch auf die Namen von Autoren von Sekundärliteratur. Weder eine bibliographische Webscraping-Anwendung noch ein Nutzer ohne hinreichende Vorkentnnisse kann entscheiden, ob der Titel des Sammelbands nun “Geschichte und Phantasie, Erzählende Vernunft” oder “Erzählende Vernunft” lautet. Bei unselbständiger Literatur sollte man generell mit in/In arbeiten, das in den Geschichtsquellen befremdlicherweise für die Reihenangabe verwendet wird, eine Praxis, die viele Dozenten bei Studierenden als fehlerhaft anstreichen würden.

Abschließend noch ein Hinweis zur Nutzung von RSS: Dass keines der drei Angebote es ermöglicht, alle nicht ganz belanglosen Änderungen via RSS zu beobachten (in der Wikipedia ist ein vergleichbares Feature als “Letzte Änderungen” bekannt), behindert die Forschung, da neue Erkenntnisse/Literatur oder verbesserte Einträge nur dann bekannt werden, wenn man gezielt auf sie zugreift.

6. Fazit

Im digitalen Zeitalter angekommen ist keines der drei Angebote. Es versteht sich von selbst, dass diese so eng wie möglich kooperieren sollten, was bisher noch nicht der Fall ist. Aber bei den höchst bedenklichen inhaltlichen Mängeln der Geschichtsquellen wird dies nicht ausreichen, um mittelfristig wenigstens ein “ausreichend” (um es in Schulnoten zu sagen) zu erzielen. Dass es zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gelingen wird, die angesprochenen erheblichen Schwächen in den nächsten Jahren auszubügeln, halte ich für ausgeschlossen.

Meine These: Ein enzyklopädisches Projekt, das nicht auf namentlich verantwortliche Autoren zurückgreifen kann, muss heute auf Crowdsourcing, also auf das viel geschmähte Mitmach-Web 2.0 setzen, will es nicht ins Hintertreffen geraten. Oder auch kurz: Von der Wikipedia möglichst viel lernen! Im Fall der Geschichtsquellen gilt es ja nicht nur, die unüberschaubaren Neuerscheinungen aus der ganzen Welt kritisch zu sichten, es müssen auch unzählige schlechte Artikel aus dem Repertorium fontium tiefgreifend überarbeitet werden.

Der Handschriftencensus hat sich durchgerungen, aus meiner Sicht vorbildliche “Grundlagen der guten wissenschaftlichen Praxis” in Kraft zu setzen, die nach meiner Einschätzung in der Praxis auch gut funktionieren [24]. Die Geschichtsquellen appellieren zwar an die Wissenschaftler, Ergänzungen und Korrekturen beizusteuern, doch fehlt der Anreiz der Namensnennung.

Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterzeichnete “Berliner Erklärung” für Open Access sieht eindeutig sogenannten “libre Open Access” vor, also frei nachnutzbare Inhalte. Indem alle drei Projekte sich diesem Ziel verweigern, schaden sie dem wissenschaftlichen Fortschritt. Ihre - teils erheblichen - Defizite könnten womöglich rasch überwunden werden, würden sie ihre Daten in jeweils ein Wiki unter freier Lizenz einbringen.


ANMERKUNGEN

[1] Digitalisat: http://books.google.de/books?id=wi8RAAAAYAAJ. Zu späteren Auflagen: http://archiv.twoday.net/stories/16549085/

[2] http://digital.ub.uni-duesseldorf.de/ihd/content/pageview/3193089. Nachweise von Digitalisaten: http://de.wikisource.org/wiki/Wilhelm_Wattenbach.

[3] Zur Frühgeschichte des Unternehmens vgl. die Anzeige in der Zeitschrift für deutsches Altertum 2001: http://www.zfda.de/beitrag.php?id=8&mode=maphilinet

[4] Zur Geschichte vgl. auch den Artikel von Véronique Lambert: Potthast, Pirenne en de anderen:Historici repertoriëren historici. Online:
http://web.archive.org/web/200012120820/http://allserv.rug.ac.be/~jdploige/sources/6.html

[5] Materialien dazu auf der Website: http://www.repfont.badw.de/

[6] Nachweise von Digitalisaten: http://de.wikisource.org/wiki/August_Potthast

[7] Holder-Egger, NA 29 (1903), S. 516
http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN345858530_0029. Weitere Hinweise zum Direktorium: http://www.mgh-bibliothek.de/cgi-bin/nada/na42.pl?seite=131;
http://books.google.de/books?id=OyNMAAAAcAAJ&&pg=PA392;

[8] http://www.archive.org/stream/2deutschlandsges00wattuoft#page/n13/mode/2up

[9] So Markus Wesche 2004: http://www.repfont.badw.de/AKA05343.pdf

[10] Darauf verweisen auch die wiederholte auftretenden Doppeleinträge in der Literatur-Sektion.

[11]
http://de.wikisource.org/wiki/Geschichtsauffassung_und_Geschichtsschreibung_in_Deutschland_unter_dem_Einfluss_des_Humanismus

[12] http://de.wikisource.org/wiki/Hans_B%C3%B6hm

[13] http://de.wikisource.org/wiki/Schwesternb%C3%BCcher

[14] Vgl. http://archiv.twoday.net/stories/6420201/

[15] http://de.wikisource.org/wiki/Burgunderkriege

[16] http://nt.library.msstate.edu/chronica/

[17] http://www.repfont.badw.de/compendia.pdf

[18] Siehe http://archiv.twoday.net/stories/64979228/, http://archiv.twoday.net/stories/64978917/, http://archiv.twoday.net/stories/64978470/

[19] Online: http://books.google.de/books?id=XUJBAAAAcAAJ&pg=PA130

[20] Siehe den OPAC der Regesta Imperii:
http://opac.regesta-imperii.de/lang_de/suche.php?thes=Albericus+%3CAquensis%3E+%281060-1120%29

[21] http://www.handschriftencensus.de/18578

[22] Zu Johannes Trithemius siehe etwa
http://beacon.findbuch.de/seealso/pnd-aks?format=sources&id=118642960

[23] http://www.handschriftencensus.de/abbildungen

[24] http://www.handschriftencensus.de/regeln


Besprochene Websites:

Repertorium "Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters"
http://www.geschichtsquellen.de

Handschriftencensus. Eine Bestandsaufnahme der handschriftlichen Überlieferung deutschsprachiger Texte des Mittelalters
http://www.handschriftencensus.de

The Narrative Sources from the Medieval Low Countries
http://www.narrative-sources.be

#forschung

Von Christof Schöch:

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=4185

Auszug:

Anschließend wurde KLAUS GRAF (Aachen) seinem Ruf für klare Worte gerecht. Zunächst zeichnete er seinen eigenen Weg zum Bloggen und seine zahlreichen Aktivitäten in diesem Bereich nach. Dann erläuterte er seine These: "Ein Wissenschaftler, der nicht bloggt, ist kein guter Wissenschaftler". Warum? Graf argumentierte in zwei Schritten: Ein Wissenschaftler muss erstens nicht nur die Inhalte seines Fachs in der Lehre vermitteln, sondern auch die Methodenkompetenzen, mit denen man diese Inhalte erarbeiten kann. Zu diesen Kompetenzen gehören heute vielfältige digitale Informationsquellen, darunter auch Blogs; und um diese wirklich zu verstehen und effizient zu nutzen, muss man sie – zweitens – auch praktizieren, womit Graf sich mit Melissa Terras in guter Gesellschaft wiederfand. Anschließend kündigte Klaus Graf das Projekt für die Gründung einer historischen Fachzeitschrift "Historische Miszellen" auf der hypothèses-Plattform an. Diese Zeitschrift soll kürzere wissenschaftliche Beiträge aus der Geschichtswissenschaft aufnehmen und ein Open Access-Modell mit Peer Review verbinden. Man darf gespannt sein!

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/topics/Weblogs/

Culture & History Digital Journal, Vol 1, No 1 (2012)
http://dx.doi.org/doi:10.3989/chdj.2012.004

History, Archives and the Internet
Jean-Claude Robert

Abstract

The relationship between historians and archives is generally taken for granted. But this impression is misleading. Across the world, the building of archival collections involves a complicated process of selection and destruction. Traditionally, historians do not really know how this process is being conducted and very often a good proportion of them believe that all documents should be kept. The evolution of history and the questioning of the archives by philosophers cannot be ignored and these have changed the relationship between historians and archives. However, the construction of tomorrow’s archives is happening right now, and historians should be prepared to find a way to participate in this operation. The role of archivists is central in the whole process. In the past, archivists generally received a basic training as historians, but since the 1950s, they have been more and more involved with other disciplines like library or information sciences. They became professionals in a new discipline. Historians should take notice of this reality and be prepared to work with archivists on an equal footing. They must learn what archivists are doing and join them to help create archival collections for the future. The last part of the paper takes a quick looks at the evolution of the Internet as an addition, or rather than as an extension, of archival holdings.

lassen sie ein eindeutiges Plagiat unbeanstandet.

Sagt Stefan Weber
http://plagiatsgutachten.de/blog.php/integritatsagentur-erkennt-plagiat-universitat-erkennt-nichts-ab/

Siehe auch
http://de.antiplagaustria.wikia.com/wiki/Plagiatsfunde_in_der_Dissertation_von_Mario-Max_Schaumburg-Lippe

Quote (by Tim Hitchcock) from the first issue of the Journal of Digital Humanities

http://journalofdigitalhumanities.org/

Über solches Copyfraud freuen wir uns hier immer ganz doll.

Ich finde das von http://adresscomptoir.twoday.net/stories/96987771/ angezeigte Projekt "Briefe und Texte aus dem intellektuellen Berlin um 1800" ganz und gar nicht bemerkenswert. Wer Faksimiles nicht in lesbarer Auflösung wiedergibt, braucht Faksimiles gar nicht wiederzugeben.

http://141.20.126.175/berliner-intellektuelle/?language=de

was Statistiken jenseits des Eigenlobs wert sein können.

Mein Eintrag Köln: Historisches Stadtarchiv eingestürzt ist der bisher meist gelesene Beitrag zu Archivalia "aus meiner Feder". Es wäre schön gewesen,wenn ich ihn nie hätte schreiben müssen. Was aber sagen die von Kollegen Graf meist vierteljährlich erhobenen Zahlen aus? Zunächst eine Aufstellung der absoluten Zahlen:

11.03.2009 8645
15.07.2009 10582
20.11.2009 10691
03.03.2010 11088
15.09.2010 11478
08.11.2010 12093
21.01.2011 12397
02.04.2011 12642
08.05.2011 12798
22.06.2011 13010
01.08.2011 13189
15.10.2011 13637
17.12.2011 13993
26.03.2012 14488

Grafisch sähe dies denn so aus:

Erkennbar ist, dass nach einer nachvollziehbaren erhöhten Nachfrage im ersten Vierteljahr nach Einstellen des Eintrages das Interesse kontinuierlich gleich geblieben ist. Ein nachlassendes Interesse ist derzeit noch nicht auszumachen.





"TART 29.03.2012
DOKUMENTARFILM | 92 MINUTEN | SEI VENEZIA | ITALIEN 2010 | RENDEZVOUS
Ein Mosaik der Lagunenstadt abseits der Touristenmengen entsteht anhand der Erfahrungen sechs ihrer Bewohner.
Wer an Venedig denkt, hat sofort die zahlreichen Touristenattraktionen vor Augen, die jeder kennt und für die die Stadt international berühmt ist. Doch wie lebt es sich eigentlich in einer Stadt, die von der ganzen Welt nur sehr einseitig wahrgenommen wird? Sechs Menschen, ein Archivar, ein Zimmermädchen, ein Archäologe, ein Künstler, ein ehemaliger Dieb und ein Junge, werden in ihrem Lebensalltag und -rhythmus beleuchtet. Sie erzählen davon, was sie mit Venedig verbindet."


Filmhomepage: http://www.6xvenedig.de/

"Die Neuapostolische Kirche Nordrhein Westfalen richtet derzeit in profanierten Kirchengebäuden ein. In Pulheim-Brauweiler soll das offizielle Kirchenarchiv eingerichtet werden."
Quelle: Religionsreport, 2.2.2012

Weiß jemand Genaueres? Denn zu finden ist bislang nur folgendes:

"Bielefelder Kirche wird zum archiv für Historiker
10. Dezember 2011, 08.24 Uhr

Die Neuapostolische Kirche Nordrhein-Westfalen bietet dem Netzwerk Apostolische Geschichte, ein ehemaliges Kirchengebäude als archiv zur Nutzung an. In Brockhagen (bei Steinhagen/Bielefeld) könnte bald ein überkonfessionelles archiv zur Geschichte der Apostolischen Kirchen entstehen. Am Freitag, 9. Dezember 2011, fand dazu ein Besichtigungstermin statt.

Seit einigen Monaten laufen Gespräche zwischen dem Netzwerk Apostolische Geschichte e.V. mit Sitz in Bielefeld und der Neuapostolischen Kirche Nordrhein-Westfalen über die Einrichtung einer „Archivkirche“. Der erste Vorsitzende Mathias Eberle war im Herbst 2010 mit einer entsprechenden Anfrage an Bezirksapostel Armin Brinkmann herangetreten.
Ein profaniertes Kirchengebäude als Standort

„Wir suchen ein Gebäude, das wir für Vorträge und Seminare, aber auch als Forschungsarchiv nutzen können“, berichtet Eberle. Es soll neben einem Buch- und Medienarchiv die Möglichkeit bieten, Mitgliedsversammlungen und kleinere Schwerpunkttagungen zu veranstalten. Innerhalb des Netzwerks kam die Idee auf, ob es möglich wäre, dafür ein profaniertes Kirchengebäude zu nutzen. Bezirksapostel Brinkmann sagte damals zu, den Verein bei der Suche nach einem geeigneten Standort zu unterstützen.

Im November schlug die Kirchenleitung dem Vorstand des Vereins das ehemalige Kirchengebäude in Brockhagen vor. Es liegt in einem ruhigen Wohngebiet, wurde 1977 erbaut und ist in gutem Zustand.
Symbolischer Mietpreis

Der Mietpreis soll, so das Angebot der Kirche, bei einem symbolischen Euro im Monat liegen. Der Verein müsste allerdings die Neben- und Betriebskosten tragen. „Wir möchten mit dem Mietangebot die wertvolle Arbeit des Netzwerks Apostolische Geschichte unterstützen“, sagt Bezirksapostel Armin Brinkmann.

Der erste Vertragsentwurf sieht lange Kündigungsfristen vor. Zudem gibt es selbstverständlich keine inhaltlichen Vorgaben an die Arbeit des Netzwerks.
Die Mitglieder entscheiden

Beim Besichtigungstermin am 9. Dezember mit dem Vorstand des Vereins und einem Mitarbeiter der von der Kirche mit der Betreuung der ehemaligen Kirchengebäude beauftragten NAK Immobilien GmbH zeigten sich die Vereinsvertreter zufrieden mit den angebotenen Räumlichkeiten. Das Gebäude hat eine Nutzfläche von etwa 215 Quadratmetern. Die Grundstücksfläche insgesamt liegt bei mehr als 900 Quadratmetern.

Nun müssen die Vereinsmitglieder des Netzwerks über den Standort Bielefeld und den Vertrag entscheiden. Ein Ergebnis wird Anfang 2012 erwartet.
Ein überkonfessioneller Verein

Das Netzwerk Apostolische Geschichte ist eine überkonfessionelle und unabhängige Interessengemeinschaft, die sich mit der Geschichte der Apostolischen Glaubensgemeinschaften befasst. 2008 fand in Coswig ein erstes Treffen geschichtsinteressierter Christen statt.

Am 5. September 2010 gründeten in Bielefeld engagierte apostolische Christen offiziell einen Verein als Träger für die Arbeit des Netzwerks. Im Oktober fand in Frankfurt das diesjährige Jahrestreffen der Vereinsmitglieder in Form einer dreitägigen Tagung mit zahlreichen Fachvorträgen statt. Berichte über die Vorträge finden sich auf der Internetseite des Netzwerks."


13002

Quelle: NAK NRW, 10.12.11




"Carol Gillert, Jahrgang 63, lebt seit dem Kindergartenalter in München und zeichnet seit den 80er Jahren ihre Männchen-Cartoons. Sie studierte Amerikanisch und ist zurzeit als Archivarin tätig. Veröffentlicht wurden ihre Cartoons bislang in einem Schaukasten in Deishofen bei München."

Gratulation! Wäre doch schön, wenn die Kollegin zukünftig für den ARCHIVAR arbeiten würden, oder?
Quelle: Carlsen-Verlag, 15.10.2011



"Das Archiv und Dokumentationszentrum für Alphabetisierung und Grundbildung (ADAG) hat im Sommer 2010 die Arbeit aufgenommen. Seine Aufgabe besteht darin, den in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen Wissens- und Erfahrungsstand im Bereich der Alphabetisierung und Grundbildung zu sichern. Denn die Kenntnis von in der Vergangenheit akkumuliertem Wissen ist eine Grundvoraussetzung nicht nur für die praktische Arbeit in Weiterbildungseinrichtungen, sondern zugleich zentrale Voraussetzung innovativer Forschung. Über den rückschauenden historischen Aspekt der Wissenssicherung hinaus liefert das ADAG damit zugleich die Grundlage für Zukunftsperspektiven und mögliche neue Projekte. Damit leistet es quasi als „Gedächtnis der Alphabetisierung“ einen wichtigen Beitrag zur Institutionalisierung und Professionalisierung in der Alphabetisierungs- und Grundbildungsarbeit in Deutschland."

Homepage: http://www.alpha-archiv.de/



Schindlers Liste, John Demjanjuks Akte, Eugen Kogons Hut - im hessischen Bad Arolsen gibt es eines der größten Holocaust-Archive der Welt. Hier lagern Gegenstände von 17 Millionen Menschen. Derzeit entscheidet sich, was daraus wird.
HR, hauptsache kultur, 1.3.2012

Archive seien wie Krankenhäuser, "Wir denken erst an sie, wenn wir sie brauchen.", Claude Roberto (Kanada) via Twitter

".... Archivare der urbanen Avantgardeklänge ....




" .... Stabil Elite haben das Klangkarma ihrer Heimatstadt tief inhaliert, kongenial adaptiert und zu einem eigenen Sound destilliert. Von Kraftwerk, Neu und La Düsseldorf über Rheingold und Der Plan bis zu Fehlfarben und DAF (Deutsch-Amerikanische Freundschaft). Was Ihnen extrem gut gelingt, ist die Balance zwischen der Künstlichkeit der Elektroniker und der Erdung von Punk und Neuer Deutscher Welle herzustellen und sich so wirklich vor fast allem zu verneigen, was Düsseldorf als Klangwerkstatt der Moderne auszeichnet. ...."
Quelle: zoolamar.com, 18.3.2012

Wichtig sind die Hinweise von Dieter Martin: Barock um 1800 (2000), S. 449f.
http://books.google.de/books?id=PlowdbAI6ioC&pg=PA449

***

Syndikus Koch erschuf Valentin Gierth

"Das im Jahr 1830 erschienene Werk Denkwürdigkeiten aus dem Leben der Herzogin Dorothea Sibylla von Liegnitz und Brieg: geborenen Markgräfin von Brandenburg und ihrer Leib- und Hebeamme Margaretha Fuss. Wörtlich aus des Rothgerbers Valentin Gierths Haus-und Tagebuche mit einem Vorworte des Syndicus Koch (Falch, 1830[2]) stellte wenige Jahre später der Historiker Heinrich Wuttke als Erfindung des Verfassers heraus."
http://de.wikipedia.org/wiki/Dorothea_Sibylle_von_Brandenburg

Text von Koch:
http://books.google.de/books?id=RbBJAAAAIAAJ

Zum Autor Ernst Koch
http://books.google.de/books?id=g2YYAQAAIAAJ&pg=PA630
http://books.google.de/books?id=dp4FAAAAQAAJ&pg=PA674

Kritik von Heinrich Wuttke
http://books.google.de/books?id=28oDAAAAcAAJ

Hinweis auf weitere Kritik Kaysers
http://books.google.de/books?id=d2o_AAAAYAAJ&pg=PA337

Erinnerungen Hoffmanns von Fallersleben
http://books.google.de/books?id=JzM6AAAAcAAJ&pg=PA112

Grieger, Rudolf: Denkwürdigkeiten aus dem Leben der Herzogin Dorothea Sibylla von Liegnitz und Brieg gebornen Markgräfin von Brandenburg": Geschichte einer Fälschung (Jb Schles KiG 71, 1992, 69-104).

[Siehe auch Staatsarchiv Darmstadt
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2849079

Grünhagen 1869
http://www.sbc.org.pl/dlibra/docmetadata?id=7251 (Scan 142)
Siehe dazu auch die Stellungnahme von Müller
https://books.google.de/books?id=LkYKAAAAIAAJ&pg=PA199 ]

***

Meinholds Bernsteinhexe, angeblich nach einem alten Manuskript

diverse Beiträge in

http://www.listserv.dfn.de/cgi-bin/wa?S1=hexenforschung

***

Wackernagels Erfindung "Zwey bruchstükke" (Waltram-Skandal) behandelt Günter Hess, Minnesangs Ende, in: Befund und Deutung 1979 sowie Richter, Massmann:

http://books.google.de/books?id=-QaKZnakYbQC&pg=PA213

***

Wackernagels Rezension der Norica-Novellen Augusts von Hagen

http://books.google.de/books?id=FNoAAAAAcAAJ&pg=PA711

[ http://archiv.twoday.net/stories/714905947/ ]

***

Allgemeines

Elisabeth Frenzel: Gefälschte Literatur, in: Archiv für die Geschichte des Buchwesens 1963 (anscheinend sehr wenig rezipiert)

Klaus Weimar: Fälschung, RL LitG 1 (1997)
http://books.google.de/books?id=twEAYhU3eckC&pg=PA562

[Ausstellungskatalog: Gabriele Hooffacker: Literarische Fälschungen der Neuzeit (1986)]

http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Geschichtsf%C3%A4lschung

http://de.wikipedia.org/wiki/Betrug_und_F%C3%A4lschung_in_der_Wissenschaft#Geschichtsquellen

http://de.wikipedia.org/wiki/Fingierter_Lexikonartikel

Auch sonst ist die Wikipedia sehr materialreich, siehe zum Beispiel:

http://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Wilkens

Siehe auch den Seminarplan:

http://amor.cms.hu-berlin.de/~h2187e6n/WS_2011_12_MA_Taeuschung_Seminarplan.pdf

Zum Band "Lügen und Betrügen" (2000):
http://www.koeblergerhard.de/ZRG119Internetrezensionen/LacourLuegen20010903.htm

[Nachtrag:

Band "Fake"
http://books.google.de/books?id=LaUnOztbkP4C Vollansicht ]

***

Beiträge in Archivalia:
http://archiv.twoday.net/stories/96987511/

Bei über 20.000 Beiträgen in Archivalia seit 2003 ist es manchmal schwierig, frühere Beiträge durch Stöbern in den Kategorien (rechts im MENU) oder durch Nutzen der Suchfunktion (rechts: SEARCH) aufzufinden. Nur ein Bruchteil hat von mir Quasi-Tags zugewiesen bekommen. Zu einigen besonders wichtigen Themen gibt es Übersichten, die die einschlägigen Archivalia-Beiträge zusammenfassen. Das folgende ist eine Übersicht dieser Übersichtsbeiträge:

Archivarsfestschriften
http://archiv.twoday.net/stories/96994410/

Best of Archivalia = Adventskalender 2013
http://archiv.twoday.net/stories/581438153/

Digitalisierte Archivalien
http://archiv.twoday.net/stories/4580594/

English Corner - bemerkenswerte Einträge
http://archiv.twoday.net/stories/565877866/

Fälschungen
http://archiv.twoday.net/stories/96987511/

Finde-Beispiele Google Book Search
http://archiv.twoday.net/stories/5690177/

Forschungsmiszellen 2005-2011
http://archiv.twoday.net/stories/1022463749/
- 2012
http://archiv.twoday.net/stories/1022464494/
- 2013
http://archiv.twoday.net/stories/1022464614/
- 2014
http://archiv.twoday.net/stories/1022383595/

Urheberrecht und Informationsfreiheitsgesetz
http://dejure.org/2015,21573

Interviews
http://archiv.twoday.net/stories/967549655/

Jahresrückblick 2014
http://archiv.twoday.net/stories/1022382723/

Karlsruher Kulturgut-Debakel
http://archiv.twoday.net/stories/2895938/

Linklisten
http://archiv.twoday.net/stories/752348636/

Nachschlagewerke, Kritik
http://archiv.twoday.net/stories/1022216857/

Open-Access-Woche 2014 und ältere Beiträge
http://archiv.twoday.net/stories/1022221174/

RA vom Hofe über Informationssperren und anderes
http://archiv.twoday.net/stories/14874635/

Rezensionen in Archivalia
http://archiv.twoday.net/stories/4941756/

Tumblr-Tags
http://archiv.twoday.net/stories/640155586/

Urheberrecht, wichtige Beiträge
http://archiv.twoday.net/stories/49598992/

Wolfegger Hausbuch
http://archiv.twoday.net/stories/4775647/

Da die deutsche Geschichtswissenschaft keinen Fälschungsbeauftragten hat, stelle ich mal zusammen, was in Archivalia zu Fälschungen veröffentlicht wurde.

***

Auszug einer Bayerischen Chronik 1484-1498
http://archiv.twoday.net/stories/894829462/

Basel
Basler Familienchronik 1622
http://archiv.twoday.net/stories/96985386/
*
Giselberts Tagebuch
http://archiv.twoday.net/stories/96984876/#96985353

Beltracchi
http://archiv.twoday.net/stories/706568265/

Bibliotheca Fictiva - Freeman-Sammlung zum Thema Fälschungen von Johns Hopkins University erworben
http://archiv.twoday.net/stories/156266142/

Birk, Johannes
http://archiv.twoday.net/stories/233330746/

Bodmann, Franz Joseph, insbesondere Lepraschau-Urkunde 1492
http://archiv.twoday.net/stories/97008197/
http://archiv.twoday.net/stories/97064148/
http://archiv.twoday.net/stories/97064349/

Breslauer Goldschmiedechronik, eine Fiktion von Curt Rudolf Vincentz
http://archiv.twoday.net/stories/109333192/

Codexmythen und Codexphantasien
http://archiv.twoday.net/stories/326528152/

Corveyer Fälschungen (Paullini u.a.)
http://archiv.twoday.net/stories/1022468020/

Cranach
http://archiv.twoday.net/stories/1022375236/

Decker-Hauff, Hansmartin
Rotes Buch des Klosters Lorch
http://archiv.twoday.net/stories/6412734/
http://archiv.twoday.net/stories/4981495/
*
Hauffsches Epitaphienbüchlein
http://archiv.twoday.net/stories/38735149/

Doll, Martin: Fälschung und Fake (Rezension)
http://archiv.twoday.net/stories/1022465983/

Fake-Blog von Müller-Straten
http://archiv.twoday.net/stories/453146894/

Galileo-Fäschungen von De Caro
http://archiv.twoday.net/stories/581438334/
http://archiv.twoday.net/stories/582029534/

Genealogie
Der genealogische Fälscher von heute nützt die Wikipedia
http://archiv.twoday.net/stories/4289674/
*
Siehe auch Rüxner

Göttinger Liebesbriefe
http://archiv.twoday.net/stories/1022482413/

Grandidier, Philippe André
http://archiv.twoday.net/stories/109324369/

August Hagens Novellen Norica (1829)
http://archiv.twoday.net/stories/714905947/

Hennynk de Han - die Fälschung eines niederdeutschen Textes im 18. Jahrhundert
http://archiv.twoday.net/stories/1022476328/

Hexenprozesse
http://archiv.twoday.net/stories/96993842/

Hexenteller Schwäbisch Gmünd
http://archiv.twoday.net/stories/1022489226/

Hosemann, Abraham
http://archiv.twoday.net/stories/728846446/

Kanzlerakte, Aktenfälschung
http://archiv.twoday.net/stories/752348326/

Idilia Dubb zu Lahneck
http://archiv.twoday.net/stories/1022380659/

Inschriften
Humanistische Inschriftenfälschungen in Österreich
Wilhelmine Grabenweger sichtet in ihrer Wiener Diplomarbeit die Falsa im CIL. Der Haupterfinder falscher römischer Inschriften war Wolfgang Lazius.
http://othes.univie.ac.at/2433/1/2008-11-07_9505205.pdf
*
Fälschungen von Carl Alexander von Heideloff und Hansmartin Decker-Hauff
http://archiv.twoday.net/stories/38735149/
*
Epigraphic fakes in Spanien
http://archiv.twoday.net/stories/418665347/

Kunstfälschungen, Bibliographie
http://archiv.twoday.net/stories/714919050/

Künstlerische Praktiken im Mittelalter und Früher Neuzeit - Tagungsbericht
http://archiv.twoday.net/stories/444864510/

Lobo, Sascha
http://archiv.twoday.net/stories/1022481421/

Mainzer Mittelalterfälschungen
http://archiv.twoday.net/stories/1022369926/

Materialien
http://archiv.twoday.net/stories/96987714/

Meinholds Bernsteinhexe
http://archiv.twoday.net/stories/894828673/

Munders Stadtglocke-Fälschungen
http://archiv.twoday.net/stories/96993822/

Österreichische Museen: Fake objects
http://archiv.twoday.net/stories/1022374953/

Pilgramsbuch Herzog Christophs von Bayern
http://archiv.twoday.net/stories/790549607/

Pirckhammers Heidelberger Turnierbuch
http://archiv.twoday.net/stories/351210593/

Pristaff, Gottlieb Samuel
http://archiv.twoday.net/stories/752347839/

Roth, Ferdinand Wilhelm Emil
http://archiv.twoday.net/stories/1022477029/ und weitere

Rüxner, Georg
Mit seinem Turnierbuch einer der einflussreichsten Fälscher überhaupt
Zahlreiche Beiträge:
http://archiv.twoday.net/search?q=r%C3%BCxner

Spanish Forger
http://archiv.twoday.net/stories/615268265/

Urkunden der Stauferzeit
http://archiv.twoday.net/stories/453142598/

Vulpius, Christian August
http://archiv.twoday.net/stories/96984876/
Fortsetzungen:
http://archiv.twoday.net/search?q=vulpius

Weißenfels, Küchenzettel von "1303"
http://archiv.twoday.net/stories/96986355/

Wikipedia
http://archiv.twoday.net/stories/418665773/

Winkelhofer, Familie in Ehingen
http://archiv.twoday.net/stories/1022479602/

Zimmern-Chronisten
http://archiv.twoday.net/stories/985929969/

Wird fortgesetzt ...

Foto: Rute Martins of Leoa's Photography (www.leoa.co.za) http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en

Dieses Bild des Tages ist ausgezeichnet kategorisiert:

Categories: Megaceryle maxima - Rietvlei Nature Reserve - Predation - Featured pictures of birds
Hidden categories: Media with locations - Featured pictures on Wikimedia Commons - CC-BY-SA-3.0 - Self-published work - Uploaded with UploadWizard - Files by User:Leo za1 - Featured pictures of South Africa - Valued images of South Africa

Wer bei Wikimedia Commons von einer Verschlagwortung spricht, hat nicht das geringste verstanden. Commons kategorisiert die Bilder. Auch wenn jeder eine neue Kategorie anlegen kann, kann man sehr wohl von einem kontrollierten Vokabular sprechen.

Lebewesen werden unter ihrem wissenschaftlichen Namen erfasst. Wer das Bild eines Riesenfischers sucht, kann am einfachsten die Volltextsuche mit "Giant Kingfisher" bemühen und kommt dann schnell zur Kategorie mit allen einschlägigen Bildern. Oder er nimmt gleich den wissenschaftlichen Namen:

http://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Megaceryle_maxima

Dass bei der Durchkategorisierung der Bilder in einem Freiwilligenprojekt, das längst nicht so viel Aufmerksamkeit erfährt wie etwa die Wikipedia, für die es als Bilderpool fungiert, riesige Lücken gibt und auch bei der Kategorisierung manches hakt - zugegeben! Aber hier inhaltslos von den angeblichen Nachteilen freier Verschlagwortung rumschwallen zeugt vor allem von einem: dass man nicht an einer sachlichen Diskussion über Mängel interessiert ist.



Via
http://www.bookpatrol.net/2012/04/springing-to-life-exhibit-of-movable.html

Die italienische Ausgabe des Handbuchs zur Urkundenlehre von 1998 ist online. Links unter

http://filosofiastoria.wordpress.com/2012/04/05/manuale-di-diplomatica-per-la-germania-e-litalia-in-pdf/

http://infobib.de/blog/2012/04/04/ungarns-prasident-pal-schmitt-tritt-wegen-plagiierter-dissertation-zuruck/

Dort wird unter anderem auf die Wikipedia verwiesen:

Am 11. Januar 2012 berichtete die Onlineausgabe des ungarischen Magazins HVG, Schmitt habe 180 der 215 Seiten seiner Doktorarbeit von 1992 aus der 1987 in Lausanne auf Französisch verfassten Studie des bulgarischen Sportwissenschaftlers Nikolaj Georgiew kopiert.[8] Die Präsidentensprecherin wies den Vorwurf zurück. Laut ihrer Erklärung hätten Schmitt und Georgiew mehrere Studien in enger Zusammenarbeit verfasst. Die beiden sollen bei der Bearbeitung von Georgiews Studie und Schmitts Doktorarbeit die gleichen Quellen benutzt haben.[9] Am 19. Januar 2012 wurde berichtet, dass Schmitt weitere Seiten aus einem Buch des Hamburger Soziologen Klaus Heinemann ohne Kennzeichnung und Angabe der Quelle abgeschrieben habe.[10]
Am 29. März 2012 erkannte der Senat der Semmelweis-Universität (SOTE) in Budapest Schmitt den Doktorgrad ab, nachdem eine Untersuchungskommission die Plagiatsvorwürfe bestätigt, der heute in die SOTE integrierten Universität für Körperkultur jedoch das Hauptverschulden zugesprochen hatte, da diese die plagiierte Arbeit nicht hätte annehmen dürfen.[11] Die ungarische Opposition forderte Schmitts Rücktritt und organisierte Demonstrationen, Ministerpräsident Orbán versicherte den Präsidenten seiner Unterstützung, doch auch in Orbáns Partei Fidesz wurden Rücktrittsforderungen laut.[12] Daraufhin erklärte Schmitt infolge des Plagiatsskandals am 2. April 2012 seinen Rücktritt vom Präsidentenamt.[13] Tivadar Tulassay, der Rektor der SOTE, trat ebenfalls zurück, weil seit der Doktorats-Aberkennung das Vertrauen des zuständigen Ministeriums in ihn „spürbar geschwunden“ sei.[12]


https://de.wikipedia.org/wiki/P%C3%A1l_Schmitt#Verlust_des_Doktorgrades_und_R.C3.BCcktritt_als_Pr.C3.A4sident

http://www.scilogs.de/chrono/blog/vergangenheitsstaub/interview/2012-04-04/interview-mit-frau-dr.-landes-von-recensio.net-neue-wege-der-kommunikation-und-des-forschens-in-der-geschichtswissenschaft

Auszug zum Thema Open Access:

Die auf recensio.net publizierten Rezensionen und Präsentationen sind im Open Access zugänglich, im Volltext durchsuchbar und werden von der Bayerischen Staatsbibliothek in München mit Metadaten angereichert und langzeitarchiviert. Inwiefern soll recensio.net Open Access in der Geschichtswissenschaft fördern? Ist solch eine Förderung notwendig?

[Antwort Landes:] Ja, das unterscheidet recensio.net von „Metadaten-Suchangeboten“ für Rezensionen. Alle, im Augenblick mehr als 5300, aktuellen Buchbesprechungen sind direkt auf recensio.net vorhanden und auch als PDF downloadbar. Und noch ein „Ja“: Open Access muss offensiv gefördert werden, auch in den Geschichtswissenschaften. Dafür gibt es zahlreiche gute Gründe. Zwei davon: Zum einen die bestehenden Vorbehalte im traditionell ausgerichteten Fachflügel, im Fall von recensio.net sogar angereichert durch die oft noch stärkeren Vorurteile gegen Web 2.0, pejorativ „das Mitmachnetz“. Diese sind nicht wegzudiskutieren und ihnen am besten durch ein funktionierendes Praxisbeispiel entgegenzutreten. recensio.net etwa wurde vergangenes Jahr von Knowledge Exchange als „Open Access Success Story“ präsentiert, und die DFG betrachtet unseren Ansatz von „Präsentation plus Kommentare“ als Pilotprojekt zur Erprobung künftiger Online-Kommunikationsformen, und damit als förderwürdig.

Zum anderen aber ist die Förderung eines Ansatzes wie dem von recensio.net deshalb wichtig, um Wege aufzuzeigen, wie die (scheinbar) sich verhärtenden Fronten zwischen Autor, Verlag, Leser und Plattform unter Bedingungen von wissenschaftlichem Open Access aufgelöst oder zumindest in der Praxis relativiert werden können.

[Frage:] Wie reagieren die Verlage auf das Angebot, vor allem auf die Open Access Komponente? Gibt es auch Zusammenarbeiten mit ihnen?

[Antwort:] Natürlich gibt es eine Zusammenarbeit, wenngleich oft indirekt, weil die Redaktionen der teilnehmenden Zeitschriften als unsere Vertragspartner in der Regel die Zustimmung des jeweils betroffenen Verlags einholen. Die Umbruchsituation bei den Wissenschaftsverlagen tritt dabei deutlich zutage, denn man erlebt das gesamte denkbare Reaktionsspektrum. Von Begeisterung („Sofort frei zugängliche Rezensionen sind Gold für die Außenwirkung der Zeitschrift“) bis hin zu großer Skepsis und dem Wunsch nach Moving Walls. Immer öfter aber erleben wir es inzwischen, dass es die Verlage selbst sind, die die Initiative ergreifen und die Redaktionen ermuntern, bei recensio.net mitzumachen. Allerdings muss man dazusagen, dass die Rahmenbedingungen für Rezensionen in diesem Punkt sehr viel günstiger sind als bei Aufsätzen oder gar Monographien: In der Regel sind alle Beteiligten froh über leichte Zugänglich- und gute Sichtbarkeit: Der Autor des Buchs, der Rezensent, die Zeitschrift – und mittelbar eben oft auch der Verlag.

Beitrag über das Google Art Project in Deutschlandradio Kultur, etwas Kritik am Ende des Beitrags:

"Dass Google mit seiner »Mission, Informationen universell zugänglich und nutzbar zu machen«, auch Geld und zwar sehr viel Geld verdient, erwähnt Wieland Holfelder nicht. Das Google Art Project ist werbefrei, ja - aber genutzt werden kann es nur mithilfe des Internetzugangsprogramms Google Chrome. Wer sich seine ganz persönliche Kunstgalerie zusammenstellt, wird dezent auf die Möglichkeit verwiesen, seine Kunsteindrücke mit Freunden und Bekannten teilen - mit dem Netzwerk Google+, das in die Website integriert wurde.

Google-Chef Larry Page sagte einmal, man habe »eine enorme Erfahrung darin, Produkte über eine gewisse Zeit in Geld umzuwandeln«. Das könnte auch hier die Strategie sein: Schritt für Schritt macht Google sich zur zentralen Anlaufstelle für jeden, der Kunst im Netz sucht. Mit öffentlichen Mitteln finanzierte Digitalisierungsvorhaben wie die Deutsche Digitale Bibliothek oder das Portal »Europeana« können da nicht mithalten."

http://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1722648/

In Wikisource wurde die Liste aktualisiert:

http://de.wikisource.org/wiki/Wikisource:Google_Book_Search#Liste_aktueller_Web-Anonymizer

Siehe auch
http://archiv.twoday.net/search?q=us-proxy

http://catalog.hathitrust.org/Record/007901360 has the wrong spelling Urspring instead of Ursprung. I sent the correction to the feedback team and added the fact that Ellenbeck died in 1959. HathiTrust's answer: Thank you for notifying us of this problem. We currently do not have a process in place with the University of California who provided us with this record and will thus be unable to get this record fixed at this time.

I cannot understand this.

http://www.bl.uk/manuscripts/FullDisplay.aspx?ref=Cotton_MS_domitian_a_xvii

Via
http://britishlibrary.typepad.co.uk/digitisedmanuscripts/2012/04/the-psalter-of-henry-vi-now-online.html


Was für ein Unsinn!

http://www.dla-marbach.de/?id=60340

Bd. 1- 25:

http://retro.seals.ch/digbib/de/vollist?UID=bbg-001&id

wittert womöglich Fälschungen, die gar keine sind.

Verdächtig kommt mir der älteste deutsche Speisezettel zur Einweihung der Stadtkirche zu Weißenfels 1303 vor, den Erbstein in den Curiositäten 9, 1821 mitteilte:

http://books.google.de/books?id=Kn05AAAAcAAJ&pg=PA546

In der ALZ 1816 wird ein früheres Buch Erbsteins besprochen und der Küchenzettel auf eine Publikation 1703 zurückgeführt. Angemerkt wird, dass damals noch gar keine Groschen in Meißen geprägt wurden:

http://books.google.de/books?id=eNzjAAAAMAAJ&pg=PA709

Sowohl die deutsche Sprache als auch die Speisenfolge und vor allem die Angabe von Gulden wecken mein Misstrauen. Aber landauf landab gilt das Stück als echt:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=einweihung+weißenfels+1303

Den Schnipsel "das der Rat der Stadt Weißenfels am 15. Sept. xiijciij [1303 !!] für den im Jahre 1304 [!] verstorbenen Bischof" (angebl. Zs. für Mundartforschung 1971) ziehe ich aus

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=einweihung+weißenfels+1303

Nach HathiTrust dürfte es sich um S. 97 von Zeitschrift für Mundartforschung. v.17-19 1941-1944 handeln.

Das Grimmsche Wörterbuch
http://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GZ13174 sagt zu zwetsche: "die ältesten zeugnisse des deutschen wortes (im 15. und 16. jh., s. u.) stammen aus dem südwesten des sprachgebietes". Der zitierte Küchenzettel 15. Jh. Zeitschrift für Kulturgeschichte 4, 1875, S. 512 ist unser Weissenfelser Dokument!

Noch schlagender der Anachronismus tractoret. Das Wörterbuch sagt: "tractieren, vb. , handhaben, behandeln, bewirten, erörtern, verhandeln; aus lat. tractare (vgl. Seiler lehnw. 3, 274) im 15. jh. entlehnt (zuerst 1445 in quell. d. westfäl. gesch. 2, 315 Seibertz bezeugt [...])"

[korcken sollen Gurken sein. Dt. Wb.: "das wort ist im deutschen seit dem 16. jh. als entlehnung aus dem westslav. bezeugt, poln. ogórek (älter ogurek); ech."

Die Graphie schavfleisch findet Google Books nur in dieser Quelle:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22schavfleisch%22 ]

Manfred Straube zitiert 2007 eine archivalische Quelle, Stadtarchiv Naumburg Sa 66:

http://books.google.de/books?id=X6LUDzOgwskC&pg=PA250

Mal sehen, was es damit auf sich hat ...

Nachtrag:
Belletristische Rezeption:
http://books.google.de/books?id=63kHAAAAQAAJ&pg=RA1-PA63

Das Stadtarchiv Naumburg teilte am 4. April 2012 mit: "bei der Handschrift mit der Signatur Sa 66 handelt es sich um:
Chronica des Klosters Weißenfels. Abschrift des 18. Jahrhunderts, das Original soll sich in Dresden befinden.
Genaue Quelle ist nicht bekannt. Abschrift aus dem Nachlass von Carl Peter Lepsius."

Aus chronologischen Gründen unschuldig ist der Naumburger Geschichtsfälscher Johann Georg Rauhe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Georg_Rauhe

Nach Schultzes Geschichtsquellen der Provinz Sachsen S. 145f. stammt der erste Abdruck von Johann David Schieferdecker:
Erneuertes Gedächtniss des Weissenfelsischen Zions, oder eigentliche Beschreibung der Pfarrkirche zu unser Lieben-Frauen in Weissenfels, 1703, gefolgt von Geschichte und Topographie der Stadt und des Amtes Weißenfels in Sachsen : aus autentischen Urkunden gezogen / von Georg Ernst Otto (1796) und Schöttgen-Kreysig, Diplomatische Nachlese 2, 1733, S. 657.

Nach dem Reichs-Anzeiger 1796 druckte den Text

http://books.google.de/books?id=JbcJAAAAQAAJ&pg=RA1-PA22

Reichs-Anzeiger:
http://books.google.de/books?id=O0JEAAAAcAAJ&pg=PA54

Varianten: Leipziger Senf, erfurtischer Anis

Druck 1785 (nach Justi?):

http://books.google.de/books?id=VflHAAAAcAAJ&pg=PA36

Nach Kreysig druckte:

http://books.google.de/books?id=UXUAAAAAcAAJ&pg=PA352

Kreysig gab einen gekürzten Auszug der Schrift von Schieferdecker:

http://digital.bibliothek.uni-halle.de/hd/periodical/pageview/937646

Bei der ausführlichen Schilderung des Einweihungsrituals 1303 fragt man sich allerdings, woher der Herr Autor das wissen will.

Leider gibts von den Deutschen Inschriften nur einen Schnipsel, in dem aber die Jahreszahl 1303 ganz in Frage gestellt wird. Zu lesen sei 1351

http://books.google.de/books?id=NHIgAQAAIAAJ&q=weissenfels+inschriften+schieferdecker+1303
und weitere Schnipsel

[Update: http://archiv.twoday.net/stories/931537631/ ]

Erbstein druckte nach Schieferdecker und bespricht ausführlich die Groschen-Erwähnung ("wenn sie als ächt bestehen soll"):

http://books.google.de/books?id=M24MAAAAYAAJ&pg=PR8-IA4

Zur Schreibsprache in Weißenfels im 14. Jh. sehe man die Beschreibung der Chronik des Clarenklosters (Handschrift aus den 1370er Jahren) durch Werner J. Hoffmann:
http://www.manuscripta-mediaevalia.de/dokumente/html/obj31600980

Zur Handschrift:
http://www.handschriftencensus.de/14583

Digitalisat:
http://digital.slub-dresden.de/ppn274270560

Die Dresdener Abschrift aus dem 16. Jh., Chronica des Klosters Weißenfelß, ist, vorausgesetzt die oben erwähnte Naumburger Abschrift enthält tatsächlich den Küchenzettel [das ist der Fall], sicher nicht die Vorlage für diesen, da nur das Schwesternbuch der Klarissen überliefert wird, wie man sich anhand des Digitalisats überzeugen kann:

http://digital.slub-dresden.de/id310402379

Carl Peter Lepsius erwähnt in seiner Arbeit über das Weißenfelser Klarissenkloster

http://books.google.de/books?id=FgAHAAAAcAAJ&pg=PA231

nur eine einzige Klosterchronik, nämlich das Schwesternbuch, aus dem er Auszüge aus einer Abschrift des Bürgermeisters Hoffmann zu Freiburg (den finde ich nicht!) mitteilte. S. 275 gibt er den Küchenzettel nach ungenannter Quelle, vermutlich Schiefendecker, den er S. 249 als Editor (aus dem Original!) erwähnt.

Dass eine Datierung "Anno domini xiii. ciii den xv September" ganz und gar unüblich ist, zeigen die von Lepsius mitgeteilten lateinischen Urkunden. Die erste deutsche stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.

Zwei Zeitungsartikel fand ich zum Thema:

Älteste Speisekarte lebt auf : 700 Jahre St.-Marien-Kirche
/ Bärbel Schmuck. - In: Mitteldeutsche Zeitung, Bd. 14 (2003), 74, S.9
Sachsen-Anhalt hatte die erste Speisekarte
/ Ulrike Sebert. - In: Magdeburger Volksstimme (2002), 291(14.12.2002)Wochenend-Magazin, S. 3

Zwischenbilanz: Wenn die Kirche erst 1351 eingeweiht wurde, ist das ganze Dokument hinfällig. Angesichts der vielen Merkwürdigkeiten dürfte es sich bei der "ältesten Speisekarte" um eine Fälschung Schieferdeckers handeln.

Weitere Nachträge:

Die ULB Halle war so freundlich, kurzfristig zwei wichtige Bücher zu digitalisieren.

Geschichte und Topographie der Stadt und des Amtes Weissenfels in Sachsen : aus autentischen Urkunden gezogen / von Georg Ernst Otto, Amts-Landrichter. Emerit, 1796

S. 49 "von guter Hand"
http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/vd18/content/pageview/5387196

Schieferdecker 1703, S. 9f.
http://digitale.bibliothek.uni-halle.de/vd18/content/pageview/5379763

Das Stadtarchiv Naumburg übermittelte Bilder aus der genannten Handschrift S. 35-36. Im Anschluss an die Wiedergabe des Küchenzettels fällt der Name Schieferdecker (Rest auf dem Bild abgeschnitten).

Silke Künzel vom Stadtarchiv Weißenfels stellte einen Auszug aus dem Inschriftenband von Jäger zur Verfügung und teilte ergänzend mit: "nach Franz Jäger (s. Einfügung) fand die Einweihung der Marienkirche nicht 1303 sondern 1351 statt. Somit handelt es sich bei dem Speisezettel um eine Fälschung. Die von ihm angeführten Quellen lauten vollständig:
Büttner, Johann Christian, Chronik der Stadt Weißenfels und der angrenzenden Länder, Ms. Stadtarchiv Weißenfels, W/Ch 17.
Schieferdecker, Johann David, Erneuertes Gedächtnis/Des/Weissenfelsischen Zions/oder/Eigentliche Beschreibung/Der Pfarr-Kirche zu unser Lieben Frauen in Weißenfels, Weißenfels 1703.
Dietmann, Karl Gottlob, Die gesamte der ungeänderten Augspurgischen Konfeßion zugethane Priesterschaft in dem Churfürstenthum Sachsen, 5 Bde., Dresden/Leipzig 1752-1755, 1763.
Aus alter Zeit, Alte Inschriften, in: Weißenfelser Kreisblatt, Tageblatt für Stadt und Land, Nr.23, 28.01.1873 und Nr.36, 12. 02.1873.
Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete, Heft 3: Der Kreis Weißenfels, bearb. von Gustav Sommer, Halle a.d.S. 1880.
Lorenz, Ottomar, Die Stadtkirche zu Weißenfels, Weißenfels 1903.
Gerhardt, Friedrich, Geschichte der Stadt Weißenfels an der Saale mit neuen Beiträgen zur Geschichte des Herzogtums Sachsen-Weißenfels, Weißenfels 1907.
Kaphengst, R., Unsere Stadtkirche. Eine kunsthistorische Skizzen, in: Heimatkalender für den Stadt- und Landkreis Weißenfels, Weißenfels 1925.
Bach, Gerhard, Zeugen einer längst vergangenen Zeit in unserer Stadt, in: Weißenfelser Heimatbote, Heft 1/1997, S.7ff. "

Dr. Werner Hoffmann (UB Leipzig) schrieb mir am 16.4.: "zur Schreibsprache des Weißenburger Küchenzettels (Wortlaut wie in Curiositäten ... 9, 1821, S. 546-548 abgedruckt) läßt sich zunächst einmal feststellen: Die Sprache entspricht ganz und gar nicht dem Ostmitteldeutschen des 14. Jh.s: Zum einen zeigt sie rein niederdeutsche Formen wie "tho, dage, bischop", zum andern Diphthongschreibungen wie "naw [='neu'], seine, house, sawer". Beide Merkmale sprechen sehr stark gegen eine Entstehung des Schriftstücks im 14. Jh. im ostmd. Raum. Aufgrund der Sprache scheint es mir allerdings nicht unmöglich, dass das Schriftstück in viel späterer Zeit im Grenzbereich von Mitteldeutsch und Niederdeutsch entstanden ist; aber das kann ich nicht beurteilen.

Gegen die Echtheit des Schriftstücks spricht auch (wie Sie schon an einer Stelle andeuten) die Erwähnung von Groschen als Zahlungsmittel:
Groschen wurden in Meißen nämlich erst ab 1339 geprägt Vgl. dazu jetzt: Universitätsbibliothek Leipzig, Münzen der Groschenzeit der Markgrafschaft Meißen und des Kurfürstentums Sachsen. Bestandskatalog von Ewald Hausmann, Leipzig 2011, S. 10."

Am 25.4.2012 nahm auch Volker Honemann Stellung (Mail an mich): "nun habe ich mir den 'Weißenfelser Küchenzettel' noch einmal vorgenommen und kann mir nicht vorstellen, daß er aus dem 14. Jh. sein soll, es sei denn, da hätte jemand im 16. Jh. einen alten Text sprachlich sehr gründlich überarbeitet und dabei eine Art 'Kunstfrühneuhochdeutsch' produziert (und warum hätte er das tun sollen?). Es gibt an ein paar Stellen mitteldeutsche Charakteristika (starke Endsilben auf -i statt e: newin), aber dann auch Formen wie 'tracteeret', die im 14. Jh. ganz undenkbar sind, auch eine Schreibung wie 'Brwn' für den Zeitzer Bischof ist artifiziell. Manches wirkt dann fast wie ein Relikt-niederdeutsch (hebben). Und ein Begriff wie 'Einweihungsdinge' ist im 14. Jh, schlechterdings nicht vorstellbar. Also doch wohl eine Fälschung!"

Damit wird man behaupten dürfen: Der Weißenfelser Küchenzettel von 1303 ist eine frühneuzeitliche Fälschung

#forschung

http://www.koch-welten.de/

Fortsetzung zu:
http://archiv.twoday.net/stories/96986297/

Die Torgauer Turnieraufzeichnung zu 1540 könnte eine Fälschung sein, zumal angemerkt wird, dass es sonst keine Torgauer Quellen zu den Kämpfen des Ritters vom goldenen Rade gibt:

http://books.google.de/books?id=-d8vAAAAYAAJ&pg=RA1-PA248

Von Könneritz berief sich auf 1867 Vulpius:

http://books.google.de/books?id=nrlDAAAAYAAJ&pg=RA1-PA287

Da Vulpius nach eigenen Angaben sprachlich modernisiert hat und die einzelnen Kampfeinträge eher stereotyp sind, kann man nicht bei der Sprachgestalt ansetzen, sondern an den genannten Personen, was ich aber jetzt nicht leisten kann. Es ist durchaus denkbar, dass Vulpius den Text nicht gefälscht hat, aber bis die Quelle nachgewiesen wird, sollte man ihn nicht verwerten.

Update: Dienstag nach Martini 1540 = Nov, 16 gab es tatsächlich ein Turnier zu Torgau, also zumindest das Datum ist authentisch. Pöschko, Turniere S. 212 verweist auf StA Weimar Reg. D Nr. 129 Vortzaichnus des Turniers zu Torgau 1540 (mit Namensliste der Teilnehmer).

Update: http://archiv.twoday.net/stories/235543050/

Fortsetzung zu:
http://archiv.twoday.net/stories/96986259/

Das Turnier der Kapellendorfer Bauern 1585

http://books.google.de/books?id=0Xw5AAAAcAAJ&pg=PA37

folgt einer älteren Quelle, siehe Hinweis 1790

http://books.google.de/books?id=-SMwAAAAYAAJ&pg=RA2-PA479

***

S. 429 ff. geht es um die Fronleichnam-Feier in München. Die Relation S. 438ff. könnte durch die Erwähnung von Orlando di Lasso und ihren Inhalt verdächtig sein, aber die Aufzeichnungen des Lizentiaten Müller sind in der Tat als Cgm 1967 in München vorhanden:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q="cgm+1967"

***

Fortsetzung: http://archiv.twoday.net/stories/96986323/

Fortsetzung zu: http://archiv.twoday.net/stories/96984948/

Selbstbekenntnisse des Alchemisten Carl von Hattenbach, Curiositäten 6, 1817, S. 103ff.

http://books.google.de/books?id=kXw5AAAAcAAJ&&pg=PA103

Muss überprüft werden, handschriftliche Aufzeichnungen Hattenbachs sind in der Tat in Kassel vorhanden:

http://books.google.de/books?id=uT64AAAAIAAJ&q="karl+von+hattenbach"

Rezeption nach den Curiositäten 1927:
http://books.google.de/books?id=sd0ZAAAAMAAJ&q=%22carl+von+hattenbach%22

***

Der "Dialogus der Rede und Gesprech, so Franciscus von Sickingen vor der Hymmels Pfortten mit Sant Peter und dem Ritter Sant Jörgen gehalten" ist eine Zwickauer Flugschrift von 1526:

http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00025710/image_7

Wie Vulpius, der sie zugegebenermaßen modernisiert hat, den Text bearbeitet hat, sieht man im gleichen Bd. 6, S. 299ff.

http://books.google.de/books?id=kXw5AAAAcAAJ&pg=PA299

***

Waltmann von Sattelstädt, ebd. S. 359ff.

http://books.google.de/books?id=kXw5AAAAcAAJ&pg=PA359

Keine Fälschung, aber ohne Quellenangabe abgeschrieben aus Bergner 1804:

http://books.google.de/books?id=zO1DAAAAcAAJ&pg=PA250

***

S. 475 ff. Das Lied vom schwarzen Mönch ist in der modernisierten Fassung von Vulpius zum Volkslied geworden, es stammt tatsächlich aus einer Weimarer Handschrift, die übrigens auch die Vorlage für Briefe von 1547 war (Cur. Bd. 2, S. 117ff.)

Beschreibung Pensels, an die alte Beschreibung

http://dtm.bbaw.de/HSA/Weimar_700443700000.html

als PDF angehängt:

http://dtm.bbaw.de/HSA/Q013b.pdf

Ein schwedischer Forscher, der Teilnehmern einer medizinischen Studie absolute Vertraulichkeit zusichert, muss es akzeptieren, wenn ihn der Staat, der Offenlegungspflichten hinsichtlich der Unterlagen nachkommen muss, strafrechtlich verurteilt, weil der Forscher die Unterlagen vernichtet hat, um sie dem Zugriff zu entziehen.

Nachweise zum Fall von RA Seidlitz

https://plus.google.com/u/0/101046117969690999101/posts/Qnrce944Uux

"Schock unter Historikern: Bei der Fusion der Archive werden in etlichen Glarner Dörfern historische Dokumente entsorgt.

[...] Süd-Gemeindeschreiber André Pichon versteht die Sorge nicht: «Das Archiv muss der täglichen Arbeit auf den Ämtern dienen», sagt er. Alles andere sei zu aufwendig und nicht die Aufgabe der Gemeinde."

http://www.suedostschweiz.ch/zeitung/verlieren-gemeinden-ihr-gedaechtnis

http://wisspub.net/2012/04/02/neues-zeitschriftenranking-google-scholar-metrics/

http://scholar.google.com/intl/en/scholar/metrics.html

Eine nützliche Linksammlung:

http://www.lexilogos.com/photos_satellite.htm

UB Gießen Hs 422h

Gerichtsbuch (Centsgericht-Protokoll) von Großen-Linden, 1538-1553

Persistente URL: http://digisam.ub.uni-giessen.de/diglit/hs-422h
URN: urn:nbn:de:hebis:26-digisam-9216

http://www.archiv.rwth-aachen.de/

Sie basiert nun auf Wordpress und kann daher einfacher gepflegt werden. Seit Monaten gibt es Probleme mit der Integration der MIDOSA-Suche (v.a. Inkompatibilität mit Internet Explorer). Die frühere Version der Website wies auf der Hauptseite ein Google-artiges Suchfeld für die Suche in den elektronischen Findmitteln auf, wie sie die meisten Unibibliotheken bieten, und das sollte auch im Archivbereich Standard sein. Es ist zwar für mich nicht akzeptabel, aber ich musste mich damit abfinden, dass dies erst zu einem späteren Zeitpunkt realisiert werden kann. MIDOSA bietet dazu keinen Support, die entsprechende Schnittstelle muss von unserem EDV-Mitarbeiter programmiert werden. Ich bin mir aber sicher, dass der neue Internetauftritt von vielen als Verbesserung empfunden werden wird.

In der letzten Gemeinderatsitzung wählte das Gremium Dr. Stefanie Albus-Kötz zur neuen Leiterin des städtischen Archivs. Albus-Kötz studierte an der Universität Tübingen Geschichte und Französisch, absolvierte die Ausbildung für den Höheren Archivdienst an der Archivschule in München und promovierte in mittelalterlicher Geschichte.
Sie bringt neben ihren Erfahrungen als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Tübingen auch Berufserfahrung an den Staatsarchiven München und Sigmaringen mit. Zuletzt arbeitete Frau Albus-Kötz im Staatsarchiv in Freiburg als wissenschaftliche Beschäftigte. Im Stadtarchiv Herrenberg wartet eine Reihe von interessanten Aufgaben auf die neue Stelleninhaberin.
Zu ihrem neuen Aufgabenbereich gehören insbesondere die Übernahme, Verwaltung, Pflege und Erschließung archivwürdiger Informationsträger, die Sammlung von Dokumenten zur Stadtgeschichte sowie die Erforschung und Darstellung der Stadtgeschichte und die Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Gruppen. Die 36-jährige übernimmt voraussichtlich im August 2012 die Leitung des Stadtarchivs bei der Stadt Herrenberg.

Quelle: Amtblatt der Stadt Herrenberg 11/2012

[KG: Titel um den Ortsnamen ergänzt]

Es gibt eine Strategiestudie zu OpenGovernment in Berlin:

http://www.egovernment-computing.de/projekte/articles/353591

http://www.villamedia.nl/opinie/bericht/open-data-speerpunt-nationaal-archief/

Het Nationaal Archief (NA) ziet het als speerpunt om data uit het publieke domein open te stellen en voor hergebruik beschikbaar te maken. Met open data krijgen de controleurs van onze democratie, onderzoekers en journalisten en private hergebruikers van informatie een enorme rijkdom aan bronnen tot hun beschikking. ‘Pas als het niet meer zoeken is naar een speld in een hooiberg wordt openbaarheid toegankelijkheid. Dat is waarom het NA zich zal blijven inspannen voor zowel openbaarheid als open data’, aldus algemeen rijksarchivaris Martin Berendse.

In Deutschland kann man davon nur träumen. Deutsche Archivare haben es nicht so mit allem, was "open" ist.

http://www.musik-heute.de/1938/verschollenes-singspiel-das-orakel-vor-dem-reisswolf-gerettet/

[Ergänzung KG: "Lange galt “Das Orakel” von Johann Adam Hiller, einem Zeitgenossen Mozarts, als verschollen. Doch Ende vergangenen Jahres tauchte eine Notenhandschrift des Singspiels auf: in einer Thüringer Recycling-Firma. Der vollständige Klavierauszug aus dem 18. Jahrhundert lag bereits auf dem Sortierband. Mitarbeiter, die anonym bleiben wollen, retteten die knapp 140 Seiten wenige Meter vor dem Reißwolf. Die Notenhandschrift ging als Schenkung an das Hochschularchiv der Hochschule für Musik “Franz Liszt” Weimar, das zugleich Thüringisches Landesmusikarchiv ist."]

Herr Waldschütz wies ja soeben auf den Aufsatz von Sieber-Lehmann hin, der auch die von Jakob Mähly fürs Basler Jahrbuch erfundene Familienchronik erwähnt.

Jakob Mähly, Aus einer Basler Familienchronik des Jahres 1622, in: Basler Jahrbuch 8 (1888), S. 199-215
[ http://archive.org/details/BaslerStadtbuchJahrbuchFrKulturUndGeschichte1888 ]
http://books.google.de/books?id=RNEpAAAAYAAJ&pg=PA199 (US)

Erwähnung bei Sieber-Lehmann
http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=bzg-002:2005:105::130&id=browse&id2=browse1&id3=

Die Rezeption hielt sich in engen Grenzen, urteilt man nach:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22basler+familienchronik%22+1622

Pikant ist allerdings, dass die Mitarbeiter der Basler Selbstzeugnisse-Datenbank Gudrun Pillert und Sebastian Leutert 1998 in einer Rezension der Arbeit von Krusenstjern in der Schweizerischen Zeitschrift für Geschichte vorwarfen, diese Quelle übersehen zu haben!

http://retro.seals.ch/digbib/view?rid=szg-006:1998:48::300&id=browse&id2=browse1&id3=

Immerhin hat es das Falsum nicht in die Datenbank geschafft.


pm12-051-bildungspartnerschaft
Vertreterinnen und Vertreter des Lise-Meitner-Gymnasiums mit der Kreisarchivarin im Lesesaal des Kreisarchivs


"Das Kreisarchiv ist in den vergangenen Tagen eine Bildungspartnerschaft mit dem Lise-Meitner-Gymnasium Geldern eingegangen, mit dem es bereits seit längerem eine sehr gute Zusammenarbeit pflegt. Die Kooperation dauert zunächst zwei Jahre und kann verlängert werden. Ziele der Vereinbarung sind die Entwicklung und Förderung der Recherche- und Informationskompetenz, der historischen und politischen Bildung der Schüler sowie der Ausbau der Zusammenarbeit der beiden Partner.

Nachhaltig und langfristig planen

Im Rahmen der Partnerschaft werden die Beteiligten die Zusammenarbeit planen, bewerten und bisherige Aktivitäten weiterentwickeln. Dabei geht es u. a. um die Begleitung des schulischen Forschungsprojektes „Leben in den Trümmern“, um Führungen durch das Archiv, um Methodentraining (Recherchieren, Lesen und Auswerten historischer Quellen im Archiv) sowie um die Beratung und Betreuung bei Facharbeiten, Schulpraktika und Wettbewerbsbeiträgen.

Zum Start der Partnerschaft besuchten Lehrer des Gymnasiums sowie auch die Mutter eines Schülers das Kreisarchiv. Nach einem kurzen Rundgang durch das Haus tauschten sich die Vertreterinnen und Vertreter des Gymnasiums mit der Kreisarchivarin Beate Sturm über die Möglichkeiten der zukünftigen Zusammenarbeit aus. „Archive bieten Geschichte zum Anfassen“, so die Kreisarchivarin. „In der Arbeit der Schülerinnen und Schülern mit den Originalen im Archiv wird Geschichte greifbar. Regionalhistorische Fragestellungen bringen den jungen Forscherinnen und Forschern Vergangenes nahe, das im Schulunterricht häufig nur sehr abstrakt präsentiert werden kann.“

Hintergrund

Der Kreis kommt mit der Bildungspartnerschaft bereits zum zweiten Mal dem Aufruf des Landes Nordrhein-Westfalen nach, das im Jahr 2005 gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden die Initiative „Bildungspartner NRW" gestartet hat. „Bildungspartner NRW“ regt Kooperationen zwischen Schulen und anderen Bildungseinrichtungen (z.B. Bibliotheken, Museen) mit dem Ziel an, neue Kontakte zu knüpfen und bereits bestehende zu intensivieren. Bereits im letzten Jahr war der Kreis eine Bildungspartnerschaft mit dem Friedrich-Spee-Gymnasium Geldern eingegangen."

Quelle: Kreis Kleve, Pressemitteilung v. 2.4.12



2011 gedreht und bearbeitet von Joachim Dreßel, Sebastian Schock und Konstantin Hupfeld, mit freundlicher Unterstützung des Medienlabors der Universität Augsburg

Bd. 1 der Curiositäten enthält Wolf Wolfraths Tagebuch und Wiener Turnierbericht 1565:

http://books.google.de/books?id=0_QIAAAAQAAJ&pg=PA24

S. 5 der Vorrede kündigt "Enthüllung merkwürdiger Betrügereien und Täuschungen" an. Nachdem ich http://archiv.twoday.net/stories/96984876/ den Anfang mit der Darstellung von Vulpius-Fälschungen gemacht habe, habe ich in den Bänden gestöbert und stieß auf obige Quelle.

Gerhard Winkler kannte 1980 ( http://archiv.twoday.net/stories/5613023/ ) die Beschreibung des Turniers, das 1560, nicht 1565 stattgefunden hat, nur aus der Zeitschrift Austria. Trotz Bemühungen hätte die Beschreibung nicht aufgefunden werden können:

http://www.landesmuseum.at/pdf_frei_remote/WM_1_0105-0120.pdf

Das wundert ja nicht, da Vulpius auch diesen Text erfunden hat.

Wenn ich nichts übersehen habe, hat niemand der vielen Autoren, die diese Quelle benutzt haben, einen Fälschungsverdacht geäußert:

https://www.google.de/search?q=%22wolf%20wolfrath%22&tbm=bks

Der Text beginnt:

Ich war siebenzehn und ein halbes Jahr alt, als mein gestr. Herr Jost von Neydeck zu meiner Mutter sprach: Frau Elsbeth, es ist euer Sohn nun herangewachsen und hat mancherlei Dinge gelernt, die ihn wohl in der Welt fortbringen werden. Er kann leidlich schreiben, ein wenig Latein, kann singen und die Harfe spielen, und ich meine daher, es sey wohlgethan ihn an einen Hof zu bringen. Denn was soll er länger hier thun? Auch werde ich älter, und weiß nicht, wie's meine Nachkommen mit ihm halten wollen.

Eigentlich hätte bereits danach klar sein können, dass so eigentlich kein authentisches Selbstzeugnis des 16. Jahrhunderts beginnt.

Möchte vielleicht der Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs, regelmäßiger Leser dieses Weblogs, die Echtheit des Textes verteidigen? Oder sonstwer vom archivischen Fußvolk? Oder vielleicht wurde der Text längst als Fälschung erwiesen, ohne dass dies rezipiert wurde?

Nachtrag: In Uhlands Briefwechsel fällt immerhin das Adjektiv "verdächtig":

http://archive.org/stream/briefwechsel03uhlauoft#page/96/mode/2up
http://archive.org/stream/briefwechsel03uhlauoft#page/84/mode/2up

Die Heidelbergischen Jahrbücher lobten dagegen noch 1811 die hinreißende Lebendigkeit der Schilderung:
http://books.google.de/books?id=j55NAAAAcAAJ&pg=PA958

Claudius Sittig, Archivalia-Lesern durch http://archiv.twoday.net/stories/29760027/
bekannt, nannte 2010 (Kulturelle Konkurrenzen S. 277 Anm. 110) den erfundenen Autor nach Barthold 1848:
http://www.google.de/books?jtp=64&id=W1QHAAAAQAAJ&pg=PA64

Bericht über die Hochzeit Johanns des Beständigen in Torgau. Curiositäten IV, 163 ff. Sicher nicht von Spalatins Hand (dieser war noch zu jung), wie Vulpius sagt:

http://books.google.de/books?id=yWswAAAAYAAJ&pg=RA1-PA175

Ob die Festbeschreibung von Beust 1797 die Vorlage war? Die Angaben gehen jedenfalls auf einen zeitgenössischen Bericht zurück, der zitiert und verwertet ist im Aufsatz von Burkhardt 1894:

http://archive.org/stream/neuesarchivfur15sach#page/282/mode/2up

[Zum Text siehe jetzt die Stellungnahme von Riecke:
http://archiv.twoday.net/stories/97000117/ ]

Höchst verdächtig die angebliche Schrift des Andreas Hase
http://books.google.de/books?id=yWswAAAAYAAJ&pg=RA1-PA399-IA1
Sie wird nur zitiert, soweit ich sehe in
http://books.google.de/books?id=wmtAAAAAIAAJ&pg=PA6

Sicher gefälscht Meinhard Schwalinger Cur. III, 398ff.
http://books.google.de/books?id=IH85AAAAcAAJ&pg=PA398

Auf diese Quelle fiel z.B. herein Matthias Beer, Eltern und Kinder ... (1990), siehe Register. Weitere Rezeption:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=meinhard+schwalinger

Der Roman Nagels "Georg von Frundsberg und sein Waffengefährte Meinhard Schwalinger von Memmingen. Historisch romantisches Kriegs- und Familiengemälde aus den letzten Zeiten des Ritterthums" (1831) nach dieser Quelle kann via Nationallizenz gelesen werden, vgl. auch
http://www.uibk.ac.at/germanistik/histrom/cgi/wrapcgi.cgi?wrap_config=hr_bu_all.cfg&nr=80300

Sodann erfunden Fritz Schicker Cur. II, S. 365ff.

http://books.google.de/books?id=1-saAAAAYAAJ&pg=PA365

was Beer loc. cit. nicht abgehalten hat, den Text zu verwerten (S. 90). Die Elslein-Geschichte ist gar zu verdächtig. Rezeption:

https://www.google.de/search?&q=%22fritz%20schicker%22&&tbm=bks

[Es handelt sich um einen Bericht vom Konstanzer Reichstag 1507. Angeregt worden sein könnte Vulpius vom Bericht des sächsischen Hofdiensters Karl, der mit Georg von Sachsen in Konstanz war, handschriftlich in der Würzburger Ratschronik, abgedruckt von Judith Rützel, Mfrk. Jb. 1997, S. 72-75. Ein Zeitgenosse hätte sicher nicht auf die Erwähnung der Totenfeier vom Maximilians Sohn verzichtet. Zum Konstanzer Reichstag siehe jüngst Buck (PDF). Ein Teilnehmerverzeichnis des Requiems übrigens in Anna Reitmors Cgm 929, Bl. 19-22v: http://www.archive.org/stream/diechronikender02kommgoog#page/n488/mode/2up ]

Fortsetzung:
http://archiv.twoday.net/stories/96986259/

Christian August Vulpius (1762 Weimar - 1827 Weimar) ist heute nur noch wenigen bekannt, vor allem als Schwager Goethes und Autor des trivialen Räuberromans "Rinaldo Rinaldini" (Erstausgabe 1799).

Bereits die fleißige Wikisource-Seite
http://de.wikisource.org/wiki/Christian_August_Vulpius
zeigt, dass der 1797 an der Weimarer Bibliothek tätige Autor ein "Vielschreiber" war.

Das Urteil über Vulpius ist im Lauf der Zeit milder geworden. Roberto Simanowski widmete ihm 1998 eine moderne Monographie
http://daten.digitale-sammlungen.de/~db/0004/bsb00040532/images/index.html
und Dieter und Sylke Kaufmann entwarfen 2001 ein positives Bild von Vulpius als Altertumsforscher
http://www.libreka.de/9783930036516/147 (Auszüge, Widerspruch kam von Karl Peschel in der Praehistorischen Zeitschrift 78, 2003, S. 218-225).

[Zusammenfassend zu Vulpius siehe zuletzt den Artikel von Ines Köhler-Zülch in der Enzyklopädie des Märchens 14 Lief. 1 (2011), Sp. 381-386]

Der neueren Vulpius-Forschung unbekannt geblieben sind ältere Nachweise, dass Vulpius in seiner angesehenen Zeitschrift "Curiositäten der physikalisch-literarisch-artistisch-historischen Vor- und Mitwelt" (10 Jahrgänge 1811-1825) Quellen aus Mittelalter und Renaissance gefälscht hat.

Digitalisat der Zeitschrift:
http://zs.thulb.uni-jena.de/receive/jportal_jpjournal_00000039

Wenn kleine Geister sich über andere erheben wollen, eignet sich der Nachweis, dass die anderen auf Fälschungen hereingefallen sind, dafür vorzüglich.

Eckehard Simon, Germanist in Harvard, und der renommierte Mainzer Buchwissenschaftler Stefan Füssel sind nur die beiden prominentesten Autoren, die sich von den von Vulpius erfundenen Selbstzeugnissen eines angeblichen Nürnberger Handlungsgehilfen Ulrich Wirschung täuschen ließen. Und das, obwohl an verschiedenen Stellen in der älteren Literatur darauf aufmerksam gemacht worden war, dass es sich um Fälschungen handelt!

Im fünften Stück des zehnten Bandes der Curiositäten erschien 1825 ein nicht namentlich gezeichneter, also vom Herausgeber Vulpius stammender Artikel "Schwank aus dem Fastnachtswesen in der Vorzeit zu Nürnberg. (Nach einer alten Handschrift.)" (S. 390-407).

http://books.google.de/books?id=P2swAAAAYAAJ&pg=PA390

Vulpius will das auf dem Titelblatt 1588 datierte Nürnberger Manuskript im Makulatur-Magazin eines ignoranten Gewürzkrämers gefunden haben. Er gibt an, er habe das überwiegend in Versen nach der Meistersänger-Manier geschriebene Werk für den Druck bearbeiten müssen, also in Prosa umgesetzt. Wer den Text aufmerksam liest, sollte eigentlich ziemlich schnell stutzig werden. Der damalige Nürnberger Stadtarchivar Emil Reicke (1865-1950) publizierte an kaum zugänglichem Orte 1904 im Unterhaltungsblatt des Fränkischen Kuriers Nr. 21 und 23 (laut ZDB nur in der Stadtibliothek Nürnberg vorhanden) eine ausführliche Kritik der Mystifikation, aus der im Fränkischen Kurier Nr. 68 und 86 Mitteilungen erfolgt waren.

http://archive.org/details/ZuDemAltnuernbergerFaschingsleben

Reicke meinte, derjenige, der nur ein wenig mit "Sitte und Schriftum" jener Tage vertraut sei, könne keinen Zweifel daran haben, dass es sich um eine Mystifikation handelt, ein Urteil, dem ich mich ungeachtet der Tatsache, dass nicht wenige die Quelle ernstgenommen haben, voll und ganz anschließen möchte. Ein Hauptverdachtsmoment ist schlicht und einfach, dass es sich um eine viel zu "schöne Quelle" handelt, deren Aussagereichtum von den anderen Quellen jener Zeit absticht. Reicke überprüft etliche tatsächliche Angaben und kommt zu dem Schluss, dass der angebliche Zeitgenosse Wirschung Falschangaben über Dinge macht, über die er bestens informiert sein müsste, beispielsweise über die Namen der Kinder seines Chefs Viatis. Reickes Aufsatz ist durchaus lesenswert und zeigt schlüssig, dass Vulpius sich das Ganze aus den Fingern gesogen und nicht einmal die Andeutung einer Vorlage gehabt hat. Noch unglaubwürdiger als die Beschreibung des Nürnberger Karnevals kam Reicke die Beschreibung des Karnevals zu Venedig vor, die Vulpius, nachdem seine Nürnberger Ausführungen offenbar großen Beifall gefunden hatten, im folgenden Stück präsentierte: "Ulrich Wirschung's Ausfahrt nach Venedig, in die fremde Welt" (S. 531-545).

http://books.google.de/books?id=P2swAAAAYAAJ&pg=PA533

Er hat also eine Fortsetzung zu seiner Quellenfälschung erfunden.

Offenkundig war Reicke nicht bekannt, dass bereits Johannes Bolte - freilich viel zu zurückhaltend - zu dem Text in der Zeitschrift für deutsches Altertum 32 (1888), S. 21-23 Stellung bezogen hatte.

http://archive.org/stream/zeitschriftfrd32wiesuoft#page/n29/mode/2up

Dass das angebliche Faust-Zeugnis mit Erwähnung des "Gretle" eindeutig anachronistisch ist, hätte der bedeutende Erzählforscher sehr viel deutlicher sagen können, auch wenn der Abschnitt "Moderne Fälschungen" überschrieben ist. Bolte beruft sich auf eine Auskunft aus Weimar von dem Bibliothekar Reinhold Köhler, dort sei keine Wirschung-Handschrift bekannt. "Vielleicht" handle es sich um eine Fiktion des Vulpius.

Otto Höfler bezieht sich in seinen Geheimbünden I, 1934, S. 19 auf eine Auskunft von Julius Petersen, die Schilderung der Fastnachtslustbarkeiten (mit Erwähnung der Frau Holda) sei eine Fälschung.

http://books.google.de/books?id=YcAoAAAAYAAJ&q=vulpius+fälscher

1965 widmete Hans-Ulrich Roller in seinem Buch "Der Nürnberger Schembartlauf" der Quelle nur eine kurze Notiz (S. 56 Anm. 157): Leider habe die Schilderung des Fastnachtstreibens durch Wirschung den Mangel, "dass sie sehr wahrscheinlich erfunden ist; das verraten schon Inhalt und Stil des Berichts".

Werner Lühmann: St. Urban, 1968, S. 123f. verwies zustimmend auf den Artikel von Reicke 1904 und stellte fest: "Teil eines Fastnachtsaufzuges ist das Urbanibrauchtum in Nürnberg niemals gewesen."

http://books.google.de/books?id=ASbkAAAAMAAJ&%22&q=vulpius

Damit ist das mir bekannte Material an kritischen Stellungnahmen erschöpft. Reicher ist die Ausbeute an Autoren, die Vulpius geglaubt haben.

Vulpius' Beitrag wurde im Nürnberger Alterthumsfreund 1842 nochmals abgedruckt:
http://books.google.de/books?id=CmJEAAAAcAAJ&pg=PT44

Ebenso von Friedrich Nick 1861
http://books.google.de/books?id=CmJEAAAAcAAJ&pg=PT44

Karl Ueberhorst verwertete die Fastnachts-Schilderung in der Gartenlaube 1879:
http://de.wikisource.org/wiki/Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_149.jpg

Ebenso Johannes Janssen in seiner nicht nur von Katholiken viel gelesenen Geschichte des deutschen Volkes 1894:

http://archive.org/stream/geschichtedesdeu08jansuoft#page/270/mode/2up

Der Kulturhistoriker Alwin Schultz verwies 1903 auf beide angeblichen Texte Wirschungs:

http://archive.org/stream/dashuslichelebe00schugoog#page/n398/mode/2up

Nach Lühmann hat Adolf Spamer in seinem Beitrag "Sitte und Brauch" (Handbuch der deutschen Volkskunde II, 1904) S. 76 ebenfalls die gefälschte Quelle als echt behandelt.

Auch Will Erich-Peuckert fiel nicht nur 1928 herein:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=peuckert+wirschung+kaufmannsdieners

Desgleichen Sumbergs Schembart-Monographie von 1941:

http://books.google.de/books?id=mXCBAAAAMAAJ&q=%22wirschung%22

1993 formulierte der bereits erwähnte Füssel in einem Aufsatz zu Faust-Zeugnissen (MVGN 1993) zwar durchaus vorsichtig, hielt aber am Quellenwert des Berichts unverständlicherweise fest:

http://periodika.digitale-sammlungen.de/mvgn/Blatt_bsb00000994,00209.html?prozent=1

Immerhin erfahren wir, dass das Manuskript, das es ja nie gegeben hat, weder im Stadtarchiv noch im Staatsarchiv Nürnberg aufgefunden werden konnte.

Weitere unkritische Rezeption im Kontext der Faust-Forschung ist in Google Book Search nachweisbar:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22wirschung%22+faust
http://books.google.de/books?id=CJpAAQAAIAAJ&q=wirschung
https://www.google.de/search?tbm=bks&q=faust+1588+n%C3%BCrnberg+vulpius
https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22German+Faust+play+of%22+1588

John A. Walz: A German Faust play of the sixteenth century. In: The Germanic review 3 (1928), S. 1-22 hatte dem Wirschung-Text sogar einen eigenen Aufsatz gewidmet, wobei es ihm vor allem um den angeblich sicheren Nachweis eines deutschen Faust-Theaterstücks 1588 geht. An der Authentizität seiner Quelle zweifelt Walz überhaupt nicht. Dagegen vermutete Hans Albert Maier in den Monatsheften 1953, S. 407 zurecht, Vulpius habe den Namen des Gretchens eingeschmuggelt (Toll Access: http://www.jstor.org/stable/30165987).

Simons "Die Anfänge des weltlichen Deutschen Schauspiels 1370-1530" erschien 2003 in der angesehensten altgermanistischen Schriftenreihe (MTU), und trotzdem verwertete Autor im Abschnitt zum Nürnberger Schembartlauf (S. 333-343, hier S. 343 mit Hinweis auf Füssel) das angebliche Wirschungsche Manuskript ohne Vorbehalt.

Auf einer Friesacher Tagung 2007 zitierte Horst Kaufmann von der Schembart-Gesellschaft Nürnberg die vermeintliche Quelle sogar wörtlich. Sein Text steht als Volltext im Netz:

http://www.schembart.de/media/2007__Kaufmann-Friesach-Schembart-06Feb08.pdf

Ist einmal eine literarische Fälschung in der Welt, ist sie offenbar kaum auszurotten, selbst wenn es - wie hier - nur eines sehr geringen quellenkritischen Gespürs bedarf, um sie zu erkennen. Als nachteilig erweist sich auch die Tatsache, dass die Widerlegungen in der Literatur verstreut sind, während die unkritische Rezeption an durchaus prominenten Stellen erfolgte. Nach der Zwergen-Riesen-Metapher ist es erst durch die Retrodigitalisierung und insbesondere durch Google Book Search möglich geworden, sich sehr rasch einen Überblick über die "Wirschung-Rezeption" zu verschaffen. Dies muss zwar den früheren Autoren, die Vulpius geglaubt haben, zugutegehalten werden, trotzdem bleibt der irritierende Befund, dass die Fälschungs-Diagnose eigentlich von jedem gefällt werden könnte, der sich intensiver mit Texten des 16. Jahrhunderts beschäftigt.

Den zitierten Kritikern ist es verborgen geblieben, dass am Ende des 19. Jahrhunderts zwei weitere Quellenerfindungen von Vulpius namhaft gemacht werden konnten.

In der Zeitschrift des Deutschen Palästina-Vereins 4 (1881) hatte Wilhelm Erman "Zwei angebliche deutsche Pilgerschriften des 15. Jahrhunderts" als Fälschungen des Vulpius erwiesen - auch sie sind den "Curiositäten" entnommen:

http://archive.org/stream/zeitschriftdesde03deut#page/200/mode/2up

Kurz zuvor hatten die damaligen beiden Koryphäen der Pilgerreise-Forschung Reinhold Röhricht und Reinhold Meisner in ihrem Standard-Werk Auszüge aus den Fälschungen geboten, obwohl Erman bereits nach kurzer Lektüre Zweifel an der Authentizität bekommen hatte.

Vulpius gab in Bd. 2, 1812 den Pilgerbericht eines Just Artus aus Bebenhausen (Link zum Jenaer Digitalisat mit viel zu langem Permanentlink.

Vulpius will den Text in einem Archive halb vermodert aufgefunden zu haben - bereits dies erregt Verdacht! Der Name des Wundscherers Artus - hier bereichert um den Vornamen Just und um den Herkunftsort Bebenhausen - ist der bekannten Reisebeschreibung von Felix Fabri (via Feyerabends Reyßbuch) entnommen, und der Artus-Text konnte von Erman als dürftiges "Cento" aus Fabri erwiesen werden.

Auch hier überwiegen die unkritischen Stellungnahmen zu dem mehrfach nachgedruckten Pilgerbericht vom Ende des 15. Jahrhunderts:

https://www.google.de/search?tbm=bks&q=%22jost+artus%22

Zur Kritik:

http://www.digiberichte.de/Hirschbiegel&Kraack_2000_Niederlaendische_Reiseberichte.pdf (S. 96f.)
http://archive.org/stream/fratrispauliwal01waltgoog#page/n170/mode/2up

Literaturgeschichtlich einflussreich ist die Fälschung geworden, da Mörike von den Abenteuern des Artus fasziniert war und sie in eine geplante Veröffentlichung integrieren wollte. 1846 schrieb er den Text eigenhändig ab:

http://books.google.de/books?id=_xej-qj60hIC&pg=PA326

1875 hatte Titus Tobler dem angeblichen Reiseschriftsteller Jost Artus einen ADB-Artikel gewidmet, und obwohl Erman wenige Jahre später die Fälschung erwies, was Röhricht/Meisner 1900 anerkannten, gelangte Artus als Reiseschriftsteller ohne ein Wort der Distanzierung ins digitale ADB-NDB-Register und die PND der Deutschen Nationalbibliothek! [DNB weist jetzt auf die Fälschung hin: http://d-nb.info/gnd/135746051 ]

http://de.wikisource.org/wiki/ADB:Artus,_Jost

Auch Hans Raininger aus Buchhorn, dessen Bericht Vulpius aus dem ebenfalls im Feyerabendschen "Reyßbuch" stehenden Breidenbach-Bericht zusammenstoppelte

http://books.google.de/books?id=EAsJAAAAQAAJ&pg=PA323 (Curiositäten 6, 1817, S. 323-324),

hat es nie gegeben. Unkritisch behaupten Röhrich/Meisner 1900, S. 82 Anm. 375

http://archive.org/stream/deutschepilgerr00rhgoog#page/n94/mode/2up

er sei eine historische Persönlichkeit. Die angeführten Sprüche im Cgm 270 stammen aber von Hans Raminger!

Befremdlich ist auch die von ihnen gewählte Formulierung zur Erzählung über Franz von Brünn aus dem Artus-Text (dasselbe, nämlich dass es sich um einen modernen Roman handle, "dürfte" auch für die von Hormayr 1837 mitgeteilte Erzählung gelten):

http://archive.org/stream/deutschepilgerr00rhgoog#page/n92/mode/2up

Dass man dort vielerlei Neues über den Bartscherer Artus lesen könne, erklärt sich einfach so, dass die Episode über Franz von Brünn erzählerisch ausgesponnen wurde:

http://books.google.de/books?id=Q6K6AAAAIAAJ&pg=PA117

Zur Rezeption der Erzählung "Der schöne Franz von Brünn":

https://www.google.de/search?&q=%22sch%C3%B6ne%20franz%20von%20br%C3%BCnn%22&tbm=bks

Das Bild unten ist eine Illustration aus der Zeitschrift "Haus-Chronik"
http://books.google.de/books?id=NItEAAAAcAAJ&pg=PA336

Neben der auf Nürnberg und Venedig bezüglichen Wirschung-Fälschung hat Vulpius also auch zwei spätmittelalterliche Pilgerschriften erfunden. Ansonsten kann ich aus PBB 1937 S. 176 beibringen: Die Curiositäten 2, 472f. mitgeteilten Verschen seien nach Böhme, Kinderlied und Kinderspiel, 1924, S. 393 “moderne Machwerke”.
[ http://archive.org/stream/DeutschesKinderliedUndKinderspiel#page/n469/mode/2up ]

Schaut man sich die angegebene Stelle aus einem Aufsatz "Mancherlei Kirchen-Feierlichkeiten und Volksgebräuche im XVI. Jahrhundert" (Digitalisat Jena) näher an (anscheinend stimmen die Seitenzahlen nicht, da Kinderverse etwas später erscheinen), so stellt man erstaunt fest, dass Ulrich Wirschung, angeblich ein Zeitgenosse des 16. Jahrhunderts, sich wörtlich an den Text des offenbar von Vulpius verfassten Aufsatzes bei der Beschreibung des wütenden Heers anlehnt (man vergleiche Bd. 2, S. 472 mit Bd. 10, S. 397) - ein wohl ziemlich schlagendes Fälschungs-Indiz.

Vulpius mischt in dem soeben genannten Aufsatz geschickt Zitate authentischer alter Quellen mit Erfundenem. Bereits Reicke hat aus seinen beobachtungen zur Wirschung-Fälschung die Konsequenz gezogen und vor der Verwertung solcher Angaben von Vulpius gewarnt, die nicht anderweitig belegbar sind. Dem ist zuzustimmen. Man müsste die umfangreichen Curiositäten auf weitere Fälschungen durchgehen (was ich nicht getan habe [inzwischen aber doch!]). Aber auch wenn diese undankbare quellenkritische Arbeit noch zu leisten bleibt, sollte man dringend davon absehen, Quellen aus Vulpius zu zitieren. Wenn sie anderweitig nicht nachweisbar sind, könnte es sich um Fälschungen handeln; sind sie dagegen auffindbar, versteht es sich ja wohl von selbst, dass man nach der Vorlage und nicht nach dem Weimarer Vielschreiber zitiert.

Mundus vult decipi! Auch wenn schon viel Kopfschütteln angebracht ist, was die unkritische Verwertung vergleichsweise einfach erkennbarer Fälschungen angeht, so ist das natürlich nicht der einzige Aspekt, unter dem man diese Texte betrachten kann. Auch als Falsifikate sind es kulturgeschichtliche Zeugnisse, nur eben nicht für das 15. und 16. Jahrhundert, sondern für die Mittelalter- und Renaissance-Rezeption der Goethe-Zeit, die sich gern mit kuriosen Altertümern aus alten Handschriften unterhalten ließ. Eine entsprechende unvoreingenommene Würdigung bleibt ebenfalls zu leisten, doch bereits jetzt darf darauf hingewiesen werden, dass Vulpius mit Eduard Mörike ja wahrlich kein literarisches Leichtgewicht zu beeindrucken imstande war. (Mörike war übrigens auch von den Fälschungen der Munderschen Stuttgarter Stadtglocke angetan, siehe Graf, Sagen rund um Stuttgart

http://books.google.de/books?id=DCbaAAAAMAAJ&pg=PA58&lpg=PA58 )

Man mag die Quellenfälschungen von Vulpius als Makel ansehen, der Autor Vulpius ist dadurch jedoch meines Erachtens eher noch interessanter geworden.

Fortsetzung: http://archiv.twoday.net/stories/96984948/ (von dort aus weitere erreichbar)

Zum Thema Fälschungen in Archivalia: http://archiv.twoday.net/stories/96987511/

Nachtrag: Erika Timm, Frau Hölle, 2003, S. 108: "Der im Wort- und Detailreichtum schwelgende Stil der Darstellung ist aber allzu klar Vulpius' eigenes Produkt und spricht jedem Gedanken an textliche Authentizität Hohn. (Ähnlich das Urteil von Roller 1965: 56 Anm. 157.)" Sie bezieht sich auf die Arbeit von Karl Meisen, der einen kurzen Auszug aus Vulpius in seinem Quellenbuch zum wütenden Heer publizierte (mir vorliegend in der italienischen Ausgabe von Sonia Maura Barillari, Allesandria 2001, S. 304-306).



#forschung

Peter Suber’s “Promoting Open Access in the Humanities”—eight years later
Posted by Gary F. Daught

http://oaopenaccess.wordpress.com/2012/03/30/peter-subers-promoting-open-access-in-the-humanities-eight-years-later/

Schande über die Königliche Bibliothek Institution [siehe Kommentar des Lesers "Hans Luneborch"] zu Berlin, die das 1492 für den Lübecker Patrizier Hans Luneborch gefertigte Stundenbuch in niederdeutscher Sprache 1899 versteigern ließ. Die lange vermisste Handschrift wurde dem Eigentümer, der Peabody Library in Baltimore, anonym übersandt.

http://magazine.jhu.edu/spring-2012/return-lender
http://www.handschriftencensus.de/3332


Das Peyfuß-Wandgemälde im Stiegenhaus des Archivgebäudes von 1903 liegt nun auch auf Wikimedia Commons:

http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wien_HHStA_Stiegenhaus_Peyfuss_Gr%C3%BCndung_des_Archivs_1749.jpg

Man beachte links auch die Gruppe der Herolde.


Die ZEIT berichtet über ein neues Wikimedia-Projekt:

"Ziel ist, eine Datenbank aus strukturierten, frei zugänglichen Informationen zu schaffen, die jeder bearbeiten kann. Davon sollen auch die Wikipedia-Ausgaben in aller Welt profitieren."

http://blog.zeit.de/open-data/2012/03/30/wikipedia-wikidata/

Zum Projekt gibt es ein Meta-Wiki:

"Das Ziel des Projekts Wikidata ist, eine freie Datenbasis der Welt zu erstellen, die gleichermaßen von Menschen und Maschinen gelesen und verändert werden kann. Es wird Daten in allen Sprachen der Wikimedia-Projekte bereitstellen und einen zentralisierten Zugriff erlauben, in ähnlicher Weise, wie Wikimedia Commons dies für Multimedia-Dateien ermöglicht. Wikidata wird voraussichtlich als neues Projekt auf Wikimedia betrieben und gewartet."

http://meta.wikimedia.org/w/index.php?title=Wikidata/de&uselang=de

Prototyp einer möglichen Benutzeroberfläche:


Bild: Denny Vrandecic
Lizenz: CC0 / http://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.en



http://britishlibrary.typepad.co.uk/digitisedmanuscripts/2012/04/unicorn-cookbook-found-at-the-british-library.html

Siehe auch

http://blog.arthistoricum.net/sensationsfund-in-versailles/
http://wp.ub.hsu-hh.de/2241/einzigartiges-projekt-zur-langzeitarchivierung-an-der-ub-der-hsu/

Der Angehörige der bayerischen Adelsfamilie (Biographisches) veröffentlichte nicht nur die Geschichte seiner Familie, sondern auch zwei wichtige Arbeiten zum Turnierwesen.

Die Gumppenberger auf Turnieren (1862)
http://books.google.de/books?id=LeUSAAAAYAAJ

Nachrichten über die Turniere zu Würzburg und Bamberg in den jahren 1479 und 1486. In: Archiv des Historischen Vereines von Unterfranken und Aschaffenburg 19 (1866), S. 164-210
http://books.google.de/books?id=tbxAAAAAcAAJ&pg=RA1-PA164

Ich halte die Monographie und die Quellenmitteilungen für ausgezeichnete Leistungen. Insbesondere für die Geschichte der sogenannten Vier-Lande-Turniere 1479/87 bietet seine Darstellung eine bis heute nicht ersetzte verdienstvolle Materialgrundlage. Bemerkenswert sind seine Beiträge zur Rüxner-Kritik, auch wenn er damit nicht weit genug ging.

Nicht weniger ausgezeichnet ist ein moderner Aufsatz von Thomas Zotz: Adel, Bürgertum und Turnier in deutschen Städten vom 13. bis 15. Jahrhundert. In: Josef Fleckenstein (Hg.), Das ritterliche Turnier im Mittelalter (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 80), Göttingen 1985, S. 450-499.

Nun behauptet Zotz S. 480 Anm. 200, Gumppenberg habe die Ordnung des Würzburgers Turniers 1866 "fehlerhaft" gedruckt, was insofern erstaunt, als Gumppenberg auf Mängel seiner Vorlage, einer nach seinen Angaben Ende des 16. Jahrhunderts entstandenen Abschrift ausdrücklich aufmerksam macht und Gumppenbergs Vorlage, die Handschrift aus der Schlossbibliothek Neubeuern, seither, soweit bekannt, nicht wieder aufgetaucht ist.

War Gumppenberg ein schlechter Editor? In seiner Monographie von 1862 druckte er auch Auszüge aus dem Turnierbuch des Ludwig von Eyb d. J., das im - online einsehbaren - Cgm 961 überliefert ist und von Heide Stamm 1986 ediert wurde (zu dieser Ausgabe: http://archiv.twoday.net/stories/75236345/ ).

Ich habe Gumppenberg S. 45-47 mit Stamm S. 145f. kollationiert und auch mit der Handschrift
http://daten.digitale-sammlungen.de/bsb00038996/image_107
verglichen.

Wenn ich nichts übersehen habe, zähle ich 17 Differenzen. In fünf auf den ersten Blick unklaren Fällen gebe ich Stamm gegen Gumppenberg Recht. In sechs sonstigen Fällen liest Stamm eindeutig richtig, auch bei "Poxawer". In den restlichen sechs Fällen liest jedoch Gumppenberg richtig: vor Bernegk fehlt ein zu, es heißt Hohenfels nicht Hohennfels, Trawn nicht Trawen, Erhart nicht Erhardt, Cunradt nicht Chunradt, Seefelld nicht Seefeld. Bei "Falkenstain" haben übrigens beide nicht genau genug hingeschaut.

Bis auf Porawer ist keine der Verlesungen inhaltlich relevant. Gemessen an anderen Editionen des 19. Jahrhunderts halte ich die Wiedergabe Gumppenbergs für zuverlässig, er transkribiert diplomatisch getreu und verzichtet auf jegliche Modernisierungen. Eher wird man die Frage aufzuwerfen haben, ob man nicht Stamms Ausgabe von 1986 als "fehlerhaft" einzuschätzen hat. Eindeutige Fehllesungen begegnen sogar in jüngsten MGH-Editionen (z.B. in Lauterbachs Oberrheiner-Ausgabe).

Zwei zentrale Quellen, auf die sich Gumppenberg stützte, Raidenbuchers Turnierbuch und die Neubeurer Handschrift (ebenfalls ein Turnierbuch), sind verschollen. Meine Kollation hat gezeigt, dass größere Bedenken hinsichtlich von Gumppenbergs Abdrucken nicht angebracht sind.

Ich sehe auch keine Anhaltspunkte, dass Gumppenberg diese ausserordentlich inhaltsreichen Quellen erfunden oder verfälscht hat (zu ihnen siehe Stamm S. 51, 53f.). Joachim Schneider, Spätmittelalterlicher deutscher Niederadel (2003), S. 116f. hat darauf aufmerksam gemacht, dass das sogenannte Würzburger Wappenbuch (Kupferstichkabinett Berlin Hs. 77 B 5), das er 1504/14 datiert, im ersten Teil (S. 4-21) eine Turnierchronik enthält, die den Abdruck Gumppenbergs 1866 S. 167-193 (zum Würzburger Turnier) absichere.

Nicht bekannt war Schneider die Pariser Überlieferung des Turnierregisters: Paris, Bibl. Nationale, Ms. allem. 304 (16. Jh.?) mit Turnierverzeichnissen Würzburg 1479 und Heidelberg 1481. Zur Handschrift:
http://www.handschriftencensus.de/11414
Gédéon Huet, Catalogue des manuscrits allemands de la Bibliothèque Nationale, Paris 1895, S. 138.
http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k209173q/f145.image
Brunner ZGO 1898, S. m80²
http://www.archive.org/details/BadischeMitteilungen16-20

Wie Seelbach bemerkte, ist der Eintrag zum Würzburger Turnier in eine Gießener Handschrift nicht identisch mit Gumppenbergs Text:
http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2007/4898/pdf/329.pdf

Die bei Pöschko S. 93 erwähnte Handschrift des Staatsarchivs Weimar kenne ich nicht. Die Einträge zum Würzburger Turnier (fehlen im Digitalisat http://archiv.twoday.net/stories/75245202/) in Wyses Chronik kommen aufgrund ihrer Kürze sicher nicht als weitere Vollüberlieferung in Betracht.

Der Gumppenberg 1862 S. 10 wiedergegebene Eintrag zu Raidenbuchers Turnierbuch 1510 mag zwar vielleicht prima facie Verdacht erregen, aber wenn man sich die Sprachgestalt der Auszüge aus dieser bedeutsamen Quelle ansieht, muss man es für ausgeschlossen halten, dass Gumppenberg in der Lage war, diese Texte zu fälschen. Anhaltspunkte, dass Gumppenberg den Wortlaut seiner Vorlagen bewusst verfälscht hat, sind nicht ersichtlich.

Die im 18. Jahrhundert (zuerst von Jung, dann in den Selecta Norimbergensia) gedruckten Aufzeichnungen Ludwigs von Eyb d. Ä. zum Ansbacher Turnier 1485 (vgl. Schriften ed. Thumser, 2002, S. 384) stellen eine Parallelüberlieferung zu Raidenbuchers Turnierbuch dar, das eine andere Redaktion vertritt. Aus welchem Grund hätte sich Gumppenberg die Mühe machen sollen, aus den älteren Drucken und dem Turnierbuch des jüngeren Eyb eine vergleichsweise uninteressante Raidenbucher-Fassung zu erstellen?

Daher wird man bis auf weiteres Raidenbuchers und das Neubeurer Turnierbuch als authentische Quellen des 16. Jahrhunderts, die wertvolles Material zum 15. Jahrhundert enthalten, verwerten dürfen. Was man ja auch bisher so praktiziert hat, siehe z.B.
http://www.la84foundation.org/SportsLibrary/JSH/JSH1990/JSH1702/jsh1702b.pdf

#forschung

 

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